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SPORT
Ausgabe 4 / 18. Januar 2011
Gesundheit und mehr...
N FRAUEN-BOXEN
Harte Ladies
im Niemandsland
Der Anfang vom Ende: Regina Halmichs letzter Kampf im Jahr
2007 war eine Zäsur im deutschen Frauen-Boxsport. Foto: dpa
D
ie Zukunft des einstigen
Vorzeige-Boxstalls im deutschen Frauen-Faustkampf
sieht düster aus. Bei der Universum Box-Promotion ist Susi Kentikian zwar als Weltmeisterin auf
dem Höhepunkt ihrer Karriere,
die ehemalige WM-Titelträgerin
Ina Menzer ist in Lauerstellung –
aber beide sind nicht mehr im TV
zu sehen. „Das ist ein großer Verlust“, bedauert die frühere Weltmeisterin Regina Halmich das
Ende des Vertrags zwischen dem
ZDF und ihrem einstigen Arbeitgeber. „Allein finanzielle Erwägungen haben zu diesem Schluss
geführt“, sagte ZDF-Sportchef
Dieter Gruschwitz.
Deutsche Weltmeisterinnen sind
auch Christina Hammer und
Ramona Kühne aus dem Magdeburger Stall von Ulf Steinforth.
Sie sind bei Sat.1 oder Sport1
zu sehen. Kentikian und Menzer
sind nach Halmichs Karriereende
weiter bei Universum unter Vertrag. Doch ohne Fernseh-Präsenz
wird es für die beiden Boxerinnen schwieriger, die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und
Sponsoren auf sich zu ziehen. 8,8
Millionen Zuschauer sahen am
28. Juli 2007 Halmich im ZDF. In
Rheinstetten bei Karlsruhe schlug
sie in ihrem letzten Profikampf
Hagar Shmoulefeld Finer aus
Israel. Damit setzte sie nicht nur
das letzte große Ausrufezeichen
ihrer Karriere, sondern auch des
deutschen Frauenboxens generell. Denn was kommt nach Halmich? Menzer schaffte es am 9.
Januar 2010 noch einmal, mehr
als vier Millionen Zuschauer vor
die Geräte zu locken. Danach war
Schluss.
Weltmeisterin Ina Menzer sieht auf dem Zweiten nichts mehr: Das ZDF hat den Vertrag für die LiveÜbertragungen von Frauen-Boxkämpfen des Universum-Stalls 2010 nicht verlängert.
Foto: dpa
Der TV-Vertrag zwischen Universum und ZDF endete am 31. Juli
2010 – das vorläufige Aus von
großen Übertragungen mit dem
Hamburger Boxstall, der sich als
Vorreiter des deutschen Frauenboxens bezeichnet. „Das ZDF hat
mit uns zusammen das Frauenboxen sehr gefördert“ – ein wenig
Wehmut klingt mit, wenn Universum-Sprecher Georg Nolte an
die Vergangenheit denkt. Besorgt
spricht Regina Halmich über die
Situation bei ihrem ehemaligen
Arbeitgeber: „Es sieht im Moment
bei Universum nicht gut aus.“
Persönliche Lösungen sieht Halmich als vorübergehende Alternativen für die Boxerinnen. Beispielsweise für Kentikian: „Susi
wird auch einen Sender finden,
da bin ich mir ganz sicher.“ Doch
die Verhandlungslage ist offen.
Nolte: „Es finden im Moment viele
Gespräche statt, wir denken in
viele Richtungen.“ Es kursieren
Gerüchte von einer Einzelkampfvermarktung via Internet. Regina
Halmich: „Das ist alles noch Zukunftsmusik.“ Wie geht es weiter?
Deutschlands zweiter großer
Boxstall, Sauerland Event, setzt
mit Ausnahme der Norwegerin
Cecilia Braekhus nicht auf Boxerinnen. Lediglich Promoter Steinforth ist rundum zufrieden. „Alles
läuft super für unsere Mädels.“
Für die Universum-Boxerinnen
dagegen ist Einzelvermarktung
das Zauberwort. Halmich glaubt
trotz allem an bessere Zeiten für
Deutschlands Boxerinnen: „Es
braucht jetzt einfach ein paar Jahre. Man braucht gute Manager.“
Motivierend für aufstrebende
Talente, dem Sport dennoch treu
zu bleiben und die Wende einzuleiten, könnte Olympia sein.
2009 beschloss das IOC, Frauenboxen schon bei den Spielen
2012 in London zuzulassen.
Halmich: „Das ist gerade bei den
Amateurboxern eine gute Motivation.“ Nolte hofft gleichfalls auf
den Positiv-Effekt: „Es ermöglicht
eine weiter voranschreitende
Professionalisierung des Sports.“
Doch bis dahin bleibt die Frage:
Wo wird man vor London deutsche Frauen im Fernsehen boxen
sehen?
Niklas Wieczorek