steeldoc - Stahlbau Zentrum Schweiz
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Bauen in Stahl Technische Dokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz 01/06 steeldoc Konstruktives Entwerfen Grundlagen und Praxis tec 01 Inhalt I Einführung 1 2 Einführung Stahl – Vom Rohmaterial zum Bauwerk Materialtransformation Neue Dimensionen Der Weg zum Glashaus Vorfabrikation und «anything goes» Plastizität und Ornament II Grundlagen des Stahlbaus 3 Stahl – Das Baumaterial Die Eigenschaften von Baustahl Die Vorteile der Stahlbauweise Vordimensionierung von Stahlträgern 4 Stahlprodukte – Formen und Anwendungen Profilarten Flachprodukte und weitere Profile 5 Tragwerksplanung Struktur des Tragwerks Tragwerks-Stabilisierung Wahl der Stabilisierungselemente Tragverhalten von vertikalen Verbänden 6 Stützen Gebräuchlichste Stützenquerschnitte Konstruktionsdetails von Stützen 7 Träger Gebräuchliche Trägertypen Fachwerkträger 8 Decken Installationsführung Deckenkonstruktionen 9 Verbindungen Stützen-Träger-Anschlüsse Trägeranschlüsse 10 Fassaden 11 Skelettrahmenbau Rahmen mit durchlaufenden Trägern Rahmen mit durchlaufenden Stützen Ungerichtetes Rahmenskelett 12 Brandschutz Aktive Brandschutzmassnahmen Baulicher Brandschutz Einsatzmöglichkeiten der Stahlbaus III Anwendung in der Praxis 13 14 15 16 17 18 19 Skelettrahmenbau Fachwerk und Fassade Raumfachwerke Raute und Diagonale Pilzkonstruktionen Falten und Biegen Hilfsmittel und Planungsgrundlagen 4 5 10 12 14 17 19 22 24 26 27 Kompetenz im Stahlbau Das Stahlbau Zentrum Schweiz ist das Schweizer Kompetenz-Forum für den Stahlbau. Als Fachorganisation vereint das SZS die wichtigsten stahlverarbeitenden Betriebe, Zulieferfirmen und Planungsbüros der Schweiz und erreicht mit seinen Aktionen mehr als 8000 Architektinnen, Bauplaner, Entscheidungsträger und Institutionen. Das SZS informiert das Fachpublikum, fördert die Forschung, Entwicklung und Zusammenarbeit im Stahlbau, pflegt internationale Verbindungen und unterstützt die Aus- und Weiterbildung von Fachleuten. Seine Mitglieder profitieren von einem breiten Leistungsangebot zu günstigen Konditionen. 30 Steeldoc ist die Bautendokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz und erscheint periodisch mindestens viermal pro Jahr. Sonderhefte mit einem technischen Schwerpunkt können auch einzeln oder als separate Reihe bezogen werden. 32 33 34 35 36 37 38 Stahlbau Zentrum Schweiz Centre suisse de la construction métallique Centrale svizzera per le costruzioni in acciaio www.szs.ch Editorial Bauen in Stahl ist ein konstruktiver Prozess. Schon beim ersten Entwurf muss sich der Planer Gedanken zur Tragstruktur, zu Spannweiten und Stützenabständen machen. Denn beim Bauen mit Stahl fügt sich das eine zum anderen. Ist die Wahl des Strukturrasters getroffen, so entsteht aus Stützen, Balken und Verstrebungen ein stabiles Skelett, das als Grundlage für den Einbau von Decken, Wänden und der Gebäudehülle dient. So einfach die Sache im Grunde ist, umso ausschlaggebender ist die Wahl der Elemente und die Kenntnis ihrer Funktionsweise. Es gibt Stützen, Träger und Deckenelemente aller Art und Grösse, die sich zu einem Ganzen fügen. Die Fügung bestimmt nicht nur das Tragsystem, sondern auch den Raum selbst. Was die Griechen «Tektonik» nannten, ist beim Stahlbau höchst legendig. Es ist die Baukunst des Fügens von tragenden und raumabschliessenden Elementen zu einem Ganzen. Das ist Architektur. Das vorliegende Heft ist eine Sonderausgabe von Steeldoc mit technischem Schwerpunkt. Es ist die erste Ausgabe dieser Art, und sie widmet sich dem konstruktiven Entwerfen mit Stahl. Die Einführung ist eine Bestandesaufnahme der bisherigen Möglichkeiten des Bauens mit Stahl. Der Text stützt sich grösstenteils auf einen ausführlichen Artikel von Alois Diethelm, der im Handbuch «Architektur konstruieren» von Andrea Deplazes im Birkhäuser Verlag erschienen ist. Der zweite Teil widmet sich den Grundlagen des konstruktiven Entwerfens mit Stahl, d. h. der Tragstruktur, den Elementen und deren Anschlüssen sowie dem Aspekt des Brandschutzes. Dieser Teil gibt einen Überblick über die Konstruktionsprinzipien des Stahlbaus und zeigt die gängigsten Konstruktionsdetails. Ausführliche Literatur hierzu ist im Anhang aufgeführt. Grundlage für dieses Kapitel bilden diverse Quellen, unter anderen die bestehenden Publikationen des SZS und insbesondere das Buch «Conception des charpentes métalliques» von Manfred Hirt und Michel Crisinel (EPFL), aus dem viele der Plandarstellungen stammen. In einem dritten Teil werden Architekturbeispiele aus der Praxis dokumentiert, die jeweils einen besonderen konstruktiven Aspekt des Stahlbaus verdeutlichen. Diese Texte stammen wiederum grösstenteils von Alois Diethelm aus dem oben erwähnten Handbuch und wurden mit aktuellem Bildmaterial ergänzt. Diese Ausgabe ist eine Planungshilfe für das Bauen mit Stahl. Sie soll die Konstruktionsprinzipien des Stahlbaus aufzeigen und dazu anregen, mit diesen Prinzipien neue Wege in der Architektur zu beschreiten. Denn «jedes Material ist nur soviel wert, wie was man aus ihm macht» – sagte schon Mies van der Rohe. Wir wünschen viel Vergnügen und Einsichten beim Studium der folgenden Seiten. Evelyn C. Frisch 3 I Einführung 1 Einführung Evelyn C. Frisch Der Stahlbau war seit jeher eng mit der Ingenieur-Baukunst verbunden und hat so zu einer eigenen Architektur-Sprache gefunden. Wirft man einen Blick zurück auf die Architekturgeschichte, so kann man wohl mit Recht behaupten, der Stahlbau habe die Architektur revolutioniert. Kein anderes Baumaterial hat die Form von Bauwerken so radikal beeinflusst und der Tragstruktur zu reinerem Ausdruck verholfen. Die intelligente Reduktion auf das Wesentliche war die Prämisse der Moderne, welche in den 50er-Jahren mit dem amerikanischen Strukturalismus einen weiteren Höhepunkt fand. Grossbauten wie Markthallen, Bahnhöfe oder Warenhäuser waren eine neu aufgekommene Gebäudetypologie, für die der Stahlbau wie geschaffen war. Während die Moderne und das Industrie-Zeitalter in der Architektur zu einer Typisierung der Bauformen führten, erwachte die Ingenieur-Baukunst mit neuen Konstruktionsund Tragwerksystemen zu einer eigenen Disziplin. Heute steht der Stahlbau für High-tech, für den ökonomischen Umgang mit der Masse, für die intelligente Konstruktion und die Eleganz der Form. Mit dem Know-how des Ingenieurs ist der Stahlbau wesentlich enger verknüpft als die meisten anderen Bauweisen. Die Kraftverläufe bilden die Grundlage der Gestaltung im Stahlbau. Typische Ingenieur-Baukunst in Stahl besteht denn auch vornehmlich aus Brücken, Hallenbauten oder Dachkonstruktionen mit unschlagbaren Spannweiten oder komplexen Formen. Das Zusammenwirken von verschiedenen und neuen Materialien wie Glas, Kunststoff, Holz oder Beton zielt dabei auf die Optimierung der Materialeigenschaften ab. Ingenieure und Architekten lassen sich kaum auf die Verwendung eines bestimmten Materials beschränken, sondern sie suchen stets nach neuen Möglichkeiten in der Konstruktions- und Materialwahl. Das Zusammenführen beider Baudisziplinen ist für den Stahlbau von primärer Bedeutung. Die Virtuosität der unter Mitwirkung von Ingenieuren entworfenen Tragwerke zeigt sich an unzähligen Beispielen der jüngeren Baugeschichte. Der Stahlbau ist wie der Holzbau eine Leichtbauweise mit ökonomischen und ökologischen Vorteilen. Beide haben hohe Anforderungen an den Brandschutz und die Dauerhaftigkeit des Materials zu erfüllen. Im Vergleich zum Holzbau hat der Stahlbau auch einige konstruktive Vorteile vorzuweisen, wie die leistungsfähigen Querschnitte und die Verbindungstechnik, die ihn für aussergewöhnliche Bauwerke grosser Dimension prädestinieren. Der Brandschutz ist im Stahlbau heute wesentlich einfacher handhabbar geworden als noch vor ein paar Jahren. Die neuen Brandschutzvorschriften erlauben ganzheitliche Brandschutzkonzepte, bei denen auch Sprinkleranlagen zum Zuge kommen. Brandschutzanstriche, welche im Brandfall aufschäumen und den Stahl vor Hitze schützen, sind heute ästhetisch überzeugend und finanzierbar, so dass Stahl auch in Innenräumen sichtbar bleiben kann. Der Stahl gilt in weiten Planerkreisen immer noch als Baumaterial mit energieintensiver Produktion. Doch Baustahl wird heute in Europa zu 90 Prozent aus RecyclingMaterial gewonnen und mit elektrischer Energie verarbeitet, was ihn zu einem ressourcenschonenden Werkstoff erster Güte macht. So bemüht sich die Stahlbranche vermehrt um die Beweisführung in Sachen Umweltfreundlichkeit. Die Förderung des Recycling von Stahlbauteilen und Stahlschrott sowie deren Wiederverwertung mit Hilfe von kohlenstoffarmen, erneuerbaren Energieträgern ist einer der wichtigsten Gradmesser nachhaltiger Entwicklung in der Stahlherstellung. Der Stahlbau erlaubt eine schnelle, effiziente Bauphase und hat durch seine flexible Nutzbarkeit eine lange Lebensdauer. Danach lässt er sich problemlos demontieren und recyclieren. Doch die wichtigste Komponente für die Nachhaltigkeit eines Bauwerkes ist seine gesellschaftliche Akzeptanz, das heisst, letztlich seine architektonische Qualität. Denn «ein Bau lebt solange, wie er geliebt wird», sagte einmal der Architekt Jean Nouvel – und die Architekturgeschichte gibt ihm Recht. Weitgespanntes Dachgewölbe der juristischen Bibliothek der Universität Zürich (Santiago Calatrava), 2003 Mehrgeschossiger Stahlbau: der Messeturm in Basel (Morger & Degelo), 2002 4 steeltec 01 2 Stahl – Vom Rohmaterial zum Bauwerk Alois Diethelm Materialtransformation Stahl fand während der Industrialisierung zuerst Anwendung im Bau von Maschinen, Fahrzeugen und Schiffen und öffnete den Weg zu Architekturformen, die zuvor unvorstellbar waren. In den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts galt Stahl als eines von der Avantgarde bevorzugten Materials für das Neue Bauen und führte zu einer «Maschinenästhetik» – einer aufs Notwendigste reduzierten Ingenieurlogik. So schrieb Le Corbusier in Vers une architecture (1923): «Les ingénieurs font de l’architecture, car ils emploient le calcul issu de la nature, et leurs œuvres nous font sentir l’harmonie.» Die Maschinenästhetik bezog sich jedoch vornehmlich auf den Baustil, denn das Bauen von Häusern war nur selten auf eine serielle Produktion ausgelegt, und der Aspekt der Montage und Demontage sowie die dynamische Beanspruchung galten als zweitrangig. Die Beschränkung auf ein einziges Material, wie sie die Herstellung von Maschinen und Transportmitteln kennzeichnet, ist dem Bauwesen fremd. Massiv- oder Skelettbauten waren schon in frühen Kulturen die beiden möglichen Formen menschlicher Behausungen (Höhlen oder Jurten) und bilden noch heute die Pole, innerhalb derer sich das Bauen bewegt. Aus dieser traditionellen Dualität erklärt sich, dass das Hervorbringen eines neuen Materials – wie etwa Stahl – keinen eigentlichen Ablöseprozess verursacht, sondern vielmehr zu Materialtransformationen und Vermischungen führt. Der Stahlbeton beispielsweise übersetzte zuerst die Prinzipien des Holzbaus mit Stützen und Balken in Beton, ehe die Flachdecke entstehen konnte. So auch beim Stahl: die Schokoladenfabrik Menier (1871/72) von Jules Saulnier basiert auf einem Fachwerk, das sich von einer Ausführung in Holz nur dadurch unterscheidet, dass die Querschnitte geringer sind. Und bei der Bibliothèque Nationale in Paris (1875) von Henri Labrouste erinnern die Rippen der Kuppeln an gotische Konstruktionen aus Stein. Im Spannungsfeld zwischen Massiv- und Filigranbau brachte Stahl schliesslich eine Form der Vermischung hervor, bei der das Partnermaterial nicht mehr länger nur als Füllung ohne statische Funktion vorkommt – wie etwa die Ausmauerungen in Holzriegelbauten –, sondern in gegenseitiger Abhängigkeit zu einem integralen Bestandteil der Tragkonstruktion wird. Die Rede ist von der Kombination von Stahl und Beton: von jener Paarung, bei der Stahl weiterhin in Form von Stützen und Balken ein Skelett bildet, jedoch zugleich im statischen Verbund mit Beton wirkt. In wechselnder Beziehung ergänzen sich die beiden Materialien gegenseitig; beispielsweise ersetzen Stahlträger die Betonunterzüge, oder Trapezbleche fungieren als verlorene Deckenschalung und Bewehrung. Für diese so genannten Verbundkonstruktionen aus Stahl und Beton sprechen statische und bauphysikalische Gründe. Betondecken haben den Vorteil, dass sie Lasten in mehrere Richtungen abtragen können, und sie sind deshalb ideal für eine variable Verkehrsflächennutzung. Der Beton bringt auch die Verbesserung des Brandschutzes für das Tragwerk. Denn die Feuerbeständigkeit der Stahlprofile bemisst sich nach dem Verhältnis von ungeschützter Oberfläche (Abwicklung) und Querschnittsfläche – jede plane Berührung zwischen Stahl und Beton bedeutet demnach eine Reduktion der Oberfläche, welche dem Feuer ausgesetzt ist – und zudem bremst der wasserhaltige Beton die Erwärmung der Bauteile enorm. Aufgrund ihrer Vorteile sind Verbundkonstruktionen aus der heutigen Bauproduktion – vor allem bei mehrgeschossigen Büro- und Gewerbebauten – nicht mehr wegzudenken. Versteht man die Vermischung der Baustoffe als gegenseitige Hilfestellung, ist auch jenes Charakteristikum getroffen, das einen wesentlichen Zweig der Anwendung von Stahl in der Architektur kennzeichnet. Viele Bauten jedoch – vor allem Ingenieur-Bauwerke mit grossen Spannweiten – können auf die Hilfestellung des Betons verzichten. Verkleidung der Stahldeckenträger mit Hohlziegeln. William LeBaron Jenney: Fair Store, Chicago, 1890 Verwandtschaft des Stahlbaus mit dem Holzbau. Jules Saulnier: Schokoladenfabrik Menier, Noisiel (F), 1872 Übersetzung einer steinernen in eine gusseiserne Struktur. Henri Labrouste: Bibliothèque Nationale, Paris, 1875 5 I Einführung Neue Dimensionen Stahlskelett im Verbund mit Ortbeton. Roland Rohn: Fabrik BBC, Baden, 1952 Noch vor dem Aufkommen des armierten Betons ermöglichten die hervorragenden statischen Eigenschaften von Stahl den Bau von höheren Häusern. Verglichen mit einem Stein- oder Holzbau, wuchsen so bei gleicher oder gar geringerer Anzahl lastabtragender Komponenten die bisherigen Gebäudehöhen zunächst um ein paar Geschosse und wurden in der weiteren Entwicklung schliesslich um ein Vielfaches überschritten. Stahl schuf somit die Grundvoraussetzung für einen gänzlich neuen Gebäudetyp, das Hochhaus, dessen Grundrisslayout von Aufzügen und Treppenhäusern geprägt ist, um die nunmehr gestiegene Zahl von Benutzern rasch in die entsprechenden Geschosse zu transportieren. In der Fassade führte das Bauen in Stahl dank grösserer Spannweiten zu grösseren Fenstern, wie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Chicago eindrücklich demonstriert wurde. Unabhängig davon, ob das Stahlskelett sichtbar in Erscheinung trat oder hinter einer Verkleidung verborgen lag: Fenster, welche als strukturelle Öffnungen vom Boden bis zur Decke und von Stütze zu Stütze reichen, verweisen auf den dahinter liegenden Stahlbau. Daneben entstanden aber auch Bauten, bei denen allein deren Grösse den Einsatz neuer Technologien verriet. Umhüllt von einem steinernen Mantel und darin ausgesparten Lochfenstern, waren die Fassaden dieser Skelettbauten von jenen eines Massivbaus kaum zu unterscheiden. Die Pragmatiker des Industriebaus begriffen Stahl vor allem bei hohen Gebäuden schnell auch als strukturelles Ersatzmaterial für Stein und Holz, deren Tragfähigkeit sich ab einer bestimmten Höhe erschöpfte. Später wirkte Stahl auch als Ersatz für Tragwerksteile in Beton, deren Erstellung sehr material- und arbeitsintensiv ist. Die Übertragung der Prinzipien des Holzrahmenbaus (dünne Stützen und aussteifende Beplankung) auf den Stahlbau findet in Regionen mit geringeren Holzvorkommnissen grössere Verbreitung als anderswo. Dabei haben die Systeme mit dünnwandigen Blechprofilen gegenüber dem Holzrahmen- Grosse Öffnungen: L.H. Sullivan: Schlesinger & Mayer Department Store, Chicago, 1904 bau unübersehbare Vorteile: Sie sind robust und unterhaltsarm, verzugsfrei und wiegen weniger. Sie sind deshalb prädestiniert für Gebäudeaufstockungen, bei denen es darum geht, Gewicht zu sparen, eignen sich aber genauso gut für Neubauten. Eine herausragende Stellung nimmt der Stahlbau noch immer bei grossen Spannweiten ein. Weit gespannte Hallendächer, wie beispielsweise jene von Flughäfen und Ausstellungshallen, werden fast ausschliesslich aus Stahl gefertigt. Hier wird die Feingliedrigkeit der Tragstruktur zum raumprägenden Motiv und erzeugt damit eine Formensprache, die allein dem Stahlbau vorbehalten ist. Wenn es sich dabei um eingeschossige Gebäude handelt, bedarf es meist keiner Brandschutzverkleidungen; nötigenfalls werden Sprinkler und Brandschutzanstriche eingesetzt. Hinter einer Vormauerung verborgener Stahlbau. Diener & Diener: Vogesenschulhaus, Basel, 1994 rechts: Tragende Stahlstruktur hinter Verputz. Wassili und Hans Luckhardt: Haus am Rupenhorn, Berlin, 1928 6 steeltec 01 Schlanke Querschnitte: der Weg zum Glashaus Wenn bei Hochhäusern die Querschnitte der Stahlstützen und -träger wesentlich mehr zu tragen vermochten oder grössere Spannweiten erlaubten, so fanden die Exponenten des Neuen Bauens in Stahl auch ein Mittel, um schlankere Konstruktionen zu erzielen. Material- und gewichtssparend wurden zwischen die dünnen Stützen häufig nichttragende Leichtbauplatten gestellt, die alsdann beidseitig – und über die Stützen hinweg – verputzt wurden. Zusammen mit den bündig zur Fassade gestellten Fenstern vermittelten die oft vom Boden abgehobenen Bauten das Bild schwereloser, abstrakter Körper. Das Stahlgerüst dieser «leichten» Bauten trat – wenn überhaupt – nur punktuell in Erscheinung, wobei «leicht» sowohl physisch – im Sinne einer Materialoptimierung – als auch optisch zu verstehen ist. So diente Stahl einerseits der Baurationalisierung und verhalf andererseits zu einer puristischen, weitgehend entmaterialisierten Architektur. Das charakteristische Relief der aus Stegen und Flanschen bestehenden Stahlprofile und die Prinzipien der Skelettbauweise blieben hinter einer äusseren und einer inneren Verkleidung verborgen; dass es sich um einen Stahlbau handelt, fand einzig in der Schlankheit der Konstruktion Niederschlag. Dank dieser Schlankheit hoben sich die Stützen, wie bei Neutras Lovell House (1927–1929), kaum noch von den Fensterrahmen ab und ermöglichten dadurch grossflächige Verglasungen und Bandfenster, die sich scheinbar nicht mehr an die Tragstruktur zu halten hatten. Fenster als Paneele zwischen das Stahlskelett gesetzt. Le Corbusier & Pierre Jeanneret: Immeuble Clarté, Genf, 1932 Die Stahlstützen heben sich kaum von den Fensterprofilen ab. Richard Neutra: Lovell House, Los Angeles, 1929 Transparenz: Ludwig Mies van der Rohe: Farnsworth House, Plano (USA), 1945 –1950 Schon mit Paxtons Kristallpalast (1851) zeichnete sich ab, dass die Kombination mit Glas zum herausragenden Gestaltmerkmal des Bauens mit Stahl respektive Eisen werden würde. Die filigranen, in Fachwerke aufgelösten Träger und die von dünnsten Metallleisten gefassten Gläser gewährten einen Lichtdurchlass, der mit einer Ausführung in Holz undenkbar gewesen wäre. Wie kaum ein anderer Bautyp, vermag das Glashaus selbst 150 Jahre nach Paxton die Architekten immer wieder neu herauszufordern. Verfolgt man die jüngsten Projekte von Architekten unter- schiedlichster Gesinnung, so scheint es, als sei Glas zu Beginn des 21. Jahrhunderts von den ideologischen Grabenkämpfen der 90er-Jahre (Stichwort: steinernes Berlin) befreit und nicht mehr länger Ausdruck einer einzigen Architekturauffassung. Bei Mies van der Rohes Entwurf für ein Hochhaus an der Friedrichstrasse (1922) noch Vision, ermöglichte die Glasindustrie schon bald sprossenfreie Scheibengrössen, die dem Wunsch nach beinahe entmaterialisierten Wänden entsprachen. Dass in den 80er-Jahren ein Grossteil dieser Stahl-GlasHäuser nur unter aufwändigem Einsatz von Klima- und Heizanlagen bewohnbar war, schien nach der Erdölkrise und dem gewachsenen Umweltbewusstsein das Ende des Glashauses zu bedeuten. Heute gibt es alternative Energiekonzepte, bei denen Glas zur Gewinnung solarer Wärmestrahlung auch als «Kollektorlinse» eingesetzt wird. Verknüpft mit der Bereitschaft der Architekten, einen äusseren Sonnenschutz anzubringen, sind Glashäuser aufgrund neuartiger Glasscheiben, die einen Dämmwert von bis zu U = 0,4 W/m 2K aufweisen, aktueller denn je. Dabei öffnete das hoch wärmedämmende Glas gleich noch ein Feld, das schon aufgegeben schien: das von innen wie aussen sichtbare Stahlskelett. Die dämmende Schicht legt sich nunmehr wie ein transparenter Schleier um das Gebäude und kommt dem nahe, was Mies van der Rohe als Haut-und-Knochen-Architektur bezeichnete, selber aber in dieser Konsequenz als glatte Membran aus technologischen Gründen nie erreichte. Die Ausfachung des Stützenzwischenraumes mit Paneelen oder Fensterscheiben prägte den Ausdruck von Le Corbusiers «Immeuble Clarté» in Genf genauso wie viele Industriebauten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Aufgrund wärmetechnischer Anforderungen ist diese Ausfachung zwischen sichtbar bleibenden Stützen heute nicht mehr ohne weiteres möglich. Denn anders als Holz, das einen relativ guten Wärmedämmwert aufweist, ist Stahl ein Wärmeleiter. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die in der Fassade sichtbaren Stahlprofile alter Industriebau- 7 I Einführung kantet oder zu Trägern zusammengeschweisst. Dann kommen Anschlussteile und schliesslich der Korrosionsschutz dazu. Für die Montage auf der Baustelle werden Schraubverbindungen bevorzugt, denn die Bedingungen für das Schweissen auf dem Bau sind nicht optimal, und Anpassungen während der Montage würden den Korrosionsschutz (z. B. Zinkphosphatbeschichtung mit allfälligen Deckanstrichen oder Feuerverzinkung) verletzen. In dieser Konstruktionsart ist auch gleich die einfache Demontage angelegt, was unter anderem die grosse Verbreitung von Stahl für temporäre Bauten erklären mag. Höchste Transparenz bei minimalem Energieverbrauch: Null-Energie-Haus von Werner Sobek, Stuttgart, 2003 ten häufig Teil einer Sekundärkonstruktion sind, die nur die Verkleidung tragen (z. B. die Vormauerung aus Backstein). In diesem Sinne reflektiert die Teilung in der Fassade meist eine unmittelbar dahinter liegende Tragstruktur. Ausfachung und Verkleidung bilden auch dort eine Einheit, wo die Grösse der Elemente mit dem Raster des Skeletts übereinstimmt. Wenn folglich Stützen und Träger von den Elementrahmen abgedeckt werden, ist die Erwartung erfüllt, wonach sich das Wesen der gewählten Konstruktion im Ausdruck des Gebäudes niederschlagen soll. Vorfabrikation und «anything goes» Von Hand geschweisste Nähte erfordern hohe Sachkenntnisse; CNC-gesteuerte Brennschneidanlage; Einbau von vorgefertigten SandwichPaneelen. 8 Das Bauen mit Stahl ist von der Vorfabrikation geprägt. Denn die hoch entwickelte Verbindungstechnik garantiert die Tragfähigkeit der Verbindungen. In der Werkstatt des Stahlbauunternehmers werden Stahlprofile durch Sägen, Brennschneiden, Bohren und allenfalls Biegen bearbeitet; andere Bauteile werden aus Blechen geschnitten, abge- Vom Aspekt der Vorfabrikation ist aber nicht nur die Tragstruktur berührt, sondern auch die Hülle. Denn das Potenzial dünner, industriell vorbeschichteter Bleche ist direkt an die Möglichkeit geknüpft, durch Falten und Biegen eine Stabilität zu erlangen, die bei anderen Materialien erst durch das Aufbringen von zusätzlichen Rippen oder Unterkonstruktionen erreicht wird. Die Formgebung durch Rollprofilieren oder Abkanten ist ein maschineller, an die Werkstatt gekoppelter Prozess, allenfalls gefolgt von Weiterbearbeitungen (z. B. Ausschneiden, Knicken, Biegen, Schweissen, zusätzliche Oberflächenbehandlungen). Die Vorfabrikation vereinfacht den Bauablauf, verkürzt die Bauzeit und erlaubt die Fertigung grosser Serien. Die an der Fassade sichtbaren Paneele werden als funktionsfertige Einheit (Sandwich) auf die Baustelle geliefert oder erst dort im Sinne einer Teilvorfabrikation (Vorfertigung einzelner Schichten) zusammengefügt. In der weitgehenden Werkstattproduktion gründet auch das im Stahlbau früh entwickelte Bestreben nach Standardisierung, die entweder für ein einziges Bauwerk angelegt ist oder ein Baukastensystem bezweckt. Wird im erstgenannten Fall mit der seriellen Wiederholung nur eine kostengünstige Herstellung angestrebt, ermöglicht der Baukasten ferner den Austausch einzelner Elemente und nahtlose Erweiterung. Zudem ist der Baukasten nicht an einen spezifischen Gebäudetypus gebunden. steeltec 01 Plastizität und Ornament Auf der einen Seite ist der Stahlbau oft seriell und orthogonal aufgebaut; auf der anderen Seite kann er aber in Form gebündelter Stäbe auch beliebig geformte Körper übersetzen. Der Linienzeichnung eines Rendering gleich, werden dabei plastische Baukörper wie die des Architekten Frank Gehry in gerade Stäbe aufgelöst, wodurch konkave und konvexe Deformationen sowie Verdrehungen und Verjüngungen auf die einfachste ökonomische Formel gebracht werden können. Da die Stäbe, welche die vielgestaltige Form nachbilden, nicht überall dem Kräftefluss entsprechen, werden weitere Druck- und Zugglieder eingeführt, die sich hinter dem Schleier einer homogenen Verkleidung mit dem Balloon Frame vermengen. Nach wirtschaftlichen Kriterien in einem anderen Material kaum denkbar – man stelle sich bloss die aufwändigen und nur einmal verwendbaren Schalungen für eine Bauweise in Beton vor –, wird Stahl auch hier zum Material, das alles möglich macht. Mit der Unterstützung von Computern in Planung und Produktion entstehen Architekturformen, die unsere bisherigen Vorstellung von Skulpturalität und Gravitation übersteigen. Der Computer hat die Orthogonalität als vorrangiges Kriterium für ein ökonomisches Tragwerk ausser Kraft gesetzt und die neuen, skulpturalen Räume für Museen und Konzertsäle finanzierbar gemacht. Der spielerischen Plastizität und der cartesischen Ordnung ist noch eine dritte Form hinzuzufügen: die Diagonale, respektive die schräge Stütze. Der Zeitpunkt für die Wiederentdeckung der Diagonalen in jüngster Zeit scheint nicht zufällig. Nach dem einengenden Minimalismus der neunziger Jahre und der nach einem Befreiungsschlag zur Beliebigkeit neigenden Opulenz vermögen nicht-orthogonale Tragwerke nämlich gleichermassen Sachlichkeit und eine neu gewonnene Freude am Ornament zu vereinen. Wies der Stahlbau mit den Nietverbindungen einst jene Verzierungen auf, die – weil technisch bedingt – selbst von den Puristen akzeptiert wurden, liegen Stahlbau und konstruktives Ornament zu Beginn des 21. Jahrhunderts erneut nahe beieinander. Im Zentrum stehen aber nicht mehr die Verbindungen, sondern Strukturen, die vom Primat des rechten Winkels abweichen und aus statischen, wirtschaftlichen und architektonischen Gründen (Schlankheit der Konstruktion) hauptsächlich aus Stahl gefertigt werden. Diese Strukturen müssen nicht schon im Rohbau einen ornamentalen Charakter aufweisen, sondern können zu einer dahingehenden Bearbeitung der Ausbauteile anregen. Damit ist das Aufgreifen einer strukturell bedingten Form gemeint, die dann in der Fassade massstäblich verändert und mehrfach wiederholt als Ornament wahrgenommen wird. Als Beispiel seien zwei jüngere Bauten erwähnt, deren Fassaden rautenförmige Öffnungen aufweisen und bei denen schiefwinklige Stützen das Tragwerk bilden. Auf den ersten Blick recht ähnlich, korrespondiert die engmaschige Fassadengliederung im Fall des Epicenter Store von Prada in Tokio (Herzog & de Meuron, 2003) exakt mit dem Raster der dahinter liegenden Tragstruktur, während es sich im Fall des Swiss Re Towers (Norman Foster, 2004) um ein skaliertes Abbild davon handelt. Finden im ersten Fall innerhalb eines Geschosses zwei Rauten Platz, bedarf es im anderen Fall vier Geschosse, bis das Tragwerk überhaupt eine Raute formt. In beiden Fällen bildet das Fassadengitter steife Korsette, wodurch die Kerne keine aussteifende Funktion mehr zu übernehmen haben. Irreguläre Plastizität lässt sich demnach auch anders herstellen als durch massgeschneiderte Strukturen, die meist Skelette aufweisen, die einer Verkleidung bedürfen: Raute und Dreieck heissen die Alternativen zum herkömmlichen orthogonalen Konstruktionsmodul. * * Dieser Artikel basiert auf einem Text des Autors im Handbuch «Architektur Konstruieren» (siehe Quellennachweis) und wurde von der Redaktion aktualisiert und überarbeitet. Hinter den plastisch geformten Körpern liegt ein Stahlskelett. Frank O. Gehry: Guggenheim Museum, Bilbao, 1997 Die bewegten Formen werden in lineare Gitterstrukturen übersetzt. Frank O. Gehry: Guggenheim Museum, Bilbao, 1997 Die Grösse der Rauten passt sich der Gebäudeform an. Foster & Partners, Swiss Re Tower, London, 2004 Tragwerk und Glasteilung sind identisch. Herzog und de Meuron: Epicenter Store Prada, Tokio, 2003 9 II Grundlagen des Stahlbaus 3 Stahl – Das Baumaterial Die Eigenschaften von Baustahl Der Werkstoff Baustahl zeichnet sich durch ein elastisches Verhalten mit hoher Festigkeit und Steifigkeit aus. Damit erträgt Stahl höchste Spannungen auf Zug und Druck bis zur sogenannten Streckgrenze. Wenn bei Zug-, Druck- oder Biegebeanspruchung die Streckgrenze überschritten wird, verhält sich Baustahl plastisch, woraus sich drei Trümpfe ergeben: freie Formgebungsmöglichkeiten, sichere Tragreserven dank Spannungsausgleich in den Bauteilen, gutmütiges Bauteilverhalten ohne Risse bei Überlastung. Auch im Anschluss an solch hohe Beanspruchungen verhält sich Baustahl wieder elastisch. Dank industrieller, sorgfältig überwachter Herstellungsprozesse weist der Werkstoff Baustahl gleichmässige Materialqualitäten auf. Baustahl ist leicht und vielfältig zu bearbeiten: Durch Sägen, Scheren oder Brennschneiden zerteilt, lassen sich die einzelnen Elemente stanzen, bohren, abkanten, rollen und biegen, durch verschiedene Verfahren zusammenschweissen, schleifen und beschichten. Baustahl hat ein gutmütiges Korrosionsverhalten, indem er langsam und gut sichtbar oberflächlich abrostet; als Gegenmassnahme besteht eine Auswahl bewährter Oberflächenschutzbehandlungen. Wegen der guten Wärmeleitfähigkeit von Baustahl sind Wärmebrücken nicht vernachlässigbar, und weil er, obwohl nicht brennbar, sich bei hohen Temperaturen entfestigt, kommt dem Brandschutz grosse Bedeutung zu. Die ökologischen Vorteile von Stahl als robuster und vollkommen recyclingfähiger Baustoff sind entscheidend: ohne Qualitätsverlust erträgt er beliebig viele Lebenszyklen und passt sich problemlos immer wieder neuen Verwendungszwecken an. Spannungs-Dehnungsdiagramme der Baustähle S235 und S355, mit Streckgrenze bei 235 bzw. 355 N/mm 2 [N/mm2] Die Vorteile der Stahlbauweise Die Stahlbauweise bietet bei der Projektierung, Bauabwicklung und Nutzung wesentliche Vorteile: Filigrane und leichte Bauweise Planungssicherheit durch gleichbleibende Qualität des Baustoffs und standardisierte Konstruktionsdetails Grosse Spannweiten und schlanke Bauteilquerschnitte zur Optimierung des Nutzvolumens Durchlässige Tragsysteme und geringe Bautoleranzen für eine einfache Planung und Ausführung der Installationen und Ausbauelemente Anpassungsfähigkeit an Nutzungsänderungen durch lösbare Verbindungen und Integration neuer Ausbauelemente und Installationen Vielfältige Farbgebung durch Oberflächenschutz- und Brandschutzbeschichtungen Hohe Wirtschaftlichkeit durch geringes Tragwerksgewicht (minimale Fundamente) Trockene und geräuscharme Baustelle mit geringem Platzbedarf Schnelle, witterungsunabhängige Montage Vorbildliche Bauökologie (hoher Recyclingwert, Demontierbarkeit, Wiederverwendung) Nebst seiner Anwendung für Hallen und mehrgeschossige Büro- und Wohngebäude ist Stahl prädestiniert für Deckentragwerke mit grossen Spannweiten. Innenstützen fallen dabei weitgehend weg, was eine flexible Raumteilung ermöglicht. Soll die Spannweite vergrössert werden, so ist die Trägerhöhe und/oder die Querschnittsfläche der Flansche zu vergrössern. Bei grossen Deckenspannweiten werden zwei oder gar drei Trägerscharen übereinandergelegt. Dabei wird durch Kombination verschiedener Trägertypen das bestgeeignete System gesucht. Kultur- und Kongresszentrum Luzern (Jean Nouvel), 1999. Das Dach überspannt rund 12 000 m 2. Auskragung: 35 m, in der Diagonale: 45 m, Trägerhöhe: max. 3,7 m 510 355 360 S 355 S 235 235 E = 210 000 N/mm2 1 ≈0.1 ≈1 [%] ≈15 ≈25 (Quelle: Conception des charpentes métalliques, PPUR) 10 steeltec 01 Vordimensionierung von Stahlträgern Abschätzen von Bauteilabmessungen im Entwurf 1/12 Elementhöhe H (m) 2.00 1.90 1.80 1/15 1.70 1.60 1.50 1/18 1.40 1.30 1.20 1.10 1/24 1.00 0.90 0.80 1/36 0.70 0.60 0.50 0.40 0.30 0.20 0.10 0.00 0 1 Anwendungsbereich 2 3 4 5 6 Element (Tragwerksteil) 7 8 9 10 Spannweite L (m) Dachpfetten IPE, HEA 11 12 13 H/L – 10 m 1/18 – 1/36 Deckenträger IPE, HEA, HEB 6 – 15 m 1/15 – 1/24 Loch-/Wabenträger IPE, HEA, HEB Blechträger 8 – 20 m > 12 m 1/12 – 1/18 > 10 m 1/10 – 1/15 Fachwerkträger geschweisst 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 Spannweite L (m) Vordimensionierung von Trägern Grosse Elementhöhen sind zu wählen bei einfachen Balken und hoher Belastung, niedrige Elementhöhen kommen bei Durchlaufträgern und geringer Belastung sowie bei Verbundwirkung mit der aufliegenden Betondecke in Betracht. Weitere Gesichtspunkte bei der Wahl der Elementhöhe sind: Anschlüsse, Installationsbedarf, Gebäudehöhe, allfällige Überdimensionierung für Feuerwiderstand oder spätere Umnutzung. Vordimensionierung von Stützen Die SZS-Bemessungstafeln C4 erlauben die direkte Festlegung der Profilgrösse für zentrisch belastete Stützen, sofern die wirkenden Kräfte und die Knicklängen bekannt sind. (Quelle: M. Dietrich: Ingenieurschule Burgdorf, 1990) 11 II Grundlagen des Stahlbaus 4 Stahlprodukte – Formen und Anwendungen Profilarten Breitflanschträger (für Träger und Stützen) sind wegen den breiten Flansche auch für grosse Lasten und schiefe Beanspruchungen (Biegung gleichzeitig um beide Achsen) geeignet. Achtung: Nur bei der HEB-Reihe entspricht die Profilbezeichnung, z. B. HEB 200, der tatsächlichen Profilhöhe. Breitflanschträger HEA, HEB und HEM Normalprofile INP und UNP Profile mit parallelen Flanschen IPE, UPE und IPET Hohlprofile, quadratisch, rechteckig oder rund Normalprofile sind etwas kostengünstiger als Profile mit parallelen Flanschen. Sie sind für geschweisste Konstruktionen geeignet. Wegen der schrägen Innenflansche werden sie eher selten für geschraubte Konstruktionen verwendet. IPE-Profile sind schlanke Profile, Anwendung vor allem als Biegeträger (wegen der geringen Flanschbreite als Druckstäbe weniger gut geeignet). UPE-Profile eignen sich als Randträger, sie können auch paarweise verbunden werden. Durch den Unternehmer halbierte IPE-Profile (IPET) werden bei Fachwerkträgern und z. B. als Sprossen von Glasdächern eingesetzt. Die den UPE ähnlichen UAP-Profile werden nicht mehr hergestellt. Hohlprofile finden hauptsächlich Anwendung als Stützen und für Fachwerkträger, ideal für zentrische Belastung. Hohlprofile weisen im Vergleich mit HEA-Profilen eine kleine Oberflächenabwicklung auf (weniger Malerarbeiten). Der Aussendurchmesser bleibt bei unterschiedlichen Wanddicken gleich («unsichtbare» Abstufungen). Unterschieden wird zwischen kaltgefertigten (RRK, leicht und kostengünstig) und warmgefertigten Profilen (RRW, knickfester als RRK, gestauchte Eckbereiche). Rund- und Vierkantstahl findet seine hauptsächliche Verwendung als Hänge- und Zugstangen, bei grösseren Querschnitten auch als Druckglieder z. B. in Betonverbundstützen (zwecks Brandschutz). Rund- und Vierkantstahl RND und VKT Winkel- und Kleinprofile gebräuchliche Profile für allgemeine Schlosserarbeiten (Geländer, Vordächer, einfache Türen und Fenster, etc.). Rundkantige Winkel und Flachstäbe werden auch im normalen Stahlbau eingesetzt. 6 1 2 3 4 5 6 7 12 1 2 3 4 5 7 8 9 10 11 13 14 15 16 Winkel – rundkantig, gleichschenklig Winkel – rundkantig, ungleichschenklig T-Stahl – rundkantig, hochstegig U-Stahl Z-Stahl – Normalprofil Flachstäbe Winkel – scharfkantig, gleichschenklig 12 17 8 9 10 11 12 13 14 18 Winkel – scharfkantig, ungleichschenklig T-Stahl – scharfkantig Coulissenstahl Z-Stahl – scharfkantig Geländerrohr Winkelprofil – kaltgerollt, gleichschenklig Winkelprofil – kaltgerollt, ungleichschenklig 15 16 17 18 U-Profil – kaltgerollt Z-Profil – kaltgerollt Hutprofil – kaltgerollt C-Profil – kaltgerollt steeltec 01 Bezeichnung kleinste Abmessung (h x b) Breitflanschträger HEA leichte Reihe HEB normale Reihe HEM verstärkte Reihe HEA 100 HEB 100 HEM 100 Normalprofile INP UNP INP 80 UNP 65 grösste Abmessung (h x b) (96 mm x 100 mm) (100 mm x 100 mm) (120 mm x 106 mm) 16,7 kg/m 20,4 kg/m 41,8 kg/m HEA 1000 HEB 1000 HEM 1000 (990 mm x 300 mm) (1000 mm x 300 mm) (1008 mm x 302 mm) 272,0 kg/m 314,0 kg/m 349,0 kg/m (80 mm x 42 mm) (65 mm x 42 mm) 5,9 kg/m 7,1 kg/m INP 550 UNP 400 (550 mm x 200 mm) (400 mm x 110 mm) 166,0 kg/m 71,8 kg/m Profile mit parallelen Flanschen IPE IPE 80 IPET IPET80 UPE UPE 80 (80 mm x 46 mm) (40 mm x 46 mm) (80 mm x 50 mm) 6,0 kg/m 3,0 kg/m 7,9 kg/m IPE 600 IPET 600 UPE 400 (600 mm x 220 mm) (300 mm x 220 mm) (400 mm x 115 mm) 122,0 kg/m 61,2 kg/m 72,2 kg/m Hohlprofile RRW / RRK quadratisch RRW / RRK rechteckig ROR rund RRW 40 x 40 RRW 50 x 30 ROR 21.3 (40 mm x 40 mm) (50 mm x 30 mm) ( 21.3 mm) 3,4 kg/m 3,6 kg/m 0,9 kg/m RRW 400 x 400 RRW 400 x 200 ROR 813 (400 mm x 400 mm) (400 mm x 200 mm) ( 813 mm) 191,0 kg/m 141,0 kg/m 159,0 kg/m Rund- und Vierkantstahl RND VKT RND 10 VKT 10 ( 10 mm) (6 mm x 6 mm) 0,6 kg/m 0,3 kg/m RND 500 VKT 200 ( 500 mm) (200 mm x 200 mm) 1540,0 kg/m 314,0 kg/m Flachprodukte und weitere Profile Flachprodukte (z. B. Bleche) werden gewalzt. Sie sind lieferbar in Standardabmessungen oder auf Bestellung, doch die Breiten sind im Allgemeinen beschränkt auf 2000 mm. Die Dicke erreicht bis 100 mm für walmgewalzte und bis 3 mm für kaltgewalzte Bleche. Kaltgewalzte Bleche können beispielsweise zu Profilblechen geformt werden (Anwendung im Decken- und Fassadenbereich) und werden meistens schon im Werk verzinkt. Flachprodukte werden oft für geschweisste Konstruktionen in vielfältiger Querschnittsform eingesetzt. Eine vollständige Übersicht der in der Schweiz gebräuchlichen Profilformen liefert die SZS-Publikation Steelwork C5 «Konstruktionstabellen». Weitere Profilübersichten sind auf der Website der Europäischen Konvention für Stahlbau EKS unter www.steelconstruct.com abrufbar oder über den Schweizer Stahlhandel erhältlich (siehe SZS-Homepage). 13 II Grundlagen des Stahlbaus 5 Tragwerksplanung Struktur des Tragwerks Die tragende Konstruktion eines Stahlbaus setzt sich aus Stahlstäben zusammen: dem Stahlskelett. Das Skelett ist ein Stabwerk und hat nur tragende, nicht raumabschliessende Funktion. Es ermöglicht aber die Befestigung raumabschliessender Teile. Das Skelett setzt sich meist aus horizontal verlaufenden Trägern und vertikalen Stützen zusammen. Um die Stabilität des Gebäudes zu gewährleisten, werden wo nötig zusätzliche stabilisierende Elemente wie Diagonalen, biegesteife Rahmen oder Flächenelemente eingesetzt. Durch die Wahl eines Strukturrasters werden die Stützenund Trägerabstände sowie die Spannweiten festgelegt. Wirtschaftlich sind Spannweiten zwischen 6 und 18 m, in besonderen Fällen bis 30 m. Die Stützen von Stahlgeschossbauten stehen in der Regel auf den Kreuzungs- punkten eines Rasters. Rechteckige Raster führen bei den meisten Skeletten zu einer wirtschaftlicheren Konstruktion als Raster mit quadratischen Feldern, weil die Trägerlagen entsprechend besser ausgenutzt werden können. Auch eine schiefwinklige Stützenrasterung ist möglich. Das Strukturraster steht in Wechselbeziehung zum sekundären Raster der raumabschliessenden Elemente und der technischen Installationen. Es nimmt Bezug auf die Gebäudefunktion (Belastung, nutzungsbedingte Freiräume, Installationsbedürfnisse) und auf die Rahmenbedingungen für Fertigung, Transport und Montage der Bauteile. Strukturraster im Geschossbau mit einer Trägerschar 1 2 3 4 4 1 Stütze Deckenträger Trennwand Deckenrand 2 3 Strukturraster im Geschossbau mit zwei Trägerscharen 2 1 Deckenträger 2 Unterzug 3 Deckenrand 1 3 (Zeichnungen aus: Conception des charpentes métalliques, PPUR) 14 steeltec 01 Tragwerks-Stabilisierung Die einzelnen Tragelemente (Träger, Stützen, etc.) müssen untereinander zu einem räumlichen Tragwerk verbunden werden, welches eine sichere und genügend steife Abtragung aller Horizontalkräfte in die Fundation ermöglicht und somit das Gebäude stabilisiert. Die Horizontalkräfte werden über die Deckenscheiben und allfällige Dachverbände zu den vertikalen Aussteifungselementen geführt. Als vertikale Aussteifungselemente werden fachwerkförmige Verbände, massive Wandscheiben oder biegesteife Rahmen verwendet. Für ein günstiges Erdbebenverhalten sind die stabilisierenden Elemente möglichst symmetrisch anzuordnen. Wahl der Stabilisierungselemente Die Art der Aussteifung und ihre Anordnung haben grossen Einfluss auf die Raumnutzung oder die Fassadengestaltung und sind daher frühzeitig festzulegen. Vielfach ist es zweckmässig, die Aussteifung in die Aussenwände zu legen, da hierdurch jede konstruktive Bindung für die Aufteilung der Geschossfläche entfällt. Fachwerkverbände sind bei Stahlkonstruktionen die Regel, da Justierungen während der Montage möglich sind. Massive Wände werden nur dann berücksichtigt, wenn sie aufgrund anderer Bedürfnisse ohnehin vorgesehen sind. Biegesteife Rahmen eignen sich vor allem für eingeschossige Bauten, wenn sie besonders durchlässig sein sollen, sie sind jedoch auch etwas massiver und folglich teurer. Einige Kriterien sprechen besonders für Drehgefahr! Schubmittelpunkt Deckenscheiben im Geschossbau haben je 3 Freiheitsgrade. Die Anordnung der Aussteifungselemente kann in der Fassade oder im Kern erfolgen. Es braucht mindestens 3 (besser 4) Vertikalverbände. Fachwerkverbände – leichte, weitgespannte Vertikalfachwerke – wenn Lifte und Treppen als offene Strukturen oder im Aussenbereich geplant sind – bei unzureichender Aussteifung durch die vorhandenen massiven Elemente Massive Wände oder Kerne – wenn diese ohnehin vorgesehen und sonst keine Verbände mehr notwendig sind – wenn sich keine ausreichenden Fachwerkverbände im Skelett unterbringen lassen Anordnung von Stabilisierungsverbänden im Geschossbau und bei einer Halle (Quelle: Conception des charpentes métalliques, PPUR) Biegesteife Rahmen – wenn auf maximale Durchlässigkeit Wert gelegt wird – wenn keine tragenden Wände mitwirken – bei kleineren, eingeschossigen Objekten 15 II Grundlagen des Stahlbaus Tragverhalten von vertikalen Verbänden Statisch gesehen wirken Vertikalverbände als Biegeträger, und zwar als im Boden eingespannte Fachwerk-Kragarme (a). Schmale Vertikalverbände erhalten grosse Stabkräfte. Die Stäbe erleiden Längenänderungen und bewirken dadurch Verschiebungen (b). Breite Fachwerkverbände sind wegen ihrer geringen Stabkräfte leichter und haben geringere Verformungen (c). Es ist ein vernünftiges Verhältnis von Höhe zu Breite des Verbandes anzustreben (max. 1:5 bis 1:7), um einfache Stabanschlüsse und eine genügende Steifigkeit zu erreichen. Die Steifigkeit eines schmalen Windverbandes wird wesentlich erhöht, wenn der Verband über ein horizontales Fachwerk zu den Aussenstützen hin verspannt wird, so dass eine Rahmenwirkung entsteht (d). a b Vertikalverband über 8 Geschosse. Arcelor Office Building, Luxembourg c d Tragverhalten und Steifigkeit von Vertikalverbänden Vertikalverbände e) Raute (kleine Knicklängen) f) Kreuz (aus schlanken Zugstreben) g) K-Fachwerk h) Fachwerkrahmen (teuer) i) Biegesteifer Rahmen (teuer) Als Verbandstreben eignen sich alle Profile, die sich für ein geschraubtes Fachwerk bewähren: Rohre, einfache Winkel, Doppelwinkel, gekreuzte Winkel, T-Profile, HEA, HEB, UNP, UPE. e f g Mögliche Formen von Vertikalverbänden 16 h i Für Verbände mit gekreuzten Streben eignen sich auch Flachstäbe, Rundstäbe oder evtl. Drahtseile; diese Streben übernehmen nur Zugkräfte. steeltec 01 6 Stützen Lärmschutzverbauung, (Mario Botta), Chiasso, 2004 Betonstützen Stahlstützen 330 250 170 130 130 170 250 330 Die senkrechten Lasten eines Bauwerks werden durch Stahlstützen und bisweilen durch Betonwände abgefangen. Für die wirtschaftliche Stützenplanung ist eine integrale Sichtweise entscheidend. Je nach Gebäudenutzung können Stützen in den Innenräumen als Hindernisse wirken. Deshalb ist eine Anordnung zu wählen, die den Betriebsabläufen nicht entgegensteht. Für innenliegende Stützenreihen sollten aus wirtschaftlichen Gründen möglichst schlanke Querschnitte in möglichst grossen Abständen gewählt werden. Enggestellte Stützen entlang der Aussenwand sind hingegen von Vorteil, denn sie können in die Fassade integriert werden, ohne dass zusätzliche Fassadenpfosten notwendig sind. Und sie bieten gleiche Anschlüsse für Trennwände in allen Achsen. N d = 1120 kN 680 300 250 220 250 300 680 Stahlstützen haben meist viel geringere Querschnitte als Betonstützen. Sie nehmen wenig Grundfläche in Anspruch, wodurch sich ein günstiges Verhältnis zwischen gesamter Grundrissfläche und nutzbarer Fläche zwischen den Stützen ergibt. Um Lasten von 1120 kN bzw. 5600 kN (Bemessungswerte) zu tragen, ergibt sich nebenstehender Vergleich der Querschnittsabmessungen von Beton- und Stahlstützen. Bei Einbezug von Stahl-Beton-Verbundquerschnitten mit ähnlichen Aussenabmessungen kann Stahl unverkleidet sichtbar bleiben. N d = 5600 kN Vergleich statisch gleichwertiger Beton- und Stahlstützen Allgemeine Bedingungen Knicklänge L K = 3 m Beton C 20/25 Bewehrung µ = 0,6 % Baustahl S355 Feuerwiderstand R 60 Gebräuchlichste Stützenquerschnitte -Querschnitte – Häufigste und wirtschaftlichste Stützenform – Besonders gut geeignet für Anschlüsse von Trägern in beiden Richtungen – Alle Teile des Profils für Schraubverbindungen zugänglich – Als Verbundquerschnitt («kammerbetoniert») mit erhöhter Tragfähigkeit, Feuerwiderstand bis R 90 Rechteckige Kastenprofile und Vollstahlprofile – Geeignet für Stützen mit hohen Lasten, Biegung in beiden Richtungen, grossen Knicklängen bei kleinem Querschnitt – Wegen der glatten Aussenfläche als unverkleidete Stütze beliebt, Feuerwiderstand R 30 für Vollquerschnitte ab 80 mm Hohle Walzprofile – Runde Kanten geben ein glattes Bild – Profile gleicher Aussenabmessung sind durch die Wanddicke abstufbar – Die Einleitung der Kräfte bedarf besonderer konstruktiver Massnahmen – Ausbetonieren erhöht Tragfähigkeit und Feuerwiderstand (mit Längsbewehrung für R 60 / R 90) Mehrteilige Stützen – Geeignet, wenn der Unterzug zwischen den Stützenhälften liegen soll oder in der Stütze die Installationen zugänglich geführt werden sollen – Grösserer Aussenquerschnitt als alle oben beschriebenen Stützen – Bindebleche für Knicksteifigkeit notwendig 17 II Grundlagen des Stahlbaus Konstruktionsdetails von Stützen Gelenkige Stützenfüsse Sonderfall Eingespannte Stützenfüsse Trägeranschlüsse an Stützen gelenkig, mit Fahnenblech Stützenköpfe, weitgehend gelenkig gelenkig, mit Doppelwinkel biegesteif, mit Stirnplatte Laschen an Rohrflansche Stahlpilzstütze, in Geschossdecke eingespannt, mit Deckenrand-Varianten Sonderformen: aufgelöste Pylonstützen (Zollanlage Kreuzlingen-Konstanz); Schräggestellte Gelenkstützen (Airside Center, Flughafen Zürich), rechts: Stützenfuss 18 steeltec 01 7 Träger Als Träger werden die horizontalen Tragelemente bezeichnet, welche die Lasten aus Decken und Dächern zu den Auflagern hin abtragen. Nebst statisch-konstruktiven Überlegungen sind für die Wahl der Stahlträger ausserdem die Raumwirkung, die Anforderungen an die Installationsführung und an den Brandschutz zu beachten. Je nach Verwendungszweck und Beanspruchung kommen verschiedene Trägertypen zur Anwendung. Gebräuchliche Trägertypen Träger HEA, HEB, HEM mit breiten Flanschen – Tragen hohe Lasten bei minimaler Trägerhöhe (100 – 1000 mm) – Stegaussparungen beschränkt, max. = 0,5 H – Empfohlene Spannweiten: ab 4,5 bis max. 7 m – Trägerhöhe H = 1/18 (einfache Balken) bis 1/30 der Spannweite (Durchlaufträger) (b) Träger IPE mit schmalen Flanschen – Wirtschaftlicher Profiltyp – Grössere Stegaussparungen möglich, max. = 0,5 H – Empfohlene Spannweiten: bis 9 m (Decken), bis 16 m (Dächer) – Trägerhöhe H = 1/1 5 (einfache Balken) bis 1/24 der Spannweite (Durchlaufträger) Träger U-Profile und Doppel-U-Profile – Für geringe Beanspruchung (z. B. Deckenrandfelder) – U-Profile können doppelt verwendet werden, meist mit seitlicher Befestigung an die Stützen – Die Verdrehung lässt sich durch verschiedene konstruktive Vorkehrungen verhindern – Empfohlene Spannweiten: bis 9 m (Decken), bis 16 m (Dächer) – Trägerhöhe H = 1/15 (einfache Balken) bis 1/24 der Spannweite (Durchlaufträger) Wabenträger/Lochstegträger – Hergestellt aus Grundprofilen IPE, HEA oder HEB – Für Installationsleitungen mit grösseren Durchmessern (max. = 0,7 H) – Wirtschaftlich zur Übertragung grosser Biegemomente bei grossen Spannweiten – Einfache Formgebung möglich (Überhöhung, Biegung, Vouten, etc.) – Im Stützbereich Löcher vermeiden/schliessen – Empfohlene Spannweiten: bis 12 m (Decken), bis 20 m (Dächer) – Trägerhöhe H = ca. 1/16 der Spannweite (a) (d) (e) (k) (l) (Isometrische Zeichnungen aus: Conception des charpentes métalliques, PPUR) 19 II Grundlagen des Stahlbaus Zentrum Paul Klee, Bern: freie Formgebung und grosse Spannweiten mit Blechträgern Blechträger – Aus Blechen, selten aus Profilen zusammengeschweisst – Grössere Stegaussparungen möglich, max. = 0,7 H – Einfache Formgebung möglich (Überhöhung, variable Bauhöhe) – Empfohlene Spannweiten: über 12 m (besonders für Dächer) – Trägerhöhe H = 1/12 (einfache Balken) bis 1/24 der Spannweite (Durchlaufträger) (h) Sonderformen – Davex®-Träger sind mechanisch verbunden, d.h. weder geschweisst, noch gepresst. Damit sind unterschiedliche Dicken von Gurt und Steg möglich, so dass der Trägerquerschnitt optimiert wird. Es können nahezu alle Geometrien erstellt und unterschiedliche Materialien wie Metalle oder Kunststoffe als Steg eingesetzt werden. – Anwendung für geringe Belastungen im sichtbaren Stahlbau als Fassadenelemente, für Balkone, Messebau, Treppen, etc. (f) Davex ®-Träger bieten durch das scharfkantige Profil und die filigrane Optik neue Möglichkeiten für die Architektur. (www.d-a.ch, [email protected]) Verbundträger – Der Stahlträger wirkt dank aufgeschweisster Kopfbolzendübel statisch mit der aufliegenden Betondecke oder Blechverbunddecke zusammen, wobei der Beton hauptsächlich Druckkräfte infolge Biegung übernimmt. – Alle oben beschriebenen Stahlträgertypen kommen dafür in Frage – Relativ steifes Tragelement, bei gleichzeitig reduzierter Trägerhöhe Verbundquerschnitte aus Stahlträger und Betondecke (Zeichnungen: Conception des charpentes métalliques, PPUR) 20 steeltec 01 Fachwerkträger Fachwerkträger haben ein relativ geringes Gewicht und eignen sich deshalb für grosse Spannweiten oder für ausserordentliche Gewölbe- oder Dachformen. Sie können aus verschiedenen Profilen zusammengesetzt sein. Für die Gurte kommen neben T oder H auch Doppelwinkel, für die Füllstäbe Doppel- und Einzelwinkel oder Hohlprofile vor; bei T-Gurten kann oft auf Knotenbleche verzichtet werden. Fachwerkträger haben folgende Vorteile: – Ermöglicht leichte Installationsführung – Relativ steifes Tragelement – Freie Formgebung (Überhöhung) – Spannweiten: 9 m – 18 m (Decken); bis 100 m (Dächer) – Trägerhöhe H = 1/10 (einfache Balken) bis 1/18 der Spannweite (Durchlaufträger) Beispiele von parallelen und nicht parallelen Fachwerkträgern. Giebelförmige Fachwerkträger Der Vierendeel-Träger benötigt keine Diagonalen, da die ganze Konstruktion steif ausgebildet ist. Deshalb ist der Träger schwerer, erlaubt jedoch eine freie Zirkulation (hier als Fachwerkträger mit einzelnem Vierendeel-Feld). Dachträger im Airside Center, Flughafen Zürich: zwei sich gegenseitig durchdringende Fachwerkscharen. rechts: Brückentragwerk in Malaysia (Prix Acier 2005) 21 II Grundlagen des Stahlbaus 8 Decken Für die Anordnung der Träger bieten sich verschiedene Formen an; sie können parallel oder gekreuzt verlaufen. Sich kreuzende Trägerscharen können entweder aufeinander liegen oder ineinander verschachtelt sein. Die Art und Anordnung der Träger hängt von der verfügbaren Deckenhöhe und den unterzubringenden Installationsleitungen ab. Installationsführung Das offene Stahlskelett begünstigt die Installationsführung zur technischen Erschliessung des Gebäudes in vertikaler und horizontaler Richtung und spätere Änderungen an den Installationen. Tragwerk und Installationsführung beeinflussen sich gegenseitig. Der Einbau von Installationen ist oft entscheidend für die konstruktive Gestalt des Deckentragwerks. Für den kostspieligen technischen Ausbau der Gebäude ist eine übersichtliche und einfache Leitungsführung von grosser Wichtigkeit. Da die horizontalen Verteilerstränge fast stets in der Decke liegen, bieten Stahlträgerdecken eine flexible Leitungsführung und auch spätere Anpassungen der Installationen. Die Geschossdecke hat typischerweise folgenden Aufbau: – Bodenbelag – Betondecke mit Bewehrung – Profilblech (hier Schwalbenschwanz) – Stahlträger – Zwischendeckenbereich für Installationen – Abgehängte Unterdecke (evtl. geeignet für Brandschutz) 1 3 2 5 3 6 4 4 1 2 7 3 4 2 4 3 Installationsführung im Deckenbereich bei zwei Trägerscharen 1 2 3 4 5 6 7 8 Stütze Deckenplatte Deckenträger Unterzug Hauptleitung Nebenleitung Öffnung Leitung 22 8 4 3 (Quelle: Conception des charpentes métalliques, PPUR) steeltec 01 Deckenkonstruktionen Einfache Betondecke Die armierte Betondecke trägt meistens in einer Richtung, seltener in zwei Richtungen. Sie wird aus Ortbeton auf der Baustelle gegossen (auf eine Holzschalung), oder sie besteht aus vorfabrizierten Elementen, die auf der Trägerkonstruktion aufliegen und allenfalls mit Überbeton vergossen werden. Stahldecke Die Stahldecke besteht aus profilierten Blechen mit einem mehrschichtigen Bodenaufbau. Das Profilblech ist das tragende Element und kann als Schalung für den Estrich dienen (Ortbeton, Anhydrit, etc.). Die Profilierung hat meistens trapezförmigen Querschnitt. Die Bleche werden meistens verzinkt oder farbig beschichtet verwendet. Vorteile der Stahlblech- und Verbunddecken: – geringes Gewicht – schneller Einbau – Betondecke ohne Schalung – sofortige Begehbarkeit nach der Montage – sichere Baustelle Verbunddecken Bei der Verbunddecke bilden Stahlträger, Blech und armierter Beton ein Tragsystem. Besteht zwischen Blech und Betonplatte ein Verbund (bei Rippenblech), so dient das Blech als Bewehrung. Ist der Stahlträger zusätzlich durch Bolzen mit der Decke verbunden, so spricht man von einem Verbundquerschnitt. Diese Konstruktion ist sehr wirtschaftlich. Schlanke Deckensysteme (Slim-Floor) Das schlanke Deckensystem «Slim-Floor» kennt seit den 80er-Jahren im angelsächsischen Raum weite Verbreitung. Es besteht aus nur einer Trägerlage mit integrierten Deckenelementen. Die gesamte Deckenkonstruktion ist kaum höher als der Träger und bietet gleichzeitig genügend Feuerschutz. Die Deckenelemente sind oft vorfabriziert, was eine schnelle Montage erlaubt. Die integrierte Blechverbunddecke erlaubt zudem eine platzsparende Leitungsführung. (Quelle: Conception des charpentes métalliques, PPUR) 23 II Grundlagen des Stahlbaus 9 Verbindungen Die Elemente des Stahlskeletts werden in Werkstätten vorgefertigt. Die industrielle Herstellung und die Anforderungen einer einfachen, sicheren Montage haben einen grossen Einfluss auf die Gestaltung der Verbindungen zwischen den Elementen. Wichtig sind dabei standardisierte Verbindungen und festgelegte Toleranzen. Hier ist eine Auswahl typischer Knotenpunkte des Geschossbaus für Träger und Stützen aus \-Profilen dargestellt. Die einfacheren Konstruktionsformen sind aus Wirtschaftlichkeitsgründen vorzuziehen. Stützen-Träger-Anschlüsse Stützen durchlaufend Träger durchlaufend gelenkige Anschlüsse biegesteife Anschlüsse vorgefertigte Knoten biegesteife Anschlüsse Anschlusslaschen geschweisst Stirnplatten geschweisst Stirnplatten geschweisst Rippen eingeschweisst unter Stützensteg, halbsteif Doppelwinkel (ungeschweisst) Rippen eingeschweisst, überste- Rippen eingeschweisst, hende Stirnplatten geschweisst Stirnplatten geschweisst Rippen eingeschweisst, biegesteif dreidimensionaler Anschluss dreidimensionaler Anschluss dreidimensionaler Anschluss, HE-Coupstück eingeschweisst dreidimensionaler Anschluss Durchgehende Stützen ohne horizontale Rippen sind günstig für vertikale Installationen. Vorgefertigte Knoten sind eher selten, doch mit Anschlüssen nahe beim Momentennullpunkt können sie konstruktive und montagetechnische Vorteile bieten. Dreidimensionale Anschlüsse können dadurch vermieden werden, dass die sekundäre Trägerschar in vertikaler Richtung verschoben oder gegenüber dem Stützenraster versetzt wird. Weitere Konstruktionsdetails siehe z. B. SZS-Publikation C8. 24 steeltec 01 Trägeranschlüsse Typische Anschlüsse von sekundären Trägern (Deckenträger, Pfetten) an Primärträger (Unterzüge, Binder) aus \-Profilen Sekundärträger gelenkig Fahnenblech-Anschluss Doppelwinkel-Anschluss Doppelsteglaschen-Anschluss Anschlusslaschen (Fahnenbleche) einseitig, im Werk geschweisst. Mit Ausklinkung (wie nebenstehend) auch möglich für OK Oberflansche bündig. Keine Schweissarbeit nötig, aber mehr Schrauben. Ohne Ausklinkung (wie nebenstehend links) auch möglich für vertikal versetzte Oberflansche. Rippen evtl. weniger hoch, nur mit Steg verschweisst. Leichte Verdrehung der Steglaschen infolge Anschlussexzentrizität unvermeidlich. aufliegend (Stapelbauweise) Stirnplatten-Anschluss geschweisster Anschluss Eingeschweisste Rippen nur, sofern nötig. Auch mit Sekundärträgerstoss beim Auflager möglich (dann meist gelenkig). Dicke Stirnplatten, vorgespannte HV-Schrauben. Futterbleche wegen Einfädeln und Toleranzausgleich. Gelenkiger Anschluss, falls Stirnplatte nur am Steg angeschweisst (dann auch mit Ausklinkung wie obenstehend möglich). Aufwändige Montageschweissung. Nachträglicher Oberflächenschutz im Anschlussbereich nötig. Auch für ungleich hohe, versetzte Sekundärträger möglich. Sekundärträger durchlaufend (Quelle: Conception des charpentes métalliques, PPUR) Gelenkige Trägeranschlüsse Fahnenblechanschlüsse Steglaschenanschluss Doppelwinkelanschlüsse Biegesteif geschraubte Trägerstösse Stirnplattenstoss Firststoss mit Voutenblechen Laschenstoss 25 II Grundlagen des Stahlbaus 10 Fassaden Die Fassade ist für die Energieeffizienz eines Gebäudes ausschlaggebend. Sie wird entweder hinter, vor oder in der Ebene der Tragstruktur angebracht. Wegen der Wärmeleitfähigkeit der Stahlstruktur empfiehlt es sich, die Fassade ausserhalb der Tragstruktur anzubringen (vorgehängt). Der Stahlbau lässt sich auch mit einer massiven Fassadenkonstruktion kombinieren. Leichte Stahlfassade 1 Stahlstütze 2 Innenverkleidung Blech 3 Isolation 4 zusätzliche Dämmschicht 5 Holzlattung 6 Aussenverkleidung 7 Vorgefertigte Betonplatten 8 Aufhängung der Platten 1 1 8 6 5 2 3 140 – 200 mm 7 1.0 – 3.0 m 4 Schwere Fassade Massive Platten Massive Elementfassade Selbsttragende Fassadenelemente benötigen keine Sekundärstruktur. Es handelt sich um geschosshohe, vorfabrizierte Elemente, die direkt an die Geschossdecken montiert werden. 2.8 – 3.5 m – 3.0 0.2 0– 0.2 5.0 m 5m 2 4 1 Mauerwerkfassade Bei einer tragenden Mauerwerkfassade wird der Deckenträger an einem speziellen Winkelprofil im Mauerwerk befestigt, das wegen der thermischen Leitfähigkeit einen Korrosionsschutz benötigt. 26 1 2 3 4 5 Äusseres Mauerwerk Isolation mit Dampfsperre Tragendes Mauerwerk Luftschicht Befestigungsprofil 5 3 (Quelle: Conception des charpentes métalliques, PPUR) steeltec 01 11 Skelettrahmenbau Rahmen mit durchlaufenden Trägern Rahmen mit durchlaufenden Trägern Deckenaufbau D1 Bretterlage 27 mm Stahlträger IPE 180 mm Total 207 mm Die Tragstruktur besteht aus mehreren, aufeinanderliegenden Rahmen mit geschosshohen Stützen. Da die Stützen unterbrochen sind, müssen die Träger zur Ableitung der Vertikallasten mit Rippen verstärkt werden. Die Rahmen verlaufen in Querrichtung des Gebäudes. Falls die Stützen über hochfest verschraubte Kopf- und Fussplatten mit den Trägern biegesteif verbunden sind, ist jeder Rahmen in sich stabil; hingegen muss das Tragwerk für Horizontalkräfte in Gebäudelängsrichtung durch Vertikalscheiben stabilisiert werden. Die Skizze zeigt drei Varianten für die Decke, wobei die Gemeinsamkeit in der Anordnung oberhalb der Hauptträger besteht. D1 basiert im Sinne einer Sekundärkonstruktion auf einer Lage von Deckenträgern, die auf den Hauptträgern aufliegt. Der Hauptträgerabstand ist hier etwa 4,5 m, bei höheren Deckenträgern sind bis 12 m erreichbar. Im Unterschied zu Sekundärträgern, die höhengleich zwischen den Hauptträgern angebracht sind, erlaubt die Überlagerung (Stapelbauweise mit durchlaufenden, weit gespannten Sekundärträgern) das Führen von Leitungen in Querrichtung zu den Rahmen. Je nach Anforderung reicht als Gehbelag eine einfache Bretterschalung aus. Bei D2 und D3 wird auf sekundäre, stabförmige Tragelemente verzichtet. Trapezbleche bilden die Tragkonstruktion – im Fall D3 in Verbund mit einem armierten Überbeton, bei D2 als reine Trockenbauweise mit einer Verlegeplatte als Untergrund für den Bodenbelag. Für niedrigere Profilbleche bzw. wenn für die Blechverbunddecke keine Montageunterstützung benutzt wird, reduziert sich der Trägerabstand auf etwa 2 m. Der Deckenaufbau D3 erreicht einen Feuerwiderstand REI 90; die übrigen Konstruktionsteile benötigen zusätzliche Massnahmen, falls ein Feuerwiderstand gefordert ist. Deckenaufbau D2 Verlegeplatte 27 mm Gummitrennlage 20 mm Stahlprofilblech 160 mm Total 207 mm Deckenaufbau D3 Überbeton bewehrt 70 mm Stahlprofilblech (Schwalbenschwanz) 50 mm Total 120 mm D1 a) HEA 400, geschossweise unterbrochen b) HEA 400, Durchlaufträger c) Aussteifungsrippen für die Vertikallasten D2 D3 b c a links System Styltech: die Stützen lassen sich relativ frei anordnen (www.arcelor.com). 27 II Grundlagen des Stahlbaus Rahmen mit durchlaufenden Stützen Die Tragstruktur besteht aus einer Aneinanderreihung von Rahmen mit durchlaufenden Stützen, die meistens innen liegen. In diesem Beispiel stehen die Stützen direkt an der Fassade, wodurch sie den Raum kaum tangieren. Bei gleicher Grundrissfläche wie beim vorhergehenden Beispiel müssen die Träger aber stärker dimensioniert werden, weil die Spannweite hier mit etwa 10 m grösser ist. Rahmen mit durchlaufenden Stützen Die Rahmen verlaufen in Querrichtung des Gebäudes. Wenn die Träger über hochfest verschraubte Stirnplatten biegesteif mit den Stützen verbunden sind, verringern sich dank Einspannwirkung die Trägerdurchbiegungen, und jeder Rahmen wird in sich stabil. Die Steifigkeit der Knotenpunkte lässt sich durch verschiedene konstruktive Massnahmen weiter verbessern. Für Horizontalkräfte in Gebäudelängsrichtung muss das Tragwerk durch Vertikalscheiben stabilisiert werden. Die Mehrhöhe kann teilweise kompensiert werden, indem die Deckenkonstruktion zwischen die Hauptträger gelegt wird. Der Deckenaufbau D4 basiert analog zu D1auf einer Lage von Deckenträgern, die nun aber höhengleich zwischen den Hauptträgern liegt. Das Führen von Installationen senkrecht zu den Rahmen bedingt Löcher in den Trägern; diese werden entweder partiell angeordnet oder im Sinn eines Loch- oder Wabenträgers in regelmässigen Abständen auf die ganze Trägerlänge verteilt. Derart perforierte Träger bringen zudem eine Gewichtseinsparung von bis zu 30 %, allerdings bei etwas grösserer Bauhöhe. D5 zeigt eine Rippendecke, bei der Trapezbleche zwischen die Hauptträger gehängt und ausbetoniert werden. Aufgrund vorgängig auf die Träger geschweisster Bolzen geht die Deckenkonstruktion einen festen Verbund mit der Primärstruktur ein. Das Einhängen der Bleche erfolgt über Stahlknaggen (Vierkantstahl 25x25 mm), die in der Werkstatt auf die Träger geschweisst wurden. Der Deckenaufbau D5 erreicht einen Feuerwiderstand REI 90; die übrigen Konstruktionsteile benötigen zusätzliche Massnahmen, falls ein Feuerwiderstand gefordert ist. Deckenaufbau D4 Brettschichtholzplatte 27 mm Stahlträger IPE 160 160 mm Total 187 mm Deckenaufbau D5 Überbeton 120 mm Stahlprofilblech 200 mm Total 320 mm D4 a) HEA 300 b) IPE 600, partiell als Lochstegträger dargestellt D5 b a 28 steeltec 01 Ungerichtetes Rahmenskelett Die Tragstruktur besteht aus einem ungerichteten Skelett mit Stützen aus warmgefertigten Hohlprofilen (oder geschweissten Kastenprofilen), die den Trägern – im Unterschied zu Doppel-T-Profilen – allseitig die gleiche Anschlusssituation bieten. Da die Stützen durchlaufend sind, ist, wie auch bei anderen Systemen, zudem der Anschluss der Träger auf jeder beliebigen Höhe möglich, was feldweise unterschiedliche Raumhöhen erlaubt. ungerichtetes Skelett Die Anschlüsse sind im vorliegenden Beispiel nicht biegesteif, wodurch ein Rahmentragwerk mit gelenkigen Knotenpunkten entsteht. Für Horizontalkräfte muss das Tragwerk deshalb in Längs- und Querrichtung durch zusätzliche Vertikalscheiben stabilisiert werden. Im vorliegenden Beispiel beträgt der Stützenabstand etwa 5 m, doch sind mit dem gleichen System auch grössere Spannweiten möglich. Falls alle Deckenträger gleichmässig belastet werden sollen, muss die Spannrichtung der Decken von Feld zu Feld wechseln. Bei schlanken Deckensystemen ist der Deckenaufbau gleich hoch wie der Träger (Slim-FloorDecken, Integrated Floor Beam, etc.). Dabei werden in beiden Fällen an den Trägern breitere Untergurtbleche angeschweisst, die als Auflager dienen. D6 basiert auf vorfabrizierten Spannbetonhohlplatten, die – wie der Name sagt – vorgespannt sind und dadurch bis zu 12 m überbrücken können. Die Hohlräume dienen allein der Gewichtseinsparung; Installationen werden unterhalb der Decke angebracht. Der grosse Vorteil liegt in der Trockenbauweise. D7 zeigt analog zu D5 eine Rippendecke, bei der wiederum Trapezbleche zwischen die Hauptträger gelegt und ausbetoniert werden. Die Leitungsführung ist hier zwischen den Rippen möglich. Als Verbundkonstruktion dient die Decke auch der horizontalen Aussteifung des Gebäudes. D6 und D7 eignen sich auch vorzüglich für gerichtete Skelette mit rechteckigen Stützenrastern. Die Deckenaufbauten D6 und D7 können einen Feuerwiderstand REI 90 erreichen. Die Slim-Floor-Deckenträger und die betongefüllten, bewehrten Hohlprofile weisen Feuerwiderstände R 60 bis R 90 auf. Deckenaufbau D6 Zement-Unterlagsboden 80 mm Trittschalldämmung 20 mm Spannbetonhohlplatten 220 mm Total 320 mm Deckenaufbau D7 Überbeton 120 mm Stahlprofilblech 200 mm Total 320 mm a) Stützen Hohlprofil RRW 200, durchlaufend (auch ROR) b) Träger HEB 200 mit Zusatzblech (Typ SFB), gelenkig angeschlossen D6 D7 b Spannbetonhohldecke: Träger mit breiterem Untergurt als Auflager der Deckenplatte a 29 II Grundlagen des Stahlbaus 12 Brandschutz Im Stahlbau ist der Brandschutz von zentraler Bedeutung, denn obgleich Stahl nicht brennt, verändert die Einwirkung von Hitze dessen Gefüge und in der Folge dessen Tragfähigkeit. Soll deshalb ein tragendes Bauteil aus Stahl dem Feuer während 60 Minuten Widerstand leisten (R 60), muss es meistens verkleidet oder mit einem Schutzanstrich versehen werden – dies im Unterschied zu Tragwerken aus Beton oder Backstein. teln zur Früherkennung eines Brandes (Brandmelder) und zu dessen rascher Eindämmung (Sprinkler) dienen aber nicht nur dem Schutz von Personen und des Gebäudeinhaltes, sondern ermöglichen oftmals das Tragwerk unverkleidet zu belassen, da es zu einer akuten Gefährdung durch einen Vollbrand gar nicht erst kommen kann. Baulicher Brandschutz Als Grundlage für die Wahl der geeigneten Brandschutzmassnahmen dienen objektspezifische Brandschutzkonzepte, welche die Nutzung und das damit verbundene Brandrisiko genauso berücksichtigen wie die Personenbelegung, die Art der Raumbeziehungen (offen oder geschlossen) und die Geschosszahl. So werden bei eingeschossigen Industriegebäuden meist keine Anforderungen an den Feuerwiderstand des Tragwerks gestellt, da direkte Fluchtmöglichkeiten ins Freie bestehen, die Arbeiter mit den räumlichen Verhältnissen vertraut und in der Regel über das Verhalten im Brandfall instruiert sind. Gänzlich anders verhält es sich bei öffentlichen Gebäuden, in denen sich eine Mehrheit der Leute nicht auskennt. Eingeschossige Gebäude und das oberste Stockwerk mehrgeschossiger Bauten unterliegen weniger strengen Auflagen, weil keine darüber liegenden Räume gefährdet werden. Aktive Brandschutzmassnahmen Mit den Fluchtmöglichkeiten ist der Personenschutz angesprochen, der zusammen mit dem Sachschutz (Gebäude und Inhalt) zu den beiden grundlegenden Zielen eines jeden Brandschutzkonzeptes zählt. Hinsichtlich des Personenschutzes ist interessant zu wissen, dass Ersticken durch Brandgase – und nicht etwa der Einsturz von Bauteilen – als die häufigste Todesursache bei Bränden gilt. Wichtig ist es deshalb, Wärme und Rauch schnell abzuführen. Präventive Massnahmen und der Einsatz von Mit- Reichen die aktiven Brandschutzmassnahmen nicht aus, muss das Tragwerk so beschaffen sein, dass es seine Tragfähigkeit auch im Falle eines Vollbrandes (mit Temperaturen bis etwa 1000 °C) während 30, 60 oder 90 Minuten beibehält. Soll der Stahlbau sichtbar bleiben, so kann der Feuerwiderstand des Bauteils z. B. durch Überdimensionierung oder durch das Applizieren eines Brandschutzanstrichs, der im Brandfall aufquillt, gewährleistet werden. Brandschutzanstriche sind heute bis zur Feuerwiderstandsklasse R 60 zugelassen und von der Oberfläche her kaum mehr von normalen Anstrichen zu unterscheiden. Der gängigste bauliche Brandschutz ist die Verkleidung, die entweder direkt oder unter Bildung von Hohlräumen (z. B. für Installationen) auf die Stahlteile angebracht wird. Verbundkonstruktionen, bei denen die Stützen und Träger teilweise oder gar vollständig ausbetoniert werden, sind eine weitere sinnvolle und verbreitete Brandschutzmassnahme. Dabei sind die Stahlstützen häufig von einem Stahlmantel umgeben, welcher beim Betonieren als Schalung dient. Der Hüllbeton schützt das innere Stahlprofil vor übermässiger Wärmeeinwirkung und kann selber noch eine tragende Funktion übernehmen. Wird umgekehrt eine Stahlrohrstütze mit Beton gefüllt, erfolgt unter Brandeinwirkung eine Lastumlagerung, sodass fortan der Betonkern die tragende Funktion übernimmt. Stützen als Verbundtragwerk a) ausbetoniertes Hohlprofil: unter Brandeinwirkung übernimmt der Betonkern die tragende Funktion b) Stahlkern mit Beton- und Stahlmantel: der Beton schützt den Kern vor den hohen Temperaturen c) einbetoniertes Stahlprofil ohne Stahlmantel Passive bauliche Brandschutzmassnahmen a) unverkleidetes Profil im Verbund mit der Betondecke für Feuerwiderstandsdauern bis R 30 b) kammerbetoniertes Profil c) feuerwiderstandsfähige Unterdecke d) Brandschutzfarbanstrich (oder Putze) e) Verkleidung 30 steeltec 01 Einsatzmöglichkeiten des Stahlbaus Stahl sichtbar Feuerwiderstand R 30 Feuerwiderstand R 60 Feuerwiderstand R 90 Stützen (1,2) SZS/EKS N° 89 (U/A < 50 m-1) (3) SZS/EKS N° 89 (U/A < 14 m-1) (3) keine Träger mit aufliegender Decke (2) min. RND/VKT 80 min. RND/VKT 280 min. 60 x120 min. 200 x 500 min. 150 x150 min. HHD 320 x 300 min. HHD 400 x 382 min. 400 x 400 min. 320 x 320 SZS/EKS N° 89 SZS/EKS N° 89 min. HEM 300 Vollstahl min. FLB 150/300 Konstruktionen mit Brandschutzanstrich (4) alle Profile keine alle Profile nicht erlaubt http://bsronline.vkf.ch http://bsronline.vkf.ch SZS C2.3, SZS C2.4, ECCS N° 55 Norm SIA 264 /1 SZS C2.3, SZS C2.4, ECCS N° 55 Norm SIA 264 /1 SZS C2.3, SZS C2.4, ECCS N° 55 Norm SIA 264 /1 min. HEA 160, RRK 140, ROR 139,7 min. HEA 200, RRK 160, ROR 159 min. HEA 240, RRK 180, ROR 177,8 SZS C2.4 Norm SIA 264/1 SZS C2.4 Norm SIA 264/1 SZS C2.4 Norm SIA 264/1 min. HEA 100, IPE 120 min. HEA 100, IPE 200 min. HEA 180, IPE 300 Profilblech-Verbunddecken SZS C2.4, EKS N° 32 SZS C2.4, EKS N° 32 SZS C2.4, EKS N° 32 mittlere Deckendicke heff heff 60 mm heff 80 mm heff 100 mm Stahl-Beton-Verbund (5) Stützen Träger kammerbetoniert mit aufliegender Decke ( 120 mm) Stahl verkleidet (6) kastenförmige BrandschutzplattenVerkleidung SZS, EKS N° 89 / Steeltec 02 http://bsronline.vkf.ch alle Profile ca. 15 mm typische Verkleidungsdicke SZS, EKS N° 89 / Steeltec 02 http://bsronline.vkf.ch alle Profile ca. 25 mm typische Verkleidungsdicke SZS, EKS N° 89 / Steeltec 02 http://bsronline.vkf.ch alle Profile ca. 35 mm typische Verkleidungsdicke (z. B. Stützen) profilfolgende SpritzputzUmmantelung (z. B. Träger) (1) (2) (3) (4) (5) (6) SZS, EKS N° 89 / Steeltec 02 http://bsronline.vkf.ch alle Profile ca. 20 mm typische Spritzputzdicke SZS, EKS N° 89 / Steeltec 02 http://bsronline.vkf.ch alle Profile ca. 30 mm typische Spritzputzdicke SZS, EKS N° 89 / Steeltec 02 http://bsronline.vkf.ch alle Profile ca. 40 mm typische Spritzputzdicke Zahlenwerte gültig für durchlaufende Stützen bei 3 m Geschosshöhe (gemäss Euronomogramm EKS N° 89 / Steeltec 02) Bei statisch unvollständiger Ausnutzung sind auch kleinere Abmessungen möglich (vgl. Euronomogramm EKS N° 89 / Steeltec 02). Profilfaktor U/A (bzw. Am/V gemäss Euronomogramm) Anwendung benötigt objektbezogene Genehmigung durch Brandschutzbehörde (vgl. VKF-Brandschutz-Erläuterung 1008). Beton stets bewehrt, ausser bei Hohlprofilen R 30 Verkleidungsprodukte gemäss VKF-Brandschutzregister, Anwendung und konstruktive Randbedingungen wie geprüft und zugelassen (QS-Verantwortung der Bauleitung). 31 III Anwendung in der Praxis 13 Skelettrahmenbau Die grösste Verbreitung findet der Stahlbau in Form der Skelettbauweise. Dabei bilden Stützen und Träger ein Stabwerk, innerhalb dessen Decken und nichttragende Wände als Füllungen den Raumabschluss bilden. Diese Abschlüsse folgen je nach Konstruktionsart gänzlich den Prinzipien des Trockenbaus oder bezwecken im Verbund mit Beton eine gegenseitige Materialoptimierung. Der Skelettbau in Stahl ist geprägt von rationellen Abläufen bei Planung, Herstellung und Montage. Das Swisscom-Hochhaus von Burkard, Meyer & Partner in Winterthur (1999) ist exemplarisch für die Bauweise von Gebäuden dieser Grössenordnung. Rund um einen massiven, aussteifenden Kern, welcher Treppen, Aufzüge und Installationen aufnimmt, sind im Raster von 5,6 m x 5,6 m Verbundstützen angeordnet. Diese bestehen aus einem Vollstahlkern und einem betongefüllten Blechmantel (quadratisches Hohlprofil als Schalung), welche hohe Tragfähigkeit und hervorragenden Brandschutz bei minimalem Querschnitt gewährleisten. Auf den Stahlträgern mit breitem Untergurt liegen vorfabrizierte Betonelemente, die überbetoniert werden und mit dem Stahlgerippe einen festen Verbund eingehen (Slim-Floor). Das Tragwerk ist von der Fassade derart umhüllt, dass nur noch die Decken als strukturelle Komponenten in Erscheinung treten. und geschlossene Füllungen) als Anschlagebene dient. Vergleichbar mit dem Ferienhaus von Lacaton & Vassal in Lège Cap-Ferret (1998), das innerhalb eines dichten Baumbestandes erstellt wurde, tritt das Skelett deshalb im Innenraum als plastisches Relief in Erscheinung. Analog zu diesem Ferienhaus handelt es sich beim Teehaus um eine reine Trockenbauweise, bei der nur die Bodenplatte aus Beton erstellt wurde. Die Gebäudeaussteifung wird von kreuzweise gespannten Diagonalen übernommen, welche hinter den Elementen liegen, und die Decken basieren auf Trapezblechen. Ein weiteres Beispiel ist das Wohnhaus von Werner Sobek in Stuttgart. Das Stahlskelett besteht aus verschraubten und gesteckten Quadratrohrstützen und IPE-Profilträgern. Die Aussteifung wurde mit Kreuzungen und Zugdiagonalen der Verbände erreicht. Die Decken bestehen aus Massivholzelementen, die mit Epoxydharz beschichtet wurden. Die Glashaut ist dreifach isoliert und reflektiert über 80 % der Infrarotstrahlen. Es handelt sich hier um ein NullEnergie-Haus. Auf den ersten Blick vermittelt das Teehaus in Neustift am Walde (1998) von Georg Marterer den Eindruck, als sei die Gitterstruktur an der Fassade das tragende Stahlskelett. Tatsächlich handelt es sich aber um aufgesetzte Profile, welche die Fugen zwischen den Elementen abdecken. Das sichtbare Raster entspricht exakt der dahinterliegenden Tragstruktur, die im Grundriss auf einer quadratischen Teilung im Abstand von 2,46 m aufbaut und den erwähnten Elementen (Festverglasungen, Schiebefenster Stahlskelett mit Slim-FloorDecken. Burkard, Meyer Architekten: Swisscom-Hochhaus, Winterthur, 1999; darüber Deckenkonstruktion. Haus Sobek: Stahlskelett aus Quadratrohrstützen und IPEDeckenträgern; Aussteifung durch Zugstäbe an drei Fassaden und in den Decken, Stuttgart, 2001 Innen sichtbares Stahlskelett mit Profilblechdecke. Lacaton & Vassal: Ferienhaus, Lège Cap-Ferret (F), 1998 Beim sichtbaren Gitternetz handelt es sich um die Abdeckprofile der Elemente. Georg Marterer: Teehaus in Neustift am Walde, Wien, 1998 32 steeltec 01 14 Fachwerk und Fassade Übersteigt die Spannweite ein bestimmtes Mass, so reichen handelsübliche Walzprofile als Träger nicht mehr aus. Unter dem Aspekt der Material- und Gewichtseinsparung werden Träger sodann mit Zugstangen unterspannt, als Blechträger ausgeführt oder in ein Fachwerk überführt. Bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war das Zusammensetzen von Tragwerken aus filigransten Profilen an der Tagesordnung – wenn nicht sogar die einzige Möglichkeit, um grosse Distanzen zu überbrücken. Das Zusammenschweissen der einzelnen Fachwerk-Glieder (Ober- und Untergurt, Pfosten und Streben) ist allerdings arbeitsintensiv, sodass heute ebenso oft – trotz höherem Materialverbrauch – aus Blechtafeln zusammengeschweisste Vollwandträger anzutreffen sind. Dem Mehraufwand für die Auflösung des Tragwerks in eine Stabstruktur stehen neben der erwähnten Gewichtseinsparung aber auch eine erleichterte Installationsführung und die Lichtdurchlässigkeit der Konstruktion gegenüber. Letztere findet sich beispielsweise beim Lokomotivdepot auf dem Wolf (1995) von Herzog & de Meuron, wo die Fachwerkträger Oberlichter formen. Die Hallen basieren auf einer Schottenbauweise aus Beton und einer Dachkonstruktion aus Stahl. Auf den Betonscheiben liegen im Abstand von 13 m zu Körpern gepaarte Fachwerkträger, die eine Distanz von bis zu 40 m überbrücken. Mit Profilit-Glas bekleidet, fungieren die 3 m hohen Fachwerkkästen, an denen zusätzlich die Träger für das dazwischenliegende Flachdach aufgehängt sind, gleichzeitig als Oberlicht. Das Haus als Brücke. Craig Ellwood: Wochenendhaus, San Luis Obispo (USA), 1967/68; Fassadenschnitt Die Oberlichter sind von Schotte zu Schotte gespannt. Verkleidung mit Profilit-Glas. Herzog & de Meuron: Lok-Depot auf dem Wolf, Basel, 1995 Finden bei Herzog & de Meuron die Fachwerkträger nur auf dem Dach Anwendung, bilden sie bei Craig Ellwoods Wochenendhaus in San Luis Obispo (1967/68) die primäre Tragstruktur und als solche die Längsfassaden des Hauses. Einer Brücke gleich überspannt hier der quaderförmige Baukörper einen 18 m breiten Canyon. Die Fachwerkträger setzen sich aus je zwei UNP-Profilen (Ober- und Untergurt) zusammen, zwischen denen Pfosten und Streben in Form quadratischer Stahlrohre eingeklemmt sind. Boden und Decke basieren auf Stahlträgern, die im gleichen Abstand wie die Pfosten von Fachwerkträger zu Fachwerkträger spannen. Bei den vorangegangenen Beispielen prägt der Stahlbau die formale Erscheinung des Hauses – bei Ellwood mehr als bei Herzog & de Meuron, deren Konstruktion hinter einem halbtransparenten Schleier sitzt. Gänzlich verborgen liegt das Stahlkonstrukt bei den Alterswohnungen von MVRDV in Amsterdam (1997), wo nur die immense Auskragung der zweigeschossigen Körper auf eine gewichtssparende Ausführung in Stahl schliessen lässt. Allfällige Rückschlüsse ermöglichen noch die Öffnungen, deren maximale Grösse und Lage von den Pfosten und Streben definiert wird. Hinter der Holzverkleidung liegt ein Stahlgerippe verborgen. Die Fenster liegen zwischen Pfosten und Streben. MVRDV: Alterswohnungen, Amsterdam, 1997 33 III Anwendung in der Praxis 15 Raumfachwerke Raumfachwerke bestehen aus filigranen Stäben, die meist über kugelähnliche Knoten mit bis zu 18 Anschlussmöglichkeiten untereinander verbunden sind. Raumfachwerke werden in der Regel mit Dächern, oder vielmehr mit grossflächigen Überdachungen, in Verbindung gebracht. Mit einer Systemhöhe von z. B. 4 m werden flache Dächer mit einer Spannweite von bis zu 120 m möglich. Mero-Knoten mit angeschlossenem Stab. Aufsicht und Schnitt oben rechts: Das Raumfachwerk verteilt die Last des Hauses auf vier Einzelfundamente. Benthem Crouwel: Wohnhaus, Almere (NL), 1984 Der Kugelabschnitt weist an der Basis einen Durchmesser von 110 m auf. Buckminster Fuller: USA-Pavillon EXPO ’67, Montreal, 1967 Offengelegte Ecke. Norman Foster: Sainsbury Centre for Visual Arts, Norwich (UK), 1978; Axonometrie der Tragkonstruktion 34 Neben Konrad Wachsmann und Buckminster Fuller, welche sich der Entwicklung dieser leichten Tragwerke für weitgespannte Dächer mit grossem Engagement annahmen, ist auch Max Mengeringhausen zu erwähnen, dessen Mero-Knoten aus dem Jahre 1942 eine Schraubverbindung darstellt, die noch heute Anwendung findet. Der strukturelle Aufbau von Raumfachwerken konstituiert sich aus Unter- und Obergurtebene sowie dazwischenliegenden Raumdiagonalen. Je nachdem, ob es sich um die Kombination von Tetra-, Okta- und/oder Cuboktaedern handelt, liegen die Stabrichtungen der Ober- und Untergurte in der Aufsicht parallel oder diagonal zueinander. Bei Norman Fosters Sainsbury Centre for Visual Arts (1978) findet sich das Raumtragwerk in einzelne Dreigurtbinder aufgelöst, die ihrerseits aus dem Zusammenschluss von je zwei Parallel-Fachwerkträgern mit gemeinsamem Untergurt hervorgehen. Interessant ist, dass das Tragwerk und die Hülle sowohl für das Dach als auch für die Wände Anwendung findet. Dabei nutzt Foster in den Wänden die Binderhöhe von rund drei Metern, um nebst Installationen auch Erschliessungskorridore in die Tragwerksbereiche zu integrieren. Die Knoten der Binder sind geschweisst; einzig die Verbindungsdiagonalen zwischen den Bindern sind – ganz dem Montageablauf folgend – verschraubt. Beim USA-Pavillon von Buckminster Fuller auf der Weltausstellung 1967 in Montreal wurde die Grenze zwischen Wand und Dach gänzlich aufgehoben. Der DreiviertelKugelabschnitt bildet das Behältnis für die Ausstellung und weist an der Basis einen Durchmesser von 110 m auf, während er am Äquator stattliche 167 m misst – und das alles mit Stahlrohren von maximal 9 cm Durchmesser! Anders als bei Foster ist hier der Raumabschluss – bestehend aus hexagonalen Acrylplatten – auf der Innenseite des Raumfachwerks angebracht. Dabei entspricht die sechseckige Form der Platten jener der Untergurtebene, während die obere Lage aus einem Dreiecksverband besteht. Das Wohnhaus von Benthem Crouwel in Almere (1984) ist als Anwendungserweiterung zu sehen, ohne dass die Prinzipien der Konstruktionsweise aufgegeben wurden. Schlechter Baugrund und die Tatsache, dass es sich um ein temporäres Bauwerk hätte handeln sollen – es steht noch immer und wurde 1991 sogar erweitert –, haben zu einem einfach demontierbaren Raumfachwerk angeregt, das die Flächenlast des Wohngeschosses auf vier Einzelfundamente verteilt – die Einzelfundamente sind wie verkürzte Stützen zu betrachten. Durch das Abheben vom Boden ist das Erdgeschoss gleichzeitig gegen Feuchtigkeit aus dem Erdreich geschützt. steeltec 01 16 Raute und Diagonale Die aussteifende Diagonale ist häufig ein Additiv, um das statische Konzept zu vervollständigen, wenn andere aussteifende Komponenten wie Kerne und Wandscheiben nicht zur Verfügung stehen. Aber auch als primäres Tragelement erfreut sich die Diagonale grosser Beliebtheit – sei es als Bündel scheinbar beliebig schräg gestellter Stützen (Mikado) oder eingebunden in eine regelmässige Gitterstruktur. Dabei dürfte die Faszination gleichermassen von den beiden Tatsachen ausgehen, dass die Vertikalund Horizontallasten scheinbar hierarchielos mit einer einzigen, stabförmigen Struktur aufgenommen werden können und dass dem Geflecht ornamentale Qualität abgewonnen wird. Frühe Beispiele für nicht-orthogonale Gitterstrukturen stellen die Gittertürme Suchovs dar, die aus der Suche nach einer materialsparenden Konstruktionsweise für Wassertürme hervorgingen. Eindrücklicher Beleg für das Einsparungspotenzial der ausschliesslich aus Winkel- und U-Profilen gefertigten Türme liefert der Vergleich zwischen Suchovs Radiosendeturm in Moskau (1919 –1922), der bei einer Höhe von 350 m 2200 Tonnen wiegt, und dem Eiffelturm in Paris (1889), der 305 m hoch ist, aber 8850 Tonnen auf die Waage bringt – auch wenn die beiden Bauwerke nutzungsbedingt unterschiedliche Anforderungen erfüllen müssen. Die angewandte Form des Hyperboloids basiert auf zwei deckungsgleichen Zylindern mit geraden Stäben, die durch «Drehung» des unteren oder oberen Ringes eine rhombenförmige Gitterstruktur erzeugen. Die Kreuzungspunkte werden miteinander vernietet, und auf der Innenseite sind zur Erhöhung der Aussteifung horizontale Ringe angebracht, sodass letztlich Dreiecke entstehen. und Ito hierarchisiert, treten bei Norman Fosters Juristischer Fakultät in Cambridge die diagonalen und horizontalen Glieder des gewölbten, fast 40 m weit gespannten Daches gleichwertig in Erscheinung. Die Konstruktion besteht aus Rohrprofilen mit 160 mm Durchmesser, von denen jedes zweite zusätzlich unterspannt ist. Interessant ist, dass die Verglasung gegenüber der Tragstruktur um wenige Zentimeter abgelöst ist, was die Frage aufwirft, ob es Foster darum ging, die Membran zu thematisieren, oder ob es darauf zurückzuführen ist, dass sich die runden Profile zum Anschlagen der Fenster nicht eignen. Das verglaste Dach besteht aus einer triangulären Gitterstruktur. Norman Forster: Juristische Fakultät, Cambridge, 1995 Spiralförmig angeordnete Stäbe aus je zwei U-Profilen bilden ein Hyperboloid. Vladimir G. Suchov: Sabolovka-Radioturm, Moskau, 1919 –1922 Diese Entkoppelung kennt der Prada-Store von Herzog & de Meuron in Tokio (2003) nicht. Die Gläser liegen direkt auf dem Gitterwerk, das zusammen mit den drei inneren Kernen die vertikalen Lasten abträgt. Ein Lastabtrag, bei dem an den Kreuzungspunkten der liegenden Rhomben eindrücklich das statische Potenzial von Schweissverbindungen demonstriert wird. Die Beanspruchung ist nämlich ungleich höher als bei stehenden Rhomben und verlangt deshalb nach steifen Eckverbindungen. Ein aktuelles Beispiel, das an die Erkenntnisse eines Suchov anknüpft, findet sich in Toyo Itos Mediothek in Sendai (2001), wo die vier Ecktürme nach ähnlichen Prinzipien konstruiert sind. Sind die Tragglieder bei Suchov Die vier Eckpfeiler mit sich kreuzenden Stäben funktionieren analog zu Suchov. Toyo Ito: Mediothek, Sendai (J), 2001 In den Pfeilern werden die Treppen untergebracht. Toyo Ito: Mediothek, Sendai (J), 2001 Rhombenförmige Tragstruktur der Fassade. Herzog & de Meuron: Prada, Tokio, 2003 35 III Anwendung in der Praxis 17 Pilzkonstruktionen Bäume mit 48 Ästen: von Gerkan, Marg & Partner: Flughafen Stuttgart, 1999 Die Tischkonstruktion strukturiert das obere Hallendach. Rafael Moneo: Bahnhof Atocha, Madrid, 1984 –1992 Modulares Dach. Norman Foster: Flughafen Stansted, London, 1991 Die meisten Tragwerke basieren auf Grundeinheiten, die erst durch die Wiederholung raumbildend werden. So setzt z. B. die Bauweise mit Rahmen (zwei Stützen und ein Träger) mindestens zwei Einheiten voraus, um Raum zu generieren. Bei Pilzkonstruktionen hingegen bildet bereits das Basismodul ein selbständiges Bauwerk – z. B. als Tankstelle oder als Wartehäuschen. Die Autonomie der einzelnen Pilze ermöglicht, dass sie untereinander Abstände aufweisen können. Abstände, die in Form schmaler Schlitze dem Lichteinlass dienen oder die so gross sind, dass das Modul des Pilzes unter Verzicht der Stütze nochmals darin Platz findet. Mit Nervis Konstruktion absolut vergleichbar ist der Bahnhof Atocha in Madrid (1984 –1992) von Rafael Moneo. Ebenfalls auf Betonstützen stehend, ist hier die Balkenlage der «Pilzhüte» hierarchisiert, da sich die Untersicht aus vier Dreiecken mit jeweils senkrecht zu den Rändern stehenden Balken zusammensetzt. Die Schlitze werden von giebelförmigen Oblichtbändern überdacht und gliedern so die Dachfläche. Zur erstgenannten Kategorie ist Nervis «Hall of Labor» (1961) zu zählen, bei der 16 Pilze im Abstand von 40 m einen quadratischen Hauptraum beschreiben, dessen Ränder von einem Ring zweigeschossiger Nebenräume flankiert werden. Die 20 m hohen Pilze verfügen über einen «Stiel» aus Beton, der an der Basis die Form eines Kreuzes aufweist, das mit zunehmender Höhe zum Kreis mutiert. Der «Hut» selbst basiert auf einer Stahltrommel, an welche 20 identische Träger radial anschliessen, die von einem umlaufenden Profil gefasst werden. Trommel und Träger sind an der Unterseite schräg und folgen somit dem Kräfteverlauf. Da die Fassade mit den Rändern der äusseren Pilze bündig steht, ist die Konstruktion nur im Innenraum spürbar. ein weiteres Dachelement eingehängt werden kann. Die Materialisierung macht keine Zweiteilung zwischen Stütze und Dach. Aufgelöst in vier Rundrohre (d = 45 cm), ist die Stütze zudem raumhaltig und nimmt im Innenraum Infrastrukturkomponenten auf. Aufgrund der schrägen Druckstäbe verschmelzen Dach und Stütze zu einem räumlichen Gebilde. Einer gänzlich anderen Konzeption unterliegen die Pilze von Norman Fosters Flughafenterminal Stansted (1991). Hier stehen die Pilze so weit auseinander, dass dazwischen Man ist geneigt, von Bäumen zu sprechen, findet dieses Bild aber noch direkter bei von Gerkan, Marg & Partner umgesetzt. Ausgehend von vier Stahlrohren mit je 40 cm Durchmesser, verzweigen sich die Bäume beim Flughafen Stuttgart (1990) in jeweils 48 Äste, von denen der dünnste einen Querschnitt von 16 cm aufweist. Pilzkonstruktion aus Beton und Stahl; Feldgrösse 38 x 38 m. Pier Luigi Nervi: Hall of Labor, Turin, 1961 36 steeltec 01 18 Falten und Biegen Falten ist eine der grundlegenden Bearbeitungstechniken von Metall und kennzeichnet die Arbeit eines ganzen Berufszweiges: die Bauspenglerei. Neben Papier und Karton handelt es sich dabei um das einzige Material, das derartige Deformationen überhaupt zulässt. Unter Bildung von Stegen und Rippen erhalten die dünnen Bleche durch das Falten eine erhöhte Stabilität, wodurch es möglich wird, grössere Platten ohne Trägerschicht direkt auf die Tragstruktur anzubringen. In diesem Sinne findet Wellblech – und später Trapezblech – seit dessen Erfindung 1829 sowohl als Material für die Dacheindeckung als auch für die Fassaden von Baracken und Industriebauten grosse Verbreitung. Über Optimierungsprozesse für Verkleidungen hinaus gehen die Arbeiten des französischen Konstrukteurs Jean Prouvé (1901–1984). Er entwickelte ganze Tragkonstruktionen, die auf der Abkantung von Blech gründen. Beispielhaft ist der Pariser Pavillon zum 100-Jahr-Jubiläum der industriellen Herstellung von Aluminium 1954. Das 152 m lange Bauwerk basierte auf 15 m langen, im Abstand von 1,34 m angeordneten Trägern, zwischen denen Bleche derart eingehängt sind, dass die nach oben offenen Profile als Rinne fungieren. Die Träger selbst bestanden aus drei Teilstücken, die mittels gegossenen Verbindungsschuhen erst vor Ort zusammengesetzt wurden. Hier offenbart sich eine Nähe zum Maschinen- und zum Fahrzeugbau. Beim Observatoriumsbau von Jean Prouvé von 1951 wird Blech zu einem selbsttragenden Element. Das Gebäude weist einen parabelförmigen Querschnitt auf, der aus jeweils zwei aneinander gelehnten Halbschalen gebildet wird. Die gebogene Form entsteht hier durch den starren Verbund des inneren und äusseren Bleches. Detailausschnitt der Tragkonstruktion und Bild Jean Prouvé: Pavillon du centenaire de l'aluminium, Paris, 1954 Frei von bauphysikalischen Anforderungen gelang es Hild und K bei ihren Wartehäuschen in Landshut, die Wände aus nur einem Blech – und ohne eine weitere Unterkonstruktion – zu fertigen. Dabei sind die sichtbaren Füsse ebenso aus der 12 mm dicken Cortenstahlplatte geschnitten wie das Ornament. Der Grundriss besteht aus zwei Platten, die jeweils eine 90°-Abbiegung aufweisen. Montage der Sandwichelemente. Jean Prouvé, La Méridienne de l'observatoire, Paris, 1951 (oben) Hild und K: Wartehaus, Landshut (D), 1999. Abgekantetes Stahlblech (d=12 mm) als statisches Element, Grundriss, ca. M. 1:140 (links). 37 III Anwendung in der Praxis 19 Hilfsmittel und Planungsgrundlagen Bautendokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz Bauen in Stahl Publikationen im SZS-Verlag 04/05 steeldoc Periodika Architektur und Technik Steeldoc: Thematische Bautendokumentation mit Detailplänen, Umfang: 24 – 32 Seiten Technische Dokumentationen erscheinen als Sonderhefte von Steeldoc, können aber auch als separate Reihe bezogen werden; Umfang: 24 – 40 Seiten Stadien Schweizer Baudokumentation CH–4223 Blauen Tel. 061 765 82 82 Fax 061 765 82 83 [email protected] www.baudoc.ch Stahlbau Zentrum Schweiz (SZS) Seefeldstrasse 25, CH–8034 Zürich Tel. 044 261 89 80, Fax 044 262 09 62 [email protected], www.szs.ch www.stahlbauzentrum.ch Feuerwiderstands-Anforderungen an das Stahltragwerk Konstruktiver Brandschutz im Stahlbau Der Inhalt dieser Übersichtstabelle wurde durch die Technische Kommission Brandschutz der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen auf materielle Übereinstimmung mit der VKFBrandschutznorm und den VKF-Brandschutzrichtlinien, Ausgabe 2003, überprüft und verabschiedet. Kriterien Feuerwiderstand ohne Nutzung / Stockwerkzahl / Fläche 1) Sprinkler Untergeschosse allgemein min. R60 (nbb) Einfamilienhäuser (samt UG) kein Eingeschossige Gebäude kein Oberstes Geschoss (bei allen Gebäuden) kein Einbauten (z. B. Galerie, Treppentragwerk) kein Hochhäuser R90 (nbb) Wohn-, Büro-, Schulbauten: • 2-geschossig ! 1200 m2 nbb • 2-geschossig > 1200 m2 (im EG) R30 (nbb) • 3-geschossig R30 (nbb) • 4-geschossig R60 (nbb) • 5- und mehrgeschossig 2) R60 (nbb) Industrie-/Gewerbebauten bis 1000 MJ/m2: • 2-geschossig ! 1200 m2 nbb • 2-geschossig > 1200 m2 (im EG) R30 (nbb) • 3-geschossig R30 (nbb) • 4-geschossig R60 (nbb) • 5- und mehrgeschossig 2) R60 (nbb) Industrie-/Gewerbebauten über 1000 MJ/m2: • 2-geschossig ! 1200 m2 (im EG) R30 (nbb) • 2-geschossig > 1200 m2 (im EG) R60 (nbb) • 3-geschossig R60 (nbb) • 4- und mehrgeschossig 2) R90 (nbb) Krankenhäuser, Alters- und Pflegeheime R60 (nbb) Hotels, Pensionen, Ferienheime: • bis 3-geschossig R60 (nbb) • 4- und mehrgeschossig 2) R60 (nbb) Bauten mit grosser Personenbelegung und Verkaufsgeschäfte: • 2-geschossig ! 1200 m2 (im EG) R30 (nbb) • 2-geschossig > 1200 m2 (im EG) R30 (nbb) • 3- und mehrgeschossig 2) R60 (nbb) Einstellräume für Motorfahrzeuge: • offen gebaut (unverschliessbare Öffnungen > 25 %) nbb 3) • 1-geschossiges UG, nicht überbaut R30 (nbb) • 2-geschossig ! 1200 m2 (geschlossen gebaut) nbb • 2-geschossig > 1200 m2 (geschlossen gebaut) R30 (nbb) • 3-geschossig (geschlossen gebaut) R30 (nbb) • 4-geschossig (geschlossen gebaut) R60 (nbb) • 5- und mehrgeschossig (geschlossen gebaut) 2) R60 (nbb) Alternative Brandschutzkonzepte 4) nbb gemäss VKF-Brandschutznorm, Art. 11.2 oder R30 (nbb) mit Sprinkler min. R60 (nbb) kein kein kein kein R90 (nbb) nbb nbb nbb R30 (nbb) R60 (nbb) auss en nbb nbb nbb R30 (nbb) R60 (nbb) nbb R30 (nbb) R30 (nbb) R60 (nbb) R60 (nbb) R30 (nbb) R60 (nbb) • Im Brandfall stellen sich günstige statische Systeme ein (Stützeneinspannung in Nachbargeschossen und Decken, Seiltragverhalten von kalt verankerten Durchlaufträgern, Membrantragwirkung von Deckenfeldern, Stützenaufhängung im ausgesteiften Obergeschoss). kalt (LK $ 1,0L) nbb 3) R30 (nbb) nbb nbb nbb R30 (nbb) R60 (nbb) nbb oder R30 (nbb) kalt Stahlprofile Verbindungsmittel Stahlbau-Produkte Technische Hinweise Adressen CD mit Produktedaten Profilés en acier Moyens d'assemblage Produits métalliques Explications techniques Adresses CD avec des produits (LK $ 0,5L) warm Sichtbar bleibende Stahltragwerke Wirksame Brandschutzlösungen für Objekte, welche die Funktion und ästhetische Wirkung sichtbar bleibender Stahlstrukturen in Szene setzen: • Dämmschichtbildende Brandschutzanstriche R30 oder R60 für leichte, schlanke und filigrane Stahlprofile (siehe umseitige Hinweise). • Vollquerschnitte und dickwandige Tragelemente R30 oder R60 (siehe umseitige Beispiele) • Stahl-Beton-Verbundquerschnitte (siehe umseitige Beispiele) mit freigestellten Profilkanten. • Brandschutzverkleidungen mit einem äusseren Blechmantel markieren «Stahlbau». C5/05 C5 2005 warm nbb R30 (nbb) R60 (nbb) Legende: nbb nicht brennbar 1) Als Geschosse zählen alle oberirdischen Voll-, Dach- und Attikageschosse. Die Flächenangabe gilt pro Geschoss. 2) Bis zur Hochhausgrenze (nach Baugesetzgebung, oder Traufhöhe "#25 m). 3) Tragwerk R30 (nbb) in Bereichen mit >35 m Abstand zur nächsten unverschliessbaren Öffnung. 4) Voraussetzung: Brandrisikobewertung oder anerkannter Brandsicherheitsnachweis (z. B. Brandsimulation). Solche Lösungen erfordern das Einverständnis der Brandschutzbehörde. Konstruktionstabellen · Tables de construction Konzeptionelle Hinweise Für den Brandschutz von Stahltragwerken sind intelligente, kostengünstige Lösungen entwickelt worden, die sich problemlos und wirksam anwenden lassen, wenn sie frühzeitig in das planerische Gesamtkonzept des Bauvorhabens einbezogen werden. • Stahl-Beton-Verbundkonstruktionen: Durch das statische und bauphysikalische Zusammenwirken von Stahl und Beton (Betondecken auf Trägern, betongefüllte Profile) wird der Feuerwiderstand R60/90 erreicht. Die höhere Tragfähigkeit dieser Bauweise erlaubt zudem schlankere Profile (siehe umseitige Mindestabmessungen). • Bei Tragwerken mit integriertem Raumabschluss können Fassadenelemente, Wandpaneele und Unterdecken gleichzeitig als Brandschutzverkleidung oder Abschirmung ausgebildet werden. Einzelhefte Architektur Die Hefte aus der Reihe Steeldoc können auch einzeln bestellt werden. Daneben vertreibt das SZS weitere Architektur-Publikationen (Code E) sowie Publikationen der Europäischen Konvention für Stahlbau und der Europäischen Partnerorganisationen. Siehe Website www.szs.ch > Publikationen Jahr Code Merkblätter Anforderungen an den Feuerwiderstand. SZS-Merkblatt (Revision 2005) 2005 M1 Basisinformationen über dämmschichtbildende Brandschutzsysteme 2006 M2 Oberflächenschutz von Stahlkonstruktionen (SIA Merkblatt) 2003 2022 Arbeitsbücher / Steelwork Konstruktionstabellen Steelwork C5/05, Buch mit CD-ROM (Revision 2005) Bemessungstafeln Steelwork C4/06 (Basis SIA 263) 2005 2006 C5 C4 Praktischer Stahlbau Auftragsabwicklung im Stahlbau Konstruktive Details im Stahlhochbau, mit Typenkatalog Stirnplattenverbindungen, Doppelwinkelanschlüsse, rippenlose Auflager Brandsichere Stahl-Beton-Verbundtragwerke Verbundstützen aus quadratischen und rechteckigen Hohlprofilen 2000 1996 2002 1997 1993 C C C C C Brandschutz Kursordner «Brandschutz im Stahlbau» (inkl. CD mit Bemessungssoftware) Steeldoc: Brandschutz im Stahlbau (Technische Dokumentation) 2005 2006 C 10 D 2.06 steelwork Konstruktionstabellen Tables de construction 6 8 9.1 2.4 2.3 Bestellungen über www.szs.ch > Publikationen (Mitglieder des SZS haben 20 – 30 % Rabatt, Studenten 30 – 50 %) Weitere Publikationen M. A. Hirt, M. Crisinel: Conception des charpentes métalliques, PPUR, Lausanne, 2005 (ISBN 2-88074-657-4) M. Landowski, B. Lemoine: Concevoir et construire en acier, Arcelor, Luxembourg, 2005 (ISBN 2-9523318-0-4) Software Die Arcelor-CD «Section Range/Design Software» ist 5-sprachig (E, S, F, D, I) und enthält – neben Tabellen mit Abmessungen und Querschnittswerten der meisten Walzprofile und Autocad-Daten der \-Walzprofile – umfangreiche Software für die Bemessung von Trägern, Stützen, Portalrahmen, Fachwerken, Stahlverbund-Trägern und -Stützen, Lochträgern und asymmetrischen Trägern; für Brandfall-Bemessungen ist zusätzliche Software enthalten. Für Kostenschätzungen ist ein Internet-Link angegeben. Bezug über www.sections.arcelor.com. Software und Unterlagen zur Planung von Stahldeckensystemen sind über www.globalfloor.com erhältlich. Weitere Software-Anbieter sind in den SZS-Konstruktionstabellen C5 auf Seite 123 aufgeführt (siehe auch www.szs.ch > Produkte, Dienste). Dank Das Stahlbau Zentrum Schweiz bedankt sich für die Unterstützung der Veröffentlichung und Verbreitung der vorliegenden Publikation bei: Arcelor Commercial Sections SA 66, rue de Luxembourg L-4221 Esch-sur-Alzette www.arcelor.com 38 steeltec 01 Quellen- und Bildnachweis Impressum Andrea Deplazes (Hrsg.): Architektur konstruieren – Vom Rohmaterial zum Bauwerk, Birkhäuser Verlag Basel, 2005 (Kapitel Stahlbau). Steeldoc 01/06, März 2006 Bauen in Stahl. Technische Dokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz M. A. Hirt, M. Crisinel: Conception des charpentes métalliques, Presses polytechniques et universitaires romandes PPUR, Lausanne, 2005. Die in der vorliegenden Steeldoc-Ausgabe im Text erwähnten Zeichnungen (Seiten 14, 19, 20, 22, 23, 25 und 26) sind aus diesem Werk entnommen und mit der Genehmigung des Herausgebers reproduziert worden. Alle Rechte bleiben vorbehalten. Marc Landowski, Bertrand Lemoine (Hrsg.): Concevoir et construire en acier (Arcelor, Luxembourg), 2005 (Abb. Fachwerkträger S. 20) Steeldoc, Bautendokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz (SZS), diverse technische Publikationen des SZS Herausgeber: SZS Stahlbau Zentrum Schweiz, Zürich Evelyn C. Frisch, Direktorin Designkonzept: Gabriele Fackler, Reflexivity AG, Zürich www.reflexivity.ch Pläne gezeichnet von: Alois Diethelm (ETHZ); Tobias Oehmichen, Zürich (SZS); Claudio Leonardi, ICOM EPF, Lausanne Leitende Redaktion und Layout: Evelyn C. Frisch, SZS Fotografen/Bildnachweis (von l. nach r.): Technische Redaktion: Stephan Zingg, SZS Titelbild: ©Heiner Leiska (Stadion Köln, gmp) Editorial: Hermann Fahlenbrach, Neuss (Geschäftshaus Düsseldorf) Einführung: S. 4 Stephan Rötheli, Zürich; Ruedi Walti, Basel Stahl – Vom Rohmaterial zum Bauwerk: S. 5 Magazin Brickbuilder 1897); Deutsches Museum, München; Bayrische Staatsbibliothek, München. S. 6 Hans Ruedi Disch; aus: Wohnhäuser der klassischen Moderne (Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart); aus: Louis Henry Sullivan (Artemis Verlag, Zürich). S. 7 aus: Le Corbusier, Skira Verlag, Genf 1987; aus: Richard Neutra (Artemis Studio Paperback, Zürich); Scot Frances. S. 8 Josef Schulz; 3 Fotos von Arcelor Sections, Eschs-Alzette (L). S. 9 beide Fotos aus: Guggenheim Museum Bilbao (Guggenheim Museum Publications, New York); Nigel Young (Bell-Pottinger), London; Christian Richters, Münster. Grundlagen des Stahlbaus: S. 10 beide aus: Bauen mit Stahl 15/1999 (SZS); S. 11 aus: M. Dietrich, Ingenieurschule Burgdorf 1990; S. 13 aus: Konstruieren mit Walzprofilen (Ernst & Sohn Verlag, Berlin). S. 14 Pläne aus Hirt/Crisinel (s. oben). S. 15 Hiroyuki Hirai; 3. Plan aus Hirt/Crisinel (s. oben); Jensen & Skodvin Arkitektkontor AS, Oslo, N; Franz Keuzenkamp; Arcelor Sections. S.16 Arcelor Sections. S. 17 Enrico Cano, Como. S. 18 Fotodesign Lan, Konstanz; 2 Fotos Ralf Bensberg, Fällanden. S. 19 Arcelor Sections; Pläne aus Hirt/Crisinel (s. oben) und SZS; S. 20 Volker Schmid, London; Pläne aus Hirt/Crisinel (s. oben); Arcelor Sections. S. 21 Pläne aus: Landowski/Lemoine (s. oben); Ralf Bensberg, Fällanden; Peter A. Wyss (Brücke). S. 22 + 23 Pläne aus Hirt/Crisinel (s. oben). S. 23 H. Abbadie/L. Boegly, Archipress. S. 24 Pläne aus: Deplazes (s. oben). S. 25 Pläne aus Hirt/Crisinel (s. oben) und SZS; Arcelor Sections. S. 26 Pläne aus Hirt/Crisinel (s. oben); H. Abbadie/L. Boegly, Archipress. S. 27 – 20 aus: Deplazes (Bearbeitung T. Oehmichen). Anwendung in der Praxis: S. 32 aus: Werk, Bauen und Wohnen 11/2000, Zürich; Philippe Ruault; Georg Marterer; Josef Schulz. S. 33 Hisao Suzuki; aus: Herzog & de Meuron 1989 –1991, Band 2 (Birkhäuser Verlag, Basel). S. 34 aus: Stahlbau Atlas (Birkhäuser); aus: Bauwerk Tragwerk Tragstruktur (Ernst & Sohn Verlag, Berlin); Richard Bryant; aus: Glasarchitektur (Birkhäuser Verlag, Basel). S. 35 beide Fotos aus: Detail, Nr. 7/2001, München; Christian Richters, Münster; aus: Foster Catalogue 2001 (Prestel Verlag, München); aus: Vladimir Suchov 1853-1939, Die Kunst der sparsamen Konstruktion (Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart); S. 36 aus: Stahlbau Atlas, Birkhäuser Verlag, Basel; aus: A &V Monografias de Arquitectura y Vivienda, Nr. 36/1992, Madrid ; Ken Kirkwood; 2 Fotos aus Process Architecture, Nr. 23/1981, Tokyo. S. 37 2. rechts drei Bilder aus: Laurence Allégret, V. Vaudou: Jean Prouvé et Paris (Ed. du Pavillon de l’Arsenal, Paris), 2001; darunter: aus: Detail Nr. 4 München 1999. Texte: Stahl – vom Rohmaterial zum Bauwerk: Alois Diethelm Grundlagen des Stahlbaus: Stephan Zingg, SZS u. a. Anwendung in der Praxis: Alois Diethelm (Die Texte wurden redaktionell überarbeitet) Bildmaterial und Pläne: in Zusammenarbeit mit ETH Zürich (Lehrstuhl Prof. Deplazes) und ETH Lausanne (ICOM); Nachweis siehe nebenstehend Administration, Abonnemente, Versand: Andreas Hartmann, SZS Druck: Kalt-Zehnder-Druck AG, Zug ISSN 0255-3104 Jahresabonnement Steeldoc Inland: CHF 40.–/Ausland CHF 60.– Einzelexemplar Steeldoc CHF 15.– Einzelexemplar Steeltec CHF 24.– Preisänderungen vorbehalten Bauen in Stahl/steeldoc© ist die Bautendokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz und erscheint mindestens viermal jährlich in deutscher und französischer Sprache. Mitglieder des SZS erhalten das Jahresabonnement und die technischen Informationen des SZS gratis. Ein Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers und bei deutlicher Quellenangabe gestattet. Das Copyright der Fotos liegt bei den Fotografen. 39 SZS Stahlbau Zentrum Schweiz Centre suisse de la construction métallique Centrale svizzera per le costruzioni in acciaio Seefeldstrasse 25 Postfach CH-8034 Zürich Tel. 044 26 1 89 80 Fax 044 262 09 62 E-Mail: [email protected] Internet: www.szs.ch