Titelsequenzen im Film - Online-Archiv für Diplomarbeiten und

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Titelsequenzen im Film - Online-Archiv für Diplomarbeiten und
Main Titles – Titelsequenzen im Film:
Eine analytische Kategorisierung
Florian Hausberger
DIPLOMARBEIT
eingereicht am
Fachhochschul-Masterstudiengang
Digitale Medien
in Hagenberg
im Juni 2006
c Copyright 2006 Florian Hausberger
Alle Rechte vorbehalten
ii
Erklärung
Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen
und Hilfsmittel nicht benutzt und die aus anderen Quellen entnommenen
Stellen als solche gekennzeichnet habe.
Hagenberg, am 22. Juni 2006
Florian Hausberger
iii
Inhaltsverzeichnis
Erklärung
iii
Vorwort
vi
Kurzfassung
vii
Abstract
viii
1 Einleitung
1
2 Begriffsbestimmung
3
3 Entwicklung
3.1 Anfänge . . . . . . . . . . . .
3.2 Stummfilme . . . . . . . . . .
3.3 Goldene Ära . . . . . . . . .
3.4 Niedergang des Studiosystems
3.5 Ausdifferenzierung . . . . . .
3.6 Boom . . . . . . . . . . . . .
3.7 Rezession . . . . . . . . . . .
3.8 Computertechnologie . . . . .
3.9 Medialer Umbruch . . . . . .
3.10 Aktuelle Trends . . . . . . . .
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4 Allgemeine Analyse
4.1 Eigenschaften und Funktion . . . . . . . . . .
4.1.1 Übergangszone . . . . . . . . . . . . .
4.1.2 Paratext . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.3 Programmstruktur . . . . . . . . . . .
4.1.4 Heterogene Funktion . . . . . . . . . .
4.1.5 Spannungsverhältnis . . . . . . . . . .
4.2 Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.1 Bestehende Ansätze . . . . . . . . . .
4.2.2 Übersicht des Kategorisierungssystems
iv
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20
21
21
22
23
23
25
INHALTSVERZEICHNIS
v
5 Funktionale Analyse
5.1 Produktionsorientierung . . . . . . . . . .
5.2 Filmorientierung . . . . . . . . . . . . . .
5.2.1 Inhaltsorientierung . . . . . . . . .
5.2.1.1 Narrative Strategie . . .
5.2.1.2 Nicht-narrative Strategie
5.2.2 Kontaktorientierung . . . . . . . .
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28
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42
6 Formale Analyse
6.1 Positionierung . . .
6.2 Schrift . . . . . . .
6.2.1 Umfang . .
6.2.2 Gestaltung
6.2.3 Interaktion
6.3 Bild . . . . . . . .
6.4 Ton . . . . . . . .
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7 Diplomprojekt
78
7.1 Breakdown . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
7.2 Twenty2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
7.3 Fake plastic Tree . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
A Zitierte Filme
85
B Inhalt der CD-ROM
92
Abbildungsverzeichnis
94
Literaturverzeichnis
95
Vorwort
Ich kann mich noch ziemlich genau an jene Movie Night“ – es muss 1997
”
gewesen sein – erinnern, die ich mir mit Freunden durch stundenlanges Anschauen von Kinofilmen um die Ohren geschlagen habe. Irgendwann weit
nach Mitternacht, alle waren schon müde, landete Seven im Videorekorder.
Und plötzlich waren alle hellwach – na gut, zugegeben, vielleicht übertreibe
ich hier ein wenig... Ich jedenfalls war hellwach, als die geniale Titelsequenz
dieses Thrillers über den Bildschirm flimmerte. Seit damals bin ich sozusagen vom Titelsequenz-Virus infiziert.
Mittlerweile sind einige Jahre ins Land gezogen und ich stehe am Ende
meines Studiums (Bakkelaureat Medientechnik und -design und Magisterstudium Digitale Medien an der Fachhochschule Hagenberg). In den letzten
Semestern fokussierte sich mein Interesse zunehmend auf den Bewegtbildbereich, was nicht zuletzt durch meine Spezialisierung auf Animation und Postproduktion deutlich zum Ausdruck kommt. Fasziniert von diesem Gebiet,
das auch eine erhebliche Rolle bei meinen zukünftigen beruflichen Plänen
spielt, stand für mich außer Frage, meine Diplomarbeit dort anzusiedeln.
Und somit schließt sich der Kreis...
Mein Thema Main Titles – Titelsequenzen im Film: Eine analytische
Kategorisierung bot mir die einmalige Gelegenheit, zugleich eine Arbeit in
meinem Studienschwerpunkt zu schreiben, einen für mich beruflich relevanten Bereich zu untersuchen und mich gleichzeitig endlich auch mit meiner
alten Schwäche für Titelsequenzen intensiv auseinanderzusetzen.
Besonders bedanken möchte ich mich bei Roland Keil für die inspirierende
Betreuung, Barbara Hausberger für das Korrekturlesen, meinen Eltern für
die Ermöglichung meines Studiums und allen, die mich in den letzten Jahren
unterstützt haben.
vi
Kurzfassung
Im Zentrum der vorliegenden Diplomarbeit steht die Entwicklung eines umfassenden Kategorisierungssystems für Main Titles bzw.Titelsequenzen im
Film. Basierend auf einer detaillierten Analyse konkreter Filmbeispiele werden systematisch verschiedene Aspekte dieser spezifischen filmischen Form
untersucht und daraus mehrere idealtypische Klassifizierungen konzipiert.
Zwei prinzipiellen Sichtweisen folgend wird sowohl die funktionale Ebene als
auch die ihr zugrunde liegende formale Umsetzung betrachtet.
In ihrer dualen Wirkungsabsicht orientiert sich die Titelsequenz zugleich
am Film und am Produkt Film. Sie dokumentiert dessen Entstehung und
kommentiert bzw. antizipiert den Inhalt. Dabei verfolgt sie bezüglich der
Handlung eine narrative oder eine nicht-narrative Strategie, während sie mit
Hilfe verschiedener filmischer Gesten versucht, einen Kontakt zum Publikum
herzustellen. Als herausragender Ort filmischer Intermedialität bedient sich
die Titelsequenz zur Erfüllung ihrer heterogenen Funktionen dabei der gesamten Bandbreite filmischer Gestaltungsmöglichkeiten. Der Einsatz und
die Interaktion von Schrift, Bild und Ton stehen daher ebenso im Fokus des
Interesses wie ihre Positionierung und ihr Umfang.
So entsteht schlussendlich ein komplexes Kategorisierungssystem aus
insgesamt neun Klassifizierungen, das die Thematik Main Titles aus unterschiedlichen Blickwinkeln umfassend einordenbar zu machen versucht.
Im Detail sind dies: die narrative Strategie und nicht-narrative Strategie
bezüglich des Films, Methode der Kontaktorientierung, Positionierung innerhalb des Films, Umfang und Gestaltung der Schrift, Interaktion zwischen
Schrift und Bild, sowie Umsetzung des Bildes und des Tones.
vii
Abstract
This diploma thesis seeks to develop an extensive system of categorizations
for movie Main Titles. Based on an in-depth analysis of tangible case studies methodically various aspects of this unique cinematic form are examined
and consequentially the thesis comes up with several idealized classifications. Two distinct perspectives inspect the functional layer as well as the
underlying formal realization.
The main titles are oriented both towards the film and the film as a
product. They document the genesis and at the same time they comment
and anticipate the storyline. Doing so the main titles follow a narrative or a
non-narrative strategy concerning the plot. Simultaneously they are trying
to establish a contact to the audience by means of various gestures. To fulfil
all their heterogeneous functions the main titles avail themselves of the full
range of cinematic design possibilities. The use of font, image and sound as
well as the interaction between them is also an object of interest as their
positioning and extent.
In conclusion the final output of this fundamental analysis is a sophisticated system of categorizations comprising altogether nine classifications
which enable the association of main titles from different points of view. The
classifications participialized: narrative strategy and non-narrative strategy
regarding the film, technique to contact the audience, positioning within the
film, type design and extent just as image and sound implementation.
viii
Kapitel 1
Einleitung
Die Titelsequenz stellt durch ihre in eine komplexe Übergangszone eingebettete Positionierung am Rande einen der wichtigsten Momente im Film dar.
Im Gegensatz zu Trailern und anderen Marketingelementen konfrontiert sie
den Zuschauer1 mit den ersten audiovisuellen Eindrücken des eigentlichen
Films. Neben der Präsentation des Titels und der Erwähnung der beteiligten Personen geleitet die Titelsequenz den Zuschauer von der Realität in die
Fiktion. Eine Grundstimmung wird inszeniert, die Aufmerksamkeit geweckt
und somit ein passendes Umfeld für den nachfolgenden Film geschaffen. Als
Grenze zwischen Außen“ und Innen“ bezieht sich die Titelsequenz dabei
”
”
zugleich auf den Inhalt und die Hülle des Films. Die Titelsequenz verhält
sich in mannigfacher Hinsicht zum Film, wie diese Einleitung zur vorliegenden Arbeit. Als Teil des Werks steht sie am Anfang, führt in dieses
ein, erzeugt eine Erwartungshaltung und berichtet gleichzeitig über dessen
Produziertheit.
Trotz ihrer bedeutenden Rolle erfährt die Titelsequenz nach wie vor
kaum wissenschaftliche Beachtung. Nicht zuletzt deshalb steht die Entwicklung eines umfassenden Kategorisierungssystems für Titelsequenzen im
Zentrum der vorliegenden Diplomarbeit. Basierend auf einer detaillierten
Analyse zahlreicher konkreter Filmbeispiele werden dabei sowohl funktionale
Aspekte, als auch formale Strategien der Umsetzung gründlich erörtert.
Struktur der Arbeit
Nach einer genauen Begriffsbestimmung der verschiedenen im Kontext der
Titelsequenz gebräuchlichen Termini in Kapitel 2 (siehe S. 3) zeichnet Kapitel 3 (siehe S. 5) vorerst die historische Entwicklung des Titeldesigns nach
und liefert einen Überblick aktueller Tendenzen und Trends.
1
Sämtliche personenbezogenen Bezeichnungen in dieser Arbeit sind geschlechtsneutral
zu verstehen. Einzig aus Gründen der besseren Lesbarkeit kommt die kürzere maskuline
Form zur Anwendung und ist daher keinesfalls als diskriminierend misszuverstehen.
1
KAPITEL 1. EINLEITUNG
2
Aufbauend auf den daraus gewonnenen Erkenntnissen erfolgt als Kern
der Arbeit anschließend die eigentliche Analyse der Titelsequenz als spezifische filmische Form. Im Zuge der Untersuchung wird dabei parallel ein
mehrschichtiges idealtypisches Kategorisieurungssystem aus unterschiedlichen Blickwinkeln entwickelt. Kapitel 4 (siehe S. 19) diskutiert zunächst allgemeine, die Titelsequenz an sich kennzeichnende Eigenschaften und Funktionen. Auf die Präsentation bereits bestehender Klassifizierungsansätze
folgt schließlich eine Übersicht des erarbeiteten eigenen Kategorisierungssystems, das auf zwei prinzipiellen Sichtweisen beruht. Kapitel 5 (siehe S. 28)
analysiert die verschiedenen von der Titelsequenz verfolgten Wirkungsabsichten, während Kapitel 6 (siehe S. 47) die dafür zum Einsatz kommende
formale Umsetzung durchleuchtet. Beide Kapitel detektieren systematisch
logische Strukturen, denen die einzelnen Kategorisierungen zugeordnet werden.
Zur Untermauerung des entwickelten Kategorisierungssystems erfolgt in
Kapitel 7 (siehe S. 78) schließlich beispielhaft die Einordnung dreier, im
praktischen Teil dieser Diplomarbeit entstandener Titelsequenzen.
Alle im Zuge der Arbeit erwähnten Filme finden sich in Anhang A (siehe
S. 85) in einer übersichtlichen Liste. Zusätzlich zu Filmtitel und Entstehungsjahr scheinen dort auch Regisseur und Titeldesigner auf.
Title Sequence Project
Für die Erfassung, Verwaltung, Auswertung und in weiterer Folge auch
die Kategorisierung der erwähnten Filmbeispiele wurde im Zuge der Arbeit eine eigene Datenbank angelegt. Unter dem Arbeitstitel Title Sequence
Project können die dabei erfassten Daten gemeinsam mit einer interaktiven Visualisierung des konzipierten Kategorisierungssystems online unter
www.florian.hausberger.eu/TSP abgerufen werden.
Kapitel 2
Begriffsbestimmung
Vorspann, Titelsequenz, Générique, Main Titles, Opening Titles, Title Sequence, Opening Credits – zahlreiche Bezeichnungen existieren für den in
dieser Arbeit analysierten Beginn eines Films. Die Vielfältigkeit der Begriffe
lässt bereits die komplexe Funktionalität dieses Abschnitts hinsichtlich des
filmischen Gesamtwerks erahnen. Gleichzeitig deuten die unterschiedlichen
Termini verschiedene darauf mögliche Perspektiven an.
Der deutsche Ausdruck Vorspann betont gemeinsam mit dem Begriff
Abspann die Positionierung, die Rahmenfunktion, die Parergonalität dieses
Filmteils [4].
Das französische Générique bezeichnet sowohl Vor- als auch Abspann
und verweist als Ableitung des lateinischen genus auf die Entstehung, die
Genese des Films. Art und Gattung spielen als Herleitung vom wortverwandten Genre wiederum auf die definierende Funktion der Titelsequenz
an.
Das englische Title unterstreicht ebenso wie das deutsche Titel im Sinne
von Rechtstitel den juristischen Anspruch. Gleichzeitig benennen Titles
bzw.Titel allgemein Schrift im Film und finden so beispielsweise auch als
Subtitles bzw.Untertitel, als Intertitles bzw.Zwischentitel oder als Additional
Titles für zusätzliche typographische Einblendungen Anwendung [4]. Selbst
der Name des Werks greift als Filmtitel auf diesen Begriff zurück.
Mit dem englischen Credits1 werden die Nennungen der Personen und
Einrichtungen und ihre Art der Beteiligung an der Produktion bezeichnet.
Die Credits beziehen sich somit zuallererst auf das Außen“ des Films. In
”
der Regel werden sie in schriftlicher Form ausgeführt, wobei sowohl Vorals auch Abspann wesentlich durch ihren Einsatz gekennzeichnet werden.
Während in den Closing Credits des Abspanns der gesamte Produktionsstab Erwähnung findet, erscheinen in den Opening Credits des Vorspanns
ausschließlich die wichtigsten Mitwirkenden.
1
Der Ausdruck Credit lässt sich in diesem Fall am besten als Würdigung übersetzten.
3
KAPITEL 2. BEGRIFFSBESTIMMUNG
4
Als Hyperonymie für die Einstiegssequenz bieten sich mehrere Ausdrücke
an, wobei sich die englischen Main Titles oder auch Opening Titles wohl am
besten eignen. Während der englische Terminus Title Sequence zumeist
für eine mehr oder weniger vom restlichen Film formal isolierte Eröffnungssequenz steht, wird in der vorliegenden Arbeit die deutsche Bezeichnung
Titelsequenz als allgemeiner gefasster Oberbegriff verwenden.
Die Titelsequenz deklariert im Sinn des Autors somit den Beginn eines Films, der sich aus verschiedenen Titeln (darunter in der Regel auch
Filmtitel und Credits), sowie einer entsprechenden audiovisuellen Gestaltung zusammensetzt. Per Definition zählen dabei weder Studiosignets2 noch
Prologe3 zur Titelsequenz.
2
Unter den Studiosignets sind die Logo-/ID-Animationen der Studios vom Anfang des
Films zu verstehen.
3
Der Prolog bzw. die Pre-Credits-Sequence bezeichnet die erste Szenen des Films, wenn
diese als unmittelbarer Einstieg noch vor der Titelsequenz positioniert wird.
Kapitel 3
Entwicklung
Da die Titelsequenz nicht nur eine filmische Form sondern gleichzeitig auch
Teil des Films ist, ist ihre Geschichte sehr eng mit jener des Films verknüpft.
Seit den ersten filmischen Gehversuchen Ende des 19. Jahrhunderts hat
die Titelsequenz bis heute eine kurze, aber umso ereignisreichere Entwicklung durchlaufen, die von zahlreichen Faktoren beeinflusst wurde. Bahnbrechende technische Innovationen und unterschiedlichste künstlerische Trends
spielten dabei ebenso eine Rolle wie ökonomische Zwänge, juristische Regelwerke und politische Gegebenheiten.
Filmtitel liegen seit jeher physisch-historisch an der Peripherie
”
des Films. Gerade deswegen sind sie oft experimenteller als der
eigentliche Film und bieten einen Ausblick in die Zukunft des
Filmemachens.“ David Peters [31]
Die Geschichte der Titelsequenz kann ebenso wie die Geschichte des Films
nicht einfach nach einem Ursache-Folge-Schema beschrieben werden, sondern muss viel mehr als ein Resultat vieler parallel ablaufender Prozesse
betrachtet werden [23].
3.1
Anfänge
Die ersten filmischen Gehversuche in Form von Aufzeichnungen einzelner
Ereignisse – wie der Ankunft eines Zuges in L’Arrivée d’un train à la Ciotat
(1895) – verzichten noch auf die Verwendung eines Filmtitels – geschweige
denn einer Titelsequenz. Ökonomische Überlegungen führen jedoch schnell
zur Entwicklung erster Titel. Bereits 1896 fügt der Filmpionier Thomas
Edison1 mit Blick auf das amerikanische Eigentumsrecht seinen Filmen eine
1
Thomas Edison erfindet u. a. 1891 den Kinematographen (griech. kinematos: Bewegung und griech. graphein: schreiben), die erste funktionierende Filmkamera der Welt.
Ein 35-Millimeter-Celluloidfilm wird in einer zeitweise aussetzend Bewegung an einem
Aufnahmeobjektiv vorbeigeführt und dabei belichtet. Als Filmwiedergabegerät dient ein
so genanntes Kinetoskop (griech. skopein: sehen).
5
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
6
Tafel mit Filmtitel, Firmennamen und Copyrighthinweis hinzu und kreiert
damit sozusagen die erste Titelsequenz [4]. Durch das Auftauchen erster
illegaler Raubkopien wird die Gestaltung der Filmtitel und Markenzeichen
in den folgenden Jahren stark verfeinert.
Aufbauend unter anderem auf der Erfindung des Cinématographe2 , entwickelte sich der Film zwischen 1896 und 1912 rasch von einer Jahrmarktsattraktion zu einer populären Unterhaltungs- und Kunstform und wird so Teil
einer bedeutenden Wirtschaftsbranche. Inhaltlich steht ab 1904 zunehmend
eine narrative Handlung im Vordergrund, sodass bald erste lange Spielfilme
entstehen [23].
Zunächst verbirgt sich die Identität der am Film beteiligten Personen – so
auch jene der Darsteller – jedoch in Anonymität. Selbst als einige Schauspieler eine gewisse Popularität erlangen, bleiben sie dem Publikum nur unter
den Markennamen ihrer Arbeitgeber (den Produzenten der Filme) geläufig –
beispielsweise als Biograph-Girl oder als Vitagraph-Gril [24]. Nachweislich
1911 erweitert Edison den Vorspann“ seines Films Aida (1911) um eine
”
Tafel mit der Besetzung des Films – dem Cast3 . Wenig später kommt
eine eigene Tafel für den Drehbuchautor hinzu, von der sich Edison erhofft,
berühmte Autoren für die Mitarbeit an Filmprojekten gewinnen zu können.
Gleichzeitig sieht er darin auch eine Vorbeugemaßnahme gegen mögliche
Plagiate [4].
Bis 1917 ist es durchaus üblich, die in den Credits erwähnten Personen
in Verbindung mit einem repräsentativen Bild – der Regisseur bei der Probe
oder der Schauspieler beim Einstudieren seiner Rolle – zu zeigen [24]. Diese
Methode hält sich jedoch nicht lange und wird bald durch reine Texteinblendungen ersetzt.
3.2
Stummfilme
Mitte der 20er Jahre hat sich der Stummfilm als wichtige Unterhaltungsform
fest etabliert und wird in großen Filmpalästen präsentiert. In starkem Ausmaß werden Titelkarten, wie z. B. in Metropolis (1927) (siehe Abbildung 3.1,
S. 7), eingeblendet, die nicht nur Filmtitel und reduzierte Credits beinhalten, sondern aufgrund des Fehlens von Ton auch Dialoge und Informationen
über Zeit, Ort und Handlung vermitteln. Manchmal werden auch aus heutiger Sicht so charmante Anweisungen wie Würden die Damen bitte Ihre
”
Hüte absetzen?“ eingebaut [20]. Der Einsatz von Titelkarten beschränkt
sich nicht nur auf den Beginn des Films, sondern erfolgt über die gesamte
Filmdauer in Form von Zwischentiteln.
2
Die Brüder Louis und Auguste Lumière konzipieren 1895 mit dem Cinématographe
einen Projektor, der die Vorführung von Filmen vor mehreren Zuschauern ermöglicht.
3
Nachdem bei vielen dieser frühen Filme im Nachhinein die originalen Titelkarten durch
neue ersetzt wurden, lässt sich heute nicht genau feststellen, ob Aida (1911) diesbezüglich
tatsächlich der erste war.
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
7
Abbildung 3.1: Metropolis (1927), Regie: Fritz Lang, Titeldesign: ungenannt.
Nachdem die am Beginn des Films angebrachten Titelkarten jedoch bei
illegalen Kopien vielfach einfach entfernt oder ausgetauscht werden, um diese
nicht als solche identifizieren zu können, gehen die Studios vielfach dazu
über, auch Filmtitel und Credits auf Zwischentitel zu verlegen [24].
Titelkarten bestehen in der Regel aus einem mit weißer Schrift auf schwarzem Grund bedruckten Karton, der abfotografiert und anschließend in den
Film eingebunden wird. Nach und nach werden die Titelkarten immer
aufwändiger gestaltet. Sie werden mit Bordüren und Illustrationen verziert und anstelle von Karton vermehrt aus anderen Grundmaterialien wie
Tapete, Seide oder Satin hergestellt [20].
3.3
Goldene Ära
1932 wird die technische Umbruchperiode vom Stummfilm zum Tonfilm beendet und Titelsequenzen übernehmen verstärkt eine Überleitungsfunktion,
die den Zuschauer von der realen in die fiktive Filmwelt geleiten soll [8]. Neben Filmtitel, Regisseur, Autor und dem Cast werden nun auch Komponist
und Interpret der Filmmusik in den Credits angeführt.
In Hollywood bricht die Goldene Ära an, die sich durch einen explosionsartigen Film-Boom manifestiert. Schnell setzen sich wenige große Filmstudios am Markt durch und etablieren das Studiosystem, das die Filmproduktion der nächsten Jahre bestimmen wird. Die Studios setzen dabei auf
vertikale Integration“ und bringen das komplette Filmgeschäft von der Pro”
duktion bis zur Distribution unter ihre Kontrolle. Filme werden in industrieller Massenproduktion fabriziert, in studioeigenen Kinoketten präsentiert
und dementsprechend von den Studios hauptsächlich als kommerzielle Ware
und nicht als Kunstwerk betrachtet [23]. Für die Produktion werden fixe
Angestellte eingesetzt. Nicht nur Techniker, sondern auch Schauspieler und
Regisseure werden direkt von den Studios beschäftigt und genießen dadurch
relativ wenig Mitspracherecht. Wichtige künstlerische Entscheidungen werden von den Studio-Bossen selbst getroffen und so weisen Filmproduktionen
bald eigene Studio-Stile“ auf [23].
”
Auch für die Gestaltung der Titelkarten verfügen die Studios über eigene Lettering Arists, die ihre Arbeit nach genauen Vorgaben zu erfüllen
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
8
haben und dabei meistens nur über das Genre des Films informiert werden.
Teilweise wird ihre Tätigkeit auch an externe Firmen ausgelagert [20].
Als eine dieser externen Firmen macht sich in den 1930er Jahren Pacific
Title einen Namen und bleibt in der Folge für über 50 Jahre eine der wichtigsten Adressen für Vorspannproduktion in Hollywood – das Unternehmen
existiert auch heute noch. In den Anfangsjahren spezialisiert sich die Firma
vor allem auf die Massenproduktion von per Hand auf Glasplatten gemalter
Titel und entwickelt dabei eine erstaunliche Vielseitigkeit [28].
Entgegen heute gängiger Klischees, Titelsequenzen wären zur damaligen Zeit künstlerisch gesehen ein unbedeutendes Übel gewesen, wird bei
genauerer Betrachtung die eindrucksvolle Funktion dieser frühen Werke hinsichtlich ihrer Atmosphäre vermittelnden Wirkung und ihres ausgeprägten
Verhältnisses zum diegetischen Raum4 deutlich. Alleine durch die subtile
Gestaltung der Typographie können komplexe dramaturgische Aufgaben wie
etwa der Transport von Genreindizes bewältigt werden [28]. Obwohl heute
üblicherweise die Aufmerksamkeit auf die später entstandenen Arbeiten der
großen Titeldesigner – wie jene von Saul Bass – gerichtet wird, stehen die
Titelsequenzen aus dieser Zeit in ihrer Komplexität den viel zitierten DesignTitelsequenzen der 50er und 60er Jahre nicht unbedingt nach.
Dennoch werden Titelsequenzen anno dazumal oft noch als lästiges, für
den Film unbedeutendes Vorgeplänkel angesehen, sodass viele Filmvorführer
den Vorhang erst nach dem Verstreichen der Titelsequenz öffnen und die
Besucher die Zeit nutzten, um sich etwa noch mit Popcorn einzudecken [9].
Die meisten Titelsequenzen beruhen nach wie vor auf dem Prinzip der
Titelkarten. Daneben gibt es jedoch immer wieder Versuche, von der damit verbundenen Statik wegzukommen. Beispielsweise erscheinen in The
Third Man (1949) die Credits zwischen den Saiten einer Zither, die von einer unsichtbaren Hand gespielt wird [2]. Vermehrt werden die Credits auch
anstelle von Titelkarten direkt über der beginnende Handlung eingeblendet.
3.4
Niedergang des Studiosystems
Bis Anfang der 50er Jahre werden in der Titelsequenz neben dem Regisseur
speziell die Darsteller erwähnt. Ein Mitgrund hierfür findet sich in der
Marketingfunktion der Titelsequenz, die ihr diesbezügliches Potential durch
die Nennung der prominenten Stars“ des Films voll auszuschöpfen versucht.
”
Bald beanspruchen jedoch auch andere an der Produktion beteiligte Berufsgruppen eine Aufwertung ihrer Arbeit und schließen sich zu Innungen –
Guilds – und Gewerkschaften – Unions – zusammen. Bereits 1926 hatten
4
Der diegetische Raum bzw. die Diegese sind analytische Begriffe der Erzähltheorie,
die unter anderem auch durch Christian Metz filmtheoretische Anwendung finden. Sie
bezeichnen das Grundmaterial der Filmerzählung, zu dem nicht nur die Narration selbst,
sondern auch deren fiktionale Dimensionen von Raum und Zeit gehören [23].
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
9
zuvor die großen Studios im Studio Basic Agreement fünf Gewerkschaften
anerkannt [24]. Bis weit in die 40er Jahre führen zahlreiche Streiks zwischen den Interessensvertretungen und den Studios und auch zwischen den
Fachverbänden untereinander nach und nach zur Ausformung der bis heute
in vielen Bereichen der Filmproduktion üblichen Arbeitsteilung. Der Druck
der Gewerkschaften auf eine Aufwertung des technischen Personals wächst
kontinuierlich. Davon bleiben auch die Titeldesigner nicht unberührt. Sie
werden ab 1946 durch The Science and Title Artists, Local 8165 vertreten,
ihre Anerkennung steigt und bald werden sie nicht mehr als einfache Arbeiter sondern als Künstler angesehen [20].
Als Folge der Aufwertung des technischen Personals werden laufend mehr
Arbeitsbereiche und dafür verantwortliche Personen in der Titelsequenz genannt, die dadurch zunehmend länger wird. Allerdings lässt sich der seit
Anfang der 50er Jahre zu beobachtende Trend zu längeren Titelsequenzen
nicht nur auf die Integration von Technik-Credits zurückführen.
Neben dem Gewerkschaftsdruck findet sich ein weiterer wesentlicher Auslöser in einem für die großen Studios folgenschweren Beschluss des obersten US-Gerichtshofs: Durch den Hollywood Antitrust Case of 1948 – vielfach auch als Paramount Case bezeichnet – werden diese gezwungen, sich
von ihren eigenen Kinoketten zu trennen und gängige, ihre monopolistische Stellung ausnutzende, wettbewerbswidrige Praktiken zu unterlassen
[24]. Parallel dazu entwickelt sich das Fernsehen durch seine explosionsartige Verbreitung seit dem Ende des zweiten Weltkriegs zu einem direkten Konkurrenzmedium des Kinos. Diese beiden Faktoren führen zu enormen Umsatzeinbrüchen mit verheerenden Auswirkungen auf das etablierte
Hollywood-Studiosystem.
Das Fernsehen geht eher aus dem Radio als aus dem Film hervor und
beschäftigt daher vor allem Rundfunkpersonal. Statt das Potential des
Fernsehens als zusätzlichen Absatzmarkt für ihre Filme zu erkennen, versuchen die Studios gegen die neue Konkurrenz anzukämpfen [23]. Neue technische Innovationen sollen helfen, doch weder Breitbandformate noch die
Einführung des Stereo-Tons können eine Trendwende herbeiführen. Trotz
des sich rasch abzeichnenden unaufhaltsamen Erfolgs des Fernsehens benötigen die Studios fast 15 Jahre, um sich an die neue Situation anzupassen. In
dieser Zeit wird ihre taktische Machtposition unentwegt geschwächt. Anhand der sinkenden Vermögenswerte lässt sich auch erklären, warum in
den 50er und 60er Jahren nach dem Aussterben oder dem Rückzug der
Gründergeneration fast alle großen Hollywood-Studios von neu entstehenden Industrie-Konglomeraten aufgekauft werden [23].
5
Heute ist The Science and Title Artists, Local 816 als Teil der Art Directors Guild,
Local 800 eine von mehr als 400 regionalen Gewerkschaften, die innerhalb der International
Alliance of Theatrical Stage Employes, Moving Picture Technicians, Artists and Allied
Crafts of the United States, Its Territories and Canada (I.A.T.S.E.) die Interessen von
Künstlern in der Unterhaltungsindustrie vertritt.
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
10
Für die Filmproduktion und damit auch für die Geschichte der Titelsequenzen relevant ist jedoch der durch diese Entwicklung verursachte Zusammenbruch des klassischen Studiosystems. Die wirtschaftliche Krise zwingt
die Studios nach und nach ihr auf fest angestellten Mitarbeitern (Schauspieler, Regisseure, Techniker, ...) beruhendes Produktionssystem aufzugeben. Ihr Hauptaugenmerk verlagert sich auf den Verkauf von Filmen und
in geringerem Umfang auch auf deren Finanzierung. Dadurch verschiebt
sich allmählich die Filmproduktionsweise von der Massen- bzw. Fließbandproduktion hin zu flexibleren Modellen. Filme werden nun als packageunit-production mit einer von Film zu Film neu aus unabhängigen Personen
zusammengestellten Crew umgesetzt [28].
Durch die Lockerung der Bindung an die Studios nimmt unter anderem
auch das Interesse der Beteiligten an einer Erwähnung in der Titelsequenz
zu. In Verhandlungen mit der Vertretung der Studiointeressen durch die
Alliance of Motion Picture and Television Producers werden Bedingungen
betreffend Nennung, Reihenfolge, Größe, usw. für die Credits in der Titelsequenz diskutiert und schließlich als verbindlicher Billing Sheet definiert. Besonders bei Fragen betreffend Schauspieler-Credits spielen zunehmend auch
darauf spezialisierte Agenten eine große Rolle [28].
3.5
Ausdifferenzierung
Die steigende Länge der Titelsequenz – bedingt durch Gewerkschaftsforderungen, den Zusammenbruch des Studiosystems und der gleichzeitigen
Verbreitung neuer Techniken wie etwa dem Farbfilm6 – zieht vielfach den
Unmut des Publikums auf sich. Forderungen nach einer unterhaltsameren
und ansprechenderen Gestaltung des zur Verfügung stehenden Platzes tauchen vermehrt auf.
So entstehen Mitte der 50er Jahre schließlich erste konzeptionelle Titelsequenzen. Der bis dato hauptsächlich im Vordergrund stehende informative Charakter wird von einer in sich geschlossenen Erzählform verdrängt,
die versucht, eine entsprechende Stimmung für den Film zu etablieren und
dessen visuellen Charakter anzudeuten. Das Potential der Titelsequenz als
Überführung in den diegetischen Raum wird zunehmend erkannt und eingesetzt [28]. Die Aufmerksamkeit des Zuschauers soll auf den Film gelenkt
werden. Durch Präsentation von Ort, Zeit und/oder Handlung fungiert die
Titelsequenz als Einstieg in den Film [8].
Bald können Design-Innovationen durch spezialisierte Titeldesigner bewundert werden. Beeinflusst durch den grafischen Funktionalismus des Bauhaus setzt sich in den 50er Jahren generell in vielen künstlerischen Bereichen
6
Die Umstellung der Filmproduktion von Schwarz-Weiß auf Farbfilm wird von der Filmindustrie forciert, um im Kampf um das Publikum einen Wettbewerbsvorteil gegenüber
dem Fernsehen zu erzielen, das bis Mitte der 60er Jahre ein Schwarz-Weiß-Medium bleibt.
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
11
Abbildung 3.2: Psycho (1960), Regie: Alfred Hitchcock, Titeldesign: Saul
Bass.
eine neue ästhetische Ideologie durch, die auch vor dem Titeldesign nicht halt
macht. Eine bedeutende Rolle fällt dabei dem Grafiker Saul Bass zu. Er
wird vom Regisseur Otto Preminger beauftragt, für dessen Filme Carmen
Jones (1954) und wenig später The Man with the Golden Arm (1955) das
gesamte Marketingkonzept und auch die Titelsequenz zu gestalten.
Als zentrales Anliegen beabsichtigt Bass, das Publikum bereits im Vorspann in den Film eintauchen zu lassen. Er entwickelt Praktiken, die Geschichte und Stimmung des Films schon in der Titelsequenz anzudeuten.
Federführend konzipiert er die Technik der pragmatischen Kondensierung.
Nach dem zu dieser Zeit populären Grundsatz der Reduktion stellt Bass ein
grafisches Element in den Mittelpunkt seiner Arbeit [8]. Häufig in Form einer Metapher fungiert dieses Symbol als prägnantes Leitmotiv für den Film.
Der Ursprung seines Ansatzes liegt im Posterdesign. In einem revolutionären Schritt ersetzt Bass die bis dato übliche Darstellung der spektakulärsten Szene des Films in Form einer Illustration durch ein symbolisches
Leitmotiv. Anschließend entwirft er davon ausgehend die Titelsequenz als
konsequente Erweiterung dieses Designs [2]. Seine Poster und Titeldesigns
verleihen Premingers Filmen eindeutige Markenzeichen, die sie aus der nach
wie vor weit verbreiteten Fließbandproduktion der Studios hervorheben [3].
Neben zahlreichen weiteren Produktionen für Otto Preminger entstehen auch bemerkenswerte Arbeiten durch Bass’ Zusammenarbeit mit Alfred
Hitchcock. So entwirft er unter anderem die Titelsequenzen für Vertigo
(1958), North by Northwest (1959) (siehe Abbildung 6.2, S. 64) und Psycho
(1960) (siehe Abbildung 3.2, S. 11). Alle drei Titelsequenzen sind kleine in
sich geschlossene Filme innerhalb des Films. Die Kompositionen schaffen gemeinsam mit der grandiosen Musik einen Prolog für den nachfolgenden Film:
sie definieren den Grundton, erzeugen Stimmung und deuten die Handlung
an. Die Titelsequenzen dienen dabei nicht nur der Identifikation, sondern
sind gleichzeitig integrativer Teil des Gesamtwerks [8].
Durch den sensationellen Erfolg seiner Titelsequenzen trägt Saul Bass
entscheidend zur Ausdifferenzierung und Formenvielfalt späterer Titelsequenzen bei. Auch ökonomisch-rechtlich macht sich die sensibilisierte Aufmerksamkeit des Publikums bald bemerkbar: Saul Bass erhält als erster Designer einen eigenen On-Screen-Credit für ein Titeldesign zugesprochen [2].
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
12
Trotz seines unumstrittenen Einflusses bleibt dennoch anzumerken, dass
die Rolle von Saul Bass durch seine retrospektive Selbstkanonisierung heute
vielfach überbewertet wird [28]. Wie selbst aus den vorliegenden Ausführungen hervorgeht, gab es auch vor Saul Bass zahlreiche bemerkenswerte Titelsequenzen.
Auch erkennt Saul Bass nicht als einziger Designer das Potential der Titelsequenz als Marketingelement und Markenzeichen für den Film. Schnell
entwickeln sich gelungene Titelsequenzen zu einem zusätzlichen Verkaufsar”
gument“ für ein Publikum, das immer öfter auch die Wahl hat, zu Hause
zu bleiben und fernzusehen. Beschleunigt durch diese Konkurrenz steigt
die Bedeutung der Titelsequenz für die Vermarktung des Films rapide an.
Auch unabhängige Regisseure und Produzenten beginnen Aufmerksamkeit
erregende Titelsequenzen produzieren zu lassen, um so gegenüber dem Starund Marketing-Rummel der großen Studios mithalten zu können [20].
3.6
Boom
Dies alles führt zu einem Boom von Titelsequenzen, die ab Mitte der 50er
Jahre zur regelrechten Mode werden. Unterschiedlichste Stile und Techniken werden eingesetzt, um durch immer neue Konzepte das Publikum
zu begeistern. Kennzeichnende Gemeinsamkeit der meisten Titelsequenzen
bleibt ihre vom eigentlichen Film isolierte Position und ihr Film-im-Film“”
Charakter. Unterlegt mit extradiegetischer Musik mutieren sie zu wahren
visuellen Ouvertüren“ [24]. Teilweise erhalten Titelsequenzen derart viel
”
Beachtung, dass sie den eigentlichen Film in den Schatten stellen.
If you open your mouth too wide with the titles you can only
”
go down.“ Billy Wilder [17]
Ein solcher Seperaterfolg“, der eine vom Film nicht zu befriedigende Er”
wartungshaltung schafft, liegt jedoch weder im Interesse der Regisseure noch
der Titeldesigner – besteht doch die zentrale Aufgabe der Titelsequenz nach
wie vor darin, dem Film zu dienen.
Dennoch erreicht beispielsweise der Designer Maurice Binder durch seine
im Gegensatz zum eigentlichen Film hochgelobte Titelsequenz zu The Grass
Is Greener (1960) derartige Bekanntheit, dass lukrative Folgeaufträge nicht
lange auf sich warten lassen. So gestaltet er beispielsweise auch den unverwechselbaren Vorspann zum ersten James Bond-Streifen Dr. No (1962), dessen Stil zum unverwechselbaren Markenzeichen aller weiteren Bond-Filme
wird. Ebenso stammt das berühmte Pre-Sequel mit dem schießenden Agenten, das in Dr. No erstmals als zusätzliches Icon zum Einsatz kommt, aus
Binders Feder [31]. Die vielleicht bemerkenswerteste Bond-Titelsequenz gelingt wenig später jedoch Robert Brownjohn für Goldfinger (1964) , in der auf
ästhetische Weise Szenen aus dem Film auf einen vergoldeten Frauenkörper
projiziert werden (siehe Abbildung 6.5, S. 69).
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
13
Abbildung 3.3: Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and
Love the Bomb (1960), Regie: Stanley Kubrick, Titeldesign: Pablo Ferro.
In den meisten Arbeiten lässt sich nach wie vor ein Trend zur Etablierung des diegetischen Raumes beobachten. Anfang der 60er Jahre wird diese
Strömung jedoch kurzfristig und nicht nachhaltig durch Animations- bzw.
Zeichentrickfilme unterbrochen [28]. Herausragende Beispiele für Zeichentrick-Titelsequenzen sind etwa Saul Bass’ Vorspann zu It’s a Mad Mad Mad
Mad World (1963) und Fritz Frelengs The Pink Panther (1963). In letzterer
löst der gezeichnete mit den Credits spielende rosarote Panther ein derart
positives Echo aus, dass er wenig später ein erstaunliches Eigenleben entwickelt. Er wird Hauptfigur einer eigenen Zeichentrickserie, dient als Logo,
Theoriemodell und Maskottchen französischen Anarchisten ebenso wie der
Deutschen Telekom. Als Spielfigur, Plakatmotiv und T-Shirt-Aufdruck ist
er bis heute in fast jedem erdenklichen Marketingformat allgegenwärtig [3].
Der Zeichentrick-Trend hält jedoch nicht lange an und so steigt die Zahl
der Titelsequenzen, die zur Etablierung des diegetischen Raumes beitragen, bald wieder an. Ein Mitgrund dafür lässt sich unter anderem in der
Einführung neuer fotokompositorischer Verfahren finden, die die Platzierung
von Schrift auf Handlungsbildern erleichtern [28]. Damit wird der Einsatz
von Live-Action zunehmend auch für das Titledesign interessant. Stephen
Frankfurt setzt 1962 in der Titelsequenz zu To Kill a Mockingbird (1962)
erstmals eine Kamerafahrt ein, um den Fokus der Zuschauer auf ein bestimmtes Detail zu lenken [31]. Auch Saul Bass greift in Walk on the Wild
Side (1962) auf Live-Action zurück und beginnt in weiterer Folge die Titelsequenz mittels Montagetechnik direkt in den Film zu integrieren – z. B. in
Grand Prix (1966) [2].
Beeindruckende Werke gelingen stellvertretend für eine immer größer
werdende Gemeinde von Titledesignern auch Pablo Ferro in Dr Strangelove
or: How I Stopped Worrying and Love the Bomb (1964) (siehe Abbildung
3.3, S. 13), Bullitt (1968) und The Thomas Crown Affair (1968).
3.7
Rezession
Der Höhepunkt des Titelsequenz-Booms ist Mitte der 60er Jahre erreicht.
Ausgehend von einer Ikone der Popkultur hat sich die Titelsequenz mittlerweile als grundlegender Bestandteil des Films fest etabliert und dement-
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
14
Abbildung 3.4: The World According to Garp (1982), Regie: George Roy
Hill, Titeldesign: Richard Greenberg.
sprechend schwindet das Interesse des Publikums. Vielfach wird die Titelsequenz nur mehr als nette“ Verpackung wahrgenommen. Um dennoch
”
Aufmerksamkeit zu erregen, werden ständig aufwändigere Sequenzen gestaltet. Immer häufiger steht die Titelsequenz in Konkurrenz zum eigentlichen
Film, während gleichzeitig auch ihre Herstellungskosten explodieren. Wenig
verwunderlich beginnen viele Regisseure daher, sich wiederum auf einfa”
chere“ Titelsequenzen zu besinnen. Verstärkt wird diese Entwicklung durch
die wirtschaftliche Rezession der 70er Jahre und das Aufkommen des Farbfernsehens ab 1967. Nachdem Kinofilme nun auch öfter im Fernsehen gezeigt
werden, müssen Titelsequenzen nicht zuletzt aufgrund der geringen Größe
und Auflösung des Fernsehbildes vereinfacht werden.
An die Stelle aufwändiger Titelsequenzen mit eigenständigem Kurzfilmcharakter treten vermehrt kostengünstiger zu realisierende Live-Action Sequenzen, die gleich beim Dreh des Films mitproduziert werden können. Der
Fokus richtet sich auf adäquate Schrift-Überblendungen [24].
3.8
Computertechnologie
Einen erneuten Aufschwung erfährt das Titeldesign erst in den 80er Jahren mit dm Aufkommen der Digitaltechnik. Für die damalige Zeit bahnbrechende Titelsequenzen gestaltet Richard Greenberg für Superman (1978)
(siehe Abbildung 5.5, S. 42) und The World According to Garp (1982) (siehe
Abbildung 3.4, S. 14) [20].
Two of the richest possibilities that new technologies enabled
”
were situating a point of view within an illusion of space and
imagery and the manipulation of typography to be dimensional and move in ways that are physically impossible.“ David
Peters [20]
Von der Ästhetik her lässt sich zunehmend eine Anlehnung der Titelsequenz an Musikvideos und Werbeclips beobachten. Die neuen technischen
Möglichkeiten setzen sich jedoch nur zaghaft durch, weil die Computertechnologie noch in den Kinderschuhen steckt und ein sehr kostspieliges und
somit elitäres Unterfangen darstellt.
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
15
Abbildung 3.5: Seven (1995), Regie: David Fincher, Titeldesign: Kyle
Cooper.
3.9
Medialer Umbruch
Anfang der 90er Jahre erfährt die digitale Revolution durch die Entwicklung
von Desktop-Tools schließlich eine wesentliche Fortführung und wird für
eine breitere Masse an Designern interessant. Besonders die Einführung
von Adobe After Effects 1993 eröffnet ungeahnte Möglichkeiten mit starken
Auswirkungen auch auf das Titeldesign.
Das Titeldesign rückt näher an den Film. Dem Regisseur, Editor und
Titeldesigner steht nun eine gemeinsame Sprache zur Verfügung, die eine
Zusammenarbeit durch den einfacheren Austausch von Ideen erheblich erleichtert. So erhalten viele Titeldesigner nun vorgefertigte Konzepte direkt
vom Regisseur und im Zuge der Umsetzung können Zwischenergebnisse problemlos ausgetauscht und besprochen werden [20].
Doch besonders hinsichtlich der Gestaltung eröffnet die digitale Technologie praktisch unendlich viele neue Möglichkeiten und trägt somit maßgeblich zur einsetzenden Renaissance des Titeldesigns bei. Viele Titeldesigner
knüpfen an Design-Innovationen der 50er Jahre an, indem sie die neuen
Möglichkeiten digitaler Filmgestaltung ausspielen.
Der Durchbruch zur Revitalisierung des Titeldesigns gelingt schließlich
dem Designer Kyle Cooper mit der Titelsequenz zu Seven (1995) (siehe
Abbildung 3.5, S. 15). Dieser Vorspann begründet durch seine spezifische
Ästhetik den oft kopierten Trend des Grunge Titel Designs. Neben der
visuellen Gestaltung lässt sich laut Copper die enorme Aufmerksamkeit, die
diese Titelsequenz hervorruft, hauptsächlich auf ihre gelungene diegetische
Umsetzung zurückführen.
[...] I think the reason it got everybody’s attention was less
”
about the graphical language and more about the idea. That
sequence is only good because it is the film, because it came out
of the film. I wanted to get across the idea of the killer, to make
something that he would have made. That’s how you want it to
be. The form should be born out of the content.“ Kyle Cooper [8]
Durch Seven wird Kyle Cooper zur Leitfigur des Titeldesigns und erlangt
in der Folge großen Einfluss auf die Filmindustrie. Cooper führt als einer
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
16
Abbildung 3.6: Kiss Kiss Bang Bang (2005), Regie: Shane Black, Titeldesign: Danny Yount.
der ersten Designer Trends aus dem Printbereich, der Werbung und der
Musikindustrie in die konservative Filmindustrie über und trägt so erheblich
zum Ansehen des Titeldesign als eigene Kunstform bei [8].
Titelsequenzen entwickeln sich gemeinsam mit Werbeclips und Musikvideos zum führenden Indikator des zeitgenössischen visuellen Stils. In zahlreichen Fällen sind Titelsequenzen sowohl technologisch als auch ästhetisch
viel innovativer als der eigentliche Film.
3.10
Aktuelle Trends
Neben neuen Designs schafft der mediale Umbruch hin zum Computer auch
eine Plattform, auf der die alten“ Medien simuliert werden können. Gerade
”
diese Rückbesinnung auf alte, analoge“ Techniken in Kombination mit mo”
”
dernen, digitalen“ Mitteln zeichnet bis heute eine Vielzahl bemerkenswerter
Titelsequenzen aus.
Besonders in Form des Retrodesigns lässt sich diese Verschmelzung von
alt und neu beobachten. Die Titelsequenz zu Catch Me If You Can (2002)
(siehe Abbildung 5.2, S. 38) lehnt sich etwa The Pink Panther (1963) an
und der Vorspann zu Kiss Kiss Bang Bang (2005) ist unverkennbar von Saul
Bass’ Arbeiten inspiriert (siehe Abbildung 3.6, S. 16). Solche Retrosequenzen werden gerne eingesetzt, um eine Assoziation mit einem filmhistorischen
Zeitabschnitt oder einem bestimmten Genre herzustellen.
Die enorme Entwicklung im digitalen Bereich schreitet ungebremst voran.
Heute werden fast alle Stationen des kreativen Entstehungsprozesses einer
Titelsequenz komplett digital umgesetzt. So lassen sich viele Ideen verwirklichen, die mit klassischen optischen Methoden aufgrund der Komplexität
nicht realisierbar gewesen wären.
[...] the creative process of credit sequences is almost entirely
”
digital – something like Sphere or Island of Doctor Moreau or
The Avengers couldn’t have been done in a traditional optical
because we took stock footage from dozens of different sources,
and in order to color-correct all those different sources it would
have just been too complicated.“ Kyle Cooper [12]
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
17
Oft wird das Titeldesign heute dem Motion Design – Grafikdesign im Bewegtbild – zugeordnet. Mittlerweile haben sich spezialisierte Softwaretools
für Motion Design & Compositing wie das bereits erwähnte Adobe After
Effects, Autodesk Combustion/Flame/Inferno, Apple Motion/Shake, Pinnacle
Commotion und Eyeon Digital Fusion am Markt durchgesetzt. Daneben
spielen auch Softwaretools im 3d-Bereich wie Maxon Cinema 4D, Autodesk
3d Studio Max/Maya (ehemals Alias Maya) und Softimage XSI eine immer
größere Rolle. Bezüglich Hardware werden heute praktisch ausschließlich
Desktop-Computer eingesetzt.
Von der Produzentenseite her teilt sich der Markt für Titelsequenzen
auf relativ wenige spezialisierte Studios auf. Zu nennen sind dabei etwa
Imaginary Forces und Prologue Films (Kyle Cooper), Picture Mill, YuCo,
Digital Kitchen, Big Film Design, DR Film Design, FIG Productions und
River Road Films.
Laut Jakob Trollbeck7 gibt es heute drei Typen von Filmen [27]:
• high-Budget“ Produktionen, deren Regisseure eine Titelsequenz als
”
wichtig erachten,
• low-Budget independent“ Produktionen, die mit der Titelsequenz et”
was cooles“ schaffen wollen und
”
• die breite Masse dazwischen, die die Ansicht vertritt, dass sich das Publikum den Film sowieso anschauen wird, und deshalb keine besondere
Titelsequenz gestalten lässt.
Tendenziell lassen sich in den letzten Jahren zwei Trends beobachten. Zum
einen findet unübersehbar eine Rückbesinnung auf aufwändig animierte Titelsequenzen statt, die als eigenständige Kurzfilme inhaltlich zur Etablierung
des diegetischen Raumes beitragen. Dabei kommt es zu einer verstärkten
Verschmelzung von Schrift und Bild. Auf Kosten der Lesbarkeit wird Schrift
vermehrt als Gestaltungselement zur Fiktionalisierung und Dynamisierung
des Bildinhalts herangezogen [24].
Zum anderen führt sozusagen ein Gegentrend in Richtung einer Minimalisierung der Titelsequenz. Immer öfter werden die Credits aus der Titelsequenz verbannt und komplett in den Abspann verschoben. Solche NonHead-Credit-Sequenzen [24] setzen sich lediglich aus den obligatorischen Presentation Credits und dem Filmtitel zusammen und beinhalten ansonsten
keine Credits (siehe Abschnitt 6.2.1, S. 53).
Beide Trends lassen eine zunehmende Fokussierung der Titelsequenz auf
die realillusionäre Welt des Films erkennen. Die Verweise auf die Produktionsebene verlieren hingegen ständig an Bedeutung.
Diese Entwicklung wird auch durch eine vermehrte Einbindung der Studiosignets in den Film bzw. in die Titelsequenz unterstrichen. Zwar wurden
7
Jakob Trollbeck war Creative Director bei R/Greenberg Associates in New York, jener
Firma bei der auch Kyle Cooper arbeitete und Seven (1995) produzierte.
KAPITEL 3. ENTWICKLUNG
18
diesbezügliche Methoden bereits in frühen Komödien wie etwa in A Night
at the Opera (1935) als ironisches Element angewandt und kamen auch in
folgenden Jahrzehnten immer wieder zum Einsatz (beispielsweise durch Anpassung der Hintergrundfarbe des Signets in North by Northwest (1959) an
die Titelsequenz (siehe Abbildung 6.2, S. 64)), so lässt sich dennoch seit den
90er Jahren ein tendenzieller Anstieg beobachten. Die Verschmelzung des
Signets mit dem Film geschieht dabei zumeist relativ dezent – etwa durch
antizipierendes Sounddesign oder durch Vorziehen der Tonebene. Immer
häufiger werden jedoch auch direkte Bildtransformationen in ähnliche Motive eingesetzt. Mittlerweile ist selbst die Anpassung der Bildästhetik an den
Film keine Seltenheit mehr, wie sich an Filmen wie Deep Blue Sea (1999),
The Matrix (1999) oder Ocean’s Eleven (2001) belegen lässt [24].
Immer öfter kommen aufwändige Titelsequenzen auch für TV-Produktionen zum Einsatz – vor allem bei Serien. Darunter fallen so bekannte
Titelsequenzen wie jene der Simpsons oder ästhetisch herausragende wie
jene von Six Feet Under oder The Grid. Gerade im TV-Bereich wird das
Titeldesign heute weitgehend auch als Kunstform anerkannt, was sich etwa
durch einen eigenen Emmy Award for Main Title Design8 verdeutlicht.
8
Der Emmy Award for Main Title Design wird seit 1997 für die beste Titelsequenz
eines TV-Programms vergeben. Beispielsweise wurde die Titelsequenz zu Six Feet Under
mit diesem Award ausgezeichnet.
Kapitel 4
Allgemeine Analyse
4.1
Eigenschaften und Funktion
Um in weiterer Folge eine sinnvolles Kategorisierungssystem entwickeln zu
können, wird die Titelsequenz zuerst einer allgemeinen Analyse unterzogen.
Dabei gilt es vor allem ihre spezifischen Charakteristika ausfindig zu machen
und sie hinsichtlich ihrer Funktionen zu durchleuchten.
4.1.1
Übergangszone
Wie unter Kapitel 2 (siehe S. 3) angeführt, lassen die zahlreichen Begriffe,
die für die Anfangssequenz eines Films Verwendung finden, bereits deren
Komplexität erahnen. Der deutsche Terminus Vorspann und der französische Ausdruck Générique unterstreichen vor allem die Rand- und somit gemeinsam mit dem Abspann die Rahmenposition.
Als Schwelle findet sich die Titelsequenz eingebettet in eine für den Film
wesentliche Übergangszone. Sie akzeptiert diese Situation, rechnet mit ihr
und versucht sie auf multilaterale Weise zu behandeln. Sie verkörpert eine
Passage in den Film und stellt als solche einen Ort der Teilung – der mannigfachen Differenzierung und simultan überbrückenden Integration – dar [3].
Die geteilte Aufmerksamkeit des Zuschauers muss konzentriert gewonnen werden. Als Grenze zwischen Außen“ und Innen“ hat die Titelsequenz
”
”
ihn von der realen in die fiktionale Welt überzuführen. Dabei ist die Titelsequenz Teil der filmischen Erzählung und konkomitierend Erzählung“ über
”
den Film. In dualer Orientierung verweist sie zugleich auf den Inhalt und
auf die Hülle der Produktion. Zum einen ist sie integrativer Teil des Films,
zum anderen trachtet sie in semi-autonomer Weise danach, sich von ihm
abzugrenzen [3]. Vergleichbar mit einem Buchumschlag oder einem Bilderrahmen lässt sich nicht genau bestimmen, ob die Titelsequenz nun zum Werk
gehört oder nicht.
19
KAPITEL 4. ALLGEMEINE ANALYSE
4.1.2
20
Paratext
Den Ausführungen Gérard Genettes folgend, könnte die Titelsequenz als
Paratext1 bezeichnet werden. Er versteht darunter etwas, das zugleich dies”
seits und jenseits einer Grenze, einer Schwelle oder eines Randes liegt, den
gleichen Status besitzt und dennoch sekundär ist, subsidiär und untergeordnet wie ein Gast seinem Gastgeber oder ein Sklave seinem Herren“ [13]. Da
der Gast jedoch erst den Gastgeber und der Sklave erst den Herren macht,
stehen sie in gegenseitiger Abhängigkeit. Folglich scheint der Text seinen
Paratext zu brauchen, wie der Film seine Titelsequenz [24].
Genette bezeichnet alles, den eigentlichen Text Umgebende als Paratext.
Sozusagen als Rand des Textes gibt der Paratext dem Leser zu verstehen,
dass und wie er den Text selbst auffassen soll. Dazu sind laut Genette Autorenname und Titel ebenso zu zählen wie Widmung, Vorwort und Anmerkungen. Der Paratext ist dabei aber nicht bloß Beiwerk“ des Textes. Kein
”
Element des Textes bleibt von dessen paratextueller Qualität unberührt. Im
Gegenteil: Paratexte organisieren die Kommunikation von Texten über”
haupt“ [18].
Mittlerweile hat sich das Konzept des Paratextes vor allem im literarischen Bereich gut etabliert und legt daher eine Ausdehnung auf filmische
Belange nahe. Literarische Formen wie Titel, Vorwort, Adressierung und
Einleitung lassen sich durchaus mit filmischen – wie im besonderen Ausmaß
auch mit der Titelsequenz – vergleichen [18].
Selbst die paratextuelle Funktion der Genrebezeichnung oder der Studiosignets darf nicht unterschätzt werden. Beispielsweise legt alleine schon
die Genrebezeichnung Western einen bestimmten Stil und eine bestimmte
Erzählform nahe [28].
Paratexte im Fernsehen
Im Zusammenhang mit dem Konzept des Paratextes empfiehlt sich als kleiner Exkurs die Analyse der Bedeutung des Paratextes im Fernsehen. Lange
ist das Fernsehen durch die Ausstrahlung von Kinofilmen der Programmstruktur des Kinos gefolgt. Gerade in den letzten Jahren entfernt sich das
Fernsehen jedoch von dieser starren“ Struktur und entwickelt sich zuneh”
mend in Richtung eines endlos fließenden“ Programms [18]. Eine immer
”
stärker werdende Vermischung des eigentlichen Paratextes mit dem weiteren Programm (also dem eigentlichen Text) lässt sich beobachten. Werbeeinschaltungen (beispielsweise zwischen Titelsequenz und Film), die Verstümmelung des Abspanns durch radikale Kürzung und Splitscreens, Trailer, Vorankündigungen, usw. schaffen ein Bild-Grafik-Schrift-Ton-Kontinuum, das
1
Der Begriff Paratext wurde vom französischen Literaturwissenschaftler Gérard Genette, der großen Einfluss auf die Entwicklung der Erzähltheorie hatte, in seinem 1987
erschienen Werk Seuils eingeführt und ist in seiner ursprünglichen Bedeutung daher ein
literarischer.
KAPITEL 4. ALLGEMEINE ANALYSE
21
die Grenze zwischen Text und Paratext zunehmend verschwinden lässt. Sendungsgrenzen werden aufgelöst, Anfang“ und Ende“ verlieren an Bedeu”
”
tung.
Ein weiteres Phänomen in diesem Bereich stellt die Video-DVD dar,
die beispielsweise im Format des Making Of den Paratext als intermediale
Reflexion den eigentlichen Text überschwemmen lässt [18].
4.1.3
Programmstruktur
Filme weisen eine Struktur auf, die Paratexte mit einbezieht bzw. benötigt.
Das Kino kann als Weiterentwicklung des Theaters betrachtet werden und
hat daher auch die Programmstruktur des Theaters übernommen. Diesbezüglich empfiehlt sich ein kurzer Blick auf die zeitgenössische Filmtheorie
von Christian Metz. In deren Zentrum steht die Semiotik, die Ansätze zum
Studium der Kultur als Sprachsystem liefert und daher auch Film als Sprache zu verstehen sucht [23].
Wir verstehen den Film nicht, weil wir sein System kennen,
”
sondern wir kommen zu einem Verständnis seines Systems, weil
wir den Film verstehen.“
Oder anders gesagt [21]:
Nicht weil das Kino eine Sprache ist, kann es uns so schöne
”
Geschichten erzählen, sondern weil es sie uns erzählt hat, ist es
zu einer Sprache geworden.“
Im Unterschied zu anderen Sprachen sind im Film Signifikant (der Klang
der Sprache) und Signifikat (die Bedeutung der Sprache) beinahe ident, was
wiederum heißt, dass der Betrachter, das, was er sieht, auch versteht [23].
Christian Metz: Ein Film ist schwer zu erklären, weil er leicht zu verste”
hen ist.“ Dieser Sichtweise folgend braucht ein Film schon alleine aufgrund
seiner Programmstruktur eine Titelsequenz, weil die Titelsequenz für unser
Sprachverständnis“ des Films benötigt wird.
”
4.1.4
Heterogene Funktion
Generell kann die Titelsequenz als reflexiver Paratext betrachtet werden, der
verschiedenste, teilweise heterogene Funktionen zu erfüllen hat. Das Spektrum reicht von ökonomisch-rechtlichen auf der einen bis hin zu ästhetischunterhaltenden Funktionen auf der anderen Seite.
In ihrer rechtlichen Funktion liegt die ursprünglichste Notwendigkeit der
Titelsequenz begründet. Titel bedeutet in diesem Sinn Rechtstitel. So kann
die Titelsequenz in der Regel als eine Art filmisches Impressum verstanden werden, das die Filmproduktion dokumentiert (siehe Abschnitt 6.2.1, S.
53). Verantwortungen werden manifestiert, Eigentums- und Urheberrechte
KAPITEL 4. ALLGEMEINE ANALYSE
22
verlautbart und Verwertungsbedingungen kommuniziert. Neben dem Arbeitsnachweis, der an der Produktion beteiligten Personen inklusive deren
Aufgaben, artikuliert die Titelsequenz gleichzeitig auch das marketingfähige
Konzept des Films. Zusammen mit Postern, Trailern und anderen Werbeformen trägt die Titelsequenz einen großen Teil zur Identitätsbildung des
Films bei. Vor allem Trailer und Titelsequenz sind als verwandte filmische
Formen – die zudem auch häufig von denselben Personen produziert werden – maßgeblich für die Popularität eines Films verantwortlich.
Die wichtigste Aufgabe der meisten Titelsequenzen ist aber ihre erzähltechnische Bedeutung für den Film. Aufgrund ihrer Position am Anfang des
Films kommt der Titelsequenz eine einführende Funktion zu. Sie hat eine
Stimmung für den Film zu etablieren und muss in diesem Zusammenhang
den Zuschauer von der realen in die fiktionale Welt des Films überführen.
Der Zuschauer soll in die filmische Erzählung – die Diegese – eingeführt
werden. Diesbezüglich tragen viele Titelsequenzen nicht unwesentlich zur
Rezeption des Films bei. Gemeinsam mit dem Abspann ist die Titelsequenz
ein Ort der Kondensation und wird dadurch zu einem bevorzugten Platz der
Reflexion [18].
4.1.5
Spannungsverhältnis
Die heterogenen Funktionen lassen sich aufgrund ihrer unterschiedlichen
Ausrichtung allerdings nicht einfach addieren, weil sie sich nicht gegenseitig
stützen. Im Gegenteil – oft behindern sie einander viel mehr. Dies gilt vor
allem für die beiden Pole der ökonomisch-rechtlichen und der ästhetischunterhaltenden Funktion.
Während die Titelsequenz in Hinblick auf den Film danach trachtet, den
Zuschauer in die Fiktion eintauchen zu lassen, wird die beabsichtigte Immersion2 zugleich durch ihre ökonomisch-rechtlichen Verweise auf die Produktion gestört. Im Regelfall ist der gemeine Zuschauer nicht an den Vertragsverhandlungen, die hinter den Credits stecken, interessiert. Dennoch
hängen davon unter anderem Reihenfolge und Größe der Credits ab und
die vereinbarte Vorgehensweise beeinflusst somit den Stil der Titelsequenz.
Darüber hinaus trägt die Nennung bestimmter Stars“ (vor allem der Schau”
spieler und Regisseure) wiederum nicht unerheblich zur marketingfähigen
Identitätsbildung des Films bei.
Genau diese Widersprüche und die damit verbundenen komplexen Kausalitäten und Interferenzen lassen die Titelsequenz zu einer höchst interessanten filmischen Form werden. Das Publikumsinteresse an Unterhaltung
fordert in Opposition zu ökonomisch-rechtlichen Ansprüchen eine Prägnanz
der Titelsequenz. Ökonomie motiviert Ästhetik. Durch das Spannungs2
Béla Balázs bezeichnet mit Immersion den Eingang – die Tür – in einen anderen
Raum. Im übertragenen Sinn steht die Immersion für das Eintauchen in eine künstliche
Welt durch Auflösung der räumlichen Grenzen.
KAPITEL 4. ALLGEMEINE ANALYSE
23
verhältnis zwischen Produktion und Fiktion stellt die Titelsequenz einen
Ort der alternativen Konzeption des Filmischen in einer extrem kondensierten Form dar [4]. Die zentrale Aufgabe der Titelsequenz besteht darin,
dieses Spannungsverhältnis zu behandeln.
Die Widersprüchlichkeiten der heterogenen Funktionen schreien förmlich
nach kreativen Lösungen, die alle Anforderungen gebündelt unter einen Hut
zu bringen vermögen. Die ökonomisch-rechtliche Ausrichtung stellt dabei
als Konstante Raum für ästhetische Variationen zur Verfügung. Die Titelsequenz kann als Kombination aus Redundanz (bedingt durch die ökonomischrechtlichen Anforderungen der Credits) und Varietät (in Form ihrer auf immer neue kunstvolle Weise erfolgende ästhetisch-unterhaltende Umsetzung)
betrachtet werden. Trotz oder gerade wegen der zahlreichen Konventionen
entstehen so laufend spannende und vor allem individuelle Titelsequenzen.
4.2
Kategorisierung
Da die Titelsequenz eine äußerst komplexe filmische Form darstellt, die sowohl in ihrer formalen Gestaltung auf unterschiedlichste Mittel zurückgreift,
als auch in ihrer inhaltlichen Funktion verschiedenste Aspekte zu bedienen hat, gestaltet sich die Entwicklung einer extensiven Kategorisierung als
schwieriges Unterfangen.
4.2.1
Bestehende Ansätze
Als Ausgangspunkt empfiehlt sich eine Analyse bestehender TitelsequenzKategorisierungen. Nachdem die Thematik Titelsequenz jedoch nach wie
vor nur zaghaft wissenschaftliche Beachtung erfährt, existieren diesbezüglich
kaum Ansätze. Abgesehen von wenigen Modellen zur Klassifizierung von
Teilaspekten – wie etwa hinsichtlich des typographischen Layouts – konnte
ich, um präzise zu sein, im Zuge meiner intensiven Recherchen lediglich
zwei globale“, die Titelsequenz als solche betreffende Typisierungsversuche
”
ausfindig machen.
Kategorisierung nach Florian Zizmann
Die erste Kategorisierung schlägt Florian Zizmann in seiner 2003 verfassten
Diplomarbeit folgendermaßen vor (Beschreibung von F. Zizmann) [31]:
1. Titel-Vorspann: Der Text steht auf einem neutralen Hintergrund.
2. Integrierter Vorspann: Der Text wird in die laufende Handlung eingeblendet oder als Zwischenteil in die beginnende Handlung montiert.
3. 3d/Animations-Vorspann: dreidimensionale Schrift oder ComputerAnimation, die häufig im Science Fiction-Genre verwendet wird;
KAPITEL 4. ALLGEMEINE ANALYSE
24
4. Monumental-Vorspann: animierte monumentale“ Schrift o. Ä. die
”
meist in Verbindung mit dem 3d/Animations-Vorspann verwendet wird;
5. Zeichentrick-Vorspann: Diese Spielart wurde häufig in HollywoodFilmen der 50er und 60er Jahre verwendet.
6. Einführungs-Vorspann: Der Vorspann wird benutzt, um in die Handlung einzuführen. Ort und/oder die Charaktere werden vorgestellt.
7. Clip-Vorspann: Vorspann mit Kurzfilm- oder Clip-Charakter; Eine
kurze Story – die formal abgestimmt – aber ansonsten unabhängig
von der Handlung des Films ist.
8. Genre-Vorspann: Verwendung von Stereotypen und Klischees in den
verschiedensten Codes; Dient der Betonung der Genrezugehörigkeit
des Films.
9. Corporate Identity/Marken-Vorspann: Entwicklung eines Markenzei”
chens“ durch den Vorspann, z. B. durch eine markante Erkennungsmelodie, Farbe, Typographie, etc.;
10. Raum-Zeit-Vorspann: Rückblenden im Vorspann oder Anspielung auf
die folgende Handlung, Vorwegnahme des Endes oder von sonstigen
Ereignissen, etc.;
Kategorisierung nach Daryl Lisa Fazio
Die zweite Kategorisierung stammt von Daryl Lisa Fazio und wählt wie folgt
einen eher dramaturgischeren Ansatz (Beschreibung von D. L. Fazio) [31]:
1. Typographisch: Es wird ausschließlich Typographie verwendet (stehend oder bewegt) und auch verwandte Symbole auf einem flächigen
Hintergrund.
2. Dialektisch: Disparate Elemente werden zu neuen kombiniert und ihnen wird dadurch einen neue Bedeutung gegeben.
3. Kurzfilm: Eine komprimierte Fassung der Filmhandlung wird gezeigt
(oftmals metaphorisch umschrieben).
4. Prolog: Vorspann, der einen erzählerischen Rahmen schafft und die
Handlung einleitet, indem er Orte, Zeit und Hauptfiguren ankündigt;
5. Metapher(n): Filmische und grafische Elemente repräsentieren den
Filminhalt oder Fragmente der Handlung oder handelnde Figuren.
6. Mystifikation: Vorspann, der eine Erwartung beim Publikum aufbaut,
indem er ungeklärte oder unidentifizierbare Elemente der Handlung
andeutet;
7. Standbilder: Vorspann, der eine Sequenz von Standbildern darstellt;
KAPITEL 4. ALLGEMEINE ANALYSE
25
Auf den ersten Blick mögen beide Ansätze auf ihre Art durchaus sinnvoll erscheinen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch klar, dass sowohl beim ersten als auch beim zweiten unterschiedliche Aspekte miteinander vermischt,
ja beinahe willkürlich“ verknüpft werden. Viele wichtige Konzepte und
”
Funktionen werden zusätzlich nicht oder nur ungenügend behandelt. Dadurch entsteht zwar eine übersichtliche flache“ Struktur, die jedoch nicht
”
der gegebenen Komplexität gerecht werden kann. Zahlreiche Titelsequenzen
lassen sich in diese Modelle nicht präzise einordnen.
Allerdings muss selbstverständlich festgestellt werden, dass beide Vorschläge einige durchaus vernünftige Ansätze aufweisen, die im weiteren Verlauf dieser Arbeit deshalb nicht unberücksichtigt bleiben werden.
4.2.2
Übersicht des Kategorisierungssystems
Die Titelsequenz präsentiert sich durch ihre zahlreichen heterogenen Funktionen und ihre intermediale Umsetzung als eine in höchstem Maße diffizile
filmische Form. Bei der Konzeption einer möglichst allumfassenden Kategorisierung scheint daher eine flache“ Struktur kaum dazu geeignet, die
”
unterschiedlichen Aspekte ausreichend abbilden zu können. Als zielführend
bietet sich vielmehr die Entwicklung eines Kategorisierungssystems an, das
anhand mehrerer Unterkategorisierungen versucht, die Titelsequenz aus verschiedenen Blickwinkeln einordenbar zu machen. Jede Sichtweise beleuchtet
dabei eine andere Fassette und steht somit als eigene Kategorisierung für
sich selbst. Die Summe aller Zuordnungen in diesen Unterkategorisierungen
erlaubt im Kategorisierungssystem so eine möglichst aussagekräftige Analyse der Titelsequenz.
Im Detail beruht das in weiterer Folge dieser Arbeit ausführlich elaborierte System auf insgesamt neun Kategorisierungen (siehe Abbildung 4.1,
S. 26). Diese ergeben sich logisch durch die funktionale (Welche Wirkungsabsichten werden verfolgt?) und formale (Wie erfolgt die Umsetzung?) Untersuchung der Thematik (siehe Abbildung 4.2, S. 27). Jede Titelsequenz
lässt sich in den detektierten Kategorisierungen jeweils einem oder in machen Fällen auch mehreren Kategorien zuordnen. Aufgrund der gegebenen Komplexität ist das gesamte Kategorisierungssystem als idealtypisch zu
verstehen. Möglichst allgemeingültige Aussagen sind beabsichtigt, können
jedoch nicht in allen Fällen erzielt werden.
Die Präsentation des Kategorisierungssystems erfolgt in den nächsten
Kapiteln zunächst durch eine ausführliche theoretische Analyse der jeweiligen Sichtweise. Anschließend werden die einzelnen Kategorien der zugehörigen Kategorisierung anhand konkreter Filmbeispiele erörtert. Eine
Aufzählung dreier der aktuellen Kategorie zuzuordnender Titelsequenzen
rundet deren Beschreibung ab. Alle angeführten Filmbeispiele dienen dabei der Orientierung und zur Untermauerung festgestellter Kriterien. Die
Auswahl der Filme erfolgte beliebig“ und könnte jederzeit ergänzt werden.
”
KAPITEL 4. ALLGEMEINE ANALYSE
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Abbildung 4.1: Übersicht des vollständigen Kategorisierungssystems: Die
ringförmig angeordneten Schichten entsprechen der hierarchischen Struktur
der Untersuchung. Ausgehend vom innersten Ring mit den beiden prinzipiellen Sichtweisen der funktionalen und formalen Analyse teilen sich die
daran anschließenden Ringe in die einzelnen Betrachtungen auf. Der äußerste Ring bildet so schließlich alle neun Kategorisierungen mit den konkreten
zugehörigen Kategorien ab. Anhand der Farbgebung der Kategorisierungen
kann in Abbildung 4.2 (siehe S. 27) deren Position im strukturellen Aufbau
der Arbeit eruiert werden.
KAPITEL 4. ALLGEMEINE ANALYSE
27
narrative Strategie
nicht-narrative Strategie
Inhaltsorientierung
Kontaktorientierung
Produktionsorientierung
Filmorientierung
funktionale Analyse
Titelsequenz
formale Analyse
Ton
Position
Bild
Schrift
Umfang
Interaktion
Gestaltung
Abbildung 4.2: Struktureller Aufbau der im weiteren Verlauf der Arbeit
durchgeführten Untersuchung: Anhand zweier Sichtweisen erfolgt zunächst
in Kapitel 5 (siehe S. 28) eine funktionale und anschließend in Kapitel 6
(siehe S. 47) eine formale Analyse der Titelsequenz gemäß der abgebildeten Hierarchie. Zu jedem mit + gekennzeichneten Aspekt wird eine eigene
Kategorisierung entwickelt. Aus insgesamt neun Kategorisierungen entsteht
schließlich das in Abbildung 4.1 (siehe S. 26) visualisierte Kategorisierungssystem.
Kapitel 5
Funktionale Analyse
Dieses Kapitel untersucht die funktionalen Aspekte der Titelsequenz. Im
Gegensatz zur darauf folgenden formalen Analyse steht dabei nicht die Umsetzung sondern die Aufgabe der Titelsequenz im Vordergrund. Es geht um
die Frage, was durch die Titelsequenz transportiert wird, und nicht darum,
wie dieser Transport geschieht.
Basierend auf den in Kapitel 4 getätigten Beobachtungen (vergleiche
insbesonders Abschnitt 4.1.4, S. 21) lassen sich zwei grundlegende, von
der Titelsequenz simultan verfolgte Wirkungsabsichten detektieren. Zum
einen verweist die Titelsequenz nach außen“ auf den Film als Produkt und
”
zum anderen nach innen“ auf den Inhalt des Films. In Erfüllung ihrer
”
ökonomisch-rechtlichen Funktion ist sie produktions- und bezüglich ihrer
ästhetisch-unterhaltenden Aufgaben zugleich filmorientiert. Sie versorgt den
Zuschauer mit extradiegetischen Informationen über den Film und mit intradiegetischen Informationen aus dem Film.
5.1
Produktionsorientierung
Historisch betrachtet liegt der Ursprung der Titelsequenz in der Erfüllung
ökonomisch-rechtlicher Ansprüche. Der Film soll als Produkt gekennzeichnet werden, um dadurch Urheberrechte und Verantwortungen verlautbaren
zu können (siehe Abschnitt 3.1, S. 5).
Titel
Die Titelsequenz im Allgemeinen und der Filmtitel im Speziellen dienen zuallererst der Identifikation des Films. Der Titel verleiht dem Werk einen
individuellen Namen, ermöglicht dadurch erst eine entsprechende Kommunikation und ist somit in weiterer Folge Voraussetzung für den Umlauf des
Films. Als Etikett des Produktes Film steht der Titel im Zentrum der
Vermarktung. Er muss Aufmerksamkeit erzeugen, den Film von anderen
28
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
29
abgrenzen oder ihn bewusst in der Nähe ähnlicher positionieren. Der Zuschauer soll bereits alleine durch den Titel befähigt werden, den Film in
einem Netzwerk intertextueller Erfahrungen einzuordnen [24].
Credits
Oft ist der Titel dabei in der Titelsequenz untrennbar mit wichtigen an der
Produktion beteiligten Personen verbunden, die Erwartungshaltungen beim
Zuschauer hervorrufen. Herausragende Leistungen der Mitarbeiter werden
so wiederum als Marketinginstrument genutzt. Die Credits repräsentieren
Innovativität und Kompetenz der Macher und projizieren diese Eigenschaften auch auf den Film selbst [24]. Bekannte Namen – etwa von Schauspielern und Regisseuren – liefern für potentielle Zuschauer einen wichtigen
Motivationsgrund, sich einen Film anzuschauen. Gerade auch deshalb, weil
bestimmte Namen für bestimmte Filme stehen. So gesehen fungieren selbst
die in den Credits erwähnten Personen als Paratexte.
Im Unterschied zum klassischen Broadcasting – also der Sendung von
einer Quelle an viele Empfänger – liegt ein entscheidendes Merkmal der Titelsequenz in ihrer Komplexität und Vielfalt auf Seiten der Quelle [28]. Die
Titelsequenz unterstreicht die Medialität des Films als Massenmedium, das
Botschaften von vielen an viele verschickt. Durch die arbeitsteilige Umsetzung wird, filmtheoretisch betrachtet, das klassische Autorensubjekt durch
eine unpersönliche Quelle der Enunziation ersetzt [3]. Die Credits stellen
quasi eine Signatur dar, die den Film als Gemeinschaftswerk von Spezialisten ausweist und deren Einzelleistungen würdigt. Als filmisches Impressum
unterstreichen die Credits durch ihren Verweis auf die Produziertheit des
Films die Qualität und Großartigkeit der Produktion. Sie demonstrieren
den erbrachten Arbeitsaufwand und akzentuieren wesentliche, dafür verantwortliche Attribute [24].
Auf Basis empirischer Kenntnisse assoziiert der Zuschauer in den Opening Credits genannte Personen mit einer mehr oder weniger wesentlichen
Beteiligung an der Produktion. Die in den Credits etablierte Rangordnung“
”
transportiert sublime Botschaften und liefert Ausblicke auf den Film: beispielsweise spielen Darsteller, die an prominenter Stelle noch vor dem Titel
genannt werden, meistens eine wichtigere Rolle als jene, die erst nach dem
Titel angeführt werden (siehe Abschnitt 6.2.1, S. 53). Aufgrund solcher
Codes“ bilden die Credits allerdings oft nicht die tatsächliche Hierarchie
”
der Produktion ab, sondern werden absichtlich dazu instrumentalisiert, ein
bestimmtes Bild zu kreieren – ein Images, das den Film für sein Publikum
interessant macht [24].
Die Titelsequenz muss zugleich Erwartungen hervorrufen und Erwartungen bestätigen. Bilder und Schriften, die der Zuschauer im Vorfeld des Films
durchs Marketing aufgenommen hat, entfalten durch ihre Spiegelung in der
Titelsequenz ihre konnotative Sinnebene [24]. Hinweise auf die Highlights
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
30
der Produktion sollen den Zuschauer bereits in der Titelsequenz in seiner
Entscheidung, sich den Film anzusehen, bestätigen und dadurch seinen Beurteilungsprozess positiv beeinflussen.
Neben der extradiegetischen Wirkung auf den Zuschauer spielen die Credits gleichzeitig eine entscheidende Rolle bei der Informationsvermittlung innerhalb der Filmindustrie. Sie dienen den Filmschaffenden als Referenz und
bedeuten Macht und Einfluss. Eine Erwähnung in den Credits beschert den
Beteiligten wichtige Kontakte und Folgeaufträge, und rechtfertigt – nicht zu
letzt – zukünftig auch höhere Gagen. So gesehen ist die Titelsequenz ein
Medium der Platzierung und des Vergleichs [3].
Die Reihenfolge, Dauer, Nennung, Funktionsbezeichnung, Position und
Schriftgröße der Credits sind fast immer auch Folge von vertraglichen Vereinbarungen zwischen verantwortlichen Personen und Produzenten, Studios,
sowie Interessensvertretungen bzw. Gewerkschaften.
Regelwerk
In den Vereinigten Staaten haben vor allem eigene Filmgewerkschaften großen Einfluss auf die eingesetzten Credits und beeinflussen somit auch in
gewissem Maße die Gestaltung der Titelsequenzen. Um einen Einblick in
die rechtliche Dimension der Credits zu bekommen, werden nun beispielhaft
zwei mächtige Gewerkschaften vorgestellt.
Directors Guild of America
Die Directors Guild of America (DGA) vertritt die Interessen US-amerikanischen Film- und Fernseh-Regisseure. Die Gewerkschaft wurde bereits
1936 als Screen Directors Guild gegründet und hatte 2003 mehr als 12.700
Mitglieder – darunter fast alle etablierten Regisseure und Co-Regisseure.
Für die Filmindustrie ist der Einsatz von DGA-Mitgliedern generell
sehr kostspielig, weil die Gewerkschaft unter anderem Minimalgehälter vorschreibt und die Mitglieder z. B. auch an den Einnahmen aus Video-, DVDund TV-Verkäufen beteiligt werden müssen. Im Gegenzug gewährleistet das
Engagement von DGA-Mitglieder jedoch generell ein hohes Qualitätsniveau
der Produktion. Außerdem sind alle großen Hollywood-Studios Unterzeichner des DGA Basic Agreements, das sie dazu verpflichtet, ausschließlich mit
DGA-Regisseuren zusammenzuarbeiten.
Aus diesem Grund können einige bekannte Regiegrößen, wie George
Lucas, Quentin Tarantino oder Robert Rodriguez, die aus der DGA aufgrund kreativer Differenzen ausgetreten sind, keine Filme für die großen
Studios produzieren. Nichts desto trotz gibt es gerade von den genannten
Regisseuren dennoch einige Beispiele für erfolgreiche Produktionen, die auch
so entstanden sind: z. B.Star Wars: Episode IV – A New Hope (1977), Kill
Bill: Vol. 1 (2003) oder Sin City (2005).
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
31
Unabhängige kleine Studios, die nicht Unterzeichner des Basic Agreements sind, haben ebenfalls die Möglichkeit, Filme mit einer DGA-Crew zu
produzieren. Sie können exklusiv für einen Film eine Kooperation mit der
DGA eingehen, deren Regelwerk dann auf diese Produktion anzuwenden ist.
Das Studio selbst bleibt hingegen weiterhin unabhängig [11].
Regeln: Das Regelwerk der DGA für die Opening Credits sieht unter anderem die Einblendung des Regie-Credits auf einer eigenen Titelkarte vor,
die zugleich als letzte vor dem Beginn der Handlung positioniert werden
muss. Der Credit selbst muss in der Form Directed by ausgeführt werden
und die Schriftgröße darf nicht kleiner als 50% der Größe des Filmtitels ausfallen. Neben den Opening Credits schreibt die DGA auch genaue Regeln
für das Marketing – sprich Poster, Videokassetten, Werbung, Fernsehen,
usw. – vor [10].
Beispiel Robert Rodriguez: Für den Film Sin City (2005) wollte der
Regisseur Robert Rodriguez dem Autor der Comicvorlage, Frank Miller,
einen Co-Director-Credit zukommen lassen. Damit stand er allerdings im
Widerspruch zu der von der DGA seit 1978 vertretenen One-Director-perFilm-Strategie, die pro Film nur einen Regie-Credit vorsieht, um eventuelle Geschenk Credits an Produzenten und Stars zu unterbinden. Ausnahmen zu dieser Regel werden von der Gewerkschaft nur unter speziellen Umständen akzeptiert, beispielsweise bei glaubhaften Regie-Teams, wie
den Coen Brüdern, oder bei Filmen mit mehreren Sprachen und mehreren Storys. Deshalb erhielt Rodriguez keine Ausnahmegenehmigung für
Miller (der übrigens noch nie zuvor Regie geführt hatte) und trat in Konsequenz aus der DGA aus. Nachdem Paramount Unterzeichner des DGA Basic
Agreements ist, musste Rodriguez in weiterer Folge auch aus der Produktion des Paramount-Blockbusters John Carter of Mars (2006) aussteigen.
Die Produktion von Sin City konnte hingegen fortgesetzt werden, weil die
beiden produzierenden Studios Troublemaker und Dimension Films nicht
Unterzeichner des DGA Abkommens sind [11].
Beispiel George Lucas: Das wohl bekannteste Beispiel für einen Disput
zwischen DGA und einem Regisseur ist jenes von George Lucas. In der
Titelsequenz zu Star Wars: Episode V – The Empire Strikes Back (1980)
zeigte Lucas nur den Titel des Films und verzichtete ansonsten auf jegliche
Credits. Daraufhin musste er eine hohe Strafe an die DGA zahlen und trat
deshalb aus der Gewerkschaft aus [11].
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
32
Alan und Allen Smithee: Generell ist es laut DGA-Regelwerk einem
Regisseur nicht erlaubt, einem Film seinen Namen zu entziehen, weil er
letztendlich der künstlerisch verantwortliche Autor“ des Films ist. Aus”
nahmen werden nur erteilt, wenn der Regisseur belegen kann, dass der Film
in keinerlei Hinsicht mehr seinen Intentionen entspricht und/oder gegen seinen Willen vollkommen umgeschnitten wurde. In diesem Fall kann er über
einen Antrag seinen Namen gegen Alan Smithee (bzw.Allen Smithee) austauschen lassen. Für Schauspieler kommt in ähnlichen Fällen das Pseudonym
George bzw.Georgina Spelvin zum Einsatz [31].
Der Name Alan Smithee tauchte erstmals im Film Death of a Gunfighter
(1967) auf und entwickelte sich anschließend zum gebräuchlichen Pseudonym
für Regisseure, die nicht unter ihrem richtigen Namen erwähnt werden wollen. Gerüchten zu Folge leitet sich der Name von einem Anagramm zu The
Alias Men ab. Tatsächlich wurde aber ein so ausgefallener Name gewählt,
um die Gefahr einer Verwechslung mit lebenden Personen möglichst ausschließen zu können [31].
Writers Guild of America
Die Angabe der Credits betreffend Drehbuch, originaler Story und originaler
Charaktere wird in US-Produktionen seit 1941 rechtlich durch die Writers
Guild of America (WGA) geregelt. Ist ein Produktionsstudio Unterzeichner
des WGA Basic Agreements, müssen die Regeln der Gewerkschaft eingehalten werden.
Vor 1942 kursierte unter Studios, Produzenten und Regisseuren die weit
verbreitete Unart, Credits willkürlich an beliebte Autoren oder sich selbst
zu vergeben. Beispielsweise teilte Orson Wells, der Star, Produzent und
Regisseur des Films Citizen Kane (1941) selbst neben Herman J. Mankiewicz
ebenfalls einen Writing-Credit zu, obwohl er an der Entwicklung des Scripts
nicht beteiligt war. Diese Anmaßung“ bescherte ihm wenig später sogar
”
den Drehbuch-Oscar.
Das Regelwerk der WGA ist vor allem aus Gründen der Reputation für
Autoren von großer Bedeutung, weil praktisch nur von der Gewerkschaft
zertifizierte Credits offiziell veröffentlicht werden. Von einer Nennung in
diesen Credits hängen für den Erwähnten Folgeaufträge und nicht zuletzt
sein Ansehen in der Branche ab. Ferner wird dadurch seine geleistete“
”
Arbeit anerkannt und innerhalb der WGA über ein Punktesystem honoriert.
Die so bestimmte Position des betroffenen Autors in einem Ranking, legt für
ihn in weiterer Folge zukünftig mögliche Gagenforderungen fest.
Generell werden alle Autoren – egal ob in den Credits erwähnt oder
nicht – für ihr direktes Mitwirken an der Produktion entlohnt. In der Regel
werden jedoch nur jene, die in den Credits aufscheinen, zusätzlich auch
an den durch die weitere Vermarktung des Films (Video, DVD, TV, usw.)
erzielten Gewinnen beteiligt.
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
33
Strikt abgelehnt wird von der WGA die Autorentheorie, die den Regisseur als eigentlichen Autor des Films versteht. Daher muss ein Regisseur
oder Produzent, der einen Writing-Credit einfordert, höheren Standards entsprechen als andere Autorens.
Bezeichnungen: Ein Autor muss mindestens 1/3 des finalen Drehbuchs
beisteuern, damit er Anspruch auf einen Credit erhält. Wenn ein Autor
ein Originaldrehbuch bearbeitet, muss mehr als die Hälfte des finalen Drehbuchs von ihm stammen (selbiges gilt für Regisseure oder Produzenten). Die
Writing-Credits können zum einen in Story (Buch), Treatment der Handlung
sowie Charaktere und zum anderen in das Screenplay (Drehbuch) selbst aufgeteilt werden, wenn nicht alle Autoren für beide Bereiche verantwortlich
zeichnen (z. B.Story by John Doe und Screenplay by John Doe & Richard
Roe).
Der Written by-Credit wird eingesetzt, falls der/die Autor/en sowohl für
Story als auch Screenplay verantwortlich zeichnet/en und beide Bereiche
auf keinem Ausgangsmaterial (Roman, Schauspiel, Aufsatz, usw.) beruhen.
Der Story by-Credit findet Verwendung, wenn die elementare Erzählstruktur ursprünglich bereits für eine filmische Umsetzung geschrieben wurde,
andere Autoren aber für das tatsächliche Screenplay verantwortlich zeichnen. Ein geteilter Story by-Credit ist die minimale Erwähnung, die der
Autor eines original Screenplays erhält. Existiert zwar Ausgangsmaterial,
entwickelt der Autor daraus aber dennoch eine im Wesentlichen neue, davon
stark abweichende Story, wird auf den Screen story-Credit zurückgegriffen.
Der Screenplay by-Credit kommt schließlich zum Einsatz, um unterschiedliche Autorschaft zu einem Story by-Credit zu kennzeichnen. Basiert ein
Film auf einem anderen und stellt gleichzeitig aber kein Remake dessen dar,
kommt der Based on characters created by-Credit zum Einsatz. In seltenen Fällen wird ein Adaptation by-Credit an einen Autor vergeben, der ein
Script mitprägt und nicht unter den bereits genannten Credits Erwähnung
findet [30].
Arbeiten mehrere Autoren in Teams zusammen, werden deren Namen
mit & getrennt. Bearbeiten wiederum zwei Teams nacheinander ein Script,
werden die beiden Teams mit and getrennt (z. B.Screenplay by John Doe &
Richard Roe and Jane Doe & Jane Roe). Insgesamt können maximal drei
Teams zu je drei Autoren in den Credits Erwähnung finden, auch wenn noch
mehr Autoren beteiligt waren. An Lethal Weapon 4 (1998) und Hulk (2003)
arbeiteten beispielsweise mehr als ein Dutzend Autoren.
Ein Beispiel für komplizierte, von der WGA akzeptierte Credits ist in
Armageddon (1998) zu finden: Story by Robert Roy Pool and Jonathan
Hensleigh. Adaptation by Tony Gilroy and Shane Salerno. Screenplay by
Jonathan Hensleigh and J. J. Abrams..
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
34
Positionierung: Hinsichtlich der Positionierung der Credits gilt, laut dem
Minimum Basic Agreement (MBA), das zwischen der WGA und dem Management abgeschlossen wird und die Arbeitsbedingungen festlegt, folgendes
Regelwerk: Die Writing-Credits müssen in der Titelsequenz unmittelbar vor
dem Regie-Credit platziert werden und haben somit die vorletzten Credits
vor dem eigentlichen Filmbeginn (also dem Ende der Titelsequenz) zu sein.
In den Closing Credits müssen die Writing-Credits direkt nach dem RegieCredit an zweiter Stelle eingeblendet werden [29].
Festlegung: Von der Vorgehensweise her müssen, nach der Fertigstellung
eines durch ein Gewerkschafts“-Studio produzierten Films, die vorgeschla”
genen Writing-Credits der WGA vorgelegt werden. Falls einer der beteiligten
Autoren gegen diesen Vorschlag Einspruch erhebt oder ein Credit einem Produzenten bzw. einem Regisseur zugewiesen werden soll, der das Drehbuch
eines anderen umgeschrieben hat, müssen der WGA genaue Darstellungen
der Sichtweisen (Drehbuch-Versionen, usw.) zur Verfügung gestellt werden.
Anschließend legt eine Kommission bestehend aus drei Mitgliedern der Guild
die endgültig zu verwendenden Credits fest.
Ungefähr 1/3 aller Writing-Credits in Filmen der WGA werden über
einen Prozess bestimmt. Der Entscheidungsprozess selbst läuft geheim ab
und die Identität der Kommission bleibt für die beteiligten Streitparteien
unbekannt, um Beeinflussungen zu unterbinden. Auch die Begründung hinter der Entscheidung bleibt geheim. Die Betroffenen bekommen einen Credit
oder nicht, können aber nicht nachvollziehen warum. Deshalb gibt es auch
keine wirkliche Einspruch-Möglichkeit. Es existiert lediglich ein Gremium,
das sich um technische Verfahrensfehler kümmert, wenn beispielsweise bei
einer Entscheidung nachweisbar das Regelwerk der WGA nicht eingehalten
wurde. Der Entscheidungsprozess selbst ist oft ein schwieriges Unterfangen.
Beispielsweise erhält der Originalautor bei der Adaptierung eines Buches
für einen Film – auch wenn daraus nur wenige Elemente im finalen Script
übrig bleiben – meistens einen Credit, weil er sozusagen der Erste“ war.
”
Das daraus entstehende Konfliktpotential führt immer wieder zu juristischen
Prozessen gegen WGA Entscheidungen, welche die Guild aber bis auf wenige
Ausnahmen meisten für sich entscheiden kann.
Beispiele für Konflikte und Lösungen: Der Film Miracle (2004) über
Herb Brooks und das olympische US-Eishockey-Team Miracles on Ice von
1989, basiert auf einem Drehbuch von Eric Guggenheim, einem Autor, der
bis zu diesem Film noch nie ein Drehbuch geschrieben hatte. Vor der
Produktion beschäftigte sich Mike Rich zwei Jahre mit der Story und arbeitete intensiv mit Brooks Familie zusammen, sodass schlussendlich von
Guggenheims ursprünglichem Script, außer den historischen Fakten, praktisch nichts mehr übrig blieb. Dennoch erhielt Guggenheim von der Guild
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
35
den Screenplay Credit, während Rich unerwähnt blieb. Sogar Guggenheim
selbst soll über diese Entscheidung überrascht gewesen sein.
Für den Film Fear and Loathing in Las Vegas (1998) wurde ein Roman von Hunter S. Thompson adaptiert. Die erste Adaption erfolgte durch
Alex Cox und Tod Davids. Anschließend konnte Terry Gilliam als Regisseur gewonnen werden, worauf dieser die Adaption gemeinsam mit Tony
Grisoni komplett umschrieb. Im Entscheidungsprozess lehnte die WGA
einen Writing-Credit für Gilliam und Grisoni komplett ab, obwohl beide
beteuerten, im Film sei nichts mehr von der ersten Adaptierung enthalten.
Gilliam unterstellte der WGA, ihn und Grisoni nur deshalb nicht zu berücksichtigen, weil er als Regisseur des Films aus Prinzip benachteiligt behandelt werden würde. Besonders ungerecht sei diese Vorgehensweise jedoch
gegenüber Grisoni, dem so ebenfalls ein Writing-Credit verwehrt bleiben
würde. Schlussendlich fanden alle vier Autoren Erwähnung in den Credits.
Gilliam trat nach diesem Disput dennoch aus der Gewerkschaft aus.
5.2
Filmorientierung
Neben den Verweisen auf das Außen“ der Produktion (siehe Abschnitt 5.1,
”
S. 28) besteht die zentrale Aufgabe der Titelsequenz als Einstieg in den
Film darin, den Zuschauer emotional an den Film zu binden und ihn in die
filmische Immersion eintauchen zu lassen.
Dazu bedient sich die Titelsequenz zweier unterschiedlicher Strategien:
Zum einen sucht sie den Kontakt zum Zuschauer, indem sie anhand bestimmter filmischer Mittel seine Aufmerksamkeit stimuliert, und zum anderen stellt sie ihm sozusagen als Orientierungshilfe Informationen betreffend
der Handlung zur Verfügung. Die Titelsequenz versucht parallel, eine Beziehung zum Zuschauer und eine Beziehung zum Film herzustellen. Sie
ist dementsprechend kontakt- und inhaltsorientiert oder erfüllt laut dem
französischen Informations- und Kommunikationswissenschaftler Roger Odin
zugleich phatische und informative Funktionen [24].
5.2.1
Inhaltsorientierung
In ihrer inhaltsorientierten Wirkung zeichnet sich die Titelsequenz verantwortlich für eine antizpierende Hypothesenbildung und die Schaffung eines
Spannungspotentials. Dabei kommt ihr besonders ihre Position in einer Zone
des Übergangs zu Gute. Der Zuschauer befindet sich in einer Orientierungsphase und ist daher besonders empfänglich für angebotene Informationen.
Diese Informationen werden von ihm in der Regel dann auch bevorzugt behandelt. Die Titelsequenz stellt sozusagen einen referentiellen Rahmen dar,
vor dessen Hintergrund alle folgenden Informationen beurteilt werden [24].
Die Titelsequenz nimmt paradigmatisch dem Film Fragmente seines Programms vorweg, das dieser anschließend syntagmatisch aufgreift [3]. Sie
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
36
verkörpert sozusagen ein Rätsel, das der Zuschauer im weitern Verlauf lösen
muss. Oft arbeitet die Titelsequenz mit nur unterbewusst wahrnehmbarer
Symbolik, die erst später Sinn ergibt. Auch die vorsätzliche Irreführung
des Zuschauers durch vermeintliche Hypothesenbildung wird nicht selten als
Stilelement eingesetzt.
Die lose gekoppelten Fragmente des Films dienen der Titelsequenz dabei
als Gestaltungsmittel. So entsteht im selbstreferentiellen Bezug zur eigenen
Form gleichzeitig ein fremdreferentieller Bezug und ein rekombinierender
Kommentar zum Film [3].
Grundsätzlich kann die Titelsequenz laut dem Medienhistoriker David
Peters gegenüber dem Film eine narrative oder eine nicht-narrative Strategie1 verfolgen [19]: D. h. sie übernimmt für den Film hinsichtlich Handlung,
Ort und/oder Figuren eine erzählende Funktion oder nicht.
5.2.1.1
Narrative Strategie
Die narrative Titelsequenz stellt einen direkten Bezug zur Erzählung des
Films her, indem sie zumeist Fragmente der Handlung aufgreift. Darüber
hinaus kann die narrative Titelsequenz auch nicht-narrative Aufgaben übernehmen (siehe Abschnitt 5.2.1.2, S. 38), während umgekehrt eine nichtnarrative Titelsequenz logischerweise keine narrativen Funktionen erfüllen
kann.
Kategorisierung
Ort
Die Titelsequenz präsentiert einen für den Film wichtigen Ort. Oft handelt
es sich dabei um den Ort, an dem die Einstiegsszene spielt. Besonders die
Form des Establishing Shots2 (siehe Abschnitt 6.3, S. 66) wird in unzähligen
Filmen als Hinführung an diesen gewählt.
Beispielsweise kann in der Titelsequenz zu The Shining (1980) eine Autofahrt der Hauptfiguren durch eine Berglandschaft beobachtet werden, die
schließlich bei einem Hotel – dem zentralen Ort des Films – endet. Der
Zuschauer wird dabei nicht nur an den Ort der Einstiegsszene geleitet, sondern ihm wird zugleich auch dessen im weiteren Verlauf des Films relevante
Abgeschiedenheit bewusst (siehe Abbildung 5.1, S. 37).
1
Narrativ“ und nicht-narrativ“ beziehen sich in diesem Kontext ausschließlich auf das
”
”
Verhältnis zwischen Titelsequenz und Film. Eine in sich narrative“ Titelsequenz kann
”
daher durchaus gegenüber dem Film eine nicht narrative“ Strategie verfolgen (z. B.The
”
Pink Panther (1963)).
2
Mit Establishing Shot wird filmdramaturgisch eine Einstellung zu Beginn einer Sequenz bezeichnet, die einen allgemeinen Überblick über die Lokalität, Personal und Situation gibt [22].
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
37
Abbildung 5.1: The Shining (1980), Regie: Stanley Kubrick, Titeldesign:
ungenannt.
Beispiele:
• Manhattan (1979)
• The Shining (1980)
• Brokeback Mountain (2005)
Figur
Im Zentrum der Titelsequenz steht die Präsentation einer für den Film wesentlichen Figur. Dies kann beispielsweise, wie in Donnie Brasco (1997),
anhand eines Porträts der Person aus mehreren Szenen ihrer Vergangenheit
geschehen, aus subjektiver Sicht der Figur, wie in Seven (1995) (siehe Abbildung 3.5, S. 15), oder etwa als direkter Einstieg in die Handlung, wie in
Gattaca (1997).
Beispiele:
• Vertigo (1958)
• Donnie Brasco (1997)
• Bicentenil Man (1999)
Vorgeschichte
Die Titelsequenz erzählt eine für die Handlung des Films relevante Vorgeschichte, indem beispielsweise eine Szene aus der Vergangenheit gezeigt
wird. Auch die Zusammenfassung vorangegangener Filme bei Serien und
Sequels oder eine schriftliche Einführung, wie z. B. der Einführungstext der
Star Wars Filme, fällt unter diese Kategorie (siehe Abschnitt 6.2.1, S. 53).
Beispiele:
• Blade Runner (1982)
• The Game (1997)
• Le Fabuleux destin d’Amélie Poulain (2001)
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
38
Abbildung 5.2: Catch Me If You Can (2005), Regie: Steven Spielberg,
Titeldesign: Florence Deygas.
Vorgriff
Die Titelsequenz greift auf eine Szene aus der Zukunft, die im weiteren
Verlauf des Films meist eine zentrale Rolle spielt, vor. Der Vorgriff kann,
wie in Catch Me If You Can (2002), auch so weit gehen, dass praktisch die
komplette Handlung des Films bereits in der Titelsequenz zusammengefasst
vorweggenommen wird (siehe Abbildung 5.2, S. 38).
Beispiele:
• Casino (1995)
• Seven (1995)
• Catch Me If You Can (2002)
Oft lässt sich die Titelsequenz bezüglich ihrer narrativen Strategie nicht genau einer Kategorie zuordnen. Beispielsweise kann die Titelsequenz gleichzeitig eine Vorgeschichte erzählen, einen für den Film wichtigen Ort vorstellen und den Zuschauer mit der Hauptfigur bekannt machen. Selbige
Multifunktionalität“ gilt auch für ihre nicht-narrativen Aufgaben.
”
5.2.1.2
Nicht-narrative Strategie
Verfolgt die Titelsequenz bezüglich des Films eine nicht-narrative Strategie,
erfüllt sie zwar keine direkte Funktion für die Erzählung, sondern übernimmt
darüber hinausgehende Aufgaben – beispielsweise durch eine symbolische
Andeutung oder den Transport von Genreindizes.
Die wichtigste nicht-narrative Funktion der Titelsequenz ist die Erzeugung einer Atmosphäre bzw. die Etablierung einer Stimmung. Da Stimmung
und Atmosphäre jedoch sehr subjektiv wahrgenommen werden und so gesehen in gewisser Weise auf jede Titelsequenz anzuwenden sind, werden diese
beiden emotionalen Aspekte in der folgenden Kategorisierung nicht berücksichtigt. Aus heutiger Sicht können selbst jene, aus der Stummfilmzeit bekannten, einfachen Schwarz/Weiß-Titelkarten eine bestimmte Atmosphäre
schaffen, auch wenn ihnen anno dazumal ursprünglich keinerlei dramaturgische Bedeutung beigemessen wurde.
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
39
Abbildung 5.3: Daredevil (2003), Regie: Mark Steven Johnson, Titeldesign: Imaginary Forces.
Kategorisierung
Symbolik
Die Titelsequenz spielt symbolisch auf einen Aspekt des Films an. Auf
mehr oder weniger abstrakte Art, niemals jedoch in direktem offensichtlichen
Bezug zur Handlung, werden dem Zuschauer Zeichen präsentiert, die er im
weitern Verlauf des Films entsprechend dechiffrieren bzw. deuten kann.
Besonders Saul Bass versuchte in seinen Titelsequenzen oft, den Film auf
ein Konzept – eine Metapher zu komprimieren und so ein unverwechselbares
symbolisches Markenzeichen entstehen zu lassen.
Saul Bass’ approach is creating an emblematic image, instantly
”
recognisable and immediately tied to the film.“ Martin Scorsese [9]
Die kreuz und quer den Bildschirm erobernden Linien in der Titelsequenz zu
North by Northwest (1959) könnten beispielsweise Eisenbahnlinien – ein zentrales Motiv des Films – symbolisieren und die Hin- und Hergerissenheit der
Hauptfigur auf ihrer Verfolgungsjagd durch halb Amerika versinnbildlichen
(siehe Abbildung 6.2, S. 64). In Psycho (1960) wiederum legen die nervös
über den Bildschirm tanzenden vertikalen und horizontalen grafischen Balken eine Assoziation mit Gefängnisgittern, Gebäuden und Klangwellen nahe
und stehen so, gemeinsam mit der genialen Musik von Bernard Hermann,
symbolisch für die psychotische Schizophrenie der Hauptfigur (siehe Abbildung 3.2, S. 11).
Auf andere Weise symbolisch arbeitet die Titelsequenz zu Fahrenheit 451
(1966) (siehe Abbildung 6.1, S. 56). Die nicht typographisch ausgeführten,
sondern gesprochenen Credits spielen symbolisch auf ein Kernelement der
Handlung an: Aufgrund der Prohibition alles Schriftlichen versuchen die
Bookpeople, wertvolle Bücher durch lautes Vorsprechen auswendig zu lernen.
Auch etliche aktuelle Titelsequenzen erfüllen symbolische Funktionen.
Beispielsweise wirken die aus beleuchteten Fenstern von Wolkenkratzern entstehenden Credits in Daredevil (2003) wie in Brailleschrift geschrieben und
spielen so auf die Blindheit der Hauptfigur an (siehe Abbildung 5.3, S. 39).
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
40
Beispiele:
• Psycho (1960)
• Fahrenheit 451 (1966)
• Daredevil (2003)
Thematik
Die Titelsequenz behandelt eine für den Film relevante Thematik. Ein
Grundgedanke wird vermittelt, ohne dabei auf die konkrete Handlung des
Films einzugehen.
Beispielsweise sind im Vorspann von The Island of Dr. Moreau (1996)
verschiedene Makroaufnahmen von Zellen und anderen biologischen Details
zu sehen, die das Thema des Films – Genmanipulation – andeuten. Die Titelsequenz zu Dead Man on Campus (1998) wurde als Bedienungsanleitung“
”
zur Durchführung verschiedener Selbstmorde umgesetzt, um einen thematischen Rahmen für den Film zu schaffen. Lord of War (2005) wiederum
visualisiert den Weg einer Patrone von der Produktion bis zum tödlichen
Schuss am Kampffeld und führt so in das Thema des Films – das schmutzige Geschäft von Waffenhändlern – ein.
Beispiele:
• Dead Man on Campus (1998)
• The Island of Dr. Moreau (1996)
• Lord of War (2005)
Stil
Die Titelsequenz versucht den spezifischen Stil des Films zu etablieren. Zumeist erfolgt dies durch eine bestimmte Bildsprache oder eine charakteristische musikalische Aufmachung. Die Titelsequenz zu Brokeback Mountain
(2005) zeichnet sich beispielsweise bereits durch eine für den Film typische
Schnittgeschwindigkeit, Farbgebung und musikalische Umsetzung aus. Auch
die Titelsequenz zu 2001: A Space Odyssey (1968) stimmt (vor allem akustisch) in ähnlicher Weise stilistisch auf den nachfolgenden Film ein. Oft
kommt eine solche Titelsequenz auch bei Filmen zum Einsatz, die im Stil
einer historischen Epoche umgesetzt werden und deren Titelsequenz den Zuschauer daher in diese Zeit versetzen soll – z. B.Moulin Rouge! (2001), Catch
Me If You Can (2002) (siehe Abbildung 5.2, S. 38) oder The Prize Winner
of Defiance, Ohio (2005).
Beispiele:
• 2001: A Space Odyssey (1968)
• Delicatessen (1991)
• The Prize Winner of Defiance, Ohio (2005)
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
41
Abbildung 5.4: Alien (1979), Regie: Ridley Scott, Titeldesign: Richard
Greenberg.
Genre
Durch die Titelsequenz wird die Genrezugehörigkeit3 des Films transportiert.
Dazu können verschiedenste, ein Genre kennzeichnende Elemente eingesetzt werden: beispielsweise die bekannte Wanted-Typographie in Western
oder typische Geigenmusik in Horror-Filmen, wie z. B. in Psycho (1960)
(siehe Abbildung 3.2, S. 11). Im Science Fiction-Genre wird wiederum gerne
auf Weltraumszenen in Form eines vorbeifliegenden Raumschiffs oder eines
Planeten, hinter dem die Sonne aufgeht, wie in 2001: A space Odyssey (1968)
oder in Alien (1979) (siehe Abbildung 5.4, S. 41) zurückgegriffen.
Beispiele:
• Psycho (1960)
• 2001: A space Odyssey (1968)
• Alien (1979)
Identität
Der Wiedererkennungswert bzw. die Einordenbarkeit des Films steht im Vordergrund. Bereits die Titelsequenz soll dem Film eine Identität verleihen,
die ihn bewusst in die Nähe anderer Filme oder aber auch einer literarischen Vorlage positioniert. Diese Methode wird vor allem bei Sequels und
Filmserien angewandt. Die Identität kann dabei durch verschiedenste Elemente kommuniziert werden: beispielsweise über die typische Musik und
den Einführungstext in der Star Wars-Saga, dem ähnlichen visuellen Stil in
den Alien- und James Bond-Filmen oder dem zentralen Markenzeichens in
der Batman-Reihe.
3
Als Genre werden Gruppen von Filmen bezeichnet, die gewisse thematische oder stilistische Gemeinsamkeiten besitzen. Die Kunst der Genrefilme liegt in der Variation, dem
Spiel mit den ungeschriebenen Genreregeln [22].
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
42
Abbildung 5.5: Superman (1978), Regie: Richard Donner, Titeldesign:
Denis Rich.
Beispiele:
• James Bond-Filme
• Star Wars-Reihe
• Alien-Saga
Innovation
Mit der Titelsequenz wird unter anderem Effekthascherei“ betrieben. Durch
”
die Vorführung bahnbrechender Innovationen soll der Zuschauer zum Staunen gebracht und von der Großartigkeit des Films überzeugt werden. Allerdings erscheint eine solche Titelsequenz zumeist nur kurze Zeit nach Veröffentlichung des Films als innovativ, während sie im historischen Rückblick eher
als primitiv empfunden wird. Ein schönes Beispiel hierfür stellt etwa die
Titelsequenz zu Superman (1978) dar, die mit, für ihre Zeit sensationellen,
digitalen Texteffekten aufwartet (siehe Abbildung 5.5, S. 42).
Beispiele:
• Vertigo (1958)
• Superman (1978)
• Silver City (2004)
5.2.2
Kontaktorientierung
Neben dem Bezug zum Inhalt des Films versucht die Titelsequenz gleichzeitig einen Kontakt zum Zuschauer herzustellen. Durch visuelle Reizung und
Ausnützung psychischer Affekte bemüht sie sich, seine Aufmerksamkeit zu
erregen. Der Zuschauer soll Raum und Zeit vergessen und so in die fiktive
Illusion eintauchen. Um dieses Ziel zu erreichen, greift die Titelsequenz auf
unterschiedlichste filmische Mittel zurück.
Die folgende Kategorisierung basiert auf Ansätzen, die Stefan Müller
in seiner 2002 verfassten Dissertation [24] als pathische Gesten bezeichnet.
Generell bleibt anzumerken, dass diese Gesten nicht immer direkt der Titelsequenz zugeordnet werden können, sondern vielmehr allgemein bei der
filmischen Eröffnung Anwendung finden.
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
43
Kategorisierung
Schock
Die Titelsequenz setzt auf die Wirkung eines Schocks. Der Zuschauer wird
plötzlich aus einer zuvor präsentierten ruhigen“, heilen“ Welt herausge”
”
rissen. Durch das unvermutete Unterbrechen eines Zustandes der Ausgeglichenheit wird er emotional stimuliert und der dramatische Spannungsanstieg
lenkt seine Aufmerksamkeit auf das Geschehen. Wenig verwunderlich wird
diese Strategie speziell im Action-Genre gerne angewandt.
Beispiele:
• Jaws (1975)
• Brazil (1985)
• Kill Bill: Vol. 1 (2003)
Kontinuität
Durch die Darstellung von Kontinuität soll die Wahrnehmung des Zuschauers fokussiert ins Fließen“ gebracht werden, um ihn so sein Umfeld verges”
sen zu lassen.
The moving-credits sequence doubly articulates or reinforces
”
itself: it moves us with movement.“ Leopold Joseph Charney [6]
Ein hoher Grad an Kontinuität relativiert die unmittelbare Bindung des Zuschauers an zeitliche und räumliche Logik und erleichtert so seinen Einstieg
in die Fiktion. Meistens wird dieser Effekt durch rasche, in Montagetechnik geschnittene Bildfolgen erzielt, deren sequentieller Charakter zusätzlich
durch den dominanten Einsatz extradiegetischer Musik unterstrichen wird.
Beispiele:
• Fahrenheit 451 (1966)
• Bedazzled (2000)
• Le Fabuleux destin d’Amélie Poulain (2001)
Vehikel
Die Titelsequenz eröffnet mit dem narrativen Element eines Vehikels. Ein
sich bewegender technologischer Apparat (Auto, Zug, Flugzeug, usw.) führt“
”
den Zuschauer dabei sozusagen in den sich bewegenden Apparat des Films
über.
Dies kann mit einer subjektiven Sichtweise verbunden werden. Der Zuschauer befindet sich dann sozusagen auf dem dargestellten Vehikel und begibt sich wortwörtlich gemeinsam mit dem fiktionalen Helden auf die Reise
ins Abenteuer.
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
44
Beispiele:
• The Shining (1980)
• Speed (1994)
• Conspiracy Theory (1997)
Subjektivität
Die Titelsequenz setzt auf Subjektivität als klassisches Mittel der Identifikation. Eine subjektive Kameraeinstellung übt eine besonders hohe Identifikationswirkung auf den Zuschauer aus, der dadurch emotional gebunden wird
und so in die Fiktion eintauchen kann. Schon früh wurde dieses Konzept
beispielsweise dazu genutzt, um die Credits in Form eines subjektiven Blicks
in ein sich öffnendes Buch oder ein sich entrollendes Schriftstück zu präsentieren. Die Subjektivität wirft die Frage auf, um wessen Sichtweise es sich
dabei handelt. Offenbart sich die Einstellung später als Point of View einer
bestimmten Figur, erhöht sich der Grad der Identifikation des Zuschauers
mit dieser Figur.
Beispiele:
• Men in Black (1997)
• The Naked Gun: From the Files of Police Squad! (1988)
• Lord of War (2005)
Großaufnahme
Die Titelsequenz greift auf die Wirkung einer Großaufnahme – besonders
auf jene eines menschlichen Gesichts – zurück, um den Zuschauer direkt auf
emotionale Weise anzusprechen.
Der Ausdruck eines isolierten Antlitzes [...] ist in sich selbst
”
geschlossen und verständlich, man muss sich nichts hinzudenken,
weder Raum noch Zeit.“ Béla Balázs [1]
Der Zuschauer soll dadurch in eine Art Trancezustand versetzt werden.
Durch Ablösung von räumlich-zeitlichen Koordinaten ist die Großaufnahme
mehr als bloß Vergrößerung, sie erreicht eine absolute Dimension. Das
Raumempfinden des Zuschauers wird aufgehoben.
Beispiele:
• A Clockwork Orange (1971)
• The Godfather (1972)
• Kill Bill: Vol. 1 (2003)
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
45
Transformation
Die Titelsequenz greift auf eine weitere Strategie zurück. Dabei wechselt die
gezeigte Szenerie von einem anfänglich abstrakten Motiv allmählich in ein
konkretes. Meistens wird dies durch eine Kamerabewegung realisiert, deren
Ursprung in einer Einstellung liegt, die die Gegenständlichkeit eines Motivs
zunächst durch Unschärfe, starke Bewegungsdynamik und/oder übergroße
Detailabbildung unidentifizierbar verschleiert.
Die Abstraktion hebt die vorgetäuschte Dreidimensionalität des Films
auf und entbindet den Zuschauer sowohl von Realität als auch von Fiktion.
Unfähig das Gezeigte räumlich und zeitlich zuzuordnen, wird er in seinem
Orientierungsstreben behindert. Seine Aufmerksamkeit wird geweckt und
nicht zuletzt dahingehend genutzt, um sie gezielt auf die eingeblendeten
Credits zu lenken. Erst der Wechsel ins Konkrete führt auch den Zuschauer
in die konkrete Fiktion über. Mit der Freigabe des Konkreten löst der Zuschauer gleichzeitig das erste Rätsel.
Die Methode der Transformation lässt sich auf unterschiedlichste Weise
umsetzen. Oft wird sie in Form eines Establishing Shots realisiert, beispielsweise, wie in Fight Club (1999), als Rückwärtsflug durch das zunächst
nicht identifizierbare Gehirn der Hauptfigur, der schließlich in einer konkreten Einstellung des Protagonisten mit in den Mund gestecktem Pistolenlauf
endet. Auch Flüge über Meeresoberflächen werden oft eingesetzt: z. B. in
The Usual Suspects (1995) oder in The Day After Tomorrow (2004). In High
Fidelity (2000) wird der Zuschauer wiederum mit einer übergroßen Detailansicht der Rillen einer Schallplatte konfrontiert, die er als solche vorerst
nur anhand der typischen Geräusche identifizieren kann.
Beispiele:
• North by Northwest (1959)
• The Usual Suspects (1995)
• High Fidelity (2000)
Vertiefung
Die Titelsequenz versucht, einen Effekt der Vertiefung zu erzielen. Durch
vorgetäuschte Dreidimensionalität soll dabei die Stofflichkeit der Projektionsfläche als Begrenzung aufgelöst werden. Das Wegfallen der schützenden
”
Wand“ verhilft dem Zuschauer zur Überwindung der apparativen Schwelle.
Durch das geöffnete Fenster zur Welt“ wird er sozusagen direkt in die Fik”
tion gezogen. Bild- und Zuschauerraum verschmelzen, indem sich die Bilder
entweder in den Zuschauerraum vergrößern“, oder sich der Zuschauerraum
”
umgekehrt in das Bild vertieft“. Beispielsweise wird in Jurassic Park III
”
(2001) die Projektionsfläche von der Pranke eines Sauriers zerrissen und der
Zuschauer fliegt“ anschließend durch die entstandenen Risse in die fiktive
”
KAPITEL 5. FUNKTIONALE ANALYSE
46
Welt. In Moulin Rouge! (2001) wird wiederum ein virtueller Vorhang zur
Seite gezogen und der Film, beginnend mit der Präsentation des Studiosignets, sozusagen dahinter abgespielt.
Beispiele:
• Being John Malkovich (1999)
• Jurassic Park III (2001)
• Moulin Rouge! (2001)
Kapitel 6
Formale Analyse
Im Gegensatz zur funktionalen Analyse beschäftigt sich die formale Analyse
mit der Frage, wie – also mit Hilfe welcher technischer und gestalterischer
Mittel – die Umsetzung der Titelsequenz tatsächlich erfolgt.
Aufgrund der vielfältigen von ihr zu bedienenden Funktionen, ihrer Position und nicht zuletzt auch bedingt durch ihre Kompaktheit greift die Titelsequenz auf die gesamte Bandbreite filmischer Möglichkeiten zurück. Als
solche stellt sie einen der herausragendsten Orte filmischer Intermedialität
dar.
Intermedialität
Viele Filme führen mit der Titelsequenz quasi einen Mini-Experimentalfilm
mit sich, der als in sich geschlossenes Kürzel den Film in einem anderen
Licht erscheinen lässt. Statt ausschließlich handlungsdominierter, realfilmischer Elemente, schöpft die Titelsequenz das gesamte Sortiment filmischer
Komponenten voll aus und unterstreicht so, neben den bedienten verschiedenartigen Funktionen, auch die Vielfältigkeit des Mediums Film [3]. Fotografisches Bild, Ton, Musik, gesprochene Sprache, Opticals, Motion Graphics, 3d-Animation, digitale Bildbearbeitung und Typographie werden in
Rekombination miteinander in Beziehung gesetzt. Dabei bleibt der Titelsequenz häufig vorbehalten, was im Film als zu riskant gilt. Der experimentelle Charakter der Titelsequenz schlägt sich auch in ihrem geschichtlich
nachweisbaren, hohen Innovationspotential nieder. Vor allem seit den 70er
Jahren wird die Titelsequenz als kleines, preisgünstiges und dennoch anforderungsreiches Testfeld für technische Neuentwicklungen genutzt.
Produktion
In ihrem spezifisch geteilten, prinzipiell zusammengesetzten Charakter ist
die Titelsequenz zumeist ein arbeitsteiliges Werk von Experten, die zuallererst Leser sind. Die Titeldesigner operieren oft buchstäblich an Hand
47
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
48
einer ersten Lektüre des Scripts, des Titels, der Themen und Handlungen.
In seltenen Fällen können sie auf Teile des Rohschnitts zugreifen, erhalten
Informationen bezüglich der vorgesehenen Musik, Grundzüge der vom Marketing geplanten Produktidentität, der Besetzungsliste sowie der mit den
Hauptbeteiligten geschlossenen Verträge [3]. Obwohl sich der Film selbst
zumeist noch in Produktion befindet, muss die Titelsequenz auf Basis dieser
fragmentarischen Lektüre für und über ihn – ja sogar als sein integrativer
Bestandteil – realisiert werden.
Die folgende formale Untersuchung der Titelsequenz erfolgt nach akustischen und visuellen Gesichtspunkten. Im visuellen Bereich ist wiederum der
Einsatz von Typographie und im Speziellen das Zusammenspiel von Text
und Bild von besonderem Interesse.
6.1
Positionierung
Vor der eigentlichen Analyse steht die Identifizierung der Titelsequenz als
solche und ihre zeitliche Positionierung in Relation zum Film im Vordergrund.
Indeed, naturally I think that a film should have a beginning,
”
middle, and an end – but not necessarily in that order.“ Jean
Luc Goddard [8]
Immer öfter werden verkürzte Titelsequenzen eingesetzt, die nur aus Presentation Credits und Filmtitel bestehen (siehe Abschnitt 6.2.1, S. 53). Deshalb wird nach dem Film häufig zusätzlich eine zweite“ Titelsequenz dem
”
Abspann vorangestellt. Solche nachträglichen“ Titelsequenzen entsprechen
”
dennoch oft auch stilistisch normalen“ Titelsequenzen vom Anfang eines
”
Films. Die Nennung der Credits erfolgt in einer nachträglichen“ Titelse”
quenz jedoch in umgekehrter Reihenfolge (zuerst der Regisseur, dann das
Drehbuch, usw.). Aufgrund der gemeinsam durch Vor- und Abspann gegebene Rahmenfunktion, stehen diese beiden Teile schon immer in einem
mehr oder weniger flexiblen Austauschverhältnis. Die folgende Kategorisierung bezieht sich nur auf Titelsequenzen am Anfang des Films.
Kategorisierung
Integriert
Die Titelsequenz ist direkt in den Film integriert und lässt sich daher oft
nur schwer als solche identifizieren. In den meisten Fällen läuft“ der Film
”
ohne direkt ersichtliche visuelle Veränderungen an, während Titel und/oder
Credits direkt über die Live-Action geblendet werden. Lediglich der Einsatz
von Schrift kennzeichnet die Titelsequenz.
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
49
Da der Umfang der Schrift jedoch stark variiert, lässt sich weder ein
allgemeingültiger Anfang noch ein ebensolches Ende festlegen. Kommen
Credits zum Einsatz, könnte das Ende der Titelsequenz mit dem Erscheinen
des Regie-Credits identifiziert werden (siehe Abschnitt 6.2.1, S. 53). Beschränkt sich der Umfang der Schrift hingegen auf den Titel des Films, so
könnte das Ende der Titelsequenz wiederum mit der Ausblendung des Titels
gleichgesetzt werden.
Neben dem Einsatz von Schrift hebt sich die Titelsequenz bei genauerer Betrachtung zusätzlich jedoch oft auch durch eine leicht veränderte visuelle Sprache vom eigentlichen Film ab. Gerne eingesetzt werden etwa
Establishing-Shots. Dabei werden die ersten Einstellungen des Films, die
häufig einen für den Film wichtigen Ort präsentieren, bewusst in die Länge
gezogen, um genügend Zeit für die Einblendung der Credits zur Verfügung
zu haben. Besonders beliebt sind lange Kamerafahrten ohne viele Schnitte.
Kennzeichnend für den Bildinhalt ist allgemein, dass in der Titelsequenz
keine für die Handlung wesentlichen Ereignisse zu sehen sind (siehe Abschnitt 6.2.3, S. 62). So gesehen übernimmt die Titelsequenz eine strukturierende Aufgabe. Sie signalisiert dem Zuschauer etwa: Erst nach meinem
”
Ende beginnt die Handlung.“ (oder im Fall einer integriert unterbrechenden
Titelsequenz: Erst nach meinem Ende setzt sich die Handlung fort.“). Ihre
”
Bedeutung als organisierendes Element wird etwa auch im Film The Fugitive
(1993) deutlich. Dort erleichtern gleich zwei getrennte Credit-Sequenzen
(die zweite erscheint erst 13 Minuten nach Filmbeginn) die Identifizierung
mehrerer parallel ablaufender Handlungsebenen [24]. Besonders in Titelsequenzen, die auf den Einsatz von Credits verzichten, dient der verbleibende
Filmtitel häufig als Demarkation verschiedener Handlungsstränge.
Eine genaue Definition von Anfang- und Ende einer integrierten Titelsequenz ist allerdings – vor allem unter Berücksichtigung ihrer pathischen
Funktion (siehe Abschnitt 5.2.2, S. 42) – selbst mit allen genannten Indizien
nicht immer möglich.
Beispiele:
• The Shining (1980)
• Shrek (2001)
• Brokeback Mountain (2005)
Eigenständig
Im Unterschied zur integrierten Titelsequenz ist die Titelsequenz in diesem Fall vom eigentlichen Film losgelöst und steht sozusagen eigenständig
für sich selbst. Um einen bereits erwähnten Ausdruck aufzugreifen, könnte
diese Titelsequenz somit als Mini-Experimentalfilm bezeichnet werden. Die
Titelsequenz ist optisch vom Hauptfilm getrennt und weist meistens einen
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
50
eigenen Stil auf, der sich mehr oder weniger deutlich von jenem des Films
abhebt. Nicht selten verfügt die Titelsequenz außerdem über eine in sich
geschlossene Handlung und ist somit selbst narrativ.
Beispiele:
• The Pink Panther (1963)
• Alien (1979)
• Catch Me If You Can (2002)
Integriert unterbrechend
Die Titelsequenz steht hier nicht am Anfang des Films, sondern wird erst
nach einer eröffnenden Handlungsszene – dem so genannten Prolog bzw. der
Pre-Credits-Sequence – positioniert. Der Film beginnt unmittelbar mit der
ersten Szene des Films – einem dramaturgischen Paukenschlag, der die Aufmerksamkeit des Zuschauers unmittelbar wecken und ihn fesseln soll. Erst
anschließend wird die Handlung von der Titelsequenz unterbrochen. Aufgrund der veränderten Rezeptionsbedingungen nimmt der Zuschauer dann
in der Regel die Titelsequenz konzentrierter wahr [24]. Somit steigt ihre
Signifikanz. Im Unterschied zum Höhepunkt der Prologszene verkörpert die
unterbrechende Titelsequenz meist eine Ruhephase“.
”
Im Fall einer integriert unterbrechenden Titelsequenz ist die Titelsequenz
selbst wie eine integrierte aufgebaut. Die in der Titelsequenz gezeigten Einstellungen spielen für die Narration des Films kaum eine Rolle.
Erstmals wurde diese Technik aller Wahrscheinlichkeit nach im Film
Crime Without Passion (1934) angewandt [25]. Eine generelle Neubewertung der einführenden Funktion und ein vermehrter Einsatz von unterbrechenden Titelsequenzen lässt sich jedoch erst ab Anfang der 50er Jahre beobachten. Auslöser dieser Entwicklung waren unter anderem einmal mehr
finanzielle Gründe: Produzenten, die sich keine (damals populäre) Konzepttitelsequenz (siehe Abschnitt 3.5, S. 10) leisten konnten und dennoch das
Publikum nicht gelangweilt in den Film führen wollten, begannen, den Film
direkt mit der Handlung zu eröffnen und die Titelsequenz erst später einzuschieben. Damit war die übliche Konvention, die Titelsequenz immer am
Beginn des Films zu zeigen, gebrochen [24].
Beispiele:
• Crime Without Passion (1934)
• The Desert Fox: The Story of Rommel (1951)
• The Fugitive (1993)
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
51
Eigenständig unterbrechend
Die eigenständig unterbrechende Titelsequenz beruht auf dem gleichen Prinzip wie die integriert unterbrechende: der Film beginnt mit einem Prolog,
wird von einer eigenständigen Titelsequenz unterbrochen und anschließend
fortgesetzt. Im Unterschied zur integriert unterbrechenden erlaubt die eigenständig unterbrechende Titelsequenz eine klarere inhaltliche und formale
Trennung von Prolog und restlichem Film. Daher bietet sich diese Titelsequenz besonders für die Erzählung eines eigenen Handlungsstrangs im
Prolog an. Beispielsweise fungiert die Prologszene praktisch aller James
Bond-Filme faktisch nur als Aufmerksamkeit erregender Paukenschlag und
steht mit der Handlung des restlichen Films – ebenso wie übrigens auch die
Titelsequenz selbst – in keiner wirklichen Verbindung.
Beispiele:
• Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the
Bomb (1964)
• Seven (1995)
• Kiss Kiss Bang Bang (2005)
Die Kategorisierung der Positionierung ist nicht exklusiv. Nicht selten ist
die Titelsequenz vor der Einblendung des Filmtitels in eigenständiger Form
umgesetzt und wird anschließend als integrierte Titelsequenz fortgesetzt. In
der Regel kann in diesem Fall allerdings der eigenständige Teil als eigentliche
Titelsequenz bezeichnet werden, weil sich die integrierte Hälfte nur mehr
durch reduzierte Credit-Einblendungen auszeichnet. Eine solche Mischform
ist beispielsweise in North by Northwest (1959) (siehe Abbildung 6.2, S. 64)
oder in Daredevil (2003) (siehe Abbildung 5.3, S. 39) zu finden.
6.2
Schrift
Um ihre produktionsorientierten Funktionen erfüllen zu können, bedient
sich die Titelsequenz in der Regel der informativen Eigenschaft von Schrift.
Deshalb stellt der Einsatz von Schrift in fast allen Titelsequenzen ein charakteristisches Erkennungsmerkmal dar. Die Gestaltung, der Umfang und die
Beziehung zwischen Schrift und Bild variieren allerdings sehr stark, weshalb
eine genauere Differenzierung notwendig ist.
Vor der Analyse der verschiedenen Aspekte empfiehlt sich eine generelle
Betrachtung der Relation zwischen diegetischem Raum und Schrift. In diesem Zusammenhang taucht der informationstheoretische Begriff der durch
Schrift ausgelösten Störung“ im Sinne von Claude Shannon und Warren
”
Weaver (1998) auf, die Schrift im Bild bezüglich desirable (wünschenswerter)
und undesirable (nicht-wünschenswerter) Information resp. Desinformation
untersuchen. Ihr Konzept geht vom Informationswert der Nachricht aus.
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
52
Demnach ist Schrift nicht automatisch Störung“, es kommt vielmehr dar”
auf an, wie die verschiedenen Funktionen der Titelsequenz durch die Schrift
ins Gleichgewicht gebracht werden [28].
Der Einsatz von Schrift birgt zwangsläufig ein hohes Konfliktpotential
in sich, weil ihr Erscheinen in der Titelsequenz das unauflösliche Spannungsverhältnis zwischen Produktions- und Filmorientierung unterstreicht.
Die Titelsequenz erzählt mit Hilfe der (meist) schriftlichen Credits von der
Schöpfung des Films und stört dadurch unumgänglich dessen fiktionales Universum [28]. Der über die Credits transportierte Bezug des Films auf sich
selbst – seine Produktionsbedingungen und seine Medialität – steht in krassem Widerspruch zur beabsichtigten Immersion, die nur durch ein völliges
Außerachtlassen“ der Außenwelt möglich wird.
”
Bei genauerer Betrachtung muss jedoch nicht unbedingt die Schrift Ursache dieser Störung sein. Beispielsweise beeinträchtigt auch ein gesprochener
Vorspann, wie z. B. in Fahrenheit 451 (1966) (siehe Abbildung 6.1, S. 56),
die Entfaltung der Fiktion. Im Gegenteil – Schrift kann auf recht einfache
Weise sogar direkt in der Diegese verankert werden (z. B. wenn ihr Verfasser
eine Figur aus dem Film ist). Allerdings lässt sich auch in diesem Fall die
Schrift aufgrund ihrer dennoch vorhandenen Produktionsorientierung nicht
komplett in der Diegese auflösen.
Roger Odin argumentiert daher auch, dass Schrift – gerade weil Schrift
üblicherweise nicht für die Repräsentation des fiktionalen Universums herangezogen wird – einen Rahmen schaffen kann, der dem Zuschauer den Übergang in die Fiktion erleichtert. Als per se extradiegetischem Element kommt
der Schrift eine wesentliche Verbindungsfunktion zu, indem sie einen konstanten Ausgangs- und Anhaltspunkt für diesen Übergang zur Verfügung
stellt [28].
Gemäß der bereits erwähnten semiotischen Filmtheorie von Christian
Metz muss der Film im Allgemeinen bzw. die Titelsequenz im Speziellen
als heterogenes Medium gesehen werden, das sich der Schrift als eines von
vielen filmischen Elementen bedient. Verstärkt durch den digitalen Medienumbruch hin zum Computer löst sich die Distanz zwischen Schrift und Bild
ohnehin in den letzten Jahren zunehmend auf [28]. Auch die vermehrt zu beobachtende Etablierung des Animationsbildes als neues filmisches Leitbild“
”
trägt ihren Anteil dazu bei [3].
Schrift als Störung“ der Reinheit“ des Films anzusehen, würde ihr in
”
”
der Titelsequenz so reizvoll zum Vorschein tretendes alternatives filmisches
Potenzial verbauen: gerade in den letzten Jahren wird Schrift vermehrt
selbst zum Bild [3]. Da die Lesbarkeit der Schrift in der Titelsequenz nicht
unbedingt primäres Ziel ihrer Inszenierung sein muss, kann ihre typographische Umsetzung – ähnlich wie in der Werbung – besonders weit getrieben
werden [28]. Über den reinen Informationscharakter hinausgehend, eröffnet
die Interaktion zwischen Schrift und Bild zahlreiche intermediale Möglichkeiten. Typographie kann als Genremarkierung fungieren, Stimmungen ver-
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
53
mitteln oder auch einfach nur das Bild pointieren – Auf welchem Bild erscheint welcher Credit? Nicht selten entstehen so spannende Konstellationen
und genuine filmische Eindrücke, die beweisen, dass Schrift und Bild nicht
konträr sein müssen, sondern sich vielmehr gegenseitig stützen.
6.2.1
Umfang
Der Umfang der eingesetzten Schrift variiert von Titelsequenz zu Titelsequenz enorm. Prinzipiell lassen sich dabei wiederum zwei Orientierungen
unterscheiden: Einerseits Texte, die nach innen“ auf den Film selbst deu”
ten und andererseits Texte, die sich nach außen“ auf die Produktionsebene
”
beziehen. Diese duale Ausrichtung unterstreicht abermals die Übergangsfunktion der Titelsequenz. Zu den produktionsorientierten nach außen“
”
weisenden Texten – sozusagen mit extradiegetischer Bedeutung – zählen
vor allem die in allen Ausprägungen auftretenden Credits. Umgekehrt fallen unter die filmorientierten nach innen“ weisenden Texte – dementspre”
chend mit intradiegetischer Bedeutung – handlungsrelevante Einführungen,
Zitate, Angaben zur zeitlichen oder örtlichen Exposition und etwaige Kommentare [24].
Der Titel des Films kann beiden Orientierungen zugeordnet werden. Zu
allererst dient er extradiegetisch der Identifikation des Films. Daneben
erfüllt er allerdings intradiegetisch eine weitreichende symbolische Funktion. Er kann als Metapher oder Allegorie bereits im Vorfeld bestimmte
Andeutungen machen und zielt auf eine Kondensation oder Interpretation
des Films ab [24]. Oft spielt auch seine typographische Gestaltung auf einen
bestimmten Aspekt des Films an (siehe Abschnitt 5.1, S. 28).
Hauptelement der meisten Titelsequenzen sind jedoch die Credits. Sie
richten sich primär nicht nur an den gemeinen Zuschauer, sondern vor allem an die eigene Branche (siehe ebenfalls Abschnitt 5.1). Dabei ist heute
vor allem in US-Produktionen typischerweise folgende Reihenfolge in unterschiedlicher Ausprägung vorzufinden:
• Vertriebsstudio: Medienkonzern, der einen Großteil der Finanzierung
übernimmt;
• Produktionsstudio
• Name des Investors/Sponsors (In association with)
Diese genannten Studio“-Credits sind zusätzlich zu den Signets vom Be”
ginn des Films obligatorisch (faktisch immer) vorzufinden und werden als
Presentation Credits bezeichnet [24].
• gesonderte Erwähnung eines populären Regisseurs oder Produzenten
(A Steven Spielberg Film oder A film by Steven Spielberg)
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
54
Diese zusätzliche Erwähnung des Regisseurs, der in den meisten Fällen dann
in Personalunion auch als Autor und Produzent agiert, wird mit Possessory
Credit oder Vanity Credit tituliert [24].
• populäre Hauptdarsteller
Die vertraglich gesicherte Erwähnung der Stars“ des Films noch vor dem
”
Filmtitel wird als Above-the-Title-Credit bezeichnet [24].
• Filmtitel
• andere Hauptdarsteller und wichtige Nebendarsteller
Jegliche Nennung von Darstellern wird auch als Cast bezeichnet. Auf deren
Erwähnung folgen die Credits der Filmcrew bzw. der technischen Hauptverantwortlichen aus den wichtigsten Bereichen. Welche Arbeitsfelder in
welcher Reihenfolge angeführt werden, variiert dabei von Film zu Film und
war auch historisch betrachtet großen Veränderungen unterworfen. In mehr
oder weniger starker Abweichung geschieht dies aber wie folgt:
• Casting (Casting by)
• etwaige Sonderfunktionen (z. B. Special- und Visual-Effects)
• Filmmusik (Music composed by, Music by, Music Supervisor)
• Kostüme (Costumes designed by, Costume Designer)
• Schnitt (Edited by, Film Editor, Editor)
• Produktionsdesign (Production Designer)
• Kamera1 (Director of photography)
Die Opening Creidts enden mit der Nennung der Produktionsverantwortlichen, der Autoren und zu guter Letzt des Regisseurs.
• ausführender Produzent
• Produzenten (Produced by, Co-Producer, Executive Producer)
• besondere Berater oder Originalautoren
• Writing Credits (Written by, Story by, Adaptation by, Screenplay by)
• Regisseur (Directed by)
1
Das häufig nach dem Namen des Kameramanns“ angeführte Kürzel ASC für Ameri”
can Society of Cinematographers oder BSC für British Society of Cinematographers kennzeichnet dessen Mitgliedschaft bei der jeweiligen Organisation. Es handelt sich dabei nicht
um Gewerkschaften, sondern um Plattformen zur Förderung, Ausbildung und Weiterentwicklung gemeinsamer künstlerischer und technischer Interessen.
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
55
Bei der Reihenfolge der typischen Nennungen fällt eine konkave Spindelform
”
der Hierarchie“ auf. Die Credits beginnen mit den wichtigsten Darstellern
und enden mit den wichtigsten Mitarbeitern. Dazwischen nimmt sozusagen
die Rangordnung“ bis zu den Credits der Filmcrew ab, um anschließend
”
wieder anzusteigen [24].
Wie unter Abschnitt 5.1 (siehe S. 28) angeführt, unterliegen vor allem
Umfang und Einsatz der Credits häufig einer Reihe von vertraglichen Vereinbarungen. In vielen US-amerikanischen Produktionen beeinflussen die
mächtigen Filmgewerkschaften den Umfang der Opening Credits. Während
in einigen Filmen unzählige beteiligte Personen angeführt werden, beschränken sich manche Titelsequenzen ausschließlich auf das Produktionsstudio
und den Filmtitel. In machen Fällen wird sogar komplett auf jegliche schriftliche Einblendung verzichtet.
Die Systematik, wer – wann – wo – wie genannt wird, war im Laufe der
Zeit starken Veränderungen unterworfen. Beispielsweise war es in den 40er
und 50er Jahren üblich, den Cast in Form einer Aufschlüsselung, welcher
Darsteller welche Rolle spielt, bereits in den Opening Credits zu zeigen,
während dies heute erst im Abspann geschieht.
Kategorisierung
Ohne Schrift
Die Titelsequenz verzichtet auf jegliche Verwendung von informativem Text.
Selbst der Titel des Films wird nicht angeführt. Da Schrift ein Hauptidentifikationsmerkmal der Titelsequenz ist, kann das Fehlen von Schrift in vielen
Fällen mit dem Fehlen einer Titelsequenz gleichgesetzt werden.
Wie problematisch eine solche Absenz sein kann, wird vielen Zuschauern etwa in Appocalypse Now (1979) bewusst. Subjektiv werden die ersten
Szenen des Films als Prolog interpretiert und mehr und mehr stellt sich das
ungute Gefühl ein, den Übergang zum eigentlichen Film versäumt zu haben.
Das (vergebliche) Warten auf die Titelsequenz muss schließlich bewusst unterdrückt werden, um den Einstieg in den Film zu finden. Selbstverständlich
wird diese Vorgehensweise jedoch zumeist als bewusstes Stilmittel gewählt –
nicht zuletzt gerade deshalb, um den Zuschauer zu verwirren. Appocalypse
Now will möglichst realistisch wirken und verzichtet daher auf jedes auf die
eigene Produziertheit hinweisende Element – so auch auf eine Titelsequenz.
Die These, wonach das Fehlen einer Titelsequenz zur Verwirrung des Zuschauers führt, lässt sich etwa auch im Film Vanilla Sky (2001) bestätigen,
der mit einer absichtlich verwirrenden Traumsequenz beginnt.
Dass die Absenz von Schrift jedoch nicht unbedingt mit einem Fehlen
der Titelsequenz gleichgesetzt werden kann, wird hingegen in einem weiteren Beispiel deutlich: Wenngleich selten eingesetzt, können Titel und Credits
etwa auch akustisch umgesetzt werden. In Fahrenheit 451 (1966) sind unter-
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
56
Abbildung 6.1: Fahrenheit 541 (1966), Regie: François Truffaut, Titeldesign: unbekannt.
schiedlich eingefärbte Aufnahmen von Hausantennen zu sehen, während eine
Off-Stimme die Opening Credits als Anspielung auf das zentrale Thema des
Films – der Unterdrückung alles Schriftlichen – vorliest (siehe Abbildung
6.1, S. 56). Auch Francois Truffaut setzt in Le Mépris (1963) akustische
Credits ein.
Im Kontext derartiger alternativer Herangehensweisen empfiehlt sich außerdem ein Blick auf die Dogma 95-Bewegung, deren Hauptanliegen die Vereinfachung der Filmsprache und somit das Vordringen zu einer unverfälschten filmischen Wahrheit“ ist. Dogma 95 zertifizierte Filme müssen nach ei”
nem Keuschheitsgelübde“ produziert werden, das zehn Regeln umfasst. Ne”
ben dem Verbot zahlreicher technischer Hilfsmittel untersagt die zehnte Regel die Nennung des Regisseurs in Vor- und Abspann. Obwohl in den meisten
Dogma 95-Filmen gegen eine oder mehrere Regeln verstoßen wird, scheint
die zuletzt genannte zumindest im Vorspann befolgt zu werden. Italiensk
for begyndere (2000) beginnt beispielsweise nach der Aufnahme eines Zettels mit dem aufgedruckten Dogma 95-Manifest unmittelbar, ohne jeglichen
Hinweis auf die Produktion (weder Titel noch Credits), mit der Handlung.
Auch Idioterne (1998) zeigt zunächst das Manifest, bevor anschließend der
auf den Fußboden gemalte Filmtitel erscheint. Weitere Credits fehlen auch
hier. Deshalb ist Idioterne korrekterweise der nachfolgenden Kategorie –
Nur Titel – zuzuordnen.
Beispiele:
• Fahrenheit 451 (1966)
• Appocalypse Now (1979)
• Italiensk for begyndere (2000)
Nur Titel
Einziges typographisches Element der Titelsequenz, neben der obligatorischen Erwähnung der Presentation Credits (Produktions- und/oder Vertriebsstudios), ist der Titel des Films2 . Die Titelsequenz verzichtet anson2
In seltenen Ausnahmen, wie beispielsweise The Abyss (1989), fehlen selbst die Presentation Credits.
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
57
sten auf jegliche Nennung weiterer Credits und kann daher als Non-HeadCredits-Sequenz bezeichnet werden [24]. In den meisten Fällen werden die
Credits dann in Form einer zusätzlichen nachträglichen Titelsequenz vor
dem Abspann nachgeholt“ (siehe Abschnitt 6.1, S. 48).
”
Eine der ersten Titelsequenzen ohne Credits findet sich in Orson Wells
Klassiker Citizen Kane (1941). Der experimentierfreudige Regisseur genießt
aufgrund seines Images als gefeierter Star der Theater- und Medienszene
für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Freiheiten und kann so auch die
Konventionen des Titeldesigns durchbrechen. In seinem nächsten Film The
Magnificent Ambersons (1942) verzichtet er sogar auf die Nennung des Filmtitels in der Titelsequenz [24].
Zunächst spärlich angewandt kommen mit dem einsetzenden Boom der
50er Jahre (siehe Abschnitt 3.6, S. 12) auch Titelsequenzen ohne Credits wieder vermehrt zur Anwendung. Saul Bass verzichtet in Around the World in
Eighty Days (1956) auf eine aufwändige Titelsequenz am Anfang des Films
und realisiert dafür eine umso aufwändigere nachträgliche Titelsequenz vor
dem Abspann. Dabei zeichnet er in einer über sechs Minuten langen Animation parodistisch die Handlung des Films nach.
Ein weiterer tendenzieller Anstieg von Titelsequenzen ohne Credits lässt
sich in den 70er Jahren beobachten. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung
der Filmindustrie und der Verbreitung des Blockbuster-Formats findet diese
Technik Anwendung in so bekannten Werken, wie The Godfather (1972) oder
2001: A Space Odyssey (1968).
Seit den 90er Jahren wird der Trend von mächtigen, künstlerisch angesehenen, zumeist als Hyphenates3 agierenden Persönlichkeiten weiter forciert.
Aufgrund ihrer Position genießen sie weitreichende Freiheiten und können so
mit alten Konventionen brechen. Steven Spielberg verschiebt beispielsweise
erstmals in Hook (1991) die Credits in den Abspann und behält diese Vorgehensweise bei fast allen seinen weiteren Regiearbeiten, wie z. B.Jurrasic
Park (1993), Saving Private Ryan (1998) oder Munich (2005) bei [24].
Selbst die mächtigen Gewerkschaften erklären sich nach anfänglichen
Protesten schießlich mit dieser Vorgehensweise einverstanden. Hauptsächlich deshalb, weil die ursprünglich für die am Anfang des Films positionierte
Titelsequenz festgelegte Hierarchie auch in der nachträglichen Titelsequenz
(in umgekehrter Reihenfolge) beibehalten wird, und somit alle Betroffenen
ausnahmslos gleich benachteiligt“ werden. Heute werden nur auf den Titel
”
beschränkte Titelsequenzen in Kombination mit einer nachträglichen Titelsequenz von allen Gewerkschaften problemlos akzeptiert. Vor allem in
Blockbuster-Filmen scheinen Titelsequenzen ohne Credits mittlerweile zur
Regel zu werden – z. B.Titanic (1997), Harry Potter and the Sorcerer’s Stone
(2001) oder The Lord of the Rings: The Return of the King (2003) [24].
3
Mit Hyphenate wird ein Filmemacher bezeichnet, der mehr als eine Funktion erfüllt,
z. B. zugleich Regisseur, Autor und Produzent ist [22].
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
58
Folge dieser Entwicklung ist eine Verstärkung der intradiegetischen Orientierung der Titelsequenz auf Kosten ihrer extradiegetischen Funktion. Die
Titelsequenz erfährt sozusagen eine Reduktion auf ihr zentrales Marketingelement – den Filmtitel. Als Symbol für die Geschichte des Films rückt
dieser dadurch umso mehr in den Fokus des Zuschauers [24].
Der Trend zur Reduktion der Titelsequenz findet sich nicht zuletzt auch
in geänderten Marketingstrategien begründet. Immer öfter greifen die Medien aus eigenem Antrieb Filmstoffe auf, um ausführlich darüber zu berichten. Vermehrt steht so der Film im Vordergrund, während das etablierte
System der Stars“ an Bedeutung verliert. Genau dies kommt schließlich
”
auch in einer Credit-losen Titelsequenz zum Ausdruck [24].
Beispiele:
• Citizen Kane (1941)
• Hook (1991)
• The Lord of the Rings: The Return of the King (2003)
Titel & Credits
Die Titelsequenz führt neben dem Filmtitel auch mehr oder weniger umfangreiche Credits gemäß der erwähnten Hierarchie an. Diese Kategorie
ist am häufigsten anzutreffen und stellt somit den typischen Umfang einer
Titelsequenz dar.
Beispiele:
• North by Northwest (1959)
• Seven (1995)
• Catch Me If You Can (2002)
Titel & Text mit intradiegetischer Bedeutung
Die Titelsequenz verzichtet auf Credits, weist neben dem Filmtitel jedoch
(einen) zusätzliche(n) Text(e) mit filmorientierter Bedeutung auf. Dabei
handelt es sich zumeist um handlungsrelevante Hintergrundinformationen,
wie z. B. Beschreibungen von Ereignissen, Zitate, Zeitangaben, Hinweise zur
örtlichen Exposition oder etwaige Kommentare. Besonders gerne werden
einleitende Einführungstexte bei aufeinander aufbauenden Filmen – sprich
Serien, Sequals oder ähnlichem – eingesetzt, um vorangegangene Handlungsabläufe zusammenzufassen.
Das wohl bekannteste Beispiel für einen solchen Einführungstext ist der
von Dan Perri gestaltete Star Wars-Crawl, der in allen sechs Star WarsFilmen zu sehen ist. Dabei verschwindet ein in Gelb gehaltener Text mit Informationen zur Geschichte, einem Raumschiff gleich, von unten kommend,
perspektivisch nach hinten in den Raum.
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
59
Beispiele:
• Star Wars: Episode IV – A New Hope (1977)
• Black Hawk Down (2001)
• Munich (2005)
Titel & Credits & Text mit intradiegetischer Bedeutung
Diese vom Umfang der Schrift her gesehen aufwändigste Titelsequenz setzt
sich aus allen drei schriftlichen Elementen – Filmtitel, Credits und Text mit
intradiegetischer Bedeutung – zusammen.
Beispiele:
• Blade Runner (1982)
• Gattaca (1997)
• Man on Fire (2004)
6.2.2
Gestaltung
Das typographische Layout bzw. das Schriftbild wird durch die verwendeten Zeichen, die Schriftart, den Satzspiegel und die Beschaffenheit des Hintergrunds bestimmt. Darüber hinausgehend ist Schrift im Film zusätzlich
den medienspezifischen Konditionen des Films unterworfen – allen voran
dem Zeitfaktor. Im Unterschied zum statischen Printbereich wird Typographie im Film zu einer zeitlich variierbaren Größe. Die Wahrnehmung
der Schrift bestimmt sich über die beiden Variablen Verweildauer (das Lesen ist auf eine vorgegebene Zeit begrenzt) und Lesesteuererung (das Leseverhalten wird durch Veränderung bzw. Animation der Schrift gesteuert).
In der synoptischen Wahrnehmung werden dabei Schriftinformationen gegenüber Bildinformationen stets favorisiert. Schrift übernimmt daher eine
bedeutungsstrukturierende Funktion. Aufgrund der Tatsache, dass Film
ein dominant bildfokussiertes Medium ist, erregt der Fremdkörper“ Schrift
”
besondere Aufmerksamkeit – speziell wenn eine angemessen vorgegeben Verweildauer den Zuschauer geradezu zum Lesen zwingt“ [26].
”
Bezüglich des typographischen Layouts von Schrift im Film können verschiedene idealtypische raum-zeitliche Visualisierungsmodi definiert werden.
Die folgende Kategorisierung beruht im wesentlichen auf den Ansätzen des
Medienwissenschaftlers Michael Schaudig [26], dessen Phönomenologie auf
den drei frei kombinierbaren Variablen Kontinuiertheit, Körperlichkeit und
Bewegtheit aufbaut. Im Zentrum der Betrachtung steht die zeitlich veränderbare Positionierung des Schriftbildes im Raum, während der restliche Bildinhalt (soweit dies möglich ist) unbeobachtet bleibt.
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
60
Kategorisierung
Typogramm
Analog zu den Lettern eines Buches wird die Typographie in diesem Fall
durch klare Konturen gekennzeichnet. Die Schrift erscheint im filmischen
Bildraum auf einer zweidimensionalen Abbildungsfläche. Konstitutives Element ist ihre statische Flächigkeit, die entweder in Form von nicht-räumlichen Schrifttafeln oder als Einblendung zum Ausdruck kommt.
Ausgehend vom klassischen Vorspann mit weißer Schrift auf schwarzem
Grund, wie in Viktor und Viktoria (1933), wurde der Schrifthintergrund im
Lauf der Geschichte zunehmend ikonisiert (siehe Abschnitt 6.2.3, S. 62).
Zunächst mit dezent künstlerisch arrangierten Hintergründen, wie in Der
Tanz auf dem Vulkan (1938) als theatrale Programmtafeln, erfolgte bald
eine weitere Ausgestaltung z. B. in Form eines zentralen Bildmotivs, wie in
Carmen Jones (1954) (siehe Abschnitt 6.3, S. 66). Heute ist das Typogramm
als Einblendung bzw.Insert am gebräuchlichsten – z. B. in Forrest Gump
(1994).
Beispiele:
• Viktor und Viktoria (1933)
• The Great Dictator (1940)
• Forrest Gump (1994)
Typokinetogramm
Wie beim Typogramm werden die typographischen Zeichen wiederum auf
einer zweidimensionalen Abbildungsfläche präsentiert, diesmal allerdings in
Bewegung. Die Schriftdarstellung erfolgt in Form von Roll- (vertikale Bewegung) oder Kriech- bzw. Scrolltiteln (horizontale Bewegung), als sukzessiver Aufbau von Zeichen bzw. Zeichenkomplexen oder anhand sonstiger
Bewegungen des flächigen Schriftbildes. Die Animation bezieht sich dabei sowohl auf die Schrift als Ganzes, als auch auf das Verhältnis einzelner
Schriftelemente – Zeichen, Buchstaben, Wörter, Sinneinheiten – zueinander.
Nachdem sprachliche Informationen als Typokinetogramm nicht mehr nur
als Schrift visualisiert, sondern zugleich auch inszeniert werden, kann eine
verstärkte semiotische Relation zum Filmgeschehen erreicht werden.
Historisch gesehen wurden anfänglich in der Titelsequenz vor allem Rolltitel eingesetzt, wenn der Text für eine synoptische Präsentation als zu lang
empfunden wurde und trotzdem in einer angemessenen Schriftgröße präsentiert werden sollte. Rolltitel sind heute fast ausschließlich nur noch im
Abspann zu finden, wo sie sich dafür als typische Präsentationsform der
umfangreichen Closing Credits fest etabliert haben.
Neben Rolltiteln finden sich jedoch auch zahlreiche weitere Typokinetogramme in frühen Filmen. So wird beispielsweise in Es leuchten die Sterne
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
61
(1938) der Titel wie von Zauberhand in Schreibschrift geschrieben“. Heute
”
sind Typokinetogramme in allen erdenklichen Formen anzutreffen. In der
herausragenden Titelsequenz zu Seven (1995) wird beispielsweise die Schrift
durch gezielte Störimpulse zerstückelt“ und thematisiert so zentrale Motive
”
des Films, wie Gewalt, Verrätselung und Desorientierung (siehe Abbildung
3.5, S. 15).
Beispiele:
• Es leuchten die Sterne (1938)
• The Shining (1980)
• Gattaca (1997)
Ikonogramm
Die typographischen Zeichen erscheinen als Schriftkörper und sind auf diese
Weise im filmischen Bildraum ikonisiert. Der Bildraum wird zum dreidimensionalen Schriftraum bzw. die Typographie wird umgekehrt zu einem
materiellen Element des vorgefundenen oder inszenierten Bildraumes. In
den allermeisten Fällen kommt es dabei zu einer mehr oder weniger starken
Interaktion zwischen Schrift und Bild (siehe Abschnitt 6.2.3, S. 62).
Eine besondere Form des Ikonogramms stellt das Objet trouvé als intradiegetische Titelgebung dar. In Arlington Road (1999) wird beispielsweise
ein reales Straßenschild mit der Aufschrift Arlington Road“ in typogra”
phischer Verdoppelung von einem flirrenden Typokinetogramm des Titels
überlagert.
Beispiele:
• Dead Man on Campus (1998)
• Arlington Road (1999)
• Panic Room (2002)
Ikonokinetogramm
Durch Bewegung der typographischen Zeichen in einem dreidimensionalen
Schriftraum simulieren diese im filmischen Bildraum eine eigene virtuelle,
animierte und ikonisierte Typosphäre“. Schrift wird zum zentralen raum”
zeitlichen Gestaltungselement des Bildes.
Das Ikonokinetogramm findet verstärkt seit dem medialen Umbruch Anwendung, weil seine Realisierbarkeit mit Hilfe der Digitaltechnik enorm erleichtert bzw. teilweise erst ermöglicht wurde. Allerdings kamen Ikonokinetogramme auch lange vorher immer wieder zum Einsatz – besonders in
Form, sich direkt im Bild befindender, intradiegetischer Schrift (siehe Abschnitt 6.2.3, S. 62). Bereits in der Titelsequenz zu Maytime (1937) formt
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
62
sich beispielsweise der Filmtitel aus Blütenblättern. Einem ähnlichen Prinzip folgt der Vorspann zu Lola rennt (1998), wo sich der Titel aus einer
Menschenmenge bildet, während etwa in der Titelsequenz zu Manhattan
(1979) die Leuchtreklame eines Hochhauses als Filmtitel fungiert.
Beispiele:
• Maytime (1937)
• Manhattan (1979)
• Lola rennt (1998)
6.2.3
Interaktion
Aufgrund ihrer informellen Funktion steht ursprünglich die Lesbarkeit der
Schrift im Vordergrund. Hinsichtlich der Interaktion zwischen Typographie
und dem restlichen“ Bild rückt jedoch ihr gestalterisches Potential ins Zen”
trum des Interesses. So eröffnen sich unzählige Kombinationsmöglichkeiten,
die von der strikten Trennung der beiden Elemente Schrift und Bild bis hin
zu ihrer vollständigen Verschmelzung reichen.
Der Trend der letzten Jahre geht dabei in Richtung einer zunehmenden
Fiktionalisierung der Schrift auf Kosten ihrer Lesbarkeit. Die Schrift wird
formal immer stärker in den diegetischen Raum eingebunden, wodurch ihre
gestalterische Funktion in den Vorder- und ihre informative Aufgabe in den
Hintergrund tritt bzw. zunehmend verschleiert wird. Je dynamischer und
diegetischer die Schrift ausfällt, desto mehr unterstützt sie den sequentiellen
Charakter der Titelsequenz. Als Gestaltungselement unterstreicht sie, ähnlich wie extradiegetische Musik, das Bild, nur eben aufgrund ihrer visuellen
Natur nach wie vor auf einer bewusster wahrnehmbaren Ebene [24]
Egal wie stark die Interaktion allerdings auch ausfallen mag, in der Regel kann sich der Zuschauer darauf verlassen, dass während der Titelsequenz
keine für das Verständnis der Handlung wesentlichen Informationen präsentiert werden. Vielmehr ist die atmosphärische Wirkung von Bedeutung.
Die folgende Kategorisierung der Interaktion untersucht weder die Schrift
noch das Bild selbst, sondern nur das Verhältnis der beiden Elemente zueinander. Deshalb ist es für die Betrachtung irrelevant, ob die Schrift statisch
oder bewegt eingesetzt wird, oder ob die visuelle Umsetzung in Form eines
Trickfilms oder einer Live-Action-Sequenz erfolgt.
Kategorisierung
Titelkarten
Schrift wird in der Titelsequenz über einen monotonen, zumeist einfärbigen
Hintergrund geblendet. Die Typographie kann dabei mehr oder weniger
künstlerisch gestaltet sein.
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
63
Diese Technik hat eine besondere historische Bedeutung, weil ihre Wurzeln in den Anfängen der Filmgeschichte in der Stummfilmzeit liegen. Damals wird häufig weißer Text auf schwarzem Grund eingesetzt (siehe Abschnitt 3.2, S. 6), um neben Filmtitel und Credits etwa auch Dialoge und
Szenenbeschreibungen zu kommunizieren.
Das Wechselspiel von Schwarz und Weiß stellt die einfachste typographische Gestaltungsgrundlage der Schrift dar. Aus verschiedenen Motiven wird
bereits in den Anfangsjahren des Films der Projektion von weißer Schrift auf
schwarzem Grund gegenüber der im Printbereich üblichen schwarzen Schrift
auf weißem Grund der Vorzug gegeben. Zum einen deshalb, weil die Luminanz des gefilmten Materials eher einem mittleren Grauwert entspricht und
die träge Adaptionsfähigkeit des Auges auf eine plötzliche starke Kontrastdifferenz zu Irritationen und einem Gefühl des Geblendet-Seins“ führen
”
würde. Zum anderen lassen sich Verschleiß- und Verschmutzungsspuren
im Schwarzbereich schlechter erkennen. Ausgehend von der Stummfilmzeit
etabliert sich somit weiße Schrift auf schwarzem Grund zum gebräuchlichen
Titeldesign des klassischen Vorspanns, der vor den Beginn des bildlichen
Filmgeschehens gesetzt wird [26].
Der klassische Vorspann wird auch heute noch oft eingesetzt – nicht
selten, um auf die historische Vergangenheit anzuspielen. Beispielsweise
versieht Woody Allen seit den 70er Jahren die meisten seiner Filme mit
einem klassischen Vorspann.
Beispiele:
• Metropolis (1927)
• The Great Dictator (1940)
• Memento (2000)
Zwischentitel
Die visuelle Gestaltung – egal welcher Art – wird von Titelkarten unterbrochen. Die Titelkarten sind in der Regel wiederum nach dem Muster
weißer Text auf schwarzem Hintergrund“ gefertigt, können aber auch in
”
leicht modifizierter Form eingesetzt werden. Wichtig ist jedoch ihre, die
restliche Sequenz unterbrechende“ Funktion. In der sehr stimmungsvollen
”
Titelsequenz von Alien 3 (1992) wird die sich aufbauende Live-Action beispielsweise von weißen Credits über einem schwarzen Weltraumhintergrund
unterbrochen.
Beispiele:
• Alien 3 (1992)
• Seven (1995)
• Shaft (2000)
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
64
Abbildung 6.2: North by Northwest (1959), Regie: Alfred Hitchcock, Titeldesign: Saul Bass.
Überlagerung
Die Schrift ist von der restlichen visuellen Gestaltung losgelöst und kann als
eigenständiges Element eindeutig identifiziert werden. Im Unterschied zu Titelkarten wird die Schrift jedoch über einen Bildinhalt geblendet, der über
einen einfärbigen Hintergrund hinausgeht. Es findet keine wahrnehmbare
Interaktion zwischen Schrift und Bild statt – weder hinsichtlich Positionierung noch Farbgebung oder Bewegung der Schrift.
Beispiele:
• The Shining (1980)
• The Silence of the Lambs (1991)
• Men in Black (1997)
Orientierung am Bild
Die Schrift existiert, wie bei den bereits angeführten Kategorien, als eigenständiges, vom Bild optisch klar getrenntes Element. Sie liegt sozusagen
auf einer eigenen Ebene im Vordergrund, während sich der restliche Bildinhalt im Hintergrund befindet. Allerdings orientiert sich die Schrift an dieser
darunter liegenden Ebene, sodass eine gewisse Beziehung zwischen Schrift
und Bild entsteht. Dieses Verhältnis manifestiert sich durch die Positionierung, Farbgebung und/oder auch die Bewegung der Schrift in Abhängigkeit vom Bildinhalt. Um eine bessere Lesbarkeit zu erreichen, wird die
Schrift beispielsweise gerne über möglichst gleichmäßigen Bildbereichen positioniert – z. B. in einer Landschaftsaufnahme über dem Himmel. Die Orientierung der Schrift am Bild kann auch so stark ausfallen, dass die beiden
Elemente zu verschmelzen scheinen. In North by Northwest (1959) gleiten
die Credits beispielsweise wie Aufzüge über eine Hausfassade (siehe Abbildung 6.2, S. 64).
Beispiele:
• North by Northwest (1959)
• Goldfinger (1964)
• Lord of War (2005)
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
65
Abbildung 6.3: Delicatessen (1991), Regie: Jean-Pierre Jeunet & Marc
Caro, Titeldesign: ungenannt.
Integratives Element
Die Beziehung zwischen Schrift und Bild ist so stark, dass die Schrift in die
Ebene des Bildes tritt – sie wird sozusagen ein integrativer Bestandteil des
Bildes. Eine klare Unterscheidung zwischen Schrift im Vordergrund und dem
Bild im Hintergrund kann nicht mehr getroffen werden. Die Schrift wird Teil
der Handlungsebene und interagiert mit dem Bild. Allerdings ist die Schrift
nach wie vor als nachträglich hinzugefügtes, bildfremdes“ bzw. extradie”
getisches und somit weiterhin eigenständiges Element identifizierbar. Ihre
Lesbarkeit ist zumeist jedoch eher nebensächlich – sie dient vielmehr der
Illusion, indem sie das Bild unterstreicht. In Panic Room (2002) erscheinen
die Credits beispielsweise als perspektivisch in die Straßenzüge Manhattans
gehängte“ Typographie (siehe Abbildung 6.4, S. 68).
”
Beispiele:
• Speed (1994)
• Bicentenil Man (1999)
• Panic Room (2002)
Intradiegetische Titelgebung
Schrift und Bild verschmelzen zu einer Einheit. Die Schrift befindet sich
direkt im Bild und ist somit kein eigenständiges Element mehr. Sie kann
jedoch selbstverständlich nach wie vor gelesen werden. Die Typographie entsteht intradiegetisch aus dem Bildinhalt. Sie ist sozusagen schon während
der Produktion Bestandteil des Bildes und wird nicht erst im Nachhinein
hinzugefügt. In Form des Objet trouvé kann die Schrift als real existierender gefundener Gegenstand“ direkt im gedrehten Filmmaterial, wie in
”
Delicatessen (1991) (siehe Abbildung 6.3, S. 65), vorkommen oder sich beispielsweise aus anderen Elementen zusammenfügen. In Lola rennt (1998)
formt sich der Titel etwa aus einer Menschenmenge. Möglich sind natürlich
auch animationstechnische Ansätze, wie in Daredevil (2003), wo die Schrift
aus beleuchteten Fenstern 3d-modellierter Hochhäuser entsteht (siehe Abbildung 5.3, S. 39) oder in Catch Me If You Can (2002) , wo das Set teilweise
aus typographischen Elementen besteht (siehe Abbildung 5.2, S. 38).
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
66
Beispiele:
• Delicatessen (1991)
• Lola rennt (1998)
• Catch Me If You Can (2002)
6.3
Bild
Neben der Schrift, die sowohl informative als auch gestalterische Funktionen übernehmen kann, spielt der restliche“ Bildinhalt eine entscheidende
”
Rolle für die Filmorientierung der Titelsequenz. Die folgende Kategorisierung untersucht, losgelöst von der Verwendung von Schrift, ausschließlich
die visuelle Umsetzung der Titelsequenz.
Kategorisierung
Fläche
Da jede Titelsequenz als filmische Ausdrucksform bezeichnet werden kann,
stellt ihre reduzierteste visuelle Gestaltung ein schwarzer Hintergrund dar.
Genau genommen kann daher ein schwarzer Hintergrund auch nicht als kein
”
Bild“ bezeichnet werden. Sobald im Film Zeit vergeht, ist auch ein Bild
vorhanden. Allerdings kann bei einem schwarzen Hintergrund nicht wirklich
von einer Bildgestaltung gesprochen werden.
Typisches Beispiel für den Einsatz von Flächen sind die klassischen Titelkarten aus der Stummfilmzeit, in denen oft weiße Schrift auf schwarzem
Hintergrund positioniert wird (siehe Abschnitt 6.2.3, S. 62). Doch auch
heute findet diese Methode noch häufig Anwendung, wenngleich die eingeblendete Typographie nur noch selten statisch ausfällt.
Ein flächiger Hintergrund lässt auch eine subtile Gestaltung zu. Beispielsweise können statt schwarzer Hintergründe auch andersfärbige verwendet werden.
Beispiele:
• A Clockwork Orange (1971)
• Blade Runner (1982)
• Memento (2000)
Stills
Die visuelle Gestaltung der Titelsequenz geht über eine einfärbige Fläche
hinaus. Anstelle eines monochromen Hintergrundes wird ein komplexeres
statisches Design gewählt. Angefangen von einfachen grafischen Elementen, über Illustrationen und Zeichnungen bis hin zu Fotografien kann auf
verschiedenste Gestaltungsmittel zurückgegriffen werden.
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
67
Beispiele:
• Donnie Brasco (1997)
• Sin City (2005)
• The Prize Winner of Defiance, Ohio (2005)
Trickfilm
Die Titelsequenz ist als klassischer Trick- bzw. Animationsfilm umgesetzt.
Anhand verschiedenster Stop-Motion-Techniken werden Objekte Bild für
Bild animiert. Dadurch eröffnen sich unzählige Gestaltungsmöglichkeiten,
die von einfachen Cut-Out-Animationen bis zu komplexen Zeichentrickfilmen
reichen. Gemeinsames Merkmal aller dieser Animationstechniken ist jedoch
ihr analoger Herstellungsprozess. D. h. Trickfilm-Titelsequenzen werden auf
traditionelle Weise ohne den Einsatz digitaler Computeranimation erzeugt.
Deshalb kommt dieser Kategorie vor allem eine historische Bedeutung zu
(siehe Abschnitte 3.5 und 3.6, S. 10).
Große Verbreitung finden einfache Trickfilme in den eigenständigen, vom
Film losgelösten Konzepttitelsequenzen der 50er und 60er Jahre. Dabei
werden oftmals reduzierte abstrakte Linien, Flächen und Zeichen animiert.
Als Meister dieser Methode ist einmal mehr Saul Bass zu erwähnen, der
damit in der Titelsequenz versucht, die Aussage des Films in ein Konzept,
ein Symbol, zu komprimieren.
Anfang der 60er Jahre kommen Titelsequenzen im Zeichentrick-Stil in
Mode. In den meisten Fällen weisen diese wiederum einen Film-im-Film“”
Charakter auf und präsentieren eine in sich geschlossene Handlung. Das
wohl bekannteste Beispiel hierfür ist in der Titelsequenz von The Pink
Panther (1963) zu finden.
Heute werden Trickfilme vor allem eingesetzt, um bewusst einen historischen Bezug herzustellen oder einen spezifischen Stil zu etablieren. Die
Zeichentrick-Titelsequenz zu Four Rooms (1995) lehnt sich beispielsweise
sehr stark an jene von The Pink Panther (1963) an.
Beispiele:
• The Man with the Golden Arm (1955)
• The Pink Panther (1963)
• The Thomas Crown Affair (1968)
Computer-generated Imagery
Vergleichbar mit der Trickfilm-Titelsequenz wird der Bildinhalt wiederum
durch Einzelbildanimation erzeugt. Allerdings kommt dabei digitale Computertechnik zum Einsatz. Bei den erzielten Ergebnissen handelt es sich daher um völlig synthetische Bilder, die auch als Computer-generated Imagery
(CGI) bezeichnet werden.
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
68
Abbildung 6.4: Panic Room (2002), Regie: David Fincher, Titeldesign:
The Picture Mill
Die Coumputeranimation ermöglicht die Umsetzung unterschiedlichster
visueller Stile. So können mit ihrer Hilfe zahlreiche neue, im analogen Trickfilm nicht realisierbare Konzepte verwirklicht werden. Gleichzeitig erlaubt
die Digitaltechnik jedoch auch die Simulation alter“ Verfahren. Dement”
sprechend ist die Bandbreite möglicher Resultate schier unbegrenzt: Schicke
Retrosequenzen, wie jene von Catch Me If You Can (2002) (siehe Abbildung 5.2, S. 38) oder Kiss Kiss Bang Bang (2005) (siehe Abbildung
3.6, S. 16), sind ebenso möglich, wie komplexe 3d-Animationen. Neben
bewusst künstlich wirkender Ergebnisse zur Etablierung eines innovativen
Hightech-Looks“, wie in Daredevil (2003) (siehe Abbildung 5.3, S. 39), wer”
den 3d-Animationen heute oft auch zur Erzeugung fotorealistischer Szenen
eingesetzt. Deshalb kann es mitunter schwierig sein, Computer-generated
Imagery als solche zu enttarnen. In der Titelsequenz zu Gattaca (1995) fallen beispielsweise fotorealistisch modellierte Fingernägel, Haare und Schuppen in einer extremen Makroaufnahme zu Boden, ehe übergangslos in eine
reale Szene gewechselt wird.
Beispiele:
• Fight Club (1999)
• Catch Me If You Can (2002)
• Daredevil (2003)
Compositing
Neben Trickfilm kommt in der Titelsequenz zusätzlich auch Realfilm zum
Einsatz. Im Compositing entsteht durch die Kombination beider Elemente
das Endergebnis. Die Zusammenführung kann dabei relativ unabhängig
voneinander in mehreren Ebenen erfolgen oder aber auch zu einer völligen
Verschmelzung führen – etwa durch das nachträgliche Einfügen fotorealistischer Modelle in reale Szenen. In der Titelsequenz zu Panic Room (2002)
werden z. B. neben modellierter dreidimensionaler Schrift auch virtuelle Bildelemente mittels Compositing so in eine reale Skyline montiert, dass ein
fotorealistischer Gesamteindruck entsteht (siehe Abbildung 6.4, S. 68).
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
69
Abbildung 6.5: Goldfinger (1964), Regie: Guy Hamilton, Titeldesign:
Robert Brownjohn.
Beispiele:
• Die Another Day (2002)
• Panic Room (2002)
• I, Robot (2004)
Effektfilm
Der Titelsequenz liegen effektvoll inszenierte Realaufnahmen zugrunde – beispielsweise werden im Bond-Streifen Goldfinger (1964) Filmszenen auf einen
vergoldeten Frauenkörper projiziert (siehe Abbildung 6.5, S. 69). Zahlreiche Möglichkeiten eröffnen sich durch besondere Kameraperspektiven oder –
allgemein gesprochen – ungewöhnliche Aufnahmebedingungen. Oft wird
auch auf eine effektvolle Nachbearbeitung mit starker Farbkorrektur, hoher
Schnittgeschwindigkeit, Szenen in Zeitraffer bzw. Zeitlupe oder mehreren
Ebenen zurückgegriffen. Aufgrund der unerschöpflichen Möglichkeiten, die
sich aus kreativem Ausgangsmaterial und innovativer Postproduktion ergeben, fallen zahlreiche Titelsequenzen unter diese Kategorie.
Beispiele:
• Goldfinger (1964)
• Seven (1995)
• The Island of Dr. Moreau (1996)
Establishing Shot
Die Umsetzung der Titelsequenz erfolgt anhand einer bzw. weniger langer
Realaufnahmen. Solche Establishing Shots dienen in den meisten Fällen
zur Präsentation eines für den Film wichtigen Ortes. Ihre Langatmigkeit“
”
ermöglicht eine allmähliche Heranführung des Zuschauers an den Film und
stellt zugleich genügend Zeit zur Einblendung der Credits zur Verfügung.
Neben relativ statischen Einstellungen und langsamen Schwenks werden oft
auch lange durchgängige Kamerafahrten verwendet – z. B. in The Shining
(1980) (siehe Abbildung 5.1, S. 37). Trotz der Einfachheit und dem im
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
70
Abbildung 6.6: Ray (2004), Regie: Taylor Hackford, Titeldesign: Karin
Fong.
Verhältnis zum Film sehr langsamen Rhythmus eignet sich ein Establishing
Shot sehr gut zur Einführung in die Diegese.
Beispiele:
• One Flew Over the Cuckoo’s Nest (1975)
• The Shining (1980)
• Brokeback Mountain (2005)
Live-Action
Die Titelsequenz setzt sich aus mehreren Live-Action Realaufnahmen zusammen. Im Unterschied zum Establishing Shot kommt nicht nur eine
(bzw. wenige) lange Einstellung zum Einsatz, sondern mehrere kurze. Daher unterscheidet sich eine Live-Action-Titelsequenz vom Schnittrhythmus
her meistens nicht besonders stark vom eigentlichen Film. Typischerweise
beginnt der Film, während die Credits mit wenig Interaktion zum Bild eingeblendet werden. Deshalb lässt sich die Titelsequenz oft nur anhand der
schriftlichen Einblendungen als solche identifizieren. Die meisten einfa”
chen“ Titelsequenzen sind auf diese Art realisiert. Allerdings finden sich daneben auch zahlreiche Titelsequenzen, die bewusst auf Live-Action zurückgreifen, um mit viel Liebe zum Detail einen dezenten Einstieg in den Film
zu schaffen – z. B.Ray (2004) (siehe Abbildung 6.6, S. 70).
Beispiele:
• The Silence of the Lambs (1991)
• Austin Powers: International Man of Mystery (1997)
• Ray (2004)
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
6.4
71
Ton
Wie im Film selbst auch, spielt die auditive Umsetzung der Titelsequenz
eine oft unterschätzte aber wesentliche Rolle. Sie hat großen Einfluss auf
die emotionale und dramaturgische Wirksamkeit der Titelsequenz.
Die Allgegenwart des Tons ist seine attraktivste Qualität. Er
”
bewirkt den Aufbau von Raum wie Zeit. [...] Der Ton erweist
sich dadurch als nützlich, dass er eine Basis der Kontinuität
schafft und so die Bilder unterstützt, die im allgemeinen mehr
bewusste Beachtung erfahren.“ James Monaco [23]
Der auditive Teil eines Films setzt sich aus Geräuschen, Sprache und Musik
zusammen. Diese Elemente ergänzen den visuellen Raum zu einer audiovisuellen Einheit. Teilweise wird sogar behauptet, dass erst der Ton dem
bewegten Bild zur Entstehung einer räumlichen Illusion verhelfe [15].
Zur Einordnung des Filmtons wird vor allem seine Beziehung zum Bild
untersucht. Der Filmwissenschaftler Siegfried Kracauer differenziert zwischen aktuellem Ton, der logisch zum Bild gehört und kommentierendem
Ton, der das nicht tut. In leichter Abweichung davon unterscheidet der
Theoretiker Karl Reisz zwischen synchronem Ton, der seinen Ursprung im
Bild hat, und asynchronem Ton, der von außerhalb stammt. Diese beiden theoretischen Begriffsreihen werden schließlich durch die Unterscheidung
zwischen parallelem und kontrapunktuierendem Ton komplettiert. Paralleler
Ton ist aktuell, synchron und mit dem Bild verbunden. Kontrapunktischer
Ton ist kommentierend, asynchron und dem Bild entgegengesetzt [23].
Eine ähnliche Analyse trifft auch die Musikwissenschaftlerin Claudia
Bullerjahn. Sie unterscheidet zwischen Bild- und Fremdton [5]. Unter Bildton werden demnach jene akustischen Ereignisse zusammengefasst, von denen angenommen werden kann, dass sie auch von den Protagonisten wahrgenommen werden können (intradiegetischer Ton). Dazu zählen Sprache
als direkte Rede, Geräusche und Musik im Bild, die wiederum auch als
Source Music oder aktuelle Musik bezeichnet wird und von musizierenden
Menschen oder Geräten zur Wiedergabe von technisch vermittelter Musik
ausgeht. Im Gegensatz dazu werden unter Fremdton alle akustischen Ereignisse verstanden, die von den Protagonisten nicht wahrgenommen werden
können (extradiegetischer Ton). Darunter fallen Filmmusik, Geräusche ohne
visuellen Rückhalt und Sprache als Kommentar.
Die Abgrenzung zwischen Bild- und Fremdton bleibt jedoch idealtypisch
und verschwimmt in der Praxis durch fließende Übergänge oft. Dies liegt
unter anderem darin begründet, dass beide Formen heute in der Regel erst
nachträglich im Studio entstehen.
Nach dem strukturalistischen Modell des Musikpädagogen Georg Maas
erfüllt die akustische Gestaltung der Titelsequenz tektonische Funktionen,
weil sie als Baustein zur äußeren Gestaltung des Films beiträgt [5].
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
72
Musik
Neben der bereits erwähnten aktuellen Musik bzw. Source Music – also Musik deren Ursprung intradiegetisch im Bild liegt – ist die eigentliche Filmmusik, die im Englischen als Score bezeichnet wird, Hauptbestandteil der
musikalischen Gestaltung eines Films. Der Score wird normalerweise eigens
für einen Film komponiert und ist daher grundsätzlich extradiegetisch.
Der Score ist genau auf das Bild zugeschnitten und existiert daher ursächlich wegen und mit dem Bild. Er spielt auf der Gefühlsebene eine wesentliche Rolle bei der Etablierung von Stimmungen, wird aber normalerweise vom Zuschauer4 nicht aktiv, sondern viel mehr unterbewusst wahrgenommen. Der Score kann vereinfacht gesprochen das Bild paraphrasieren
(es unterstreichen), polarisieren (das Bild deuten) oder aber auch kontrapunktieren (im Widerspruch zum Bild stehen) [5]. Fällt der Score weg, fällt
auch eine wesentliche dramaturgische Ebene weg. Ein Tonfilm ohne Ton
würde in den meisten Fällen flach“ und unrealistisch wirken.
”
A good composer should not illustrate what you see on the
”
screen, but rather what you do not see, what is deep-down.“
Jerry Goldsmith [7]
Umgekehrt benötigt der Score allerdings auch das Bild. Für sich alleine
betrachtet kann der Score unsinnig oder auch langweilig wirken.
Über weite Strecken könnte der Score durchaus auch als Hintergrund”
musik“ bezeichnet werden. Meistens handelt es sich dabei um sinfonische
Musik, die gewisse Ähnlichkeiten zu klassischer Musik aufweist, von ihrer
Herkunft aber eher der Programm- bzw. Gebrauchsmusik5 zuzuordnen ist.
Neben orchestralen Elementen wird der Score heute oft auch populärmusikalisch beeinflusst.
Der Score greift häufig auf die so genannte Leitmotiv-Technik zurück.
Dabei werden (meist) melodische und/oder rhythmische Motive wiederholt
gespielt, um zentrale Erzählstränge oder Figuren musikalisch zu unterstreichen. Im Gegensatz zur normalen“ Hintergrundmusik sind Motive meist
”
klangvoller und können daher in leicht modifizierter Form auch für sich selbst
stehen.
Oft wird in der Titelsequenz und/oder im Abspann das Hauptmotiv –
im Englischen Maintheme – in seiner vollständigsten Form (an-)gespielt,
während es im eigentlichen Film nur mehr in reduzierter instrumentaler Variation zu hören ist. Vom Hauptmotiv, das in der Titelsequenz auch als
Ouvertüre bezeichnet wird, leitet sich in vielen Fällen mehr oder weniger
stark modifiziert und mit Lyrics versehen auch der Titelsong ab.
4
Alleine das Wort Zuschauer verdeutlicht die Dominanz des Bildes im Film.
Unter Programm- bzw. Gebrauchsmusik wird vereinfacht gesprochen Instrumentalmusik verstanden, die ihre Themenvorgaben aus nicht-musikalischen Bereichen bezieht.
5
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
73
Welche bedeutende Rolle der auditiven Gestaltung einer Titelsequenz zukommen kann, wird in zahlreichen herausragenden Filmen unterstrichen.
Stellvertretend seien hier jedoch Jaws (1975), Alien (1979) (siehe Abbildung 5.4, S. 41) und E.T. the Extra-Terrestrial (1982) angeführt. Es handelt sich dabei um Titelsequenzen, in denen erst der Ton die Bilder zum
Leben erweckt, ihnen eine emotionale Dimension gibt und so mehr zeigt,
”
als eigentlich zu sehen ist“.
Kategorisierung
Ohne Ton
Die Titelsequenz verzichtet auf jeglichen Ton. Diese Form wird heute praktisch nicht mehr eingesetzt und hat daher hauptsächlich historische Bedeutung in der Stummfilmzeit.
Genau genommen kamen allerdings auch Stummfilme nicht ohne Ton
aus. Der Ton war lediglich nicht Teil des Films, sondern wurde live inszeniert. Die Filme wurden von Kinomusikern (einzelnen Pianisten oder ganzen Orchestern) begleitet, die entweder speziell komponierte Scores oder von
den jeweiligen Kapellmeistern zusammengestellte Kompilationen bekannter
Melodien vortrugen [22].
Beispiele:
• The Great Train Robbery (1903)
• The Birth of a Nation (1915)
• Bronenosets Potyomkin (1925)
Geräusche
In der Titelsequenz werden (unter anderem) Geräusche eingesetzt. Geräusche
können in Atmo und Toneffekte unterteilt“ werden. Als Toneffekte oder
”
Sound Effects werden allgemein alle Geräusche des Films bezeichnet, die
weder Sprache noch Musik sind, während die Atmo darüber hinaus eine
für einen Raum charakteristische Tonatmosphäre – die wiederum von Hintergrundgeräuschen, Hall, Bodenbelag, usw. abhängt – einfängt [22]. Die
Raumatmosphäre ist normalerweise immer vorhanden – also auch in Momenten spannungsgeladener Stille“.
”
Geräusche dienen der Verstärkung des Wirklichkeitseindrucks und werden in der Regel vom Zuschauer unbewusst mit einer visuellen Quelle verknüpft. Daher erhalten Geräusche, die im Widerspruch zum Bild stehen,
symbolischen Charakter. Häufig werden Geräusche als verbindende Klammern zwischen disparaten Bildern eingesetzt [15].
Zumeist werden Geräusche in der Titelsequenz mit anderen akustischen
Elementen – vor allem mit Musik – kombiniert. In Executive Suite (1954)
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
74
wird jedoch beispielsweise komplett auf Musik verzichtet und ausschließlich
auf natürliche Geräusche zurückgegriffen.
Beispiele:
• Executive Suite (1954)
• Goodfellas (1990)
• I, Robot (2004)
Sprache
In der Titelsequenz findet (unter anderem) auch Sprache Verwendung. Prinzipiell könnte auch eingesetzte Typographie als verschriftlichte visulle“ Spra”
che verstanden werden, wovon in diesem Fall aber abgesehen wird. Mit
Sprache ist somit ausschließlich akustische“ Sprache gemeint.
”
Dennoch sei erwähnt, dass in Stummfilmen aufgrund des Fehlens der
Tonebene Sprache schriftlich vor allem in Form von Zwischentiteln transportiert wird. So können Informationen über Ort und Handlung, Dialoge
und sonstige Interpretationsanweisungen kommuniziert werden.
Bezüglich der akustischen“ Sprache kann eine grundlegende Differenzie”
rung zwischen On und Off, sowie zwischen Dialog und Kommentar getroffen
werden [15]. Wird im On gesprochen, ist der Sprecher oder allgemeiner
formuliert die Tonquelle im Bild, während dies beim Off nicht der Fall ist.
Meistens finden Dialoge im On statt und Kommentare kommen aus dem
Off. Allerdings sind auch alle anderen Kombinationen möglich. Beispielsweise kann ein sich im Bild befindlicher Protagonist, ohne Lippenbewegung
sozusagen einen On-Kommentar abgeben und so in einem inneren Monolog
seine Gedanken kommunizieren.
Eine interessante Möglichkeit des Spracheinsatzes in der Titelsequenz
stellt auch die akustische Umsetzung der Credits, wie in Fahrenheit 451
(1966) (siehe Abbildung 6.1, S. 56), dar.
Beispiele:
• Fahrenheit 451 (1966)
• Le Fabuleux destin d’Amélie Poulain (2001)
• V for Vendetta (2005)
Hintergrundmusik
Die Titelsequenz ist mit einem Score oder mit Source Music unterlegt. In
beiden Fällen kann die eingesetzte Musik aber als Hintergrundmusik betrachtet werden: D. h. sie weist weder die zuvor erwähnten Charakteristika
einer Ouvertüre noch eines Titelsongs auf, sondern verhält sich eher un”
auffällig“.
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
75
Beispiele:
• Alien 3 (1992)
• The Game (1997)
• The Mothman Prophecies (2002)
Ouvertüre
Die Titelsequenz wird von einer markanten Titelmusik beherrscht – häufig in
Form eines Hauptmotivs bzw. einer Maintheme. Oft lässt sich die Titelmusik deutlich vom restlichen Score abgrenzen und weist den Charakter einer
zum Teil bildunabhängigen spektakulären Eröffnung auf, die den Zuschauer
emotional in das Geschehen hineinziehen soll [15].
Ideen und Harmoniefolgen des präsentierten Hauptthemas werden häufig
im weiteren Verlauf der Handlung in Variationen und Verfremdungen aufgegriffen und dienen auch im Abspann nicht selten als musikalisches Gestaltungselement [15].
Fast jeder Film mit herausragender Filmmusik zeichnet sich durch eine
äußerst ausgefeilte und oft sehr symbolische Ouvertüre aus. Dies lässt sich
vor allem dadurch erklären, dass die Titelmusik dem Komponisten die einmalige Möglichkeit bietet, ein klares Statement abzugeben. Wie kaum an
einer anderen Stelle des Films ist die emotionale Funktion der Musik im
Vorspann besonders wichtig [16].
Virtually every film that needs music needs a main title.“ Dan
”
Hobgood [16]
Speziell bei Sequels und Film-Serien werden oft markante, leicht wiederzuerkennende Ouvertüren verwendet. Beispiele hierfür sind in den James
Bond-, Star Wars-, Indiana Jones-, The Naked Gun- oder in den Lethal
Weapon-Filmen zu finden.
Die Tatsache, dass viele Komponisten von Filmmusik auch die Ouvertüre
gestalten wollen, verursacht bei der Produktion der Titelsequenz oft Schwierigkeiten. In der Regel wird die Filmmusik erst nach der Fertigstellung des
Rohschnitts komponiert. Da jedoch in der Titelsequenz eine besonders enge
Beziehung zwischen Bild und Ton vorherrscht, werden Titelsequenzen eher
nach der Musik geschnitten“ als umgekehrt. Deshalb produzieren viele Ti”
teldesigner ihre Titelsequenzen zu einer bestimmte Musik, auch wenn diese
dann in der finalen Version durch eine komponierte Ouvertüre ersetzt wird.
Dass diese Vorgehensweise nicht immer ideal ist, versteht sich von selbst.
For the Island of Dr. Moreau we cut the whole piece [...] to the
”
music. I had this trip-hop music behind it, we spent a lot of time
having it be in synch with the music and John Frankenheimer
said he would get the rights to it but the composer of the movie
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
76
ended up scoring something himself. That’s usually what happens [...] but it’s a strange thing politically because the composer
on the movie usually wants to be the composer of the main title.“
Kyle Cooper [12]
Selbstverständlich gibt es eine Reihe von Titelsequenzen, wo die Zusammenarbeit zwischen Komponist und Titeldesigner perfekt funktioniert. Um nur
einige herausragende zu nennen: Star Trek – The Motion Picture (1979),
The Sixth Sense (1999), Jaws (1975), North by Northwest (1959) (siehe Abbildung 6.2, S. 64) oder Superman (1978) (siehe Abbildung 5.5, S. 42). Oft
ist der Sound sogar viel dominanter als das Bild, wie beispielsweise in Psycho
(1960) (siehe Abbildung 3.2, S. 11) oder Vertigo (1958), deren Titelsequenzen in genialer Zusammenarbeit zwischen dem Komponisten Bernard Hermann und dem Designer Saul Bass entstanden sind.
Ein Beispiel, das zudem die historischen Wurzeln der Ouvertüre in der
Oper erkennen lässt, stellt Gone With the Wind (1939) dar. Der Film
beginnt mit einer Ouvertüre zu einem stehenden Bild – gleichsam einem
Bühnenvorhang, bevor der übliche Vorspann einsetzt. Das sechs Minuten lange instrumentale Vorspiel setzt sich aus Leitmotiven der Figuren so
zusammen, dass in weiterer Folge musikalische Ausdruckscharaktere kontrastiert werden können. Als krönender Abschluss der Ouvertüre erklingt
zur Einblendung des Titels schließlich das Hauptthema [14].
Beispiele:
• Gone With the Wind (1939)
• Psycho (1960)
• A Clockwork Orange (1971)
Titelsong
Die Titelsequenz wird von einem eigenständigen Song untermalt. Im Unterschied zur Ouvertüre hat der Titelsong zumeist einen stärkeren popkulturellen Bezug und weist vor allem auch Lyrics auf.
Dennoch wird auch im Titelsong oft ein Leitmotiv präsentiert, das in weiterer Folge wiederholt aufgegriffen wird – wie beispielsweise in High Noon
(1952) [15]. Der Titelsong dieses Westerns bricht erstmals mit dem etablierten Hollywood-Usus der symphonischen Ouvertüre. Dass dies damals
als Neuerung begriffen wurde, zeigt die Titelsong-Mode, die von High Noon
ausgeht [14].
Speziell Titelsongs öffnen ein attraktives Fenster zur Vermarktung und
werden deshalb oft auch schon mit Blick auf eine Zweitverwertung in der Musikindustrie komponiert. Besonders augenscheinlich wird dies in den James
Bond Filmen, deren Titelsongs zumeist von weltbekannten Popkünstlern
KAPITEL 6. FORMALE ANALYSE
77
(Shirley Bassey, Duran Duran, A-Ha, Tina Turner, Madonna, usw.) stammen und fast alle zu Welthits wurden. Neben der Vermarktung steht bei
Fernsehserien zusätzlich auch der durch einen eingängigen Titelsong erzielte
Wiedererkennungswert im Vordergrund.
Beispiele:
• High Noon (1952)
• Bedazzled (2000)
• Kill Bill: Vol. 1 (2003)
Kapitel 7
Diplomprojekt
Als praktischen Teil und zugleich Vorbereitung zur vorliegenden Diplomarbeit konnte ich im Wintersemester 2005/06 drei Titelsequenzen zu imaginären Filmen realisieren. Dabei stand vor allem die Frage im Vordergrund, mit welchen technischen und gestalterischen Mitteln eine effektive
Kombination von audiovisuellem Material und typographischen Credits gelingt, um die heterogenen Aufgaben einer Titelsequenz erfüllen zu können.
Breakdown, Twenty2 und Fake plastic Tree verdeutlichen mit individuellen Stilen und durch unterschiedliche Technik einmal mehr, welches kreative Potential hinter dieser heute immer noch oft unterschätzten filmischen
Kunstform steckt.
Zusätzlich zu den zahlreichen bereits angeführten Filmbeispielen werden die drei Titelsequenzen in der Folge sozusagen als konkrete praktische
Anwendungsfälle anhand des erstellten Kategorisierungssystems analysiert.
Abbildung 7.1 (S. 79) visualisiert diese Klassifizierung.
7.1
Breakdown
Credits
Idee, Konzept & Umsetzung: Florian Hausberger
Beschreibung
Breakdown (siehe Abbildung 7.2, S. 80) ist die Titelsequenz zu einem High”
tech-Thriller“. Der Film thematisiert inhaltlich die Abhängigkeit der modernen westlichen Gesellschaft von elektronischer Kommunikation und zeigt die
damit einhergehende Verwundbarkeit gegenüber technischer Manipulation
auf. Ein elektronischer Terroranschlag in Form eines Computervirenangriffs
lässt weltweit einen Großteil der Kommunikationsnetzwerke zusammenbrechen. Die Titelsequenz versucht die Vorgeschichte des Films zu erzählen,
indem die Einspeisung des Virus in das Netzwerk und die darauf folgende
78
KAPITEL 7. DIPLOMPROJEKT
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Abbildung 7.1: Zuordnung der drei Titelsequenzen im Kategorisierungssystem, wobei Breakdown in rot, Twenty2 in grün und Fake plastic Tree in
blau gehalten ist. Die Abbildung entspricht grundsätzlich der im Zuge dieser
Diplomarbeit erstellten interaktiven Visualisierung, wurde jedoch für eine
verbesserte statische Betrachtung leicht modifiziert.
globale Verbreitung bis zur Infektion des Computers der Hauptfigur visualisiert wird.
Vom Stil und der technischen Realisierung her kann Breakdown als 3danimierte 2d-Collage bezeichnet werden. Die größte Herausforderung bei
der Umsetzung bestand in der abstrakten Visualisierung der Verbreitung
des Virus. Es mussten Wege gefunden werden, diesen an und für sich nicht
sichtbaren Vorgang dennoch anschaulich und allgemein verständlich darzustellen. Die zentrale Rolle der postproduktionslastigen Realisierung nahm
Adobe After Effects ein. Mit Hilfe dieses Tools wurden die Kernelemente der
Titelsequenz – statische 2d-Collagen aus Fotos und Grafiken – im dreidimensionalen Raum zum Leben erweckt. Nach der Aufteilung der 2d-Collagen
in einzelne Layer mit Adobe Photoshop wurden diese anschließend in After
KAPITEL 7. DIPLOMPROJEKT
80
Abbildung 7.2: Stills aus der Titelsequenz Breakdown (2006).
Effects im 3d-Raum verteilt. Durch Bewegung der Layer in Kombination
mit wechselnden Perspektiven eines Kamerafluges setzten sich so nach und
nach die verschiedenen Fragmente zu den einzelnen Szenen zusammen. Jede
dieser Szenen wurde mit einem typographischer Credit versehen. Verbindende Elemente setzten schließlich die Szenen zueinander in Beziehung und
ließen einen durchgehenden Handlungsstrang entstehen. Zusätzlich wurde
der entstehende Flug mit weiteren graphischen Elementen über- und unterlagert und die optische Wirkung mit Steinberg Cubase durch einen technisch
anmutenden Geräusch-Musik-Soundtrack weiter betont.
Analyse
1. Narrative Strategie: Die Titelsequenz erzählt durch die Visualisierung
der globalen Verbreitung des Computervirus – wie in der Beschreibung
bereits angedeutet – die Vorgeschichte des Films. Mit der Infektion der
Computer im Großraumbüro erreicht der Virus am Ende der Titelsequenz schließlich den Ort der nachfolgenden (nicht mehr umgesetzten)
Einstiegsszene.
2. Nicht-narrative Strategie: Die Visualisierung der Virenattacke anhand
verschiedener technischer Motive greift die Thematik des folgenden
Hightech-Thrillers“ auf.
”
3. Kontaktorientierung: Die Umsetzung der Titelsequenz in Form eines
einzigen durchgängigen Kameraflugs garantiert ein hohes Maß an Subjektivität. Der Zuschauer verfolgt den Virus auf dessen Weg rund um
den Globus und taucht so in die Fiktion ein.
4. Positionierung: Die Titelsequenz weist einen eigenen Stil auf und steht
somit eigenständig, in sich abgeschlossen, vor dem Film.
5. Schriftumfang: Sowohl der Titel als auch zahlreiche Credits sind in
Breakdown“ in schriftlicher Form anzutreffen.
”
KAPITEL 7. DIPLOMPROJEKT
81
6. Schriftgestaltung: Die schriftlichen Elemente sind in Form mehrerer
Ikonokinetogramme direkt in den Bildraum integriert. Die einzelnen
Buchstaben werden dabei durch Blinken“ zeitlich variiert.
”
7. Interaktion: Die Schrift stellt ein integratives Element des Bildes dar,
weil sie sich einerseits im Bildraum befindet und andererseits aber
dennoch als nachträglich hinzugefügt identifiziert werden kann.
8. Bild: Die visuelle Umsetzung erfolgt in Form Computer-generated
Imagery als 3d-Animation statischer 2d-Collagen.
9. Ton: Der Soundtrack setzt sich aus der Hintergrundmusik und symbolischen Geräuschen zusammen.
7.2
Twenty2
Credits
Idee & Konzept: André Lichtenecker und Florian Hausberger
Kamera, Schnitt, Compositing & Text Effekte: Florian Hausberger
Darsteller, Vertonung & Farbkorrektur: André Lichtenecker
Musik: Air – Ce Matin La
Beschreibung
Bei Twenty2 (siehe Abbildung 7.3, S. 82) handelt es sich um die Titelsequenz eines Sozialdramas. Im Mittelpunkt des Films, dessen Handlung
nicht genauer spezifiziert werden soll, steht ein 22 jähriger Student. Die
auf Live-Action beruhende Titelsequenz stellt gleichzeitig die Einstiegsszene
des Films dar und ist somit direkt in den eigentlichen Film integriert. Der
Zuschauer soll auf den Film eingestimmt und mit der Hauptfigur vertraut
gemacht werden. Deshalb kann als zentrales Element der Titelsequenz die
Hauptfigur bei der Ausführung ihrer morgendlichen Aktivitäten beobachtet
werden. Dabei kommen ausschließlich gefilmte Closeup-Aufnahmen typischer Tätigkeiten zum Einsatz, in denen der Darsteller erst nach und nach
erkennbar wird.
Die Credits selbst werden direkt als veränderte Produktbezeichnungen
(Markennamen) – für die verschiedenen Funktionen – und nachträglich als
damit interagierende virtuelle Compositing-Texte – für die verantwortlichen
Personen – realisiert. Beispielsweise drückt der Darsteller aus einer manipulierten Elmex-Zahnpastatube mit dem Aufdruck casting by nicht nur die
reale Zahnpasta auf seine Zahnbürste, sondern auch den virtuellen Text Eve
Woman.
Für den aufwändigen Dreh kam eine JVC GY-DV 5000 MiniDV-Kamera
zum Einsatz. Das Filmmaterial wurde anschließend mit Adobe Premiere digitalisiert und der Rohschnitt durchgeführt. Die Herausforderung bezüglich
KAPITEL 7. DIPLOMPROJEKT
82
Abbildung 7.3: Stills aus der Titelsequenz Twenty2 (2006).
des Schnittrhythmuses bestand darin, abzuschätzen, wie viel Zeit die später
hinzuzufügenden Credit-Texte beanspruchen würden. In der Folge wurden mit Adobe After Effects die ohne Stativ gefilmten Einstellungen stabilisiert, um einen durchgängigen Kamerastil zu erzielen. Mit Hilfe von Motion Tracking und der Verwendung von Masken konnten dann die virtuellen
Credit Texte erstellt und animiert werden. Auch eine dezente Farbkorrektur
wurde mit Synthetic Aperture Color Finess durchgeführt. Die Vertonung des
Films erfolgte schließlich mit Steinberg Cubase. Neben Original-Geräuschen
fanden dabei auch Geräusche aus einer Soundlibrary Verwendung, die zu
guter letzt mit dem Titel Ce Matin La von Air unterlegt wurden.
Analyse
1. Narrative Strategie: Die Titelsequenz zeigt die zentrale Figur des
Films in ihrer Wohnung – dem Ort der Einstiegsszene – bei der Ausführung ihrer Morgenhygiene.
2. Nicht-narrative Strategie: Von der visuellen Umsetzung bezüglich Farben, Rhythmus, usw. her deutet die Titelsequenz bereits den Stil des
weiteren Films an.
3. Kontaktorientierung: Zahlreiche Einstellungen lassen das Gefühl von
Kontinuität entstehen. Anhand mehrerer Nahaufnahmen wird der
Darsteller in Form einer dezenten Transformation erst nach und nach
erkennbar.
4. Positionierung: Die Titelsequenz beruht auf Live-Action und ist auch
bezüglich des Stils direkt in den Film integriert.
5. Schriftumfang: Im Verlauf der Sequenz erscheinen Titel & Credits.
6. Schriftgestaltung: Die Schrift ist dabei direkt im Bild als Ikonokinetogramm integriert bzw. wurde nachträglich als solches in den Bildraum
montiert.
KAPITEL 7. DIPLOMPROJEKT
83
7. Interaktion: Die verschiedenen als Markennamen umgesetzten Credits
können als Objet trouvé der intradiegetischen Titelgebung zugeordnet werden, während die damit interagierenden, nachträglich hinzugefügten Texte als integrative Elemente zu bezeichnen sind.
8. Bild: Die Titelsequenz beruht auf gefilmten Live-Action-Einstellungen.
9. Ton: Hauptelement der akustischen Umsetzung ist der Titelsong, der
von Original-Geräuschen überlagert wird. Daneben ist zusätzlich auch
Sprache in Form des Radiosprechers und des Handygesprächs zu hören.
7.3
Fake plastic Tree
Credits
Idee, Konzept & Umsetzung: Florian Hausberger
Musik: Radiohead – Fake plastic Trees
Beschreibung
Fake plastic Tree (siehe Abbildung 7.4, S. 84) ist wiederum eine kurze Titelsequenz, deren Hauptaugenmerk auf der emotionalen Bildwirkung liegt.
Der Zuschauer fliegt“ quasi durch ein bewegtes“ Gemälde eines herbstli”
”
chen Motivs, während die Credits eingeblendet werden. Am Ende friert“
”
das Bild ein, die Kamera verlässt das Gemälde übergangslos und zeigt eine
reale Person, die das Bild in einer Galerie betrachtet. Die Kamera fliegt vom
nicht realen, bewegten“ Gemälde direkt in die reale erste Szene des nach”
folgenden Films. Durch dieses Spiel zwischen Realem und Nicht-Realem soll
der Titel des Films bereits in der Titelsequenz unterstrichen werden: Fake
plastic Tree – nicht alles ist so, wie es anfänglich scheint.
Die Titelsequenz setzt sich aus verschiedenen Vektorgrafiken zusammen,
die mit Adobe Illustrator erstellt und anschließend mit Adobe After Effects
animiert wurden. Dazu wurden die verschiedenen Illustrationen in Ebene
hintereinander im 3d-Raum angeordnet. Eine Kamera durchquert die Szenerie, während die wenigen Credits mit einem passenden Effekt erscheinen
und wieder verschwinden.
Analyse
1. Narrative Strategie: Das in der Titelsequenz zu sehende Gemälde
hängt in einer Galerie, dem Ort der Einstiegsszene, und wird dort
von einer Figur betrachtet, die im weiteren Verlauf des Films eine
wesentliche Rolle spielt (bzw. spielen würde).
2. Nicht-narrative Strategie: Fake plastic Tree“ arbeitet durch das Wech”
selspiel zwischen Realität und Fiktion stark mit Symbolik. Auch das
KAPITEL 7. DIPLOMPROJEKT
84
Abbildung 7.4: Stills aus der Titelsequenz Fake plastic Tree (2006).
herbstliche Motiv fallender Blätter, der in der Galerie sitzende alte
Mann und die melancholische Musik üben eine intensive symbolische
Wirkung aus. Gleichzeitig wird anhand dieser Elemente bereits der
Stil des weiteren Films vorweggenommen.
3. Kontaktorientierung: Die Titelsequenz setzt gleich mehrfach auf die
pathische Funktion der Transformation: Der Kameraflug beginnt in einer zunächst unidentifizierbaren Detailaufnahme und lässt erst allmählich das konkrete Motiv erkennen. Parallel dazu findet durch das Ein”
frieren“ des Gemäldes auch eine Transformation vom Nicht-Realen ins
Reale statt.
4. Positionierung: Die Sequenz ist innerhalb des Gemäldes eigentlich in
eigenständiger Form realisiert, wenngleich sie durch den übergangslosen Wechsel ins Reale auch als in den Film integriert bezeichnet werden
könnte.
5. Schriftumfang: Fake plastic Tree“ verzichtet auf den Einsatz von Cre”
dits und zeigt lediglich den Titel und die obligatorischen Presentation
Credits.
6. Schriftgestaltung: Die Umsetzung der Schrift selbst erfolgt als Typokinetogramm, in dem die einzelnen Buchstaben simultan virtuell hand”
geschrieben“ werden.
7. Interaktion: Aufgrund der verbesserten Lesbarkeit wird die filigrane
Schrift über möglichst flächigen Bildbereichen positioniert und orientiert sich somit am Bild.
8. Bild: Als Computer-generated Imagery werden in der Titelsequenz 2dVektorgrafiken animiert.
9. Ton: Die akustische Umsetzung mittels Titelsong unterstreicht die
stark emotionale Wirkung der Titelsequenz.
Anhang A
Zitierte Filme
Titel
Regie
Titeldesign
Jahr
L’Arrivée d’un train à la Ciotat
Auguste
Lumière &
Louis Lumière
unbenannt
1895
The Great Train Robbery
Edwin S. Porter
unbenannt
1903
Aida
Thomas Edison
unbenannt
1911
The Birth of a Nation
D.W. Griffith
unbenannt
1915
Bronenosets Potyomkin
Sergei M.
Eisenstein
unbenannt
1925
Metropolis
Fritz Lang
unbenannt
1927
Viktor und Viktoria
Reinhold
Schünzel
unbenannt
1933
Crime Without Passion
Ben Hecht
& Charles
MacArthur
unbenannt
1934
A Night at the Opera
Sam Wood
unbenannt
1935
85
ANHANG A. ZITIERTE FILME
86
Titel
Regie
Titeldesign
Jahr
Maytime
Robert Z.
Leonard
unbenannt
1937
Der Tanz auf dem Vulkan
Hans Steinhoff
unbenannt
1938
Es leuchten die Sterne
Hans H. Zerlett
unbenannt
1938
Gone With the Wind
Victor Fleming
unbenannt
1939
The Great Dictator
Charles Chaplin
unbenannt
1940
Citizen Kane
Orson Wells
unbenannt
1941
The Third Man
Carol Reed
unbenannt
1949
The Desert Fox: The Story of
Rommel
Henry
Hathaway
unbenannt
1951
High Noon
Fred Zinnemann unbenannt
1952
Carmen Jones
Otto Preminger
Saul Bass
1954
Executive Suite
Robert Wise
unbenannt
1954
The Man with the Golden Arm
Otto Preminger
Saul Bass
1955
Around the World in Eighty
Days
Michael
Anderson
Saul Bass
1956
Vertigo
Alfred
Hitchcock
Saul Bass
1958
North by Northwest
Alfred
Hitchcock
Saul Bass
1959
Psycho
Alfred
Hitchcock
Saul Bass
1960
The Grass Is Greener
Stanley Donen
Maurice Binder
1960
Dr. No
Terence Young
Maurice Binder
1962
To Kill a Mockingbird
Robert
Mulligan
Stephen
Frankfurt
1962
Walk on the Wild Side
Edward
Dmytryk
Saul Bass
1962
It’s a Mad Mad Mad Mad
World
Stanley
Kraemer
Saul Bass
1963
Le Mépris
Jean-Luc
Godard
unbenannt
1963
The Pink Panther
Blake Edwards
Fritz Freleng
1963
ANHANG A. ZITIERTE FILME
87
Titel
Regie
Titeldesign
Jahr
Dr. Strangelove or: How I
Learned to Stop Worrying and
Love the Bomb
Stanley Kubrick
Pablo Ferro
1964
Goldfinger
Guy Hamilton
Robert
Brownjohn
1964
Fahrenheit 451
François
Truffaut
unbenannt
1966
Grand Prix
John
Frankenheimer
Saul Bass
1966
Death of a Gunfighter
Don Siegel &
Robert Totten
unbenannt
1967
2001: A Space Odyssey
Stanley Kubrick
unbenannt
1968
Bullitt
Peter Yates
Pablo Ferro
1968
The Thomas Crown Affair
Norman
Jewison
Pablo Ferro
1968
A Clockwork Orange
Stanley Kubrick
Pablo Ferro
1971
The Godfather
Francis Ford
Coppola
unbenannt
1972
Jaws
Steven
Spielberg
unbenannt
1975
One Flew Over the Cuckoo’s
Nest
Milos Forman
Wayne
Fitzgerald
1975
Star Wars: Episode IV – A New
Hope
George Lucas
Dan Perri
1977
Superman
Richard Donner
Denis Rich
1978
Alien
Ridley Scott
Richard
Greenberg
1979
Apocalypse Now
Francis Ford
Coppola
Wayne
Fitzgerald
1979
Manhattan
Woody Allen
unbenannt
1979
Star Trek – The Motion Picture
Robert Wise
Richard Foy
1979
The Shining
Stanley Kubrick
unbenannt
1980
Star Wars: Episode V – The
Empire Strikes Back
Irvin Kershner
unbenannt
1980
Blade Runner
Ridley Scott
unbenannt
1982
ANHANG A. ZITIERTE FILME
88
Titel
Regie
Titeldesign
Jahr
E.T. the Extra-Terrestrial
Steven
Spielberg
unbenannt
1982
The World According to Garp
George Roy Hill
Richard
Greenberg
1982
Brazil
Terry Gilliam
Nick Dunlop
1985
The Naked Gun: From the Files
of Police Squad!
David Zucker
Douy Swofford
1988
The Abyss
James Cameron
Ernest D.
Farino
1989
Goodfellas
Martin Scorsese
Saul & Elaine
Bass
1990
Delicatessen
Jean-Pierre
Jeunet & Marc
Caro
unbenannt
1991
Hook
Steven
Spielberg
unbenannt
1991
The Silence of the Lambs
Jonathan
Demme
unbenannt
1991
Alien 3
David Fincher
John Beach
1992
Jurassic Park
Steven
Spielberg
unbenannt
1993
The Fugitive
Andrew Davis
Nina Saxon
1993
Forrest Gump
Robert
Zemeckis
Nina Saxon
1994
Speed
Jan de Bont
Cat Chapman
& Frank Foster
1994
Casino
Martin Scorsese
Saul Bass
1995
Four Rooms
A. Anders & A.
Rockwell & R.
Rodriguez & Q.
Tarantino
Billy Pittard
1995
Seven
David Fincher
Kyle Cooper
1995
The Usual Suspects
Bryan Singer
Robert Dawson
1995
The Island of Dr. Moreau
John
Frankenheimer
Kyle Cooper
1996
ANHANG A. ZITIERTE FILME
89
Titel
Regie
Titeldesign
Jahr
Austin Powers: International
Man of Mystery
Jay Roach
unbenannt
1997
Conspiracy Theory
Richard Donner
unbenannt
1997
Donnie Brasco
Mike Newell
Imaginary
Forces
1997
Gattaca
Andrew Niccol
Michael Riley
1997
Men in Black
Barry
Sonnenfeld
Pablo Ferro
1997
Titanic
James Cameron
unbenannt
1997
The Game
David Fincher
Richard Baily
1997
Armageddon
Michael Bay
Robert Dawson
1998
Dead Man on Campus
Alan Cohn
Kyle Cooper
1998
Fear and Loathing in Las Vegas
Terry Gilliam
unbenannt
1998
Idioterne
Lars von Trier
unbenannt
1998
Lethal Weapon 4
Richard Donner
unbenannt
1998
Lola rennt
Tom Tykwer
Thomas Wilk
1998
Saving Private Ryan
Steven
Spielberg
unbenannt
1998
Arlington Road
Mark Pellington
Kyle Cooper
1999
Bicentennial Man
Chris Columbus
Imaginary
Forces
1999
Being John Malkovich
Spike Jonze
Andy Jenkins
1999
Deep Blue Sea
Renny Harlin
unbenannt
1999
Fight Club
David Fincher
Judith Crow &
David Prescott
1999
Man on the Moon
Milos Forman
unbenannt
1999
The Matrix
Andy & Larry
Wachowski
unbenannt
1999
The Sixth Sense
M. Night
Shyamalan
unbenannt
1999
Bedazzled
Harold Ramis
Imaginary
Forces
2000
High Fidelity
Stephen Frears
Richard
Morrison
2000
ANHANG A. ZITIERTE FILME
90
Titel
Regie
Titeldesign
Jahr
Italiensk for begyndere
Lone Scherfig
unbenannt
2000
Memento
Christopher
Nolan
unbenannt
2000
Shaft
John Singleton
Randall
Balsmeyer
2000
Black Hawk Down
Ridley Scott
unbenannt
2001
Harry Potter and the Sorcerer’s
Stone
Chris Columbus
unbenannt
2001
Jurassic Park III
Joe Johnston
unbenannt
2001
Le Fabuleux destin d’Amélie
Poulain
Jean-Pierre
Jeunet
unbenannt
2001
Moulin Rouge!
Baz Luhrmann
Silvana Azzi
2001
Ocean’s Eleven
Steven
Soderbergh
unbenannt
2001
Shrek
Andrew
Adamson &
Vicky Jenson
unbenannt
2001
Vanilla Sky
Cameron Crowe
unbenannt
2001
Catch Me If You Can
Steven
Spielberg
Florence Deygas 2002
Die Another Day
Lee Tamahori
Daniel
Kleinman
2002
Panic Room
David Fincher
The Picture
Mill
2002
The Mothman Prophecies
Mark Pellington
Garson Yu
2002
Daredevil
Mark Steven
Johnson
Imaginary
Forces
2003
Hulk
Ang Lee
Garson Yu
2003
Kill Bill: Vol. 1
Quentin
Tarantino
unbenannt
2003
The Lord of the Rings: The
Return of the King
Peter Jackson
unbenannt
2003
I, Robot
Alex Proyas
unbenannt
2004
Man on Fire
Tony Scott
Jackson Yu
2004
ANHANG A. ZITIERTE FILME
91
Titel
Regie
Titeldesign
Jahr
Miracle
Gavin
O’Connor
Deborah Ross
2004
Ray
Taylor Hackford
Karin Fong
2004
Silver City
John Sayles
Imaginary
Forces
2004
The Day After Tomorrow
Roland
Emmerich
Jonathan Block
2004
The Terminal
Steven
Spielberg
Garson Yu
2004
Brokeback Mountain
Ang Lee
unbenannt
2005
Kiss Kiss Bang Bang
Shane Black
Danny Yount
2005
Lord of War
Andrew Niccol
Laurent Gillet
2005
Munich
Steven
Spielberg
unbenannt
2005
Sin City
Frank Miller
& Robert
Rodriguez
Eric Pham
2005
The Prize Winner of Defiance,
Ohio
Jane Anderson
Karin Fong
2005
V for Vendetta
James
McTeigue
Toby Glover
2005
John Carter of Mars
Jon Favreau
in Produktion
2006
Anhang B
Inhalt der CD-ROM
File System: Joliet
Mode: Single-Session (CD-ROM)
Diplomarbeit
Pfad:
/
MainTitles.pdf . . . . .
Diplomarbeit
Bilder und Graphiken
Pfad:
/Bilder/
stills
stills
stills
stills
stills
stills
stills
stills
stills
stills
stills
stills
stills
stills
stills
alien.eps . . . . .
breakdown.eps .
catchme.eps . .
daredevil.eps . .
delicatessen.eps .
fahrenheit.eps . .
fpt.eps . . . . . .
garp.eps . . . . .
goldfinger.eps . .
kisskiss.eps . . .
metropolis.eps .
northby.eps . . .
panicroom.eps .
psycho.eps . . .
ray.eps . . . . . .
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Alien-Titelsequenz
Breakdown-Titelsequenz
Catch Me If You Can-Titelsequenz
Daredevil-Titelsequenz
Delicatessen-Titelsequenz
Fahrenheit 541-Titelsequenz
Fake plastic Tree-Titelsequenz
The World According to Garp-Titelsequenz
Goldfinger-Titelsequenz
Kiss Kiss Bang Bang-Titelsequenz
Metropolis-Titelsequenz
North by Northwest-Titelsequenz
Panic Room-Titelsequenz
Psycho-Titelsequenz
Ray-Titelsequenz
92
ANHANG B. INHALT DER CD-ROM
stills seven.eps . . .
stills shining.eps . .
stills strangelove.eps
stills superman.eps .
stills twenty2.eps . .
viz analyse.eps . . .
viz projekt.eps . . .
viz uebersicht.eps .
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Seven-Titelsequenz
The Shining-Titelsequenz
Dr. Strangelove or:...-Titelsequenz
Superman-Titelsequenz
Twenty2-Titelsequenz
Visualisierung der Analysestruktur
Visualisierung der Projekt-Klassifizierung
Visualisierung des Kategorisierungssystems
Elektronische Quellen
Pfad:
/Quellen/
Boehnke02.pdf . . . .
Counts03.pdf . . . . .
Designmuseum00.pdf
Dga05.pdf . . . . . .
Engber05.pdf . . . . .
Hobgood99.pdf . . . .
McCort02.pdf . . . .
Stanitzek05.pdf . . .
Wga02a.pdf . . . . .
Wga02b.pdf . . . . .
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siehe
siehe
siehe
siehe
siehe
siehe
siehe
siehe
siehe
siehe
[4]
[8]
[9]
[10]
[11]
[16]
[20]
[28]
[30]
[29]
.
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Informationen zu den Videos
Breakdown-Video
Fake plastic Tree-Video
Twenty2-Video
Titelsequenzen
Pfad:
/Titelsequenzen/
ReadMe.txt . . . . .
Breakdown.mov . .
FakePlasticTree.mov
Twenty2.mov . . . .
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Interaktive Visualisierung
Pfad:
/Visualisierung/
ReadMe.txt . . . . . . .
TSP Visualisierung.swf
Informationen zur Visualisierung
Interaktive Visualisierung (Flash-File)
93
Abbildungsverzeichnis
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
Metropolis (1927) . . . . . . .
Psycho (1960) . . . . . . . . .
Dr. Strangelove or:... (1960)
The World According to Garp
Seven (1995) . . . . . . . . .
Kiss Kiss Bang Bang (2005) .
.
.
.
.
.
.
7
11
13
14
15
16
4.1
4.2
Übersicht des Kategorisierungssystems . . . . . . . . . . . . .
Struktureller Aufbau der Analyse . . . . . . . . . . . . . . . .
26
27
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
The Shining (1980) . . . . . .
Catch Me If You Can (2005)
Daredevil (2003) . . . . . . .
Alien (1979) . . . . . . . . . .
Superman (1978) . . . . . . .
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37
38
39
41
42
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
6.6
Fahrenheit 541 (1966) . .
North by Northwest (1959)
Delicatessen (1991) . . . .
Panic Room (2002) . . . .
Goldfinger (1964) . . . . .
Ray (2004) . . . . . . . .
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56
64
65
68
69
70
7.1
7.2
7.3
7.4
Klassifizierung der Diplomprojekt-Titelsequenzen
Breakdown (2006) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Twenty2 (2006) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Fake plastic Tree (2006) . . . . . . . . . . . . . .
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79
80
82
84
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94
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(1982)
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Literaturverzeichnis
[1] Balász, B.: Der Film. Werden und Wesen einer neuen Kunst. Globus, Wien, 1949.
[2] Belle, M.: Promises in the dark: The art of the title sequence.
Showreel Magazine, 4, Summer 2004.
[3] Böhnke, A., R. Hüser und G. Stanitzek: Das Buch zum Vorspann:
The title is a shot. Vorwerk 8, Berlin, 2006. Das Buch war zum Einreichungszeitpunkt der vorliegenden Arbeit noch nicht erschienen. Die
Zitate stammen daher aus einem vom Autor dankenswerter Weise zur
Verfügung gestellten Manuskript.
[4] Böhnke, A. und R. Hüser: Filmtitel – Titelfilme. URL, http://
www.kw-berlin.de/english/archiv/bedvl.htm, 2002. Kopie auf CD-ROM
(Boehnke02.pdf).
[5] Bullerjahn, C.: Grundlagen der Wirkung von Filmmusik . Wißner,
Augsburg, 2001.
[6] Charney, L. J.: Just Beginnings: Film Studies, Close Analysis and
the Viewer’s Experience. Doktorarbeit, New York, 1992.
[7] CNN: Interview mit Jerry Goldsmith. CNN-Interview, March 1998.
[8] Counts, J.: Just the Beginning: The Art of Film Titles. URL, http:
//www.twenty4.co.uk/on-line/issue001/project01/proj01index.htm, 2003.
Kopie auf CD-ROM (Counts03.pdf).
[9] Designmuseum: Saul Bass – Graphic Designer (1920-1996). URL,
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