sommerresidenz: schubertfest speyer
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sommerresidenz: schubertfest speyer
MAGA ZI N AP R I L 2016 – J U LI 2016 #10 Seite 4: Titelgeschichte SCHUBERTFEST SPEYER Seite 22: Interview KARL-HEINZ STEFFENS Seite 28: Vorschau MODERN TIMES SOMMERRESIDENZ: SCHUBERTFEST SPEYER DIE STAATSPHILHARMONIE GASTIERT ZUM DRITTEN MAL IN SPEYER Editorial LIEBE FREUNDE DER STAATSPHILHARMONIE, in dieser Ausgabe unseres MAGAZIN hätten wir ohne Schwierigkeiten anstelle der üblichen 24 sicherlich auch 36 Seiten füllen können, so groß ist die Zahl an bemerkenswerten, großartigen und wohl auch besonderen Projekten, die bis zum Sommer vor Ihnen und vor uns liegen. 46 Konzerte und Vorstellungen, gleich ob in Baden-Baden, Karlsruhe, Landau, Ludwigshafen, Mannheim, Mainz, Neustadt, Speyer, Trier oder Weilburg, dazu eine CD-Aufnahme für unsere gefeierte und prämierte Serie MODERN TIMES, liegen vor den Musikern der Staatsphilharmonie. Dabei ist das Programm ebenso vielfältig wie hochkarätig: gleich zu Beginn sind wir eingeladen, beim BASF Sonderkonzert „Songs of the Heart“ mit Diane Reeves, Pumeza Mashikiza, Rolando Villazon und Guerassim Voronkov mitzuwirken – bis zum Saisonschluss bei den Weilburger Schlosskonzerten können wir mit dem SCHUBERTFEST SPEYER bereits die dritte Orchester-Residenz feiern, findet REBELLION IM QUADRAT seine Fortsetzung, beginnen wir unsere neue Serie CONNECT IT! und würdigen wir in drei Programmen mit Jörg Widmann einen der herausragenden Komponisten und Klarinettisten unserer Zeit. Mehrere Kammer- und Kinderkonzerte zeigen eindrucksvoll, wie sehr sich die Mitglieder des Orchesters für alle Formen der Musik interessieren und wie wichtig uns der Auftrag ist, Menschen jeden Alters und aus allen sozialen Schichten anzusprechen. Dabei müssen Klangkörper wie die Staatsphilharmonie nicht selten einen besonderen Spagat vollbringen: gegründet und durch seinen Träger, das Land Rheinland-Pfalz, dazu bestimmt, ein hervorragendes Sinfonieorchester zu sein, halten wir vielfältige Angebote für Kinder bereit und kreieren Veranstaltungen, die sich so zentralen Themen widmen dem, Menschen, die als Flüchtlinge und Schutzsuchende zu uns kommen, eine neue Lebens-Perspektive zuzugestehen. Für uns entspringt unser Engagement in den Bereichen Bildung und Integration aus der Leidenschaft für 2 die Musik als einer unverzichtbaren, einer ebenso beispielhaften wie beispiellosen Form der Kommunikation und aus dem Bewusstsein, dass wir viel mehr für und in unserer Gesellschaft zu bewahren und weiter zu entwickeln haben als sich dies zunächst einmal aus unserem originären Auftrag ergibt. Einem Auftrag, der ja zunächst darauf lautet, „einfach“ die bestmöglichen Konzerte zu spielen. Vieles von dem, was wir mit der bereits erwähnten Leidenschaft entwickeln, vieles von dem, was wir tun, finden Sie ausführlich in diesem MAGAZIN beschrieben. Ich freue mich, Sie einladen zu können zu besonderen Künstlern, die die großartigen Werke von Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Brahms und vielen weiteren bedeutenden Komponisten erlebbar machen. Und es ist mir ein Anliegen Sie einzuladen, wenn wir bei Lieder aus der Fremde mit Anja Kleinhans und Mehmet Yesilcay ein Projekt wagen, das uns bewusst machen soll, wie kostbar unser vermeintlich so selbstverständliches Leben in einer auf Humanismus und Respekt angelegten demokratischen Gesellschaft ist – und wie unerlässlich es ist, dass wir dieses Kostbare bewahren und möglichst vielen Menschen aus Not und Verfolgung den Zugang zu eben dieser kostbaren „Welt“ ermöglichen. Die sinfonische Musik ist ein großes Geschenk für uns alle – ich würde mich freuen, wenn wir dieses Geschenk möglichst oft mit Ihnen teilen können. Prof. Michael Kaufmann Intendant der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Inhalt INHALTSVERZEICHNIS Seite 4 Titelgeschichte: SCHUBERTFEST SPEYER Seite 6Das besondere Konzert: REBELLION IM QUADRAT Seite 7 Das besondere Konzert: CONNECT IT! Seite 8Das besondere Konzert: Zukerman und Steffens beim 2. Heidelberger Meisterkonzert S. 7 Seite 9Das besondere Konzert: Weilburger Schlosskonzerte Seite 10Metropolregion: Thomas Kraus im Gespräch mit Manfred Lautenschläger S. 12 S. 4 Seite 12Portrait: Jörg Widmann Seite 14Zyklus: BRUCKNER IN DEN DOMEN Seite 16 KONZERTKALENDER APRIL BIS JULI 2016 S. 9 Seite 18Neuigkeiten und Meldungen Seite 20Spielort: Ludwigshafen/Mannheim Seite 21 Tipp: Ballett „LAC“ S. 21 Seite 22 Extra: Interview mit Karl-Heinz Steffens Seite 23 E xtra: Stiftung Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Seite 24 B egegnung der Kulturen: Lieder aus der Fremde S. 20 Seite 26 Education: Musikpädagoge Christoph Haßler im Gespräch Seite 28 Vorschau: MODERN TIMES S. 30 Seite 30 Kolumne: „Weltreise in 80 Minuten“ Der besondere KONZERTTIPP Viola Eckert Viola Eckert Trainee Orchestermanagement Seit dem 1. Dezember 2015 arbeite ich nun als Trainee im Bereich Orchestermanagement bei der Staatsphilharmonie. Ich konnte hier schon in den Genuss einiger Konzerte kommen und freue mich nun auf die, wie ich finde, sehr besonderen Konzerte mit Karen Kamensek am 13. und 14. April im BASF-Feierabendhaus. Dirigieren ist noch immer eher eine Männerdomäne und daher freue ich mich, dass der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in dieser Saison gleich mehrere Dirigentinnen den Takt vorgeben. Dieses Konzert wartet aber nicht nur mit der glänzenden Besetzung von Karen Kamensek und Andrei Ioniță, einem jungen rumänischen Cellisten und Stipendiaten der Deutschen Stiftung Musikleben auf, sondern auch noch mit einem ganz besonderen Highlight: „Water Dances“ – Dem von Michael Nymann komponierten Auftragswerk zum 150-jährigen Bestehen der BASF. Grundlage hierfür sind 1201 gesammelte Geräusche aus verschiedenen Werken der BASF in 54 Ländern. Hierbei handelt es sich sicherlich um ein spektakuläres Klangerlebnis und ich glaube, das muss man einfach erleben! 13. und 14. April 2016 Ludwigshafen, BASF-Feierabendhaus KONZERTREIHE DER STADT LUDWIGSHAFEN UND DER BASF SE Karen Kamensek, Dirigentin Andrei Ioniţă, Violoncello Michael Nymann Auftragswerk zum 150. Jubiläum der BASF SE Robert Schumann Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll, op. 129 Johannes Brahms Sinfonie Nr. 3 F-Dur, op. 90 3 Titelgeschichte Residenz am Rhein SCHUBERTFEST SPEYER Gemeinsam mit einem der gefragtesten Oboisten weltweit eröffnet die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Ende Juni das SCHUBERTFEST SPEYER. Unter der Leitung von Generalmusikdirektor Karl-Heinz Steffens begleitet sie in der Gedächtniskirche Albrecht Mayer in Wolfgang Amadeus Mozarts Oboenkonzert. Franz Schubert – Patron des diesjährigen Festivals – steht am Eröffnungsabend natürlich auch auf dem Programm. N och nicht ganz Tradition, eine Serie hingegen schon: Bereits zum dritten Mal bezieht die Staatsphilharmonie in Speyer ihre Sommerresidenz. Karl-Heinz Steffens, unter dessen Initiative das Festival ins Leben gerufen wurde, konnte ein strahlendes Projekt etablieren, das die ganze Welt der Musik aufzeigt. Hinter dem Konzept „Sommerresidenz“ steht die Idee, dem Orchester die Möglichkeit zu geben, sich umfassend zu präsentieren. Die Zuhörer kommen in den Genuss von Orchesterkonzerten, Kammermusik, Ensemblespiel, Kinderkonzerten und einer musikalischen Lesung. Als Bindeglied zwischen der diesjährigen und den zurückliegenden Residenzzeiten spielt die Stadt Wien eine besondere Rolle. Nicht nur Mozart, dem 2014 die Premiere dieser vom ersten Ton an erfolgreichen Kooperation zwischen Staatsphilharmonie und der Stadt Speyer gewidmet war, starb ebendort. Auch der Namensgeber des darauffolgenden Beethovenfestes 2015 und Franz Schubert segneten in der Kaiserstadt das Zeitliche. Und die Wiener Schule um Arnold Schönberg schließlich drückt einem der beiden diesjährigen Serenadenkonzerte ihren Klangstempel auf. Patron des diesjährigen Festivals: Franz Schubert 4 Los aber geht es mit Oboenpapst Albrecht Mayer und in unbeschwert-galantem C-Dur. Neben Mozarts konzertantem Auftakt erklingt in der Gedächtniskirche ein sinfo- nisches Schwergewicht. Ihre Uraufführung mehr als zehn Jahre nach Schuberts Tod verdankt die „Große C-Dur-Sinfonie“ gleich zwei Komponisten-Kollegen. Nachdem Robert Schumann die Partitur rein zufällig in Wien entdeckte, war es Felix Mendelssohn Bartholdy, der die Uraufführung 1839 in Leipzig leitete. Vielfalt auf hohem Niveau ist ein Markenzeichen der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Weder bei Programmkonzeptionen noch in Bezug auf ihr Repertoire kennt sie irgendwelche Berührungsängste. Auch die Orchestermitglieder selbst begeben sich – solistisch ebenso wie in unterschiedlichsten Kammermusikformationen – gern einmal auf weniger ausgetretene Pfade. Diese große Bandbreite in Speyer zu präsentieren, ist der Staatsphilharmonie Anspruch und Selbstverständnis gleichermaßen. Das erste Serenadenkonzert steht im Zeichen der großen kammermusikalischen Besetzungen. In seinem 1824 entstandenen Oktett für Klarinette, Horn, Fagott und Streicher F-Dur experimentierte Schubert ganz bewusst mit neuen sinfonischen Sprachmitteln, stand die Arbeit an der großen C-Dur-Sinfonie doch unmittelbar bevor und wollte er darin neue Wege beschreiten. Nino Rota gar wollte alle Neune: Der Haus- und Hofkomponist des italienischen Filmemachers Federico Fellini bewies nicht nur in seinem Nonett für Flöte, Oboe, Klarinette, Titelgeschichte SCHUBERTFEST SPEYER 30. JUNI – 3. JULI 2016 DO Ä 30. JUNI 2016 Ä 19:30 Speyer, Gedächtniskirche Eröffnungskonzert Karl-Heinz Steffens, Dirigent Albrecht Mayer, Oboe Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Schubert FR Ä 1. JULI 2016 Ä 19:30 Speyer, Open Air im Rathausinnenhof Fagott, Horn, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass allergrößte tondichterische Meisterschaft. Sein Gespür für musikalische Atmosphäre, Klangfarben und Dramaturgie – gepaart mit beeindruckendem handwerklichen Können – hat der Musikwelt auch, aber eben nicht nur unvergessliche Filmmusikmelodien beschert. Denn was viele nicht wissen: Rotas Werkverzeichnis „seriöser“ Musik ist bemerkenswert, aufgeführt werden diese Kompositionen allerdings eher selten. Sein romantisch geprägtes, feurig-spritziges Nonett ist durchzogen von französischem Flair à la Francis Poulenc oder Jean Françaix und stellt an die Ausführenden zum Teil extrem hohe Anforderungen. Am Nachmittag sind Sie herzlich eingeladen, die im historischen Ratssaal stattfindende musikalische Lesung zu besuchen. Im zweiten Serenadenkonzert stellen die Musiker aus Ludwigshafen den Originalkompositionen Schuberts Bearbeitungen von Tänzen und Walzern durch Vertreter der so genannten Wiener Schule gegenüber. Zu hören sein werden ebenfalls im Rathausinnenhof 5 Deutsche Tänze mit Coda und 7 Trios D 90 von Schubert sowie dessen von Anton Webern bearbeitete Deutsche Tänze D 820. Bearbeitungen von Johann-Strauß-Walzern durch Arnold Schönberg und noch einmal Webern stehen überdies auf dem Programm. Unter den zahlreichen Liedkompositionen Franz Schuberts finden sich gerade einmal zwei Vertonungen, die über das reine Klavierlied hinausgehen. „Auf dem Strom“ für Singstimme, Horn und Klavier D 943 sowie „Der Hirt auf dem Felsen“ für Gesangsstimme, Klarinette und Klavier D 965 schrieb der Liederfürst seinerzeit für besondere Interpreten. Und die sind auch in der Kammerkonzert-Matinee im Alten Stadtsaal durchaus besonders. Karl-Heinz Steffens nämlich übernimmt den Solopart an der Klarinette, seine Tochter Anne-Kathrin ist als Gesangssolistin zu erleben. In Schuberts Streichquintett D-Dur D 956 geben dann wieder Mitglieder der Staatsphilharmonie den Ton an. Zum Abschluss des Festivals geht es erneut in die Gedächtniskirche. Kurz vor seinem Tod schloss Franz Schubert die Arbeit an der Messe Es-Dur D 950 ab, deren Uraufführung, die etwa ein Jahr später stattfand, er jedoch nicht mehr erlebte. Unter Karl-Heinz Steffens bringen Staatsphilharmonie, Vokalsolisten sowie ein chorisches Großaufgebot aus Speyer Schuberts letzte und auch eigenwilligste Vertonung des Messordinariums zu Gehör. Zu Ende gehen die klangintensiven Tage am Rhein mit dessen Ouvertüre und Zwischenaktmusiken zu „Rosamunde“. An den musikbegeisterten Nachwuchs ist im Übrigen auch gedacht. So finden am 1. und 3. Juli um jeweils 15 Uhr im Speyerer Kinder- und Jugendtheater Kinderkonzerte statt, die von Hans Christian Andersens Märchen „Die chinesische Nachtigall“ inspiriert sind. Vom Orchester wurden dafür eigens Kammermusik-Bearbeitungen von Schubert-Liedern angefertigt. Die Staatsphilharmonie ist dankbar für die über viele Jahre gepflegte Partnerschaft, im Zuge derer etliche tolle Angebote für Kinder erarbeitet werden konnten. Denn junge Ohren für klassische Musik zu begeistern ist bekanntlich ein ganz besonderes Anliegen des Orchesters. Text: Gert Deppe Mit freundlicher Unterstützung der Serenade I Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Werke von Nino Rota und Franz Schubert FR Ä 1. JULI 2016 Ä 15:00 S0 Ä 3. JULI 2016 Ä 15:00 Speyer, Kinder- und Jugendtheater Kinderkonzert „Die chinesische Nachtigall“ Matthias Folz, Textbearbeitung und Inszenierung; Nicole Schneider, Kostüm; Marie Sophie Caspar, Gesang Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Für alle Menschen ab 4 Jahren. SA Ä 2. JULI 2016 Ä 15:00 Speyer, Historischer Ratssaal Musikalische Lesung „Himmlische Gedanken, leichte Funken“ Matthias Folz, Sprecher; Matthias Henke, Textauswahl und Dramaturgie; Clara und Marie Becker, Klavier SA Ä 2. JULI 2016 Ä 19:30 Speyer, Open Air im Rathausinnenhof Serenade II Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Werke von Franz Schubert, Johann Strauß / Arnold Schönberg, Franz Schubert / Anton Webern und Johann Strauß / Anton Webern SO Ä 3. JULI 2016 Ä 11:00 Speyer, Alter Stadtsaal Kammermusik-Matinee Karl-Heinz Steffens, Klarinette Anne-Katrin Steffens, Sopran; Jonas Wuermeling, Tenor; Michal Friedlander, Klavier; Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Werke von Franz Schubert SO Ä 3. JULI 2016 Ä 18:00 Speyer, Gedächtniskirche Schlusskonzert Karl-Heinz Steffens, Dirigent Anne-Katrin Steffens, Sopran; Kimberley Boettger-Soller, Alt; Jonas Wuermeling, Tenor; Shimon Yoshida, Tenor; Alexander Kiechle, Bass-Bariton; Domchöre Speyer Werke von Franz Schubert Programm siehe auch Seite 17 5 Das besondere Konzert Mannheimer & Karlsruher Schule REBELLION IM QUADRAT „Ach, wenn wir nur clarinetti hätten!“ klagte Mozart zu einer Zeit, als Mannheim mit diesen Holzbläsern im Orchester schon europaweit Furore machte. Höchste Zeit also für ein Klarinettenkonzert in der Reihe, die sich der Mannheimer und der Karlsruher Avantgarde widmet. 22. April 2016 Mannheim, Christuskirche 23. April 2016 Karlsruhe, Hochschule für Musik, Wolfgang-Rihm-Forum REBELLION IM QUADRAT MANNHEIMER & KARLSRUHER SCHULE Karl-Heinz Steffens, Dirigent Gerhard Kraßnitzer, Klarinette Kai Adomeit, Klavier Abbé Georg Joseph Vogler Ouvertüre zu „Hamlet“ Jörg Widmann „Ikarische Klage“ für 10 Streicher Carl Stamitz Konzert für Klarinette Es-Dur Peter von Winter Ouvertüre zu „Das Labyrinth“ Wolfgang Rihm „Sotto Voce“ Notturno für Klavier und kleines Orchester Joseph Martin Kraus Sinfonie c-Moll, VB 142 Oben im Uhrzeigersinn: Karl-Heinz Steffens, Karl Theodor von der Pfalz und Bayern (A. D. Thebusch, 1763, heute ReissEngelhorn-Museen, Mannheim), Wolfgang Rihm, Peter von Winter,1815, Jörg Widmann, Abbé Georg Joseph Vogler (A. F. Oelenhainz 1790 und Gerhard Kraßnitzer 6 E in Mordent kann heute niemanden mehr schrecken. Für einen Violinisten jedoch zu Zeiten des pfälzischen Kurfürsten Karl Theodor (1743-1799) muss es der letzte Schrei gewesen sein, mit Schwung aus der Obersekunde in diesen Kurztriller zu fallen. Das Ergebnis heißt im Volksmund „Vögelchen“. Diese und weitere musikalische Spielereien haben sich als „Mannheimer Manieren“ einen Namen gemacht. Zwar finden sich Stilmittel, die der Mannheimer Schule und Künstlern wie Johann Stamitz oder Christian Cannabich zugesprochen werden, auch bei Zeitgenossen in Italien. Doch gab es kein zweites Orchester mit so vielen komponierenden Instrumentalisten, das die neuen Finessen derart präzise und effektvoll darbot wie die Mannheimer Hofkapelle. Ihr Wirken zur Zeit des musikliebenden Kurfürsten bis zur Übersiedlung des Hofes nach München (1778) lässt die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit der Reihe REBELLION IM QUADRAT aufleben. Erneut ist die reizvolle Gegenüberstellung der Mannheimer Avantgarde von damals mit der Karlsruher Schule von heute zu erleben. Ihr berühmtester Vertreter Wolfgang Rihm unterrichtet an der Hochschu- le für Musik Karlsruhe. Dort wie auch in der Mannheimer Christuskirche interpretiert die Staatsphilharmonie sein „Sotto Voce“, ein zurückhaltendes Notturno für Klavier und kleines Orchester, das Satztechniken und Harmonien der Spätromantik oder des Impressionismus weiterzuführen und zugleich sanft zu sprengen scheint. Ähnlich ätherisch ist die „Ikarische Klage“ seines Schülers Jörg Widmann, dem die Staatsphilharmonie in dieser Spielzeit das Komponistenporträt widmet. Diese zeitgenössischen Werke stehen neben solchen aus der Zeit der Mannheimer Schule. Eine OrchesterOuvertüre zu „Hamlet“ von Abbé Georg Joseph Vogler (1749-1814) eröffnet den Abend und stellt einen Geistlichen unter den Mannheimer Musikern vor. Er war Schüler des Jesuiten Alexander Keck (1724-1804), Musikdirektor am Mannheimer Jesuitengymnasium, dem 1756 das „Seminarium musicum“ angeschlossen wurde. Abbé Vogler hinterließ nicht nur ein umfangreiches kompositorisches Schaffen, sondern als Theoretiker auch die Grundlagen für die Stufentheorie in der musikalischen Harmonielehre. Einer seiner Schüler war Peter von Winter (1754-1825). Von Winter folgte mit der Mannheimer Hofkapelle dem Kurfürsten Karl Theodor in seine neue Residenz München. Ein kur- fürstliches Stipendium ermöglichte ihm 1780/81 Unterricht bei Antonio Salieri in Wien. Dort lebte auch Mozart und schwärmte damals: „Ach, wenn wir nur clarinetti hätten! – sie glauben nicht was eine sinfonie mit flauten, oboen und clarinetten einen herrlichen Effect macht!“ Auf einer Reise nach Mannheim hatte Mozart 1778 Sinfonien von Carl Stamitz gehört, der die Klarinette wie sein Vater schon als wichtiges Orchesterinstrument behandelte und ihm elf Solokonzerte widmete. Sein letztes in Es-Dur darf als Höhepunkt dieser Folge gelten sowie als Beleg für den verspielten wie virtuosen Mannheimer Stil – Mordente inbegriffen. Der „Odenwälder Mozart“ macht den Abschluss in diesem Konzertprogramm: die Sinfonie in c-Moll VB 142 von Joseph Martin Kraus (1756-1792) aus Buchen. Auch er war Schüler am Jesuitengymnasium in Mannheim, bevor er nach ersten Kompositionen auf ein Studium der Rechtswissenschaften umsattelte. Der Kontakt zu seinem schwedischen Kommilitonen Carl Stridsberg bewog Kraus 1778 nach Stockholm überzusiedeln, wo er Kapellmeister am Hof des schwedischen Königs Gustav III. wurde. Text: Isabel Steppeler Das besondere Konzert Beethoven, Ellington und Milhaud CONNECT IT! Der junge Pianist und Dirigent Frank Dupree wird ab April in der neuen Konzertreihe CONNECT IT! zu erleben sein. Entdecken Sie den Klang von verschiedenen Stilen, inspiriert durch das Wechselspiel der Jahrhunderte. CONNECT IT! steht für verbindende Elemente innerhalb der Musikgeschichte und rückt vor allem die Berührungspunkte zwischen Klassik und Jazz ins Zentrum. Dreh- und Angelpunkt der Reihe ist der junge Pianist und Dirigent Frank Dupree – er fungiert gewissermaßen als „Connecteur par excellence“ und wird das Publikum mit seinem vielseitigen Talent in die unterschiedlichen Klangwelten entführen, die, wie sich spätestens am 10. April beim Konzert im Capitol zeigen wird, gar nicht so verschieden sind. „Ich bin ja nicht der Erste, der Jazz und Klassik kombiniert, doch möchte ich mit meiner Program- mauswahl zeigen, dass die Unterschiede gar nicht all zu groß sind,“ sagt Frank Dupree. Es geht darum, die Musik von einer neuen Seite kennenzulernen. Dabei ist die Gegenüberstellung der Stile entscheidend. Wenn Beethovens 1. Klavierkonzert im selben Konzert mit Songs von „Duke“ Ellington zur Aufführung gebracht wird, werden scheinbare Widersprüche ganz selbstverständlich überwunden. Immer wieder konnten durch solche Grenzüberschreitungen neue Wege beschritten werden – besonders in der Kunst. Frank Dupree Ü ber den Verlauf und das Ziel der Geschichte bzw. über das Vorhandensein und die Nachweisbarkeit allgemeiner Gesetzmäßigkeiten ihrer Entwicklung kann man sicher heftig streiten – vor allem im wissenschaftlichen Diskurs. Mitunter lässt sich doch nicht leugnen, dass gewisse Phänomene in einer linearen Folge zu betrachten sind. Dieser Auffassung folgend ist die Jazzmusik natürlich nicht im luftleeren Raum entstanden und beruht auch auf dem Erbe der Klassik. Der Jazz beeinflusste seinerseits wiederum zeitgenössische Komponisten, wie Strawinsky und Schostakowitsch. Es lässt sich also durchaus von einer engen, wechselseitigen Verbindung zwischen Klassik und Jazz sprechen, von der auch die Reihe CONNECT IT! erzählt. So auch, als sich der französische Komponist Darius Milhaud auf einer Reise nach New York von den neuartigen Klängen des Jazz hinreißen ließ und unter diesen Eindrücken stehend seine Ballettmusik „La Création du Monde“ („Die Erschaffung der Welt“) komponierte. In dem Werk sind jazzige Anklänge deutlich spürbar, worauf bereits das verwendete Instrumentarium ganz offensichtlich hinweist (kleines Orche- ster, Saxofon, Schlagzeug). Milhaud orientierte sich in der Konzeption an der Besetzung des Jazz-Musicals „Liza“ von Maceo Pinkard, dessen Uraufführung er in Harlem beiwohnte. Zur Gegenüberstellung wird Frank Dupree im Konzert eine weitere Ballettmusik präsentieren. Es handelt sich dabei um die Ouvertüre zu „Die Geschöpfe des Prometheus“ op. 43a, wiederum von Beethoven. 10. April 2016 Mannheim, Capitol CONNECT IT! Frank Dupree, Dirigent und Klavier Mini Schulz, Bass Obi Jenne, Schlagzeug Werke von Darius Milhaud, Ludwig van Beethoven und Duke Ellington Die Wege der Musikgeschichte sind verschlungen, aber es lässt sich ein roter Faden erkennen, den Frank Dupree in seiner Reihe CONNECT IT! mit viel Kreativität zu einem Band geknüpft hat. Das Publikum profitiert dabei von seinem vielseitigen Talent; denn der junge Pianist kann beides. Er kann uns Beethovens Klavierkonzert präsentieren und sobald der Applaus verklungen ist, Jahre, Stile, Welten hinter sich lassen, um uns in den Genuss von „Duke“-Ellington-Songs zu versetzen. Und das alles unter der Prämisse, ein verbindendes Element herauszustellen. Und tatsächlich, wir können unsere Hörgewohnheiten erweitern, indem wir die Kontexte ändern. Und auch wenn wir es anders kennen – aus alt mach neu, oder besser noch: CONNECT IT! Text: Judith Schor 7 Das besondere Konzert Tod und Verklärung VON DER ENDLICHKEIT DES LEBENS UND DER UNENDLICHKEIT DER MUSIK Artist in Residence: Pinchas Zukermann Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und ihr Gast dürfen ihre Virtuosität unter Beweis stellen. Das Orchester vor allem bei Richard Strauss’ „Don Juan“ – und Pinchas Zukerman, Artist in Residence, wenn er für Béla Bartóks Violakonzert die Geige mit der Bratsche tauscht. 9. März 2016 10. März 2016 Ludwigshafen, BASFFeierabendhaus KONZERTREIHE DER STADT LUDWIGSHAFEN UND DER BASF SE 11. März 2016 Heidelberg, Stadthalle HEIDELBERGER MEISTERKONZERTE 2. MEISTERKONZERT 13. März 2016 Mainz, Rheingoldhalle MAINZER MEISTERKONZERTE Karl-Heinz Steffens, Dirigent Pinchas Zukerman, Viola Richard Strauss Don Juan op. 20 Béla Bartók Konzert für Viola und Orchester Richard Strauss Tod und Verklärung op. 24 I hr zweites Heidelberger Meisterkonzert widmet die Staatsphilharmonie dem Heidelberger Frühling und gratuliert dem renommierten Festival damit sehr herzlich zum 20. Geburtstag! „Also, ‚Don Juan’-Erfolg großartig, das Stück klang zauberhaft und ging ausgezeichnet und entfesselte einen für Weimar ziemlich unerhörten Beifallssturm“, kommentierte Richard Strauss nach der von ihm geleiteten Uraufführung am 11. November 1889. Seine sinfonische Dichtung nach dem gleichnamigen Versdrama von Nicolaus Lenau brachte dem Mittzwanziger den Durchbruch. Damals wie heute beeindruckt der fulminante Einstieg: Nach nur wenigen Takten hebt mit einem Paukenschlag das Hauptthema an, und man sieht Don Juan, diesen Macho par excellence, förmlich vor sich – energiegeladen, kraftstrotzend, von sich und seinen Verführungskünsten überzeugt. Unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Instrumente entfesselt Strauss im Folgenden eine vielfarbige Klangwelt, die von Don Juans Werben, seinem rücksichtslosen Vorgehen ebenso kündet wie vom Verhalten seiner „Beute“ (hier übernehmen die Flöten und Oboen). Doch, wie es in Lenaus Epos heißt (das Strauss seiner Partitur voranstellte): „Der Brennstoff ist verzehrt, / und kalt und dunkel ward es auf dem Herd.“ Und ebenso kurz beendet Strauss das Leben des Frauenhelden: Einem letzten großen Crescendo folgt eine Generalpause, dann übernehmen Geigentremoli den Abgesang. Béla Bartók, 1881 in Ungarn geboren, entwickelte durch seine musik-ethnologischen Forschungen, die ihn über den europäischen Kontinent hinausführten, die Vorstellung von der Verbrüderung der Völker, ein Leitgedanke, dem seine Musik dienen sollte. Demgemäß positionierte er sich gegen den Faschismus mit der Folge, 1940 emigrieren zu müssen. Doch fiel es ihm schwer, in New York beruflich Fuß zu fassen: Geldnöte zwangen ihn, Auftragsarbeiten anzunehmen. So bat ihn der Bratschenvirtuose William Primrose Ende 1944, ein Werk für Viola zu 8 komponieren. Im September 1945 schrieb Bartók an Primrose, das Konzept sei erarbeitet, es müsse nur noch die rein mechanische Arbeit, sprich das Schreiben der Partitur geleistet werden. Und er gab zu Bedenken, dass der Stil recht virtuos sei und einige Stellen wohl „unbequem oder unspielbar“ seien. Bartók starb vor Vollendung seines „Konzerts für Viola und Orchester“, sodass es zunächst von seinem Schüler Tibor Serly (später unter anderen auch von seinem Sohn Peter Bartók) ausgearbeitet wurde. Das dreisätzige Werk (Moderato – Adagio religioso – Allegro vivace), das zu den gewichtigsten Violakonzerten des 20. Jahrhunderts zählt, bezeugt noch einmal Bartóks Nähe zur Volksmusik, klingt sie im Schlusssatz doch unverkennbar heraus. Nur kurze Zeit nach Entstehung des „Don Juan“ schuf Strauss seine – ebenfalls einsätzige – Tondichtung „Tod und Verklärung“. Sie basiert jedoch nicht auf einer literarischen Vorlage, und auch eigene Erfahrungen konnten nicht Grundlage der Komposition sein, war er bis dato nicht lebensbedrohlich erkrankt. Gleichwohl ein naheliegender Gedanke, „erzählt“ Strauss doch von den letzten Momenten eines Künstlers, der im Diesseits sein Ideal nicht zu verwirklichen vermag, dies jedoch im Jenseits „in herrlichster Gestalt“ vollendet vorfindet. Strauss hat seine programmatische Idee erst einige Jahre nach der Uraufführung (am 21. Juni 1890 in Eisenach) dargelegt: Der Kranke schläft schwer und unregelmäßig atmend, dann zaubern freundliche Träume ein Lächeln auf sein Gesicht, doch als er erwacht, hat er furchtbare Schmerzen und Fieber schüttelt ihn. Als die Leiden nachlassen, zieht sein Leben an ihm vorüber. Im Moment, da er an sein nicht erreichtes Ideal denkt, setzen wieder die Schmerzen ein, die Todesstunde naht und schließlich verlässt die Seele den Körper – und so endet die Tondichtung, die schwermütig in Moll begann, ätherisch in Dur. Text: Carola Henke Das besondere Konzert Weilburger Schlosskonzerte MIT DER STAATSPHILHARMONIE AUF SOMMERFRISCHE Weilburger Schloss Im Sommer überkommt den gemeinen Städter zuweilen die Landlust und die Sehnsucht nach idyllischen Ausflugszielen. Lassen Sie sich doch von dieser Rastlosigkeit treiben und begleiten Sie die Staatsphilharmonie zu ihren Konzerten nach Weilburg! Vor einer wahrlich königlichen Kulisse können Sie dort klassische Musik im Freien genießen. H och über der Lahn liegt Schloss Weilburg – eine barocke Residenz mit zahlreichen Nebengebäuden, einer Kirche und einem repräsentativen Garten. Hier finden seit mehr als 40 Jahren die Internationalen Musikfestspiele „Weilburger Schlosskonzerte“ statt. Erlesene Künstler lassen das Zusammentreffen zu einem Juwel unter den Musikfestivals werden, das nicht selten als „Klein-Salzburg“ bezeichnet wird. An zwei aufeinanderfolgenden Abenden gastiert auch die Deutsche Staatsphilharmonie RheinlandPfalz, jeweils unter der Leitung des jungen Dirigenten Christoph Altstaedt, auf Schloss Weilburg. Freuen Sie sich auf ein sommerliches, abwechslungsreiches Programm, das am Freitag, 22. Juli um 20 Uhr mit Otto Nicolais Ouvertüre zur Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ beginnt. Der heitere Stoff geht auf Shakespeares gleichnamige Komödie zurück und erfreute sich schon zu seiner Zeit größter Beliebtheit. Spätestens mit Verdis Adaption der Geschichte, seinem „Falstaff“, ist er von den Opernbühnen der Welt nicht mehr wegzudenken. Auch Carl Maria von Webers triumphaler Erfolg lässt sich vor allem auf eine Oper zurückführen. Dabei gerät jedoch oft in Vergessenheit, dass von Weber weit mehr als den „Frei- schütz“ komponierte. Das Klarinettenkonzert Nr. 1, das am ersten Konzertabend von ARD-Preisträger Marco Giani interpretiert wird, wurde bereits 11 Jahre vor dem „Freischütz“ komponiert – und zwar eigens auf den Wunsch des bayerischen König Max Josef. Das Werk besticht vor allem durch die große Bandbreite an Ausdrucksmitteln, die die Klarinette, mal sehnsüchtig singend, mal tänzerisch brillant, zu Gehör bringt. Im Zuge des zweiten Konzertabends, am Samstag, 23. Juli, können Sie übrigens noch in den Genuss einer weiteren Komposition Carl Maria von Webers gelangen. Die Ouvertüre zur Oper „Oberon“ zeugt von einer tief romantischen Klangsprache. Auf dem Weg zu eben dieser befand sich zur selben Zeit auch der junge Mendelssohn Bartholdy. Bereits im Alter von fünfzehn Jahren brachte er seine erste Sinfonie zu Papier, die die Staatsphilharmonie am zweiten Konzertabend interpretiert. Ursprünglich war sie als reine Streichersinfonie konzipiert. Den barocken und vorklassischen Einflüssen haucht Mendelssohn auf originelle Weise einen romantischen Tonfall ein. An Begabung und Genie fehlte es ihm sicher nicht – zu wahrem schöpferischem Eifer gelangte er, als er sich mit einem Freund auf Reisen begab. Gemeinsam suchten sie die schottischen Highlands auf, um auf den Spuren von Maria Stuart zu wandeln. Beeindruckt von der rauen Natur setzte Mendelssohn seine Impressionen in Musik um und schrieb an seine Eltern: „In der tiefen Dämmerung gingen wir heut nach dem Palaste, wo Königin Maria gelebt und geliebt hat; es ist da ein kleines Zimmer zu sehen, mit einer Wendeltreppe an der Thür; […] Der Kapelle daneben fehlt nun das Dach; Gras und Epheu wachsen viel darin, und am zerbrochenen Altar wurde Maria zur Königin von Schottland gekrönt. Es ist da alles zerbrochen, morsch, und der heitere Himmel scheint hinein. Ich glaube, ich habe heut da den Anfang meiner Schottischen Sinfonie gefunden“. Mit den Klangeindrücken, die die Musik vermittelt und den Briefzeilen im Hinterkopf ist der Renaissancehof von Schloss Weilburg sicher ein stimmungsvoller Ort, um Mendelssohns Schilderungen nachzuempfinden. Das Flötenkonzert von Carl Reinecke, vorgetragen vom ARD-Preisträger Sébastian Jacot, reiht sich wunderbar in die Dramaturgie des Abends ein. Carl Reinecke hielt sich nämlich in der Mitte der 1840er-Jahre in Leipzig auf, wo er von dem damaligen Gewandhaus-Kapellmeister Felix Mendelssohn protegiert wurde. So treffen in Weilburg alte Bekannte aufeinander! WEILBURGER SCHLOSSKONZERTE 22. Juli 2016 Weilburg, Schloss Christoph Altstaedt, Dirigent Marco Giani, Klarinette Otto Nicolai Ouvertüre zu „Die lustigen Weiber von Windsor“ Carl Maria von Weber Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 1 f-Moll, op. 73 Felix Mendelssohn Bartholdy Sinfonie Nr. 3 a-Moll, op. 56 „Schottische“ 23. Juli 2016 Weilburg, Schloss Christoph Altstaedt, Dirigent Sébastian Jacot, Flöte Carl Maria von Weber Ouvertüre zu „Oberon“ Carl Reinecke Konzert für Flöte und Orchester D-Dur, op. 283 Felix Mendelssohn Bartholdy Sinfonie Nr. 1, c-moll, op. 11 Text: Judith Schor 9 Metropolregion Im Dialog STARKE PARTNER FÜR DIE METROPOLREGION Einsatz zeigen und etwas auf die Beine stellen – Manfred Lautenschläger, Mitx begründer der Finanzberaung MLP und Mäzen der Manfred LautenschlägerStiftung trägt dazu bei, dass in der Metropolregion kulturelle Impulse gesetzt werden. Im Gespräch mit Thomas Kraus, Leiter des Kulturbüros der Metropolregion, erzählte er, welche Projekte ihm am Herz liegen. Thomas Kraus (TK): Wissen Sie, Herr Lautenschläger, in welchem Kontext mir MLP zum ersten Mal begegnet ist? Manfred Lautenschläger (ML): Nein, erzählen Sie mal. TK: Das war in jungen Jahren im Bundesleistungszentrum in Heidelberg, als neuer Sponsor des Basketballteams des USC. Sie wirken selbst sehr sportlich, ich vermute, dass Sie in Ihrer Jugend viel Sport gemacht haben. Deshalb würde mich zum Einstieg interessieren, was Ihre Sportart ist. ML: Das ist eine gute Frage. Als Kind habe ich mit Freunden auf der Straße gekickt – das konnte man damals noch, weil in der Nachkriegszeit keine Autos fuhren -, dann im Verein Fußball gespielt, in der C-Jugend, beim VfB Mühlburg, dem heutigen Karlsruher SC. Übrigens gegen den Willen meiner Eltern. Für sie war Fußball ein Proletensport. Als sie dahinterkamen, musste ich aufhören. Meine späte Berufung war tatsächlich Basketball. Ich war der beste Ballweitwerfer von allen Karlsruher Gymnasien. Das hat immerhin für eine Basketballkarriere bis in die erste Liga gereicht. Mit 22, 23 Jahren war es dann aber vorbei mit meinen Ambitionen, als mich das studentische Heidelberger Nachtleben mit Macht gepackt hat (lächelt verschmitzt). 10 TK: Wenn es um Kunst und Kultur geht, hat ja – ähnlich wie beim Sport – auch fast jeder ein, zwei enge Bezüge. Welche sind es bei Ihnen? ML: Gar keine. Ich bin in sehr einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Meine Eltern stammen vom Land, mein Vater war das 12. Kind eines Tagelöhners. Von Kultur konnte da keine Rede sein. Ich habe zwar einen musikalischen Namen, aber nie ein Musikinstrument gespielt. TK: Wie kann ein Projekt Sie dann als Stifter für Kunst und Kultur gewinnen? ML: Entscheidend für mich ist immer die Persönlichkeit, die hinter dem Projekt steht: Was für einen Eindruck habe ich von diesem Menschen? Wichtig ist mir, dass einer für die Sache brennt und etwas auf die Beine stellen will, so wie zum Beispiel Thorsten Schmidt [Intendant des Musikfestivals „Heidelberger Frühling“, Anm. d. Red.], den ich vor 20 Jahren kennen gelernt habe. Das ist auch voll aufgegangen. TK: Stimmt, der Heidelberger Frühling hat sich mittlerweile zu einem der renommiertesten Festivals in der klassischen Musik in Deutschland entwickelt. Für die Metropolregion spielt das Festival daher, ebenso wie das Engagement der ECHO-prämierten Deutschen Staatsphilharmonie RheinlandPfalz, eine ganz besondere Rolle. Zum 20. Geburtstag widmet die Staatsphilharmonie dem Heidelberger Frühling jedenfalls ihr zweites Heidelberger Meisterkonzert. Eine starke Verbindung von zwei kulturellen Leuchttürmen der Region … ML: Vor fünf Jahren hatte mich Thorsten Schmidt angesprochen, er könne das Bundesjugendballett von John Neumeier – eine Weltadresse – nach Heidelberg holen. Ich habe mit Ballett nichts am Hut, habe mich aber informiert und entschieden, das Projekt für die nächsten drei Jahre zu finanzieren, da es für die Region gute Impulse setzen konnte. TK: Sie lassen sich also gerne von Kunst begeistern. ML: Ich bin ein Gefühlsmensch – entweder gefällt mir etwas oder nicht. Privat habe ich mir ein paar sehr schöne Expressionisten zugelegt. TK: Die Kooperation des Heidelberger Frühlings und der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, die gemeinsame Vermarktung der Festivals, Museen und Schlösser der Kulturregion Rhein-Neckar in einem bundesweit vertriebenen Magazin oder die Zusammenarbeit der beiden „UNESCO Cities“ Heidelberg und Mannheim zeigen das Potenzial regionaler Verbünde im Kulturbereich. Wie kann Ihre Stiftung diesen Ansatz unterstützen? ML: Man sollte immer das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Region respektieren. Sollten Metropolregion Thomas Kraus (2. v. links) im Gespräch mit Manfred Lautenschläger Manfred Lautenschläger verbringt ruhige Stunden am liebsten auf der Terrasse seines Hauses in Gaiberg. sich zwischen verschiedenen Regionen, wie es Heidelberg und Mannheim sind, Synergien herstellen lassen, können wir daraus viel mehr machen. In vielen Punkten ist das ja auch schon gelungen – denken Sie an Enjoy Jazz. Aber man kann Heidelberger und Mannheimer – von anderen will ich mal gar nicht reden – nicht per Dekret zu einer großen Einheit machen. Das geht nicht von heute auf morgen. Ich war etwa 15 Jahre lang Vorsitzender des Stifterrats der Stiftung Metropolregion Rhein-Neckar mit namhaften Leuten wie Manfred Fuchs und Peter Frankenberg. Wir haben uns gern engagiert. Aber mir als Heidelberger fiel auf, dass die Mannheimer ziemlich „mannemerisch“ denken. Ich habe mich kritisch hinterfragt, und bei mir ist die Reihenfolge selbstverständlich auch Heidelberg und dann die Metropolregion. TK: Sie haben von der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg die Ehrendoktorwürde verliehen bekommen. Hat Ihr gesellschaftliches Engagement auch einen religiösen Hintergrund? ML: Nein, als das Angebot kam, Ehrendoktor zu werden, sagte ich erst mal: „Liebe Leute, ich bin vor 50 Jahren aus der Kirche ausgetreten, ich bin kein Christ!“ Daraufhin entgegnete Professor Manfred Oeming von der Theologischen Fakultät diesen wunderbaren Satz: „Man kann religiös sein, ohne Christ zu sein.“ Professor Michael Welker von der Theologischen Fakultät und Professor Detlef Junker vom Heidelberg Center for American Studies erzählten mir, wie sie bei der Recherche zur 625-Jahr-Feier der Universität etwas Sensationelles entdeckt hatten: Die Heidelberger Universität hat 1849 einem gewissen Herrn Pennington die Ehrendoktorwürde verliehen. Pennington war schwarzer Sklave, konnte mit 18 fliehen, hat sich selbst Lesen und Schreiben beigebracht, dann Theologie studiert, schließlich wurde er Baptistenpfarrer. Der damalige Rektor der Universität Heidelberg war so beeindruckt von Penningtons Lebensgeschichte, dass er ihn einlud, ein halbes Jahr nach Heidelberg zu kommen, wo man ihm die Ehrendoktorwürde verlieh. Stellen Sie sich vor, das war 13 Jahre vor Abschaffung der Sklaverei! Seit vier Jahren gibt es den PenningtonAward, den ich finanziere, für amerikanische Wissenschaftler, die sich gegen Rassismus stark machen. Das sind Dinge, die mir ans Herz gehen. Eine weitere Herzensangelegenheit: Vor zehn Jahren kam Professor Oeming zu mir und sagte, er wolle Ausgrabungen zwischen Jerusalem und Bethlehem machen. Das hat mich zunächst nicht wirklich interessiert – bis er erzählte, dass er dort jedes Jahr mit 120 Studenten aus Heidelberg, Tel Aviv, dem Libanon, Palästina und den USA hingehen wolle; das fand ich großartig. Heute sind es 400 Studenten. Wenn Sie das mal hochrechnen, dann laufen in aller Welt ein paar Tausend junge Leute rum, die ein bisschen weiter denken. Ich finde es sehr befriedigend, Anstoß gegeben zu haben für etwas, das sich weiterentwickelt. Das gilt für viele Projekte, zum Beispiel auch für die Ballschule oder „Schwimmfix“, die beide bei Kindern und Jugendlichen Spaß an der Bewegung wecken wollen. TK: Ein Thema, das uns derzeit ja fast alle in irgendeiner Form betrifft, ist die Flüchtlingskrise. Werden Sie sich mit Ihrer Stiftung auch hier engagieren? ML: Die Mittel meiner Stiftung sind natürlich begrenzt. Genau wie viele andere Stiftungen spürt auch die meine die Niedrigzinsphase deutlich; hinzu kommt die Tatsache, dass sich die Gewinne von MLP in den vergangenen Jahren aufgrund der allgemeinen Branchensituation rückläufig entwickelt haben. Vor diesem Hintergrund liegt mein Fokus auf den bereits zugesagten Aktivitäten – und das sind 80 Projekte. Auch von diesen Projekten zahlen viele auf die Themen Völkerverständigung und den Schutz von Minderheiten ein. TK: Herr Lautenschläger, ich danke Ihnen herzlich für diesen Einblick in Ihre Stiftertätigkeit – und in Ihre Person! 11 Portrait Jörg Widmann TRADITION UND WEITERGEHEN Große Opern und eine Fantasie für Klarinette solo. Wunderschöne harmonische Momente und verstörende Dissonanzen. Im Werk Jörg Widmanns finden sich eine Menge Spielarten musikalischer Formen und Genres. Sogar bayerische Volksmusik hat er integriert, in seinem „Bayerisch-babylonischen Marsch“ für acht Klarinetten und Klavier. V iele Komponisten seiner Generation – Widmann ist 42 – haben sich aus den einschränkenden Debatten gelöst, die lange die zeitgenössische Musik prägten. Ihm steht die ganze Musikgeschichte zur Verfügung, und Widmann wählt aus, was zum jeweiligen Stück und seiner Aussage passt. Das allein macht ihn noch nicht zu einem bedeutenden Komponisten, sondern die Souveränität, mit der er das tut. Bei ihm gibt es das Wispern eines Salvatore Sciarrino und das große Auftrumpfen eines romantischen Komponisten, außerdem den Humor und die Experimentierfreude eines Heiner Goebbels. Der war – neben Hans Werner Henze und Wolfgang Rihm – auch einer seiner prägenden Lehrer. Besonders ist, dass Jörg Widmann selbst auf höchstem Niveau musiziert. Dafür gibt es auch andere Beispiele wie den Komponisten und Oboisten Heinz Holliger. Aber Widmann widmet sich als Klarinettist nicht nur eigenen Stücken, sondern mit gleicher Energie auch den klassischen Werken. Das mag an seinen musikalischen Wurzeln liegen, die in der Familie zu finden sind. Weder Vater noch Mutter waren Profimusiker, aber sie spielten in ihrem Wohnzimmer als Teil eines Amateurquartetts. Wörtlich übersetzt ist ein Amateur ja ein Liebender, und so erbte Jörg Widmann die Liebe zur Musik. Mit sieben Jahren nahm er Klarinettenunterricht, mit elf – und das ist ungewöhnlich für das Alter – lernte er schon das Komponieren. 12 Composer in Residence Jörg Widmann gastiert im Mai sowohl als Komponist als auch als Interpret. Heute unterrichtet er selbst, als Professor für Klarinette und Komposition an der Hochschule für Musik Freiburg. Und sein Werkkatalog ist schon längst schwer zu überschauen. „Mein Problem ist nicht“, sagt Jörg Widmann, „dass ich zu wenige Ideen hätte, sondern dass ich zu viele Einfälle habe. Meine Aufgabe ist es, diese zu ordnen und ihnen in jedem Stück eine andere stringente Form zu geben.“ Jedes Stück klingt anders und hat einen eigenen Charakter. Das Konzertstück „ad absurdum“ für Trompete und kleines Orchester zum Beispiel ist eine 15 Minuten lange Herausforderung an den Solisten Sergei Nakariakov. Für ihn hat Widmann dieses unfassbar rasante Stück geschrieben, weil er weiß, über was für eine aberwitzige virtuose Technik Nakariakov Portrait Kai Adomeit Karl-Heinz Steffens Gerhard Kraßnitzer verfügt. Die „Ikarische Klage“ für zehn Streicher hingegen ist eine poetische Annäherung an die Geschichte des Ikarus, ein musikalisches Philosophieren über das Wesen der Luft. Vor allem in seinen Stücken für das Musiktheater ist Jörg Widmann ein genauer Beobachter gesellschaftlicher Entwicklungen. Die Oper „Das Gesicht im Spiegel“ nach einem Libretto von Roland Schimmelpfennig thematisiert das Klonen, den Menschen als Schöpfer seiner selbst. Mit Peter Sloterdijk entwickelte Widmann seine „Babylon“-Oper, ein wildes, effektgeladenes Stück über die Stadt als Sündenpfuhl und Vorhölle. Erst am Ende deutet sich so etwas wie die Möglichkeit einer Versöhnung an. Aus der Kombination als Musiker und Komponist schöpft Jörg Widmann seine Kraft. „Wenn ich mich in ein Orchesterstück oder eine Oper vergrabe“, erzählt er, „brauche ich dafür Jahre. Dann freue ich mich wahnsinnig, wenn ich wieder unter Menschen bin und mit wunderbaren Kollegen zusammen musizieren kann. Und umgekehrt, wenn ich lange auf Tournee war, freue ich mich und kriege dadurch Energie, dass ich mich zurückziehe und komponiere. Ich brauche beides.“ Die ständige Auseinandersetzung als Interpret mit den Größten – Mozart und Weber spielt er mit der Staatsphilharmonie – beflügelt den Komponisten Jörg Widmann. „Ich habe einen unendlichen Respekt und sehe keinen Gegensatz zwischen großer Traditionsliebe und einem Unbedingt-Weitergehen-Müssen. Ich brauche solche Bezugsgrößen, um mich daran abzuarbeiten und über mich hinauszugehen. Um aus der Kenntnis und der Liebe zur Musik der Vergangenheit etwas tatsächlich Neues zu schaffen.“ Diese Kenntnis und Liebe zeichnet Jörg Widmann aus, als Komponist und Klarinettist. Dazu kommt die Lust auf Risiko, die ebenfalls mitreißende Musiker auszeichnet: „Ich suche das Extrem, auch wenn ich auf der Bühne stehe. Ich bin kein Sicherheitsmensch sondern suche die Randzonen, liefere mich aus und bekomme – so gefährlich das ist – dadurch Energie zurück.“ Text: Stefan Keim Sergei Nakariakov Lukasz Borowicz 22. April 2016 Mannheim, Christuskirche 23. April 2016 Karlsruhe, Hochschule für Musik, Wolfgang-Rihm-Forum REBELLION IM QUADRAT MANNHEIMER & KARLSRUHER SCHULE Karl-Heinz Steffens,Dirigent Gerhard Kraßnitzer, Klarinette Kai Adomeit, Klavier Abbé Georg Joseph Vogler Ouvertüre zu „Hamlet“ Jörg Widmann „Ikarische Klage“ für 10 Streicher Carl Stamitz Konzert für Klarinette Es-Dur Peter von Winter Ouvertüre zu „Das Labyrinth“ Wolfgang Rihm „Sotto Voce“ Notturno für Klavier und kleines Orchester Joseph Martin Kraus Sinfonie c-Moll, VB 142 5. Mai 2016 Mannheim, Rosengarten, Musensaal MANNHEIMER MEISTERKONZERTE 4. SINFONIEKONZERT Lukasz Borowicz, Dirigent Sergei Nakariakov, Trompete Friedrich Smetana „Die Moldau“ Jörg Widmann „ad absurdum“, Konzert für Trompete und kleines Orchester Sergei Rachmaninow Sinfonie Nr. 2 e-Moll, op. 27 Christa Schönfeldinger 12. Mai 2016 Neustadt, Saalbau 13. Mai 2016 Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau 4. PHILHARMONISCHES KONZERT Karl-Heinz Steffens, Dirigent Jörg Widmann, Klarinette Christa Schönfeldinger, Glashamonika Jörg Widmann Armonica Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klarinette und Orchester A-Dur, KV 622 Jörg Widmann „Con brio“, Konzertouvertüre für Orchester Carl Maria von Weber Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 1 f-Moll, op. 73 15. Mai 2016 Ludwigshafen, Philharmonie KAMMERKONZERT MIT JÖRG WIDMANN Jörg Widmann, Klarinette Mitglieder der Staatsphilharmonie Jörg Widmann Oktett für Klarinette, Horn, Fagott, 2 Violinen, Viola, Violoncello und Kontrabass Ä Fantasie für Klarinette solo Ä Quintett für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Klavier Carl Maria von Weber Quintett B-Dur für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello, op. 34, „Grand Quintetto“ 13 Zyklus KathedralKlänge: Bruckner in den Domen 2015|2016 Bruckner in den Domen: Konzerte in Speyer und in Trier ZU EHREN GOTTES – UND WAGNERS Seit der Saison 2014/2015 ehrt die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Anton Bruckner mit einem international bedeutsamen Konzertzyklus. Bis 2017 werden seine Sinfonien in vier rheinland-pfälzischen Kathedralkirchen zu hören sein. Im Kaiserdom zu Speyer sowie in der Hohen Domkirche Trier dirigiert GMD Karl-Heinz Steffens nun aber nicht nur Bruckners Sinfonien Nr. 7 und 8 … A 15. Juli 2016 Speyer, Kaiserdom KATHEDRALKLÄNGE: BRUCKNER IN DEN DOMEN V Karl-Heinz Steffens, Dirigent Markus Eichenlaub, Orgel Werke von César Franck und Anton Bruckner 17. Juli 2016 Trier, Hohe Domkirche Mosel Musikfestival 2016 KATHEDRALKLÄNGE: BRUCKNER IN DEN DOMEN VI Karl-Heinz Steffens, Dirigent Josef Still, Orgel Werke von Johann Nepomuk David und Anton Bruckner 14 nton Bruckner hatte es geahnt, dass seine neue, 7. Sinfonie bei der Wiener Premiere zumindest einen Zuhörer wenig überzeugen würde. Schließlich war er vom Wiener Kritiker-Papst Eduard Hanslick regelmäßig mit schwerstem Geschütz angegangen worden. Tatsächlich rechnete Hanslick im März 1886 gnadenlos auch mit der Siebten ab und attestierte ihr „bleierne Langeweile und fieberhafte Überreizung.“ Diese vernichtende Kritik konnte aber – wohl zum Ärger Hanslicks – den schon längst eingesetzten Siegeszug der Sinfonie nicht mehr stoppen. Und nach einer enthusiastisch gefeierten Aufführung in München stieg das Werk zu Bruckners meistgespielter Sinfonie in Europa auf. Und der legendäre Wagner-Dirigent Hermann Levi erteilte ihr einen ganz besonderen Ritterschlag, indem er Bruckners Siebte als bedeutendstes sinfonisches Werk seit Beethoven bezeichnete. Zu diesem Urteil mag Levi nicht zuletzt Bruckners unverblümte musikalische Huldigung des Bayreuther Meisters verleitet haben. So setzte der Komponist im zweiten Satz der 7. Sinfonie die sogenannten „WagnerTuben“ ein. Zudem hatte er das Adagio als „Trauermusik zum Andenken“ Wagners geschrieben, der kurz zuvor in Venedig verstorben war. Wie der strenggläubige Österreicher stets bekannte, dass er seine Musik Gott verdanke, so gab es für ihn auf Erden niemanden Zweiten, der an Wagner heranreichen konnte. Und daher ließ der Sinfoniker Bruckner keine Gelegenheit aus, um sich musikalisch vor seinem „erhabenen Vorbild“ zu verbeugen. Für die 8. Sinfonie und da speziell den Kopfsatz, ließ er sich etwa von der „Todesverkündigungs“Szene aus Wagners „Walküre“ inspirieren. Mit dem Opernschaffen Wagners ist bekanntlich auch GMD Karl-Heinz Steffens allerbestens vertraut. So war er zusammen mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz der musikalische Motor bei der legendären, 2013 abgeschlossenen „Ring“-Inszenierung von Hansgünther Heyme. Seit 2014 widmet sich Steffens mit seinem Orchester nun einem anderen bedeutenden Großprojekt. Es ist die saisonübergreifende Aufführung aller neun Sinfonien Bruckners in den atemberaubenden Domen des Landes, in den architektonisch unvergleichlichen Spielstätten in Worms, Mainz, Speyer und Trier. „Dieser Zyklus ist eine Herzensangelegenheit von mir“, so Karl-Heinz Steffens. „Wer diese Sinfonien schon einmal in der Atmosphäre solch gewaltiger Dome erlebt hat, der kann sich dieser Wirkung nicht entziehen. Bruckners Sinfonien sind Kathedralen des Klanges. Gewaltige Räume, um darin den Kampf des Menschen mit sich selbst und seinem Gott auszufechten.“ Das Außergewöhnliche an diesem bis in das Jahr 2017 reichenden Zyklus‘ „Kathedralklänge: Bruckner in den Domen“ sind aber nicht nur die überwältigenden Gotteshäuser. Jedes Konzert ist zugleich als musikalischer Dialog zwischen einer Bruckner-Sinfonie und Werken anderer Zeitgenossen angelegt. Zudem gestalten Steffens und die Staatsphilharmonie die Programme jeweils mit den Domkapellmeistern bzw. wie bei den anstehenden Konzerten mit den Domorganisten von Speyer und Trier. Beide Konzerte lenken mit der 7. Sinfonie (15. Juli im Kaiserdom zu Speyer) und der 8. Sinfonie (17. Juli in der Hohen Domkirche Trier) den Blick auf den epochalen Orchesterkomponisten und eben auch auf den Wagnerianer Bruckner. Die Organisten Markus Zyklus Eichenlaub und Josef Still erinnern hingegen indirekt an den in ganz Europa bewunderten Dom- und Hoforganisten Bruckner. Eichenlaub, der seit 2010 das Amt des Speyerer Domorganisten bekleidet, stellt eine Orgelbearbeitung der „Variations symphoniques“ vor, die der Vater der französischen Orgelmusik und Wagner-Fan César Franck ursprünglich für Klavier und Orchester geschrieben hatte. Franck war es darüber hinaus auch, der 1869 nicht aus dem Staunen herauskam, als er Bruckner an der Orgel der Pariser Notre-Dame erleben konnte. An der Orgel der Trierer Domkirche ist Josef Still dagegen mit einer fulminanten Chaconne zu hören, die aus der Feder des Österreichers Johann Nepomuk David stammt. Mit Bruckner verband David, der 1977 in Stuttgart verstarb, mehr als nur eine musikalische Seelenverwandtschaft. Immerhin war er einst Sängerknabe im Stift St. Florian, wo Bruckner lange als Organist gewirkt hatte – und wo er schließlich 1896 seine letzte Ruhestätte fand. Text: Guido Fischer Oben links: Anton Bruckner, Photographie von A. Huber, Wien, um 1894. Oben: Der Kaiserdom in Speyer, die größte erhaltene romanische Kirche der Welt und Grablege von acht deutschen Kaisern und Königen | Unten: Dom zu Trier, die älteste Bischofskirche Deutschlands, mit einer rund 1700-jährigen Geschichte. KATHEDRALKLÄNGE: BRUCKNER IN DEN DOMEN ist eine Kooperation der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit: MOSEL MUSIKFESTIVAL 2016 15 Konzertkalender TERMINE APRIL BIS JULI 2016 FR Ä 8. APRIL 2016 Ä 19:30 BASF-Feierabendhaus FR Ä 22. APRIL 2016 Ä 20:00 Mannheim, Christuskirche DO Ä 12. MAI 2016 Ä 20:00 Neustadt, Saalbau BASF-SONDERKONZERT „SONGS FROM THE HEART“ Guerassim Voronkov, Dirigent Rolando Villazón, Tenor Pumeza Mashikiza, Sopran Dianne Reeves, Gesang SA Ä 23. APRIL 2016 Ä 19:30 Karlsruhe, Hochschule für Musik, Wolfgang-Rihm-Forum FR Ä 13. MAI 2016 Ä 19:30 Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau Das Programm wird noch bekannt gegeben. SO Ä 10. APRIL 2016 Ä 18:00 Mannheim, Capitol CONNECT IT! Frank Dupree, Dirigent und Klavier Mini Schulz, Bass Obi Jenne, Schlagzeug Werke von D. Milhaud, L. van Beethoven und D. Ellington MI Ä 13. APRIL 2016 Ä 20:00 DO Ä 14. APRIL 2016 Ä 20:00 Ludwigshafen, BASF-Feierabendhaus KONZERTREIHE DER STADT LUDWIGSHAFEN UND DER BASF SE Karen Kamensek, Dirigentin Andrei Ioniţă, Violoncello Michael Nymann Sinfonie Nr. 8 „Water Dances“ (Auftragswerk zum 150. Jubiläum der BASF) Robert Schumann Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll, op. 129 Johannes Brahms Sinfonie Nr. 3 F-Dur, op. 90 Beide Konzerte werden von SWR2, dem Kulturkanal des Südwestrundfunks, aufgezeichnet. FR Ä 15. APRIL 2016 Ä 20:00 Landau, Jugendstil-Festhalle SA Ä 16. APRIL 2016 Ä 19:30 Mainz, Rheingoldhalle MAINZER MEISTERKONZERTE Karen Kamensek, Dirigentin Andrei Ioniţă, Violoncello Felix Mendelssohn Bartholdy „Die Hebriden“, Konzertouvertüre op. 26 Robert Schumann Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll, op. 129 Johannes Brahms Sinfonie Nr. 3 F-Dur, op. 90 SO Ä 17. APRIL 2016 Ä 17:00 Ludwigshafen, Philharmonie SO UM 5 – Kammermusik sonntags um 5 „WO DIE LIEBE HINFÄLLT…“ Petra Fluhr, Seun-Eun Lee; Oboe Gerhard Kraßnitzer, Anne Scheffel; Klarinette Andreas Klebsch, Stefan Wulfert; Horn Antonia Zimmermann, Eckhard Mayer; Fagott Werke von L. van Beethoven, W. A. Mozart und S. Prokofjew REBELLION IM QUADRAT MANNHEIMER & KARLSRUHER SCHULE Karl-Heinz Steffens, Dirigent Gerhard Kraßnitzer, Klarinette Kai Adomeit, Klavier Abbé Georg Joseph Vogler Ouvertüre zu „Hamlet“ Jörg Widmann „Ikarische Klage“ für 10 Streicher Carl Stamitz Konzert für Klarinette Es-Dur Peter von Winter Ouvertüre zu „Das Labyrinth“ Wolfgang Rihm „Sotto Voce“ Notturno für Klavier und kleines Orchester Joseph Martin Kraus Sinfonie c-Moll, VB 142 SO Ä 24. APRIL 2016 Ä 11:00 MOÄ 25. APRIL 2016 Ä 9:30Ä 11:00 DI Ä 26. APRIL 2016 Ä 9:30Ä 11:00 Ludwigshafen, Philharmonie 3. KIKO KINDERKONZERT Märchenstunde mit Robert Schumann Gerhard Kraßnitzer, Klarinette Martin Straakholder, Viola Markus Ecseghy, Klavier Friedrich-Martin Voigt, Erzähler Für alle Menschen ab 5 Jahren. SO Ä 1. MAI 2016 Ä 17:00 Trier, Theater GALA-KONZERT DES RICHARD WAGNER VERBAND TRIER-LUXEMBURG Jochen Schaaf, Dirigent Iris Kupke, Sopran Heiko Boerner, Tenor Thorsten Grümbel, Bass Trierer Konzertchor Friedrich-Spee-Chor Trier Auszüge aus Richard Wagners „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg“ und „Die Meistersinger von Nürnberg“ DO Ä 5. MAI 2016 Ä 20:00 Mannheim, Rosengarten, Musensaal MANNHEIMER MEISTERKONZERTE 4. SINFONIEKONZERT Lukasz Borowicz, Dirigent Sergei Nakariakov, Trompete Jean-Marc Puigserver, Drehorgel Jörg Widmann Armonica Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klarinette und Orchester A-Dur, KV 622 Jörg Widmann „Con brio“, Konzertouvertüre für Orchester Carl Maria von Weber Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 1 f-Moll, op. 73 Bild18/18 SO Ä 15. MAI 2016 Ä 17:00 Ludwigshafen, Philharmonie KAMMERKONZERT MIT JÖRG WIDMANN Jörg Widmann, Klarinette Werke von J. Widmann und C. M. von Weber S0 Ä 22. MAI 2016 Ä 18:00 Mußbach (Neustadt), Herrenhof KONZERT DER FRÜHLINGSPREISTRÄGER Jürgen Weisser, Dirigent Hannah Müller, Violine Tobias Reifland, Viola Felix Mendelssohn Bartholdy Ouvertüre zu „Ruy Blas“, Konzert für Violine und Orchester e-Moll, op. 64 John McEwen Konzert für Viola und Orchester FR Ä 27. MAI 2016 Ä 19:30 SA Ä 28. MAI 2016 Ä 19:30 Ludwigshafen, Philharmonie „LIEDER AUS DER FREMDE“ Mehmet C. Yesilçay, Komposition und musikalische Leitung Anja Kleinhans, Buch und Schauspiel Uli Hoch, Textregie Mitglieder des Pera Ensemble Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Ein Auftragswerk der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, um einen Beitrag zu leisten für eine offene Aufnahme und Integration von Flüchtlingen. Für alle Menschen ab 11 Jahren. Friedrich Smetana „Die Moldau“ Jörg Widmann „ad absurdum“, Konzert für Trompete und kleines Orchester Sergei Rachmaninow Sinfonie Nr. 2 e-Moll, op. 27 DI Ä 31. MAI 2016 Ä 20:00 Mannheim, Capitol SA Ä 7. MAI 2016 Ä 20:00 Germersheim, Stadthalle „Von Babelsberg nach Hollywood“ Frank Strobel, Dirigent Manfred Callsen, Moderation ERÖFFNUNG KULTURSOMMER Jesco Sirvend, Dirigent Michael Quast, Moderation Das Programm wird noch bekannt gegeben. 16 4. PHILHARMONISCHES KONZERT Karl-Heinz Steffens, Dirigent Jörg Widmann, Klarinette Christa Schönfeldinger, Glasharmonika FR Ä 3. JUNI 2016 Ä 20:00 Kaiserslautern, Fruchthalle SA Ä 4. JUNI 2016 Ä 20:00 Mannheim, Rosengarten, Musensaal FR Ä 15. JULI 2016 Ä 20:00 Speyer, Kaiserdom MANNHEIMER MEISTERKONZERTE CHORKONZERT Karl-Heinz Steffens, Dirigent Anne-Katrin Steffens, Sopran Kimberley Boettger-Soller, Alt Jonas Wuermeling, Tenor Shimon Yoshida, Tenor Alexander Kiechle, Bass-Bariton Domchöre Speyer KATHEDRALKLÄNGE: BRUCKNER IN DEN DOMEN V Karl-Heinz Steffens, Dirigent Markus Eichenlaub, Orgel César Franck Variations symphoniques für Klavier und Orchester (für Orgel solo bearbeitet von Jörg Abbing) Anton Bruckner Sinfonie Nr. 7 E-Dur, WAB 107 Franz Schubert Ouvertüre und Zwischenaktmusiken zu „Rosamunde“ Ä Messe Nr. 6 Es-Dur, D 950 SO Ä 17. JULI 2016 Ä 17:00 Trier, Hohe Domkirche SO Ä 12. JUNI 2016 Ä 17:00 Trier, St. Maximin KATHEDRALKLÄNGE: BRUCKNER IN DEN DOMEN VI MOSEL MUSIKFESTIVAL TRIER Karl-Heinz Steffens, Dirigent Josef Still, Orgel GALA-KONZERT DES RICHARD WAGNER VERBAND TRIER-LUXEMBURG Jochen Schaaf, Dirigent Antje Bitterlich, Lisa Wittig, Sopran; Marion Eckstein, Alt; Marcus Ullmann, Tenor; Raimund Nolte, Bass; Trierer Konzertchor Johann Nepomuk David Chaconne a-Moll für Orgel Anton Bruckner Sinfonie Nr. 8 c-Moll, WAB 108 Auszüge aus Robert Schumanns „Manfred“, op. 115 und „Der Rose Pilgerfahrt“, op. 112 Johannes Brahms Alt-Rhapsodie, op. 53 FR Ä 17. JUNI 2016 Ä 20:00 SA Ä 18. JUNI 2016 Ä 19:00 Baden-Baden, Festspielhaus DI Ä 21. JUNI 2016 Ä 19:30 MI Ä 22. JUNI 2016 Ä 19:30 Ludwigshafen, Theater im Pfalzbau BALLETT „LAC“ LES BALLETS DE MONTE CARLO Nicolas Brochot, Dirigent Jean-Christophe Maillot, Choreographie Nach dem Libretto von Jean Rouaud Musik von Peter Iljitsch Tschaikowsky SO Ä 19. JUNI 2016 Ä 11:00 MOÄ 20. JUNI 2016 Ä 9:30 Ä 11:00 DI Ä 21. JUNI 2016 Ä 9:30 Ä 11:00 Ludwigshafen, Philharmonie SA Ä 23. JULI 2016 Ä 20:00 Weilburg, Schloss WEILBURGER SCHLOSSKONZERTE Christoph Altstaedt, Dirigent Sébastian Jacot, Flöte Carl Maria von Weber Ouvertüre zu „Oberon“ Carl Reinecke Konzert für Flöte und Orchester D-Dur, op. 283 Felix Mendelssohn Bartholdy Sinfonie Nr. 1 c-Moll, op. 11 Eröffnungskonzert Karl-Heinz Steffens, Dirigent Albrecht Mayer, Oboe Serenade II Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Oboe und Orchester c-Moll, KV 314 Franz Schubert Sinfonie C-Dur, D 944 „Große C-Dur“ Franz Schubert 5 Deutsche Tänze mit Coda und 7 Trios, D 90 Johann Strauß / Arnold Schönberg Kaiserwalzer, op. 437 Ä Wein, Weib und Gesang, op. 333 Franz Schubert / Anton Webern Deutsche Tänze, D 820 Johann Strauß / Arnold Schönberg „Rosen aus dem Süden“, op. 388 Johann Strauß / Anton Webern Schatz-Walzer, op. 418 FR Ä 1. JULI 2016 Ä 19:30 Speyer, Open Air im Rathausinnenhof Serenade I Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz S0 Ä 3. JULI 2016 Ä 15:00 Speyer, Kinder- und Jugendtheater Kinderkonzert „Die chinesische Nachtigall“ Matthias Folz, Textbearbeitung und Inszenierung; Nicole Schneider, Kostüm; Marie Sophie Caspar, Gesang Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz SPARKASSEN-KLASSIK-OPEN-AIR „Von Babelsberg nach Hollywood“ Frank Strobel, Dirigent Manfred Callsen, Moderation Otto Nicolai Ouvertüre zu „Die lustigen Weiber von Windsor“ Carl Maria von Weber Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 1 f-Moll, op. 73 Felix Mendelssohn Bartholdy Sinfonie Nr. 3 a-Moll, op. 56 „Schottische“ SA Ä 2. JULI 2016 Ä 19:30 Speyer, Open Air im Rathausinnenhof Für alle Menschen ab 6 Jahren. SO Ä 10. JULI 2016 Ä 16:00 Ä Eintritt frei Ludwigshafen, Stadtfest, Platz der Deutschen Einheit WEILBURGER SCHLOSSKONZERTE Christoph Altstaedt, Dirigent Marco Giani, Klarinette DO Ä 30. JUNI 2016 Ä 19:30 Speyer, Gedächtniskirche Nino Rota Nonett für Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott, Horn, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass Franz Schubert Oktett für Klarinette, Horn, Fagott und Streicher F-Dur, op. 166, D 803 AD.AGIO: BEGEGNUNG DER KULTUREN Händel und die klingenden Gefilde im Osten Europas Andrea Apostoli, Konzept und Leitung FR Ä 22. JULI 2016 Ä 20:00 Weilburg, Schloss SCHUBERTFEST SPEYER 30. JUNI – 3. JULI 2016 4. KIKO KINDERKONZERT Aprikosenzeit Eine Produktion mit dem Theader Freinsheim Anja Kleinhans, Regie und Schauspiel Christian Birko-Flemming, Schauspiel Eric Trümpler, Violoncello SA Ä 9. JULI 2016 Ä 17:00 Ludwigshafen, Philharmonie WEILBURGER SCHLOSSKONZERTE FR Ä 1. JULI 2016 Ä 15:00 Für alle Menschen ab 4 Jahren. SA Ä 2. JULI 2016 Ä 15:00 Speyer, Historischer Ratssaal Musikalische Lesung „Himmlische Gedanken, leichte Funken“ Matthias Folz, Sprecher; Matthias Henke, Textauswahl und Dramaturgie; Clara und Marie Becker, Klavier SO Ä 3. JULI 2016 Ä 11:00 Speyer, Alter Stadtsaal Kammermusik-Matinee Karl-Heinz Steffens, Klarinette Anne-Katrin Steffens, Sopran; Jonas Wuermeling, Tenor; Michal Friedlander, Klavier; Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Franz Schubert Auf dem Strom für Singstimme, Horn und Klavier, D 943 Ä Der Hirt auf dem Felsen für Gesangsstimme, Klarinette und Klavier, D 965 Ä Streichquintett C-Dur, op. posth. 163, D 956 SO Ä 3. JULI 2016 Ä 18:00 Speyer, Gedächtniskirche Schlusskonzert Karl-Heinz Steffens, Dirigent Anne-Katrin Steffens, Sopran; Kimberley Boettger-Soller, Alt; Jonas Wuermeling, Tenor; Shimon Yoshida, Tenor; Alexander Kiechle, Bass-Bariton; Domchöre Speyer Franz Schubert Ouvertüre und Zwischenaktmusiken zu „Rosamunde“ Ä Messe Nr. 6 Es-Dur, D 950 17 Neuigkeiten und Meldungen HERZLICH WILLKOMMEN BEI DER DEUTSCHEN STAATSPHILHARMONIE RHEINLAND-PFALZ! NEU IM ORCHESTER: Foto: Nancy Horowitz SEBASTIAN CASLEANU Schon früh nahm die Musik im Leben des 1986 geborenen Violinisten Sebastian Casleanu einen entscheidenden Platz ein. Bevor er das Studium an der Robert-Schumann Hochschule Düsseldorf aufnahm, erhielt er den ersten Unterricht von seinem Vater. Später wechselte er an die Hochschule für Musik und Tanz Köln, wo er sein Studium sehr erfolgreich abschloss. Sein Ausbildungsweg führte ihn außerdem an die Kunstuniversität Graz und an die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Zahlreiche Stipendien und Preise bezeugen sein herausragendes Talent. Als . Konzertmeister ist Sebastian Casleanu regelmäßig bei der Klassischen Philharmonie Bonn, der NDR Radiophilharmonie sowie bei den Salzburger Orchester Solisten zu erleben. Seit Februar bekleidet er die Stelle des 1. koordinierenden Konzertmeisters der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. YI-QIONG PAN In Shanghai geboren, nahm Yi-Qiong Pan nach dem Besuch der dortigen staatlichen Musikschule das Studium im Fach Violine zunächst am Tschaikowsky Konservatorium in Moskau auf. Später wechselte sie an die Universität der Künste Berlin und schloss das Studium mit dem Konzertexamen bei Professor Viktor Tretjakov an der Hochschule für Musik Köln ab. Neben regelmäßigen Solokonzerten sammelte sie zahlreiche Orchestererfahrungen unter anderem als 1. Violine im WDR Rundfunkorchester Köln. Ab dem ersten April begrüßt die Deutsche Staatsphilharmonie RheinlandPfalz Yi-Qiong Pan als Vorspielerin in den 1. Violinen. NEU IN DER VERWALTUNG: IMPRESSUM Herausgeber V.i.S.d.P.: Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Heinigstraße 40 67059 Ludwigshafen Telefon 0621 - 599090 Telefax 0621 - 5990950 [email protected] www.staatsphilharmonie.de Intendant: Prof. Michael Kaufmann Generalmusikdirektor: Karl-Heinz Steffens Redaktion: Prof. Michael Kaufmann, Judith Schor Originalbeiträge: Prof. Michael Kaufmann, Judith Schor, Viola Eckert, Gert Deppe, Isabel Steppeler, Carola Henke, Stefan Keim, Guido Fischer, Dr. Frank Pommer, Anja Kleinhans, Prof. Dr. Matthias Henke, Mehmet Cemal Yeşilçay Gestaltung: DesignKultur, Wiesbaden Druck: Chroma Druck & Verlag GmbH Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten. Dieses Magazin ist auf FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt und umweltfreundlich hergestellt worden 18 Fotos: S. 1: F. Schubert, Zeichnung von Moritz Michael Daffinger (1790-1849) S. 3: Viola Eckert © Philipp Krechlak S.4: F. Schubert: Portrait von Wilhelm August Rieder, 1875 S. 6: K.-H. Steffens © Benno Hunziker; Carl Theodor, Kurfürst v. d. P., Anna Dorothea Therbusch, 1763, heute Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim; W. Riehm © Universal Edition; P. v.Winter, Portrait von H. E. v. Winter del. 1815; J. Widmann © Marco Borggreve; G. J. Vogler, Portrait von August Friedrich Oelenhainz; G. Kraßnitzer © DSPRP S. 7: F. Dupree © Rainer Wollenschneider S. 8: P. Zukerman © Paul Labelle S. 9: Schloss Weilburg © www.schloesserhessen.de S.10/11: Interview © Sandra Köstler, Terrasse © privat S. 12: J. Widmann © Marco Borggreve S. 13: K-H. Steffens © Benno Hunziker, G. Kraßnitzer © DSPRP, K. Adomei © Julia Ballardt; S. Nakariakov © Jens Haentzschel; C. Schönfeldinger © Wiener Glasharmoniker Duo; L. Borowicz © Klaus Rudolph S. 15: A. Bruckner, Fotografie von A. Huber; Kaiserdom Speyer © Stadt Speyer S. 18: S. Casleanu © Nancy Horowitz (die anderen Privat) S. 21: alle Bilder © Alice Blangero S. 22: K-H. Steffens © Benno Hunziker S. 23: alle © Andreas Henn S. 25: A. Kleinhans © Ivo Kljuce (kleines Bild) © Hartmut Frien (großes Bild); M. Yesilcay © Pera-Ensemble S. 27: © Thomas Rittelmann S. 29: F. P. Zimmermann © Klaus Rudolph; Juliane Banse © Stefan Nimmesgern; R. Galliano © www.richardgalliano.com; A. Petersamer © www.alexandrapetersamer.de VIOLA ECKERT absolviert seit Dezember 2015 das Traineeprogramm der Staatsphilharmonie im Bereich Orchestermanagement. An der Folkwang Universität der Künste bzw. der Universität Duisburg-Essen studierte sie die Fächer Musikwissenschaft und spanische Sprache und Kultur. Seit ihrem Abschluss 2014 brachten sie verschiedene Praktika zum Kammerchor Stuttgart und zu den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern. Dass sie sich im Umfeld eines Orchesters wohlfühlt, konnte sie schon durch das praktische Mitwirken als Oboistin in verschiedenen Orchestern, unter anderem dem Jugendsinfonieorchester Ecuador, feststellen. JUDITH SCHOR hat seit Januar die anfallenden Aufgaben im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit übernommen. Sie kommt aus Leverkusen und hat zunächst in Dresden und Wien die Fächer Musikwissenschaft und Kunstgeschichte studiert. An der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig hat sie ihr Studium im Dezember mit dem Master of Arts abgeschlossen. Jetzt freut sie sich sehr auf die Zusammenarbeit mit dem Orchester und natürlich auch auf viele schöne Konzertbesuche. Neuigkeiten und Meldungen SO UM 5 W. A.Mozart am Klavier 17,86 Kammermusik sonntags um fünf e skaffe ung g a t n hr on Mit S nzer teinfü o und K Das SO UM 5-Team (v.l.n.r.): Petra Fluhr, Antonia Zimmermann, Bernd Mallasch, Anne Scheffel, Konstantin Bosch und Hildegard Boots SO Ä 17. APRIL 2016 Ä 17:00 SO UM 5 – Kammermusik sonntags um 5 „WO DIE LIEBE HINFÄLLT…“ Petra Fluhr, Seun-Eun Lee; Oboe Gerhard Kraßnitzer, Anne Scheffe; Klarinette Andreas Klebsch, Stefan Wulfert; Horn Antonia Zimmermann, Eckhard Mayer; Fagott Ludwig van Beethoven Fidelio (Auszüge) Wolfgang Amadeus Mozart Die Entführung aus dem Serail (Auszüge) Sergei Prokofjew Romeo und Julia (Auszüge) MICHAEL GEIGER ist seit Januar Ansprechpartner im Sekretariat der Staatsphilharmonie und unterstützt gleichzeitig Intendant Prof. Michael Kaufmann als Assistent. Nach seiner Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann bei der Ludwigshafener Kongress- und Marketinggesellschaft mbH wechselte der gebürtige Ludwigshafener in den Kulturbereich des Congressforum Frankenthal GmbH. Dort war er unter anderem für die Abonnementveranstaltungen zuständig. Schon dort hatte er bereits Kontakt mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Umso mehr freut er sich jetzt zu deren Team zu gehören. Auf dem Programm stehen Auszügen aus Beethovens „Fidelio“, Mozarts „Entführung aus dem Serail“ und Prokofjews „Romeo und Julia“ – und zwar „auf die Harmonie gesetzt“, wie man im 18. Jahrhundert die Bearbeitung großer Opern für die handlichere Bläserbesetzung bezeichnete. Jean Nicolas Boully, William Shakespeare und einmal Johann Gottlieb Stephanie der Jüngere waren die Ideengeber für die Komponisten, von denen jeder die großen Emotionen, Dramen, Machtkämpfe, Intrigen und auch das Komische in seine eigene musikalische Sprache goss. Und jedes Mal geht es um „die Liebe“. Jörg Widmann Ludwigshafen, Philharmonie SO Ä 15. MAI 2016 Ä 17:00 Ludwigshafen, Philharmonie KAMMERKONZERT MIT JÖRG WIDMANN Jörg Widmann, Klarinette Jörg Widmann Oktett für Klarinette, Horn, Fagott, 2 Violinen, Viola, Violoncello und Kontrabass Ä Fantasie für Klarinette solo Ä Quintett für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Klavier Carl Maria von Weber Quintett B-Dur für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello, op. 34, „Grand Quintetto“ Es mag auf den ersten Blick überraschen, dass den Stücken von Jörg Widmann Webers Klarinettenquintett gegenübergestellt wird. Doch Widmann fühlt sich der Romantik und ihren wichtigsten Vertretern eng verbunden. Schon eines seiner frühesten Stücke – die „Fantasie für Klarinette solo” – verweist auf die Romantik, treibt die freie Form der Fantasie doch in dieser Epoche neue Blüten. Widmanns „Fantasie” ist zugleich eine Liebeserklärung an sein Instrument, die Klarinette, die der Komponist brillant beherrscht. 19 Spielort Ludwigshafen & Mannheim STÄDTEPLANUNG MIT MUSIK Ludwigshafen & Mannheim verbinden sich zu einer Verbandsgemeinde der Freunde hervorragender sinfonischer Musik. Die Konzertserien der Staatsphilharmonie in Pfalzbau und Rosengarten finden zueinander – aus Vier und Fünf können ab der kommenden Saison Neun werden. Und mit „Sechs aus Neun“ sind die Gewinnchancen höher als bei jedem Lotto-Jackpot. V iel hat sich getan bei der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, seit Karl-Heinz Steffens im Jahr 2009 zum Chefdirigenten und Generalmusik direktor des Orchesters ernannt wurde und er die Musikwelt der Region kontinuierlich zu Durch das Engagement von Karl-Heinz Steffens und Michael Kaufmann entwickelt sich die Staatsphilharmonie zu einem der wichtigsten kulturellen Motoren der Region. verändern begann. Mit dem großen Kooperationsprojekt der Städte Halle und Ludwigshafen und Wagners „RING“ setzten Steffens und das Orchester erste Zeichen für die Ambition, mit der der international zunehmend begehrte Dirigent sein Orchester in die Zukunft zu führen gedachte. Und kaum waren die letzten Akkorde der „Götterdämmerung“ verklungen, da stand mit MODERN TIMES bereits des Musikfest für die Metropolregion vor der Tür, folgten hervorragende CD-Aufnahmen, wurde mit dem MUSIKFEST SPEYER eine Orchester-Residenz begründet und steigerte sich folglich Schritt für Schritt die Qualität des Orchesters auch in den regu20 lären Sinfoniekonzerten, die wir in der Pfalz und der erweiterten Metropolregion RheinNeckar zwischen Heidelberg und Zweibrücken, Mainz und Karlsruhe spielen. Glücklicherweise geschieht nun, wovon man zunächst nur träumt: nicht nur wir fahren zu unseren Publikümern, unser Publikum kommt städteübergreifend immer stärker auch zu uns. Die Anerkennung und Begeisterung für das Orchester und seine Konzerte wachsen erkennbar, so dass sich unser Wunsch, das Sinfonieorchester der Region zu sein immer mehr auch einlöst: Pfälzer kommen nach Mannheim, Heidelberger nach Ludwigshafen, Ludwigshafener fahren nach Heidelberg – darunter auch immer mehr Abonnenten aus Ludwigshafen, die nach Mannheim kommen und sogar in die andere Richtung kommt der grenzüberschreitende Verkehr immer besser in Gang. Und so möchte ich Sie heute im Vorgriff auf die kommende Saison darauf hinweisen, dass wir unsere Abonnements- und RabattAngebote für diejenigen erweitern, die in bester Absicht den Rhein überqueren. Ab der Spielzeit 2016/2017 bieten wir Ihnen an, dass Sie neben den weiterhin bestehenden separaten Abonnements auch ein Gesamt-Abonnement buchen können: Aus Vier (Pfalzbau) und Fünf (Rosengarten) kann so ein Abonnement von Neun werden, wobei wir die Konzerte so planen, dass sich ein sinnvoller Verlauf über die Spielzeit ergibt. Und wenn Sie finden, neun Konzerte seien für den Anfang des Guten doch etwas zu viel, dann empfehle ich Ihnen unser be- Egal ob im Pfalzbau in Ludwigshafen (oben) oder im Rosengarten (unten) mit dem Gesamtabo beschert Ihnen die Staatsphilharmonie sowohl rechts als auch links des Rheins unvergessliche musikalische Momente. sonderes Angebot „Sechs aus Neun“: Sie wählen aus den neun Konzerten sechs Konzerte aus, erhalten einen speziellen Rabatt für Ihr Wahl-ABO und haben auf jeden Fall mehr gewonnen als das üblicherweise beim Lotto möglich ist. So können Sie weiterhin Ihr ABO in Mannheim oder Ludwigshafen behalten oder das Orchester bei seinem nächsten Abenteuer begleiten, wenn wir Ludwigshafen & Mannheim zu einer Verbandsgemeinde der Freunde hervorragender sinfonischer Musik verbinden. Ich würde mich freuen, wenn Sie dabei sind! Text: Michael Kaufmann Tipp Tipp „LAC“ Szenenfoto der Inszenierung „LAC“ Les Balletts de Monte Carlo gastieren mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und machen Station im Festspielhaus BadenBaden und im Pfalzbau in Ludwigshafen. H inter dem Titel „LAC“ (französisch für „See“) verbirgt sich die Neuinterpretation eines der berühmtesten Ballette zur Musik von Peter Iljitsch Tschaikowsky – Schwanensee: Ein Mädchen wird in einen Schwan verwandelt und nur die wahre Liebe vermag es, diesen Fluch zu brechen. Aber der Prinz verliebt sich in eine Andere und der Ausgang des Märchens ist ungewiss … Es ist eine Geschichte, die sich um den Kampf zwischen Licht und Dunkel dreht und zwischen reiner Schönheit und dämonischen Urängsten changiert. Das Universale der Sage um die verzauberte Schwanenprinzessin verleiht ihr eine Faszination und Aktualität, die bis in unsere Tage reicht. Und nicht zuletzt die zauberhafte Musik Tschaikowskys ist verantwortlich für den großen Erfolg des Balletts, dessen Melodien mal sehnsüchtigschwärmerisch und mal als martialischer Schicksalsruf vorgetragen werden. Ausgangspunkt für das Wechselspiel zwischen dunkler Vorhersehung, Fatum und Glück ist die Doppelrolle der Odette/Odile, die zum einen im lyrisch-guten Charakter des weißen und zum anderen in der Gestalt des geheimnisvoll-dämonischen schwarzen Schwans ihren Ausdruck findet. Für das berühmte Les Balletts de Monte Carlo übersetzte der Ausnahmechoreograph Jean-Christophe Maillot den traditionsreichen Stoff ins Heute. Unterstützt wurde er dabei von dem preisgekrönten Autor Jean Rouaud, der die Geschichte verdichtete und zum Teil umorganisierte. Die Visual-Arts-Größe Ernest Pignon-Ernest übernahm das Design, Philippe Guillotel, César-Preisträger, entwarf die Kostüme. Die Tänzerinnen und Tänzer bewegen sich zu einem neuen Arrangement von Tschaikowskys Ballettmusik. Als Caroline von Monaco, Prinzessin von Hannover, Jean-Christophe Maillot im Jahr 1993 zum Direktor der Les Ballets de Monte Carlo ernannte, tat sie dies mit folgenden Worten: „Die große Tradition des Tanzes in Monaco kann nur bestehen, wenn unsere Arbeit sich vor allem der Moderne widmet. Es reicht nicht der nostalgische Blick auf eine große Vergangenheit – vielmehr muss diese durch das Entdecken neuer Ausdrucksformen gewissenhaft eingekleidet werden.“ Ihre Worte lesen sich geradezu als Motto für die Inszenierung von „LAC“. Maillots Interpretation von Schwanensee lebt von der Tradition. Im Blick zurück lässt er etwas Neues entstehen, ohne den Charme des Alten per se zu leugnen. Von sich selbst sagt er: „Ich bin zu zeitgenössisch für die Klassizisten und zu klassisch für die Zeitgenossen. Ich bin wie ein gemäßigter Politiker – aber, ohne leeres Geschwafel.“ Und so kommt Maillots Choreographie zwar frisch und modern daher, lässt jedoch auch die traditionellen Momente nicht vermissen. 17. Juni 2016 18. Juni 2016 Baden-Baden, Festspielhaus 22. Juni 2016 23. Juni 2016 Ludwigshafen, Theater im Pfalzbau BALLETT „LAC“ LES BALLETS DE MONTE CARLO Nicolas Brochot, Dirigent Jean-Christophe Maillot, Choreographie Nach dem Libretto von Jean Rouaud Musik von Peter Iljitsch Tschaikowsky Das Theater im Pfalzbau, welches einen ausgezeichneten Ruf für hervorragende Ballettinszenierungen genießt, setzt mit „LAC“ die langjährige Zusammenarbeit mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz fort, aus der auch in diesem Jahr wieder ein Gastspiel im renommierten Festspielhaus Baden-Baden erwächst. Best Practice also für ebenso lokale wie regionale Kooperation mit großer Strahlkraft. Text: Judith Schor 21 Interview Chefdirigent Karl-Heinz Steffens FLACHE HIERARCHIEN UND KALTE WINTER Karl-Heinz Steffens Anlässlich der Ernennung zum Musikdirektor der Norwegischen Nationaloper ab der Saison 2016/2017 sprachen Karl-Heinz Steffens und Frank Pommer über das neue Amt in Oslo. Aber auch über die erfolgreiche Arbeit mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, die er mit großem Engagement fortsetzt. Frank Pommer: Herr Steffens, Sie kommen gerade aus Oslo zurück. Gibt es denn wenigstens im hohen Norden noch einen richtigen Winter – oder ist es da wie bei uns? Karl-Heinz Steffens: Zuletzt waren es da auch nur noch null Grad. Aber davor lag wochenlang richtig toller Schnee, ganz anders als in Deutschland. FP: Nun waren Sie ja nicht im Winterurlaub, sondern es galt, Ihre erste Saison als Generalmusikdirektor an der norwegischen Nationaloper vorzubereiten. Die beginnt ja schon im Herbst dieses Jahres. Wie weit sind denn die Planungen? KHS: Wir haben in den letzten Tagen tatsächlich ganz konkret über die kommende Saison gesprochen. Allerdings wird es noch eine eigene Spielplanpressekonferenz geben, weshalb ich gar nicht weiß, ob ich dazu schon etwas sagen darf. Bereits vor meiner Vertragsunterschrift hatten wir aber schon drei sehr schöne Opern festgelegt, die ich dirigieren werde – leider kann ich Ihnen noch nicht verraten, welche das sein werden, aber darauf freue ich mich schon sehr. FP: Wie weit sind Sie denn schon angekommen in Oslo, im Leitungsteam, aber auch im Orchester und in der Stadt? KHS: Wirklich angekommen bin ich natürlich noch nicht, das kann auch gar nicht anders sein. Das ist ein Opernbetrieb mit über 600 Mitarbeitern, da werde ich eine ganze Weile brauchen. Ich bin gerade erst dabei, die Abläufe kennenzulernen. Und gerade Entscheidungsprozesse sehen in Norwegen etwas anders aus: Es gibt viele 22 Gespräche, zugleich flache Hierarchien, man spricht sich mit dem Vornamen an und alles wird demokratisch entschieden. FP: Also keine Alleingänge des Chefs? Nein, keine Alleingänge, wenngleich am Ende dann doch einer die Verantwortung für eine Entscheidung übernehmen muss. FP: Sie haben nun schon in einigen Opernhäusern dirigiert, in Berlin, Mailand oder auch in Zürich. Ist der Opernbetrieb in Oslo vergleichbar? KHS: Die Situation ist durchaus vergleichbar. Ich war aber bei der ersten Begegnung mit dem Haus sehr erstaunt über die Qualität, sowohl, was die Sänger, als auch was das Orchester betrifft. Das Haus an sich ist zudem schlichtweg der Wahnsinn. Ich habe gestern eine halbe Stunde Ballettprobe „Giselle“ gehört und wieder feststellen dürfen: Die Akustik ist einfach unfassbar gut. Wenn man da sitzt und diese Akustik genießt, da juckt es einen sofort in den Fingern. Da hätten wir mal unseren „Ring“ machen müssen! FP: Ihre Dirigentenkarriere begann ja wie auch ihre Instrumentalistenkarriere im Orchestergraben. War der Musiker Karl-Heinz Steffens also quasi unvollständig ohne einen Chefposten in einem Opernhaus? KHS: Ich hatte ja einen solchen Posten fünf Jahre lang in Halle und habe mich dann auch ganz bewusst entschieden, eine Position bei einem reinen Konzertorchester wie der Staatsphilharmonie zu übernehmen. Das hatte aber auch etwas mit den besonderen Verhältnissen in Halle zu tun, denn am Ende meiner Zeit dort habe ich mir gesagt: Also wenn es so läuft wie hier, dann macht es mir keinen Spaß in der Oper. Es hat sich dann eben auch herausgestellt, dass man mit einem Orchester wie der Staatsphilharmonie, mit einem Partner wie Michael Kaufmann einfach mehr erreichen kann. Nun war es nach den Dirigaten an der Scala erst einmal etwas ruhiger, aber dann kam die Oper doch wieder mit Macht: Zürich, die Staatsoper Berlin – und nun eben Oslo. FP: Oslo und Ludwigshafen sind ja nicht gerade Nachbarstädte. Wie schafft man das, beide Aufgaben miteinander zu verbinden? KHS: Die Arbeit eines Chefdirigenten sieht ja nicht so aus, dass man 330 Tage im Jahr jeden Morgen um acht Uhr ins Büro kommt. Das sind ja alles Arbeitsperioden, für ein Konzert kürzere, für eine Oper längere. Aber natürlich: Das Jahr ist jetzt richtig straff durchgeplant. Das geht dann von „Modern Times“ direkt nach Oslo und wieder zurück nach Ludwigshafen. Dazwischen sind dann drei Tage frei für die Familie in Berlin. FP: Sind denn künftig auch Koproduktionen zwischen Ludwigshafen und Oslo vorstellbar – so wie beim „Ring“-Projekt zwischen Ludwigshafen und Halle? KHS: Vorstellbar ist das mit Sicherheit, man muss halt nur die Realitäten sehen. Und da ist nun mal der Pfalzbau in Ludwigshafen mit einer Akustik, angesichts derer ich mir eigentlich geschworen habe, darin nie wieder eine Oper zu dirigieren. Michael Kaufmann und ich, wir sind schon am Überlegen, und ich möchte auf jeden Fall bis 2018, wenn mein jetziger Vertrag ausläuft, noch eine Oper machen. Da muss man halt jetzt sehen, ob wir eine Produktion aus Oslo hierher holen können, und wenn ja, wo wir die dann spielen können. Das Interview führte Frank Pommer. Metropolregion Stiftung Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz UNTERSTÜTZUNG FÜR EIN GROSSES VORHABEN Der Vorsitzende der Stiftung Albrecht Hornbach begrüßt Chefdirigent Karl-Heinz Steffens (links) beim Empfang zum Metropolregion Sommer-Musikfest MODERN TIMES 2015. Knapp 21.000 Stiftungen existierten zum letzten Jahreswechsel in Deutschland – eine davon ist die Stiftung Deutsche Staatsphilharmonie RheinlandPfalz, die in diesem Jahr ihren fünfzehnten Geburtstag feiert. Ins Leben gerufen wurde sie von dem ehemaligen BASF-Vorstandsmitglied Gerhard Wolf, dem insbesondere die Nachwuchsförderung und die damit verbundenen Aktivitäten im Bereich Musikvermittlung am Herzen lagen. D amals, zur Zeit der Stiftungsgründung im Jahr 2001, stand die Staatsphilharmonie mit ihren Education-Programmen noch ganz am Anfang. Heute sind die Projekte und das starke Netzwerk der Stiftung, mit Partnern wie der BASF, der Sparkasse Vorderpfalz oder der VR Bank Rhein-Neckar, bereits zum festen Bestandteil des kulturellen Engagements für die Metropolregion geworden. Maßgeblichen Anteil an dieser zukunfts- Albrecht Hornbach (Vorstandsvorsitzender HORNBACH Management AG) und Kulturstaatssekretär Walter Schumacher weisenden Entwicklung trägt Albrecht Hornbach (Vorstandsvorsitzender HORNBACH Management AG), der seit November 2013 als Vorsitzender der Stiftung amtiert. Er setzt nicht nur den Kurs seines Vorgängers fort, wonach die Nachwuchsförderung zur obersten Obliegenheit der Stiftung gehört, sondern durch seine enge Verbundenheit mit wichtigen Wirtschaftspartnern der Region konnte auch die Förderung weiterer ambitionierter Projekte der Staatsphilharmonie in den Blick genommen werden. Früchte dieser Arbeit sind bereits sichtbar. Zu nennen sind dabei insbesondere die Kooperationen mit der Orchesterakademie Rhein-Neckar sowie der Musikhochschule Karlsruhe. Auch das Projekt „LUMA 2020“ hat sich weiterentwickelt und ist zu einer festen Institution im Bereich Nachwuchsförderung in der Rhein-Neckar-Region geworden. Innerhalb dieses Projektes musizieren Akademisten der Staatsphilharmonie gemeinsam mit Mitgliedern der Akademie des Nationaltheater Orchester Mannheim. Unterstützt werden sie dabei von Mentoren. Auf der anderen Seite unterstützt die Stiftung das erfolgreiche Metropolregion SommerMusikfest MODERN TIMES, welches sich in kürzester Zeit zu einem Indikator der visionären Kräfte von Karl-Heinz Steffens und Prof. Michael Kaufmann etabliert hat. Die Staatsphilharmonie konnte dadurch zu einer dynamischen Kraftquelle der Me- Statement: KULTURELLE ZUKUNFT GESTALTEN „Die Stiftung der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Orchester in seinem kulturellen und sozialen Engagement zu fördern. Die Staatsphilharmonie genießt sowohl national als auch international ein hohes Ansehen und ist einer der musikalischen Leuchttürme der europäischen Metropolregion Rhein-Neckar. Als Vorstandsvorsitzender der Stiftung bin ich sehr stolz, dass wir einen Beitrag leisten können, um die Region durch so ambitionierte Projekte wie die der Staatsphilharmonie zu bereichern – und auch in Zukunft werden wir die Vorhaben des Orchesters tatkräftig unterstützen.“ Albrecht Hornbach tropolregion werden und sieht sich noch lange nicht auf der Zielgeraden. „DIE WELT IST NIE GENUG …“ lautete das Motto der letzten MODERN TIMES-REIHE und griff damit nicht nur ein Bonmot auf, sondern benannte, was für das Sinfonieorchester der Metropolregion symptomatisch ist: Stets auf der Suche nach neuen Herausforderungen umgibt sie sich nicht nur mit dem Stoff aus dem Geschichte gemacht ist, sondern knüpft auch eifrig starke Bande für die Zukunft. Die Stiftung steht ihr dabei zur Seite. Text: Judith Schor Prof. Michael Kaufmann (Intendant der Staatsphilharmonie) und Andreas Hilgenstock (Engelhorn KGaG) 23 Begegnung der Kulturen Begegnungen mit Kulturen LIEDER AUS DER FREMDE Was ist Heimat, was die Fremde? Wie begegnen Menschen in Deutschland, die ihre Geburtsorte aus Gründen beruflicher Mobilität recht selbstverständlich verlassen, den Menschen, die vor Gewalt und Not, vor Verfolgung und Zerstörung nach einem neuen Ort zum (Über-) Leben suchen? Was ist Heimat überhaupt? „Heimat ist unerlässlich, aber sie ist nicht an Ländereien gebunden. Heimat ist der Mensch, dessen Wesen wir vernehmen und erreichen.“ Dieser Satz von Max Frisch fordert uns, wie er auch die zu uns Kommenden anspricht. Kunst und Kultur können Wege weisen – wie es die „Lieder aus der Fremde“ tun. LIEDER AUS DER FREMDE Mehmet Cemal Yeşilçay, Komposition und Musikalische Leitung Anja Kleinhans, Buch und Schauspiel Uli Hoch, Textregie Pera Ensemble Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland Pfalz Ein Auftragswerk der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Für alle Menschen ab 11 Jahren. 24 Cemal Yesilçay: S yrien, Irak, Palästina und der Nahe Osten im Krieg. Mehrere MillionenMenschen auf der Flucht. Krieg, Clash der Kulturen und Religionen, eine neue Weltordnung, die die Großmächte im Westen für den Orient vorgesehen haben. Der Islam gleichgestellt mit Terror und der Islamische Staat, der mit seinem Terror alles tut um Leid, Angst und Schmerz auf dieser Welt zu verbreiten. Wo ist das Islamverständnis Goethes, das von Hammer und Rückert? Heute haben wir PEGIDA, Islamphobie und Flüchtlinge, die angeblich unsere Werte bedrohen. Islamisierung des Abendlandes oder Kreuzzüge im 20. Jahrhundert – es hängt davon ab, auf welcher Seite des Zaunes man steht. Oder man steht Mitten drin und wird zum Opfer. Nun, dieses schwierige Thema musikalisch darzustellen, mag auf den ersten Blick lächerlich erscheinen. Aber jeder spricht in der Sprache, in der er sich am besten und lautesten artikulieren kann. Meine Sprache ist die Musik. Je mehr die Komposition wächst und je weiter ich mit der Musik voran komme, sehe ich in der Partitur das Thema reflektiert. Mehrstimmigkeit steht für die globale Welt, Monophonie und modale Musik für den Orient. Eine Ney, die orientalische Flöte, die sich erst in Harmonie und Perfektion bewegt, dann von von Dissonanzen gestört ihre Unschuld verliert und im großen Tutti ganz verschwindet, bis ihr Aufschreien nicht mehr zu hören ist. Dies mag das kleine Mädchen in unserer Geschichte sein, ich weiß es nicht. Mal sehen wie die Geschichte weitergeht – ich bin sehr gespannt... Skizzen von Anja Kleinhans 27. Mai 2016 28. Mai 2016 Ludwigshafen, Philharmonie Begegnung der Kulturen Anja Kleinhans spielt in dem Stück eine Frau, die als Kind mit ihrer Familie aus Syrien flüchtete und nun auf den oftmals mühsamen Weg zurückblickt, den sie bis zu ihrer wahren „Ankunft“ in Deutschland zurücklegen musste. Dazu hat Mehmet Cemal Yeşilçay eine musikalische Begleitung geschaffen, die den erlebten Prozess der Integration nachvollzieht. Anja Kleinhans: M ein Text zu „Lieder aus der Fremde“ ist eine fiktive Erzählung, eine Art modernes Märchen für junge und alte Erwachsene mit Elementen realer Flüchtlingsberichte, erfundener gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse und der Erfahrungen mystischer Traditionen u.a. der gemeinhin vielleicht manchmal etwas einseitig betrachteten islamischen Kultur. Er soll in Kombination mit der Musik in unseren verwirrenden und beängstigenden Zeiten Licht, Trost und Mut in Form von Liebe in die Herzen der Zuhörer säen Im Jahr 2015 lebt ein vierjähriges Mädchen in einer syrischen Kleinstadt mit ihrer Familie vom Krieg bisher verschont. Sie liebt ihre Heimat, auch wenn sie nicht mehr so bunt und fröhlich ist, wie sie es aus den Erzählungen der Großmutter erfährt. Ein Zwischenfall stellt das ganze Sein der Familie plötzlich auf den Kopf. Nun beherrschen Gefahr und Bedrohung, Grausamkeiten ja sogar Mord auch ihr Leben und es bleibt kein Ausweg als Flucht – ins als sicheres Paradies erträumte Europa, nach Deutschland. Der Weg dorthin ist eine einzige Odyssee voller erneuter Gefahren, Hunger, Kälte, unendlicher Anstrengung und vor allem – Angst. rerseits einen heftigen Kampf der sich in den jungen Erwachsenenjahren ventilsuchenden Rebellionsgefühle, Identitäts-Sehnsüchte und Wünsche in sich und mit der Welt ausficht, zerbricht zudem jegliche äußere Struktur eines erkennbaren Rechtsstaates in solchem Maß, dass auch die Landesgrenzen sich auflösen. Deutschland, wie der Zuschauer es heute (2016) kennt, gibt es nicht mehr; stattdessen eine Art vereintes europäisches Chaos. Und in diesem Moment kommt der Brief einer offiziell nicht mehr existierenden Behörde, mit dem Schreiben, dass vor vielen Jahren beantragt wurde und jetzt mit der vollen Wucht der Ironie die komplette Sinnlosigkeit der bisher geglaubten Lebensgrundlage dieser jungen Frau offenbart – ihre wertlos gewordene Einbürgerung in die ersehnte Staatsangehörigkeit – ihr deutscher Pass. Die grausam erscheinende Absurdität dieses Momentes verwandelt sich Schritt für Schritt in eine sprudelnde Quelle für eine neue Erkenntnis der Lebenswirklichkeit in Friede und Freiheit. Die Frau begibt sich mutig in diesen quirligen Tanz und findet wieder zu Vertrauen, Heimat und Einheit. Die Schauspielerin Anja Kleinhans engagiert sich leidenschaftlich für Themen, die für unser Miteinander relevant sind. Seit 2007 leitet sie das TheaderFreinsheim. In Deutschland – im Januar 2016 angelangt – stellt sich bald heraus, dass nicht nur das meteorologische Klima viel kälter ist als in der verlorenen Heimat. Die anfangs noch zahlreich erscheinenden freundlichen und hilfsbereiten Gesichter werden zunehmend verschluckt von der Realität einer fremden Kultur voller Bürokratie, gesellschaftlicher Haltlosigkeit, Wut, Gier und seelischer Zerstörung. Am sozialen Rand dieses Existenzrahmens wird in den folgenden Jahren bis 2028 aus dem kleinen Flüchtlingsmädchen eine, immer noch heimatlose Frau ohne Perspektive und Chancen auf lebenswerte Zukunft. Im nun kommenden Jahrzehnt, in dem sie mit teils würdelosen Arbeiten die Verantwortung für das Überleben der Familie mittragen muss, ande- Ad.Agio „HÄNDEL UND DIE KLINGENDEN GEFILDE IM OSTEN EUROPAS“ A ndrea Apostoli, Konzertpädagogischer Berater der Deutschen-Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, präsentiert gemeinsam mit Musikern der Staatsphilharmonie Werke, die sich von jenen Regionen inspirieren ließen, die heute die Herkunftsländer der größten Immigrantengruppen in der Kurpfalz darstellen. Um diesem Brückenschlag eine noch konkretere Gestalt zu geben, werden Musiker der jeweiligen Länder bei den Konzerten mitwirken. Der Musiker Mehmet Cemal Yeşilçay erhielt 2012 den ECHO Klassik in der Sparte „Klassik ohne Grenzen“. Er ist Leiter und Gründer des Pera Ensembles. AD.AGIO: BEGEGNUNG DER KULTUREN Andrea Apostoli, Konzept und Leitung 9. Juli 2016 Ludwigshafen, Philharmonie Händel und die klingenden Gefilde im Osten Europas 25 Education Gespräch mit dem Musikpädagogen Christoph Haßler „ICH BIN KEIN MANN, DER INS BÜRO GEHT – ICH MUSS UNTERRICHTEN!“ Christoph Haßler ist seit September 2015 als abgeordnete Lehrkraft im Bereich Musikpädagogik für die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz tätig. Zuvor arbeitete er als Fachleiter für Musik am staatlichen Studienseminar Kaiserslautern. Außerdem leitet er den Südpfälzer Kinderchor und den Frauenchor „exsemble“. Herr Haßler, als Musikpädagoge macht Ihnen so leicht keiner etwas vor. Sie unterrichten nicht nur Kinder, sondern auch Lehrer und leiten zudem noch mehrere Chöre an. Sie kennen also die Wünsche und Sorgen auf beiden Seiten des Klassenzimmers. Inwieweit hilft Ihnen dieses Wissen bei der Arbeit? Christoph Haßler: Das hilft unheimlich! Der große Vorteil besteht darin, dass ich nicht nur mitbekomme, was den Kindern Spaß macht, sondern auch um die Problematiken der Lehrer weiß, die insbesondere an Grundschulen meist fachfremd arbeiten. Mit der vom Ministerium ermöglichten Abordnung aus dem Schuldienst erfüllen Sie bei der Staatsphilharmonie einen besonderen Auftrag. Was sind die wichtigsten Aufgaben? CH: Die Arbeit ist sehr vielseitig. Gerade eben komme ich zum Beispiel aus dem „KlangReich.“ Das ist ein Raum, den die Staatsphilharmonie angemietet hat und der voller Instrumente steht. An dieser Stelle möchte ich es nicht verpassen, mich im Namen der Staatsphilharmonie beim Vermieter zu bedanken, der die Räumlichkeiten für das „KlangReich“ so großzügig zur Verfügung stellt. 26 Die Kinder, die uns besuchen, können diese dann selbst ausprobieren. Teilweise werden die Besuche im „KlangReich“ auch von Musikern begleitet. Einmal waren Studenten von der Hochschule für Musik Karlsruhe da, mit denen uns eine wunderbare Kooperation verbindet. Die haben ein Stück komponiert, in dem jedes Orchesterinstrument vorgestellt wurde. So konnten die Kinder auch gleich bei einem Konzert zuhören. Sowas ist natürlich toll – erst zuhören und dann selbst ausprobieren. Gibt es auch Angebote, bei denen die Schülerinnen und Schüler direkt mit dem Orchester in Kontakt treten können? CH: Ja, es besteht die Möglichkeit, die Proben des Orchesters zu besuchen. Dafür bieten wir Audioguide-Führungen an. Audioguides kennen die meisten aus dem Museum. Man muss sich das bei uns so vorstellen: Das Orchester probt ganz normal auf der Bühne und die Schülerinnen und Schüler sitzen mit Kopfhörern ausgestattet im Parkett. Und was ist Ihre Aufgabe? CH: Ich fungiere in diesem Moment als Moderator und befinde mich, ebenfalls mit Kopfhörern, in einer Sprecherkabine. Die Schüler beobachten die Probe, hören die Musik und ich gebe währenddessen Hintergrundinformationen. Wie auch das „KlangReich“ wird dieses Angebot in der Metropolregion sehr gut angenommen. Während ersteres vorwiegend von Kindergärten und Grundschulen besucht wird, variiert das Alter bei den Audioguide-Führungen. Hier waren auch schon Leistungskurse aus der Oberstufe zu Besuch. Wie sieht es mit überregionalen Projekten aus? CH: Ich möchte das Engagement der Staatsphilharmonie im Bereich Musikvermittlung bundesweit noch besser bekanntmachen, um zu zeigen, dass sich in Ludwigshafen viel tut. Da gibt es überregionale Projekte, wie beispielsweise „Kinder zum Olymp“, bei denen wir präsent sein wollen. Dass wir auch jedoch keine Unbekannten mehr sind, zeigen ja die beiden ECHO KLASSIKAuszeichnungen von 2013 und 2014 im Bereich Musikvermittlung, auf die wir sehr stolz sind. Hinter dem Wort „Musikvermittlung“, was ja zur Zeit in aller Munde ist, steht bei der Staatsphilharmonie also ein starkes Konzept. Wer steckt außer Ihnen noch dahinter? CH: Wir kooperieren mit mehreren starken Partnern. Zum Beispiel mit den „Classic Scouts“ vom Heidelberger Frühling. Mein Kollege Andrea Apostoli, musikpädagogischer Berater der Staatsphilharmonie, leitet ebenfalls mehrere Projekte. In Kooperation mit dem „netzwerk junge ohren“ fanden unter seiner Leitung beispielsweise mehrere Fortbildungen zum Thema Konzertpädagogik statt, zu denen auch viele Externe den Weg fanden. Das sind Angebote, die das einzigartige Engagement der Staatsphilharmonie auf dem Gebiet unter Beweis stellen. Hinter der Arbeit mit der nächsten Generation steht ja nicht nur der Bildungsauftrag. Man kann durchaus von einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe sprechen. Damit erhält Ihr Beruf eine umfangreiche Dimension, der Spielraum für Visionen eröffnet. Wie sehen die aus? CH: Das Gebiet Musik soll in jedem Menschen einen hohen Stellenwert haben dürfen. Eben nicht nur für jene, die das Privileg haben, in einem kümmernden Umfeld aufzuwachsen. Wir wollen ein Netz knüpfen, das alle festhält. Mir ist es besonders wichtig, damit schon frühkindlich zu beginnen, um eine Basis zu legen. Aber auch für die Älteren ist es spannend den Blickwinkel zu Education Christoph Haßler öffnen. Es ist eine grandiose Möglichkeit, dass wir in der Staatsphilharmonie die Möglichkeit haben, das praktizierend auszuüben. Das Erleben steht im Vordergrund! Die Musik kommt nicht von der CD, sondern aus dem Orchester. Die Schülerinnen und Schüler können das nicht nur sehen und hören, sondern auch haptisch erleben, indem sie Instrumente selbst ausprobieren. In der Schule ist vieles verkopft – es fehlt der direkte Zugang, zumal es immer weniger ausgebildete Lehrkräfte gibt. „Ich bin kein Mann, der ins Büro geht – ich muss unterrichten. Am schönsten ist es nämlich, die Begeisterung der Schülerinnen und Schüler zu sehen. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals Kinder da waren, die es nicht auf irgendeine Weise gepackt hat. Das liegt auch an der tollen Atmosphäre im Orchester.“ Am Ende des Gesprächs berichtet Christoph Haßler noch von einer schönen Begebenheit. Pinchas Zukerman, zurzeit Artist in Residence, leitete eine Probe, die von einer Schulklasse besucht wurde. Zukerman bat einen Jungen aus der Gruppe auf das Podium – er solle doch das Dirigat für ihn übernehmen. Zunächst überrascht und ein wenig verunsichert fand der Junge doch bald Gefallen daran, ein so großes Orchester anzuleiten. Das Erlebnis hatte den NachwuchsMaestro so nachhaltig beeindruckt, dass er direkt am Mittag anrief, um für sich und seine Familie Konzertkarten zu bestellen. Wir wünschen Herrn Haßler noch viele Begebenheiten dieser Art. Denn sie zeigen doch, dass „Musikvermittlung“ mehr als ein Modewort ist! Das Gespräch führte Judith Schor Vera Reiß und Michael Kaufmann im KlangReich Statement: UNTERSTÜTZUNG VOM LAND RHEINLANDPFALZ IM BEREICH MUSIKVERMITTLUNG „Seit Jahren können wir mit Freude feststellen, dass der Beitrag, den die Orchester zur Intensivierung der kulturellen Bildung leisten, immer umfangreicher und bedeutender wird. Als Ministerin, die zugleich für Kultur und für Bildung zuständig ist, liegt mir der Bildungsauftrag von Orchestern, Theatern, Museen und anderen kulturellen Einrichtungen selbstverständlich ganz besonders am Herzen. Wir wollen, dass alle in unserem Land – egal welchen Alters, welcher sozialer und welcher ethnischer Herkunft – zu den Angeboten von Kultureinrichtungen Zugang finden und an den kulturellen Angeboten teilhaben können. Wichtig ist mir persönlich dabei vor allem, dass Kinder und Jugendliche früh und kompetent an diese kulturellen Angebote herangeführt werden. Bei der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen konnten wir jetzt – erstmals bei einem Landesorchester – mit der Anstellung eines versierten Pädagogen für die musik- und orchesterpädagogische Arbeit diese Zielstellung absichern. Damit erhält der sogenannte „EducationBereich“ bei der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz im Hinblick auf die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Schulklassen sicher eine neue Qualität. Ich hoffe sehr, dass uns Ähnliches bald auch für die anderen Landesorchester in Mainz und Koblenz gelingt.“ Vera Reiß Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur KINDERKONZERTE SO Ä 24. APRIL 2016 Ä 11:00 SO Ä 19. JUNI 2016 Ä 11:00 FR Ä 1. JULI 2016 Ä 15:00 MO Ä 25. APRIL 2016 Ä 9:30 Ä 11:00 MO Ä 20. JUNI 2016 Ä 9:30 Ä 11:00 DI Ä 26. APRIL 2016 Ä 9:30 Ä 11:00 DI Ä 21. JUNI 2016 Ä 9:30 Ä 11:00 SO Ä 3. JULI 2016 Ä 15:00 Speyer, Kinder- und Jugendtheater KINDERKONZERT „Die chinesische Nachtigall“ Matthias Folz, Textbearbeitung und Inszenierung Nicole Schneider, Kostüm Marie Sophie Caspar, Gesang Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalzr Ludwigshafen, Philharmonie Ludwigshafen, Philharmonie 3. KIKO KINDERKONZERT Märchenstunde mit Robert Schumann Gerhard Kraßnitzer, Klarinette Martin Straakholder, Viola Markus Ecseghy, Klavier Friedrich-Martin Voigt, Erzähler 4. KIKO KINDERKONZERT Aprikosenzeit Eine Produktion mit dem Theader Freinsheim Anja Kleinhans, Regie und Schauspiel Christian Birko-Flemming, Schauspiel Eric Trümpler, Violoncello Für alle Menschen ab 5 Jahren. Für alle Menschen ab 6 Jahren. Für alle Menschen ab 4 Jahren. 27 Vorschau MODERN TIMES 2016 UND – DER „NEUE MENSCH“ Der Glaube an einen „neuen Menschen“, der sein Leben in Freiheit, aber auch Verantwortung zu gestalten weiß, nämlich auf die Gemeinschaft blickend, ist untrennbar mit der Moderne verbunden. Die unerhörten Klänge, die kurz nach dem Übergang ins 20. Jahrhundert zu vernehmen waren, die unerspähten Farben und Formen in der Malerei, der explosive Umgang mit der Sprache (man denke nur an die Geburtsstunde von Dada, die präzise 100 Jahre zurückliegt) führten jedoch nicht zur Entstehung des erträumten neuen Wesens. Das bezeugen allein schon die Weltkriege. Aber heißt dergleichen, die Projektionen der Moderne kurzerhand zu begraben? Soll also Modern modern? Oder gilt es nicht eher, die Moderne als eine Urkraft zu verstehen, die uns Heutigen wie ein Leitsystem dienen könnte – in einer Zeit, in der die Welt, die wirkliche Ausschnitt aus: Max Beckmann, Selbstbildnis Florenz, 1907, Hamburger Kunsthalle, Leihgabe aus einer Privatsammlung, © VG BILD-KUNST Bonn, 2015, Foto: Elke Walford | Bildquelle: berlinischegalerie.de 28 Welt, zugleich „verdammt nah“ und doch so unendlich weit entfernt ist? Vorschau VORSCHAU 2016 MODERN TIMES 1 MODERN TIMES 2 MODERN TIMES 3 MODERN TIMES 4 MODERN TIMES 5 22. September 2016 Neustadt 23. September 2016 Ludwigshafen 24. September 2016 Pirmasens 25. September 2016 Mannheim 28. September 2016 Ludwigshafen 2. Oktober 2016 Ludwigshafen, Pfalzbau IN LOVE WITH SHAKESPEARE Karl-Heinz Steffens, Dirigent und Klarinette Jazz and the Philharmonic NACHTMUSIKEN Karl-Heinz Steffens, Dirigent Juliane Banse, Sopran 29. September 2016 Mannheim 30. September 2016 Kaiserslautern POEME DE L‘AMOUR Karl-Heinz Steffens, Dirigent Alexandra Petersamer, Sopran Richard Galliano, Akkordeon D ie MODERN TIMES 2016 nehmen diesen Grundgedanken auf, indem sie einen atemberaubenden Bogen schlagen, der das Jahrhundert der Moderne von ihren Anfängen bis in das Jetzt überwölbt. Er beginnt mit Gustav Mahler, der mit seinen Sinfonien Welten schuf, in denen er das Einfache adelte und das Komplexe trivialisierte, um Traum und Trauma auszusöhnen – auditiv erfahrbar in MODERN TIMES 5, anhand von Mahlers Neunter, dem Testament des Komponisten. 1913, ein Jahr nach diesem sinfonischen Meilenstein, gelangte Igor Strawinskys „Sacre du printemps“ zur Uraufführung. Wenn man das 20. Jahrhundert mit einer musikalischen Chiffre beschreiben wollte, dann ist es der von den Streichern (!) gehämmerte „Sacre-Akkord“ im Danse des adolescentes: MODERN TIMES 4, man gehe hin und staune! Dass die Wurzeln der Moderne bis weit in die Romantik reichen, ist kein Geheimnis, sahen sich doch schon jenerzeit weite Teile der Gesellschaft mit der scheinbar nur heute aktuellen Erfahrung konfrontiert, die den Hintergrund der „Winterreise“ Franz Schuberts beziehungsweise Wilhelm Müllers bildet: mit dem Gefühl, fremd auf dieser Welt, ja unbehaust zu sein. Musikalisch kam dergleichen in einer Destabilisierung der Harmonik zum Ausdruck, die den Raum für unzählige Zwischenstufen öffnete. So verlor sie mehr und mehr ihre Eindeutigkeit. Das Spiel mit dem romantisch Vagen grundiert wiederum das Schaffen des 1936 geborenen Aribert Reimann, dem in der Saison 2016/2017 das Komponistenportrait der Staatsphilharmonie und vorab die MODERN TIMES 3 gewidmet sind. Ist es ein Zufall, dass er in seinem Oeuvre mehrfach auf Werke Robert Schumanns zurückgriff (etwa auf dessen „Stuart-Lieder“)? Möchte Reimann mit seiner Musik gleichfalls der Zerrissenheit trotzen, dem Doppelgänger Schumann vergleichbar, der als Eusebius und Florestan auftrat, mild der eine, wild der andere? Sehnt sich auch Reimann nach der Ganzheitlichkeit des neuen Menschen? Hinsichtlich seiner musikalischen AVANTGARDE Karl-Heinz Steffens, Dirigent Frank Peter Zimmermann, Violine TESTAMENT Karl-Heinz Steffens, Dirigent Gustav Mahler 9. Sinfonie Sprache scheint ihm der 1970 verstorbene Kollege Bernd Alois Zimmermann hörbar fern. Doch sucht nicht auch er die Erfahrung von Einheit, wenn sein im Todesjahr entstandenes Orchesterstück „Stille und Umkehr“ um den Ton D zu kreisen beginnt, so als würden Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ineinanderfließen? Einem solchen Verständnis von Zeit, von der Einheit ihrer drei Erscheinungsformen, zeigen sich auch die MODERN TIMES 2 verpflichtet. Denn hier soll des 400. Todesjahres des Dichtergiganten Shakespeare gedacht werden – und das unter dem Motto „Jazz and the Philharmonic“. Vergangenheit, in Form von Auszügen aus Henry Purcells „Fairy Queen“, einer barocken Semi-Oper nach Shakespeares „Sommernachtstraum“, solidarisiert sich mit der Gegenwart, den Jazzarrangements von Thomas Zoller, um etwas Drittes zu erzeugen und einen Weg in die Zukunft zu weisen. Dass dieser Weg schon in der Vergangenheit begonnen hat, vermittelte auf atemberaubende Weise Duke Ellington. Nachdem er 1933 während einer Englandtournee das Geburtshaus Shakespeares besucht hatte, verfolgte ihn die hartnäckige Idee, Figuren und Themen des englischen Dichters seiner eigenen Klangsprache anzuverwandeln. Doch erst zwei Jahrzehnte später gelang es ihm, den Gedanken Tat werden zu lassen, als er 1956 sein Album „Such Sweet Thunder“ (‚Solch lieblicher Donner’) produzieren konnte, mit dem er sich wie sein Bruder im Geiste, wie Henry Purcell, auf Shakespeares Theaterstück „Ein Sommernachtstraum“ bezog, konkret auf die Zeile: „I never heard so musical a dischord, such sweet thunder.“ Die MODERN TIMES 2016 und der neue Mensch, eine Hoffnung, ein Versprechen, ein Kraftfeld, dem sich drei regelmäßige Partner der Staatsphilharmonie, die Städte Pirmasens, Neustadt und Kaiserslautern denn auch gern angeschlossen haben. „Wer keine Kraft zum Traum hat“, formulierte der frühmoderne Dichter Ernst Toller, „hat keine Kraft zum Leben.“ Text: Matthias Henke Frank Peter Zimmermann Juliane Banse Richard Galliano Alexandra Petersamer Eine Kooperation der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit der LUKOM und dem Stadtmarketing Mannheim. MODERN TIMES wird gefördert durch die Stiftung Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. 29 Kolumne Prof. Dr. Matthias Henke „Weltreise in 80 Minuten“ Gustav Mahler während seines Sommeraufenthaltes in Toblach 1909. 30 Kolumne Gustav Mahler im November 1910, auf seiner vierten und letzten Fahrt in die USA. Das Wort „Globalisierung“ ist heute in aller Munde. Es gehört zu unserer Alltagssprache, auch wenn wir uns nicht immer der Tragweite des Begriffs bewusst sind, also jener komplexen Abläufe und Zusammenhänge, die sich hinter ihm verbergen. Globalisierung ist allerdings kein Phänomen, das erst im ausgehenden 20. Jahrhundert aufschien. Sie ist, wenngleich in verschiedenen Dichtegraden, eine Erscheinung, die unauflöslich mit der Kulturgeschichte einhergeht, wird diese doch von der Sehnsucht der Menschheit grundiert, ihr Bewusstsein zu erweitern und eine genauere Kenntnis von der Welt insgesamt zu erlangen. Dergleichen spiegelt nicht zuletzt die Musikgeschichte. Man denke nur an Gustav Mahler und seinen 1908 vollendeten Zyklus „Das Lied von der Erde“: Er basiert nicht allein auf Nachdichtungen von Versen des chinesischen Lyrikers Li Bai (701-762), für die Hans Bethge verantwortlich zeichnete, vielmehr übernahm Mahler auch Elemente der chinesischen Kunstmusik. Der monumentale Schlussgesang wartet beispielsweise mit sogenannten heterophonen Passagen auf, die für die fernöstliche Musizierpraxis typisch sind; das heißt, zwei Instrumente spielen leicht zeitversetzt und in individueller Rhythmisierung dieselbe Melodie. Und auch die Zentraltönigkeit des Finales, das stete Kreisen um den Ton C, kann als asiatisch inspiriert gelten. Noch erstaunlicher aber mag die Tatsache erscheinen, dass Mahler originale chinesische Musik selbst hören konnte, weil ihm ein Freund entsprechende Wachsrollen geschenkt hatte. Als weltumspannend darf man auch die Ballettmusik „La Création du Monde“ von Darius Milhaud einstufen. Der französische Komponist schuf sein 1923 in Paris aufgeführtes Werk, das wie Haydns „Schöpfung“ von der Entstehung der Welt erzählt, auf der Grundlage einer afrikanischen Sage. Und es war eben diese Textquelle, die ihn anregte, sich musikalisch des Jazz zu bedienen, den man in Europa gerade zu entdecken begann – ein Kunstgriff, der in den vielen Synkopen zum Ausdruck kommt, aber auch in der Orchestration, etwa in den Parts von Saxofon und Schlagzeug. Wie Mahler hatte auch Milhaud sein Ohr am Original. Denn er gehörte zu den seinerzeit in Europa eher wenigen Komponisten, die den Jazz an seiner Quelle studiert hatten, in New York, in Harlem, in den Clubs der Afroamerikaner. Mahler, Milhaud – man kann in Sachen musikalischer Weltverknüpfungen noch weiter in der Musikgeschichte zurückgehen. Beispielsweise zu Georg Friedrich Händel und seinem 1723 uraufgeführten „Giulio Cesare in Egitto“ („Julius Cäsar in Ägypten“), seinem sicherlich bekanntesten dramma per musica. Der hier vollzogene Brückenschlag zwischen Europa und dem Nahen Osten, der sich hinter der Liebesgeschichte zwischen dem römischen Feldherrn und der ägyptischen Herrscherin verbirgt, hinterließ auch deutliche Spuren in Händels Partitur: vor allem in deren Klangbild, dem Harfe und Laute ein orientalisches Flair verleihen. Die Welt zu erfahren, ihre Weiten zu fühlen – das gehört zu den großen Träumen der Menschheit. Ihn kostete der von Ernst Bloch hochgeschätzte Karl May exzessiv aus, in seinen Orientromanen oder in den Winnetou-Erzählungen, welche die Länder aller Herren in geschätzten 200 Millionen Exemplaren überfluteten. Sein französischer Kollege Jules Verne stand ihm da kaum nach. Doch während er noch von einer „Reise um die Erde in 80 Tagen“ schwärmte, kann die Musik Mahlers oder Milhauds dergleichen innerhalb eines Konzertes vollbringen … Matthias Henke, Univ.-Prof. Dr., seit 2008 Professor für Musikwissenschaft an der Universität Siegen, seit 2013 Gastprofessor an der Donau-Universität Krems, Wissenschaftlicher Beirat der Ernst Krenek Institut Privatstiftung, Wissenschaftlicher Beirat der Kurt-Weill-Gesellschaft Dessau, Vorstandsmitglied der Eduard-ErdmannGesellschaft. Prof. Dr. Matthias Henke ist Autor zahlreicher Bücher und Aufsätze zur Musik des 20. Jahrhunderts (Schwerpunkt Österreich); aktuelle Veröffentlichung: Schönheit und Verfall – Thomas Mann und Ernst Krenek (i.V.) 31 Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Heinigstraße 40 67059 Ludwigshafen Telefon 0621 - 59 90 90 Telefax 0621 - 59 90 950 [email protected] www.staatsphilharmonie.de In der Trägerschaft des Landes Rheinland-Pfalz VORSCHAU MODERN TIMES DOÄ 8. SEPTEMBER 2016 Ä Friedberg FRIEDBERGER MUSIKSOMMER Karl-Heinz Steffens, Dirigent Alexandra Petersamer, Sopran Richard Galliano, Akkordeon FR Ä 9. SEPTEMBER 2016 Ä Friedberg FRIEDBERGER MUSIKSOMMER Karl-Heinz Steffens, Dirigent 2 016 2 017 SA Ä 17. SEPTEMBER 2016 Ä Speyer DEUTSCH E STA ATSP H I LHAR MON I E R H EI N L AN D-P FALZ 2016 2017 INTERNATIONALE MUSIKTAGE Markus Melchiori, Dirigent Andreas Scholl, Tenor Domchöre Speyer DOÄ 22. SEPTEMBER 2016 Ä Neustadt FR Ä 23. SEPTEMBER 2016 Ä Ludwigshafen SA Ä 24. SEPTEMBER 2016 Ä Pirmasens D E U T S C H E STA AT S P H I L H A R M O N I E R H E I N L A N D - P FA L Z MODERN TIMES 1 – POEME DE L‘AMOUR Karl-Heinz Steffens, Dirigent Alexandra Petersamer, Sopran Richard Galliano, Akkordeon SO Ä 25. SEPTEMBER 2016 Ä Mannheim Das Spielzeitheft 2016/2017 erscheint Ende April 2016 MAGA ZI N AUGUST – OK TOB ER 2016 #11 Seite 4: Titelgeschichte SCHUBERTFEST SPEYER Seite 22: Interview KARL-HEINZ STEFFENS Seite 28: Vorschau MODERN TIMES MODERN TIMES 2 – IN LOVE WITH SHAKESPEARE Karl-Heinz Steffens, Dirigent und Klarinette Jazz and the Philharmonic MI Ä 28. SEPTEMBER 2016 Ä Ludwigshafen MODERN TIMES 3 – NACHTMUSIKEN Karl-Heinz Steffens, Dirigent Juliane Banse, Sopran DOÄ 29. SEPTEMBER 2016 Ä Mannheim FR Ä 30. SEPTEMBER 2016 Ä Kaiserslautern MODERN TIMES 4 – AVANTGARDE Karl-Heinz Steffens, Dirigent Frank Peter Zimmermann, Violine SO Ä 2. OKTOBER 2016 Ä Ludwigshafen MODERN TIMES 5 – TESTAMENT Karl-Heinz Steffens, Dirigent SA Ä 8. OKTOBER 2016 Ä Mannheim SPIELZEITKOMPONIST ARIBERT REIMANN AUTONOMIE DER KUNST UND EINE STARKE AFFINITÄT ZUR MENSCHLICHEN STIMME SO Ä 9. OKTOBER 2016 Ä Worms John Fiore, Dirigent Sophie Pacini, Solist Ihr nächstes MAGAZIN erscheint am 10. Juli 2016 INFORMATION & TICKETS TELEFON: 0621 - 3367333 WWW .RESERVIX.DE WWW .STAATSPHILHARMONIE.DE