Der Spanische Jakobsweg vom 16

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Der Spanische Jakobsweg vom 16
Auf dem Spanischen Jakobsweg vom 16. 05. bis 21. 06. 2006
Von Marianne Ansorg mit Klaus Dreyer und Brigitte Gertenbach
1. Tag: - Anreisetag: St. Jean-Pied-de-Port – Hunto – 10.30 – 13.00 h
2. Tag: - Roncesvalles –
7.50 – 15.10 h
1.000 HM
3. Tag: - Larrasoinna –
7.50 – 17.30 h –
940 HM
4. Tag: - Cizur Menor ––
7.20 - 16.00 h
300 HM
5. Tag: - Puente la Reina / Gares
7.40 – 15.15 h
6. Tag: - Estella ––
8.00 – 16.30 h
450 HM
7. Tag: - Torres del Rio ––
7.40 – 16.45 h
545 HM
8. Tag: - Logroño –
7.40 – 16.00 h
9. Tag: - Nájera ––
7.20 – 16.00 h
10. Tag: - Grañon –––
7.20 – 17.00 h
(3 Tage)1.320 HM
11. Tag: - Espinosa del Camino ––
7.40 – 17.30 h
12. Tag: - Atapuerca ––
7.15 – 14.00 h
13. Tag: - Burgos –
6.45 – 13.00 h
300 HM
14. Tag: - Hornillos del Camino ––
7.15 – 13.00 h
15. Tag: - Castrojeriz – 6.40 – 12.00 h – 170 HM
16. Tag: - Frómista –
6.45 – 14.15 h
250 HM
17. Tag: - Carrión de los Condos –
7.00 – 13.00 h
18. Tag: - Terradillos de los Templarios7.45 – 14.15 h
220 HM 27 km
19. Tag: - Bercianos –
7.00 – 14.00 h
20. Tag: - Mansilla de las Mulas –
7.00 – 14.00 h
21. Tag: - León –
22. Tag: - Villar de Mazarife –
6.20 – 12.30 h
325 HM
23. Tag: - Astorga –
6.20 – 16.00 h
130 HM
24. Tag: - Foncebadón –
6.20 – 15.00 h
610 HM
25. Tag: - Ponferrada –
6.00 – 15.00 h
28 km
26. Tag: - Villafranca del Bierzo –
6.30 – 13.30 h
10 HM
27. Tag: - La Faba –
6.25 – 14.30 h
380 HM
28. Tag: - Triacastela –
6.55 – 15.30
600 HM
29. Tag: - Barbadelo –
7.00 – 14.45 h
500 HM
30. Tag: - Castromaior –
6.30 – 16.00
515 HM
31. Tag: - Melide –
6.30 – 15.30 h
450 HM
32. Tag: - Pedrouzo-Arca –
6.30 – 15.30 h
595 HM
33. Tag: - Santiago de Compostela –
6.30 – 11.30 h
275 HM
34. u. 35 Tag: - Santiago
ca.
9.885 HM
ca. 800 km und ca. 10.000 HM = durchschn. 24 km tägl.
6 km
22 km
26 km
19 km
19 km
20 km
29 km
20 km
26 km
28 km
26,5 km
20,5 km
19 km
20 km
21 km
25 km
20 km
24 km
26 km
20 km
22 km
32 km
25 km
26 km
25 km
26 km
21 km
28 km
30 km
35 km
22 km
281 km
183 km
320 km
784 km
Vor einigen Jahren hatte ich vom Spanischen Jakobsweg gehört. Er interessierte mich seitdem sehr – ich
hatte Spanien früher schon einige Male mit dem Auto bereist und fand, daß Spanien kulturell viel zu
bieten hat – und so war ich bemüht, diesen Weg in unsere Urlaubsziele einzuplanen, was jedoch, solange
wir im Berufsleben standen, wegen der Länge der Strecke und der benötigten Zeit fehlschlug. Doch jetzt
– als Rentner - hatten mein Lebensgefährte Klaus und meine Wanderfreundin Brigitte für 2006 eine feste
Planung ins Auge gefasst. Ein Cousin von mir war den Weg schon gegangen und hatte berichtet, ebenso
eine frühere Nachbarin. Um an den Ausgangspunkt, entweder Roncesvalles in Spanien nahe der
französischen Grenze, oder aber Saint Jean Paid de Port in Frankreich, 20 km von der spanischen Grenze
entfernt, zu kommen, konnten wir uns zunächst nicht auf die beste Anreise einigen. Die Bahnfahrt war
extrem teuer und lang, der Flug mit Anreise aus Melsungen umständlich. So entschieden wir uns für den
Linienbus von Frankfurt nach Bayon in Frankreich. Wir wurden nach 17 Stunden Fahrt morgens um 6
Uhr in Bayon an der Autobahn abgesetzt. Mittlerweile hatten sich noch fünf Personen zu uns gesellt, die
auch in Saint Jean Pied de Port starten wollten. Wir bestellten 2 Taxen und fuhren zum Bahnhof in
Bayon, von wo wir per Bahn nach Saint Jean Pied de Port fahren konnten, ca. 1 Std. Bahnfahrt.
In Bayon am Bahnhof trafen wir Brigitte und Herbert aus Saarbrücken, die per Bahn angekommen waren.
Sie waren preisgünstig über Paris angereist, weil sie die Fahrkarten in Frankreich gekauft hatten und
Rentner hier Ermäßigung erhalten. Den Camino waren sie vor drei Jahren schon einmal gegangen. Dies
hatte ihnen so gut gefallen, daß sie noch einmal nach Santiago wandern wollten. Ebenso war per Bahn ein
netter, sprachbegabter, in Deutschland seit 20 Jahren lebender, jedoch aus Rumänien stammender älterer
Herr angekommen, der sofort hilfsbereit unsere nicht vorhandenen Französischkenntnisse aufbesserte.
Brigitte und Herbert kannten den Weg zur Herberge in Saint Jean, weshalb wir uns ihnen anschlossen.
Wir erhielten hier Informationsmaterial über den Weg mit Km-Angaben sowie Angaben über vorhandene
Herbergen und den für Santiago wichtigen Stempel in unseren Pilgerausweis, der auch an jeder Station
bzw. Herberge eingetragen werden musste. Mittlerweile war es 10.30 Uhr geworden, und Brigitte, Klaus
und ich entschlossen uns, noch bis zur nächsten Herberge, nach Hunto – 6 km – zu gehen, damit wir am
nächsten Tag nur 22 km durch die Pyränäen zu bewältigen hatten. Um sicher zu gehen, daß wir auch eine
Matratze bekommen, wurden wir vom Pilgerbüro dort angemeldet, was aber eine Ausnahme war. Bei
allen anderen Herbergen war dies nicht üblich.
1. Tag: 17.05.: St.-Jean-Pied-de-Port nach Hunto – 6 km steil
Der „Rumäne“ hatte vor, noch bis Roncesvalles zu laufen, saß jedoch bereits nach der ersten Stunde
erschöpft am Straßenrand. Es ging sehr steil bergauf, und das Thermometer zeigte 36 Grad Celsius + an.
Wir überholten ihn und wünschten ihm noch „buon camino“, trafen ihn jedoch in Hunto im
Übernachtungsquartier wieder – er hatte sich in seiner Kondition verschätzt. Wir alle drei hatten uns
verschätzt in der Schwere unserer Rucksäcke Ich dachte, das schaffe ich nie....
Von nun an begleitete uns bis nach Santiago als Wegzeichen die gelbe Jakobsmuschel.
Die Herberge in Hunto, der erste Schock von nachher vielen, 10-Bett-Zimmer, eng, Dusche und
Gelegenheit zum Wäsche waschen, na ja, es könnte besser sein, doch wir wussten ja, das gehört dazu...
Und duschen und waschen konnte man immer, wenn auch manchmal mit kaltem Wasser....
Hier wurden wir beim Abendessen entschädigt. Es war allerdings auch das teuerste Abendessen mit
Schlafen auf der gesamten Pilgerreise – 30 € pro Person. Aber man hatte sich von den Herbergseltern her
große Mühe gegeben. Ca. 60 Personen wurden verköstigt an einer langen Tischreihe – Japaner,
Engländer, Kanadier, Amerikaner, Iren, Deutsche, Franzosen usw. – mit Vorspeise, zwei Hauptgerichten
und Nachspeise sowie Wein, so viel gewünscht wurde. Die Herberge liegt kurz vor den Pyrenäen auf
einer Anhöhe mit weitem Ausblick, eine Landschaft wie im Allgäu. Es war ein wunderschöner lauer
Abend, so daß wir die Nachricht, der nächste Tag bringe Regen, fast nicht glauben konnten. Doch es war
so, und hatte nachts schon mit einem Gewitter begonnen.
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2. Tag: 18.05.: Von Hunto über den Cisapaß nach Roncesvalles – 22 km – 1.000 HM
Nach dem im Vergleich zum Abendessen kärglichen Frühstück am nächsten Morgen und noch nicht
gewöhntem Schlaf im Schlafsack auf karger Matratze schulterten wir um 8.00 h unsere Rucksäcke – Die
Saarbrücker - Brigitte und Herbert - waren schon von St. Jean aufgestiegen und seit 6.00 h unterwegs; sie
wollten hier frühstücken. Kaum hatten wir die Rucksäcke festgeschnallt, fing es an zu regnen und regnete
den ganzen Tag, bis kurz vor Roncesvalles, das wir nach 7,5 Std. erreichten. Wir hatten 1.000
Höhenmeter zu überwinden und sahen von der wunderschönen Pyrenäenlandschaft so gut wie nichts, da
sich zum Regen auch noch Nebel gesellte. Auf der Höhe von 1.337 m überquerten wir die Grenze nach
Spanien, mussten zum Cisa-Paß aber noch auf 1.430 m angsteigen. Teilweise war der Weg so matschig,
daß wir mit unseren Halbschuhen – war ein Fehler, Halbschuhe anzuziehen – Klaus und ich hatten
dummerweise geglaubt, mit Halbschuhen auszukommen - manchmal glaubten, im Morast zu versinken
und den Hang hinaufstiegen und durch Gestrüpp gingen. Danach ging es abwärts über den
geschichtsträchtigen Ibañeta-Paß – 1057 HM – (Schlacht Karls des Großen im Jahre 778) - nach
Roncesvalles auf 952 m, wo der Regen allmählich nachließ. Roncesvalles besteht aus einem Kloster,
verbunden mit einem Pilgerhospiz seit der Gründung, zwei Gasthäusern, einer Jugendherberge und der
Abteikirche. Vor der Pilgerherberge warteten schon ca. 50 Pilger auf die Öffnung gegen 17.00 h, weshalb
wir uns hier entschlossen, in der Jugendherberge nachzufragen. Dort bekamen wir ein 5-Bett-Zimmer,
eng genug, doch besser, als vielleicht mit 120 Personen in einem Raum (soviel Betten waren vorhanden)
in der Pilgerherberge zu nächtigen. Wir trafen hier ein holländisches Ehepaar wieder, das auch in Hunto
übernachtet hatte. Beim Abendessen, in einer der Gaststätten – zum Pilgeressen – saßen wir mit noch
einem Ehepaar aus Deutschland und zwei männlichen Pilgern mittleren oder jüngeren Alters aus USA
zusammen. Ich hatte mit den Amerikanern, die neben wir saßen, ein ganz nettes Gespräch. Anschließend
gingen wir in die Pilgermesse, die von 8 Priestern gestaltet wurde, und wir trauten unseren Augen nicht,
die beiden Priester rechts und links außen am Altar waren die beiden Amerikaner, die mit uns beim
Abendessen am Tisch saßen. Ich wollte dies fast nicht glauben, doch die Geschichte geht noch weiter –
bis nach Santiago – zunächst trafen wir diese beiden in Pamplona wieder und fragten sie. Sie sagten uns,
sie seien amerikanische Priester, wobei der eine z. Z. in Linz in Österreich lebt, und sie reisten incognito.
3. Tag: 19.05.: Von Roncesvalles über den Erre-Paß nach Larrasoaina – 26 km – 952 HM
Start um 7.50 h – es sieht nach Regen aus – von nun an müssen wir uns daran gewöhnen, ohne Frühstück
zu starten und unterwegs in einer Bar etwas zu uns zu nehmen – manchmal waren wir schon 2 – 3
Stunden unterwegs, bis wir an einer solchen vorbeikamen.
Es sieht zwar nach Regen aus, wird aber im Laufe des Tages warm – am Nachmittag sogar heiß – ca. 30
Grad. Wir gehen über gut ausgebaute Wege, durch die kleinen, navarrischen Dörfer mit wunderschönen
Häusern, haben kleine Steigungen und Abwärtswege zu bewältigen – jedoch 880 HM bis nach
Larrasoaina = 26 km. Rosen blühen überall in den Dörfern, eine Pracht. Die Herberge ist grauenhaft – die
Übernachtung kostet nur 6 € - wir sind es noch nicht gewohnt, aber das preiswerte pilgern beginnt.......
Wir bekommen ein 4-Bett-Zimmer – ein Pilger – fast zahnlos – ist schon da – und es stinkt im Zimmer
fürchterlich – der kleine Duschraum mit Toilette besitzt um das Duschbecken weder Vorhang noch
Abschirmung, so daß der Raum nach dem ersten Pilgerduschen „schwimmt“ – aber das müssen wir in
Kauf nehmen. Im einzigen überfüllten Lokal treffen wir beim Abendessen unseren Zimmermitbewohner
wieder, und es stellt sich heraus, daß er Belgier ist und schon 30 Tage durch Frankreich pilgerte; er
entpuppt sich als sehr gesprächig und unterhaltsam. Daher die permanenten Schuhe, und sie stehen unter
seinem Bett, und ich liege im Oberbett. Nachts wird es kalt, und Brigitte schließt das Fenster .... ich
dachte, das überlebe ich heute nacht nicht, ich erstinke....
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4. Tag: 20.05.: Von Larrasoaina über Pamplona nach Cizur Menor – 19 km – 300 HM
Start in Larrasoaina um 7.20 – Frühstück unterwegs aus dem Rucksack.
Das Wetter ist gut, es ist nicht heiß, aber schön warm, und wir laufen auf wunderschönem Wanderweg
über die mittelalterliche Magdalenenbrücke über den Rio Argo um 13.00 h in Pamplona ein. Rasten dort
auf dem Marktplatz zur Mittagszeit und sehen uns die Calle Estafeta, die sogenannte „Fressgasse“ an,
durch die jährlich im Juli zur Fiesta Sanfermines die Stiere von todesmutigen Leuten zur Arena getrieben
werden. Dort treffen wir „unsere“ beiden amerikanischen Priester wieder, die einen Tag Rast in Pamplona
einlegen und den Belgier, der hier ebenfalls einen Tag bleiben will, sogar im Hotel, um einmal wieder
richtig zu waschen. Uns reizt Pamplona jedoch nicht so, und wir marschieren noch 4 km weiter nach
Cizur Menor, wo sich eine in einem mittelalterlichen Terrain wunderschön angelegte Herberge befindet.
Hier treffen wir u. a. den Rumänen wieder und neu: Wolfgang aus Wien, der noch des öfteren von sich
reden macht. Heute will er meinen Fotoapparat reparieren, der seit Beginn der Pilgerreise das Objektiv
nicht mehr selbsttätig raus- und reinfährt, aber ich glaube, er besaß noch nie einen Fotoapparat..... Durch
diese Fotomisere sind mir von 468 Dias nur 80 geblieben, alle anderen sind unterbelichtet. Ich hatte
unterwegs keine Möglichkeit, einen anderen Apparat zu kaufen geschweige denn, diesen reparieren zu
lassen. In Pamplona wollte ich dies tun, doch die Fotogeschäfte hatten bereits um 13.00 h geschlossen.
5. Tag: 21.05.: Von Cizur Menor nach Puente la Reina – 19 km - 450 HM
Mehr schlecht als recht geschlafen in der Enge, schlechte Dusch- und Toilettensituation – (ein neuer
Herbergstrakt war am Abend, als wir ankamen, leider schon belegt) - morgens eklige Raupe auf der
Matratze – schnell weg – nicht weiter nachdenken – es geht bergauf zu dem riesigen Windmühlenpark
auf dem Perdon-Kamm – danach erreichen wir das trockene Mittelnavarra und verlassen das grüne
Vorgebirgsnavarra. Wir besichtigen die Kirchen in Uterga und Obanos. Die beiden Kirchen waren
verwunderlicherweise geöffnet – viele Kirchen sind leider über die Mittagszeit bis zum späten
Nachmittag geschlossen. In Obanos treffen die beiden Pilgerwege, der aragonische und der navarrische –
letzterer war der unsrige – zusammen. Danach erreichen das schöne Städtchen Puenta la Reina/Gares. Der
Doppelname weist darauf hin, daß wir uns im Baskenland befinden. Die kastilische bzw. spanische und
die baskische Bezeichnung sind sehr unterschiedlich. Die markante Brücke über den Rio Arga wurde im
11./12. Jh. von der navarrischen Königen – Puenta la Reina – Brücke der Königin – gestiftet, damit die
Pilger trockenen Fußes den Fluß queren konnten. Wir hatten schönes Wanderwetter, es war nicht zu
warm, aber sehr windig. Glücklicherweise fast immer Ostwind – von hinten. Westwind wäre schlechter
gewesen, da von vorn und regenbringend.
Zur Herberge geht es noch steil bergauf, wo wir Brigitte, Herbert und Wolfgang wieder treffen. Der
Nachmittag verläuft ganz gemütlich mit Sonnen; Abendessen nehmen wir in der Herberge ein, und
danach trinken wir noch mit Wolfgang Rotwein und fachsimpeln........
6. Tag: 22.05.: Von Puente la Reina nach Estella – 20 km – 450 HM
Sehr windig – morgens kommen wir nur langsam voran – mittags in Cirauqui am Marktplatz – Brigitte
krank – Durchfall – zum Glück vor dem Bürgermeisteramt mit ordentlicher Toilette - MCP-Tropfen
helfen (und etwas von dem „Allheilmittel“ Whisky, das Klaus leider später aus Versehen mit einer
Magnesium-Tablette bestückte. Weiterweg gut – Brigitte hat bis Estella gut durchgehalten – aber:
Pilgerherberge voll – die Herberge steht unter der Obhut von Padres – der Amigos del Camino oder
ähnlich..... wir packen die Rucksäcke aus und schicken alles, was wir bis dahin nicht benötigt oder nach
den Pyrenäen nicht mehr benötigt haben, in einem Postpaket postlagernd nach Santiago – lange
Unterhose, Handschuhe, Mütze, zweiten Pullover etc. für 8.80 €. Brigitte begibt sich in den fürchterlichen
Schlafraum, weil sie sich krank fühlt. Wir treffen Wolfgang , den Wiener, mit dem Rumänen, und
schlendern durch die Stadt – eigentlich sehr schön – es beginnt etwas zu regnen – kaufen etwas zu essen
ein und „speisen“ pilgermäßig karg im Garten des Hospital Pelegrino.
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7. Tag: - 23.05.: Von Estella nach Torres del Rio – 29 kmEs gibt in der Herberge Frühstück – doch bis wir kommen, ist von dem bisschen, das es gab, kaum noch
etwas da, die Tische sind schmutzig, und wir ergattern noch einen trockenen Zwieback und etwas Kaffee
aus nicht so einwandfreien Tassen – und der zweite Zwieback bleibt mir im Halse stecken, als pünktlich
um 7.30 h ein Padre erscheint und die Pilger bittet, sofort zu gehen, es sei schließlich Zeit - Pilger werden
offensichtlich so behandelt..... da sie ja zu büßen haben!! Brigitte geht es besser – wir sind froh – es ist
sonnig und windig – der Weg ist bequem, und der Rucksack ist jetzt erträglich zu tragen – in den ersten
Tagen habe ich dauernd überlegt, „was kann ich nur aus dem Rucksack werfen“. Wir kommen am
Weingut Esteras Erache vorbei, wo wir Wein aus dem Wasserhahn zapfen können. Es ist jedoch noch zu
früh, und somit kosten wir nur. Torres del Rio ist ein kleiner Ort mit einer kleinen Kirche, die der
Grabeskirche in Jerusalem ähnlich ist. Wir zahlen hier sogar 1 € Eintritt. Die Herberge war offensichtlich
irgendeine Halle, die Betten stehen großzügig auseinander, doch es stinkt nach Farbe, fürchterlich... aber
es kommen nur wenige Pilger (es gibt weiter oben eine zweite Herberge), und die Hospitalera ist dick und
vollbusig und jung, und Klaus glaubt, dann gibt es dort im angrenzenden Lokal auch gutes Essen, doch es
war à la Hospitalera..........
8. Tag: - 24.05.: Von Torres del Rio nach Longroño am Ebro-Fluß – 20 km – Brigittes Geburtstag
- strahlend blauer Himmel, heiß
Wir frühstücken unterwegs aus dem Rucksack. Ein Pilger aus Puerto Rico kommt mit Wolfgang aus
Wien vorbei. Der Puertoricaner singt Brigitte ein Geburtstagslied aus seiner Heimat. Er hatte aber Brigitte
auch schon einmal in der Kirche in Roncesvalles angesprochen. Man trifft sich auf dem Weg fast immer
wieder........
Wir besichtigen die Kirche Santa Maria in Viana – geschichtsträchtig. Hier befindet sich das Grabmal der
Borgias, spanische Familie, die im Mittelalter den Papst stellte – sehr umstritten (Buch: Lucrecia
Borgia).
In der Pilgerherberge in Longroño stehen die Betten wieder eng an eng – 60 Betten im Raum – aber
Schuhe mussten erstmals draußen bleiben – endlich einmal, man lernt auch hier......
Abends Brigitte zum Essen eingeladen – Wolfgang ging mit – Brigitte kauft Sonnenbrille und Wolfgang
erzählt, daß er in Estella, als er aus der Stadt zurückkam, seinen Rucksack packen musste. Zwei
Amerikanerinnen, die sehr lange geduscht hatten, hatte er gebeten, doch etwas schneller fertig zu werden,
da andere Pilger auch noch duschen möchten. Daraufhin haben sie sich beim Herbergsvater beschwert –
wer weiß aber, über was...... Jedenfalls hat Wolfgang dann wohl in der Jugendherberge oder einem Hostal
übernachtet.
9. Tag. – 25.05.: Von Longroñno nach Najera – 26 km
Die Ersten wuseln im Dunkeln ab 5.00 h mit Stirnlampe in der Herberge und starten um 6.00 h - auch
Herbert und Brigitte aus Saarbrücken – wir sehen sie hier bis kurz vor Santiago zum letzten Mal –.
In der Küche steht ein Kaffeeautomat und wir frühstücken hier kurz etwas.
Sehr schöner, heißer Tag – jedoch schlechte Asphalt- und Staubstrecke neben der Autobahn – es werden
hier Straßen gebaut, da muß man staunen, den ganzen Tag Staub und Dreck und Weinfelder ohne Ende –
Rioja-Weine – weltberühmt –.
Ich habe eine Blase am linken Fuß – kleine Zeh, und das Schienbein schmerzt bei jedem Schritt, trotz
Schmerztabletten und Verband mit Jodsalbe. Die „Pilgerwehwehchen“ stellen sich ein......
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Najera– schönes Städtchen – abends nach Einkauf Essen am Fluß – wieder pilgermäßig – amerikanische
Priester + junge Amerikanerin zunächst zum letzten Mal gesehen – Priester müssen weiter, da sie weniger
Zeit haben und sonst den Flug nicht schaffen – sollten täglich 30 km und mehr laufen.......
10. Tag – 26. 05.: Von Najera nach Grañon – 28 km
Kein Frühstückskaffee in Sicht – Frühstück aus dem Rucksack – Wasser, Äpfel, Brot ...
Bis mittags ist es bewölkt – angenehm - gut zu gehen, dann wird es wieder heiß....
Mittagspause in Cirueña am Marktplatz – Holländer wieder gesehen, der mit uns in Roncesvalles
übernachtete und Brigitte böse „angemacht“ hat, weil sie sich morgens um eine Stunde vertan hatte für
das Frühstück – eine Stunde zu früh! Dann Santo Domingo – Kirche mit Huhn und Hahn – aber bis
17.00 h geschlossen. Die Legende erzählt, daß im Mittelalter ein Pilgerehepaar mit seinem erwachsenen
Sohn hier übernachtete. Eine Magd bot dem Sohn ihre Liebesdienste an, er verschmähte sie aber.
Daraufhin steckte sie einen silbernen Löffel in sein Gepäck, weshalb man ihn als Dieb henkte. Die Eltern
pilgerten weiter nach Santiago und kamen auf dem Rückweg wieder in Santo Domingo vorbei. Da hörten
sie ihren Sohn schon von weitem rufen, daß er noch lebe und sie ihn vom Galgen abschneiden sollten.
Die Eltern gingen alsdann zum Bürgermeister, der gerade ein Huhn und einen Hahn gebraten auf seinem
Teller beim Abendbrot liegen hatte, und erzählten ihm von ihrem Sohn. Dieser sagte jedoch, wenn das
stimmt, soll sofort dieses Federvieh wieder lebendig werden. Und so geschah es. Dem Federvieh wuchsen
wieder Federn und es flog davon....
Um die Kirche zu besichtigen, hätten wir in Santo Domingo nächtigen müssen, hätten aber einen halben
Tag „verloren“, und wir hatten noch so viele Kilometer zu bewältigen. Daher Weiterweg nach Grañon bei
33 Grad C – Quartier in Empore der Kirche – Deutscher Hospitalero – gemeinsames Kochen und
Abendessen – Besichtigung der Bäckerei wie vor 30 Jahren – Klaus wollte hier gleich anfangen, da im
„ersten Leben“ Bäcker gelernt ......
11. Tag - 27. 05.: Von Grañon nach Espinosa del Camino bei Pepe – 26,5 km
Ich habe Schmerzen im linken Schienbein – nachmittags 39 Grad C – kein Baum, kein Strauch –
Wollten in Tosantos bleiben – Notquartier – Brigitte hat jedoch von der vorigen Nacht noch
Rückenprobleme – deutscher Hospitalero hat ihr sein Bett angeboten – wollte sie nicht – daher 4 km
weiter zu Pepe – auch gut, wenn nicht besser –
Besonderes Erlebnis – Kanadier und Franzosen, Iren und Engländer wieder getroffen Pepe hat sein Haus als Museum ausgebaut im Untergeschoß und im Obergeschoß 10 Betten für Pilger –
kocht gemeinsames Abendessen – Tortillas, Spaghetti, Obst - + Frühstück – Espinosa kleines Dorf – 10
Häuser. War ein sehr schöner Abend.....Nach dem Essen sind alle Pilger noch gemeinsam mit Pepe zum
Kaffee- oder Weintrinken in das einzige Lokal des Dorfes gegangen. Auch der freilebende Hund, der alle
Essensreste bekommen hatte, ging mit und genoß die Pilgergesellschaft......
12. Tag – 28. 05.: Von Espinosa nach Atapuerca – 20,5 km
Sehr schöne Strecke durch Steineichen und Pinienwald – Atapuerca 14.00 h – Herberge neben Hotel –
sehr windig, aber sehr schöner Tag –
Als wir uns einquartiert haben und durch das Dorf gehen, stellen wir fest, daß es eine weitere Herberge –
Gemeindeherberge – gibt mit Doppelzimmern – dumm gelaufen –
Abendessen im Hotel aber gut – Deutsches Ehepaar, mit denen wir in Roncesvalles am Tisch saßen,
wieder getroffen – sie gehen aber nur bis Leon .....
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13. Tag – 29. 05.: Von Atapuerca nach Burgos - 19 km
Morgens Aufstieg über ehemaliges Militärgelände – Steinmännchen am Weg und riesige Lilienfelder – es
ist kalt und wehr windig – Start 6,45 h– Frühstück in Cardenuela Riopico um 8.30 – unterwegs verfallene
Kirchen und Dörfer – oftmals schon Blick auf Burgos - ca. 11.00 h Burgos am Stadtrand – treffen andere
Pilger, die uns raten, mit dem Bus in die Stadt zu fahren – der Bus war aber gerade abgefahren – der
nächste komme in einer Stunde oder später, so daß wir beschließen, zu laufen – nicht schön durch
Industrieviertel, aber intensiver als gefahren. Machen unterwegs Mittagspause und versuchen, für mich
neue Wanderschuhe zu kaufen, da meine fast neuen Aldi-Schuhe, mit denen ich bereits im April 12 Tage
durch Rom gelaufen war und glaubte, sie wären eingelaufen, möglicherweise demnächst den Geist
aufgeben – nichts passendes für mich gefunden, holen wir abends nach....
Wir sind um 13.00 h am Stadttor – Altstadt – in Burgos – ein alter Mann spricht uns an, ob wir Quartier
suchen – wir bejahen und gehen mit ihm. Er führt uns in ein Hostal. Man bietet uns ein 3-Bett-Zimmer –
Toilette und Dusche über den Flur – alles sauber – zum Preis von € 15,00 pro Person an, und wir greifen
zu.
Rucksäcke abschnallen, Duschen, etwas ausruhen, und dann begeben wir uns in die Altstadt von Burgos.
Etwas mehr als ein Drittel des Weges ist geschafft..... und ich habe geglaubt, wir schaffen das nie....
Wir gehen durch die Altstadt, sehen die Statue El Cid – Spaniens Kämpfer gegen die Mauren und
Nationalheld, der mit seiner Frau in der Kathedrale beigesetzt ist, besichtigen die Kathedrale und die
Kirche San Nicolas, kaufen für mich neue Wanderschuhe und Wandersocken, ....rasten, trinken, essen gut
abends, und schlafen ausgezeichnet.... es geht aufwärts....aber in Burgos ist es morgens und abends kalt
und tagsüber sehr, sehr windig, die windigste Stadt Spaniens....
Früher betrat der Pilger die Kathedrale durch eine spezielle Pforte, die heute verschlossen ist; sie liegt
unterhalb der Calle Fernán Gonzáles, auf der man sich der Kathedrale nähert. Das grandiose Nordportal
war früher der nächste Zugang für die gekrönten Herrschaften, wenn sie von der Burg herunterkamen.
Das figurenreiche Portal stellt das jüngste Gericht mit Christus als Weltenrichter dar. Die Westfassade
wird durch die beiden Türme des Hans von Köln beherrscht, der wohl die Baupläne des Kölner Doms
kannte, als er nach Burgos ging. Das Südportal der Plaza de San Fernando mit ihren vielen Straßencafés,
in denen man an diesem Tag fast wegflog, stellt wieder das jüngste Gericht dar.
14. Tag – 30.05.: Von Burgos nach Hornillos del Camino – 20 km
Start in Burgos 7.15 h – Es ist in Burgos noch kein Mensch unterwegs – eine wahnsinnige Ruhe ist
eingekehrt – es ist kalt und sehr windig – wir bräuchten Handschuhe und Mütze, aber die sind ja jetzt
bereits in Santiago – wir stülpen die Ärmel über die Hände, da wir sonst die Wanderstöcke gar nicht
nehmen könnten, und ziehen ein Stirnband auf. Die Pilgerherberge liegt am Stadtausgang von Burgos, der
Ruf eilte ihr voraus, weshalb wir privat quartieren wollten .... hier treffen wir Karl wieder – hatten ihn
schon ein paar Mal gesehen - er hat hier übernachtet und fand es nicht so schlimm, doch er musste am
Vortag mit dem Bus in die Stadt zurückfahren, da der Weg sonst zu weit gewesen wäre. Karl hatten wir
schon ein paar Mal getroffen, er geht auch nur bis Leon, ist den Weg schon ein paar Mal gegangen, 2 x
komplett und hatte voriges Jahr in der Kathedrale von Santiago das Ave Maria gesungen. Er sagte: Ich
war drei Tage in Santiago, da kannte mich fast jeder.... netter Kerl....
Heute haben wir schöne Feldwege, stahlblauen Himmel und wahnsinnigen Wind, zum Glück von hinten.
In der Herberge von Hornillos del Camino ergattern wir die letzten drei Matratzen – jeder irgendwo eine,
können aber am „Marktplatz“ sitzen und entspannen, müssen nur aufpassen, daß wir nicht wegfliegen,
und können im gegenüberliegenden Restaurant gepflegt essen gehen. Notquartiere gibt es noch in einem
weiteren Gebäude, allerdings ohne Toilette und Waschgelegenheit, die muß in der Herberge benutzt
werden...... nachts ein weiter Weg....drei Häuser weiter...
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Die drei jungen Amerikanerinnen, die uns schon des öfteren aufgefallen sind, eine ist sehr dick, sind auch
angekommen und haben noch Betten bekommen – eine davon, die schönste, läuft immer vor und
reserviert – die Dicke kam sehr spät an und schlich in die Herberge, sie konnte einem leid tun, aber am
nächsten Morgen, ab 5.00 h war auch sie mit Stirnlampe am Packen.....Sie schlief unter mir, daher konnte
ich das gut beobachten. Hier haben wir sie zum letzten Mal gesehen – vor ein paar Tagen hatte ich sie
interviewt, Studenten aus San Francisco, spanischer Abstammung, studierten in San Sebastian und gingen
den Jakobsweg zum Abschluß des Spanienaufenthaltes, alle Achtung. Sie waren sehr nett und
unterhaltsam ....
15. Tag – 31. 05.: Von Hornillos del Camino nach Castrojeriz – 21 km
Ab 5.00 Uhr morgens packen die Pilger wieder mit Stirnlampe, um in der nächsten Herberge noch eine
Matratze zu ergattern – oder nicht in der Hitze laufen zu müssen. Irgendwie habe ich das Gefühl, daß nur
„Verrückte“ auf dem Jakobsweg unterwegs sind – uns eingeschlossen. Später erklären mir zwei deutsche
Hospitaleros, der Camino sei die größte Psychiatrie der Welt. Die Leute wollen den Alltag abschütteln
oder kommen mit ihm nicht klar, und so schon ganz und gar nicht mit den Herbergen, weshalb
Aggressionen frei werden....... Alles in allem hatte ich aber das Gefühl, daß sich die Pilger in den
Herbergen fast immer gesittet verhalten, lediglich einen banalen „Ausrutscher“ haben wir erlebt.
Wir gehen jetzt tagelang durch Getreide-Felder, so weit das Auge reicht, so gut wie kein Baum und kein
Strauch am Wegesrand; die Weinfelder sind hinter uns geblieben. Morgens ist es sehr kalt, d. h. 10 Grad
C, und der Wind weht uns fast weg...
Nach 10 km können wir die erste Kaffepause machen in Hontanas, dann nochmals im ehemaligen Kloster
San Anton, wo wir den Japaner wieder sehen – enorm – er spricht kaum englisch, weshalb eine
Konversation nicht möglich ist, doch ich schätze, daß er weit über 70 Jahre alt ist, und läuft, und läuft,
und läuft ...
Wir kommen um 12.00 h an eine Herberge – am Weg ausgeschildert – hört sich gut an, und wir machen
Schluß für heute. Die Herberge entpuppt sich als „Fabrikhalle“, doch die Betten stehen großzügig weit
auseinander, es ist stürmisch, draußen fliegt alles weg. Wir suchen einen windgeschützten Platz, um uns
aufzuhalten – die „Pflaster-Franzosen“ sind auch wieder da, ein Wunder, wie die das schaffen. Die Frau
hat beide Füße dermaßen verpflastert, daß wir immer glauben, die kann nicht mehr, und in jeder
Apotheke am Weg stehen beide.....(Ich glaube, die haben alle Apotheken am Jakobsweg saniert)....
Die Herberge gehört Holländern. Eigenartigerweise bauen Holländer eine Herbergskette auf, primitiv
aber dennoch.....
Bei so einem frühen Eintreffen in der Herberge wird der Tag lang, und ich habe Schmerzen im
Schienbein, Schmerzen, Schmerzen trotz Tabletten. Versuche zu ruhen, aber es nützt wenig....
Klaus zeichnet den Gartenkamin, althergebrachte Konstruktion, ab und will ihn zu Hause nachbauen –
zwischenzeitlich haben wir jedoch einen gekauft....
Brigitte schafft es immer wieder, sich nachmittags schon in die Herberge zu legen und zu ruhen. Mir
reicht es, wenn ich abends dahin muß....
Wir gehen am Spätnachmittag in die Stadt und kaufen ein, die Geschäfte öffnen ab 17.00 h. Später gehen
wir in ein schönes Restaurant zum Essen, sehr gut....und immer noch Pilgeressen für 8 – 10 € einschl.
Wein oder Wasser).
16. Tag – 1. 06.: Von Castrojeriz nach Fromista – 25 km
Start um 6.45 h. Es ist sehr kalt. Wir müssen über die Höhe Mostelares und fliegen fast weg - 910 HM.
Der Japaner geht vor uns. Nach dem Abstieg wird die Strecke fast eben. Wir frühstücken nach 8 km in
der Ermita de San Nicolas, einer im Aufbau befindlichen Klosterruine (hier sind noch die Fensternischen
vorhanden, in die man im Mittelalter für die Pilger Brot und Wein auslegte). Kommen dort ins Gespräch
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mit verschiedenen Pilgern, die aber langsamer unterwegs sind, der Japaner und Helmut sind auch wieder
da. Helmut geht den Weg aus Dankbarkeit, daß er wieder laufen kann. Man hatte ihm seinen Pferdestall
angezündet. Als er die Pferde retten wollte, fing er selbst Feuer und erlitt sehr starke Brandverletzungen –
vor zwei Jahren konnte er noch nicht laufen......Ab und zu kommen uns jetzt Pilger entgegen. Dies
verwundert uns, und ich frage nach. Sie laufen den Weg wieder zurück.........
Wir kommen nach Boadilla del Camino, wo mitten im Ort eine alte Gerichtssäule steht. Wir mussten sie
jedoch erst suchen – Einheimische, die wir fragten, konnten uns nicht sagen, wo sie steht – vielleicht
haben sie uns jedoch auch nicht verstanden. Normalerweise führt der Jakobsweg an allen
„Sehenswürdigkeiten“ vorbei, hier jedoch nicht... Die Gemeindeherberge, klein und fein, lädt zum
Rasten ein. Wir machen Mittag, gehen aber noch weiter. Helmut, der auch gerade ankommt, bleibt
jedoch. Er ist für heute fix und fertig, und er schleppt einen wahnsinnig dicken Rucksack und noch eine
Filmausrüstung. Er geht auch nicht essen, er pilgert richtig....Am späten Nachmittag erreichen wir
Fromista. Die Herberge ist ganz in Ordnung, oder wir haben uns daran gewöhnt. Am Marktplatz finden
wir ein schönes Restaurant, möchten aber noch in der Sonne sitzen, Karl sitzt dort und isst. Ich bestelle
eine Flasche Rotwein und frage nicht nach dem Preis. Sonst habe ich immer nach dem Preis gefragt, und
teurer als 2,00 € war die Flasche nie.... doch heute, als wir nach dem Essen, das ganz gut war, Pilgeressen
für 8,50 mit Vor- und Nachspeise einschl. Wein, bezahlen wollen, kostet die Flasche Wein, die wir
draußen getrunken haben, 15,00 €. Ich glaube das nicht, und will es auch nicht bezahlen, doch der Wirt
zeigt mir die Getränkekarte, auf der diese Flasche mit Preis vermerkt ist. Nur er hatte vorsichtshalber
auch nicht gefragt, was wir für eine Flasche Wein haben wollen...
17. Tag – 2. 06.: Von Frómista nach Carrion de Los Condes – 20 km
Heute laufen wir fast nur an der Straße entlang. Man hat Straßen gebaut entlang der Pilgerwege oder die
alten Pilgerwege in die Straßen einbezogen – daher dieses viele Straßenlaufen.... Unterwegs Besichtigung
der Kirche Santa Maria la Blanca – vormittags, und durch Zufall geöffnet, doch „Schlüsselherr“,
bestimmt jenseits von Gut und Böse, wollte in der dusteren Kirche zuerst Brigitte und dann mir an die
„Wäsche“ durch Tatschen.... auch das erlebt man am Jakobsweg. Die Kirche beherbergt sehr alten
Marienkult – weiße Jungfrau – Ziel vieler Wallfahrer –
Dann kommen wir zum Tagesziel Carrion de Los Condes – der Brückenort, der jedem Jakobspilger
bekannt sein sollte (uns leider nicht), denn hier herrschten angeblich die beiden Grafen Carrion, die dem
spanischen Nationalhelden El Cid nachstellten, wie auch immer... und die Betten in der Herberge stehen
wieder eng an eng. Im kleinen Garten, wo sich die Wäscheleinen befinden, steckt ein Eisen in der Erde.
Durch die Abendsonne kann ich es nicht sehen. Stolpere einmal darüber und beschädige meine neuen
leichten „Abendschuhe“; beim zweiten Mal Stolpern reiße ich ein Loch in den Schuh. Klaus reißt jetzt
das Eisen wutentbrannt aus der Erde, leider zu spät für mich...
18. Tag – 3. 06.: Von Carrion de Los Condes nach Terradillos de los Templarios - 27 km
Es ist morgens kalt, ab mittags wird des heiß, und wir laufen zunächst 7 km auf Schotterwegen durch
Felder bis Calzadilla de la Cueza. Hier können wir in einer Bar frühstücken, Tortillas und Kaffee, der
weitere Weg entpuppt sich als schöner Wanderweg. Die Herberge in Terradillos de los Templarios wird
privat geführt, ist fast neu ausgebaut und hat sehr schöne Waschräume. Die Betten sind dennoch eng an
eng, dabei hätte man auch Zwei- oder Einbettzimmer erhalten können, doch man hat es nicht angeboten,
und wir wussten es auch im Vorfeld nicht. Aber der Garten ist sehr schön, man kann entspannen, und
abends gibt es Forelle zu essen.....
19. Tag – 04.06.: -Pfingstsonntag – Von Terradillos de los Templarios nach Bercianos del Real Camino –
24 km
Gute Nacht gehabt – Start um 7.00 h – Ankunft in Bercianos um 14.00 h – Pilgerherberge voll und
unmöglich – Adobe-Dorf – Adobe = luftgetrocknete Lehmziegel – es sieht alles sehr verfallen aus. Es ist
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sehr heiß – gemeinsames Abendessen mit Sonnenuntergang-Betrachtung. In Sahagun haben wir das
Kloster von außen ansehen können, gefrühstückt haben wir in San Nicolas del Real Camino. Vor
Erreichen von Bercianos kommen wir an einer Kapelle vorbei, in der Kinder ständig die Glocken
betätigen. Wir wundern uns über dieses „Spielwerk“ für Kinder, doch dann kommen uns Wallfahrer mit
riesigen Fahnen entgegen, die zur Kapelle gehen. Jetzt wissen wir auch, warum ständig geläutet wurde.
Am späten Nachmittag gehen Klaus und ich in die einzige Dorfkneipe. Da ist richtig was los nach dem
Wallfahren. Es wird gegessen und getrunken, und alle Abfälle auf den Fußboden geschmissen. Das
Schärfste ist der kleine Garten hinter der Kneipe, mit uralter Oma, vielen Vögeln in Käfigen, Pflanzen
und Abfall.. . Der Herbergsvater hatte einige Pilger gebeten, einzukaufen. Sie mussten dann aber auch
noch das Eingekaufte spenden.....zum Abendessen. Nach dem Abendessen wurde zum Sonnenuntergang
hinter dem Haus eingeladen. Eine Italienerin, die wir oft getroffen hatten, sprach gut Deutsch und
Spanisch und übersetzte, was der spanische Hospitalero sagte.....“Er wünsche allen noch eine gute
Pilgerreise bis Santiago und ggf. nach Finisterre am Meer, dem Ende der Welt, wo viele Pilger ihre
Kleider verbrennen, um ein neues Leben zu beginnen.......Hierauf sprach mich in Santiago der Kanadier
an. Ich solle doch auch meine Wanderhose mit dem „Canada“-Aufnäher verbrennen, sie habe dann
ausgedient. Aber wir sind ja nicht bis nach Finisterre gekommen – keine Zeit mehr...... und verbrannt
hätte ich die Hose auch nicht, da sie sich so tapfer gehalten hat. Unter dem Aufnäher war sie zerrissen,
und vor Abreise hatte ich keinen anderen Aufnäher. Also habe ich diesen genommen in der Annahme, die
Hose überlebt den Jakobsweg sowieso nicht, doch sie lebt immer noch. Und bereits am zweiten Pilgertag
rief jemand: „Oh, a real Canadian“, und ein anderes Mal fragte mich eine Dame, woher aus Kanada ich
wohl komme.....
Bis hierher hat Klaus meine Aldi-Wanderschuhe geschleppt für den Fall, daß ich mir in den in Burgos
gekauften auch noch Blasen laufe. Dies war nicht der Fall, weshalb ich die alten Schuhe jetzt in der
Herberge habe stehen lassen für einen armen Pilger....
Der Kanadier und die Französin wollten noch nach Finisterre laufen, waren vor Spanien schon 30 Tage in
Frankreich unterwegs gewesen, und wollten nach Abschluß der Pilgerreise heiraten.....das war die Probe
für eine Ehe....
20. Tag – 05. 06.: Pfingstmontag: Von Bercianos nach Mansilla de las Mulas - 26 km
Frühstück in der Herberge – wie immer dürftig – es wird wieder sehr heiß. Wir frühstücken in Reliegos
und kommen abends nach Mansilla de las Mulas mit großer mittelalterlicher Stadtmauer am Rio Esla.
Wir erhalten Notquartier auf einer Matte eng an eng. Am späten Abend kommt noch eine Tschechin,
deutschsprachig, hinzu. Sie erzählt, letzte Nacht allein im Freien übernachtet zu haben, inspiriert durch
zwei Flaschen Wein, die sie in einem Bach an einem Rastplatz gefunden hat..... Sternenklare Nacht,
toll.... bewundernswert....
Hier macht schon 18 Jahre ein drahtiger deutscher Hospitalero Dienste. Er sieht mein verbundenes
Schienbein und erkundigt sich, was ich hier habe. Ich erkläre ihm, einfach Schmerzen, aber es sei schon
besser. Er sagt, komm nachher mal zu mir. Zwischenzeitlich will ich Wäsche aufhängen im Innenhof.
Alle Leinen sind belegt. Ich schiebe trockene Wäsche zur Seite. Da beschwert sich ein Deutscher, ob ich
das richtig finde. Ich frage ihn, ob dies seine Wäsche sei. Er verneint. Also frage ich, was das soll. Ich
müsse meine Wäsche doch auch irgendwo aufhängen. Er sagt jedoch, „wer zuerst kommt, der mahlt
zuerst“. Im Hof sitzt auch André, unser Holländer, der immer auftaucht, wenn wir an ihn denken.... Er
sagt leise „Ruhrpottneger“ und meint meinen Kontrahenten – alles fromme Pilger, doch ich habe das
Gefühl, es geht nur um Hauen und Stechen, Auge um Auge, Zahn um Zahn, jeder ist sich selbst der
Nächste. Mit Pilgern hat dies nichts zu tun..... Brigitte findet anschließend eine Bauchtasche und übergibt
sie dem Hospitalero. Dieser sucht den Eigentümer und sagt, sie könne nur einem Deutschen gehören, da
sie so schwer sei. Und siehe da, unser „Ruhrpottneger“ meldet sich.... Er spendiert eine Flasche Wein als
Finderlohn, aber einer Holländerin, die damit gar nichts zu tun hatte.......Brigitte ist etwas sauer. Doch ich
sage, laß es so gut sein, wir sind „demütige Pilger“, was auch in einer der nächsten Herbergen zu lesen
war: „Der Pilger hat nicht zu fordern, sondern demütig zu sein“. Aber: Der Hospitalero rief mich am
Nachmittag noch und heilte mein Schienbein, indem er eine Hand auf das Schienbein presste und die
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zweite Hand auf die Ferse. Offensichtlich hat es geholfen. Die Schmerzen waren am nächsten Tag fast
weg..... Als Brigitte in der letzten Pilgerwoche ebensolche Schmerzen bekam, machte ich dies gleich
jeden Abend bei ihr....... sie holte sich dann trotzdem noch Salbe aus einer Apotheke.....
Mansilla ist eine ganz schöne Stadt mit Fußgängerzone. Wir essen zu Abend und lassen mit André in der
Fußgängerzone den Abend ausklingen.
21. Tag – 06. 06.: – Von Mansilla de las Mulas nach León – 20 km
Storchennester unterwegs und endlich León – es ist furchtbar heiß. Jetzt lassen wir die ausgeräumte
Feldlandschaft, die Meseta, hinter uns... Geerntet wird hier schon im Juni. Ich habe aber bis jetzt noch
nicht herausgefunden, ob eine zweite Ernte, etwa mit Mais oder Kartoffeln, stattfindet....
Die Herberge in León wird von Benediktinerinnen geleitet. Männlein und Weiblein werden getrennt,
wenn sie nicht verheiratet sind. Die Betten stehen eng an eng, und ich ergattere kurz vor dem
Schlafengehen noch ein Bett unten, aber nur, weil eine Pilgerin abbricht und per Bahn abreist.... In den
oberen Betten, die frei im Raum standen, hatte ich immer Angst, nachts herauszufallen. Es ist auch
schwierig, in den oberen Betten die „Klamotten“ beisammenzuhalten..... Die Duschen sind geräumig und
neben dem Schlafraum. Wir gehen in der Stadt essen, das ist auch gut, und treffen unseren französischen
Amigo mit seinen zwei Frauen wieder. Klaus hatte sich mit ihm einmal angelegt, weil er meckerte, als
wir in der Herberge ankamen und uns unterhielten, er aber schon früher angekommen war und schlafen
wollte, wie so viele Pilger dies taten........... Aber er entpuppte sich später dennoch als Amigo und er
verabschiedete sich von uns in Santiago mit Umarmung....
Die Kathedrale öffnete um 17.00 h. Bemerkenswert sind hier die Fenster, einzigartig in ganz Spanien: Die
Kathedrale wirkt, als werde sie von den Fenstern getragen....Gegenüber steht das Gaudi-Haus – heute eine
Bank – und das Guzmanes-Haus. Wir besichtigen noch die Kirche San Isidoro mit Museum und lassen
den Tag in der Fußgängerzone ausklingen. Abends gehen wir in die Pilgermesse der Nonnen.
León war Hauptstadt bis ins 13. Jahrhundert, wurde dann von Toledo und Madrid abgelöst. Eine sehr
schöne Stadt.
22. Tag . 07.06.: Von León nach Villar de Mazarife – 22 km
Wir starten um 6.20 h und marschieren bei aufgehender Sonne 1 ½ Stunden durch León. Kommen am
ehemaligen Pilgerhospital – heute Nobelhotel – vorbei. Der Portier steht draußen und winkt uns herein.
Wir sollen uns den Pilgerstempel abholen, die Halle besichtigen und erhalten noch einige schmackhafte
Bonbons als Wegzehrung. Sehr nett für uns am frühen Morgen....
Jetzt geht es durch die Parámo, wunderschöne Heidelandschaft, ebenso blüht und duftet Lavendel in
verschwenderischer Pracht. Der Himmel bewölkt sich etwas, wir hatten Morgenrot, doch es sind fast 40
Grad C.
Der Weiterweg führt jetzt an der Autobahn entlang, weshalb wir den Umweg über Villar de Mazarife
wählen. Hier treffen wir Pilger Helmut wieder, der am Wegesrand seine Frühstücksrast eingelegt hat.
Laut Beschreibung gibt es in Villar de Mazarife nur eine Herberge, weshalb wir die erste
Einraumherberge nehmen mit ganz schönen Waschräumen, großzüziger, allerdings wie immer nicht so
sauberer Küche mit verstopftem Abfluß, aber nettem Hospitalero, der versucht alle Wünsche zu erfüllen.
Er besorgt uns sogar Oliven zum Wein.... Hier können wir im Garten unter Sonnenschirmen bis zum
Abend rasten. Bei dieser gleißenden Sonne wollen wir das Dorf nicht mehr begutachten und verschieben
dies auf den Abend. Etwas außerhalb des Ortes bleiben wir zum Abendessen. Hier gesellt sich eine
Italienerin aus Turin – sehr, sehr gesprächig und nett – zu uns. Ebenso, siehe da, die Amerikanerin, die
tageweise mit den amerikanischen Priestern unterwegs war. Sie erzählt uns, daß einer der Priester krank
geworden sei und sie deshalb mit dem Bus weitergefahren wären, um rechtzeitig zum Abflugtermin in
Santiago zu sein...... Die Italienerin war erst in León gestartet und hatte den ersten langen Tag hinter sich.
Später haben wir sie noch ein paar Mal getroffen. Sie unterhielt jedes Mal die „gesamte Herberge“. Wo
sie war, war etwas los.....
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23. Tag – 8. 6.: Von Villar de Mazarife nach Astorga – 32 km
Storchennester, Storchennester, Frösche, Frösche, aber in ganz Nordspanien haben wir dies schon
gesehen.
Morgens gehen wir überwiegend Straße, es ist wieder furchtbar heiß. Mittagspause legen wir in Hospital
de Orbigo ein. Dies ist eine sehr schöne, mittelalterliche Stadt, wo heute noch einmal jährlich Ritterspiele
abgehalten werden. Ein kastilischer Adeliger hatte einer Dame zu Ehren das Gelübde abgelegt, jeden
Donnerstag eine Halsfessel zu tragen. Um sich von dem doch etwas unpraktischen Gelübde wieder zu
befreien, veranstaltete er im Jahre 1434 an der Brücke, die wir heute noch benutzen, ein großes Turnier.
Mit neun Begleitern kämpfte er dreißig Tage lang – zwei Wochen vor und zwei Wochen nach dem Tag
des Apostels Jakobus am 25. Juli – gegen alle durchziehenden Ritter. Das Turnier befreite den Ritter
tatsächlich von seinem Gelübde. Zum Dank stiftete er die Halsfessel der Kathedrale in Santiago, wo sie
heute den Hals der Büste des jüngeren Jakobus ziert. Seit dem Jahre 2000 wird in Hospital de Órbigo der
Paso Honroso, wie sich das Turnier nannte, nachgestellt und als große Touristenattraktion gefeiert. Bis
hin zum letzten Ortsbewohner wird jede Tätigkeit im mittelalterlichen Kostüm abgewickelt.
Der Weg nach Astorga zieht sich am späten Abend in die Länge, da es auch noch bergauf geht. Laut
Beschreibung ist die Pilgerherberge neu und großzügig angelegt. Dies bezieht sich jedoch nur auf die
Duschen, was eine ganze Menge ist. Die Betten in riesigen Schlafsälen stehen dicht an dicht. Die
Wäscheleinen sind komplett behängt, so daß wir heute auf Wäschewaschen verzichten.....
Brigitte will unbedingt in das Schokoladenmuseum. Wir gehen auch hin; nach vielem Fragen finden wir
es, kommen aber nicht rein, da vorgebuchte Führungen stattfinden und in einer halben Stunde sowieso
geschlossen wird. Also beschränkt sich Brigitte auf Schokoladekaufen. Wir besichtigen die Kathedrale
und lassen uns auf dem Rathausplatz nieder, wo wir Amigo mit seinen Frauen wieder treffen. Die Freude
ist eigentlich immer ziemlich groß, wenn auch die Verständigung schwierig ist...
Abends treffen wir auf der Plaza vor der Kathedrale die Italienerin aus Turin wieder. Sie lässt jetzt den
Rucksack transportieren und hat fürchterlichen Muskelkater......
24. Tag – 9.06.: Von Astorga nach Foncebadón – 25 km
Mittagspause in Rabanal nebst Einkauf. Schönes Städtchen. Treffen André, er bleibt hier..
Für Foncebadón hatte ich Pfefferspray mitgenommen. Lt. Beschreibung sollten hier wilde Hunde leben,
welche die Pilger ankläffen oder anfallen. Doch Foncebadón wird mit EU-Fördermitteln wieder
aufgebaut. Die Kirche ist etwas renoviert worden und dient auch als Pilgerherberge. Wir schlafen im
Altarraum. Zwei Restaurants und eine zweite Herberge – privat – die leider schon belegt war, als wir
ankommen, sind bereits aufgebaut. Wildernde Hunde sind nicht mehr vorhanden. Sonst ist hier nichts.
Wir marschieren hier ein nach einem sengendheißen Tag, es geht schon stundenlang leicht bergauf, und
finden nur Ruinen. Da beginnt es bei uns leicht zu krieseln. Doch dann erscheint die private Herberge mit
unserer Italienerin aus Turin. Wir fragen nach, und man sagt uns, wir sollen zur Kirche gehen. Es ist hier
unwahrscheinlich windig. Die Wäscheständer müssen wir mit Steinen belegen, da sonst alles wegfliegt,
und Waschen lohnt sich eigentlich gar nicht, denn der Staub wirbelt nur so umher. Wir machen aus lauter
Frust einen Kneipenbummel – allerdings schnell erledigt, da nur zwei vorhanden, und lassen uns vom
zweiten Wirt sagen, daß er zum Abendessen Spezialitäten serviert. Nachdem ich einige Minuten auf dem
Fleisch herumgekaut habe, winke ich ihn herbei und bitte ihn freundlich, ins lächerliche ziehend, mir dies
doch einmal „vorzukauen“. Er nimmt den Teller, sagt, kein Problem, und bringt eine riesige Portion
Gulasch. Das war dann ein voller Erfolg für mich bei der beschränkten Toilettensituation in der Kirche.
Aber mit einem Mal davongekommen.......Klaus und Brigitte hatten wohl die besseren Stücke erwischt.
Sie haben die Reste dieser großen Portion eingepackt und am nächsten Tag hiervon noch reichlich
frühstücken können. Die Italienerin haben wir hier zum letzten Mal gesehen...
Eine andere deutsche Pilgerin erzählt uns, daß sie den Weg schon einmal gegangen sei und es keine
andere Übernachtungsmöglichkeit hier in der Gegend gäbe. Man solle um Himmels willen nicht in der
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nächsten Station bei den Templern einkehren, die ganze Gegend habe dort schon einen süßen Duft nach
irgendwelchen Rauschmitteln...
25. Tag – 10. 06.: Von Foncebadón nach Ponferrada - 28 km
Wir starten aus Versehen schon um 6.00 h. Es ist noch dunkel, so daß wir kaum die Wegweiser sehen.
Gehen aber los und sind bereits um 7.00 h am Cruz de Ferror. Sonnenaufgang war um 6.15 h. Am Cruz
de Ferror legt Klaus die aus unserem Garten mitgenommenen Kieselsteine nieder, das Symbol der
Lastenabgabe auf dem Pilgerweg. Der Hügel ist schon ganz schön hoch, aber es werden nicht nur Steine,
sondern auch eine Menge Müll abgelegt, und nicht nur hier, sondern auch auf dem gesamten Pilgerweg.
Ich frage mich, warum?
Um 9.00 h erreichen wir Monjarin, die Templerburg, aus Bruchbuden zusammengesetzt. Ich sehe mir die
Schlafräume an, wirklich nicht unbedingt zu benutzen, da war es auf dem Fußboden in der Kirche doch
besser. Aber die Templer bieten Kaffee und Tee kostenlos an. Wir gehen jedoch weiter, weil man uns
dies mies gemacht hatte, trauen uns nicht. Unterwegs frühstücken wir die Reste vom gestrigen Abend und
kehren in El Acebo zu einer Kaffeepause ein. Mittlerweile überholen uns schnellgehende Pilger – ohne
Rucksack – die von einem Autobus abgesetzt und nach ein paar Kilometern wieder aufgenommen
werden. Dies sind Bustouristen, welche die schönsten Wegstrecken wandern, um dann in Santiago auch
die Jakobsweg-Urkunde zu erhalten...... Rechts und links des Wanderweges steht hoher Ginster. Die
Wege sind jetzt sehr schön und die Landschaft auch.. Wir kommen durch Molinaseca, schöner großer Ort,
machen Mittag in einem Straßenkaffee und kommen an der Pilgerherberge vorbei. Hier hat man unter
einem Außendach auch Betten aufgestellt.... André erzählte uns später, er habe hier übernachtet. Um
15.00 h erreichen wir Ponferrada. Vor der Pilgerherberge bildet sich eine lange Schlange. Springbrunnen
bespritzen uns ab und zu. Die Herberge ist aber ganz schön. Wir gehen abends in die Stadt am Rio Sil und
Rio Boeza, die immer noch von den Bergwerken der Umgebung und der verarbeitenden Industrie lebt,
besichtigen die Wallfahrtskirche de la Encino und erfahren, daß heute abend – Samstag – hier einige
Trauungen stattfinden. So begeben wir uns auf den Marktplatz vor der Kirche in ein Straßenrestaurant,
essen Tapas und freuen uns an den Brautpaaren – 5 oder 6 nacheinander – und noch mehr an den Roben
der Damen. Einfach prachtvoll. Sie lassen sich auch noch von uns fotografieren. Ein älterer Spanier setzt
sich zu uns an den Tisch und erzählt ohne Ende. Wir verstehen kein Wort, aber er redet und redet. Um
seinen Redeschwall zu bremsen, spendieren wir ihm einen Cognac. Jetzt fährt er aber zur Höchstform
auf.... Irgendwann verlässt er uns jedoch.
Am anderen Flussufer drohnt die Templerburg, die gerade restauriert wird. Sie soll die besterhaltendste
Burg des Landes sein. Die Templer regierten hier von 1178 – 1312. Dann wurden sie den Kirchenfürsten
zu mächtig; der Orden wurde verboten und das Vermögen konfisziert. Die Templer hatten angeblich auch
den Pilgerweg sicherer gemacht. Nach dem Ende der Templer ließ auch das Pilgern nach... bis zur
Neuentdeckung....
26. Tag – 11.06.: Von Ponferrada nach Villafranca del Bierzo –26 km
Wir gehen morgens an der Templerburg vorbei zur Stadt hinaus, die Natur wird wunderschön, wir
kommen nach Galizien, und es ist nicht mehr so heiß, gewittert aber fast jeden Nachmittag bzw. Abend.
In Cacabelos lädt das Restuarant La Moncloa de San Lázaro am Ortsanfang zur Besichtigung ein. Wir
wollen uns den Hof ansehen und kaufen Kirschen, die jetzt überall angeboten werden. Die Kirschenernte
ist enorm. Doch welch Überraschung: Die Verkäuferin bietet uns Kuchen und Wein zur Verkostung an –
speziell für Pilger. Wir dürfen nicht bezahlen. In Villafranca gehen wir dummerweise an der schönen
neuen Gemeindeherberge vorbei, weil wir glauben, die nachfolgende private Herberge sei besser. Aber
weit gefehlt. Nachdem wir „eingecheckt“ haben, stellen wir fest, daß alles sehr, sehr zu wünschen übrig
lässt. Kein Wasserhahn funktioniert und keine Toilettentür lässt sich schließen. Alles ist total verdreckt,
obwohl der Eigentümer vorher alles als ganz toll angepriesen hat. Ich zitiere ihn herbei, und er wird
furchtbar böse. Hier steht auch das Schild „Der Pilger hat dankbar zu sein und nicht zu fordern“. Danach
sehen wir uns die Gemeindeherberge an und stellen fest, daß hier alles total sauber und neu ist. Zwei
Holländer per Rad wollen hier übernachten, werden aber noch nicht aufgenommen, da es für Radfahrer
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noch zu früh ist. Sie müssen warten. Später treffen wir sie auf dem Marktplatz wieder. Sie übernachten im
Hotel und sind sehr zufrieden damit. Wir hätten noch in die Gemeindeherberge umziehen können, waren
aber zu faul, unsere Sachen wieder zu packen. Wir haben trotzdem ganz gut geschlafen.
27. Tag – 12.06.: Von Villafranca del Bierzo nach La Faba– 25 km
Wir gehen den Camino duro, den harten Weg steil bergauf, Brigitte entscheidet sich für den Weg an der
Landstraße, da sie jetzt auch Probleme mit dem Schienbein hat. Kurz nach Verlassen von Ponferrada
beginnt es zu donnern. Das Gewitter steht ringsherum am Himmel. Kurze Zeit später beginnt es zu
regnen, hört aber, nachdem wir die Regencapes aufgezogen haben, wieder auf. Aber das Gewitter zieht
ringsherum mit uns, weshalb wir uns sehr beeilen. Es ist schade, wir können in der schönen Landschaft
nicht verweilen, haben jedoch eine herrliche Aussicht und kommen noch durch sehr schöne
Kastanienhaine. Die Tour ist mit 3.30 Stunden angegeben, wir schaffen sie in 2 ¾ Std., so sind wir
gerannt und treffen Brigitte in Trabadelo an der Kirche wieder – sie ist auch gerade angekommen. Kurze
Zeit später beginnt es richtig stark zu regnen und wir können uns unter der Autobahn unterstellen. (Vor
30 Jahren gab es m. W. in Nordspanien noch keine Autobahn, heute verläuft sie 2- und 3-fach
übereinander.) 380 HM steiler Anstieg nach La Faba.
Gewitter steht den ganzen Tag am Himmel, aber es regnet kaum. Als wir in der Herberge angekommen
sind, kommt das dicke Ende. Es geht ein fürchterliches Gewitter nieder. Die Herberge liegt am Ortsrand,
ist ordentlich und sauber, da unter deutscher Leitung. Zwei ältere Damen aus Aachen herrschen hier zwei
Wochen, dann werden sie abgelöst, wieder von Deutschen. In dieser Küche kann man auch etwas trinken
oder essen. Es ist alles sauber. Nur die Wäsche wird nicht trocken auf den Wäscheständern unter dem
Vordach. Wir dürfen sie nicht ins Haus holen, und es schüttet den ganzen Abend. Also nehmen wir sie am
nächsten Tag naß mit und trocknen unterwegs am Rucksack. Nach Ende des Gewitters gehen wir ins Dorf
zum Essen. Die Eltern der Wirtin passen auf die Gäste auf. Ich habe den Salat nicht mit Salz gewürzt.
Also kommt die Oma an den Tisch und erklärt mir, ich müsse noch Salz an den Salat tun. Aber am Salat
befindet sich auch Thunfisch. In Galizien wird Salat immer mit Thunfisch gereicht, ebenso die
Makkaroni. Wir wussten dies nicht. Brigitte isst keinen Fisch und hat deshalb schon auf Salat verzichtet.
Doch jetzt war an den bestellten Nudeln auch noch Thunfisch. Aber man hat sich entschuldigt und
nochmals Nudeln ohne Thunfisch gebracht.
28. Tag –13.06.: Von La Faba nach Triacastela – 25 km
Es hat die ganze Nacht geregnet, aber gegen Morgen aufgehört. Ab und zu stellt sich noch ein Regenguß
ein. Die Landschaft ist feucht und neblig, jedoch wunderschön. Jetzt kommen wir oftmals durch Dörfer,
die sehr heruntergekommen sind oder die „Zeit stehengeblieben ist“. Wir gehen manchmal durch nicht
enden wollende Kuhfladen in den Dörfern, können gar nicht ausweichen. Brigitte sagt: „Augen zu und
durch“! In einem Dorf verteilt ein altes Mütterchen frisch gebackene Waffeln. Wir geben ihr dafür einen
Euro, für eine kleine Waffel eigentlich gut bezahlt, doch sie verlangt noch mehr...... Wir gehen weiter....
Ein Bauer lädt uns ein, in seinem Haus zu nächtigen, doch es ist noch zu früh, und in dem nicht so
einladend aussehenden Dorf“ wollen wir auch nicht bleiben..... Dafür erhalten wir in der Herberge in
Triacastela großzügig Toilettenpapier, aber nur für die Damentoilette. Als Klaus auch für die
Herrentoilette welches holen will, lehnt der Hospitalero ab. Er habe mir schon sechs Rollen gegeben, für
50 Leute.....Klaus kann dann doch noch drei Rollen ergattern....
Wir essen aber gut in der Stadt. Man hat sich auch hier schon auf früheres Essen für die Pilger eingestellt,
nicht erst ab 21.00 h, wie wir es zu Anfang manchmal erlebt haben. Auf dem gesamten Pilgerweg gab es
einen ständigen Kampf um Toilettenpapier, weil die Pilger immer welches mitnehmen aus Angst, in der
nächsten Herberge keines vorzufinden. Klaus hatte eine ganze Rolle von zu Hause mitgenommen....
Das Makabere in dieser Herberge: Alle Türen bestehen analog wilder Westen aus Schwingtüren, selbst
die Toilettentüren. Wenn also jemand eine Toilette benutzt, muß er aufpassen, daß die Tür nicht von
außen nach innen aufgestoßen wird....
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29. Tag – 14.06.: Von Triacastela nach Barbadelo – 21 km
Zur Mittagsrast stellt sich André wieder ein. Ich hatte gerade gesagt, wir haben ihn verloren. Ein Ire, den
wir schon oft getroffen hatten, und der auch in Triacastela mit uns genächtigt hatte, kommt zurück. Er hat
seine Bauchtasche mit dem ganzen Vermögen in der Herberge vergessen. Nachmittags hat er uns wieder
eingeholt. Die Bauchtasche war noch da. Es regnet hin und wieder. Zur Kaffeepause sind auch der
Kanadier mit französischer Freundin und die amerikanische „Priesterin“ wieder da, ebenso der
französische Amigo mit seinen Frauen.
Wir beeilen uns, da die nächste Herberge als kleine Gemeindeherberge beschrieben ist, und ergattern die
letzten drei Betten. Oberhalb der Herberge befindet sich ein tolles Hotel. Haben wir zu spät gesehen. Hier
hätte man auch für 15 € nächtigen können. Eine Pilgerin erzählte uns dies am nächsten Tag. Wir haben
jedoch hier oben am Spätnachmittag gesessen und die Aussicht genossen. Das Abendessen nehmen wir
auf der Wiese sitzend ein aus unseren Beständen. Klaus und Brigitte gehen zu Bett. Der Abend ist so
schön, daß ich noch einmal zur Kirche gehe. Gerade will der Küster die Kirche abschließen. Er freut sich
aber, daß noch jemand kommt und geht mit mir zurück in die Kirche, um sie mir zu zeigen.
30. Tag – 15.06.: Von Barbadelo nach Castromaior – 28 km
Es ist wieder ein wunderschöner Tag. Frühstücksrast in Rente über Ferreiros und Mittagsrat in
Portomarin, am Stausee von Belesar gelegen. Der Stausee ist fast vergleichbar mit dem Edersee. Auch
hier versank der alte Ort Portomarin 1962 nach Fertigstellung des Staudammes Belesar in den Fluten. Mit
ihm noch weitere kleine Orte, Bauernhäuser, Brücken und ganze Wälder. Portomarin blieb dennoch
erhalten, wenn auch an anderer, höherer Stelle, denn zuvor hatte man in akribischer Kleinarbeit die
wichtigsten Bauten des Ortes abgetragen und wieder aufgebaut. Die romanische Kirche San Juan, die
merkwürdig zusammenhanglos in die Landschaft gestellte Treppe am Ortseingang, auf der man zum Ort
hinaufgeht, und eine weitere kleine Kirche am Ortseingang sowie zwei Stadtpaläste. Bekannt ist hier der
gute Käse, genannt tetilla – Brüstchen – weil er so geformt ist - ist aber Geschmacksache. Im Mittelalter
besaß der Ort drei Klöster. Die Brücke über den Minho hatte große Bedeutung und war extra für die
Pilger gebaut worden.
Nachdem wir lange in Portomarin geweilt haben, gerastet und eingekauft, stellt sich Gewitterstimmung
ein. Wir müssen bis zur nächsten Herberge noch 8 km laufen. Jetzt eilen wir. Doch die Herberge in
Gonzar, die ausgewiesen ist, wird renoviert. Es ist in diesem Nest auch keine weitere Bleibe vorhanden.
Die Bauarbeiter sagen uns, das nächste Hotel sei in 2 km. Wir eilen und erreichen ein Privathaus, das
Zimmer vermietet. Wir klingeln. Nach langem Warten wird geöffnet, und wir können für 12 € pro Person
bleiben. Brigitte erhält sogar ein Einzelzimmer. Aber kaum haben wir die Haustür geschlossen, öffnet
sich der Himmel zu einem Wolkenbruch, der fast zwei Stunden anhält. Glück gehabt.....
Nach dem Duschen und Kleinwäsche, da schlecht zu trocknen, ruhen wir etwas. Als es aufhört zu regnen,
gehen wir in das einzige Restaurant im Ort zum Essen. Wir sind auch die einzigen Gäste. Drei junge
Leute kommen vorbei, kaufen etwas und gehen noch weiter, obwohl es schon 20.00 h ist.
31. Tag – 16.06.: Von Castromaior nach Melide – 30 km
Wir haben alle gut geschlafen. Wunderbar, mal wieder in einem Zimmer und keinem riesigen
Schlafraum. Es ist ein wunderschöner Tag, nicht sehr heiß, und eine wunderschöne Gegend. Nach dem
Ortsausgang verfolgen uns zwei große Hunde Kilometerweit..... Irgendwann sind sie dann
verschwunden.... Mittagsrast in Casanova. Es regnet auch ab und zu etwas. Melide, größere Stadt, hat
eine große Gemeindeherberge, renovierungsbedürftig, aber wir haben es ja bald geschafft. Hier wird
nirgends „Pilgeressen“ (zum ersten Mal), angeboten. Aber wir können doch ganz gut in einem Restaurant
essen.
Brigitte will für den nächsten Tag streiken. Wir müssen laut Herbergsplan entweder 15 oder 30 km
laufen. Brigitte will nur 15 km laufen. Wenn wir am Sonntag mittag in Santiago in der Messe sein wollen,
ist dies aber zu wenig. Wir wollen am Dienstag nach Hause fahren, müssen das Paket auf der Post
abholen, die Busplätze reservieren und wollen uns auch noch Santiago ansehen. Trotzdem.... Brigitte
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streikt, und wir gehen am nächsten Morgen ohne sie los. Sie geht langsam und etwas später....(sie will erst
am Montag in Santiago ankommen).Bereits um 11.00 h ist sie in Arzúa an der Herberge, in der sie
nächtigen wollte. Diese öffnet aber erst um 17.00 h. Kein Haus, kein Laden, kein Restaurant weit und
breit. So geht sie auch weiter, auch 30 km bis Santa Irene, und fragt dort nach uns, wir sind aber noch 5
km weiter gelaufen....s. 32. Tag.....
32. Tag –17.06.: Von Melide nach Pedrouzo-Acra – 35 km
Seit zwei Tagen laufen wir bereits durch Eukalyptuswälder. Man hat auch hier dieses Verbrechen
begangen, Eukalyptus, der sehr viel Wasser verbraucht, anzupflanzen. Es duftet wunderbar, wenn man
hierdurch läuft, doch für die Landschaft ist es ein Frevel, denn wo Eukalyptus steht, wächst nichts anderes
mehr....Die Gegend ist einsam, und ich habe ein schlechtes Gewissen wegen Brigitte, aber sie war nicht
zu überzeugen, mitzukommen. Den ganzen Tage träume ich von einer Badewanne. Nach 30 km kommen
wir nach Santa Irene, wo wir übernachten wollten. Es ist noch früh, und deshalb entschließen wir uns,
noch 5 km weiter zu gehen, denn 22 km für den nächsten Tag bis mittags sind auch noch genug. Wir
übernachten in Predrouzo-Acra, kommen gleich am Ortseingang an einer Pension vorbei und fragen nach
einem Zimmer, haben von den Herbergen endgültig die Nase voll. Man weiß aber nicht, ob noch ein
Zimmer frei ist, wir sollen später wiederkommen. So gehen wir weiter durch den Ort, finden aber außer
der Herberge keine andere Unterkunft, weshalb wir zurückgehen. Wir bekommen jetzt ein Zimmer, mit
Badewanne im Badezimmer. Manchmal werden Träume war....
Nach ausgiebigem Baden und Ruhen gehen wir Essen und treffen Herbert und Brigitte wieder, die auch
von den Herbergen die Nase voll haben. Am Morgen hat diese Brigitte ihren Rucksack aufgenommen und
fand eine tote Maus darunter. Wahrscheinlich hat sie diese mit dem Rucksack am Abend zuvor
erschlagen...... Wir verbringen den Abend mit diesen beiden und verabreden uns für den nächsten
Morgen. Doch um 6.30 h sind die beiden schon weg.... kurz vor Santiago holen wir sie ein.
33. Tag – 18.06.: Von Pedrouzo-Acra nach Santiago – 22 km
Wir gehen immer noch durch Eukalyptuswälder. Kurz vor Santiago kehren wir in ein Hotel ein und
frühstücken. Dann kommen wir nach San Marcos-Monte de Gozo, von wo man Santiago schon
überblicken kann. Zum Papstbesuch 1989 hat man einen riesigen Beherbergungskomplex gebaut und die
Hänge am Monte de Gozo mit hässlichen Betonschachteln und Containerbauten verschandelt. Monte de
Gozo, galicisch Montxoi, Berg der Freude, weil die Pilger von hier aus zum ersten Mal die Türme der
Kathedrale von Santiago sahen. Im Dumont ist beschrieben, „und dann das klassische Nieselregenwetter
in Santiago“, aber wir haben ganz tolles Wetter mit Sonnenschein und wohliger Wärme. Die Herberge
liegt hier am Anfang der Stadt, ein riesiges, eingezäuntes Gelände. Doch wir wollen hier nicht nächtigen,
sondern in der Stadt. Brigitte und Herbert (die Saarbrücker) haben uns erzählt, daß in Santiago an der
Kathedrale Frauen stehen, die privat vermieten und Zimmer anbieten. Um 11.30 h betreten wir die
Kathedrale. Es ist ja Sonntag, und die Kathedrale ist fast bis auf den letzten Stehplatz gefüllt. Viele
unserer Mitpilger sind schon hier. Die meisten haben noch die Rucksäcke dabei, sind also auch gerade
angekommen. Wir ergattern vorn noch Stehplätze und können die Messe so verfolgen. Und wen sehen
wir im Priestergewand wieder? „Unsere“ beiden amerikanischen Priester, die eigentlich schon zu Hause
sein wollten. Wir haben sie nach der Messe getroffen. Sie hatten umgebucht und mussten am nächsten
Tag nach Hause. Um 12.30 h sehe ich wie durch Zwang nach links. Und wer marschiert in die Kathedrale
ein? Brigitte, die erst am Montag ankommen wollte! Ich dachte, ich träume, aber sie war es! Sie hatte
heute noch einmal richtig „Gas“ gegeben –die Freude ist groß, und Klaus und ich sind froh, daß sie da
ist!!!
Ein Jahr zuvor waren Klaus und ich anlässlich einer Kreuzfahrt schon in Santiago zur Messe. Damals
wurde der Weihrauchkessel – ein wirkliches Schauspiel – nicht geschwenkt, doch heute.....Der
Botafumeiro wird von 8 Mönchen durch das ganze Querschiff der Kathedrale geschleudert...
unwahrscheinlich anzusehen......Hierauf erfolgt auch Beifall durch die Pilger.
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Der Hochaltar wurde über Jakobus´ Grab errichtet. Einige Stufen führen hinunter. Im Altar ist eine
Silberbüste des Apostels ausgestellt, die seine Reliquien birgt. Eine Treppe führt hinauf in den Hochaltar,
so daß man die Büste von hinten umarmen und dem Apostel die ausgeführte Pilgerfahrt melden kann.....
Nach der Messe spricht uns eine sehr geschäftstüchtige ältere Dame an und erklärt uns ihr tolles zu
vermietendes Zimmer, nur 12 € pro Person. Wir gehen mit. Es ist ein Zimmer unter dem Dach für drei
Personen, klein die Dusche mit Toilette, und gegenüber ein noch kleinerer Raum für eine weitere
Person......
Aber es geht, wir nehmen das Zimmer und lassen die Pilgerreise gemütlich ausklingen. Wir gehen am
nächsten Tag nochmals in die Kathedrale, gehen ins Pilgerbüro und lassen uns die Urkunde ausstellen,
holen unser Postpaket ab und reservieren die Plätze für die Rückfahrt..... 36 Stunden...., aber dennoch, wir
„gehen“ bis Pamplona fast den ganzen Weg noch einmal in Gedanken ab, denn wir können viele Strecken
vom Bus aus einsehen......
In Bercianos, unserem 19. Tag, hatten wir drei Frauen – Geschwister – aus München getroffen. Sie
sagten, daß sie jeden Tag zwischen 40 und 50 km zürücklegen und jeden Morgen um 5.00 Uhr starten –
also im Dunkeln – verrückt, finde ich...
Als wir durch Santiago schlendern, grüßen uns drei Frauen ganz intensiv. Ich denke, die kenne ich doch
und rufe ihnen nach. Es sind diese drei Münchnerinnen, einen Tag nach uns in Santiago angekommen.
Eine von ihnen war krank geworden – wahrscheinlich eine Fischvergiftung, sagen sie. Da waren 50 km
am Tag auch nicht mehr zu bewältigen.
Im Reisebericht einer Engländerin, die den Camino mit dem Fahrrad befuhr, las ich, daß man in Santiago
in dem Hotel neben der Kathedrale – im Hostal de los Reyes -als Pilger kostenlos essen kann. Sie tat es
und bekam das schlechteste Essen auf der ganzen Pilgerreise in einem Abstellraum serviert...... Ich wollte
dies auch ausprobieren. Klaus und Brigitte hielten mich davon ab, doch ich fragte nach, ob es dies noch
gäbe. Man sagte uns an der Rezeption, daß die ersten 10 Pilger, die morgens ankommen, dieses Essen
erhalten.........Klaus und ich hatten das Jahr zuvor - anlässlich unserer Kreuzfahrt – hier gegessen,
köstlich, aber nicht kostenlos........
NB.:
Ja, man wird gefragt, wie war es, als Ihr nach Santiago kamt? Was habt Ihr gefühlt? Es war ganz normal,
wir waren froh, daß wir angekommen waren. Doch es war eine Erfahrung, die wir nicht missen möchten!
Das abendliche wohl nicht immer pilgergerechte Essen und Trinken in Gasthäusern haben wir dennoch
genossen, auch, um mit der einheimischen Bevölkerung in Kontakt zu kommen, was sehr leicht ist, wenn
man gesprächsbereit ist, auch mit wenig Spanischkenntnissen.
Klaus hatte außer einer Blase an der Ferse keine gesundheitlichen Probleme während der gesamten
Wanderung; zu Brigittes und meinen Schienbeinproblemen sagte uns der deutsche „Wunderheiler“, „Ihr
trinkt zu wenig - fünf Liter am Tag, sonst kommt ihr nie in Santiago an!“ – Haben wir nicht geschafft,
doch uns bemüht, so viel wie möglich zu trinken. Der schwere Rucksack war sicher auch noch
ausschlaggebend dafür......
Der „Pilgerkoller“ stellt sich sicher bei dem einen oder anderen ein – wie auch beschrieben – doch das
sollte man nicht so hoch bewerten........
Um auf das Wetter einzugehen: Wir hatten unwahrscheinliches Glück: Besser Hitze als Regen und Kälte!
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