Zeitungsbericht OLMA 2012
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Zeitungsbericht OLMA 2012
Eine Prise Humor entschärft Tag der Bäuerin / Die Kommunikation zwischen Frauen und Männern ist anfällig für Störungen. Das hat verschiedene Gründe. ST. GALLEN ■ Die Kommunikation zwischen den Geschlechtern – und ihre unterschiedliche Art, dies zu tun – interessierte offensichtlich: Das Olma-Forum in der Halle 9.2 war fast bis auf den letzten Platz besetzt. Der «Tag der Bäuerin» an der Olma hat Tradition, heuer fand bereits die 20. Ausgabe statt. Zwar waren die Frauen stark in der Überzahl, aber es sassen auch einige Männer im Publikum. Einer davon war Markus Ritter, Nationalrat und Präsident des St. Galler Bauernverbands, er kandidiert diesen Herbst um die Nachfolge von Hansjörg Walter. Ritter war mit seiner Frau Heidi an den Bäuerinnentag gekommen. «Ich stelle erfreut fest, dass die Männer hier jedes Jahr mehr werden», sagte Ritter im Gespräch mit der «BauernZeitung». Sketch zeigte typische Kommunikationsfallen Moderiert wurde der Anlass wie schon in früheren Jahren von Claudio Agustoni, Redaktor bei der Sendung Puls beim Schweizer Fernsehen. Nach der Begrüssung durch Vreni Senn, Mitglied des Organisationsteams, führten Yvonne Gorgi und Jeanette Haldimann mit einem Sketch ins Thema ein. Sie mimten ein Bauernpaar, das gemeinsam am Marktstand Waren verkauft und dabei im Gespräch in diverse geschlechtsspezifische Kommunikationsfallen tappt: Sie redet wie ein Wasserfall, er begeistert sich vor allem für die eben gekaufte Akkubohrmaschine, hört nur halb hin. Sie kommt immer wieder mit «Man sollte dann noch . . .», der Satz endet wahlweise mit «. . . den Keller aufräumen», «. . . den Briefkasten putzen», «. . . die Winterreifen montieren». Er nickt halbherzig und hört wohl immer noch nicht richtig zu. Sie sagt ja nicht so genau, was sie eigentlich will oder wann dies geschehen soll. Der Sketch spielte mit Klischees, die dann auch weiter im Programm immer wieder zur Sprache kamen. Klischees haben etwas Wahres Allerdings zeigte sich auch, dass in jedem Klischee doch ein Funken Wahrheit steckt. Renata Bürki, Bäuerin und Motivationstrainerin, hielt ein Referat zum Thema, das Fakten aus der Forschung, eigene Erfahrungen und Anregungen auf kurzweilige Weise verband. Renata Bürki hatte immer wieder die Lacher auf ihrer Seite. Sie hielt fest, dass die Meinungen in der Forschung auseinandergehen, ob Frauen und Männer wirklich unterschiedlich kommunizieren. «Ich bin aber überzeugt, dass sie das tun», sagte Bürki. Dann zeigte sie eine Grafik, die zwei elektronische Tableaus zeigt, eines mit «Mann», eines mit «Frau» beschriftet. Das mit «Mann» beschriftete ist sehr simpel, es hat nur einen Knopf, «ein» und «aus». Das mit «Frau» bezeichnete aber hat neben dem Einschaltknopf diverse Tasten, Regler und Knöpfe und sieht alles in allem sehr kompliziert aus. Noch ein Unterschied, auf den Bürki hinwies: Während sich die meisten Männer mit einem Portemonnaie in der Hosentasche begnügen, schleppen die meisten Frauen eine gut gefüllte Handtasche mit sich herum, mit Moderator Claudio Agustoni, das Ehepaar Ruth und Adrien Streit sowie Motivationstrainerin Renata Bürki (v. l. n. r.) vermittelten Erfahrungen, Anregungen und Wissen. dessen Inhalt sie für alle Eventualitäten ausgerüstet sind. «Aber so mancher Mann war schon froh über ein Nastuch aus einer Frauenhandtasche», sagte Bürki. Woher aber kommt dieses vorausschauende Denken der Frau? Renata Bürki erklärte, die Forschung gehe davon aus, dass Männer und Frauen einen anderen Blickwinkel haben. Jener der Männer ist sehr fokussiert, eng, während jener der Frauen eher weit ist. Forscher sagen, dies komme aus Zeiten, wo Männer Jäger und Frauen Sammlerinnen waren und der entsprechende Blickwinkel hilfreich war. Erfahrungen eines langjährigen Ehepaars Die Forschung sagt auch, dass Männer eher sachorientiert hören, Frauen aber eher beziehungsorientiert, also mehr zwischen den Zeilen. Oder dass sie der Bemerkung eines Mannes eine tiefere Bedeutung zuordnen, die dieser gar nicht beabsichtigt habe. Frauen tun sich auch eher schwer darin, direkte Forderungen zu stellen, oft wird eine Bitte in vielen Sätzen oder Andeutungen verpackt («Man sollte dann noch . . .»). Der Tag der Bäuerin an der Olma war sehr gut besucht. Er fand heuer zum 20. Mal statt. «Am besten ist es, wenn man als Frau ganz genau sagt, was man will», hielt Renata Bürki fest. Wichtig sei weiter, so Bürki, dass man akzeptiere, dass Männer und Frauen unterschiedlich kommunizieren. Und das Ganze mit einer Prise Humor zu nehmen. Ruth und Adrien Streit, Bauernpaar aus Aubonne VD, sie ehemalige Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnenund Landfrauenverbands(SBLV), (Bilder Jeanne Woodtli) berichteten aus eigenen Erfahrungen aus 40 Jahren Ehe. Auch sie hielten fest, dass Männer und Frauen unterschiedlich kommunizieren und dass eine Prise Humor durchaus helfen kann. Zum Beispiel war Adrien Streit immer der Meinung, dass Frauen gerne telefonieren, und darum war seine Frau dafür zuständig. «Dabei telefoniere ich gar nicht gern», so Ruth Streit. Zuständig ist sie auch fürs Geschenke aussuchen. «Das liegt in eurer Natur», so Adrien Streit. «Wenn man ein unangenehmes Thema anschneiden will, verschliessen sich Männer gerne wie eine Auster. Dann müssen wir sie doch zwingen, diese Vogel-Strauss-Politik aufzugeben», sagte Ruth Streit. Sie habe aber gemerkt, dass Männer – oder Adrien – oft etwas Zeit brauchen, und es hilft, wenn sie ihm Zeit gibt und erst später auf das Thema zurückkommt. Adrien Streit wiederum hat gemerkt, «dass ein herzliches Dankeschön am besten wirkt». Seiner Frau sei die Gleichstellung der Frau wichtig, und sie sei früher oft der Meinung gewesen, dass die Arbeit der Frau zu wenig gewürdigt werde. Das Publikum diskutierte angeregt mit Anschliessend hatte das Publikum die Möglichkeit, mit den Referenten zu diskutieren. Dies wurde rege genutzt. In den Referaten und den Publikumsvoten kristallisierten sich verschiedene Anregungen und Tipps heraus: Frauen und Männer kommunizieren unterschiedlich, dies lässt sich nicht ändern. Es lohnt sich aber, sich Zeit füreinander zu nehmen. Das heisst, wichtige Dinge nicht zwischen Tür und Angel ansprechen, sondern sich dafür Inseln schaffen. Wenn der Mann sagt, er habe keine Zeit und in den Stall flüchten will, könne es helfen, als Frau mitzugehen. Bei gemeinsamer Arbeit sei es oft einfacher, Themen anzusprechen. Eine Frau aus dem Publikum macht ihrem Mann abends ein gutes Dessert, wenn sie etwas Wichtiges mit ihm besprechen will. Hilfreich für die Frau ist es auch, möglichst wenige Worte zu benutzen und möglichst klar zu sagen, was man will. Weiter zeigte sich, dass es wichtig ist, dem Partner Wohlwollen entgegenzubringen und gewisse geschlechterspezifische Eigenarten mit Humor zu nehmen. Zum Beispiel, dass Männer häufig erst Zeit brauchen, bis sie für das Gespräch bereit sind, dass sich Dinge «etwas setzen» müssen. Jeanne Woodtli