Niederschrift 02.10.2010.docx - Bezirksvereinigung Braunschweig

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Niederschrift 02.10.2010.docx - Bezirksvereinigung Braunschweig
BUND DEUTSCHER SCHIEDSMÄNNER UND SCHIEDSFRAUEN
BDS
Bezirksvereinigung Braunschweig
Protokoll vom 02.10.2010 in Wendeburg , Braunschweiger Straße 35
Wendezeller Stuben
Fortbildungsveranstaltung
09.30 Uhr Eröffnung und Begrüßung der Gäste
10:00 Uhr Neues Familien- und Familienverfahrensrecht
Im Hinblick auf die Grenzen außergerichtlicher Streitschlichtung
Referent: Prof. Dr. Karl-Dieter Pardey
Um 09:35 begrüßte der Vorsitzende Herr Wolff von der Sahl die Gäste und die Teilnehmer und eröffnete die Veranstaltung.
Der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Wendeburg,
Herr Rolf Albers
begrüßte die Schiedspersonen und bedankte sich für ihre ehrenamtliche Arbeit. In
seiner Würdigung ging er auf alle gemeindlichen Ehrenämter ein, insbesondere der
Feuerwehr; der Schöffen und der Schiedspersonen. In seinem Grußwort beschrieb
er die geschichtliche Entwicklung der Gemeinde in den Bereich der Großstädte
Braunschweig, Salzgitter.
Um 09:55 Uhr begann Herr Prof.Dr. Pardey mit seinem Referat:
Zitat
Neues Familienverfahren
Auswirkungen für das nds. Schiedsamt
Eingangsfälle
1.Fall
•
Zwei Nachbarn streiten sich wiederholt wegen des Schneeräumens. Einer
sagt, der andere schiebe ihm den Schnee zu.
•
Es kommt zu Beschimpfungen, angeblich auch einen Schlag mit der Schaufel. Der aktivere kommentiert sodann jede persönliche Begegnung mit verbalen Ausfällen.
•
Der andere will eine gerichtliche Verfügung erhalten, die ihm zwangsbewährten Schutz gewährt, dem anderen Unterlassung und Abstand aufgibt
2.Fall
•
Ein Vermieter hat auf seinem Hof eine Wohnung vermietet, fürchtet sich jetzt
vor seinem Mieter. Der habe ihn beschimpft und bedroht.
•
Er kündigt ihm deshalb fristlos und verlangt von dem Amtsgericht, ihn vor weiterer Gewalt zu schützen und dem bisherigen Mieter aufzugeben, den Hof
nicht mehr zu betreten.
3.Fall
•
Zwei Mieterinnen in einem Haus geraten über die Nutzung des Kellers zur
Wäschetrocknung aneinander.
•
Eine wird beschimpft, bespuckt. Sie hat Angst, auch um ihre Kinder, will gerichtlichen Schutz.
4.Fall
•
Zwei Grundstücksnachbarn haben oft Streit um Lärm. Dabei sind beide
sprachlich nicht zimperlich.
•
An einem Samstag nimmt der eine um 18.00 Uhr eine Rüttelplatte in Betrieb.
Der andere brüllt vergeblich dagegen an, nimmt dann eine Kettensäge und
zersägt den ihn schon immer störenden hohen Zaun des ersten.
•
Die Polizei kommt und mahnt zur Ruhe. Beide wollen gerichtliche Hilfe.
Erläuterungen:
Das SchiedsämterG stellt nebeneinander:
Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten Strafsachen
Bürgerliche Straf- (Privatklage) Bereich
Rechtsstreitigkeit (fakultativ) und (obligat.).
Im SchiedsämterG sind Verfahren ausgenommen, die vor die Arbeitsgerichte gehören.
Nach dem SchlichtungsG gilt:
Insbesondere
bei Nachbarstreitigkeiten und Ehrverletzungen, als bürgerliche
Rechtsstreitigkeiten, ist eine Schlichtung (meist) obligatorisch. Ausgenommen sind
Verfahren u.a. über Streitigkeiten in Familiensachen.
Diese
sich
scheinbar
nicht
deckenden
Ausnahmen
irritieren
leicht.
Das
SchlichtungsG spricht (nicht ganz konsequent) von "Klagen vor dem Amtsgericht".
Daraus ergibt sich, dass auch hier arbeitsgerichtliche Sachen ausgeschlossen sind.
Bleibt die Frage nach den Familiensachen. Was ist das? Wo ergeben sich Berührungspunkte?
WAS sind Familiensachen:
§ 13 GVG in der seit dem 1.9.209 geltenden Fassung beginnt jetzt
wie folgt:
Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen
Rechtsstreitigkeiten, die
Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsa-
chen) sowie die Strafsachen, ……… (Familiensachen sind seit dem 1.9.2009 im sog.
FamFG geregelt.)
Aus § 13 GVG folgt, dass Familiensachen keine "bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten"
sind. Familiensachen sind also im SchiedsämterG und im SchlichtungsG ausgeschlossen.
Zu den Berührungspunkten mit den zugewiesenen Aufgabenfeldern:
Lassen Sie uns zu den Ausgangsfällen zurück gehen.
Handelt es sich um bürgerliche Rechtsstreitigkeiten oder um Familiensachen oder ist
das gleichgültig, weil "Strafsache"? Ist also eine Tätigkeit möglich (SchiedsämterG)
oder sogar obligatorisch (Strafsache; SchlichtungsG; zB über "Ehrverletzung"
mit Sachzusammenhang) oder ausgeschlossen?
Auszug aus dem GewaltschutzG
§ 1 Gerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen
(1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit einer
anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten
Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Anordnungen sollen befristet werden; die Frist kann verlängert werden. Das
Gericht kann insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt,
1. die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
2. sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
3. zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person
regelmäßig aufhält,
4. Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen,
5. Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen, soweit dies nicht zur
Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn
1. eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der
Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich gedroht hat oder
2. eine Person widerrechtlich und vorsätzlich
a) in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt oder
b) eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den
ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt.
Mit der Einführung des "großen" Familiengerichts zum 1.9.2009 (und der gleichzeitigen Abschaffung zB. Der Vormundschaftsgerichte) sind Familiengerichte für fast
alles zuständig geworden, was Eheleute, Kinder, Lebenspartner (nach dem entspr.
G) betrifft, auch wenn es sich nicht um eine familienrechtliche Angelegenheit
handelt. Das Verfahrensrecht geht viel weiter als das BGB.
Dazu kommen weitere Sachen, zB:
Gewaltschutzsachen sind immer Familiensachen, auch dann,
wenn keine Familienangehörigen betroffen sind.
Zitatende
Es findet eine rege Diskussion statt, alle Fragen werden vom Referenten beantwortet.
11:00 Uhr Kaffeepause
11:20 Fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr
Kollege Günter Richter Schiedsmann aus Müden berichtet über einen Verkehrsunfall (Vorfahrtmißachtung mit Körperverletzung).
Die Staatsanwaltschaft hat das
Verfahren eingestellt wegen des fehlenden öffentlichen Interesses.
Um die zivilrechtlichen Ansprüche geltend zu machen wird von seitens
der
Staasanwaltschaft auf das Schiedsamt hingewiesen.
Kollege Wolff von der Sahl geht auf den Erlass der Generalstaatsanwaltschaften vom
21.08.200 ein und erläutert diesen Erlass:
Hinweise
der Niedersächsischen GeneraIstaatsanwaltschaften
zur Anwendung der §§ 153,153 a. , 378 StPO 230 StGB
Stand: 21.00.2001
- 4100 –
Im Interesse einer einheitlichen Verfahrensweise bei der Anwendung strafprozessualer Opportunitätsvorschriften haben sich die Generalstaatsanwaltschaften in Braunschweig, Celle und Oldenburg einvernehmlich auf folgende Hinweise zur Anwendung
der §§ 153, 153a, 376 StPO, § 230 StGB verständigt, die den niedersächsischen
Staatsanwaltschaften für die Bearbeitung von Strafverfahren zur Verfügung gestellt
werden.
I.
Vorbemerkungen
Die nachfolgenden Hinweise sollen einer gleichmäßigen Anwendung der §§
153, 153 a, .376 StPO, 230 StGB in Verfahren gegen Erwachsene dienen.
In der Behandlung des konkreten Einzelfalles hat die Staatsanwaltschaft ei
nen weiten Beurteilungs - und Entscheidungsspielraurn.
3.
Bei fahrlässiger Körperverletzung im Straßenverkehr wird das besondere
öffentliche Interesse an der Strafverfolgung (§ 230 StGB) unbeschadet der
Regelung der Nr. 243Abs. 3 RiStBY In der Regel zu verneinen sein, es sei
denn
a) durch dieselbe Tat im Sinne des § 264 stopp wurde zeitgleich eine von
Amts wegen zu verfolgende Straftat begangen,
b) gegen die Verkehrsvorschriften wurde besonders grob verstoßen,
c) das Versagen war auf eine rücksichtslose oder verkehrsfeindliche Einstei
stellung zurückzuführen,
d) das Opfer hat schwerwiegende Verletzungen erlitten,
e) schutzwürdige Interessen von Kindern stehen entgegen.
Ausnahmen können sich insbesondere ergeben, wenn der Verletzte Angehöriger oder der Grundgedanke des § 60 StGB anwendbar ist.
Fehlt das besondere öffentIiche Interesse an der Strafverfolgung nach § 230
Abs. 1 StGB, besteht häufig auch kein Anlass, gemäß § 376 StPO die öffentliche Klage zu erhaben, wenn Strafantrag gestellt ist.
In jeder Lage des Verfahrens ist darauf zu achten, dass bei einer Einstellung
wegen der Straftat die rechtzeitige Abgabe der Sache an die zuständige Verwaltungsbehörde zur Ahndung etwaiger Ordnungswidrigkeiten vor Eintritt der
Verjährung erfolgt.
4.
Bei unerlaubtem Entfernen vom Unfallort kann eine Sachbehandlung nach
den §§ 153, 153 a StPO angezeigt sein, wenn sich der Beschuldigte um die
Beseitigung der Folgen der Tat bemüht, insbesondere die erforderlichen Fest Stellungen nachträglich ermöglicht oder den Unfallschaden wiedergutgemacht
hat.
5.
In Fällen häuslicher Gewalt wird aufgrund des Beziehungsgeflechts zwischen
Täter und Opfer das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung in der Regel
zu bejahen sein (Nr. 86 Abs. 2 .S;2 und Nr 233 RiStBV)
In der Aussprache wird auf die verteilte Schmerzensgeldtabelle hingewiesen.
Zum Abschluss weist der Referent auf die unterschiedliche Bewertung hin:
1. Wenn die Gegner bestraft werden sollen – Obligatorik
2. Finanzielle Forderungen – fakultativ - freiwillig
12:00 Uhr Mittagspause
12:50 Uhr Mitgliederversammlung
Der Vorsitzende eröffnet wieder die Sitzung.
Kollege Ernst - Dieter Wiedemann, BzVgg Magdeburg, überbringt die Grußworte
der Partnerschaftsbezirksvereinigung. In seinem Grußwort geht er auf die Gemeindereform
in Sachsen – Anhalt
ein. Dadurch sind
10% weniger Träger in der
BzVgg.. Die VV werden in Sachsen – Anhalt überarbeitet, eine Verankerung der
BzVgg in den VV wäre sinnvoll.
1. Genehmigung des Protokolls der Jahreshauptversammlung vom 17.04.2010.
Die Versammlung genehmigt einstimmig die Niederschrift.
2. Vorstellung der Neuen Schiedspersonen.
Die
Kollegen Dieter Buczko, Vechelde; Manfred Grove, Lahstedt und Dieter
Nachtweg ,Ilsede stellen sich vor.
3. Sachstand Bundessatzung
Kollege Willi Bauck berichtet über den Sachstand der Klage am Landgericht Bochum. Am 14.10.2010 ist die Urteilsverkündigung (der Termin ist wieder verlegt
auf den 14.11.2010).
Der Kollege Wolfgang Kortgödde erläutert den Beschluss der Kostenbeteiligung
(300 €). Kollege Helmut Wertz schlägt vor: Nach dem Urteil eine Überprüfung
des Verfahrens und keine weitere Zustimmung für eine finanzielle Unterstützung
in Höhe von 1000 € bereitzustellen.
4. Anregungen zur Arbeitsmappe
Es werden Einlegeblätter für die Arbeitsmappe verteilt. Übersicht der Paragrafen
des NSchlG und NSchÄG.
5. Entfällt
6. Fälle aus der Praxis
Kollege Peter Schuchard,
Boldecker
Land, berichtet über 3 Fälle aus
dem
Nachbarschaftsrecht.
Kollege Hansi Kues, Lehre, berichtet über seinen Fall aus dem Nachbarschafts
recht (Schwengelrecht).
Kollege Axel Gründemann, Wesendorf, fragt nach der Befangenheit.
Kollege Heinrich Miehe, Hohenhameln, fragt nach der Verlegung des Termins der
Schlichtungsverhandlung.
Alle Fälle werden ausführlich besprochen.
7. Sonstiges
Die Versammlung äußert sich positiv über den Versammlungsort.
Ende der Versammlung um 14.30 Uhr
Wolff von der Sahl
Vorsitzender
W.Bauck
Geschäftsführer