Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn... Absehen von

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Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn... Absehen von
Es kann der Frömmste nicht in
Frieden leben, wenn...
Absehen von der
Gebührenerhebung
Tipp für den Fall der Fälle
11 08
SchAZtg 79. Jahrgang
S. 241-264 ISSN 0945-7097
SchiedsamtsZeitung
Organ des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. – BDS –
Begründet 1926 von Reichsgerichtsrat i. R. Dr. jur. h. c. Fritz Hartung Inhalt
241 Es kann der Frömmste nicht
in Frieden leben, wenn...
248 In der Eisdiele
250 Tipp für den Fall der Fälle
251 Anfragen an die Redaktion
253 Aus der Rechtsprechung
257 BDS-Nachrichten
257 Terminkalender
258 Berichte und Meinungen
258 Hausmitteilungen
258 Nordrhein-Westfalen
259 Thüringen
260 Brandenburg
260 Personalien
261 Das Schiedsamt im Spiegel
der Presse
264 Und ganz zum Schluss
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ISSN 0945-7097
SchiedsamtsZeitung
Organ des Bundes
Deutscher Schiedsmänner
und Schiedsfrauen e.V.
Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn...
von DAG Lothar Schwarz, Lampertheim
Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht
gefällt...
Wer kennt diesen Spruch nicht, der uns
immer wieder begegnet. Ein Spruch, der
gerade Schiedsleuten bestens vertraut sein
muss, werden sie doch ständig damit konfrontiert, was den nachbarschaftlichen
Frieden stört.
Ich möchte im Folgenden aus der Praxis
eines Amtsrichters einen Überblick über
das geben, womit wir uns beschäftigen.
Ich kann versichern: Es ist dasselbe, was
die Schiedsleute täglich umtreibt, die Suche nach einer Lösung, mit der beide Parteien leben können. Nichts ist im Nachbarschaftsprozess schlimmer als ein Urteil, das
einen der beiden Streithähne zum Sieger
erklärt. Nur wenige Verfahren brauchen
mehr Fingerspitzengefühl als ein Nachbarschaftsprozess. Nicht ohne Grund werden
für ein solches Verfahren innerhalb der
Personalbedarfsberechnungen für Richter
erheblich höhere Bearbeitungszeiten angesetzt als für andere Verfahren.
Was macht Nachbarprozesse so kompliziert
und zeitaufwändig? Aus meiner Sicht die
Tatsache, dass die Menschen letztlich mitoder nebeneinander leben müssen und
sich täglich sehen. Sie haben sehr viele
Berührungspunkte und damit viele Anlässe, sich zu streiten. Nachbarn sind über ihr
Eigentum miteinander verheiratet und müssen daher entsprechend behandelt werden.
Was aber sind die Auslöser von nachbarschaftlichen Streitigkeiten? Aus meiner
Sicht selten das, was vor den Schiedsleuten
und vor dem Richter verhandelt wird. Meist
liegen die Ursachen tiefer. Und sei es nur
der spaßhaft gemeinte und über die Straße
gerufene Satz der einen Nachbarin zu der
anderen, dass deren Wäsche heute aber gar
nicht so weiß aussehe. Das kann zu ernsthaften Problemen führen. Hinzu kommt, dass
in Zeiten größerer persönlicher Flexibilität
nicht immer gewachsene Verhältnisse vorliegen, d.h. Personen nebeneinander wohnen,
die sich schon aus dem Sandkasten kennen.
Menschen unterschiedlichster Professionen,
Einkommensstrukturen und Interessen werden via Eigentum zusammengewürfelt und
sollen nun miteinander auskommen.
Die nachfolgende Darstellung möchte
Schwerpunkte bilden und die Streitigkeiten auf die Hauptfälle zurückführen.
Besonders streitfreudig sind Nachbarn,
wenn es um die Grenzabstände von Hecken und anderen Gewächsen geht, Streitobjekt ist weiter der Überhang von Ästen
und Wurzeln sowie die Entziehung von
Licht, Luft und Sonne, gefolgt von Laubabwurf im Herbst, Emissionen (Lärm, Gestank) und das Hammerschlags- und Leiterrecht.
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Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn...
Diesen potentiellen Streitfeldern sind mindestens 2 Dinge gemeinsam:
1. Sie müssen erst vor die Schiedsperson,
bevor eine Klage zum Amtsgericht zulässig ist. § 1 des Gesetzes zur Regelung
der außergerichtlichen Streitschlichtung
schreibt in Hessen vor, dass bei bestimmten Streitigkeiten die Erhebung
der Klage vor dem ordentlichen Gericht
erst zulässig ist, wenn zuvor erfolglos
ein Schlichtungsverfahren entweder vor
einer gekorenen Schlichtungsstelle (von
RA-Kammern eingerichtet) oder einer
geborenen Schlichtungsstelle – Schiedsämter – erfolglos durchgeführt wurde.
Insbesondere handelt es sich um Streitigkeiten
a) der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen,
b) des Überwuchses nach § 910 BGB,
c) des Hinüberfalles nach § 911 BGB,
d) des Grenzbaumes nach § 923 BGB,
e) der im Hessischen NachbarrechtsG
geregelten Nachbarrechte mit Ausnahme der Einwirkungen eines gewerblichen Betriebs.
Hierbei sind Grenzbaum und Hinüberfall von Früchten vernachlässigbar.
2. Die Verhandlungen sollten möglichst mit
einem Vergleich enden; enden sie mit
einem Urteil und unterliegt eine der Parteien mehr als die andere, ist das
nächste Verfahren bereits vorprogrammiert. Damit muss der Verhandlungsführer versuchen zu ergründen, was
hinter dem vorgetragenen Streit steht.
Hier sind Kenntnisse über Herkunft,
Familie (auch die Eltern standen schon
immer im Streit) etc. von großem Vorteil, die Schiedsperson hat hier deutliche Vorsprünge gegenüber dem Richter
Ich hatte vor vielen Jahren den Fall zu
verhandeln, dass sich Nachbarn regelrecht
242
bekriegt haben. Je nachdem, wer gerade
den Prozess gewonnen hatte, erschien am
nächsten Tag in irgendeinem Ortsblättchen
ein Artikel, wonach A wieder gegen B gewonnen habe. Man kann sich denken, dass
B auf Rache sann und auch bald einen
ausreichenden Anlass fand, um nunmehr
den A zu verklagen. So ging das über Jahre
hin und her, die Anzeigen in den Artikeln
wurden geschrieben und gedruckt, jeder
wusste, wann wieder ein Prozess anstand.
Das ging solange, bis eine Klage eingereicht wurde, weil A an dem grünen Maschendrahtzaunpfosten des B in Höhe von
10 cm über dem Erdboden bei Grabarbeiten mit dem Spaten einen Kratzer von ca.
1 cm Länge angebracht hatte. Daraufhin
habe ich für 10.00 Uhr Termin bestimmt
und das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet. Ich habe die Sache aufgerufen, die Anträge stellen lassen und sofort die Klage abgewiesen. Die Sache war
binnen 3 Minuten erledigt. Die Parteien
standen ratlos herum und haben mich gefragt, warum sie denn für diese 3 Minuten
Urlaub nehmen mussten. Die Antwort war
einfach: wer es fertigbringt, das Gericht
mit einem solchen Unfug zu ärgern, kann
dies auch mit 1 Tag Urlaub bezahlen. Ab
dann war Ruhe.
Diese Möglichkeit haben Schiedsleute nicht.
Sie haben nur die Möglichkeit, an die Vernunft zu appellieren und darauf hinzuwirken, dass sich die Parteien einigen.
Wenn jeder etwas gewinnt, verliert er
nicht sein Gesicht, er kann ja den obsiegenden Teil vor sich selbst höher bewerten
als dies der andere tut und sich dann
sagen, dass er die Schlichtung ja im Wesentlichen gewonnen habe; dem anderen
habe er es aber gezeigt. Diese kleine Freude sollte man ihm lassen, der andere hat
sie im Zweifel auch. So erreicht man es,
dass man nicht ständig zwischen den Parteien vermitteln muss.
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Wenn das nicht gelingt, kommt man ohne
juristische Grundkenntnisse nicht mehr
weiter. Grundlegend ist Folgendes:
Ein Nachbar, der von einem anderen ein
Tun oder Unterlassen begehrt, muss sich
zunächst auf eine Anspruchsgrundlage
berufen können, d.h. eine Norm, die ihm
das zugesteht, was er gerne hätte. Der so
oft bemühte Satz, dass nur das eine oder
andere Verhalten dem Gebot von Treu und
Glauben entspräche und deshalb so oder
anders zu verfahren sei, kennzeichnet die
Sache unzureichend, denn § 242 BGB ist
gerade keine Anspruchsgrundlage, sondern
skizziert nur, wie Rechte und Pflichten
auszuüben und zu leben sind. Begeben wir
uns also auf die Suche nach der Anspruchsgrundlage für vorschlagsweise zunächst die Grenzabstände:
Das BGB hilft uns hier mit § 1004 BGB
weiter, der einen Unterlassungsanspruch
gibt. Er lautet wie folgt:
§ 1004 BGB
Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
1
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als
durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer
von dem Störer die Beseitigung der Beeinträch2
tigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer
auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der
Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
Das ist die Grundnorm, mit der die meisten
Fälle schon zu erledigen sind.
Was aber ist nach Absatz 2 zu dulden, was
nicht? Hier hilft uns jetzt ein lex specialis,
nämlich das Hessische Nachbarrechtsgesetz weiter. Alles, was dort verboten ist, ist
in der Regel auch nicht zu dulden; was
gesetzeswidrig ist, kann nicht zur Duldung
anstehen. Eine Birke, die näher als 2 m zur
Grenze des Nachbargrundstücks gepflanzt
ist, steht entgegen dem Gesetz zu nahe an
der Grenze. Derjenige, der sich durch die
Birke gestört fühlt, kann daher verlangen,
dass dieser gesetzeswidrige Zustand in einen Zustand abgeändert wird, der dem
Gesetz entspricht. Es ist auch schon vorgekommen, dass der Grenzabstand alleine
deshalb nicht eingehalten war, weil entgegen § 40 HessNachbarRG nicht von der
Stammmitte aus gemessen wurde...
§ 1004 BGB gibt nun bei fortdauernder Störung einen Unterlassungsanspruch. Daraus
folgt: Was zu nahe ist, muss daher grundsätzlich entfernt werden. Eine Ausnahme
besteht nur, wenn, § 43 HessNachbarRG, die
Anpflanzung bereits 5 Jahre besteht und
der Nachbar den gesetzeswidrigen Zustand
hingenommen hat. Dann soll er aus Gründen des Rechtsfriedens mit seinem Beseitigungsanspruch ausgeschlossen sein.
Was aber, wenn in 2000 eine Birke zu nahe
an die Grenze gepflanzt wird und der Eigentümer sein Grundstück in 2004 veräußert, ohne zuvor auf Beseitigung geklagt
zu haben. Läuft die Frist für den Erwerber
wieder neu? Die Antwort lautet »nein«,
maßgeblich ist der Zeitpunkt der Anpflanzung. Geht der Streit der Parteien dann
darüber, ob die Birke erst 4 oder schon
6 Jahre steht, kann der Richter auch schon
mal Zeugen vernehmen oder ein Sachverständigengutachten einholen. Der Sachverständige kann am Wuchs etc. oft
bestimmen, wie alt der Baum ist und wie
lange er wohl schon gepflanzt sein mag.
Besonders beliebt sind Grenzabstände, aber
nicht nur bei Bäumen, sondern gerade bei
Hecken. Das hessische Nachbarrecht gibt
in § 39 genaue Grenzabstände vor. Höhe
bis zu 1,20 m –> 25 cm, Höhe bis zu 2 m
–> 50 cm und ab 2 m –> 75 cm.
Die entscheidende Frage aber, was eine
Hecke ist, regelt das Gesetz nicht. Diese
Frage zu beantworten wird nicht schwer
fallen, wenn man eine Reihe von Thuja-
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Setzlingen vor sich sieht, die im Abstand
von ca. 50 cm zueinander gesetzt sind, dicht
ineinandergewachsen sind und wie eine
Wand vor dem Betrachter stehen. Das ist
ganz sicherlich eine Hecke. Was aber, wenn
der Streit nur über 3 Thujen geht, die in
größerem Abstand voneinander angepflanzt
sind, dennoch aber nur unzureichend Licht
und Luft durchlassen? Ist es schon eine
Hecke oder noch eine Einzelanpflanzung?
Die Rechtsprechung geht dann von einer
Hecke aus, wenn die Stecklinge so dicht in
einer Reihe nebeneinander angepflanzt
sind und wenn sie zugleich in der Höhe
und an den Seiten so beschnitten werden,
dass ein Dichtschluss sowie eine Höhenund Seitenbegrenzung erreicht werden.
Folge: ist die Anpflanzung eine Hecke und
steht sie zu nah an der Grenze, muss sie
entweder von der Grenze weiter weg gesetzt oder aber auf die für den Abstand
zulässige Höhe gestutzt und gehalten werden. Dabei kann, was viele Nachbarn gerne
übersehen, nicht verlangt, werden, dass die
Hecke zu jeder Zeit die max. zulässige Höhe nicht überschreiten darf. Natur wächst,
d.h., es kann nicht sein, dass der Eigentümer der Hecke jeden Samstag mit Zollstock
und Heckenschere bewaffnet die Grenzhecke abschreitet. Natürlich reicht es aus,
die Hecke in jährlichen Zeitabschnitten zu
stutzen, vorzugsweise im Herbst und damit
außerhalb der Vegetationsperiode. Auch
hier gebietet § 242 BGB nur das wann und
wie, das ob ergibt sich aus § 1004 BGB!!!
Was aber, wenn – wie üblich – die Hecke
bei Anpflanzung den richtigen Grenzabstand einhielt, nach 5 Jahren aber nicht
mehr? Dann kann derjenige, der sich durch
die Nichteinhaltung des Grenzabstandes
gestört fühlt, auf Rückschnitt auf die zulässige, d.h. die dem Grenzabstand entsprechende Höhe klagen.
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Was, wenn die Hecke seit 5 Jahren schon
über die zulässige Höhe hinausragt?
Dann hat der sich gestört fühlende Nachbar sein Recht verloren, auch hier wird
man die 5-Jahresregel, wenn auch nur
entsprechend, anwenden müssen. Sie bezieht sich dann nicht mehr auf die Beseitigung, sondern auf den Rückschnitt. Alles
was länger als 5 Jahre geduldet ist, steht
für die Zukunft fest. Der 5-Jahreszeitraum
beginnt aber jedes Mal neu zu laufen,
wenn die Beeinträchtigung in eine neue
Stufe eintritt.
War eine Hecke, die 25 cm von der Grenze
weg steht und deshalb 1,20 m nicht übersteigen darf, über 5 Jahre hinweg unbeanstandet 1,40 m hoch und erreicht sie im
7. Jahr 2,10 m, beginnt der 5-Jahreszeitraum erneut zu laufen; aus meiner Sicht
kann dann Rückschnitt auf die nächst darunterliegende Stufe von 2 m gefordert
werden. Das sehen Kollegen aber unter1
schiedlich.
Ein weiterer Streitpunkt ist die Frage, wie
mit Überwuchs etc. zu verfahren ist.
Antwort hierauf gibt § 910 BGB
§ 910 BGB
Überhang
1
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann
Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die
von einem Nachbargrundstück eingedrungen
2
sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche
gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der
Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung
bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.
(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu,
wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.
1 Vgl. Väth Besprechung BGH Urteil v. 14.11.2003
– V ZR 102/03 in Schiedsamtszeitung S. 145 ff.,
2004.
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Voraussetzung ist also auch hier wie in
§ 1004 BGB eine Beeinträchtigung. Ragt
der Ast nur 2 cm über die Grenze, ist wohl
eine Beeinträchtigung nicht ersichtlich mit
der Folge, dass die Benutzung des Nachbargrundstücks nicht beeinträchtigt ist,
und ein Selbsthilferecht nicht besteht.
Vor einiger Zeit war der Fall zu entscheiden,
dass der Beklagte auf seinem Grundstück
Fichten, Tannen und andere Bäume angepflanzt hatte, beim klagenden Nachbarn
hingegen ist der Rasen nicht mehr gewachsen. Nach Ansicht des Klägers war die Ursache klar: die Wurzeln graben den Rasenpflänzchen jede Versorgung mit Wasser ab,
der Beklagte vertrat die Auffassung, der Rasen sei überdüngt und daher verbrannt. Ein
Gutachten brachte die Lösung: die Wurzeln
störten nicht, der Boden hatte Schadstoffe
»gebunkert«, war überdüngt und der Rasen
hatte aus diesem Grunde keine Chance.
Damit kommt man zwangsläufig zu der
Frage, was eine Beeinträchtigung ist. Diese
Frage ist sowohl für § 1004 BGB als auch
für andere Normen des Nachbarschaftsrechts maßgeblich.
Eine Beeinträchtigung ist jeder dem Inhalt
des § 903 BGB widersprechende Eingriff in
die tatsächliche oder rechtliche Sachherrschaft des Eigentümers. Hierzu gehören
zunächst alle positiven Eingriffe wie Betreten, Zuführung von Gasen, Stoffen etc.,
Verhinderung der Benutzung (Errichten
eines Tors an der Zufahrt, ohne die
Schlüssel herauszugeben).
Negative Beeinträchtigungen hingegen sind
nur in ganz engen Ausnahmen abwehrfähig. So ist die Entziehung von Licht, Luft,
Windzufuhr oder Ausblick als negativer
Eingriff nicht nach § 1004 BGB abwehrbar.
Als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt
allenfalls das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis, das als besondere Ausprägung
des § 242 BGB Grenzen setzt. Wenn die
Beeinträchtigung durch eine Anpflanzung
auf dem Nachbargrundstück so groß ist,
dass eine Benutzung des eigenen Grundstücks nicht mehr sinnvoll möglich ist, besteht wohl ein Abwehranspruch. Beispiel:
Schatten so stark, dass auf dem beeinträchtigten Grundstück praktisch nichts
mehr wächst; in der Wohnung muss wegen
der Anpflanzung des Nachbars den ganzen
Tag über Licht angeschaltet werden.
Die Beeinträchtigung ist auch im Rahmen
des § 906 BGB der wesentliche Begriff.
Nach dieser Norm sind u.a. Gase und Gerüche abwehrbar.
§ 906 BGB
Zuführung unwägbarer Stoffe
1
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die
Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen,
Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen
und ähnliche von einem anderen Grundstück
ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines
Grundstücks nicht oder nur unwesentlich be2
einträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen
oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenzoder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen
3
nicht überschritten werden. Gleiches gilt für
Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften,
die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand
der Technik wiedergeben.
1
(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche
Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art
2
wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so
kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld
verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen
Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.
(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung
ist unzulässig.
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So hat das LG München I in 1988 entschieden, dass ein Komposthaufen, der
unmittelbar an die Grenze gebaut ist, eine
unzumutbare Belästigung darstelle und
mithin zu entfernen sei.
Das OLG Koblenz hat in einem 1979 entschiedenen Fall zwar nicht die Entfernung
des Müllzentrums einer Wohnhausanlage
angeordnet, wohl aber bestimmt, dass der
Müllsammelplatz nicht mehr genutzt werden darf.
Das wird jeweils eine Frage des Einzelfalles
sein. So wird es Komposthaufen geben, die
2 m von der Grenze weg sind, aber wesentlich mehr stinken, als ein Kompost, der
direkt an der Grenze angelegt und sachgerecht ist. Dann kommt es sicherlich auch
darauf an, wie der Kompost in den anderen Gärten entsorgt wird, ob es z.B. ortsüblich ist, einen Misthaufen anzulegen.
Neben der Beeinträchtigung fordert § 906
BGB noch eine Wesentlichkeit. All das, was
nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt, kann bleiben. Maßstab ist hierbei das
Empfinden eines verständigen, das Allgemeininteresse an jugendfreundlicher Umgebung, die Umweltbelange und die berechtigten Belange Behinderter berücksichtigenden Durchschnittsbenutzers. Kurz,
was der normale Mensch als tragbar empfindet, ist hinzunehmen.
Dies festzustellen ist nicht immer einfach.
Während für den einen das zarte Klingen
eines Windspiels das Ohr erfreut und gerne
hingenommen wird, stört sich der Nachbar
daran und drängt darauf, dass die Glocken
entfernt werden. Wenn sich die Parteien
schon darüber streiten, ob das Geräusch
durch ein Windspiel oder ein Glöckchen
verursacht wird, hat die Schiedsperson in
der Regel keine Chance mehr.
In diesem Fall lag das Problem darin, dass
die klagende Nachbarin den ganzen Tag
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nichts anderes mehr zu tun hatte, als auf
den nächsten Windzug und das dadurch
ausgelöste leise Klingen zu warten. Würde
sie sich nicht nur darauf konzentrieren,
nähme sie das Klingeln, das von jedem
vorbeifahrenden Auto und jedem Vogel
mühelos übertönt wird, gar nicht wahr.
Deshalb macht es Sinn, auf das normale
Durchschnittsempfinden abzustellen. Da
Schiedspersonen über eine breite Lebenserfahrung verfügen, ist ihnen dieses Durchschnittsempfinden durchaus geläufig, so
dass es nur selten Mühe machen sollte,
derartige Streitigkeiten beizulegen.
Ebenfalls an § 906 BGB wird man die Frage
messen müssen, wie Laubabfall zu bewerten ist. Hier vertrete ich die Auffassung,
dass es gegen üblichen Laubabfall in aller
Regel kein Gegenmittel gibt (es sei denn,
man zieht nach Frankfurt oder eine andere
Großstadt und nimmt dort Wohnung in
einer Betonwüste). Auch hier gibt es aber
Ausnahmen. So hat der BGH entschieden,
dass nur dort, wo wirklich eine wesentliche
Beeinträchtigung erfolgt und eine Abwehr
mit zumutbaren Maßnahmen nicht mehr
möglich ist, ggf. ein Ausgleich in Geld zu
zahlen ist (Bsp. Reinigungskosten für
Dachrinne, wenn diese praktisch wöchentlich gereinigt werden muss).
Die Entscheidungen zum lärmenden Gockel oder dem quakenden Frosch sind Legion, eine Entscheidung wird immer auf
der Basis des § 906 BGB erfolgen und ganz
auf den Einzelfall abgestimmt sein.
Besonders interessant sind die Fälle, in denen es letztlich nur um die Ästhetik geht.
Kommt dann noch Kunst dazu, ist der Fall
kaum noch händelbar.
Einfach ist zunächst der Satz, dass Handlungen auf dem eigenen Grundstück, die
das ästhetische oder sittliche Empfinden
des Nachbarn verletzen oder den Verkehrswert des Nachbargrundstücks min-
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dern, nicht als Beeinträchtigungen angesehen werden. Nacktbaden auf dem eigenen Grundstück mag zwar je nach Einzelfall den Nachbarn ärgern oder erfreuen, es
ist aber nicht abwendbar im Rahmen des
§ 1004 BGB; ebenso kann ich auf meinem
Grundstück Baumaterialien lagern, auch
wenn der Nachbar ein Hotel betreibt. Ohne
Frage kann ich auch Gartenzwerge auf
meinem Grund und Boden aufstellen. Insoweit hilft mir § 903 BGB, der mir die
Freiheit meines Eigentums garantiert. Eine
Grenze wird man wegen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dort
annehmen, wo das Persönlichkeitsrecht des
Nachbarn betroffen wird (Aufstellen eines
Gartenzwergs, dessen nackter Hintern auf
die Terrasse des Nachbarn zeigt und keinen
anderen Zweck hat, als den Nachbarn zu
ärgern).
Beliebtes Streitobjekt sind auch Katzen
und andere frei lebende Haustiere. So hat
das AG Passau 1983 einen Katzenhalter
verurteilt, dafür Sorge zu tragen, dass seine Katzen nicht mehr das Nachbargrundstück betreten, denn die Katzen würden
bei dem Nachbar Kot, tote Vögel etc. ablagern und beim Erklettern der Trennwand
diese zerkratzen. Das LG Darmstadt sieht
eine Beeinträchtigung erst als gegeben an,
wenn 4 Katzen einbrechen, 2 Katzen allerdings müssten wegen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses noch geduldet werden. Das OLG Celle hingegen
hat entschieden, dass Reihenhausbesitzer
das Betreten ihres Grundstücks durch fremde Katzen dulden müssen. Hieraus mag
man sehen, dass alles möglich ist und dem
Wahnsinn keine Grenzen gesetzt sind.
Hammerschlags- und Leiterrecht
Nach § 28 HessNachbarG muss es der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks dulden, dass sein Nachbar das Grundstück
betritt und ein Gerüst darauf aufbaut, so-
weit dies erforderlich ist, um ein Bauwerk
zu errichten, zu verändern, zu unterhalten
oder zu beseitigen. Oft ist hier die Dauer
ein Streitpunkt. Dies kann man lösen, indem man einen bestimmten Zeitpunkt
aufnimmt, denn das Hammerschlags- und
Leiterrecht gibt eine Duldungspflicht – und
damit für den Nachbarn ein Duldungsrecht
– nur her, wenn und soweit dies nötig ist.
Auf Verlangen des Pflichtigen ist eine Kaution zu leisten, §§ 23, 29 HessNachbarG,
die Maßnahme ist 2 Wochen vorher anzuzeigen. Es empfiehlt sich, derartiges in einen Vergleich aufzunehmen.
Errichten einer zweiten Grenzwand
Derzeit beschäftigt die Gerichte der folgende Fall: Eine Grundstückseigentümerin,
vertreten durch ihren querulatorisch veranlagten Schwiegersohn, hat auf ihrem
Grundstück vor langer Zeit eine Mauer,
belegen direkt an der Grenze errichtet. Die
Nachbarin errichtet nunmehr parallel dazu
eine weitere Wand, ohne allerdings anzubauen im Sinne des § 8 HessNachbarG
(= Mitnutzung dergestalt, dass Mauer Bestandteil des eigenen Bauwerks ist). Nach
§ 9 HessNachbarG ist der nachträgliche
Bauherr verpflichtet, die entstehende Fuge
zu verdecken. Genau dies will die Nachbarin tun, wird darin aber behindert von dem
Beklagten, welcher die an seiner Wand angebrachten Winkelbleche wieder entfernt
und den Spalt wiederherstellt. Dieser Streit
beschäftigt nun seit 2–3 Jahren die Gerichte und jetzt auch den Schiedsmann. Aus
meiner Sicht keine Frage: die Bleche bleiben, denn wenn es keine andere Möglichkeit gibt, kann die Klägerin ihrer Abdichtungspflicht nur dadurch nachkommen,
dass sie Bleche anbringt. Die paar Bohrlöcher schaden der anderen Wand nicht.
Auch von einer gewissen Praxisrelevanz ist
das Aufbringen von Aufschüttungen. Es
liegt auf der Hand, dass Aufschüttungen
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In der Eisdiele
auf das Nachbargrundstück verboten sind,
§ 1004 BGB. Man kann nicht die bei einem
Aushub angefallene Erde einfach auf das
Grundstück des Nachbarn werfen und dessen Tomaten zudecken oder den Teich auffüllen.
Auf das eigene Grundstück hingegen kann
man, § 903 BGB, zunächst lagern, was man
will. Führt dies aber dazu, dass Niederschlagswasser verstärkt auf das Nachbargrundstück fließt, gibt es wieder Grenzen.
Unterstellt, A baut im Grenzbereich einen
Hügel, groß wie ein Skihügel für seine Kinder, flach abfallend zum Nachbarn. Das
wird dazu führen, dass Niederschlagswasser den Hang hinab auf das Nachbargrundstück fließt. Dies kann in solchen
Mengen geschehen, dass dem die Erdbeeren ebenso wegschwimmen wie die Kartoffeln. Das kann über § 21 HessNachbarG
verhindert werden. Nach Abs. II dieser
Norm darf der Abfluss wild abfließenden
Wassers nicht verstärkt werden, wenn dadurch das Nachbargrundstück erheblich
beeinträchtigt wird.
Problematisch ist diese Aufschüttung auch
dann, wenn sie an eine auf dem Grundstück des Nachbarn befindliche Mauer erfolgt und diese umzudrücken oder zu
durchfeuchten droht, § 1004 BGB (beliebt
dann, wenn der Nachbar dahinter seinen
Partyraum hat, der schon lange stört und
bei dem es vielleicht ganz gut ist, wenn er
mal durchnässt wird; Feuchtigkeit beendet
unliebsame Feiern schneller). In einem Fall
hat ein Nachbar nachgeholfen, indem er
die Wand angebohrt und Wasser hineingeschüttet haben soll.
Der vorstehende Überblick erfasst die wichtigsten zivilrechtlichen Normen, die Schiedspersonen kennen müssen, um sachgerecht
reagieren zu können. Hierbei darf aber
nicht vergessen werden, dass es auch eine
Reihe von öffentlich-rechtlichen Vorschriften gibt, die Auswirkungen in das
Nachbarrecht haben.
Es handelt sich hierbei um
1. die Landesbauordnungen (Bauwich hat
nachbarschützenden Charakter)
2. das Baugesetzbuch
3. die Wald- und Forstgesetze
4. Bundesimmissionsschutzgesetz (Lärm!)
5. die zur Bekämpfung des Lärms ergangenen Verordnungen (Rasenmäher am
Sonntag!)
Das was dort verboten ist und auch den
Nachbarn schützen soll, kann im Rahmen
des § 1004 II BGB im Normalfall nicht zu
dulden sein, es sei denn, das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis gebietet ausnahmsweise eine andere Beurteilung.
In der Eisdiele
von Eva Maria Bacso
Motto: Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der
Humor über das, was sie tatsächlich sind. – Albert Camus
Ich zahle seit einer gewissen Zeit nur mit
Schein.
Schein? Ich würde auch gerne nur zum
Schein zahlen. Das muss ja großartig sein,
248
das Geld behältst du in deinem Portmonee
und erweckst nur das Gefühl, als hättest
du gezahlt. Und es funktioniert?! So muss
man das machen! Schade, dass man zuerst
ein gewisses Alter erreichen muss, um so
SchAZtg · 79. Jg. 2008 · H11
etwas Geniales umsetzen zu können. Das
Alter macht uns weise!
Du hast mich nicht verstanden. Ich zahle
mit Scheinen, nicht zum Schein. Es ist so,
dass ich nicht mehr genau höre, wenn z.B.
in der Eisdiele die Bedienung meinen Verzehr beziffern bzw. zahlbar machen will.
Ob es Konzentrationsmangel oder beginnende Schwerhörigkeit ist, sei hingestellt.
Sie sagt zum Beispiel, dass ich 8,35 zu zahlen habe, ich höre zwar die 8, nicht aber
die 35. Und da ich davon ganz aufgeregt
bin, dass ich die deutschen Zahlen reflexartig immer noch nicht sofort kapiere,
fühle ich mich ganz übel und höre nichts,
ich fühle mich nur. Dazu kommt noch
meine Unart, wenn ich eine Zahl höre oder
sehe, die größer ist als 10, dann spiele ich
mit ihr. Ich drehe die Zahlen um, erfinde
Geschichten mit denen.
du fühlst nur, dass deine Umgebung dich
beneidet, sich von dir entfremdet, dich
mobbt…, so fängst du an auch unmittelbar
zu spüren, dass du Erfolg hast. Die Freunde
werden skeptisch und zeigen dir nach und
nach nur die kalte Schulter. Der wahre
Erfolg macht einsam, er ist etwas Verheerendes, nur der geträumte macht uns
glücklich.
Ich wollte dir eigentlich nur über meine
neue Weise, meine Rechnung zu begleichen, berichten, weil ich sie so wichtig
fand. Das ist auch eine Alterserscheinung,
dass ich den Faden ständig verliere. Früher,
als junge Frau hatte ich nicht zu viel zu
sagen. Hatte sich jedoch eine Gelegenheit
aufgetan, so dass ich mich äußern durfte,
hatte ich dann meine Meinung hastig
kundgetan, ohne Punkt und Komma von
der Leber weg.
Mangel, den du hast, kannst du nicht links
liegen lassen, dann fühlst du dich unwohl,
eben »mangelhaft«, nach einer Weile wirst
du sogar tatsächlich krank. Das Negative,
Mangelhafte muss ins Positive transformiert werden, so dass daraus ein Spiel entsteht und dann fühlst du dich sofort besser.
Ich übte auch heimlich das MeinungSagen, so wie das Bogenschießen und je
genauer ich in das Schwarze getroffen habe, umso schneller musste ich mich danach
entschuldigen, dass die Aussage, wenn sie
überhaupt hörbar wurde, meine Meinung
nicht wieder gibt und falls sie sich bruchstückweise doch anmaßte, dies zu tun, war
sie voreilig. Heute ist es ganz anders.
Das ist ein wunderbarer Erfolg! Ob es ein
Wunder ist, das weiß ich nicht.
Aber zurück zu den Zahlen!
Wunder ist so eine Sache, wenn es wirkt,
ist alles »wunderbar«, wenn es es nicht tut,
das ist auch nicht schlimm, ist vielleicht
noch besser! Die Lage ist dir vertraut,
brauchst dich nicht umzustellen und dich
für den Erfolg zu rüsten. Und das ist gut
so, kannst weiter ungestört vom Erfolg
träumen, ohne dich mit der Umorganisation deines Lebens auseinander setzen zu
müssen. Es gibt nichts Schöneres als einen
geträumten Erfolg. Der Erfolg, der sich
verwirklicht ist ganz anders, auf den ersten
Blick fühlst du ihn direkt noch gar nicht,
Es fiel dir vielleicht noch nicht auf, dass
die Deutschen beim Aussprechen der Zahlen die Unsitte haben, zuerst die Einser
und erst danach die Zehner zu sagen. Ich
will ja nicht herummeckern und von einer
Zugewanderten wäre es eine Frechheit. Ich
liebe doch die deutsche Sprache, die deutschen Zahlen aber nicht, vielleicht könnte
ich mich für sie erwärmen, wenn ich wüsste, welche gemeint sind. In diesem Fall in
der Eisdiele, die 35 – also fünf und dreißig,
wo dreißig plus fünf gemeint sind, müsste
es nach der Formallogik auch so ausgesprochen werden. Die großen Sprachen,
249
In der Eisdiele
wie die Ungarische machen es richtig, sie
sagen »harminc-öt« zuerst die Zehner und
danach die Einser auch im Englischen
heißt es thirty-five.
Die Engländer haben sich bei den Zahlen
eine nette Übergangslösung ausgedacht.
Die wollten es sich mit den Ungarn nicht
ganz verderben, aus Angst, dass die Ungarn ihren nächsten König stellen könnten.
Wie schnell es geht, haben wir bereits bei
der Präsidentenwahl in Frankreich gesehen.
Aber konservativ, wie sie sind, wollten sie
sich aus der unfreundlichen Umklammerung der Deutschen auch nicht ganz lösen,
bis sie zwischen Scylla und Charybdis paddelten, stabilisierte sich die Verlegenheitslösung: sie nahmen zwischen 13–19 von
den Deutschen thirteen, fourteen, und so
weiter, aber ab der 20, wählten sie die einzig logisch-richtige, gut nachvollziehbare
»ungarische Art« die Zahlen zu benennen
twenty-one, twenty-two…
Ich möchte es dir nur klar machen, was
das für ein Elend ist, wenn die Bedienung
in der Eisdiele 35 sagt. Wenn wir den
günstigen Fall nehmen, dass ich tatsächlich gehört habe, kommt das Leuchtsignal
in meinem Gehirn doch nicht an, dass ich
dreißig plus fünf zu zahlen habe, es könn-
te von mir auch als fünfzig plus drei verstanden werden.
Also, ich lasse mich auf diese Tretminen
gar nicht ein, wenn die Bedienung 8 und…
sagt, zücke ich einen Zehn-Euro-Schein
aus dem Portmonee.
Dieses Verhalten hat viele Vorteile. Ich erscheine großzügig, damit mache ich meinen Mangel gesellschaftsfähig, ohne dass
einer den Mangel als solchen gemerkt hätte, und mir erspare ich das Umdrehen der
Cent-Stücke. Es ist ja auch ein Horror, dass
ich die Cent-Stücke nach 6 Jahren von der
Rückseite immer noch nicht erkenne. Und
das Umdrehen des Kleingeldes gab dem
Sparen einen unangenehmen, kleinlichen
Touch. In unseren Kreisen sollte man innovativ sparen. Es ist ganz wichtig, die
Zugehörigkeit zur Mittelschicht mindestens mit Verhaltensweisen zu pflegen,
sonst könnte man sich von Einkommensschwachen, vom Prekariat gar nicht mehr
abheben. Ich finde das Wort Prekariat
schön, es schwingt etwas aus dem französischen, etwas zwar Missliches, aber nur
noch Bedenkliches mit, die Franzosen haben halt Lebensart auch das Missliche zu
veredeln. So dass du dich sofort viel besser
fühlst!
Tipp für den Fall der Fälle
Ambulanz-Lebensretter haben sehr häufig festgestellt, dass Opfer von Straßenunfällen
ein Mobiltelefon bei sich tragen. Hingegen weiß man im Falle einer Intervention nicht,
wen genau aus der langen Adressenliste es zu kontaktieren gilt.
Die Lebensretter sind deshalb auf die Idee gekommen, dass jedermann die Notfall-Kontaktperson im Adressbuch unter demselben Pseudonym speichern sollte.
Das international anerkannte Kürzel ist ICE (= In Case of Emergency).
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion von – RiStA – Richter und Staatsanwalt in NRW.
250
SchAZtg · 79 Jg. 2008 · H11
Anfragen an die Redaktion
Anfragen sind an die Redaktion zu richten. Anschrift: Burkhard Treese,
Mersch 7, 59174 Kamen. Sie werden von fachkundigen Mitarbeitern des BDS
beantwortet und falls sie von allgemeinem Interesse sind, an dieser Stelle
veröffentlicht.
Schiedsmann H. aus F. fragt an:
Ich bin Schiedsmann in F. und habe an
mehreren Weiterbildungen teilgenommen.
In diesen wurde mir angeboten, dass bei
Unklarheiten Hilfe in Anspruch genommen werden kann. Genau das möchte ich
nun tun.
Mir liegt ein Schreiben eines Rechtsanwaltes vor, in dem er um ein Schlichtungsverfahren bittet. Als Anlage liegen
die Klageschrift an das Amtsgericht F.
und ein Beratungsschein an. Er möchte,
dass das Verfahren ohne Verfahrenskosten – also kostenfrei – durchgeführt
wird.
Ich werde den Anwalt in meine Sprechstunde einladen. Unklar ist mir mein Verhalten zu den Verfahrenskosten. Muss
ich mir die sozialen Verhältnisse des Antragstellers nochmals begründen lassen
oder kann ich davon ausgehen, wenn das
Gericht einen Berechtigungsschein für
eine Beratungshilfe für den Anwalt ausstellt, dass dies auch für mich ausreichend ist? Wenn nicht, bis zu welcher
Höhe kann der Antragsteller in so einem
Fall mit Kosten belastet werden?
Wenn in der Schiedsstelle keine Jahreseinnahmen vorliegen, wer übernimmt
dann die Kosten der Schiedsstelle? Die
Stadtverwaltung?
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir
ganz kurz einige Verhaltsweisen mailen
würden. Schon im Voraus herzlichen Dank.
Aus der Antwort:
Zunächst ist festzuhalten, dass es im Verfahren vor der Schiedsstelle, die Anfrage
kommt aus Brandenburg, weder Beratungs- noch Prozesskostenhilfe gibt. Diese
beiden Hilfsmöglichkeiten für bedürftige
Antragsteller, die ihre Ansprüche mithilfe
rechtsanwaltlicher Beratung oder mithilfe
eines gerichtlichen Verfahrens durchführen wollen, sind im Beratungshilfegesetz
bzw. hinsichtlich der Prozesskostenhilfe in
der Zivilprozessordnung geregelt. Sie setzen auf der einen Seite eine Bedürftigkeit
des Antragstellers in dem Sinne voraus,
dass er nur ein beschränktes Einkommen
hat, und auf der anderen Seite muss der
vorgetragene Anspruch Aussicht auf Erfolg
haben. Diese beiden Voraussetzungen werden durch das Gericht geprüft. Bei der Beratungshilfe erfolgt die Prüfung durch den
zuständigen Rechtspfleger des Amtsgerichts, bei der Prozesskostenhilfe durch
den zuständigen Richter, der auch das spätere Verfahren bei Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu bearbeiten hat.
Von daher könnte man der Meinung sein,
dass, wenn schon das Gericht die Voraussetzungen geprüft hat, die Schiedsstelle
eine solche Prüfung nicht mehr vornehmen muss.
Geregelt ist das Verfahren, ob die Schiedsstelle von der Gebührenerhebung absieht,
in § 44 des Schiedsstellengesetzes Bbg.
Hierin heißt es in § 44 Abs. 1:
»Die Schiedsstelle kann ausnahmsweise,
wenn das mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen oder sonst aus Billigkeitsgründen geboten erscheint, die Gebühren
ermäßigen oder von ihrer Erhebung ganz
oder teilweise absehen. Aus denselben
Gründen kann von der Erhebung von Aus-
251
Anfragen an die Redaktion
lagen, mit Ausnahme der in § 43 Abs. 2
(das sind die Dolmetscherkosten) genannten, abgesehen werden.«
Zunächst einmal ist deutlich darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zur Beratungs- und Prozesskostenhilfe, bei denen
der Antragsteller einen Anspruch auf eine
entsprechende Bewilligung bei Vorliegen
der Voraussetzungen hat, es sich bei § 44
um eine Ermessensvorschrift handelt, bei
der das Ermessen durch die Schiedsperson
ausgeübt wird.
Dies gilt unter zwei Voraussetzungen, wenn
nämlich die wirtschaftlichen Verhältnisse
des Zahlungspflichtigen oder sonst Billigkeitsgründe (das sind Gerechtigkeitsgründe) es geboten erscheinen lassen.
Die Verwaltungsvorschrift 1 zu § 44 gibt
dann der Schiedsperson einige Hilfen an
die Hand, wann die Schiedsstelle in der
Regel von dieser Vorschrift Gebrauch machen soll. Dies soll dann der Fall sein, wenn
der Schuldner glaubhaft macht, dass er
ohne Beeinträchtigung des für ihn und
seine Familie notwendigen Unterhalts die
Kosten nicht bezahlen kann. Zur Glaubhaftmachung können eine Verdienstbescheinigung, ein Rentenbescheid, ein Arbeitslosennachweis, ein Sozialhilfebescheid
oder andere geeignete Unterlagen genügen.
Es bleibt aber immer darauf hinzuweisen,
dass ein Antragsteller keinen Anspruch
darauf hat, dass die Schiedsstelle auf die
Gebührenerhebung verzichtet. Deutlich
wird aus der Verwaltungsvorschrift aber
auch, dass keinerlei Erfolgsaussicht durch
die Schiedsstelle geprüft wird. Dies hängt
nun einmal damit zusammen, dass durch
die Schiedsstelle der vermeintliche Anspruch des Antragstellers ja letztlich nicht
beurteilt wird, immer eingedenk des Mottos des BDS: Schlichten statt richten.
252
Wenn denn die Schiedsstelle von dieser
Möglichkeit Gebrauch macht, und sie kann
ja auch teilweise davon Gebrauch machen,
ist die nächste Frage, was mit den Auslagen zu geschehen hat. Auch hier war bereits in der Vorschrift des § 44 darauf hingewiesen worden, dass aus den gleichen
Gründen die Schiedsstelle von der Erhebung von Auslagen, mit Ausnahme der
Dolmetscherkosten, absehen kann.
Absatz 2 dieser Vorschrift regelt dann, dass
den Ausfall der Schreibauslagen die
Schiedsstelle trägt, während notwendige
bare Auslagen von der Gemeinde als Sachkosten der Schiedsstelle zu tragen sind.
Dies wird auch noch einmal deutlich durch
die Verwaltungsvorschrift 1.f zu § 12, der
ja regelt, dass die Sachkosten der Schiedsstelle die Gemeinde zu tragen hat. Zu den
Sachkosten im Sinne dieser Vorschrift gehören dann insbesondere die »nicht beitreibbaren oder gem. § 44 nicht erhobenen
Auslagen der Schiedsperson«.
Um die Fragen noch einmal abschließend
zu beantworten:
1. Sie können es als ausreichend ansehen,
wenn durch das Gericht ein Berechtigungsschein erteilt ist, dass dies auch
für die Vorschrift des § 44 Schiedsstellengesetz Bbg ausreichend ist.
2. Sie können von der Erhebung der Gebühren ganz absehen oder aber sie
auch ermäßigen, je nach Ihrer eigenen
Entscheidung.
3. Da keine Einnahmen auf Seiten der
Schiedsstelle vorliegen, die Schiedsstelle aber möglicherweise durch Postzustellungskosten Auslagen gehabt hat,
hat diese die Gemeinde zu tragen, die
ja der allgemeine Sachkostenträger der
Schiedsstelle ist.
SchAZtg · 79. Jg. 2008 · H11
Aus der Rechtsprechung
1. Die in einem formularmäßigen Mietvertrag enthaltene Klausel:
»Der Mieter ist verpflichtet, die während
der Dauer des Mietverhältnisses notwendig werdenden Schönheitsreparaturen
ordnungsgemäß auszuführen. Auf die
üblichen Fristen wird insoweit Bezug genommen (z. B. Küchen/Bäder: drei Jahre,
Wohn- und Schlafräume: vier bis fünf
Jahre, Fenster/Türen/Heizkörper: sechs
Jahre).«
enthält einen starren Fristenplan und ist
deshalb unwirksam.
2. Eine vorformulierte Klausel, nach der
der Mieter verpflichtet ist, bei seinem
Auszug alle von ihm angebrachten oder
vom Vormieter übernommenen Tapeten
zu beseitigen, ist wegen unangemessener
Benachteiligung des Mieters unwirksam.
BGH, Urt. v. 5. 4. 2006 – VIII ZR 152/05 (LG
Nürnberg-Fürth)*
Sachverhalt
Das BerGer. entschied, dem Kl. stehe ein
vertraglicher Anspruch wegen der unterlassenen Entfernung von Tapeten nicht zu,
weil § 13 Nr. 2 des Mietvertrags gem.
§ 307 BGB (früher: § 9 AGBG) unwirksam
sei, soweit die Klausel den Mieter zur Beseitigung von Wand- und Deckentapeten
verpflichte. Die Kombination mit der
Schönheitsreparaturklausel in § 8 Nr. 2 des
Mietvertrags entspreche nicht mehr dem
gesetzlichen Leitbild eines Mietvertrags
und benachteilige den Mieter unangemessen. Die formularmäßigen Vereinbarungen
* Mit dem gleichen Ergebnis vgl. auch BGH, Urt.
v. 5.4.2006 – VIII ZR 163/05 – (LG Düsseldorf) in
Schiedsamtszeitung 6/08, Seite 131 ff.
verpflichteten den Mieter bei seinem Auszug ohne Einschränkung zur Entfernung
der Tapeten. Da es hiernach auf einen
konkreten Renovierungsbedarf nicht ankomme, liege eine unzulässige Endrenovierungsverpflichtung vor. Der Senat ist
dieser Ansicht gefolgt.
Entscheidungsgründe
II. [9] Dem Kl. steht kein Anspruch gegen
die Bekl. auf Erstattung der für das Entfernen der Tapeten aufgewendeten Kosten in
Höhe von 3525,89 Euro zu.
[10] 1. Zu Recht hat das BerGer. angenommen, dass der Kl. keinen Anspruch auf
Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280
I, III, 281 I 1 BGB) wegen Nichterfüllung
der in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltenen Verpflichtung der Bekl. zur Beseitigung der von ihnen angebrachten Tapeten
hat. Die Formularklausel ist gem. § 307 I 1,
II Nr. 1 BGB – der auf das am 30. 6. 2004
beendete Mietverhältnis anzuwenden ist
(Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB) – unwirksam,
weil sie den Mieter entgegen den Geboten
von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (...).
[11] a) Gemäß § 535 I 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem
zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu
erhalten. Hierzu gehört auch die Ausführung der Schönheitsreparaturen. Zwar
kann der Vermieter diese Pflicht durch
Vereinbarung – auch in AGB – auf den
Mieter übertragen (...), jedoch ist eine formularvertragliche Bestimmung, die den
Mieter mit Renovierungspflichten belastet,
die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen, mit wesentlichen
253
Aus der Rechtsprechung
Grundgedanken der gesetzlichen Regelung
nicht vereinbar (§ 307 II Nr. 1 BGB), weil
sie dem Mieter eine höhere Instandhaltungsverpflichtung auferlegt, als der Vermieter dem Mieter ohne die vertragliche
Abwälzung der Schönheitsreparaturen gem.
§ 535 I 2 BGB schulden würde (...). Dementsprechend ist nach der Rechtsprechung
des Senats eine Klausel in einem vom
Vermieter verwendeten Formularvertrag,
die den Mieter verpflichtet, die Mieträume
bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig vom Zeitpunkt der Vornahme
der letzten Schönheitsreparaturen renoviert zu übergeben, wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach
§ 307 BGB (§ 9 AGBG) unwirksam (...).
[12] b) Eine andere Beurteilung ist auch
hinsichtlich der in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltenen Rückgabeklausel nicht
gerechtfertigt. Gemäß § 8 Nr. 2 des Mietvertrags hat der Mieter während der Dauer
des Mietverhältnisses die Schönheitsreparaturen nach Maßgabe eines Fristenplans
auszuführen; nach § 13 Nr. 1 des Mietvertrags hat der Mieter bei Beendigung des
Mietverhältnisses die Mieträume in einem
der Verpflichtung nach § 8 des Mietvertrags entsprechenden Zustand zurückzugeben. Durch die in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags geregelte Pflicht des Mieters, bei
Beendigung des Mietverhältnisses die von
ihm angebrachten oder vom Vormieter
übernommenen Wand- und Deckentapeten zu beseitigen, wird dem Mieter eine
zusätzliche Renovierungspflicht auferlegt.
[13] Der Mieter wird durch die in § 13
Nr. 2 des Mietvertrags enthaltene Rückgabeklausel – wie im Falle der vorgenannten
Endrenovierungsklausel (s. II 1 a, Rdnr. 11)
– in einem übermäßigen, gem. § 307 BGB
unzulässigen Umfang mit Renovierungsverpflichtungen belastet, weil ihm unabhängig von der Dauer des Mietverhältnisses und vom Zeitpunkt der letzten
254
Schönheitsreparaturen die Beseitigung aller in der Wohnung vorhandenen Tapeten
auferlegt wird. Die Klausel verpflichtet den
Mieter nach ihrem Wortlaut sogar dann zu
einer Entfernung der Wand- und Deckentapeten, wenn er diese im Rahmen der fälligen Schönheitsreparaturen gerade erst
erneuert hat; in diesem Fall – eine ordnungsgemäße Ausführung vorausgesetzt –
ist jedoch die erneute Herstellung einer
Wand- und Deckendekoration, und damit
die Beseitigung der vorhandenen Tapeten,
nicht erforderlich. Entgegen der Auffassung der Revision ist es ohne Bedeutung,
dass die Klausel den Mieter nur zur Entfernung, nicht dagegen zur Wiederanbringung von Tapeten verpflichtet. Denn dem
Mieter wird auch hierdurch ein Übermaß
an Renovierungspflichten auferlegt, wenn
es in Anbetracht des Erhaltungszustands
der Tapeten einer Entfernung noch nicht
bedarf. Im Übrigen wird der Mieter durch
die Pflicht zur Entfernung der Tapeten, die
einen erheblichen Arbeitsaufwand erfordert, nicht in geringerem Umfang belastet,
als durch die vorgenannte – unzulässige –
Endrenovierungsklausel, die den Mieter zur
Rückgabe der Wohnung in renoviertem –
nicht notwendig in neu tapeziertem – Zustand verpflichtet.
[14] Die Klausel ist auch nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters gerechtfertigt; denn ein Interesse, den Mieter
zu Renovierungsmaßnahmen in der Wohnung zu verpflichten, obwohl ein Renovierungsbedarf tatsächlich noch nicht besteht, ist nicht schutzwürdig (...).
[15] c) Eine andere Beurteilung ergibt sich
auch nicht aus dem Umstand, dass die in
§ 8 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltene
Schönheitsreparaturklausel – wie noch
auszuführen ist (s. II 1, 2, Rdnrn. 16 f.) –
unwirksam ist. Denn der Verwender einer
aus zwei Teilen bestehenden Klausel, deren
SchAZtg · 79. Jg. 2008 · H11
einer Teil – hier die Rückgabeklausel – allenfalls darin Bestand haben könnte, wenn
der andere Teil – die Schönheitsreparaturklausel – unwirksam ist, kann sich wegen
des Gebots der Transparenz vorformulierter Vertragsbedingungen nicht zu seinen
Gunsten auf die Unwirksamkeit des anderen Klauselteils berufen (...).
[16] 2. Ein Schadensersatzanspruch des Kl.
(§§ 280 I, III, 281 BGB) kommt auch nicht
unter dem Gesichtspunkt unterlassener
Schönheitsreparaturen in Betracht. Die in
§ 8 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltene formularmäßige Schönheitsreparaturklausel,
die einen »starren« Fristenplan enthält, ist
gem. § 307 I 1, II Nr. 1 BGB unwirksam,
weil sie den Mieter unangemessen benachteiligt; dies hat der Senat durch Urteil
vom heutigen Tag hinsichtlich einer im
Wortlaut übereinstimmenden Klausel entschieden (...).
[17] Entgegen der Auffassung der Revision
ist das Zahlungsbegehren des Kl. auch
nicht auf Grund eines Ausgleichsanspruchs
wegen Umbaumaßnahmen in der Wohnung begründet. Zwar wandelt sich der
Erfüllungsanspruch des Vermieters auf Vornahme der auf den Mieter übertragenen
Schönheitsreparaturen – falls der Mietvertrag nichts anderes bestimmt – in einen
Ausgleichsanspruch in Geld um, wenn der
Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses in der Wohnung Umbauarbeiten
vornimmt (...). Jedoch setzt dieser Anspruch eine wirksame Verpflichtung des
Mieters zur Ausführung von Schönheitsreparaturen voraus. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil § 8 Nr. 2 des Mietvertrags, wie ausgeführt, der Inhaltskontrolle
gem. § 307 I, II Nr. 1 BGB nicht standhält.
[18] 3. Dem Kl. steht kein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der
Pflicht der Bekl. zur ordnungsgemäßen
Rückgabe der Mietwohnung zu (§§ 546 I,
280 I, III, 281 BGB). Zwar ist der Mieter, wie
die Revision zutreffend aufzeigt, bei Vertragsende grundsätzlich verpflichtet, das
Mietobjekt – von der durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführten
Abnutzung abgesehen (§ 538 BGB) – in dem
Zustand zurückzugeben, in dem es sich bei
Vertragsbeginn befand; er hat deshalb,
wenn sich nicht aus dem Vertrag etwas anderes ergibt, Einrichtungen, Aufbauten oder
sonstige bauliche Maßnahmen zu beseitigen
(...). Entgegen der Auffassung der Revision
bestand eine solche Verpflichtung der Bekl.
im vorliegenden Fall jedoch nicht.
[19] Ob die aus § 546 I BGB folgende Wiederherstellungspflicht des Mieters auch die
Entfernung von von ihm angebrachter Tapeten umfasst, bedarf keiner Entscheidung. Zustandsverändernde Maßnahmen
muss der Mieter jedenfalls dann nicht beseitigen, wenn er sie im Rahmen seiner
Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen durchführt (...). So liegt es
hier, weil § 8 Nr. 2 des Mietvertrags den
Bekl. die Ausführung der Schönheitsreparaturen auferlegt, zu denen auch Tapezierarbeiten gehören (...). Als Verwender der
Formularklausel kann sich der Kl. nicht auf
deren Unwirksamkeit berufen (...). Anderenfalls würde der Mieter – die von der
Revision befürwortete Anwendbarkeit des
§ 546 I BGB vorausgesetzt – schlechter
gestellt, als im Falle der Wirksamkeit der
Schönheitsreparaturklausel, die einen Wiederherstellungsanspruch des Vermieters,
wie ausgeführt, von vornherein ausschließt
und den Mieter – anders als im Falle der
Anwendbarkeit des § 546 I BGB – allenfalls
dann zu einer Entfernung der Tapeten
verpflichtet, wenn ihr Zustand dies erfordert.
[20] Entgegen der Auffassung der Revision
sind die Bekl. auch nicht deshalb gem.
§ 546 I BGB zur Beseitigung verpflichtet,
weil sie – wie die Revision geltend macht –
255
Aus der Rechtsprechung
nicht überstreichbare Wasserschutz- oder
Schaumtapeten angebracht, nur von der
Decke bis zur Mitte der Wand tapeziert
oder die Tapete mit nicht entfernbaren
PVC-Belägen beklebt haben. Die Revision
zeigt nicht auf, dass, soweit darin eine unfachmännische Renovierung der Wohnung
zu sehen ist, Beseitigungsmaßnahmen erforderlich sind, die über den Umfang der
Arbeiten hinausgehen, die vom Mieter im
Rahmen der – von der Wiederherstellungspflicht nach § 546 I BGB nicht erfassten – auf ihn übertragenen Schönheitsreparaturen zu erbringen wären.
Bedrohung – § 241 StGB
»Ich bring dich um«
von Frau Dörte van Damsen
256
SchAZtg · 79. Jg. 2008 · H11
BDS-Nachrichten
– verantwortlich Pressereferent a.D. Helmut Stutzmann –
Einsendungen für diesen Teil bitte nur an den Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V.,
Postfach 10 04 52, 44704 Bochum, Telefon: 02 34/ 588 97 0, Telefax 02 34/ 588 97 19
BDS im Internet: http://www.schiedsamt.de
E-mail: [email protected]
Terminkalender
(Änderungen vorbehalten; FL = Fortbildungslehrgang, 1 = Strafrecht, 2 = Zivilrecht)
Einführungslehrgänge
Ort
Land/LGBz.
Leitung
27./28.02. 2009
Wetzlar
Hessen
N.N.
Fortbildungslehrgänge
Ort
Land/LGBz.
Leitung
16./17.01. 2009
FL 1
Hagen
Treese
23./24.01. 2009
FL 2
Bad Zwischenahn
30./31.01. 2009
06./07.02. 2009
13./14.02. 2009
27./28.02. 2009
FL 1
FL 2
FL 1
FL 1
Dresden
Neuwied
Neuruppin
Erfurt
Aachen, Arnsberg, Bonn, Düsseldorf, Hagen, Köln, Siegen u.
Wuppertal
Aurich, Lüneburg, Oldenburg,
Osnabrück, Stade u. Verden
Bautzen, Dresden, Görlitz
Rheinland-Pfalz
Brandenburg
Thüringen
Serwe
Väth
Dr. Rammert
Niehaus
Land/LGBz.
Leitung
Land/LGBz.
Schleswig-Holstein
Mecklenburg-Vorpommern
Leitung
Dr. Rammert
Treese
Land/LGBz.
Leitung
Lehrgänge FL 2 mit Schwerpunkt Nachbarrecht
Ort
-Lehrgänge Mediation I im Schiedsamt
Ort
06./07.02. 2009
I
Mühbrook
27./28.02. 2009
I
Rostock
Lehrgänge Mediation II im Schiedsamt
Ort
Hoefer
Voraussetzung für die Anmeldung zum Mediationsseminar II ist die Teilnahme am Mediationslehrgang I.
05./06.12. 2008
II
Monheim
05./06.12. 2008
II
Nieder-Moos
06./07.02. 2009
II
Bad Malente
Aachen, Arnsberg, Bonn, Düs- Erdt
seldorf, Hagen, Köln, Siegen u.
Wuppertal
Darmstadt, Frankfurt, Gießen, Dr. Rammert
Hanau, Limburg, Wiesbaden
Schleswig-Holstein
Erdt
Der BDS schreibt die o.g. Lehrgangsveranstaltungen gegenüber den sachkostentragenden Gemeinden (gilt nicht für
Rheinland-Pfalz) rechtzeitig aus, im Falle von Einführungslehrgängen ggfs. nach vorheriger Ermittlung neu ernannter
Schiedspersonen.
Schiedspersonen, die an einem für ihr Land oder ihren Landgerichtsbezirk hier angekündigten Lehrgang teilnehmen wollen und bis ca. vier Wochen vor dem Lehrgangstermin kein entsprechendes Lehrgangsangebot von Seiten der Gemeinde
erhalten haben, sind gebeten, ihr Teilnahmebegehren bei der Kommune unverzüglich unmittelbar anzumelden, damit die
Gemeinde die Sachkostenübernahme gegenüber dem BDS erklärt und dadurch die Schiedspersonen beim BDS anmeldet.
Der BDS lädt nur aufgrund der Anmeldung der Gemeinden die Teilnehmer zu dem Lehrgang ein. Die Einladung erfolgt
direkt an die gemeldeten Schiedspersonen.
257
BDS-Nachrichten
Fachtagungen mit aufsichtführenden Richtern sowie mit verantwortlichen Bediensteten der Justizund Kommunalverwaltungen Ort
Land/LGBz.
Leitung
--
Berichte und Meinungen
Hausmitteilung
Vorankündigungen
BzVgg und LVgg Berlin
Ab September 2008 finden die Monatsversammlungen vereinbarungsgemäß wieder an
jedem 2. Dienstag im Monat statt.
Wir treffen uns in der
Seniorenfreizeitstätte, Charlottenstr. 85, 10969
Berlin
(Nähe U-Bahnhof Kochstr. oder Haltestelle Bus
129).
Beginn: 18.00 Uhr
Folgende Themen und Termine sind vorgesehen:
11.11.08 »Vergleich/Vollstreckung – Vollstreckbarkeit«
Referentin: Präs’in AG Mannshausen,
AG Köpenick
11.12.08 Vorweihnachtliches Beisammensein
Verantw.: Kollegen Winkler und Stefanescu
13.01.09 »Verwaltungsvorschriften«
Koll. Winkler
10.02.09 Jahreshauptversammlung
Einladung erfolgt gesondert
(Änderungen sind vorbehalten)
Am 08.11.2008 wird ein Grundlehrgang (Berliner Schiedsamtsgesetz/Arbeiten mit den Formularen/Fallbeispiel/vollstreckbarer Vergleich) für
2007/2008 neu ins Schiedsamt gewählte SchP.
durchgeführt. Allen SchP., die seit 2007 im Amt
sind und im Nov. 2007 am Einführungslehrgang
nicht teilgenommen haben, wird dieser Lehrgang empfohlen. SchP., die ihre Kenntnisse auffrischen möchten, sind herzlich eingeladen.
258
Nordrhein-Westfalen
BzVgg Duisburg
Anl. der JHV am 27.05.2008 konnte Vors. Wolfgang Rippenberg einige neue Koll. und auch die
Ehrenmitglieder K. Kyta und K.-F. Klumpers begrüßen.
In seinem Geschäftsbericht erwähnte der Vors.
seine Teilnahme und die der Koll. Breitbach jun.,
Müller, Schepers und des Ehrenvors. Breitbach
sen. an der LVertrVers. NRW in Solingen. Auch
berichtete er von der Sitzung des LBeirates, bei
der über die neue Satzung, die Änderung der
Obligatorik bei Zivilstreitigkeiten und die Einführungsschulungen für neue SchP. beraten
wurde.
Danach folgten einige Personalien:
Koll. Dieter Kersten wurde zum neuen Obmann
für den AGBez. Duisburg Mitte gewählt,
Koll. Hans Engers beendete seine Tätigkeit als
Schiedsmann, als Obmann für den AGBez. Dinslaken und als Pressereferent der Vereinigung
(der Vorsitzende dankte ihm für seinen Einsatz
und überreichte eine Urkunde und ein Präsent,
s. dazu auch SchAZtg Heft 10/2008, »Ehrungen«
und »Pressespiegel«),
Koll’in Christel Kischkewitz wurde als Nachfolgerin zur Obfrau für Dinslaken gewählt,
Koll. Hartmut Kirchner soll Engers Nachfolger
als Pressesprecher werden.
Nach dem Bericht von Kassierer Breitbach jun.
und dem der Kassenprüfer Christel Schön und
Erwin Heiermann wurde dem Vorstand einstimmig Entlastung erteilt.
Bei zwei notwendigen Ergänzungswahlen wurden
Koll. Christian Breitbach zum 2. Vorsitzenden und
Koll’in Edith Karschti zur Geschäftsführerin gewählt und
danach der Koll. Hans Engers zum Ehrenvorstandsmitglied ernannt.
SchAZtg · 79. Jg. 2008 · H11
BzVgg Hagen
Die BzVgg Hagen hat am 08.08.2008 ihren ersten Info-Nachmittag »Aus der Praxis für die
Praxis« durchgeführt. Im angenehmen Ambiente des Hotels Vier Jahreszeiten in Iserlohn berichtete Vors. Koll. Trommer über die Arbeit des
Vorstandes.
heit könnten in Ausgleich gebracht werden. Die
Rechte der Bürger müssten ausgebaut werden
und dazu gehöre »ein sozial gerechter Verbraucherschutz« und ebenso die »Verbesserung der
Lage der Kinder« durch Verankerung von »Kinderrechten« (Stichwort: Gewaltfreie Erziehung).
Koll. Anschütz fand Gelegenheit zu einem kurzen
Gespräch mit der Ministerin, welche die auch aus
ihrer Sicht große Bedeutung des Schiedsamtes
für Justiz und Gesellschaft betonte.
(v.l.n.r.: Ilchmann, Feltes, Trommer, Sichtermann-Fritzlar, Beba, Richter, Hoos, Schulte, Wnuk, Kindler)
Als neuen Schwerpunkt nannte er die Aufnahme,
Ersteinweisung und Begleitung neu gewählter
SchP. Ferner führte er die PC-gestützte Vordruckbearbeitung am praktischen Beispiel vor. Bei
diesem Thema entwickelte sich eine Diskussion
über allgemeine und spezielle Fragen zur Arbeit
mit den Vordrucken sowie zur Durchführung der
Schlichtungsverhandlungen. Danach gab es noch
eine breitgefächerte Diskussion rund um das
Schiedsamt, in welcher Themen von A (wie Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) bis Z (wie
Zustellung der Ladung) besprochen wurden. Die
Teilnehmer erhielten zudem noch einen kurzen
Überblick über neue Fachliteratur. Hingewiesen
wurde auch auf die neu gestalteten Webseiten
der BzVgg Hagen (www.bds-hagen.de) mit einem
»Tutor« für einen zusammenfassenden Überblick
zu verschiedenen Themen.
BzVgg Siegen
Aus Siegen berichtet Vors. Koll. Klaus Anschütz,
dass dort auf Einladung von MdB Willi Brase
die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zu
Gast war und mit den Teilnehmern der Veranstaltung ein Gespräch über »Freiheit, Recht und
Sicherheit« führte. Rechtspolitik müsse Freiheit
und Bürgerrechte wahren, Sicherheit garantieren, den Wirtschaftsstandort Bundesrepublik
sichern und die Verbraucherrechte stärken, betonte die Ministerin. Mit Blick auf das Thema
Sicherheit meinte sie, Bürgerrechte und Sicher-
Thüringen
BzVgg Gera
Zu einer Mitgliederversammlung und Schulungsveranstaltung trafen sich 27 SchP. der
BzVgg Gera am 28.06.08 in Dörnfeld bei Königsee. Nach der Begrüßung durch Vorsitzenden Dr.
Dr. Weißenburger referierte DirAG Kurze, Rudolstadt, zum Thema »Thüringer Nachbarrecht vor
der Schiedsstelle und in der Rechtsprechung.«
Der Referent sprach einige Schwerpunkte aus
der Tätigkeit der SchSt. an, welche ihm aufgrund der Buchprüfungen und Besprechungen
mit den SchP. aufgefallen waren, u.a. die Zuständigkeit der SchSt. in Fragen des Nachbarrechts. Außerdem wurde die örtliche Zuständigkeit besprochen, der unterschiedliche Umgang
mit Beiständen und Bevollmächtigten aufgezeigt sowie auf die Besonderheiten bei minder-
259
BDS-Nachrichten
jährigen Beteiligten hingewiesen. Anhand eines
Beispiels wurde die konkrete Formulierung eines
Vergleichs geübt. Anschließend stellte DirAG
Kurze wesentliche Grundsätze des Thüringer
Nachbarrechts vor, so z.B. das Hammerschlagsrecht, Einfriedungen, Grenzabstände für Bäume
und Hecken. In Beantwortung zahlreicher Fragen erläuterte der Referent u.a. das gesetzliche
Notwegerecht, die Ortsüblichkeit von Tierhaltung sowie die Zusammenhänge zwischen BGB,
Nachbarrechtsgesetzen, Gemeindesatzungen und
baurechtlichen Vorschriften.
In einem zweiten Schulungsteil am Nachmittag
referierte Koll’in Sylvia Biereigel, LVors. Thüringen und Volljuristin, über wesentliche Schwerpunkte des Mietrechts, insbesondere zu den
Vereinbarungen im Mietvertrag über Miethöhe,
Dauer, Betriebskosten und Kaution. Weiterhin
wurden unter Einbeziehung der aktuellen Rechtsprechung des BGH Fragen zur Tierhaltung und
der Schönheitsreparaturen erörtert.
Im Anschluss an die Referate wurden die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten der vom
BDS erstellten Formulare für die Schiedsamtspraxis vorgestellt und speziell die Kostenrechnung, die Abrechnung mit der Gemeinde und
der jährliche Tätigkeitsbericht an das AG detailliert besprochen.
Nach der Mittagspause wurden die Koll. Ehrenfried Franke, Norbert Kopka und Heinz Langer
für ihre 10-jährige und der Koll. Hans-Georg
Ströher für seine 15-jährige Tätigkeit als SchP.
durch ein Buchpräsent geehrt.
rückliegende Jahr, dann erfolgte der Kassenbericht der Schatzmeisterin Koll’in Rochler, und
nach dem Revisionsbericht der Kassenprüferin
Koll’in Ronneberger wurde der Vorstand für das
Geschäftsjahr 2007 entlastet.
Als Delegierte zur BdsVertrVers. wurden einstimmig die Koll’innen Rochler und Baron sowie
der Koll. Ochell gewählt.
Neuer Beauftragter für den AGBez. Pößneck
wurde Koll. Reinhard Tiesel.
Brandenburg
BzVgg Potsdam
Am 28. Juni 2008 veranstaltete die BzVgg Potsdam ein Fortbildungsseminar zum Thema »Vollstreckung bei Nichterfüllung der im Vergleich
getroffenen Vereinbarungen.« Vors. Koll. Wolfgang Mundil konnte 50 SchP. begrüßen und als
Gast Ehrenmitglied Koll. Stefanescu, BzVgg Berlin. Als Referent für dieses interessante Thema
konnte RiAG Weller, AG Brandenburg, gewonnen
werden. Er erläuterte nicht nur den formalen Verfahrensweg bei einer Vollstreckung, sondern wies
bei dieser Gelegenheit auch auf die Bedeutung
eines exakt geschlossenen und protokollierten
Vergleichs hin, damit dieser rechtlich wirksam ist
und gegebenenfalls auch vollstreckt werden kann.
Ein weiteres Thema dieser Veranstaltung war
das Inkrafttreten der neuen Verwaltungsvorschriften zum SchG und welche Änderungen
sich daraus für das Verfahren vor der SchSt.
ergeben.
Zum Ende der Sitzung konnten Koll’in Eveline
Schramm und Koll. Wolfgang Mundil die Zertifikate zur Ernennung als Mediatorin / Mediator
überreicht werden.
Personalien
(v.l.n.r: Dr. Dr. Weißenburger, Koll. Franke, Kopka, Langer, Ströher)
(Herzliche Glückwünsche von der Redaktion.)
Anschließend wurde die Mitgliederversammlung durchgeführt. Geschäftsführerin Koll’in
Biereigel gab den Geschäftsbericht für das zu-
260
Ehrungen
Wie das Wolfenbütteler Schaufenster berichtet, konnte der Vorsitzende der BzVgg Braun-
SchAZtg · 79. Jg. 2008 · H11
schweig Koll. Tilmann Wolff von der Sahl anlässlich einer Vorstandssitzung in Börßum einige Mitglieder für ihre langjährige Mitarbeit im
Vorstand der BzVgg ehren.
• Koll. Horst Fricke war 9 Jahre lang Vorsitzender sowie stellv. Vorsitzender,
• Koll. Hans Walter Dreier war vier Jahre lang
Geschäftsführer,
• Koll. Wolfgang Wilhelm war 10 Jahre lang
Beisitzer und
• Koll’in Gabriele Klingemann hat aktiv im
Festausschuss mitgearbeitet.
(Herzliche Glückwünsche auch von der Redaktion der SchAZtg!)
Glückwünsche
Aus der BzVgg Braunschweig erfahren wir, dass
dort zwei Koll. am 11.11. einen runden Geburtstag feiern. Manfred Michel aus Gifhorn,
Schiedsmann seit 26.05.1981, vollendet am
11.11. das 65. Lebensjahr und Koll. Gerhard
Klingenberg aus Wendeburg, Schiedsmann seit
02.11.1993, sein 60. Lebensjahr.
(Die Redaktion der SchAZtg. gratuliert recht
herzlich.)
Nachruf
Aus Rheinland-Pfalz erhielten wir die traurige
Nachricht, dass unser ehemaliger Kollege Stefan
Scherpf im Alter von 88 Jahren plötzlich und
unerwartet verstorben ist. Der Kollege war neben
seiner langjährigen ehrenamtlichen Tätigkeit als
Schiedsmann viele Jahre lang Beigeordneter und
Bürgermeister der Stadt Speyer. Die BzVgg Mainz
/ Bad Kreuznach / Frankenthal hatte ihn zu ihrem
Ehrenvorstandsmitglied ernannt.
(Die Red. der SchAZtg spricht den Angehörigen
des Verstorbenen und seiner BzVgg ihre Anteilnahme aus.)
Das Schiedsamt im Spiegel der Presse
verantwortlich Pressereferent a.D. Helmut Stutzmann
»Drei Männer sind Ersatz für eine Frau«, heißt es
im
Westfalen-Blatt,
und wir lesen weiter: »Bielefelder Schiedspersonen wählen neuen Obmann – Eva-Maria Basco
gibt Posten auf.« Die Leser erfahren, dass die
Kollegin 18 Jahre Schiedsfrau und 12 davon
Obfrau der Bielefelder Schiedspersonen gewesen sei und »dass sich ihr Menschenbild nicht
verschlechtert, aber verändert« habe. Als sie vor
18 Jahren als erste Frau, (»und dazu noch mit
ungarischem Akzent«) in Bielefeld das Amt
übernommen habe, da sei das noch etwas Besonderes gewesen. Sie sei, so sagt sie, »nach 16
Jahren einfach müde geworden« und darum sei
es »an der Zeit abzugeben.« Ihr Nachfolger, so
die Zeitung, sei der Kollege Manfred Hubrich,
der mit zwei Stellvertretern arbeiten werde,
denn »drei sehen mehr, hören mehr und können
einfach mehr machen,« und darum sollen ihn
Christoph Gärtner und Helge Peitsch unterstützen. Über die Aufgaben der 13 Bielefelder SchP.
erfahren dann die Leser noch, dass sie bei »kleineren Streitfällen konsultiert werden« können
und »damit die Arbeit des Amtsgerichts« erleichtern. Wenn es zu einem Vergleich komme,
so sei dieser vollstreckbar. Die 13 SchP. würden
im Jahr ca. 140 Fälle bearbeiten, dabei seien
die, bei denen es ohne amtliches Verfahren zu
einer Einigung käme, noch nicht mitgezählt.
Auch die Kosten werden erwähnt, sie lägen bei
40 bis 60 €.
»Aussöhner von Amts wegen,« titelt die
Rheinische Post
und weiter: »Für Verzweifelte, Erzürnte und
Zerstrittene sind sie mitunter die letzte Anlauf-
261
BDS-Nachrichten
stelle: Die Schiedsleute Hans Hofmeister und
Magdalene Schwan-Storost vermitteln zwischen genervten Nachbarn und überworfenen
Verwandten mit großem Erfolg.« Der Bericht
beginnt mit einigen spektakulären Fällen, die
allerdings von den beiden SchP. nur angedeutet
werden, »das verlangt die Schweigepflicht.« Sie
würden »nicht Recht sprechen,« erläutert Hofmeister und seine Kollegin betont: »Wir sind
Mediatoren«, unter deren Mitwirkung sich die
Beteiligten selbst an die Lösung des Problems
machen. Die Berichterstatterin nennt dann die
Privatklagedelikte und erläutert, dass diese für
die Gerichte nur geringfügig seien, für die Betroffenen aber zu einem »hohen Leidensdruck«
führen. Bei den Verhandlungen gehe es darum,
die Menschen dahin zu bringen, dass sie miteinander reden, was sie oft jahrelang nicht getan hätten. Und dazu müssten die Schiedsleute
gute Psychologen sein. Hofmeister hätte in den
7 Jahren seiner Tätigkeit 49 mal verhandelt und
die Fälle zu 65 % verglichen, dabei seien die
»Zwischen-Tür-und-Angel-Fälle« nicht mitgezählt; bei seiner Kollegin ist es ähnlich. Wichtig
auch die Feststellung am Ende: »Wir schließen
Kompromisse, bei uns gibt es keine Gewinner
und keine Verlierer.«
In einer Info wird dann das Verfahren beschrieben, wobei die örtliche Zuständigkeit hervorgehoben wird und auch die Kosten genannt werden.
»Schlichten ist ihr Job,« schreibt die
Taunus Zeitung
und weiter: »Streit mit dem Nachbarn? –
Schiedsfrau Angelika Söllhuber hilft.« »Auslöser
für Nachbarschaftsstreitigkeiten gibt es viele,«
meint die Berichterstatterin und nennt zum
Anfang eine ganze Reihe davon, z.B. die zu hohe Hecke, den überhängenden Ast. Die Koll’in
erzählt, dass sie in der Zeit vor ihrer Tätigkeit
als Schiedsfrau selbst einmal einen Streit mit
Nachbarn hatte, aber damals noch nicht wusste, dass man vor dem Schiedsamt solche Streitigkeiten »stressfreier, zeitsparender und kostengünstiger« hätte beilegen können. Und dann
betont sie noch, dass es in jedem Ort SchP. gebe, die durch den BDS in Lehrgängen ausgebil-
262
det würden. Später ergibt sich die Möglichkeit
zu erwähnen, dass sie als Mediatorin auch bei
Privatklagedelikten (die z.T. aufgezählt werden)
gefragt sei. Danach wird ausführlich der Gang
des Verfahrens aufgezeigt, was uns für die Beseitigung einer gewissen »Schwellenangst« sehr
wichtig erscheint. Es erfolgt auch ein Hinweis
auf die entstehenden Kosten, und es findet
ebenfalls die Bescheinigung über die Erfolglosigkeit des Schlichtungsversuchs Erwähnung,
die dann den Weg zum Gericht öffne.
Unser Kollege Klaus Kuntzsch aus Kamp-Lintfort erhielt vor einiger Zeit für seine 10-jährige
ehrenamtliche Tätigkeit die Dankurkunde der
Justiz überreicht (wozu wir an dieser Stelle
ganz herzlich gratulieren und weiterhin viel
Erfolg wünschen!). Aus diesem Grunde berichtete unter der Überschrift »Ein Fall für den
Schlichter«, die
Rheinische Post.
Natürlich dienen auch hier die typischen Streitigkeiten um Hecken oder Äste als »Aufhänger,«
ebenso wie die Erläuterung, dass sich daraus
oftmals ein handfester Streit entwickelt, der
mit Beleidigungen oder Bedrohungen endet. Es
müssten aber nicht unbedingt Polizei und Gericht eingeschaltet werden, »der Schiedsmann
kann helfen«, so lautet dann auch ein Zwischentitel. Und damit ist der Bericht bei Koll.
Kuntzsch, der »dem Gericht mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit schon viel Arbeit abgenommen« habe. Er rät dazu, nicht sofort nach
der Polizei zu rufen, sondern es erst einmal mit
einem Gespräch bei der SchP. zu versuchen. Die
sei zum Schweigen verpflichtet, wird an dieser
Stelle betont, bevor auch noch die Privatklagedelikte (z.T.) aufgezählt werden. Die außergerichtliche Streitbeilegung habe schon oft
geholfen, aber manchmal wollten die Streitparteien sich nicht einigen, und dann gebe es die
Erfolglosigkeitsbescheinigung für die Vorlage
bei Gericht. Aber: »Die Gerichte wären ohne die
Schiedsmänner noch überlasteter.«
(Vom Einsender wird noch mitgeteilt, dass der
Kollege Kuntzsch bisher 184 Fälle bearbeitet
und davon 114 mit einem Vergleich abgeschlossen habe.)
SchAZtg · 79. Jg. 2008 · H11
In Stade sind zwei Schiedsmänner tätig. Und
was sie machen, beschreibt das
Stader Tageblatt
so: »Sie beruhigen die verärgerten Gemüter.«
Und so locker wie in der Überschrift geht es zunächst im Text weiter: »Knatsch unter Nachbarn, (…) einlenken will keiner, (…) fortwährendes Gehakel (…) Fall für den Schiedsmann.« Ab
01.08. gäbe es in Stade zwei »von der Sorte«,
nämlich Jörg Döhring und Lothar Lücke. Bislang
wäre Döhring allein als ehrenamtlicher Schlichter tätig gewesen, aber die Anzahl der ihm vorgetragenen Fälle habe sich stark vermehrt, so
dass der Rat nun aus dem einen Bezirk zwei
gemacht hätte und Döhrings Vertreter Lücke
einen eigenen Schiedsamtsbezirk übernommen
hätte, was auch der DirAG bestätigt habe. Den
größten Teil der Arbeit machten die sog. Türund Angelfälle aus, bei denen Döhring in
manchmal 4 bis 5 Gesprächen versuche, »verkrachte Nachbarn« dahin zu bringen, dass sie
sich »an die Regeln halten, die unter Nachbarn
halt gelten.« Bei der offiziellen Schlichtungsverhandlung »wird im Rathaus (…) mit Protokoll
und fixierter Vereinbarung für klare Verhältnisse gesorgt,« in diesem Jahr schon in neun Fällen
und in acht davon gab es einen Vergleich. (An
dieser Stelle auch dem »Neuen« viel Erfolg bei
seiner Arbeit!)
»Unsere Tätigkeit wird durch neue Verordnungen reduziert,« so zitiert der
Kölner Wochenspiegel
die Vorsitzende der BzVgg Köln im BDS, Koll’in
Ilse Stibbe. Schiedspersonen, so die Zeitung,
würden oft bei Streitigkeiten unter Nachbarn
tätig, und dann zählt der Bericht einige der
Privatklagedelikte auf. Aber: Früher habe die
Polizei die Streitenden direkt an die zuständige
SchP. verwiesen, heute müsse sie eine Anzeige
schreiben und diese an die Staatsanwaltschaft
geben, und diese würde dann, wenn kein öffentliches Interesse vorliege, die Sache an die
SchP. geben. Koll’in Christa Bochem fügt dem
hinzu, sie habe in früheren Jahren manchmal
50 bis 60 Fälle verhandelt, nun seien es nur
noch 15 bis 20. Der Bericht nennt dann auch
Zahlen für die Kosten: Bei Gericht käme man
»ab 1000 Euro aufwärts«, demgegenüber wäre
ein Vergleich vor dem Schiedsamt mit Kosten
von 30 bis 50 Euro verbunden und ebenfalls für
30 Jahre gültig. Der Kollege Heinrich Welper
fügt dem dann noch hinzu, dass die SchP. »oft
helfen (…) als neutrale Mediatoren, wenn zerstrittene Nachbarn einfach nicht mehr miteinander reden, (…) dann ist auch ein Zusammenleben wieder möglich.« Wichtig ist dem
Berichterstatter noch, dass die Schiedsleute
jährlich geschult würden, dem Amtsgericht unterstehen und keine Rechtsauskünfte geben.
Das Schiedsamt gebe es schon seit über 180
Jahren, und »die Erfolgsquote liegt bei 50 bis 60
Prozent.« Für weitere Informationen wird dann
noch auf die Internetadresse verwiesen.
Und noch eine neue Bezeichnung für den
Schiedsmann: »Der Zuhörer macht Feierabend,«
heißt es im
General-Anzeiger
aus Bad Godesberg anlässlich der Verabschiedung unseres Kollegen Karl-Georg Vogt, der »35
Jahre der Mann für fast alle Fälle« gewesen sei.
Er habe sich in dieser Zeit darum bemüht, dass
sich seine Mitbürger bei z.B. Beleidigungen und
Sachbeschädigungen außergerichtlich einigten,
und zuletzt seien auch noch Nachbarschaftsstreitigkeiten hinzugekommen. Aber nun wolle
er seine ehrenamtliche Tätigkeit beenden, und
die Stadt suche einen Nachfolger. Vogt habe
der Zeitung erläutert, dass SchP. von der Bezirksvertretung für fünf Jahre gewählt und
dann vom Amtsgericht vereidigt würden. Nein,
juristischer Kenntnisse bedürfe es nicht, es reiche »der gesunde Menschenverstand« und, was
ganz wichtig sei, »man muss zuhören können.«
Es wird auch hingewiesen auf die Bescheinigungen über die Erfolglosigkeit des Sühneversuches und darauf, dass vom BDS Lehrgänge
durchgeführt werden, in denen das notwendige
Wissen vermittelt wird. Schließlich gebe es auch
die Möglichkeit, bei erfahrenen SchP. zu hospitieren, »und in Zweifelsfällen hilft der aufsichtführende Richter.«
263
BDS-Nachrichten
Rheinische Post ONLINE
berichtet unter der Überschrift »Schlichten statt
Richten« über die Tätigkeit der Hildener SchP.
Dr. Margret Bracht und Harald Sudmann. Sie
würden streitenden Mitmenschen ersparen, diesen Streit vor Gericht auszutragen, wobei es
häufig um Beleidigungen gehe, »manchmal
auch um Straftaten.« Einige nachbarrechtliche
Streitigkeiten bilden den Einstieg und führen zu
der Frage: »An wen wendet man sich in so einem Fall?« Die beiden Koll. erläutern genau, wie
sie nach der Antragstellung versuchen, innerhalb von etwa vier Wochen in einem gemeinsamen Gespräch der Parteien den Streit schnell
und auch kostengünstig beizulegen. Die Kosten
werden mit etwa 50 Euro beziffert, und auch
das spräche dafür, es vor dem Gang zum Gericht erst einmal vor dem Schiedsamt zu versuchen. Das sei aber, so erfahren die Leser weiter,
bei einigen Streitfällen (z.B. als Voraussetzung
für eine Privatklage) auch obligatorisch. Der
BDS habe einmal ausgerechnet, dass die ehrenamtliche Tätigkeit der SchP. »ein gesamtes Gericht in Nordrhein-Westfalen« einspare. Die beiden SchP. weisen noch darauf hin, dass die
Erfolgsquote bei ca. 60 % liege, von den übrigbleibenden Fällen »landet allerdings nur ein
Viertel (…) vor Gericht.« Der Artikel schließt mit
der Feststellung: »Wie weit die Parteien aufeinander zu gehen, müssen sie selbst entscheiden.«
Eine Frage erhebt sich, wenn man im
General-Anzeiger Bonn
diese Überschrift liest: »Johannisbeeren als
Streitschlichter.« Wohl doch nicht so ganz ernst
gemeint, denn weiter heißt es: »Kulturwoche:
Historikerin erzählt zum Auftakt über Villiper
Schiedsmänner.« Und dann erfahren wir, dass
»Mitglieder der Studiobühne Wachtenberg«
einen Streitfall aus dem Jahre 1925 nachgespielt haben, der vor dem dortigen Schiedsmann verhandelt wurde und der in dem von
1879 bis 1925 benutzten Protokollbuch aufgeführt wird, das »vor einiger Zeit in die Hände
der Wachtberger Lokalhistorikerin Dr. Barbara
Hausmann gelangte,« welche dann auch einen
»aufschlussreichen Vortrag über die Institution
Schiedsmann hielt.« Ach so, die Johannisbeeren:
In dem Sketch wurde dargestellt, wie sich die
beiden streitbaren Frauen vor dem Schiedsmann trafen, die Antragstellerin aber dann
plötzlich nichts mehr über die Vorfälle sagen
wollte. Grund: Die Tochter der Antragsgegnerin
hatte sie und ihren Zorn mit »einem Körbchen
Johannisbeeren besänftigt.«
Update des BDS Vordrucks zum 1. Oktober 2008
Der BDS Vordruck des Formularservers wurde für alle Bundesländer geändert. Insbesondere steht nun für jedes Bundesland eine gesonderte Datei mit den speziellen Vordrucken
zur Verfügung; die bisher erforderliche Größenoptimierung entfällt damit. Die Vordrucke
können auch mit der neuesten Adobe Reader Version (9.0) bearbeitet werden.
Der BDS empfiehlt allen Nutzern, den Vordruck für das jeweilige Bundesland über den
Formularserver neu zu downloaden und nur noch den aktuellen Vordruck zu verwenden.
Die Musterhefte (Anleitungstexte) können länderspezifisch in der aktuellen Version für
alle Bundesländer unter www.schiedsamt.de abgerufen werden.
Und ganz zum Schluss …..
... ein Ausspruch des chinesischen Philosophen Laotse (6. oder 3.–4. Jh. v. Chr.), den wir in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) fanden:
»Wer nicht streiten will, mit dem kann niemand streiten.«
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