PDF barrierefrei, 4,2 MB - Bundesministerium für Umwelt

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PDF barrierefrei, 4,2 MB - Bundesministerium für Umwelt
Gebaute Nachhaltigkeit
Der Berliner Dienstsitz des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Inhalt
Impressum
Herausgeber
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB)
Referat Öffentlichkeitsarbeit • 11055 Berlin
E-Mail: [email protected] • Internet: www.bmub.bund.de
Text
Journalistenbüro Ecoscript, Falk Jaeger
Redaktion
Kerstin Brümmer, Frank Cremer, Horst Grothues, Jürgen Schulz, Reinhold Weigand (BMUB)
Fachliche Prüfung
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Gestaltung
KONZEPTREICH Medienstrategien GmbH, München
Grafik: Viktoria Brückl, Saskia Renner
Druck
Körner Premium GmbH, Sindelfingen
Stand
November 2014
2. aktualisierte Auflage
10.000 Exemplare
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Hinweis
Diese Publikation ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit.
Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Gedruckt auf Recyclingpapier.
Vorwort
5
Das Projekt
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Neuer Dienstsitz am historischen Ort
Zahlen, Daten, Fakten
Umwelt und Energie
10
Ein nachhaltiges Musterhaus
Bau eines Passivhauses – die große Herausforderung • Monitoring: von der Theorie zur Praxis •
Nachhaltiges Energiemanagement: Wärme, Licht und Luft • Teil des Konzepts: kluges Nutzerverhalten •
Ökobilanzen: die richtigen Baumaterialien einsetzen • Schwarze Klebermasse und Altölfunde •
Behaglichkeit durch Wände aus Lehm
Bundes-Energiebeauftragter Uwe Römmling im Interview: „Wir konnten das Haus doch nicht drehen“
Geschichte
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Das alte Regierungsviertel
Der Reichstag – prächtig und kolossal • Vom Führerbalkon zur neuen Reichskanzlei: Der NS-Staat bezieht Quartier •
Schutt und Asche – große Verluste im Krieg • DDR-Regierung nutzt Restbestände • Die Bundesregierung im
alten Regierungsviertel
Bewegtes Schicksal eines Hauses
Der Kaiser rügt den Architekten • Ein offenes Haus • Erste Umbauten und Kriegszerstörung •
Im Niemandsland der geteilten Stadt
Architektur
32
Spannungsreiches Spiel von Alt und Neu
Historische Schichten des Bauplatzes • Kunstvagabunden im Niemandsland • Wettbewerb der Architekten •
Der siegreiche Entwurf • Das Besucherzentrum • Zwei überdachte Höfe schaffen neuen Raum •
Denkmalpflege: Interpretation und Original • Die historische Halle
Architekt Jürgen Pleuser im Interview: „Das Bauwerk ist unverwechselbar“
Kunst am Bau
Vorhang auf für Farbe und Form
43
Liebe Leserinnen und Leser,
im Jahr 2011 ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) in seinen
neuen Berliner Dienstsitz in
die Stresemannstraße gezogen, direkt an den Potsdamer
Platz. Dieses Gebäude ist in
mehrerlei Hinsicht bemerkenswert: Als erste Bundesbehörde überhaupt arbeiten wir
in einem Niedrigenergie- und
Passivhaus – und das mitten in
der Innenstadt von Berlin.
Die besondere Herausforderung bestand darin, den Altbau, der
einst dem preußischen Landwirtschaftsministerium diente,
mit einem Neubau zu erweitern, dabei ökologisch vorbildliche
Konzepte in einem historischen Kontext zu verwirklichen und
gleichzeitig höchsten Ansprüchen an Gestaltung, Funktionalität
und Wirtschaftlichkeit gerecht zu werden. Entstanden ist ein
Modellprojekt für modernes, das heißt ökologisch nachhaltiges
und innovatives Bauen.
Was zunächst vor allem unter Aspekten des Umwelt- und
Klimaschutzes fortschrittlich war, hat heute eine doppelte
12
Bedeutung: Seit Ende 2013 ist das BMUB neben dem Umweltauch für den Baubereich zuständig. Der Berliner Dienstsitz des
Ministeriums jedoch war bereits vor Jahren ein Pilotprojekt für
die intelligente Verknüpfung von Umwelt- und Baupolitik – und
steht damit beispielhaft für die aktuellen Aufgaben des Hauses.
Das Gebäude hat noch in einer weiteren Hinsicht Symbolcharakter für die Arbeit des Ministeriums: Der Altbau, sorgfältig
restauriert und generalsaniert, integriert jüngere deutsche
Geschichte auf architektonische Weise. Er präsentiert Teile der
Berliner Mauer, und er verbindet Alt und Neu im zweifachen
Sinn nachhaltig: umweltbewusst bei gleichzeitiger Bewahrung
der alten Bausubstanz.
Mein Dank gilt allen, die dieses Projekt planerisch, aber auch
handwerklich umgesetzt haben. Diese Broschüre führt Sie durch
den Alt- und Neubau in der Stresemannstraße – einem Haus mit
einer besonderen Geschichte im Herzen Berlins.
Dr. Barbara Hendricks
Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit
Vorwort
5
Das Projekt
Neuer Dienstsitz
am historischen Ort
Der schillernde Stadtraum um den Potsdamer und den Leipziger
Platz, der sich zum Zentrum der neuen alten Hauptstadt Berlin
entwickelt hat, ist um eine Attraktion reicher. Im Juni 2011 hat
das damalige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit (BMU), heute Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), seinen neuen
Berliner Dienstsitz in der Stresemannstraße bezogen. An diesem
prominenten Ort, der mehr als 100 Jahre turbulenter deutscher
Geschichte spiegelt, ist ein einzigartiges Ensemble entstanden:
ein Ministerialgebäude aus dem Altbau-Denkmal des ehemaligen preußischen Landwirtschaftsministeriums und aus einem
ökologisch ambitionierten, modernen Neubau. Teile der Berliner
Mauer gehören zum architektonischen Konzept und bleiben
als Zeugnis unserer jüngeren Geschichte dauerhaft erhalten –
zugleich Mahnmal und Symbol des friedlichen Neuanfangs.
1999 eines der wenigen Ressorts, das noch keine eigene
Liegenschaft besaß.
Mit dem neuen Gebäude in der Stresemannstraße wurde hier
Abhilfe geschaffen. Aufgrund des neuen Ministeriumszuschnitts
seit Ende 2013 und der gewachsenen Zahl an Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern werden weitere Bauten in der Köthener Straße
und in der Krausenstraße genutzt. Die zentrale Lage nahe dem
Potsdamer Platz schafft bei den Berliner Dienstgebäuden kurze
Wege zu Parlament, Bundesrat, anderen Ministerien und vielen
Landesvertretungen.
Mit dem Umzug in die Stresemannstraße bezog das Bundesumweltministerium in Berlin erstmals ein eigenes Haus.
Das Ministerium hat seit seiner Gründung 1986 eine lange
Geschichte der Übergangslösungen hinter sich. In Bonn waren
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeitweise auf ein ganzes
Dutzend verschiedener Gebäude verteilt, bevor sie im Jahr 2002
in das ehemalige Postministerium am Robert-Schuman-Platz
einzogen. Und in Berlin blieb das Umweltministerium nach dem
Umzug von Parlament und Teilen der Bundesregierung im Jahr
Ein Jahrhundert zuvor: der Potsdamer Platz 1919 von
Norden aus gesehen. Hinter dem Leipziger Platz
(links im Bild) verläuft die heutige Stresemannstraße,
früher Königgrätzer Straße (siehe Karte Seite 24)
12
Kombiniert Geschichte mit ambitioniertem ökologischen Anspruch:
das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Das Projekt
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Zahlen, Daten, Fakten
Die Ausgangssituation: Altbau mit Mauerrest
in der Stresemannstraße (2005)
Bauprojekt: Stresemannstraße 128-130
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (heute Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit),
vertreten durch Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
Wechsel des Hausherrn
Das neue Dienstgebäude in der Stresemannstraße war ursprünglich für das Bundesministerium für Gesundheit geplant. Nach
Umstrukturierungen innerhalb der Bundesregierung und einer
Zusammenlegung des Gesundheitsministeriums mit Teilen des
Arbeits- und Sozialministeriums im Herbst 2002 erwies sich aber
das in einem Mietgebäude am Alexanderplatz unzureichend
untergebrachte Bundesumweltministerium (BMUB) als idealer
Nutzer. Die Entscheidung, den Hausherrn an der Stresemannstraße zu wechseln, fiel gerade noch rechtzeitig, mitten in den
Jurysitzungen des Architektenwettbewerbs. So konnte für das
BMUB ein reizvolles Projekt in Angriff genommen werden. Der
Altbau wurde ökologisch generalsaniert. Und der sechsgeschossige Neubau im Herzen Berlins wurde als erstes Dienstgebäude
überhaupt nach Passivhaus-Standard errichtet.
Die sechsjährige Bauphase war, passend zur Geschichte des
Standorts, ziemlich aufregend. Im Mai 2005 fiel der Startschuss,
nachdem die Architekten Jürgen Pleuser, Enno Maass und Almut
Geier im September 2002 den Wettbewerb gewonnen hatten.
Ihr Entwurf versprach eine optimale Synthese zwischen Alt
und Neu, zwischen denkmalgeschützter Bausubstanz und einer
eindrucksvollen zeitgenössischen Architektur. Als ein im Wortsinne großes Hindernis erwies sich bald ein gewaltiger Bunker
aus Kriegstagen, dessen meterdicker Eisenbeton – den Altbau
schonend – abgetragen werden musste.
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Das Projekt
Architekten: Jürgen Pleuser, Enno Maass, Almut Geier
Grundstücksgröße: 5.389 Quadratmeter
Geschossfläche: 16.630 Quadratmeter
Hauptnutzfläche: 8.483 Quadratmeter
Arbeitsplätze: 305
Der Blick auf die Mauerreste
Ein anderes steinernes Zeugnis der Geschichte waren Reste
der Hinterlandmauer. Das Gebäude stand bis zur Wende,
als einsamer Zeuge der Vorkriegsbebauung, mitten auf dem
Grenzstreifen. Die Mauerreste wurden während der Bauarbeiten
sorgfältig abgetragen, zwischengelagert und dann am Originalstandort nahezu vollzählig in den Neubau integriert. Damit bleiben die nach der Wende bunt bemalten Betonsegmente für die
Öffentlichkeit sichtbar und zugänglich: Sie sind Teil der Informations- und Ausstellungsräume des Ministeriums – und durch
die große Glasfassade auch von Weitem leicht zu erkennen.
Auch der Altbau wurde architektonisch aufgewertet. Das im
Krieg verlorene Steildach ist wieder aufgesetzt, die eindrucksvollen Schmuckelemente im Inneren wurden sorgsam restauriert. So ist der neue Dienstsitz ein Vorbild für umweltfreundliches Bauen, zugleich aber auch ein Geschichte atmender
Gesamtorganismus und ein städtebaulich attraktiver
Bestandteil der neuen Mitte.
Wettbewerb: September 2002
Baubeginn: Mai 2005
Bezug: Juni 2011
Fertigstellung: Herbst 2011
Baukosten: 67,4 Millionen Euro
Konzeption Umwelttechnik und Nachhaltigkeit: Dr. Uwe Römmling
Tragwerksplaner: Wetzel & von Seht, Hamburg/Berlin
Projektsteuerung: Arcadis, Darmstadt
Gebäudetechnik: Hyder Consulting, Berlin; GT-Plan, Berlin
Beleuchtungsplanung: Licht Kunst Licht, Bonn/Berlin
Bauphysik, Brandschutz: Müller-BBM, Berlin
Raumakustik: Hans-Peter Tennhardt, Berlin
Baugrundgutachten: GuD Consult, Berlin
Gebäudevermessung: Rek, Schwenk, Partner, Berlin
Blower-Door-Messungen: Dr. Manfred Flohrer, Berlin
Passivhaus-Zertifikat: ZEBAU – Zentrum für Energie, Bauen,
Architektur und Umwelt, Hamburg
Prüfstatiker: Zoega, Berlin
Ökologische Bauberatung: Gesellschaft für ökologische Bautechnik, Berlin
Die städtebauliche Lage: Modell mit der Stresemannstraße im Vordergrund
Pflichtenheft: Berliner Energieagentur
Auszeichnungen: Europäischer Architekturpreis Energie + Architektur, Auszeichnung (2012); BDA-Preis Berlin, Publikumspreis (2012)
Das Projekt
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Blick auf die Ostfassade: Die dreifach verglasten Fenster sind aus Eiche,
ganz historisches Vorbild und zugleich der Nachhaltigkeit verpflichtet
Das Pflichtenheft
Das 40 Seiten starke Pflichtenheft hat vor allem die Ökobilanz des
Gebäudes, aber auch die Kosten und das Wohlbefinden der Nutzerinnen und Nutzer im Blick. Die Empfehlungen beziehen sich auf
effizienten Energieeinsatz, aber auch auf das verwendete Material:
„Nachwachsende Rohstoffe sind grundsätzlich zu bevorzugen.“ Oder
sie geben konstruktive Hinweise: „Beim Entwurf der Geschosshöhen
ist zu berücksichtigen, dass keine Vorfestlegung auf Kunstharzbeschichtungen und -dichtungen in Tiefgaragen, Untergeschossen und
Sanitärbereichen erfolgt.“
Umwelt und Energie
Ein nachhaltiges Musterhaus
Die Ansprüche beim Bau des neuen Dienstgebäudes des Bundesumweltministeriums (BMUB) in der Stresemannstraße
waren von Anfang an sehr ambitioniert. Der neue Dienstsitz
sollte hinsichtlich Energiemanagement und Ressourcenverbrauch, aber auch beim Einsatz umweltfreundlicher Baumaterialien, bei Emissionen, Beleuchtung, Wasser und Abwasser
vorbildlich sein. Gleichzeitig galt es, den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern des Ministeriums gesunde und behagliche Büroräume bereitzustellen. Wichtige Planungsgrundlage war dabei
der „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ der Bundesregierung, mit
dem der ganzheitliche Planungsansatz beispielgebend umgesetzt werden sollte.
Oberste Wächter beim energiesparenden Bauen waren der
langjährige Energiebeauftragte der Bundesregierung, Uwe
Römmling, und sein Nachfolger Olaf Böttcher. Römmling hatte
nach dem Hauptstadt-Umzug gen Berlin für alle Bundesbauten
Manche Empfehlungen lassen sich leicht realisieren oder sind schon
architektonischer Standard: „Die Grundrisse sind so anzuordnen,
dass zentrale Versorgungs- und Abwasserleitungen mit kurzen Leitungen möglich werden.“ Andere sind nicht einfach zu verwirklichen:
„Bei der Vergabe von Bauleistungen sollte der Leistungsvergleich
Vorrang vor dem Kostenvergleich haben.“ Die ökologische Zielsetzung muss aber immer bautechnisch und ökonomisch abgewogen
werden. Wünschenswert wäre zum Beispiel die Verwendung von
Dämmmaterial aus nachwachsenden Rohstoffen. Wegen der besseren Haltbarkeit, des Brandschutzes und weitaus geringerer Kosten
wurde jedoch die altbekannte Steinwolle favorisiert.
einheitliche Anforderungen gestellt. An seinen Eckwerten für
Energieverbrauch, Heizungs- und Kühlanlagen müssen sich
Architekten und Planer orientieren.
Für das Bundesumweltministerium hat man diese Messlatte
nun allerdings sehr viel höher gelegt. Eigens wurde ein noch
strengeres Pflichtenheft ausgearbeitet mit Direktiven und
Empfehlungen, die deutlich über die normalen Standards für
Regierungsbauten hinausgehen. Dieses Pflichtenheft, das von
den energetischen Anforderungen über die Bauökologie bis zur
Raumakustik und Arbeitsplatzqualität gezielte Vorgaben macht,
wurde zum ständigen Begleiter für Planer, Architekten und
Handwerker (siehe Infokasten).
Umwelt und Energie 11
Bau eines Passivhauses –
die große Herausforderung
Besonders ehrgeizig war das Ziel, für den Neubauteil des Gebäudes den Passivhaus-Standard zu erreichen. Er begrenzt
den Heizwärmebedarf auf 15 Kilowattstunden, das entspricht
etwa eineinhalb Litern Heizöl pro Quadratmeter und Jahr. Zum
Vergleich: Bei Altbauten liegt dieser Wert häufig bei mehr als
150 Kilowattstunden – das ist die zehnfache Menge. Der gesamte
jährliche Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung und alle Stromanwendungen zusammen darf bei
einem Passivhaus nicht mehr als jährlich 120 Kilowattstunden
pro Quadratmeter betragen. Hier sollten es sogar nur 100 Kilowattstunden sein. An die Luftdichtheit des Gebäudes werden
höchste Anforderungen gestellt.
Das Ziel, den Passivhaus-Standard zu erreichen, erwies sich als
eine sehr ehrgeizige Herausforderung. Das große Problem dabei:
Die bei Passivhäusern normalerweise erhoffte Wärmezufuhr
durch die Sonne lässt sich in einer engen, verschatteten Innenstadt wie Berlin nicht realisieren. Umso mehr musste auf andere
Faktoren geachtet werden: vor allem auf eine hohe Wärmedämmung, aber auch auf Luftdichtheit und auf die bedarfsgerechte
Lüftung mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung. Auch um
den Strombedarf – zum Beispiel für Beleuchtung, Lüftung und
Bürotechnik – zu minimieren, wurden große Anstrengungen
unternommen.
Monitoring: von der Theorie zur Praxis
Zur Überprüfung der angestrebten Gebäudeeigenschaften werden Häuser in Passivhaus-Bauweise von Experten zertifiziert.
Auch beim neuen Dienstsitz des Bundesumweltministeriums
wurde ein aufwendiges Evaluationsverfahren angestrengt. Lohn
der Mühen war das Zertifikat „qualitätsgeprüftes Passivhaus“,
das die Hamburger ZEBAU (Zentrum für Energie, Bauen, Architektur und Umwelt GmbH) Ende 2010 dem Neubau verliehen
hat. Geprüft wurden dabei Planung und Bauweise sowie die
zunächst noch theoretischen Leistungsdaten des Energiebedarfs
und der Luftqualität, die sich im Betrieb des Gebäudes erst noch
erweisen müssen.
Ob die Werte tatsächlich erreicht werden, wird das Monitoring
in den ersten Betriebsjahren zeigen. Dazu ist ein umfangreiches
Messsystem eingebaut worden, das auf Steuerungsparameter
der haustechnischen Anlagen zurückgreift, aber auch mit eigenen Sensoren arbeitet. Gemessen werden an rund 350 Punkten
Temperatur, Feuchtigkeit, Volumenströme und Stromverbrauchswerte. Auch Stromkreise, Heiz- und Kühlkreisläufe,
Schaltbefehle und Regelungszustände stehen unter permanenter Beobachtung.
Die Messergebnisse werden in einem Monitoring-Programm
analysiert, um die Systeme gegebenenfalls nachzusteuern. Eine
Auswertung des Verbrauchs für das Monitoring ist erst seit dem
Jahr 2013 möglich. Die Auswertung läuft bis 2015, dann wird das
Projekt zunächst einmal abgeschlossen sein.
Deckenheizung für die Büros: Sie tragen im Passivhaus
zu Energieeinsparung und angenehmem Raumklima bei
12 Umwelt und Energie
Umwelt und Energie 13
Nachhaltiges Energiemanagement:
Wärme, Licht und Luft
Bei der Energie- und Wärmeversorgung des neuen Bundesumweltministeriums wurden innovative Wege eingeschlagen und
eine ganze Palette moderner Umwelttechnologien angewandt.
Brennstoffzelle und Photovoltaik, Fernwärme und -kälte aus
Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung, aber auch eine AbwasserwärmeRückgewinnung sind Bestandteile des ausgeklügelten Konzepts. Für den Bezug der Wärme- und Kälteenergie bot sich die
benachbarte Energiezentrale für den Potsdamer Platz an. Deren
Kapazität zu nutzen erwies sich als vernünftiger und nachhaltiger, als eine eigene Energiezentrale auf der Basis eines Blockheizkraftwerkes zu bauen.
Im Pflichtenheft waren, neben dem angestrebten PassivhausStandard, unter anderem folgende Ziele festgelegt worden:
sparsamer, effizienter Energieeinsatz bei einem gleichzeitig
gesunden und behaglichen Raumklima
angenehme Beleuchtung bei weitgehender Nutzung
von Tageslicht
Verzicht auf Warmwasser in Büroräumen und
WC-Bereichen
im Regelfall auch Verzicht auf maschinelle Kühlung
Begrenzung des Stromverbrauchs auf unter 25 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr
Verminderung des Heizenergiebedarfs im Altbau um
mindestens 60 Prozent.
Gerade der reduzierte Wärmebedarf für den Altbau erwies sich
bei der Sanierung als hochgestecktes Ziel. Erreicht wurde dies
hier durch ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Zunächst ist der
Einbau einer kompakten Wärmedämmung an zuvor ungedämmten Außenwänden zu nennen. Die Hauptfassade an der
Stresemannstraße bereitete dabei einiges Kopfzerbrechen, weil
man sich dem historischen Aussehen so weit wie möglich annähern wollte. Das aber war schwierig bei einer sechs Zentimeter
dicken Dämmschicht aus Mineralwolle, die unter dem äußeren
Putz liegt.
Die rückwärtigen Fassaden, die noch weitgehend im Originalzustand waren, durften aus Gründen des Denkmalschutzes
keine zusätzliche Wärmeschutzauflage bekommen. Hier wurde
eine Innendämmung eingebaut – mit speziellen Dämmplatten
aus Kalziumsilikat. Sie verhindern das bei einer Innendämmung
häufig auftretende Problem der Tauwasserbildung. Schließlich
wurde auch die Dachfläche aufwendig gedämmt: Sie erhielt
eine 20 Zentimeter starke Dämmschicht aus Mineralwolle
oder – im Bereich des Gründachs – mindestens 30 Zentimeter
Styropor.
Neben der Wärmedämmung minimiert eine DreischeibenIsolierverglasung mit hochwertiger Edelgasfüllung den
Wärmeverlust der Eichenholzfenster. An ihrer Konstruktion
war von Spezialisten lange getüftelt und experimentiert worden,
denn es gab bis dato kein geeignetes Produkt auf dem Markt.
Um die Lebensdauer und die Haltbarkeit zu erhöhen,
bestehen die jetzt eingebauten Fensterprofile aus Vollholz –
was keinesfalls marktüblich ist.
Solarstrom selbst gemacht: Eine eigene Photovoltaik-Anlage liefert klimafreundlichen Strom
14 Umwelt und Energie
Umwelt und Energie 15
Photovoltaik und Brennstoffzelle
Auch bei der Energieerzeugung kommen moderne und nachhaltige Energietechniken zum Einsatz. Teilweise sind sie bewusst
zu Demonstrationszwecken eingebaut worden. Auf dem Dach
des Bundesumwelt- und -bauministeriums (BMUB) findet sich
eine Photovoltaik-Anlage, obwohl dafür auf zwei Streifen
beiderseits des Glasdachs wenig Platz blieb. Eine kleine Brennstoffzelle mit einem Kilowatt elektrischer Leistung (Strom) und
2,2 Kilowatt thermischer Leistung (Wärme), die einen stetigen
Verbraucher benötigt, versorgt die Kantinenküche.
Und auch bei der Mobilität setzt das Bundesumwelt- und -bauministerium auf Nachhaltigkeit: Neben Elektrofahrzeugen samt
eigener Stromzapfsäule – ausschließlich durch Ökostrom gespeist – stehen für den schnellen Dienstweg in der Stadt auch
Fahrräder zur Verfügung.
Reizvolle Haube: Die Überdachung des Nordhofs spart Energie und schafft neuen Raum
Schritt in die Unterwelt: Wärme aus Abwasser
Grüner Pelz
Biologie in der Stadt: Das neue Dienstgebäude des Bundesumweltministeriums bekam eine grüne Haube aufgesetzt. Die
Flachdächer des Neubaus haben auf 1.360 Quadratmetern eine
extensive Begrünung erhalten – ein kleiner, aber ökologisch
funktionsreicher Lebensraum für Schmetterlinge, kleine Insekten
und für die gute alte Fetthenne. Sedum ist ihr lateinischer Name,
sie gehört zu den Dickblattgewächsen, ist sehr robust und gerade
für dünnschichtige Grünaufbauten als Dachpflanze ideal geeignet.
Intensive Sonneneinstrahlung und Trockenheit kann sie gut vertragen. Gründächer bilden kleine botanische Oasen, sie schlucken
aber auch Schall, binden Feinstaub, filtern die Luft und sind ein
zusätzlicher Dämmschutz. Nebenbei speichern sie auch noch
Regenwasser – und sie tun auch der Großstadtseele gut.
Robuste Pflanzen: Auf dem Dach des Neubaus wachsen Dickblattgewächse
16 Umwelt und Energie
Immerhin 44 Kilowatt steuert eine innovative Wärmetauscheranlage bei, die ihre Fühler in den Abwasserkanal der Stresemannstraße streckt (siehe Foto Seite 21). Dem dort abgeführten
Schmutzwasser wird Wärme entzogen, die sonst verloren ginge.
Dieses Verfahren ist technisch anspruchsvoll. Man benötigt
Wärmetauschkörper, die dem chemisch aggressiven Milieu
standhalten und so konstruiert sind, dass sie die Abflussströmung nicht behindern. Naturgemäß können nur wenige
Häuser einer Straße diese Energiequelle anzapfen.
Überdachte Höfe sparen Energie
Ein bedeutender Beitrag zur Energieeinsparung gelang mit
der Verkleinerung der Außenhülle des Gebäudes, indem der
Innenhof in ein gedecktes Atrium verwandelt wurde. Nur bei
Bedarf, also bei Veranstaltungen, kann das Atrium durch eine
Fußbodenheizung erwärmt werden, im normalen Alltag bildet
es einen wirksamen Klimapuffer. Frischluft erhält es über einen
Ringschacht mit entsprechendem Luftkanal von der Tiefgaragenrampe, die Abluft wird über das Dach abgeführt.
Auch der zwischen Alt- und Neubau entstandene Nordhof wurde überdacht. Da er von offenen Gängen begleitet wird, die auch
in der kalten Jahreszeit mindestens 15 Grad Lufttemperatur haben sollten, mussten sich Planer und Architekten etwas einfallen
lassen. Sie nutzen den Nordhof jetzt zur Entlüftung des Hauses.
In die mit Heiz-/Kühldecken ausgestatteten Büros des Neubaus
wird Frischluft mit Überdruck eingebracht. Sie entweicht über
die Flure in den Hof und wird an dessen Dach abgezogen. Effektive Wärmetauscher entziehen der Abluft die Energie.
Weiterlesen auf Seite 21
Umwelt und Energie 17
„Wir konnten das Haus doch nicht drehen“
Der langjährige Energiebeauftragte der Bundesregierung, Uwe Römmling,
über das ehrgeizige Umweltkonzept des neuen BMUB-Gebäudes
Ein Dienstsitz des Bundesumweltministers
sollte in Sachen Energie, Rohstoffe und
Baumaterialien ein in Stein gegossenes
Vorbild sein. Ist Ihnen das in der Stresemannstraße gelungen?
Römmling: Davon bin ich fest überzeugt.
Wir wollten ein modellhaftes Haus errichten, und wenn man sich das Ergebnis
jetzt ansieht und ökologisch-ganzheitlich
betrachtet, dann ist das ein wirklich beispielhaftes Gebäude – sowohl der Neubau
als auch der Altbau.
Energie-Passivhauses. Solch ein Passivhaus in innerstädtischer Lage zu bauen
ist wirklich kompliziert. Wir befanden uns
mitten in der Planung, als vor unserer Nase
weitere Gebäude hochwuchsen und uns klar
wurde, dass die Sonne das Haus nicht so
bescheinen wird, wie wir es wünschten. Wir
bekamen Verschattungsprobleme. Auch die
Ausrichtung des Gebäudes war alles andere
als optimal. Statt der gewünschten Südlage
hatten wir eine Nordlage, und wir konnten
das Haus ja nicht drehen.
Welches waren die größten Probleme, die
Sie bewältigen mussten?
Der Neubau erreicht den Standard eines
Und beim Altbau?
Das war auch nicht einfach. Der Denkmalschutz hat strenge Auflagen gemacht, etwa
Der ökologische Wächter: Uwe Römmling
was die Fassade angeht. Auch im Inneren
stießen wir auf einige Überraschungen: So
mussten wir einen alten Bunker beseitigen,
dessen Eisenbeton wir mühsam von Hand
abgeräumt haben.
Als erfahrener Energiefachmann betonen
Sie immer wieder, dass die Motivation
des Bauherrn, des Architekten und aller
anderen Beteiligten entscheidend ist für
den Erfolg.
Sie brauchen den festen Willen des Bauherrn. Der darf auch dann nicht in die Knie
gehen, wenn die Kosten steigen oder die
Termine nicht zu halten sind. Dann werden
nämlich in der Regel bei der Ökologie
Überraschung im Untergrund: Bei der Ausschachtung des Neubaus mussten die Bautrupps verseuchten Boden mit Altöl-Rückständen abtragen (siehe Seite 23)
18 Umwelt und Energie
Verschattungsprobleme: Die Energiezufuhr der Sonne
wird von hohen Nachbargebäuden beeinträchtigt
Umwelt und Energie 19
Fortsetzung von Seite 17
Wie durchlässig ist die Gebäudehülle: Fachleute messen
Luftaustausch und -dichtheit mit dem Blower-Door-Test
Abstriche gemacht. Diesmal blieb der
Bauherr standfest. Die Zielrichtung war
von Anfang an klar und sehr ambitioniert.
Der Bauherr hat nicht nur gesagt, welches
energetische Niveau er erreichen will, er
hat auch Nachweisverfahren benannt.
Dazu wird ein aufwendiges MonitoringSystem installiert, das in den ersten
Betriebsjahren Stromverbrauch, Temperaturen und andere Parameter messen wird.
Warum dieser Aufwand?
Wir haben bei anderen Gebäuden die
Erfahrung gemacht, dass in der Praxis
nicht immer alles so gut funktioniert wie
geplant. Technische Anlagen laufen nicht
optimal, Bewohner und Nutzer verhalten
sich anders als gedacht. Und man muss das
Gebäude noch besser kennenlernen. Dazu
dient das Monitoring. Ein ehrgeiziges Energieniveau auf dem Papier festschreiben, ist
das eine. Dies in der Praxis auch umzusetzen, das ist die Herausforderung.
Konnten Sie sich beim Projekt Stresemannstraße auf Erfahrungen anderer
Ökohäuser stützen, etwa auf den Neubau
des Umweltbundesamts?
Sicher, davon haben wir profitiert. Aber wir
sind in der Stresemannstraße viel weiter
2.
3.
20 Umwelt und Energie
gegangen. Den Passivhaus-Standard
haben wir bisher bei keinem Bundesbau
erreicht. Das Umweltbundesamt ist ein
Niedrigenergiehaus mit 30 Kilowattstunden für die Heizung, es verbraucht
je Quadratmeter und Jahr etwa drei Liter
Heizöl. Das Umweltministerium erreicht
15 Kilowattstunden. Auch beim Stromverbrauch ist die Stresemannstraße
deutlich niedriger.
Wie sieht die Kostenseite aus? Wird
sich das Umweltkonzept des Hauses
amortisieren?
Eindeutig: ja. Denken Sie nur an die
steigenden Energiepreise. Natürlich
müssen wir auch bei einem solchen
Vorzeigegebäude die Wirtschaftlichkeit
gegenüber Bundesrechnungshof und
Finanzministerium nachweisen. Das Problem dabei ist, dass viele positive Effekte
des Gebäudes nicht so leicht in Euro und
Cent umzurechnen sind. Klima- und Gesundheitsschutz, Ressourcenschonung,
Schadstoffvermeidung – auf all diesen
Feldern haben wir Gutes geleistet.
Teil des Konzepts:
kluges Nutzerverhalten
Der Altbau wird mit normalen Heizkörpern konventionell beheizt
und ohne weiteren Geräteaufwand über die Fenster natürlich be- und
entlüftet. Ausnahmen bilden nur die klimatisierten Räume der Ministerin und der große Sitzungssaal im Dachgeschoss, der einen höheren
Luftwechsel benötigt. Um den Wärmeverlust durch geöffnete Fenster in
Grenzen zu halten, ist auch das umweltbewusste Nutzerverhalten der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums gefragt. Eine individuelle Lüftung ist aber unumgänglich, denn der natürliche Luftwechsel durch Undichtigkeiten tauscht nur rund ein Zehntel der Luft pro
Stunde aus, notwendig ist jedoch mindestens der dreifache Wert. Eine
kontrollierte automatische Lüftung zu installieren wäre im Altbau unverhältnismäßig aufwendig gewesen, zumal die erforderlichen Räume
und Schächte für die Luftkanalquerschnitte nicht vorhanden waren.
Ökobilanzen: die richtigen
Baumaterialien einsetzen
Ein „nachhaltiges“ Gebäude muss nicht nur eine gute Energiebilanz
aufweisen. Eine entscheidende Rolle spielen auch die Baumaterialien.
Wie menschen- und umweltfreundlich sind sie, und wie viel Energie
wurde eigentlich bei ihrer Herstellung verbraucht? Wie hoch ist ihr
klimaschädigendes Potenzial? Und sind sie leicht zu entsorgen?
Die Ökobilanzierung ist inzwischen ein umfangreiches Unterfangen, denn immer mehr Materialeigenschaften müssen ermittelt und
gegeneinander abgewogen werden. Mit ständig weiterentwickelten
Normen und Richtlinien wird das Bauwesen den neuen Erkenntnissen
angepasst. Längst sind Fachplaner nötig, die Technikern und Handwerkern beratend zur Seite stehen. Die von den Architekten aufgestellten
Produktlisten werden von der Gesellschaft für ökologische Bautechnik
(GföB), heute Arcadis, abgenommen.
Energie aus dem Abwasser: Ein Wärmetauscher gewinnt Abwärme
aus dem Mischwasserkanal unter der Stresemannstraße
Umwelt und Energie 21
Schwarze Klebermasse und Altölfunde
Die ökologische Sanierung des Altbaus brachte einige Überraschungen zutage. Das Abbruchmaterial durfte selbstverständlich
nicht unbesehen in den Bauschutt wandern. Als unter dem alten
Estrich ein bedenklicher schwarzer Kleber auftauchte, musste
der Estrich komplett ausgebaut und entsorgt werden.
Welche Eigendynamik der Bau entwickelte, zeigt das Beispiel
der Wandoberflächen. Aus denkmalpflegerischer, aber auch aus
finanzieller Sicht sollte der Innenputz in seinem Bestand weitgehend erhalten werden. Als die neuen Fenster eingebaut waren, zeigte sich jedoch, dass sich der Putz nicht anfügen ließ. So
mussten die Innenseiten der Außenwand komplett neu verputzt werden, aber auch deren Anschlüsse an den mürben Putz
der übrigen Wände ließen sich nicht bewerkstelligen. So wurden also auch die anderen Wände erneuert, worauf schließlich
der Deckenputz folgte. Ähnlich erging es den Handwerkerinnen
und Handwerkern in den Fluren, wo erst die Wände, dann die
Gewölbe neu erstellt werden mussten. Und wenn der Putz abgeklopft war, kamen strukturelle Schäden ans Tageslicht, die es zu
beheben galt.
Beim neuen und alten Gebäude wurden sämtliche Oberflächen
mit ökologisch unbedenklichen Putzen und Farben behandelt.
Dabei gab es durchaus Zielkonflikte, etwa beim Anstrich der Außenfassade. Die gewünschten umweltfreundlichen Farben auf
Wasserbasis sind den Farben mit Lösungsmitteln in vielen Belangen unterlegen und werden wegen mangelnder Wetterfestigkeit im Außenbereich kaum eingesetzt.
Substanz erhalten: Nichts ist nachhaltiger, als das Bestehende schonend zu bewahren
22 Umwelt und Energie
Auch der Neubau hatte einige Überraschungen parat. Beim Ausschachten der Baugrube stießen die Bauarbeiter auf eine erhebliche Kontaminierung des Erdreichs durch Öl und Schmierstoffe
aus dem Aufzugschacht des früheren Hotels Fürstenhof. Dass
Schadstoffe im Grundwasser des Quartiers zirkulieren, war den
Schaffen ein behagliches Raumklima: Lehmwände
Wasserbehörden durchaus bekannt, nicht jedoch deren Herkunft und Ursache. Weil das kontaminierte Erdreich tiefer als
geplant ausgeschachtet werden musste, wurden die Pläne
geändert und statt einem nun zwei Geschosse unter dem Neubau gebaut.
Behaglichkeit durch Wände aus Lehm
Ließ sich der Neubau dann planmäßig und problemlos ausführen, bot der Einbau der Lehmwände neue Herausforderungen.
Lehm ist ein natürlicher Baustoff, der ein besonders angenehmes Raumklima schafft. Doch viel Erfahrung gibt es damit
nicht. Die jüngste Norm stammt aus dem Jahr 1935. Meist werden Lehmwände wie leichte Gipskarton-Trennwände konstruiert, mit einem Ständerwerk aus Holz oder, wie in der Stresemannstraße, mit den üblichen Blechprofilen.
Erste Wandplatten bröckelten aber beim Anschrauben. Mit Juteeinlagen konnte das Problem schließlich gelöst werden. Auch
das Aufbringen des nassen Lehmputzes mit zwei bis drei Millimetern Stärke war für die Baufirmen alles andere als Routine. Letztlich gelang es, die Wände zu bauen, auf deren ausgleichende Wirkung auf das Raumklima nicht verzichtet werden
sollte. Denn neben allen ökologischen und energetischen Vorzügen des Gebäudes zählt am Ende vor allem eines: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen sich wohlfühlen.
Umwelt und Energie 23
Geschichte
Das alte Regierungsviertel
„In den Ministergärten“ heißt die Straße in Berlins neuer Mitte,
an der heute sieben Landesvertretungen liegen. Der Name geht
auf die im 18. Jahrhundert an der Wilhelmstraße errichteten
prachtvollen Adelspalais zurück, in denen die Ministerien des
preußischen Staates, später auch des Kaiserreiches, der Weimarer Republik und der nationalsozialistischen Diktatur untergebracht waren. Ihre großzügigen Gärten reichten bis an den
Tiergarten heran.
Ursprünglich hatten hier preußische Adelige und Militärs residiert. Dann entwickelte sich das Quartier zum Machtzentrum
des preußischen Staats. In der Wilhelmstraße, der Leipziger
Straße und der Straße Unter den Linden reihten sich die Institutionen der preußischen Staatsmacht wie die Perlen auf einer
Schnur: vom Außen-, Justiz- und Kriegsministerium bis zum
Ministerium der geistlichen Angelegenheiten. Auch das preußische Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten
gehörte zu dem Ensemble. Es stand am Leipziger Platz und ist
das Bürogebäude, dessen rückwärtiger Bauteil an der heutigen
Stresemannstraße jetzt zum Berliner Dienstsitz des Bundesumwelt- und -bauministeriums um- und ausgebaut wurde.
Potsdamer Platz um 1900: urbanes Leben im Zentrum der neuen Weltstadt
Das alte Regierungsviertel: Die Karte von 1906 zeigt – in Signalrot – die dicht
stehenden öffentlichen Gebäude rund um Wilhelmstraße und Potsdamer Platz
Geschichte 25
Der Reichstag –
prächtig und kolossal
Das preußische Regierungsviertel wurde nach 1871 auch zum
Machtzentrum des Deutschen Reichs, das seine Institutionen
am Ort der ehemaligen preußischen Staatsmacht etablieren
wollte, um Kontinuität zu demonstrieren. Schon 1872 entstand
in der Wilhelmstraße das Reichskanzleramt, zehn Jahre später
wurde von dem Architekten und Hochschullehrer Paul Wallot
der Reichstag konzipiert: in einer den euphorischen Zeiten gemäßen Kolossallösung mit beträchtlicher Prachtentfaltung.
Vom Führerbalkon zur neuen Reichskanzlei:
Der NS-Staat bezieht Quartier
Die übrigen Behörden konzentrierten sich nach wie vor an der
Wilhelmstraße und an der Leipziger Straße.
Das Deutsche Reich sah sich in der baulichen Repräsentation in
Konkurrenz mit Paris. Man orientierte sich an der florentinischen Frührenaissance, später an der italienischen Hochrenaissance und kam schließlich zum „Wilhelminismus“, der an Opulenz und barocker Monumentalität nichts zu wünschen übrig ließ.
Während des Nationalsozialismus planten Hitler und sein
Architekt Albert Speer ein überdimensionales Regierungszentrum vom Spreebogen bis zum Flughafen Tempelhof. Zunächst
jedoch demonstrierte Hitler seine Präsenz im angestammten
Quartier der westlichen Friedrichstadt. Das Reichskanzleramt
wurde erweitert und von Speer mit einem „Führerbalkon“
ausgestattet. Zu den Olympischen Spielen 1936 nutzte man den
Wilhelmplatz zu Füßen des Balkons zum Aufmarschieren.
Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda
mit seinen grauen Steinfassaden wurde an der Nordseite des
Wilhelmplatzes zum Dienstsitz von Joseph Goebbels. Schließlich realisierte Speer 1937/38 Hitlers Vorstellungen von einer
neuen Reichskanzlei an der Voßstraße unter Einbeziehung des
Kanzleramts und des Palais Borsig am Wilhelmplatz. Der
monumentale Bau war mehr als 400 Meter lang: ein in Stein
gegossener Herrschaftsanspruch der Nationalsozialisten.
Monumentale Wucht: Kaiser Wilhelm II. empörte sich über die moderne Stahlkuppel des Reichtags und hat das Gebäude nie betreten
26 Geschichte
Die Stresemannstraße 1939: links das Hotel Fürstenhof, dahinter
das ehemalige preußische Landwirtschaftsministerium,
rechts mit Kuppel das Vergnügungszentrum „Haus Vaterland“
Schutt und Asche –
große Verluste im Krieg
DDR-Regierung nutzt Restbestände
Damit hatte das Regierungsviertel um die Wilhelmstraße seine
größte Konzentration und Dichte erreicht. Eine Dichte, von
der die Bomben des Krieges nicht viel übrig ließen. Gerade die
westliche Friedrichstadt wurde großflächig verwüstet, fast alle
Ministerien fielen in Schutt und Asche. Bis auf wenige Ausnahmen verschwand das gesamte historische Areal westlich der
Wilhelmstraße zwischen Pariser Platz und Leipziger Platz. Teile
des alten Regierungsviertels missbrauchte die DDR später für
Mauerstreifen und Grenzbefestigungen. Manche Areale wurden
mit Wohngebäuden in Plattenbauweise bebaut.
Bedingt durch die Gebäudeverluste des Krieges verteilten sich
die Regierungsbehörden der DDR über die gesamte Innenstadt.
Die wenigen von den Bomben verschonten Gebäude an der
Wilhelmstraße wurden weiter genutzt. Das übrig gebliebene
preußische Kultusministerium etwa diente als solches auch der
DDR-Regierung. Im Gebäude des früheren Propagandaministeriums des Nationalsozialismus arbeitete zu DDR-Zeiten das
Ministerium für Medienpolitik. Das Reichsluftfahrtministerium
wurde zum Haus der Ministerien und damit zu einem Zentrum
der Regierungsgewalt.
Geschichte 27
Die Bundesregierung im
alten Regierungsviertel
Heute dient das Detlev-Rohwedder-Haus, nach einer Zwischenphase als Sitz der Treuhandanstalt, dem Bundesfinanzminister.
Und noch zwei weitere Ministerien der Bundesregierung sind
heute im Quartier anzutreffen. Das Bundesministerium für
Ernährung und Landwirtschaft bezog das renovierte Gebäude
in der Wilhelmstraße 54, und das Bundesministerium für Arbeit
und Soziales hat seinen Sitz im ehemaligen Reichsministerium
für Propaganda in der Wilhelmstraße. Mit dem Ressort Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit an der Stresemannstraße etabliert sich nun ein weiteres Bundesministerium im
einstigen Regierungsviertel. Es hat den Bundesrat, das Berliner
Abgeordnetenhaus und die Vertretungen der Bundesländer als
Nachbarn – ein deutliches Zeichen der föderalen Verfasstheit
der Bundesrepublik.
Bewegtes Schicksal
eines Hauses
Der turbulente politische Wandel, den das Regierungsviertel in
mehr als einem Jahrhundert durchlebte, machte auch vor den
Fluren des Dienstgebäudes in der Stresemannstraße nicht halt.
Lange hatte Preußens Landwirtschaftsministerium unter akuter
Raumnot gelitten. Im alten Dienstsitz am Leipziger Platz waren
„die Flure eng und vielfach dunkel, die Zimmer unzureichend“
und „der bauliche Zustand so mangelhaft, dass er bedeutende
Unterhaltskosten erfordert“, so rückblickend die Zeitschrift für
Bauwesen.
28 Geschichte
Frontansicht: das alte preußische
Landwirtschaftsministerium (1936)
Die untragbaren Zustände erweichten schließlich den Finanzminister, eine Erweiterung in der Königgrätzer Straße in Aussicht
zu stellen – wie die Stresemannstraße damals hieß. Erst 1929
wurde die Straße nach dem ehemaligen Reichskanzler der
Weimarer Republik, Gustav Stresemann, benannt. 1935 machten
sie die Nationalsozialisten zur Saarlandstraße, ab 1948 hieß sie
wieder Stresemannstraße.
Der Kaiser rügt den Architekten
Im Jahr 1902 wurde der preußische Neubau in der heutigen
Stresemannstraße angegangen, doch Haushaltsprobleme
verzögerten den ersten Spatenstich um volle zehn Jahre. Erst
im Sommer 1913 konnten die Bauarbeiten begonnen werden.
Kaiser Wilhelm II. war dafür bekannt, auf die Gestaltung staatlicher Bauten Einfluss zu nehmen. Er ließ sich die Zeichnungen
vorlegen und griff oft genug selbst zum Stift. „Sehr hässlich“,
lautete diesmal sein vernichtendes Urteil zur Architektur. Als
Folge wurde Architekt von Salzwedel nach Potsdam versetzt und
die Planung dem Regierungs- und Baurat Hans Grube übertragen, der schon das neue Opernhaus zum Wohlwollen des Kaisers
entworfen hatte.
Als im Sommer 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, war der Bau
in vollem Gang. Nach Verzögerungen wurde er im September
1916 in Betrieb genommen, die Vermietung der Läden im Erdgeschoss im Oktober 1917 abgeschlossen. Letztlich fügte sich die
Fassade nahtlos in den Straßenzug mit dem benachbarten Hotel
Fürstenhof ein, ohne als Ministeriumsgebäude einen besonderen Auftritt zu beanspruchen.
Geschichte 29
Ein offenes Haus
Im Niemandsland der geteilten Stadt
Verglichen mit heutigen Ministerien und ihren strengen Sicherheitsmaßnahmen waren die damaligen Dienstgebäude Häuser
der offenen Tür. So hatte das Ministerialgebäude einen eigenen,
ganz normalen Eingang. Die offene Vorhalle war nur durch ein
Gitter vom Straßenraum getrennt. Über einen Windfang und einen knappen Vorraum erreichte man die Treppenhalle. Das Haupttreppenhaus war von fast barockem Zuschnitt mit feinen Profilierungen der Decken und Unterzüge sowie kraftvollen Pfeilern.
In der geteilten Stadt Berlin stand das Haus plötzlich im Grenzstreifen. Wie die meisten anderen Gebäude, die zugunsten eines
freien Schussfeldes fallen mussten, wurden die Nachbargebäude
abgeräumt. Von diesem Zeitpunkt an grüßte das ehemalige Ministerium als einsamer Zeuge der Vorkriegsbebauung aus dem
Niemandsland.
Nach der DDR-Gründung: Hauptsitz der Konsumgenossenschaften
Der Grundriss zeigt eine moderne, rationale Reihung von Büroräumen. Der Hof war gärtnerisch gestaltet und vom Fuhrverkehr
frei gehalten. Die Anlieferung erfolgte über den Nebenhof, der an
das Hotel Fürstenhof angrenzte.
Vier Obergeschosse waren mit 190 Büroräumen fast vollständig
ausgefüllt. Zwei kleine Sitzungssäle befanden sich im dritten
Stock, der große Hauptsitzungssaal im rückwärtigen Quergebäude. Im Dachboden waren eine Waschküche mit Plättstube und
ein Trockenboden für die Wäsche des Ministeriums eingerichtet.
Und es gab eine Dachterrasse „zum Ausstauben von Akten“. Wie
in einem Schloss hat man sich in dem Ministerialgebäude sicher
nicht gefühlt, wenngleich Eingang und Treppenhaus eine gewisse
Festlichkeit und Erhabenheit ausstrahlten. Doch mit dem Prunk
der Berliner Gerichtspaläste war dies nicht vergleichbar. Laut
eines Ingenieurgutachtens von 1948 hatte das Haus einen Bauwert von 2,1 Millionen Reichsmark.
Erste Umbauten und Kriegszerstörung
Als eine erste größere bauliche Veränderung der Stresemannstraße 128 wurden Windfang und repräsentative Eingangshalle
(Vestibül) in den dreißiger Jahren mit Marmorfußboden ausgestattet, verschiedene Pfeiler entfernte man zur besseren Zugäng-
30 Geschichte
Der Bau der Mauer im Verlauf der Stresemannstraße ergab eine
kuriose Situation, weil die Vorderfront des Hauses zum Bestandteil der Mauer wurde. Deshalb wurden auch die Fenster vermau-
ert und der Haupteingang stillgelegt, der neue Eingang lag jetzt
an der Ostseite. Die strategische Aussicht über die Grenzbefestigungen wurde genutzt, indem man zwei Wachhäuschen aufs
Dach setzte.
Nach der Wiedervereinigung wurde das Haus 1991 einer ersten
Renovierung unterzogen, das Quergebäude erhielt im mittleren
Bereich einen flachen Giebel aufgesetzt. In dieser Form wurde es
von den Architekten angetroffen, als es darum ging, den Umbau
für das Bundesumweltministerium zu planen.
lichkeit. Den größten Eingriff bedeutete in den vierziger Jahren
der Bau eines Luftschutzbunkers im Erdgeschoss. Die gewaltige
Betonkonstruktion von drei Metern Höhe ließ nur noch einen
Kriechgang als Restraum übrig.
Die Kriegsschäden waren vergleichsweise glimpflich. Ein Bombentreffer zerstörte drei Fensterachsen in der Vorderfront. Auch
Außenwände und Flurdecken waren beschädigt, während ein
Granateinschlag den Sitzungssaal im Quergebäude zerstörte.
Granaten- und Bombensplitter von Nachbargebäuden, Erschütterungen und Druckwellen ließen allerdings Risse entstehen.
Putz fiel von den Wänden, alle Fenster waren geborsten, Türen
beschädigt und das Dach abgedeckt. Wind und Wetter hatten
drei Jahre lang das Zerstörungswerk fortgesetzt. Teile der elektrischen Anlage hatten Diebe mitgenommen.
1948 übernahm der Verband Deutscher Konsumgenossenschaften die Wiederherstellung des Hauses, um es als Zentralverwaltung zu nutzen. Der große Dachkörper wurde durch ein flaches
Betondach mit Pappdeckung ersetzt. Auch die Sanierung der
Fassaden brachte herbe Verluste, das Natursteinwerk wurde bis
auf den Mauergrund abgespitzt. Die Fassaden erhielten einen
schlichten Kieskratzputz.
Fünf Jahre vor der Wende: die Berliner Mauer – dahinter links der Altbau der Stresemannstraße mit der Hinterlandmauer
Geschichte 31
Historie trifft Moderne: Ein vertikaler Einschnitt trennt Alt
und Neu der Fassade des Bundesumweltministeriums
Kompakte Komposition: Gesamtansicht von der Stresemannstraße aus
Architektur
Spannungsreiches Spiel von Alt und Neu
Das neue Dienstgebäude des heutigen Bundesumwelt- und -bauministeriums in Berlin sollte durch einen herausragenden
nachhaltigen Standard allen öffentlichen Erwartungen gerecht
werden. Aber auch die attraktive Lage am Rande des lebendigen
neuen Zentrums von Berlin, dem Potsdamer Platz, war eine
architektonische Herausforderung. Den Bau des Ministeriums
galt es in das städtische Gefüge einzugliedern und außerdem
die Regeln einer berlintypischen Architektur zu beherzigen: die
Blockrandbebauung, die Traufhöhe von 22 Metern und eine steinerne Fassade mit eingeschnittenen Fenstern („Lochfassade“).
Der Altbau repräsentierte ohnehin die Berliner Architekturtradition. Der Neubau ist diesen Regeln nicht nur gefolgt, sondern
hat sie auch eindrucksvoll ausgelegt, etwa durch das rhythmische Fensterraster des neuen Kopfbaus. Zwar ist der Neubau
unverwechselbar modern, er bildet aber zusammen mit dem
charaktervollen Altbau ein spannungsvolles Miteinander und
fügt sich harmonisch in den Stadtraum ein. So vermag sich der
Neubau – trotz der gebotenen maßvollen Zurückhaltung eines
Ministerialbaus – im Konzert großer internationaler Architekten
durchaus mit eigener Stimme Gehör zu verschaffen.
Architektur 33
Historische Schichten des Bauplatzes
Was dieser Ort im vergangenen 20. Jahrhundert erlebt hat, war
das typische Berliner Schicksal: Glanz, Glamour, Zerstörung,
Niedergang, Verwahrlosung und in den Übergangszeiten die
Besonderheit abweichender Nutzungen. Das alte wilhelminische Landwirtschaftsministerium mit seiner NeorenaissanceFassade, vertikal gegliedert durch klassische Schmuckelemente
und Gebäudevorsprünge (Risalite), repräsentierte den Staat
und zugleich das Großstädtische. Im Sockelgeschoss mit seinen
kraftvollen Granitquadern (Rustika) schufen die mit Flachbögen
überwölbten Öffnungen Raum für Ladengeschäfte. Zwischen
dem quirligen Anhalter Bahnhof und dem Unterhaltungstempel „Haus Vaterland“ nahe dem Potsdamer Platz herrschte ein
intensives städtisches Leben. Der Zweite Weltkrieg und die
Teilung Berlins schienen es für immer zerstört zu haben. Am
Ende verwahrloste der Bau als Bestandteil der Mauer mitten im
Niemandsland.
Kunstvagabunden im Niemandsland
Dieses Niemandsland entlang des Mauerstreifens bestimmte
auch den Stadtraum, die südliche Friedrichstadt im Berliner
Bezirk Kreuzberg. Die Öde eines innerstädtischen Randgebietes
prägt die Stresemannstraße noch heute, trotz der strahlenden
Szenerie des neuen Potsdamer Platzes. Von einem Neubau für
das Bundesumweltministerium wurde also erwartet, dass der
Stadtraum sein großstädtisches Gesicht zurückerhält.
Der Mauerrest im Jahr 2005: Er wurde in das Gebäude
integriert und ist für die Öffentlichkeit zugänglich
34 Architektur
Nach dem Fall der Mauer, als aus Niemandsland wieder Stadt
entstand, begann eine spektakuläre, heute weitgehend vergessene Zwischenzeit. Das offene Niemandsland zog direkt nach der
Wende Aktionskünstlerinnen und -künstler aus aller Welt an, die
sich selbst Kunstvagabunden nannten und in kleinen Zeltstädten
lebten. Ende der Neunziger Jahre bemalten Künstlerinnen und
Das Ensemble aus der Vogelperspektive: Die Loggia im dreieckigen Kopfbau ermöglicht einen beeindruckenden Ausblick zum Potsdamer Platz
Künstler die Mauerreste, um sie vor dem Abriss zu bewahren.
Der bunt besprühte Mauerrest, den der Neubau bewahrt, erinnert daran. Auch dies gehört zur Geschichte des Ortes.
Wettbewerb der Architekten
Nach dem Hauptstadtbeschluss am 20. Juni 1991 begann die
Suche nach geeigneten Standorten für Parlament und Regie-
rung. Zu den verfügbaren Grundstücken gehörte auch die
Stresemannstraße 128-130. Ein Architektenwettbewerb wurde
ausgeschrieben – mit klaren Vorgaben: dem Berliner Bebauungsplan einerseits und andererseits der Einbindung zweier
denkmalgeschützter Objekte, nämlich des ehemaligen Ministeriums für Landwirtschaft und des mit diversen Motiven bemalten Mauerrestes. Dieses Mauerrelikt sollte dabei im Neubau
zugänglich und erlebbar bleiben, allerdings ohne es gestalterisch
zu überhöhen. 125 Architektenteams bewarben sich.
Architektur 35
außerhalb des Sicherheitsbereichs und frei zugänglich. Hier ist der
Ort für Informationen und einen kleinen Vortragssaal.
Innenhofansicht: Die historischen Fassaden blieben weitgehend erhalten
Der siegreiche Entwurf
Das Preisgericht tagte im Oktober 2002 unter dem Vorsitz der
Architektin Professor Rebecca Chestnutt. Der 1. Preis – dotiert
mit 25.000 Euro – ging an Jürgen Pleuser, Enno Maass und Almut
Geier aus Berlin. Der prämierte Entwurf bestach auf Anhieb, weil
er ein spannungsreiches Ensemble aus Mauerrelikt, Altbau und
Neubau entstehen ließ, bei dem Alt und Neu, äußere und innere
Struktur in einen anregenden Dialog treten. Architekt Jürgen
Pleuser spricht von einer „Interaktion von Fragmenten“ und
erinnert damit an die historischen Brüche, die diesen Ort prägen.
Wiedergewonnen wird das historische Erscheinungsbild des Altbaus mit seinem Schrägdach und den linsenförmigen Dachgauben. Der historische Bau erhält nicht nur seine innere Struktur
zurück, sondern entfaltet auch eine prägende Gesamtwirkung.
Der Altbau wird durch eine vertikale gläserne Fuge vom Neubau
deutlich getrennt. Er tritt an der dem Potsdamer Platz zugewandten Grundstücksecke und entlang der Erna-Berger-Straße als
eigenständiges Bürogebäude konsequent in der heutigen Architektursprache auf. Das Fragment der Berliner Mauer an dieser Stelle
ist in einem eigenen, zur Straße hin verglasten, gebäudehohen
Ausstellungsraum präsent.
Zwei überdachte Höfe schaffen neuen Raum
Auch der Diensteingang mit der Fahrzeugschleuse fand im Neubau
seinen Platz. Die Dienstwagen rollen durch ein gesichertes Tor von
der Erna-Berger-Straße her ins Haus und können es in Richtung
Gartenhof wieder verlassen. Der durch die neue Blockrandbebauung zwischen Alt- und Neubau entstandene Nordhof erhält durch
sein markantes gläsernes Dach ebenso Innenraumfunktion wie der
große Innenhof des Bestandsbaus.
Das Besucherzentrum
Die Fassaden des Neubaus zeigen einen gelblichen, an Sandstein erinnernden Betonwerkstein. Die schmalen, hochrechteckigen Fenster gehorchen in ihrer Reihung keinem festgelegten Rhythmus,
ein Merkmal gegenwärtiger Architektur, an dem man den Bau später einmal wird datieren können. Eine offene Loggia im obersten
Geschoss an der Gebäudeecke inszeniert einen grandiosen Ausblick
zum Potsdamer Platz hin.
Im Erdgeschoss gibt es wieder öffentliche Funktionen. Zur
Linken, im Anschluss an den Ausstellungsraum im Neubau,
empfängt eine Kantine ihre Gäste. Rechts des Hauptportals,
das nun wieder als Haupteingang des Ensembles benutzt wird,
öffnet das Besucherzentrum des Ministeriums seine Pforten,
Trotz aller Sicherheitsauflagen fehlt dem Regierungsbau jeder abgeschlossene Charakter. Dem Architekten gelang es, in unmittelbarer Nähe zum belebten Potsdamer Platz ein in der Erdgeschosszone möglichst offenes Haus zu schaffen, das sich der Stadt zuwendet und das Ministerium in das großstädtische Leben einfügt.
Weiterlesen auf Seite 40
36 Architektur
„Das Bauwerk ist unverwechselbar“
Architekt Jürgen Pleuser über Geschichte und Stadtraum am
Potsdamer Platz und das Zusammenfügen von Alt und Neu
Herr Pleuser, was war für Sie neben den
ökologischen Standards die größte Herausforderung dieses Baus?
Pleuser: Sie bestand darin, aus vielen Altund Neubauteilen ein gestalterisch zusammenhängendes, funktionstüchtiges Ganzes
zu komponieren. Wir haben zunächst den
denkmalgeschützten Altbau, der Stein für
Stein zu restaurieren war. Wir haben den als
Passivhaus zertifizierten Neubau. Da waren
zudem die Reste der Berliner Mauer einzubeziehen. Dann das neue Dachgeschoss
mit vielen Büros. Und zuletzt zwei architektonisch sehr unterschiedliche Hallenräu-
me, die durch gläserne Überdachung der
offenen Höfe entstanden sind.
Ist die Zusammenfügung harmonisch
gelungen?
Die verschiedenen Elemente bilden ein
spannendes, ineinander verwobenes Ensemble. Besonders bemerkenswert ist der
bereichernde Maßstabswechsel von kleinen
Amtsstuben, den Einzelbüros für die mehr
als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
und den gebäudehohen Großräumen, die
lichtdurchflutet Orientierung bieten und
zu einer, wie ich finde, außergewöhnlichen
Rundgang mit Gästen: Architekt Jürgen Pleuser
führt während der Bauarbeiten durch das Gebäude
architektonisch-räumlichen Qualität im
Inneren führen.
Welche Bedeutung hat für Sie die Geschichte, die der Altbau repräsentiert?
Ich habe von Beginn an die Ziele des
Bundesumweltministeriums, hier beispielhaft zu zeigen, wie man mit Ressourcen
und Energie schonend umgehen kann, mit
größter Zustimmung unterstützt. Diese
Grundhaltung führt direkt zur Überlegung,
so viel wie möglich von der Substanz des
Altbaus zu retten. Was könnte nachhaltiger
sein, als Vorhandenes durch behutsame
Reparatur weiter zu verwenden. Auch
Maßstab und Materialität des Altbaus
waren ein wichtiger Ausgangspunkt für den
Entwurf der Neubauteile. So waren die aus
Vom Giebel überdacht: die Altbau-Rückseite
Interview 37
heutiger Sicht großzügigen Deckenhöhen
und Raumgrößen, die breiten Gänge, die
offenen Treppen des Altbaus auch Maßstab
für den Neubau.
Eine Herausforderung waren wohl auch
die Kriegsschäden?
Die Zerstörungen am Altbau waren nach
dem Krieg nur notdürftig repariert worden. Besonders die Hauptfassade mit ihren
großen Gesimsen und Pilastern und dem
Sockel aus Sandstein war stark beschädigt.
In der DDR waren solche Stilelemente, die
an Wilhelminismus und Preußentum erinnerten, ideologisch unerwünscht. Man hatte sich deshalb entschlossen, die gesamte
Fassade zu schleifen und einen Rückbau
durch neu in die Fassade eingebrochene
Fenster für immer zu verhindern. Mit den
Folgen haben wir uns auseinandergesetzt
und entschieden, die „Entdekorierung“ zu
dokumentieren und zu einem Gestaltungsmerkmal der Hauptfassade zu machen.
Dort, wo es die abgerissenen Sandsteinelemente einst gab, haben wir Vertiefungen im
Fassadenputz angelegt.
Hat sich Ihr Entwurf vom Stadtraum und
seinem historischen Hintergrund beeinflussen lassen?
Das Bauwerksensemble respektiert selbstverständlich den städtebaulichen Rahmen
Thema moderner Architektur:
Spiel der Rasterfassade
38 Interview
und orientiert sich am Maßstab umgebender Bauten. Das darf man von handwerklich gut gemachter Architektur erwarten. Darüber hinaus bemerkenswert
ist die Interaktion zwischen vorhandenen
und neu hinzugefügten Elementen und
was daraus für das Ensemble gewonnen
wurde. Sie sehen das beispielhaft an den
mitten auf dem Grundstück stehenden
Resten der Hinterlandmauer. Für eine
vernünftige Gestaltung des Neubaus
könnte man sie als störend empfinden.
Genau aus diesem Konflikt hat sich
aber eine das Ensemble prägende Idee
entwickelt, nämlich der Mauer „Raum
zu geben“.
Wie ist Ihre Haltung zur Repräsentation
von Regierungsbauten?
Dieser Bau fügt sich zurückhaltend ins
Stadtbild, macht kein großes Aufheben.
Dennoch gibt es genügend architektonische Hinweise auf seine besondere
Stellung als öffentliches Gebäude.
Das Bauwerk ist unverwechselbar und
zeichenhaft. Sein Bild wird in Zukunft
für das Ministerium und seine Aufgaben
stehen.
Inszenierung des Raums: „Brücke“ zwischen
Alt- und Neubau oberhalb des Mauerrelikts
Architektur 39
Fortsetzung von Seite 36
Historische Schmuckelemente: rekonstruierte Doppelsäulen mit ionischen Kapitellen im Eingangsgeschoss
Denkmalpflege: Interpretation und Original
Von Anfang an stand fest, dass die Denkmalpflege mit Jürgen
Pleusers Entwurf gut leben konnte. Allerdings wollte niemand
die Uhr zurückdrehen und das kaiserzeitliche Bauwerk unverändert wieder herbeizaubern. Alle Zeitschichten vom wilhelminischen Ursprungsbau eines preußischen Landwirtschaftsministeriums bis hin zu den Eingriffen in der DDR-Zeit mussten
berücksichtigt werden.
Architekt und Denkmalpflege waren sich einig, dass Bauteile
und Details der Ursprungszeit erhalten werden sollten und der
Neubau dem Charakter des Bestandsbaus entsprechen sollte.
Originale Elemente fanden sich bei den Hoffassaden und an den
rückwärtigen Flügeln des Gebäudes, die dem Originalzustand
40 Architektur
noch am nächsten kommen. Wiederhergestellt wurde auch die
historische Umrisslinie des Daches.
Die Außenhaut der Hauptfassade musste gänzlich erneuert werden, wodurch sich die Frage erhob, welche Zeitfassung die neue
Oberfläche zeigen sollte. Eine Wiederherstellung der 1951 verschwundenen Urfassung der Fassade von 1919 wurde aus prinzipiellen Erwägungen und finanziellen Gründen verworfen. Aber in
Erinnerung an die Geschichte wurde auf dem neuen Putz die ehemalige Werksteingliederung als Abdruck abgebildet, als farbgleiches negatives Relief, das durch leichte Schattenwirkung Formund Schmuckelemente von einst erkennbar macht, etwa die Pilaster – in die Außenwand eingearbeitete Säulen oder Wandpfeiler.
Kunstvoll geschmiedet: Geländer im Treppenhaus
Architektur 41
Die historische Halle
Der Charme des Alten: Blick in das historische Treppenhaus
Im Inneren des Hauses finden sich noch in einigen Partien
historische Gestaltungselemente, die sorgfältig erneuert und
ergänzt wurden. Das beginnt in der kleinen Vorhalle mit dem
Stuckgewölbe. In der anschließenden Großen Halle konnte das
historische Erscheinungsbild weitgehend wiedergewonnen
werden. Ionische Doppelsäulen, klassische Türportale und die
Stuckdecke wurden restauriert, Schäden behoben und fehlende
Teile ergänzt. Mit der neuen in die Kassettendecke eingesetzten
Beleuchtung kommt fast festliche Stimmung auf. Die beiden
Haupttreppen und zwei der Nebentreppenhäuser mit ihren
kunstvoll geschmiedeten Eisengeländern konnten ebenfalls
nach denkmalpflegerischen Kriterien restauriert werden.
Ehrwürdige Rundbögen: Rekonstruktion der ursprünglichen Gewölbeform
Treppenhäuser und Flure erhielten ihre alte Gewölbeform zurück. Die ursprünglich aus Kunststein bestehenden Gewände
der Bürotüren im ganzen Haus wurden nach Steinmetzart restauriert. Alle Wand- und Bodenflächen waren nicht mehr im
Originalzustand und wurden in der Anmutung des historischen
42 Architektur
Erscheinungsbildes gestaltet. So ist das Haus im Inneren wieder
als ein hochattraktives Kulturdenkmal erlebbar.
Kunst am Bau
Vorhang auf
für Farbe und Form
Für ihre Bauwerke kommt der öffentlichen Hand eine besondere baukulturelle Verantwortung zu. Dazu gehört die Kunst
am Bau, die ein integraler Bestandteil der Bauaufgabe und
Bauherrenverantwortung ist. Für das neue Dienstgebäude des
Bundesumweltministeriums wurden daher im Rahmen eines
Kunstkonzeptes zwei Kunst-am-Bau-Wettbewerbe sowie ein
Ankaufverfahren „Junge Kunst“ durchgeführt.
Das Foyer im fünften Obergeschoss des Altbaus, ein lichtdurchfluteter, 60 Meter langer Raum unter der steilen Dach-
schräge, ist einer der Standorte für ein Kunstobjekt. Dieser
Bereich wurde ausgewählt, da er den Zugang zum großen
Sitzungssaal herstellt, in dem die wichtigsten Besprechungen
des Ministeriums stattfinden. Die Wand zu diesem Sitzungssaal
sollte von den teilnehmenden Künstlerinnen und Künstlern
gestaltet werden. Diesen Wettbewerb gewann die Düsseldorfer Künstlerin Katharina Grosse mit einem 140 Quadratmeter
großen Wandbild, das in verschiedenen Schichten aufgesprüht
ist. Sie erzeugt damit einen über die Wand fegenden Farbensturm (siehe Seite 44-45).
Kunst am Bau 43
Sprengt den Raum: Kunstprofessorin
Katharina Grosse gewann mit ihrem
Wandbild (links und rechts) den Wettbewerb
für das Foyer unter dem Altbau-Dach
Die renommierte Künstlerin und Professorin für Malerei, deren Arbeiten in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland
präsentiert wurden, schreibt über ihren Entwurf: „Teile der Türen werden in die Arbeit integriert. Dadurch wird einerseits die
Verbindung von Architektur und Malerei verstärkt, und andererseits wird die Malerei für den Besucher als ein umgebendes
Phänomen erfahrbar. Das Erleben von Bild, Architektur, Raumvolumen und der eigenen Bewegung durch den Korridor verschmilzt zu einem Ereignis.“
Das Kunstwerk kann von keinem Standpunkt als Ganzes erfasst
werden. Die Ansicht der Arbeit ändert sich mit dem Blickwechsel des Betrachters, dessen Richtung und Ausgangspunkt stets
verblüffende neue Perspektiven schafft. Die Kunsthistorikerin
Katja Blomberg betrachtet Grosses Wandbild daher als begehbares Kunstwerk, „in dem unterschiedliche Farbtemperaturen
herrschen und Übergänge und Konturen unbestimmt und polyperspektivisch sind“. Dieser Farbenrausch „weist somit über das
Zweidimensionale hinaus (und) könnte auch als Landschaftsraum oder sogar akustisches Phänomen verstanden werden“.
Den Wettbewerb für den zweiten Standort im überdachten Nordhof des Gebäudes gewann der international bekannte Künstler Antony Gormley aus London. Er schlug vor, in den
Luftraum des Hofs auf halber Höhe eine wolkenartige Struktur
aus Metall-Polyedern zu hängen, deren Form durch einen drei-
44
fach vergrößerten Gipsabguss eines menschlichen Körpers entsteht. Das Kunstwerk „thematisiert auf subtile Weise die Einbindung des Menschen in größere Zusammenhänge“, urteilte das
Preisgericht. Leider ließ sich die mehr als sieben Meter lange
Konstruktion aus statisch-technischen Gründen nicht realisieren.
Als dritter Teil des Kunstkonzepts wurde ein Ankaufsverfahren
für „Junge Kunst“ durchgeführt, um weitere Wände, Flure und
Sitzungsräume des neuen Dienstgebäudes mit Kunstwerken
ausstatten zu können. Das Bundesumweltministerium fördert
seit vielen Jahren begabte junge Künstlerinnen und Künstler am
Übergang von der Ausbildung ins Berufsleben. Mit dem Erwerb
von Meisterschüler- und Diplomarbeiten hat die Kunstkommission des Ministeriums nach und nach eine Sammlung zeitgenös-
sischer Kunst aufgebaut. Für das neue Berliner Dienstgebäude
sollten Arbeiten von Kunstschaffenden ausgewählt werden, die
ihr Studium vor nicht mehr als fünf Jahren abgeschlossen haben.
Die öffentliche Ausschreibung fand große Resonanz: 417 Bewerbungen erfüllten die formalen Voraussetzungen. Darunter waren Absolventen praktisch aller deutschen Kunsthochschulen
und Akademien. Meisterschüler bekannter Künstlerinnen und
Künstler hatten Arbeiten eingereicht. Nach intensiver Diskussion wählte das Auswahlgremium 57 Arbeiten von 36 Künstlerinnen und Künstlern aus, die angekauft wurden. Die Bandbreite der künstlerischen Techniken reicht von der Fotografie über
Öl- und Acrylmalerei, Zeichnung, Lithografie und Siebdruck bis
zur Materialcollage und zu anderen Mischtechniken.
Kunst am Bau 45
Die „Junge Kunst“-Arbeit von
Ariane Faller und Mateusz Budasz
Bildnachweise
Auch die „Junge Kunst“-Arbeiten von
Birgit Klerch („Kleine Fluchten“, links),
Nina Hohberger („Halle /Carl-RobertStraße“, rechts unten) und Moritz Frei
(„Ohne Titel“, Ausschnitt, Seite 43)
wurden angekauft und werden im neuen
Gebäude präsentiert
46 Kunst am Bau
Titelseite: BMUB, Florian Profitlich / S. 4: BMUB, Jürgen Schulz / S. 5: Bundesregierung / Sandra Steins / S. 6: BMUB, Florian Profitlich /
S. 7: bpk, Luftbild Berlin GmbH / S. 8: BMUB, Florian Profitlich / S. 9: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, Inge Johanna Bergner /
S. 10: BMUB, Florian Profitlich / S. 12–13: BMUB, Florian Profitlich / S. 15: BMUB, Florian Profitlich / S. 16: BMUB, Florian Profitlich /
S.17: BMUB, Florian Profitlich / S. 18: BMUB, Florian Profitlich / S. 19: BMUB, Florian Profitlich (beide) / S. 20: BMUB, Florian Profitlich /
S. 21: BMUB, Florian Profitlich / S. 22: BMUB, Florian Profitlich / S. 23: BMUB, Florian Profitlich / S. 24: Landesarchiv Berlin, Kartenabteilung /
S. 25: Ullstein Bild, Roger Viollet / S. 26: akg Images / S. 27: Ullstein Bild, Sobotta / S. 28–29: Landesarchiv Berlin / S. 30: Zentralkonsum eG /
S. 31: Ullstein Bild, Jürgen Ritter / S. 32: BBR, Ursula Böhmer / S. 33: Jürgen Pleuser / S. 34: BMUB, Florian Profitlich / S. 35: BBR, Ursula Böhmer /
S. 36: BMUB, Florian Profitlich / S. 37: BMUB, Florian Profitlich (beide) / S. 38: BMUB, Florian Profitlich / S. 39: BBR, Ursula Böhmer /
S. 40: BMUB, Florian Profitlich / S. 41: BMUB, Florian Profitlich / S. 42: BMUB, Florian Profitlich (beide) / S. 43: BBR, Moritz Frei /
S. 44: BBR, Ursula Böhmer / S. 45: BBR, Ursula Böhmer (links); BMUB, Florian Profitlich (rechts) / S. 46: BBR, Birgit Klerch (links);
Ariane Faller & Mateusz Budasz (rechts oben); BBR, Nina Hohberger (rechts unten);
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