Evolution von Machinima - Online-Archiv für Diplomarbeiten und
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Evolution von Machinima – Untersuchung zukünftiger Entwicklungen auf Basis vergangener und aktueller Tendenzen Andrzej Marian Kozlowski MASTERARBEIT eingereicht am Fachhochschul-Masterstudiengang Digitale Medien in Hagenberg im September 2008 © Copyright 2008 Andrzej Marian Kozlowski Alle Rechte vorbehalten ii Erklärung Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die aus anderen Quellen entnommenen Stellen als solche gekennzeichnet habe. Hagenberg, am 24. September 2008 Andrzej Marian Kozlowski iii Inhaltsverzeichnis Erklärung iii Vorwort vi Kurzfassung vii Abstract viii 1 Einleitung 1 2 Lineare Machinima 2.1 Gemeinsamkeiten von Machinima und 3D-Animation . 2.1.1 Puppeteering-Technik . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Produktion im Editor . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Unterschiede von Machinima und 3D-Animation . . . 2.3 Machinima als Werkzeug für die Industrie . . . . . . . 2.4 Machinima als Animationsumgebung für „ jedermann“ 2.5 Einordnung von Machinima in der Medienlandschaft . 2.5.1 Machinima als Medium . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Machinima als Kunstbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 5 6 7 8 9 10 13 13 14 3 Interaktive Machinima 3.1 Definition von Interaktivität . . . . . . . . . . 3.1.1 Schwache Interaktivität . . . . . . . . 3.1.2 Starke Interaktivität . . . . . . . . . . 3.2 Eigenschaften von Interaktion und Immersion 3.2.1 Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Immersion . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Ludus und Paidia . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Ludus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Paidia . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Abgrenzung vom Computerspiel . . . . . . . . 3.4.1 Machinima als interaktive Narration . 3.4.2 Machinima als experimentelles Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 18 19 24 27 28 29 32 33 33 34 34 37 iv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsverzeichnis v 4 Live-Machinima 38 4.1 Live-Show-Machinima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4.2 Live-Machinima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 5 Analyse von Machinima-Beispielen 5.1 Analyse der linearen Machinima Beispiele . . . . . . . . . . 5.1.1 Apocalypsis Ex Machina . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Person2184 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Outside-In – Schlussfolgerungen und Ausblick . . . . 5.1.4 A Day in the Life of a Turret . . . . . . . . . . . . . 5.1.5 Diary of a Camper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.6 Inside-Out – Schlussfolgerungen und Ausblick . . . . 5.2 Analyse des interaktiven Machinima Beispiels . . . . . . . . 5.2.1 Transkription . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Interaktives Bsp. – Schlussfolgerungen und Ausblick 5.3 Analyse des Live-Machinima Beispiels . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 Live-Beispiel – Schlussfolgerungen und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Schlusswort A Transkriptionen A.1 Apocalypsis Ex Machina . . . A.2 Person2184 . . . . . . . . . . A.3 A Day in the Life of a Turret A.4 Diary of a Camper . . . . . . 44 44 45 49 51 52 55 58 59 59 61 64 65 66 70 72 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 75 81 84 88 B Inhalt der DVD-ROM 90 B.1 PDF-Dateien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B.2 Videos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 B.3 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Literaturverzeichnis 92 Vorwort Im dritten Semester meines Masterstudiums hielt Friedrich Kirschner an der Fachhochschule einen Workshop über Machinima. Da ich sowohl von Computerspielen als auch 3D-Animation begeistert bin, konnte ich mir diese Veranstaltung nicht entgehen lassen. Ich kannte den Begriff Machinima bis dahin nicht, jedoch erweckte dieser Workshop mein Interesse und den Willen, dieses Thema zu ergründen, und die Resultate dieser Auseinandersetzung sind die Machinima Apocalypsis Ex Machina und diese Masterarbeit. Die Arbeit wäre in dieser Form jedoch ohne die Hilfe einiger Personen, denen ich an dieser Stelle danken möchte, nicht möglich gewesen. Mein erster Dank gilt meinem Betreuer, Mag. Jürgen Hagler, der mich durch sehr rasches, konstruktives Feedback immer wieder auf die richtige Bahn lenkte, wenn ich zu entgleisen drohte. Meinen herzlichen Dank möchte ich auch Martina Karrer aussprechen, der es durch ihren scharfen Blick gelang, meinen orthographischen und stilistischen Torheiten Einhalt zu gebieten. Vielen Dank auch an meinen Großonkel Jan Pulchny, der mir jeden Tag zur Beflügelung meines Verstandes verhalf, und an meine Eltern, die für ein ruhiges, störungsfreies Ambiente während des Schreibens sorgten. vi Kurzfassung Diese Arbeit untersucht zukünftige Entwicklungen von Machinima, da zu diesen viele Meinungen existieren, wobei zum einen Machinima als Zukunft der 3D-Animation gesehen wird, zum anderen als Subkultur, die aufhören wird, zu existieren. Diese neue Art, kreative Inhalte zu produzieren, wurde ursprünglich als die Kunst des Filmemmachens in einer virtuellen 3DEchtzeit-Umgebung definiert. Betrachtet man jedoch die Vielfalt der Produktionen, so lassen sich drei Genres definieren: lineare Machinima, interaktive Machinima und Live-Machinima. Die lineare Machinima wird mit 3D-Animation auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede überprüft. Weiters werden zwei Subgenres dieser Kategorie definiert: Outside-In und Inside-Out, wobei das erste als Möglichkeit gesehen wird, eigene Ideen und Visionen zu verwirklichen. Das zweite Genre bezieht sich inhaltlich auf die Computerspiele, mit denen solche Machinimas erstellt wurden, und werden hauptsächlich von Fans für Fans produziert. Weiters wird lineare Machinima auf Einsatz in der Industrie und im Kunst- und Amateurbereich überprüft. Die interaktive Machinima wird aufgrund ihres relativ seltenen Vorkommens theoretisch untersucht. Es werden die Themen Interaktivität, Interaktion und Immersion beleuchtet, sowie die Spieltypen ludus und paidia. Um Machinima vom Computerspiel abzugrenzen, wird vorgeschlagen, diese nach dem paidia-Spieltyp zu entwerfen und auf ludus-typische Elemente wie abstrakte Regeln und Wettbewerb zu verzichten. Das dritte Genre unterscheidet zwischen Live-Show-Machinima und LiveMachinima, wobei die erste Kategorie Live-Aufführungen beinhaltet, die Ähnlichkeiten zur linearen Machinima aufweisen, jedoch direkt vor einem Publikum vorgespielt werden. Die zweite Kategorie setzt sich mit Machinimas einerseits als interaktiven Installationen und andererseits als Aufführungen auseinander, bei denen eine große Vielfalt an Eingabegeräten verwendet wird. Im Anschluss an die Untersuchung werden sechs Fallbeispiele analysiert und Erkenntnisse hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der einzelnen Machinima-Genres ausgearbeitet. Es stellt sich heraus, dass die Entwicklung für jedes Genre unterschiedlich verläuft und die ursprüngliche Definition von Machinima veraltet ist. vii Abstract This thesis deals with future trends of machinima, as many opinions about those are being advanced. On the one hand machinima is said to herald the future of CG-animation, on the other hand it is viewed as a subculture which will cease to exist. This new form of creative content production has been originally defined as the art of filmmaking in a realtime virtual 3Denvironment, but if the diversity of machinima productions is examined, three genres can be discerned: linear machinima, interactive machinima, and live machinima. Those three genres are thoroughly examined in this thesis. Linear machinima is compared to CG-animation. Furthermore, two subgenres are defined: outside-in and inside-out machinima, the first being the facility to realise one’s own visions and ideas, and the second being fan fiction about the underlying computer games. Moreover the utilisation of machinima in the CG-industry, art sector, and amateur field is examined. Interactive machinima is dealt with on a theoretical basis due to its rare occurence. The topics of interactivity, interaction, immersion and the game types ludus and paidia are explored. In order to distinguish interactive machinima from computer games the use of the paidia gametype and the abandonment of ludic elements—such as abstract rules or competition—are suggested. The third genre discerns live show machinima and live machinima. The first category consists of live performances similar to linear machinima with the difference that it is produced in realtime in front of an audience. The second category defines machinima as interactive installations and live performances during which a variety of input devices is utilised. Following this research analyses of six case studies are done and conclusions bearing possible future trends of the individual genres are made. The fact emerges that the evolution of each genre proceeds differently and that the original definition of machinima is obsolete. viii Kapitel 1 Einleitung „Machinima is maturing so rapidly, some predict it will soon be a major force in animation, especially with the imminent arrival of a new generation of hardware and software promising an era of photo-realistic cinematic computing.“ –Leander Kahney, Wired, 2003 [10, S. 6] „Machinima has been compared to puppet shows, animated films, improvisational theatre, and interactive fiction. In fact, machinima is all those things.“ –Barbara Robertson, Computer Graphics World, 2003 [10, S. 72] „Machinima will cease to exist.“ –Ahmed Emre Acar, Medienwissenschaftler, 2005 [14, S. 27] Diese sehr unterschiedlichen und teilweise geradezu widersprüchlichen Äußerungen zu Machinima zeigen, dass diese neue Form, kreative Inhalte zu produzieren, Thema einerseits von 3D-Animationsenthusiasten und andererseits von teilweise skeptischen Medienwissenschaftlern ist, wobei die Meinungen zu dieser in äußerst unterschiedliche Richtungen gehen. Zum einen wird behauptet, dass Machinima die Zukunft der 3D-Animations- und Filmindustrie ist [10, S. 8], zum anderen, dass es eine subkulturelle Erscheinung ist, die keine Zukunft hat [14, S. 26]. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die mögliche zukünftige Entwicklung von Machinima zu überprüfen. Dazu ist es notwendig, die bisherige Entwicklung näher zu betrachten und zu analysieren. Da Machinima, trotz der zu einem Werkzeug für Filmemacher einschränkenden Definition, unterschiedliche Formen angenommen hat, die von 3D-Animationen über interaktive Narration bis hin zu Puppenspielen und interaktiven Installationen reicht, wird sie in 1 1. Einleitung 2 dieser Arbeit in drei Hauptgenres unterteilt, die jeweils einzeln untersucht werden. Kapitel 2 untersucht die am meisten verbreitete Form von Machinima, nämlich die, die der 3D-Animation am ähnlichsten ist, und als lineare Machinima bezeichnet wird. Es werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufgedeckt, sowie der Einsatz von Machinima in der Industrie als auch im Kunst- und Amateurbereich. Hierbei wird zwischen zwei Formen von linearer Machinima unterschieden, der Inside-Out und der Outside-In Form, wobei sich die erste im Amateurbereich entwickelt hat und die zweite hauptsächlich in der Industrie und im Kunstbereich vertreten ist. Weiters wird versucht, Machinima in der Medienlandschaft einzuordnen, einerseits als Medium, andererseits als Kunstbewegung. Kapitel 3 setzt sich mit der interkativen Form von Machinima auseinander, wobei hier auf die interaktive Narration eingegangen wird. Da es in diesem Bereich zur Zeit der Verfassung dieser Arbeit sehr wenige Beispiele zu dieser Form gibt, wird auf das Potential dieser näher eingegangen, indem die Begriffe Interaktivität, Interaktion und Immersion erörtert werden und weiters die Spieltypen ludus und paidia untersucht werden. Aufgrund der starken Verwandtschaft dieses Genres zu Computerspielen wird am Ende des Kapitels versucht, diese voneinander abzugrenzen. Kapitel 4 befasst sich mit einem Genre von Machinima, das sich in Live-Aufführungen äußert, sowohl in Form von kabarettartigen Vorführungen als auch Puppenspielen und interaktiven Installationen. Hier wird vor allem auf die beiden letzten Typen eingegangen und erörtert, dass diese als Kunstwerke mit dem Computerspiel als Thema der Untersuchung und Auseinandersetzung gesehen werden können. In Kapitel 5 werden sechs verschiedene, ausgewählte Machinima-Stücke aus den drei Hauptgenres analysiert. Es werden zwei Outside-In Beispiele, Apocalypsis Ex Machina und Person2184, zwei Inside-Out Machinimas, A Day in the Life of a Turret und Diary of a Camper, eine interaktive Machinima, Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious, und die Live-Aufführung Ein kleines Puppenspiel einer genauen Untersuchung unterzogen. Anhand dieser Analysen und und der dazugehörigen drei Kapitel werden Schlußfolgerungen auf mögliche zukünftige Entwicklungen der einzelnen Genres gezogen. Begriffsdefinitionen An dieser Stelle sollen häufig in dieser Arbeit verwendete Begriffe erläutert werden. Interaktor: Benutzer eines interaktiven Systems, beispielsweise einer interaktiven Narration oder eines Computerspiels. Fan-Fiction: Inhalte, zum Beispiel Geschichten, Filme oder Animationen, 1. Einleitung 3 die von Fans beispielsweise einer Fernsehserie oder eines Computerspiels geschaffen wurden. Multiform Story : Eine nichtlineare Geschichte. Kapitel 2 Lineare Machinima im Vergleich zur klassischen 3D-Animation Dieses Kapitel befasst sich mit der gängigsten Form von Machinima, die von nun an als lineare Machinima bezeichnet wird. Das Wort „linear“ bezieht sich dabei auf die Art der Narration und bedeutet, im Gegensatz zur interaktiven Machinima, dass es, wie in den meisten Fällen der Literatur und im Film, nur einen Handlungsstrang, eine mögliche Geschichte gibt. Der Zuschauer ist dabei nur passiv beteiligt und kann die Geschichte nicht beeinflussen. Aus dieser Festlegung entspringt die ursprüngliche Definition von Machinima [10, S. 10]: Machinima is the art of making animated films within a realtime vitual 3D environment. Solch eine virtuelle Echtzeit-3D-Umgebung wird meistens als Computerspiel verstanden, da die meisten Machinima-Projekte durch die Modifizierung eines Spiels erzeugt werden. Weiters behauptet Paul Marino von der Academy of Machinima Arts and Sciences, dass Machinima die Konvergenz von Film, Animation, und Computerspielen ist, woraus sich die eigentliche Bezeichnung ergibt. Der Ausdruck Machinima ist aus den englischen Wörtern machine, cinema und animation entstanden [16, S. 1]. In den folgenden Abschnitten werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Machinima und Film bzw. Animation hinsichtlich der Produktion und der technischen Anforderungen beleuchtet, der Einsatz dieser Animationsart im Hinblick auf die Industrie und den Amateurbereich erörtert und anschließend wird aus medientheoretischer Sicht nach einer klaren Abgrenzung zu Film und Animation gesucht. 4 2. Lineare Machinima 2.1 5 Gemeinsamkeiten von Machinima und 3D-Animation Zu allererst fällt auf, dass lineare Machinima, ebenso wie der Film, eine zeitliche, logische Aneinanderreihung von Bildsequenzen ist, meistens unterstützt von Ton und Musik, die eine Geschichte erzählt1 . Die Techniken der Kameraführung, des Schnittes und der Dramaturgie sind auf diese Form erfolgreich anwendbar, und somit kann Machinima als eine Art von Film verstanden werden. Diese Behauptung wird ebenfalls von der Tatsache gestützt, dass bei der Erstellung einer Machinima der Produktionsprozess dem eines Films bzw. einer Animation entspricht, da es eine Planungsphase (Preproduction), eine Produktionsphase (Production), und eine Nachbearbeitungsphase (Postproduction) gibt. Was die Produktion und die technische Natur einer Machinima betrifft, so ist sie der 3D-Animation ähnlich, da hier ebenfalls computergenerierte Bilder aus einer interpolierten Keyframe-Animation bzw. aus einer Physiksimulation berechnet werden. Die Animation einer Machinima erweist sich jedoch einfacher als in einem 3D-Animationspaket wie Autodesk Maya oder 3ds max, da die schon im Computerspiel enthaltenen 3D-Animationen verwendet werden können und die Produzenten sich auf das Acting und die Kameraführung konzentrieren können, was wiederum dem Dreh eines Films ähnelt. Hier ist aber zu beachten, dass ein Computerspiel wenige vordefinierte Animationen bietet und somit das Acting der Charaktere beschränkt ist, was die Qualität der Darstellung erheblich senkt [10, S. 78]. Was die Produktionsumgebung einer Machinima betrifft, so kann man grob zwei Typen erkennen: die eine ist das Spiel selbst, wobei mehrere Spieler die Rollen von Schauspielern, dem Regisseur und Kameramännern übernehmen und einem Dreh ähnlich die Handlung Shot für Shot aufzeichnen2 ; die andere ist ein im Computerspiel enthaltener, sogenannter Game Editor, in dem das Set gebaut, die Animationen programmiert und mit 3DSoftwarepaketen ähnlichen Werkzeugen animiert werden können. Nach Kelland gibt es vier verschiedene Produktionstypen; neben den zwei genannten gibt es noch die A.I.-Technik und Recamming. Arbeitet man mit der A.I.Technik, so übernimmt man die Rolle eines Dokumentar-Filmemachers; die Charaktere, die Interaktion zwischen ihnen, und somit auch die Handlung werden über die Künstliche Intelligenz eines Spiels gesteuert, so beispielsweise bei The Sims. Recamming ist eine Abwandlung von Puppeteering, wobei man zusätzlich nach den Dreharbeiten die Kameras neu positionieren kann. Auf diese beiden Methoden wird in dieser Arbeit nicht näher eingegangen, da die A.I.-Technik aus dem Produktionsstandpunkt unkontrollierbar ist und 1 Unter dieser Definition werden Zeichentrickfilm und 3D-Animation hier ebenfalls als eine Art von Film verstanden und werden nicht explizit angegeben. 2 Diese Produktionsart wird Puppeteering genannt [10, S. 86]. 2. Lineare Machinima 6 die hier benötigten Aspekte der Recamming-Methode mit der PuppeteeringTechnik bereits abgedeckt werden [10, S. 80–95]. Die ersten beiden Produktionsarten sollen nun näher betrachtet werden. 2.1.1 Puppeteering -Technik Wie im vorhergehenden Abschnitt bereits erläutert, entsteht eine Machinima mit dem Puppeteering-Verfahren wie bei einem echten Filmdreh, wobei hier, im Gegensatz zur zweiten Methode (siehe Abschnitt 2.1.2), mehrere Personen notwendig sind. Diese treffen sich über ein Netzwerk im Spiel selbst und nehmen unterschiedliche Rollen ein. So spielen einige Spieler die Charaktere und steuern diese, andere übernehmen die Aufgaben von Kameramännern. Es gibt ebenfalls einen Regisseur, der die Aufnahmen beobachtet und den anderen Teilnehmern Anweisungen erteilt. Die Machinima Diary of a Camper oder die Serie Red vs. Blue sind Vertreter dieser Produktionstechnik. Der Vorteil dieser Methode ist, dass die Produktion sehr schnell verläuft und eventuelle Verbesserungen leicht zu bewerkstelligen sind; es ist die technisch einfachste Art, Machinima zu erstellen, da sie geradezu auf eine spielerische Art und Weise entsteht. Ausschlaggebende Nachteile jedoch sind zum einen die Tatsache, dass die Choreographie und das Schauspielen geübt werden müssen, damit das Timing zwischen den Schauspielern selbst und den Kameras stimmt, und zum anderen, wie bereits erwähnt, dass die Palette an vordefinierten Bewegungen der virtuellen Charaktere stark eingeschränkt ist. Um dieses Problem näher zu erklären soll als Beispiel die Serie Red vs. Blue, die mit dem Spiel Halo erstellt wurde, herangezogen werden. Da es sich bei diesem Spiel um einen sogenannten First Person Shooter (kurz: FPS ) handelt, haben die 3D-Charaktere nur wenige Bewegungsmöglichkeiten: Gehen, Laufen, Springen, Ducken, Schießen, Drehung des Kopfes bzw. des gesamten Körpers, und sogenannte Taunts3 . Sprechende Charaktere werden in diesen Filmen beispielsweise so dargestellt, dass der Kopf kontinuierlich leicht von oben und nach unten bewegt wird, indem der die Figur steuernde Spieler seinen virtuellen Blick nach oben beziehungsweise unten bewegt. Daraus lässt sich bereits erkennen, dass alltägliche Bewegungen, wie zum Beispiel Dinge Aufheben oder Niedersetzen, aber auch Gestik oder Mimik entweder stark reduziert oder geradezu unmöglich sind. Durch diese starke Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Charaktere bekommen diese eine marionettenartige Ästhetik, die ohne starke Modifizierung des Spiels nicht zu entfernen ist. Ein weiteres Problem, das zum typischen „Computerspiel-Look “ beiträgt, ist die Kameraführung. Obowhl die Kamera, im Gegensatz zu den virtuellen Charakteren, keine Bewegungseinschränkungen hat, ist die Geschwindigkeit der Bewegung meistens vordefiniert. Nimmt man Unreal Tournament 3 als 3 zu deutsch: Schmähung; im Kontext eines FPS sind dies Bewegungen wie Tanz, Finger Zeigen, Gesäß Herausstrecken etc., die dazu dienen, andere Spieler zu verärgern und zu provozieren. 2. Lineare Machinima 7 Beispiel, ist die Geschwindigkeit noch dazu sehr schnell, was langsame Fahrten oder Schwenks unmöglich macht. Dies führt dazu, dass jede Kamerabewegung die gleiche Geschwindigkeit hat. 2.1.2 Produktion im Editor An der Bedienungsfreundlichkeit und den vielen bereitgestellten Funktionen, die die Editoren in aktuellen Spielen bieten, merkt man, dass die Computerspieleindustrie sich der Machinima-Bewegung durchaus bewusst ist und diese unterstützt. Ursprünglich waren Editoren dafür vorgesehen, den Benutzern die Möglichkeit zu bieten, eigene Levels und Mods zu erstellen, jedoch werden in neueren Versionen auch Werkzeuge für Animationen angeboten. Ein Beispiel für solch einen Editor ist der Unreal -Editor, mit dem das Vorprojekt zu dieser Arbeit realisiert wurde. Das Programm enthält einfach zu bedienende Werkzeuge zur Erstellung von Keyframe-Animationen, Schnitt, visuellen Effekten und auch zur Soundabmischung. Eines der Vorteile dieses Verfahrens ist die Möglichkeit einer präziseren Arbeit als bei der ersten Methode, da sowohl das Timing der Animationen und die Positionierung der Objekte in der Szene genau eingestellt werden können. Weiters sind die Interfaces dieser Werkzeuge so gestaltet, dass sie bekannten 3D-Animationspackages ähnlich sind, was das Erlernen dieser Programme für professionelle 3D-Artists wesentlich erleichtert. Weiters besteht die Möglichkeit, im Editor eigene Sets zu modellieren, zu texturieren und zu beleuchten, wodurch eine bessere Anpassung an die Vision des Regisseurs möglich ist. Es lässt sich daher behaupten, dass mit dieser Methode qualitativ bessere Ergebnisse erzielbar sind als mit der im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen. Als Nachteil im Vergleich zum Puppeteering-Verfahren kann die Tatsache angesehen werden, dass die Produktion im Editor zeit- und arbeitsaufwändiger ist. Um die Struktur des Spiels auf die eigenen Bedürfnisse im Editor anpassen zu können, sind ebenfalls Programmierkenntnisse nötig. Natürlich lassen sich die beiden Methoden miteinander kombinieren, um die Vorteile beider nutzen zu können. An dieser Stelle soll aber betont werden, dass es weder mit dem ersten, noch mit dem zweiten Verfahren möglich ist, eigene Inhalte wie 3D-Modelle, Animationen oder Texturen zu produzieren. Diese sind jedoch ausschlaggebend für die Verfolgung der Vision der eigenen Animation und die Qualität des Endprodukts, denn sie heben die starke Einschränkung an Content, die ein Computerspiel den Produzenten auferlegt, auf. Es muss andererseits die Frage gestellt werden, ob eigene Assets nötig sind, da sich die Machinima im Setting des Computerspiels bewegen könnte, wie es zum Beispiel in Red vs. Blue der Fall ist. Auf diese Unterscheidung zwischen Machinima-Typen wird in Abschnitt 2.4 eingegangen. 2. Lineare Machinima 2.2 8 Unterschiede von Machinima und 3D-Animation Ein ausschlaggebender technischer Unterschied zwischen Machinima und 3D-Animation ist gleichzeitig ein großer Vorteil: Machinima wird in Echtzeit gerendert, was Zeit- und Kostenersparnis in der Produktion mit sich zieht. Die Echtzeitfähigkeit resultiert daraus, dass die grafischen Möglichkeiten von Computerspielen im Vergleich zur 3D-Animation beschränkt sind, um den Prozessor und die Grafikkarte nicht zu überlasten. Es werden beispielsweise sowohl die Anzahl der dargestellten Polygone, als auch die Texturgröße und die Shaderkomplexität eingeschränkt. So besteht zum Beispiel ein Charakter im Spiel Unreal Tournament 3 aus ca. 10000 Polygonen, vergleichsweise dazu der Charakter Aki Ross aus dem Animationsfilm Final Fantasy: The Spirits Within aus ca. 400000 Polygonen. Daraus wird deutlich erkennbar, dass Machinima eine schlechtere grafische Qualität hinsichtlich des Photorealismus, der auf dem heutigen Stand der Technik noch unmöglich ist, bietet als klassische 3D-Animation (hier sei außer Acht gelassen, ob dieser zwingend wünschenswert ist). Friedrich Kirschner von der Academy of Machinima Arts and Sciences sieht diesen Zustand jedoch nicht als Nachteil, sondern fordert „die Abstraktion und Distanz zum Photorealismus als kreative Chance“ zu begreifen und zu einer „visuellen Auseinandersetzung mit dem technischen Grundgerüst“ zu gelangen [19]. Trotz der noch bestehenden technischen Einschränkungen schließt sich die Kluft zwischen Machinima und klassischer 3D-Animation im Bereich der visuellen Qualität fortwährend. Gekoppelt mit dem Moore’schen Gesetz, welches besagt, dass die Komplexität integrierter Schaltkreise mit minimalen Komponentenkosten etwa alle zwei Jahre verdoppelt wird, steigen auch stetig die technischen Möglichkeiten der Computergraphik [16, S. 11]. So bestanden beispielsweise Charaktermodelle im First-Person-Shooter Quake aus dem Jahre 1996 aus ca. 500 Polygonen, hatten eine maximale Texturgröße von 256 × 256 Pixel und wurden mit der Gouraud-Shading-Technik beleuchtet. Die Modelle im Nachfolgerspiel Quake 4 aus dem Jahre 2005 bestehen hingegen aus bis zu 10000 Polygonen, haben eine Texturgröße von bis zu 2048 × 2048 Pixel und werden mit der Phong-Shading-Technik beleuchtet. In Computerspielen der neuen Generation und in neuen EchtzeitRender-Engines (Renderer der Offset Engine von Intel, Spider -Plattform von AMD/ATI, Enlighten von Geomerics) werden bereits Render -Techniken wie Raytracing, Global Illumination und Ambient Occlusion erfolgreich eingesetzt, die früher nur mit rechenintensiven Softwarerenderen wie Mental Ray oder Renderman möglich waren. Durch die echtzeitbedingte Natur von Machinima ist der Produktionsprozess nicht so stark an die drei Phasen (Preproduction, Production, Postproduction) gebunden, da Änderungen in jeder der Phasen schnell und ohne 2. Lineare Machinima 9 lange Renderzeiten sichtbar sind. Somit sind langwierige Prozesse, wie die Erstellung eines Animatics oder Rendertests, nicht mehr zwingend nötig. 2.3 Machinima als Werkzeug für die Industrie Obwohl Machinima einer kleinen Spielefankultur entsprungen ist, die Spielevideos zur Zurschaustellung von Geschick und eigenem Amüsement kreierte, wird diese Technik immer mehr von der Filmindustrie wahrgenommen. Der bereits erwähnte Vorteil des Echtzeitrenderings, der zu hohen Zeit- und Kostenersparnissen führt, wird von Film- und Visual Effects Studios stark verfolgt. So wurde beispielsweise die Unreal Engine als Plattform für die Erstellung von Animatics zu den Filmen Artificial Intelligence von Steven Spielberg und Star Wars Episode 3 von George Lucas benutzt. Für die Prävisualisierung der Flugzeugkämpfe in Peter Jacksons King Kong wurde ein Flugsimulator verwendet [22]. Zur Realisierung der Kinderserie LazyTown von Raymond P. Le Gué wird die Unreal Engine 3 zum Rendering von Hintergründen in Echtzeit eingesetzt [3]. die Warner Bros. Television Group gemeinsam mit HDFilms produziert eine zehn Episoden lange Serie mit dem Namen Chadam, kreiert von Alex Pardee [2]. Die Produktion soll nicht länger als ein Jahr dauern. Auf der anderen Seite arbeiten große Visual Effects Studios an eigenen Rendersystemen, wie beispielsweise Industrial Light and Magic am Lightspeed Automatic Interactive Lighting Preview System, das Previewrenderings, die qualitativ vom finalen Rendering nahezu nicht mehr zu unterscheiden sind, innerhalb von Sekunden liefert. Mit diesem System sind Beleuchtungs- und Shading-Korrekturen innerhalb kürzester Zeit möglich [23]. Für die Kameraaufnahmen des 3D-Animationsfilms Surf ’s Up konnten sich Kameramänner mit echten Kameras durch den Raum bewegen, sahen aber durch den Sucher die 3D-Animation. Neben der Position und Rotation der Kamera wurden auch die Werte von Zoom und Fokus aufgenommen [25]. Somit konnten die Kameraeinstellungen nach der Produktion der Animationen aufgenommen werden, eine Technik, die an das Recamming in Machinimas erinnert. An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Machinima-Produktionstechnik zwar von der Industrie verwendet und eigens entwickelt wird, jedoch diese nicht als Machinima bekannt ist. Sie wird als der nächste Schritt in der Evolution der 3D-Animation verstanden und nicht als eigenes Medium, wie von Paul Marino behauptet [16, S. 3]. Lutz Schmitt bezeichnet Machinima in seinem Diplomnebenthema als ein Nischenmedium [27, S. 31], d.h. dass sich hauptsächlich Hobbyisten und Fans von Computerspielen damit beschäftigen. Es gibt jedoch Teams von Personen, welche Machinima als eine ernst zu nehmende Erscheinung ansehen und die Möglichkeiten dieser erforschen. Dazu gehören die bereits erwähnte Academy of Machinima Arts and Sciences, zu deren Vorstand Paul Marino, Friedrich Kirschner, Hugh Hancock und 2. Lineare Machinima 10 Frank Dellario gehören, Fountainhead Entertainment unter Katherine Anna Kang, oder der ILL Clan. Die Computerspieleindustrie benutzt ebenfalls die Machinima-Technik zur Erstellung von sogenannten Cutscenes 4 . Es ist jedoch schwer festzustellen, ob die Industrie oder die Machinima-Bewegung als erste das Konzept des Echtzeit-3D-Filmemachens aufgegriffen hat. Die erste Machinima, Diary of a Camper, wurde im Jahr 1996 veröffentlicht, jedoch gibt es keine ausreichenden Quellen, die die Erscheinung der ersten 3D-Echtzeit-Cutscenes dokumentieren. Der Grund für die Verwendung von Machinima ist in den oben beschriebenen, technischen Vorteilen dieser Animationstechnik zu finden. Als Beispiel hierfür sei das Computerrollenspiel Anachronox angeführt, dessen Cutscenes vom Produktionsmitglied Jake Hughes in eine spielfilmlange Machinima geschnitten wurden, die auf dem Machinima Film Festival 2002 drei Preise gewann. 2.4 Machinima als Animationsumgebung für „ jedermann“ Machinima wird als ein Schritt zur Demokratisierung des Films und der 3DAnimation gesehen [27, S. 28], da durch die oben erläuterten Vorteile in der Produktion die Erstellung von Filmen und Animationen einer breiten Masse zugänglich gemacht worden sei. Seit dem Erscheinen von Machinima sind tausende Produktionen zustande gekommen und auf Onlineplattformen wie Youtube, Vimeo oder Machinima.com, die zu den Hauptdistributionsorten dieser Filme zählen, veröffentlicht worden, die zum Großteil von Hobbyisten und Fans erstellt wurden, also einer relativ breiten Masse. Unter diesem Aspekt kann man daher von einer Demokratisierung des Films sprechen. Was jedoch in diesem Zusammenhang viele Fragen aufwirft, ist die Qualität der meisten dieser Filme, sowohl in technischer, als auch ästhetischer Hinsicht. Diese Fragen sollen in Abschnitt „Ästhetik von Inside-Out Machinimas“ behandelt werden. Ebenso wie im Film oder 3D-Animation sind unter der MachinimaBewegung verschiedene Genres entstanden. So gibt es beispielsweise ScienceFiction- (Halo), Fantasy- (World of WarCraft ), Kriegs- (Call of Duty, Battlefield) oder alltagsbasierte (The Sims) Geschichten. Diese können wiederum in Komödie, Action, Drama, oder Musikvideos unterteilt werden. Die gröbste Unterscheidung von Machinima-Arten hat Eddo Stern geprägt, indem er zwischen sogenannten Outside-In und Inside-Out Filmen differenzierte [11]. Unter Outside-In werden die Machinima-Produktionen verstanden, die sich der Game Engines lediglich bedienen und keine inhaltliche Verbindung zum eigentlichen Spiel herstellen. In diesem Sinne ist Machi4 Cutscenes sind kurze Machinima-Sequenzen, die die Handlung eines Spiels erzählen und vorantreiben [10, S. 27]. 2. Lineare Machinima 11 nima nur eine neue Form der 3D-Animation, basierend auf technologischem Fortschritt, und soll in Zukunft mit klassischer 3D-Animation verschmelzen. Beispiele für solche Produktionen sind The Journey von Friedrich Kirschner, Anna von Fountainhead Entertainment und die im Vorfeld zu dieser Masterarbeit erstellte Animation Apocalypsis Ex Machina. Inside-Out bezeichnet hingegen Machinimas, die direkten, inhaltlichen Bezug auf die Spiele nehmen, in denen sie produziert worden sind und als eine Form von Ausdruck und Kommunikation der Spieler dienen. Red vs. Blue von Rooster Teeth Productions, A Day in the Life of a Turret von Smooth Few Films, oder Diary of a Camper von der United Ranger Films Gruppe, das als allererstes Machinima gesehen wird, sind Vertreter dieses Genres. Diese beiden Unterscheidungsarten spiegeln sich in den zwei oben beschriebenen Produktionstypen wider. Während Outside-In mit der zweiten Produktionsart, der Erstellung im Editor, produziert wird, wobei auch meistens eigene Assets in externen 3D-Animationspackages produziert werden, wird für Inside-Out das Puppeteering präferiert. Aus diesem Sachverhalt lässt sich auch die Qualität und Ästhetik der Machinima-Filme erklären. Da bei der Outside-In Variante das Spiel nur als Render-Engine betrachtet wird und die Inhalte selbst produziert werden müssen, sind Erfahrungen und Kenntnisse aus der 3D-Animation wie Modellierung, Texturierung, Beleuchtung, aber auch Storytelling, Dramaturgie und filmästhetische Aspekte nötig. Das könnte den Grund dafür bilden, dass im Verhältnis zur InsideOut Variante nur wenig solche Produktionen realisiert werden. Diese Filme sind gleichzeitig die ästhetisch wertvolleren und stechen aus der inzwischen unüberschaubaren Menge an Machinimas am stärksten heraus. Der Inside-Out Typ von Machinima ist der meist verbreitete und wird häufig als tatsächliches Machinima verstanden. Eine Erklärung dafür ist der in der Computerspielfan- und sogenannten Moddingszene liegende Ursprung dieser Bewegung. Die Spielefans setzen sich mit ihren Spielwelten auseinander und ein mögliches Resultat dieser Auseinandersetzung sind MachinimaFilme. Aufgrund der Tatsache, dass die meisten Produzenten solcher Filme Amateure und Hobbyisten sind, die wenig Erfahrung im Bereich der Filmproduktion haben, leidet oft die Qualität der Umsetzung was Narration, Dramaturgie, Schnitt, Bildkomposition und Ton betrifft. Ein weiteres Problem ist die Wiederverwendung der im Spiel enthaltenen Assets, da dem Zuschauer ständig ähnliche visuelle Inhalte geboten werden und dadurch nur wenig Variation erreicht wird. Weiters existiert das schon erläuterte Phänomen der marionettenartigen Bewegungen der Figuren, das aus der Verwendung bereits vorhandener Animationen resultiert. Die daraus entspringende Ästhetik geradezu zum Wahrzeichen von Machinima geworden. Dies sieht man auch in der Bezeichnung des figursteuernden Spielers: er wird nicht als Actor bezeichnet, sondern als Puppeteer. Diese Ästhetik soll nun näher beleuchtet werden. 2. Lineare Machinima 12 Ästhetik von Inside-Out Machinimas Die Ästhetik der Animation der Inside-Out Machinimas erinnert stark an die Prinzipien des Limited Animation Stils für 2D-Animationen, der seinen Aufschwung in den 1950’er Jahren erlebte. Die herausstechendste und gleichzeitig kostengünstige Eigenschaft dieser Animationsart ist die Wiederverwendung von bereits gezeichneten Bildern; so ist beispielsweise der Walkcycle einer Figur immer gleich, es werden immer wieder die selben Hintergrundbilder verwendet, und bei der Gesichtsanimationen werden nur die Augen und der Mund animiert, ebenfalls in kurzen, nahtlosen und wiederholbaren Sequenzen. Der Hauptaugenmerk dieses Stils liegt also nicht in der Animation, sondern in der Handlung und den Dialogen, die meistens humorvoll gestaltet sind (z.B. die Produktionen von Hanna-Barbera wie The Flintstones oder The Jetsons; eine Ausnahme bilden hier viele Anime-Serien, die ein breites Spektrum an Genres abdecken). Dieser Sachverhalt gilt ebenfalls für Inside-Out Machinimas. Es werden immer wieder dieselben Animationen benutzt, dasselbe gilt auch für die 3D-Umgebungen bzw. sogenannten Maps, die ebenfalls vorgefertigt im Spiel enthalten sind. Was die Gesichtsanimation betrifft, so gibt es mehrere Ansätze. Es findet entweder überhaupt keine Gesichtsanimation statt (beispielsweise in allen Quake Teilen, in denen die Gesichtszüge und der Mund der Charaktere nur als Texturen existieren, oder in Halo, wobei hier die Köpfe der Figuren komplett von Helmen bedeckt sind), oder es werden vorgefertigte Speechcycles verwendet, also meistens eine Animation, in der sich der Mund auf und zu bewegt, entweder in der Textur oder im tatsächlichen 3D-Modell. Eine dritte bekannte Variante ist die automatisierte Analyse von Wave-Dateien, die die Game-Engine dazu verwendet, um die entsprechenden Viseme zu bilden, womit Lippensynchronität gewährleistet ist. Die Source Engine von Valve ist ein Beispiel für die Umsetzung dieser Technologie. Das wichtigste Element in dieser Art von Machinima ist ebenfalls die Handlung, welche hauptsächlich mit – sehr oft humorvollen – Dialogen realisiert wird. Einen Vergleich zwischen Limited Animation und Machinima unternimmt Matt Kelland und verteidigt die Ästhetik von Machinima mit dem Argument, dass Serien wie Pokemon, Dragon Ball Z, The Flintstones, oder Scooby Doo, allesamt Vertreter des Limited Animation Stils, zu den Lieblingszeichentrickfilmen der Zuschauer gehören [10, S. 79]. Weiters lässt sich eine Parallele zwischen Inside-Out Machinimas und Limited Animation in der Produktionszeit sehen. Limited Animation wurde hauptsächlich im Fernsehen ausgestrahlt wo die schnellstmögliche Produktion von neuen Folgen einen hohen Stellenwert einnimmt. Dies gilt auch für Inside-Out Machinima-Serien, beispielsweise für die Serie Red vs. Blue. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass als Hauptdistributionsplattform für Machinimas das Internet dient. Ein extremes Beispiel für die Umsetzung dieser Techniken ist die Machinima A Day in the Life of a Turret, basierend auf dem Spiel Portal von der 2. Lineare Machinima 13 Firma Valve. Sie erzählt den Tagesablauf von zwei Überwachungsrobotern in einem Testlabor, deren einziges Gesichtsmerkmal ein rotes Lämpchen ist. Der Film enthält einen minimalen Anteil an Animation, die meisten Shots sind durch Standbilder realisiert. Während ein Roboter spricht, so blinkt das Lämpchen stetig, wobei diese Animation in der Postproduktion realisiert wurde. Die einzigen in diesem Beispiel vorhandenen Animationen, sind entweder vorgefertigt oder von der Physik-Engine berechnet. 2.5 2.5.1 Einordnung von Machinima in der Medienlandschaft Machinima als Medium Paul Marino bezeichnet Machinima einerseits als neues Medium, andererseits als eine Verschmelzung der drei Medien 3D-Animation, Film und Computerspiel [16, S. 3]. Betrachtet man jedoch die Definition von Machinima vom Standpunkt der Narration, so ist sie eine Abwandlung von Film, eine lineare, durch Bewegtbild und Ton erzählte Geschichte. Dies trifft auch auf die 3D-Animation und den Zeichentrickfilm zu. Die Unterschiede liegen hier nicht in der Narration, sondern im schon erläuterten Produktionsverfahren. Unter dem Aspekt des Geschichtenerzählens kann Machinima, vor allem die Outside-In Variante, also nicht als ein neues Medium gesehen werden. Zur Betrachtung des Inside-Out Typs von Machinima soll nun die Erscheinung des Textual Poachings näher beleuchtet werden. Unter Textual Poaching versteht man die Auseinandersetzung von Fans einer fiktiven Erzählwelt und die Erstellung neuer Geschichten in dieser Welt. Als Ursprung dieser Erscheinung kann das Weitererzählen und Verändern von Volkserzählungen gesehen werden, ein Verhalten, das auch bei Literatur, Fernsehserien und Computerspielen beobachtet werden kann [4, S. 111]. Hierbei sehen die Fans die Erzählwelt als ein mögliches, alternatives Universum, obwohl sie sich dessen bewusst sind, dass dieses nicht existiert (suspension of disbelief ). Suspension of disbelief ist eine bewusste Handlung der Aufhebung des Unglaubens gegenüber einer Fiktion, sodass die Empfänger dieser fiktiven Welt und Handlung diese temporär als wahr annehmen. Dennoch wissen sie gleichzeitig, dass die fiktive Welt erfunden worden ist [8, S. 66]. Als Beispiel kann hierbei jeder narrative Text dienen, sei es Literatur, Film oder Computerspiel. Der Empfänger fühlt während des Lesens, Schreibens oder Spielens wahre Emotionen, obwohl die Handlung lediglich fiktiv ist.Inside-Out Machinimas können als eine Form des Textual Poachings gesehen werden, da Fans als Machinima-Produzenten die Erzählwelt eines Computerspiels mit eigenen Geschichten erweitern. Wendet man nun das Konzept der sogenannten engen Intertextualität und deren zwei Varianten Intertext und Paratext bei Machinima an, so kann Machinima als ein Text in Bezug zu der Vor- 2. Lineare Machinima 14 lage, dem Computerspiel, gesehen werden (Intertext). Demnach werden die Inhalte der Machinima bezüglich des Computerspiels gesehen, sodass diese zur intertextuellen Anspielung wird. Kennt der Zuschauer die Vorlage jedoch nicht, so entgehen ihm die Verweise auf das Spiel, wodurch die Machinima schwer oder nicht verständlich wird. Sieht man die Machinima als Paratext, so kann sie als Kommentar zum Computerspiel werden. Aus einer poststrukturalistischen Sichtweise des Textverständnisses, in der nicht zwischen Original und Kopie unterschieden wird, sondern nur Beziehungen zwischen den Texten bestehen, kann auch das Computerspiel als Kommentar zur Machinima gesehen werden. Diese Sichtweise erlaubt Machinima als Teil eines intermedialen Werkes zu sehen, ohne sie einem bestimmten Medium zuweisen zu müssen [4, S. 111–115]. 2.5.2 Machinima als Kunstbewegung Ahmet Emre Acar, Kommunikationswissenschaftler, sieht Machinima nicht als ein Medium, sondern vergleicht diese mit einer Kunstbewegung. Er behauptet weiters, dass Machinima aufhören wird zu existieren. Einen Grund dafür sieht er im Fehlen einer geschlossenen Gemeinschaft, die systematisch versucht, die Grenzen und Möglichkeiten dieser Technik auszuloten und einen gemeinsamen visuellen Stil zu definieren. Das Problem dafür erkennt er darin, dass sich die meisten Gemeinschaften rund um die Spiele bilden, während die spielübergreifende Machinima-Community sehr klein ist [14, S. 25–27]. Eine Widerspiegelung dieses Zustandes kann man in der Zahl der Benutzer diverser Machinima- bzw. Computerspieleforen erkennen, abgebildet in Tabelle 2.1. Während die Spielübergreifende Online-Plattform www.machinima.com 6300 registriete Nutzer hat, umfasst beispielsweise die Seite www.warcraftcinema.com, die nur im Spiel World of WarCraft erstellte Machinimas behandelt, 26626 registrierte Nutzer, und die Plattform für Halo-Machinimas www.halomovies.org 3788 User, also mehr als die Hälfte als bei Machinima.com. An dieser Stelle ist zu betonen, dass weder mit World of WarCraft noch mit Halo eine Einbindung eigener Inhalte möglich ist, da zu diesen keine Editoren geliefert werden. Somit ist nur der Produktionstyp Puppeteering möglich, was nur die Produktion von Inside-Out Machinimas zulässt. Auf der anderen Seite wurden im Rahmen dieser Untersuchung keine eigenen Plattformen für Spiele wie Quake oder Unreal, die eine kompliziertere Produktionspipeline über Editor voraussetzen bzw. ermöglichen, gefunden. Das Verhältnis der Zahlen von Usern auf den oben genannten Plattformen lässt auch die Anzahl der entsprechenden Machinimas vermuten. Eine Hochrechnung der von 2001 bis Ende 2007 auf www.machinima.com veröffentlichten Filme bestätigt dies (vgl. Abbildung 2.1 ). Während Halo5 Diese Seite ist keine Plattform nur für Machinima-Filme, sondern behandelt verschiedene Aspekte von Second Life; Machinima ist nur ein Punkt unter vielen, deshalb können nicht alle User als Machinima-Interessierte gezählt werden. 2. Lineare Machinima 15 Tabelle 2.1: Benutzerzahlen von Machinima-Plattformen, Stand: August 2008. Plattform Registrierte Nutzer www.machinima.com 6300 www.warcraftcinema.com 26626 www.halomovies.com 3788 www.sims99.com 730 www.slinside.com5 21719 Abbildung 2.1: Anzahl der Machinima-Uploads auf dem Portal Machinima.com (Jahre 2001-2007), Stand: April 2008. und World of WarCraft-Machinimas einen stetigen Zuwachs anzeigen, haben Unreal-Machinimas im Jahr 2004 einen Spitzenpunkt erlebt, der aber im Vergleich zu Halo-Filmen sehr niedrig ist. Betrachtet man die Inhalte dieser Filme, so sind die meisten dieser Produktionen Inside-Out Machinimas und folglich eine Form des Textual Poachings. Anhand von Tabelle 2.1 lässt sich bestätigen, dass der Großteil der Machinima-Produzenten nicht in einer vereinten Gemeinschaft agiert, sondern im jeweiligen Lager des zugrunde liegenden Computerspiels. Aufgrund der Tatsache, dass die meisten Filme eine Form von Textual Poaching sind, kann man nicht von einer Kunstbewegung sprechen, sondern von Fan-Fiction [21, S. 41]. Acars Behauptung, Machinima, als eine Art Kunstbewegung, werde 2. Lineare Machinima 16 aufhören zu existieren, kann demnach zumindest zum Teil bestätigt werden, trotz der jährlich ansteigenden Anzahl an Machinimas (Abbildung 2.1), da, Inside-Out Machinimas betreffend, tatsächlich keine gemeinsamen Ziele im Sinne einer systematischen Untersuchung der Möglichkeiten von Machinima – sowohl in technischer Hinsicht als auch der Narration – verfolgt werden und der visuelle Stil nur vom entsprechenden Computerspiel abhängig ist. Dieser Zustand ist auch aus der Entscheidung der Jury des Ottawa Animation Festivals im Jahr 2004 gegen eine Preisverleihung in der Kategorie Machinima ersichtlich [29]: New and inventively weird, machinima straddles the line between visual fan fiction and filmmaking, a genre filled with potential for engaging complete visual expression. While the Jury does not wish to discourage filmmakers, we will not present a prize for this category as we feel the award needs to represent a certain level of excellence of expression. We hope to see more entries in future festivals. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass Machinima an vielen Film- und Animationsfestivals inzwischen als Kategorie aufgelistet ist. Neben dem Ottawa Animation Festival gibt es jährlich das Machinima Film Festival in New York und die Machinima Expo 6 , die Teil der Festival Arcadia in Montreal ist. Im Jahr 2007 fand das erste Machinima Festival Europe in Leicester statt. Neben diesen Festivals ist Machinima eine Kategorie am Bitfilm Festival in Stuttgart und Hamburg. Weiters werden Vorträge und Workshops über Machinima an Messen wie der jährlichen fmx -Messe in Stuttgart oder der Games Convention in Leipzig gehalten. Dieser Sachverhalt zeigt, dass Machinima im Bereich des Trickfilms und der Computerspiele immer bekannter wird. Die Bezeichnung Machinima wurde auch aus dem Grund geschaffen, um die unterschiedlichen Computerspiel-Filme unter einer Definition zu vereinen, da früher die Bezeichnungen Quake-Movies oder Doom-Movies vorherrschten, also die Computerspielnamen als Präfix für die Benennung des Genres dienten [16, S. 12]. Die Seite www.machinima.com sollte als gemeinsame Plattform für alle Machinima-Filme dienen, doch wenn man die Struktur der Seite näher betrachtet, so lässt sich erkennen, dass sie in Kategorien, sogenannte Channels, gegliedert ist, wobei die Kategorisierung auf der Produktionsumgebung der Machinimas, also auf den einzelnen Computerspielen, basiert. Somit trennt diese Plattform die Machinimas wieder, indem sie das zugrundeliegende Spiel zum Hauptunterscheidungsmerkmal macht. Die Internetseite www.machiniplex.com ist eine der wenigen Plattformen, welche ohne Spielkategorisierung ausgewählte, qualitativ hochwertige Machi6 Am 17. September 2008 wurde Machinima Expo abgesagt, da die Finanzierung aus unbekannten Gründen zurückgezogen wurde [24]. 2. Lineare Machinima 17 nima-Filme zur Betrachtung anbietet. Auf dieser Seite sind ausschließlich Outside-In Filme zu finden. Die bereits erwähnte Academy of Machinima Arts and Sciences, und insbesondere Friedrich Kirschner, untersuchen die Möglichkeiten und Techniken von Machinima, da aber diese Projekte nicht mehr unter die Kategorie „lineare Machinima“ fallen, werden sie in Kapitel 4 erläutert. Ein weiteres Beispiel für den Einsatz von Echtzeit-3D-Umgebungen im künstlerischen Bereich sind die Werke von John Gerrard, der sich intensiv mit dem Thema „Echtzeit“ auseinandersetzt. Diese sollen ebenfalls in Kapitel 4 behandelt werden. Abschließend lässt sich sagen, dass lineare Machinima kein neues Medium ist, da sie enge Verwandtschaft mit Film und 3D-Animation aufweist und der Unterschied nur in der darunterliegenden Technologie liegt. Sie ist auch keine Kunstbewegung, sondern ist mit Textual Poaching und Fan-Fiction vergleichbar, da der Großteil der Machinima-Filme die zugrundeliegenden Computerspiele behandelt, meistens in Amateurqualität und für Außenstehende aufgrund der intertextuellen Natur nicht verständlich. Outside-In Machinimas wiederum sind eigenständig funktionierende 3D-Animationen und mit dem heutigen technologischen Fortschritt bald qualitativ nicht mehr von klassischer 3D-Animation zu unterscheiden. Um das Potential von Machinima zu verstehen und diese als eigenständiges Medium oder Kunstrichtung definieren zu können, muss über den linearen Aspekt der Narration und Darstellung hinausgegangen werden, was gleichzeitig die Ignorierung der zurzeit gültigen Definition von Machinima bedeutet. Kapitel 3 beschäftigt sich mit dem interaktiven Aspekt, der in Machinima durchaus möglich ist. Kapitel 3 Interaktive Machinima Dieses Kapitel behandelt einen Typ von Machinima, der im Vergleich zur linearen Machinima wenig verbreitet ist, nämlich interaktive Machinima. Da die in Kapitel 2 erläuterte Definition streng genommen keine Interaktivität zulässt, da der Film an sich nicht interaktiv ist, soll diese hier außer Acht gelassen werden. Viel mehr soll Machinima vereinfacht als Mittel zur Geschichtenerzählung gesehen werden, und es soll untersucht werden, inwiefern sich Interaktivität zu diesem Zweck eignet. Da die Machinima-Technik sich aus Computerspielen entwickelt hat, ist die Untersuchung der Interaktion naheliegend, es muß jedoch zugleich erläutert werden, in welchen Punkten sich eine interaktive Machinima von einem Computerspiel unterscheidet. 3.1 Definition von Interaktivität Interaktivität bedeutet im Zusammenhang mit Texten und der Computertechnik den Austausch an Informationen zwischen dem Nutzer beziehungsweise Leser und dem Text. Der Leser reagiert auf die Ausgabe des Computers und tätigt eine entsprechende Eingabe, worauf der Computer wieder eine angepasste, berechnete Ausgabe liefert. Es kann sich dabei um so einfache Aufgaben wie einen Taschenrechner oder komplexe Simulationen oder Computerspiele handeln. Hierbei unterscheidet Ryan zwischen zwei Bedeutungen von Interaktivität, nämlich der schwachen und starken. Der schwache Typ lässt Entscheidungen entlang eines vordefinierten Pfades zu, die Interaktivität ist also auf einige Entscheidungspunkte beschränkt. Der starke Typ bedeutet, dass der Nutzer durch seine verbalen oder physischen Aktionen aktiv an der Generierung des Textes beteiligt ist [26, S. 17]. Ryan führt auch einen übertragenen Sinn von Interaktivität an. So ist das Lesen eines linearen Textes interaktiv, da der Leser durch das Lesen eine Bedeutung generiert. Er ist im Stande, durch die im Text enthaltenen Beschreibungen und Kausalitäten im Geist ein Bild von der dargestellten Welt zu erschaffen [26, S. 17–18]. Auf diese Bedeutung von Interaktivität soll 18 3. Interaktive Machinima 19 Abbildung 3.1: Vollständiger Graph, nach [26, S. 247]. hier jedoch nicht weiter eingegangen werden, da diese ebenfalls auf lineare Machinima anwendbar ist und keine neuen Erkenntnisse zu gewinnen wären. 3.1.1 Schwache Interaktivität Die schwache Interaktivität wird sehr oft in Computerspielen angewendet. Wie bereits erwähnt, lässt dieser Typ nur an vorbestimmten Punkten in der Geschichte Entscheidungen zu. Es kann unter einer gewissen Anzahl an Entscheidungen gewählt werden, und je nach Auswahl verläuft die spätere Handlung in verschiedene Richtungen. Der Handlungsverlauf lässt sich anhand eines zweidimensionalen Diagramms darstellen, wobei Ryan zwischen neun verschiedenen Graphen unterscheidet [26, S. 246–256]: Vollständiger Graph. Im vollständigen Graph ist jeder Knoten mit jedem anderen verbunden, wobei ein Knoten einen Entscheidungspunkt in der Handlung darstellt (siehe Abbildung 3.1). Somit kann der Benutzer die Handlung in eine beliebige, vordefinierte Richtung lenken. Problematisch hierbei ist, dass die Geschichte dadurch unzusammenhängend wird, da bereits in der Vergangenheit besuchte Knoten zu jedem Zeitpunkt wieder anwählbar sind und sich die Handlung unter Umständen in einer Endlosschleife verfangen kann. Netzwerk. Das Netzwerk ist die am häufigsten verwendete Struktur für Hypertext, die meisten Webseiten sind nach diesem Schema aufgebaut. Im Netzwerk sind Knoten, zu denen man sich von einem vorherigen aus hinbewegt, vom Autor vorbestimmt (siehe Abbildung 3.2). Diese Struktur lässt aber auch Schleifen zu, sodass man innerhalb der Geschichte wieder in die Vergangenheit reisen kann. Dieses Modell ist deshalb für kausale, in sich kohärente Geschichten kaum geeignet. Baum. Als azyklischer Graph erlaubt diese Struktur keine Schleifen. Entscheidungen sind nicht revidierbar, was den Entwurf einer glaubwür- 3. Interaktive Machinima 20 Abbildung 3.2: Netzwerk, nach [26, S. 248]. Abbildung 3.3: Baum, nach [26, S. 249]. digen und kohärenten Geschichte erlaubt (siehe Abbildung 3.3). Ein Nachteil der Strukturierung als Baum besteht darin, dass der Baum mit jeder Entscheidung exponentiell wächst und der Entwicklungsaufwand einer Geschichte nach diesem Modell schnell unüberschaubar groß wird. Vektor mit seitlichen Verzweigungen. In diesem Graphen verläuft die Handlung linear, jedoch können an vorbestimmten Punkten seitliche Pfade gewählt werden, die in einer Sackgasse enden (siehe Abbildung 3.4). Um die Geschichte voranzutreiben, muss man wieder auf den Hauptstrang zurückkehren. Dieses Modell wird sehr oft in Rollenspielen verwendet, beispielsweise in Diablo von Blizzard Entertainment. Die Geschichte verläuft mit jedem Spiel gleich, jedoch werden an unterschiedlichen Punkten kurze, vordefinierte Abenteuer, Sidequests genannt, angeboten, die man optional verfolgen kann. Ein Beispiel dafür ist, dass man den Dämonen Butcher töten kann, um einen gefallenen Dorfbewohner zu rächen. Alternativ kann der Ort, an dem sich der Dämon befindet, gemieden und der Haupstrang der Geschichte weiterverfolgt werden. Der Vorteil dieses Modells besteht darin, dass man die 3. Interaktive Machinima 21 Abbildung 3.4: Vektor mit seitlichen Verzweigungen, nach [26, S. 250]. Abbildung 3.5: Labyrinth, nach [26, S. 251]. Geschichte sehr gut ausarbeiten und einen qualitativ hohen Grad an Dramaturgie sichern kann. Der Nachteil ist jedoch, dass der Benutzer praktisch keinen Einfluss auf die Geschichte hat. Labyrinth. Die Labyrinth-Struktur wird häufig in sogenannten AdventureGames verwendet. Hier gibt es einen Startpunkt und einen eindeutigen Endpunkt, die Entscheidungspunkte dazwischen sind auf vordefinierte Weise miteinander verbunden, dem Netzwerk ähnlich, wobei Schleifen hier optional sind (siehe Abbildung 3.5). Obwohl dieses Modell sehr schnell komplex werden kann, ist der Zusammenhang der Handlung gesichert. Gerichtetes Netzwerk. Dieses Modell ist eine Abwandlung der BaumStruktur, wobei hier Verzweigungen wieder miteinander verschmelzen können (siehe Abbildung 3.6). Auf der einen Seite eignet sich dieser Graph, um eine zusammenhängende Geschichte mit einem zufriedenstellenden Grad an Dramaturgie zu erschaffen, auf der anderen Seite werden durch die miteinander verschmelzenden Zweige die früheren Entscheidungen des Benutzers bedeutungslos. Es wird von einer Illusion der Auswahl gesprochen. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu 3. Interaktive Machinima 22 Abbildung 3.6: Gerichtetes Netzwerk, nach [26, S. 252]. umgehen, ist die Anwengung eines Systems, das sich frühere Entscheidungen merkt. Beispiele dafür sind die Echtzeitstrategiespiele aus der Serie Command and Conquer. Im Verlauf der Handlung gibt es Stellen, an denen man zwischen zwei verschiedenen Missionen wählen kann, beispielsweise eine, deren Ziel es ist, die Flughäfen des Gegners zu zerstören, und eine andere, in der man einen Wissenschaftler des Gegners gefangen nehmen muss, um neue Technologien zu stehlen. Je nachdem, welche Mission gewählt wurde, ist die darauffolgende Mission – zum Beispiel lautet der Befehl, die gegnerische Basis zu zerstören – dieselbe, das Szenario wird allerdings basierend auf vorangegangenen Entscheidungen modifiziert. Hat man die Flughäfen zerstört, besitzt der Gegner keine Luftflotte zur Verteidigung, hat man den Wissenschaftler entführt, so ist man später in der Lage, einen starken Panzer zu bauen, der Gegner verfügt aber über eine Luftflotte. Verborgene Geschichte. Dieses Modell gliedert sich in zwei Schichten. Die untere Schicht ist eine festgelegte Geschichte, die es in der oberen Schicht zu entdecken gilt. Der Benutzer bewegt sich in der oberen Schicht und durch seine Entscheidungen erhält er Einblick in die Geschehnisse der unteren, linearen Geschichte (siehe Abbildung 3.7). Diese Struktur weist Ähnlichkeiten zu einer Detektiv-Geschichte auf, in der es einen mysteriösen Fall zu lösen gilt. Beispiele für dieses Modell sind die Spiele der Myst-Serie (Myst, Riven: Sequel to Myst, Myst III: Exile). Umsponnene Handlung. Mit diesem Modell lässt sich, wie in der verborgenen Geschichte, eine Geschichte rekonstruieren, jedoch auf eine andere Weise. In diesem Fall gibt es mehrere lineare Stränge, welche die Erlebnisse eines Charakters in der Handlung darstellen. Hierbei können durchaus Überschneidungen der verschiedenen Pfade auftreten, an denen der Benutzer den Sichtpunkt des Charakters wechseln kann. Eine Rückkehr in die Vergangenheit ist aber nicht möglich. Somit sind mehrere, vollständige Durchläufe der Geschichte nötig, um 3. Interaktive Machinima 23 Abbildung 3.7: Verborgene Geschichte, nach [26, S. 253]. Abbildung 3.8: Umsponnene Handlung, nach [26, S. 254]. die Geschichte voll und ganz, aus jeder Perspektive zu erfassen (siehe Abbildung 3.8). Aktionswelt, epische Wanderung. Dieser Graph zeigt die geographischen Orte zwischen verschiedenen, in sich geschlossenen Geschichten an. Jeder Knoten ist eine in sich abgeschlossene Handlung (siehe Abbildung 3.9). Der Benutzer von einer Geschichte zur anderen wandern, und sobald er den nächsten Punkt erreicht hat, übernimmt das System die Geschichte und Handlung. Beispiel für diese Art von Interaktivität ist ein Themenpark, in dem man von einer Attraktion zur anderen gelangt. Als Computerspiel-Beispiel soll an dieser Stelle das Spiel Doom 3 dienen, das eine ähnliche Struktur aufweist. Wenn der Spieler einen bestimmten Raum erreicht, dann wird ein sogenanntes geskriptetes Ereignis aufgerufen, das beispielsweise einige Monster aus der Dunkelheit auf den Spieler zuspringen lässt. Hat der Spieler die Monster bewältigt 3. Interaktive Machinima 24 Abbildung 3.9: Epische Wanderung, nach [26, S. 256]. und kehrt zu einem späteren Zeitpunkt an dieselbe Stelle zurück, wird das Ereignis nicht mehr aktiviert. Ein anderes Beispiel, das die Themenpark Analogie deutlich aufzeigt, ist das MMORPG 1 -Spiel World of WarCraft. Hierbei kann der Spieler innerhalb der Spielwelt gewisse Orte aufsuchen, sogenannte Dungeons, an denen es eine Aufgabe zu lösen gilt, sei es das Besiegen eines Drachen oder Finden eines Schatzes. Der Spieler kann zwischen verschiedenen Dungeons wählen und sie immer wieder betreten, genauso wie Themenpark-Attraktionen. Das Potential eines Netzwerks, gut entworfene Geschichten zu generieren, ist nach Ryan indirekt proportional zur Anzahl der Verbindungen, also je linearer der Pfad ist, desto besser die Geschichte [26, S. 257]. Dies wird durch die Tatsache, dass eine Geschichte eine lineare Struktur impliziert, weiter bekräftigt [26, S. 244]. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Entscheidungsauswahl in den oben genannten Strukturen den Leser in die Rolle eines Autors beziehungsweise sogar einer gottartigen Figur in Bezug zur Geschichte stellt und somit die Immersion – diese wird in Abschnitt 3.2.2 behandelt – zumindest teilweise auflöst [26, S. 283]. Um jedoch Interaktivität nicht auf Graphen, die tatsächliche Interaktion nur an einigen, wenigen Punkten zulassen, zu beschränken, sollen andere Methoden betrachtet werden, die in die Kategorie der starken Interaktivität fallen. 3.1.2 Starke Interaktivität Im Vergleich zur schwachen Interaktivität, welche nur die Manipulation eines bestehenden Textes zulässt, erlaubt die starke Interaktivität dem Benutzer, aktiv an der Generierung eines Textes mitzuwirken. Dies bedeutet, 1 steht für Massively Multiplayer Online Role Playing Game. 3. Interaktive Machinima 25 dass jede Aktion des Benutzers Einfluss auf die Erzählwelt haben muss, ob minimal oder äußerst signifikant. Um dies zu gewährleisten, muss das System so entworfen werden, dass es auf jede Eingabe dynamisch reagiert. Dies lässt sich mittels einer Simulation umsetzen. Um die Immersion des Lesers – oder Interaktors – sicherzustellen, muss dieser die Rolle eines Charakters in der Erzählwelt annehmen. Aktuelle Computerspiele sind im Stande, einige Aspekte der realen Welt zu simulieren: einerseits die immer aufwändiger gestaltete Darstellung, die physikalischen Gesetze, und künstliche Intelligenz, wenn auch nach wie vor in begrenztem Rahmen. Um den Interaktor in die Welt einbinden zu können, ist es nötig, ihm mehr Freiheit an Bewegung und Beeinflussung der Geschichte zu gewähren. Die Eingabemöglichkeiten in heutigen Spielen jedoch finden auf einer symbolischen Ebene statt, die durch Interfaces mit klickbaren Icons realisiert ist. Es sind auch tatsächliche Dialoge mit den virtuellen Charakteren nötig – ein Faktor, der in aktuellen Spielen noch immer durch die Modelle der schwachen Interaktivität gelöst ist. Hier wäre eine künstliche Intelligenz notwendig, die im Stande wäre, mit dem Interaktor Gespräche zu führen. Für dieses Problem gibt es schon mehrere Lösungsansätze, so beispielsweise der sogenannte Chatterbot Eliza von Joseph Weizenbaum, der MUD-Bot Julia von Michael Mauldin [18]. Weiters gibt es das Spiel Façade, in dem man sich mit einem Ehepaar, deren Beziehung es durch Gespräche2 zu retten gilt, unterhalten kann [17]. Das letzte Beispiel präsentiert eine interaktive Geschichte, an deren Aufbau der Interaktor tatsächlich beteiligt ist. Die künstliche Intelligenz steuert sowohl die Charaktere als auch die Dramaturgie, um eine spannende Handlung zu bieten. Diese Programme sind jedoch nicht dazu fähig, tatsächlich Sprache zu verstehen und auf Eingaben des Interaktors logisch zu antworten, sie erwecken lediglich den Anschein – mehr oder weniger erfolgreich – von intelligenten Wesen [21, S. 214–226]. Eine aufwändig simulierte Welt mit intelligenten Charakteren – auch Agenten genannt – kann jedoch schnell uninteressant und langweilig für den Interaktor werden, wenn sie frei von Handlung und Drama ist. Somit ist eine Simulation der Geschichte notwendig, wenn man nicht auf die Modelle der schwachen Interaktivität zurückgreifen möchte, um eine Geschichte zu erzählen. Eine Simulation benötigt Algorithmen und Daten, um eine Handlung zu generieren, was eine Analyse und Modularisierung von Geschichten voraussetzt. Eine solche Analyse hat beispielsweise Joseph Campbell durchgeführt und sieht jede Geschichte als einen Monomythos vom Helden mit eintausend Gesichtern, der von seiner gewohnten Welt in eine andere, fremde aufbricht, dort Abenteuer und Prüfungen besteht, und schließlich nach Hause zurück2 Hierbei werden tatsächlich die Sätze, die der Interaktor eintippt, als Grundlage für den Handlungsverlauf verwendet. Der Spieler hat somit mehr Möglichkeiten, die Geschichte zu beeinflussen als mit einem interaktiv schwachen Modell. 3. Interaktive Machinima 26 kehrt, um die Gesellschaft mit Geschenken zu bereichern [21, S. 186]. Ronald B. Tobias, Drehbuchautor, sieht in jeglicher Literatur zwanzig verschiedene Handlungen [21, S. 186–187]: • Die Suche • Die Versuchung • Das Abenteuer • Die Metamorphose • Die Verfolgung • Die Transformation • Die Rettung • Das Erwachsenwerden • Die Flucht • Die Liebe • Die Rache • Die verbotene Liebe • Das Rätsel • Die Aufopferung • Die Rivalisierung • Die Entdeckung • Der Außenseiter • Der Aufstieg • Das verachtungswürdige Übermaß • Der Abstieg/Fall Tatsächlich kommt kaum eine Geschichte ohne diese Elemente aus. Diese Themen bieten zwar eine gute Ausgangsbasis für den Aufbau von Geschichten, aber sie sind zu allgemein gehalten, sodass nach einer feineren Modularisierung gesucht werden muss. Murray sieht eine Lösung zu diesem Problem in den Liedern der Minnesänger des Mittelalters, die sich einiger Themen und denen entsprechender Formeln bedienten und durch diese kleinen Handlungsblöcke eine Geschichte konstruieren konnten, die bei jeder Vorführung immer anders angeordnet waren [21, S. 188–190]. Einen weiteren, komplexen Ansatz hat Vladimir Propp entwickelt. Er analysierte den Aufbau von 450 russischen Märchen und konnte eine, für jede Geschichte gemeinsame, sogenannte Kernhandlung ausmachen, bestehend aus 25 verschiedenen Basisfunktionen, die er Morpheme nannte [21, S. 195]. Weiters hat Propp versucht, Regeln zu definieren, nach denen sich die Morpheme miteinander kombinieren lassen. Er kam zur Erkenntnis, dass viele Morpheme in Paaren vorkommen, beispielsweise die Elemente H (der Held und der Bösewicht stehen sich im Kampf gegenüber) und I (der Held besiegt den Bösewicht) [21, S. 196–197]. Es sind sowohl mehrere Sequenzen von solchen Paaren möglich, als auch Verschachtelungen oder Ersatzmöglichkeiten, um eine komplexe Geschichte aufzubauen [21, S. 196–197]. Obwohl Propps Modell es erlaubt, komplexe und zufriedenstellende Geschichten mit den Morphemen exakt zu konstruieren, wird es in Computerspielen – in denen noch immer Modelle der schwachen Interaktivität bevorzugt werden – nicht eingesetzt. Der offensichtliche Vorteil dieser prozeduralen Methode ist, dass der Autor verschiedene Varianten einer Geschichte nicht manuell ausarbeiten muss, sondern sie vom System generieren lassen kann. Als Beispiel sei hier die Analogie des Zufallsgenerators für Umgebungen von Diablo III angeführt. Dem Generator stehen eine große Anzahl von Modulen, die verschiedene Raumstrukturen repräsentieren, zur Verfügung. Diese Module lassen sich miteinander verbinden, um Levels und Labyrinthe für den Spieler zu generieren, wobei festgelegt ist, welche Module sich mit welchen kombinieren 3. Interaktive Machinima 27 Tabelle 3.1: Vier Eigenschaften von digitalen Umgebungen, untergeordnet in Interaktion und Immersion [21, S. 71]. Interaktion Immersion prozedural räumlich mitwirkend enzyklopädisch lassen. Bei jedem Spielstart werden die Levels neu generiert, was die Wiederspielbarkeit erhöht [30]. Könnte man so ein Modul-basiertes System für die Geschichte und Handlung entwickeln, wäre die Wiederspielbarkeit noch größer, da dem Spieler bei jedem Neustart neue Abenteuer geboten würden. Um den Spieler in die Produktion der Geschichte einzubinden, könnte dieses System zusätzlich auf die Aktionen des Spielers mit entsprechenden Morphemen dynamisch zur Spielzeit reagieren. Fraglich ist hierbei jedoch die Qualität der erzählten Geschichten und ob beispielsweise subtile Handlungsänderungen oder komplexe Verhältnisse in der Geschichte mit so einem System darstellbar wären. Eine Hybridlösung soll in Diablo III zum Einsatz kommen. Hierbei ist die Hauptgeschichte großteils linear nach dem Modell des gerichteten Netzwerkes aufgebaut, jedoch soll es seitliche Verzweigungen geben, die wie im Vektor mit seitlichen Verzweigungen die Hauptgeschichte nicht beeinflussen – diese Verzweigungen sollen zufallsgeneriert aus einer gewissen Anzahl an Handlungselementen entstehen, um so die bereits erwähnten Sidequests zu realisieren. Um die Interaktivität und gleichzeitig die Immersion erfolgreich in einer interaktiven Machinima einsetzen zu können, wird im nächsten Abschnitt näher beleuchtet, durch welche Faktoren diese beiden Zustände hervorgerufen beziehungsweise verstärkt werden. 3.2 Eigenschaften von Interaktion und Immersion Janet H. Murray hat vier verschiedene Eigenschaften von digitalen Umgebungen definiert, die in die Kategorien der Interaktion und Immersion eingeordnet sind [21, S. 71], dargestellt in Tabelle 3.1. Diese vier Eigenschaften sollen nun näher untersucht werden, insbesondere inwiefern sie in aktuellen Computerspielen umgesetzt sind und somit auch in der Machinima-Produktion relevant sind. 3. Interaktive Machinima 3.2.1 28 Interaktion Prozeduralität von digitalen Umgebungen Die Prozeduralität beschreibt die ursprüngliche Natur von Computerprogrammen. Es wird mit Algorithmen und Heuristiken gearbeitet, um Probleme zu lösen, sei es eine aufwändige Simulation oder eine einfache Funktion eines Taschenrechners. Betrachtet man Computerspiele, so ist die künstliche Intelligenz der sogenannten Agenten, die Physiksimulation oder die Renderengine prozedural gestaltet. Die in Abschnitt 3.1.2 gestellte Idee für ein dynamisches System zur Generierung von Geschichten wäre ebenfalls durch prozedurale Lösungen zu realisieren. Zusammengefasst bezeichnet Prozeduralität von digitalen Umgebungen die Erzeugung von regelbasiertem Verhalten, was in vielen Bereichen aktueller Computerspiele zum Einsatz kommt und somit auch zur Produktion von Machinima-Filmen oder interaktiven Machinimas beiträgt [21, S. 71–74]. Mitwirkung in digitalen Umgebungen Die mitwirkende Eigenschaft von digitalen Umgebungen wird meistens als Interaktion verstanden. Sie beschreibt die Möglichkeit des Interaktors, die digitale Umgebung – auf jegliche Art und Weise – zu beeinflussen. Diese Eigenschaft ist stark von der prozeduralen abhängig, da ohne ein regelbasiertes System die Reaktion des Programms auf die Eingabe des Menschen nicht möglich wäre [21, S. 74–79]. Die Mitwirkung zeigt sich in Computerspielen durch jegliche Interaktion des Spielers mit der Spielwelt, sei es ein Dialog mit einem virtuellen Charakter, das Bekämpfen von Gegnern oder das Lösen von Rätseln. Das Spiel reagiert auf den Spieler und führt die Handlung fort, sei es nun im kleinen Rahmen, wie das Ausweichen eines Gegners vor einem Schuss, oder im großen, wie die Beschreitung eines neuen Pfades in einer nichtlinearen Handlung. Folglich lässt sich die im Spiel implementierte Mitwirkung auch in interaktiven Machinimas einsetzen. Es ist aber fraglich, ob nicht einige Regeln im Spiel der Vision und Geschichte der Machinima hinderlich sind, beispielsweise wenn man eine romantische Szene generieren will und das System beschließt, ein Monster den Spieler angreifen zu lassen. In solch einem Fall muss die Architektur des Spieles für grobe Änderungen und Umprogrammierungen offen sein, um spielmechanikbedingtes Verhalten des Systems, wie beispielsweise aggressive Einstellung gegenüber dem Spieler von computergesteuerten Figuren in FPS -Spielen, zu unterbinden. Eine andere Möglichkeit wäre, eine eigene, von Computerspielen unabhängige und echtzeitbasierte Engine für die Produktion von Machinimas zu programmieren. 3. Interaktive Machinima 3.2.2 29 Immersion Räumlichkeit in digitalen Umgebungen Im Gegensatz zu Literatur und Film, die Raum durch Wort beziehungsweise Bild und Ton beschreiben, können digitale Umgebungen dem Interaktor einen Raum bieten, durch welchen er navigieren kann. Diese Tatsache erlaubt es dem Interaktor, in die Erzählwelt einzutauchen. Dieses Gefühl des Eintauchens und des sich in der virtuellen Welt Befindens ist die Definition von Immersion in diesem Kontext. Aktuelle 3D-Spiele bieten solch eine, häufig mit viel Liebe zum Detail realisierte, virtuelle Welt, die der Spieler erforschen kann. Betrachtet man jedoch so eine virtuelle Welt aus dem Sichtpunkt der Narration, so kann jede noch so faszinierende Umgebung schnell langweilig werden, wenn es keine Handlung darin gibt. Eine virtuelle Umgebung kann aber dazu benutzt werden, dramatische Spannung aufzubauen. Beispiel dafür ist das textbasierte Abenteuerspiel Zork, in dem man durch Kommandozeilenbefehle durch die Welt navigieren kann. Im Verlauf dieses Spiels gibt es einen Moment, in dem der Spieler durch eine Falltür in ein dunkles Kellergewölbe eines alten Hauses hinabsteigt und gleich darauf die Falltür zufällt und sich nicht mehr öffnen lässt. Dieser Moment ist geradezu erschreckend, weil er, im Vergleich zu einem Buchtext, in der Gegenwart und dem Spieler selbst passiert. Es ist keine Nacherzählung oder Darstellung aus der dritten Person. Neue Spiele verwenden ebenfalls diese Technik des Dramaturgieaufbaus durch den Raum, wobei jedoch diese durch Bild und Ton unterstützt wird. Beispiel hierfür sei das schon erwähnte Spiel Doom 3. Es gibt mehrere Momente im Spiel, in denen der Spieler einen dunklen Raum betritt, die Tür hinter ihm mit einem Knall zufällt und aus den Schatten gefährliche Monster springen. Dieses Motiv des Hinterhalts wird sehr oft in den sogenannten Horror-Games benutzt und die Architektur des Raumes ist hierbei entscheidend. Beengende, dunkle Räume unterstützen das Gefühl der Angst und Hilflosigkeit stärker als sonnige Wiesen. Die meisten FPS -Spiele wie Doom, Quake, Half-Life oder Unreal Tournament bieten – wie schon im letzten Kapitel erläutert – neben den vorgefertigten Levels Editoren, mit denen man eigene Welten bauen kann. Somit ist die Erstellung von digitalen Umgebungen, durch die der Interaktor einer interaktiven Machinima navigieren kann, durchaus möglich. Es ist auch möglich, durch selbstgeschriebene Skripte die Umgebung so aufzubereiten, dass die Umgebung auf die Aktionen des Interaktors reagiert und dramaturgisch aufgebaut wird. Ernest W. Adams hat die Funktionen der Architektur in Computerspielen untersucht und hat zwei Kernbereiche identifiziert. Zum einen dient Räumlichkeit und Architektur in Spielen dazu, das Spielen selbst zu unterstützen, zum anderen, um den Spieler zu informieren und zu unterhalten. Die erste 3. Interaktive Machinima 30 Funktion wird in vier Bereiche gegliedert [1]: Einschränkung. Diese Eigenschaft soll die Bewegungsmöglichkeiten des Spielers einschränken, um das Vorankommen herausfordernder und interessanter zu gestalten. Verborgenheit. Mit diesem Mittel sollen dem Spieler Informationen vorenthalten werden, wie versteckte Schatztruhen oder die Position von anderen Spielern oder Gegnern. Dies soll einerseits die Entdeckungslust fördern und andererseits für Überraschungsmomente sorgen. Hindernisse und Prüfung des Könnens. Diese Eigenschaft wird dafür verwendet, um den Spieler zu prüfen. Hierbei wird entweder die Beobachtungsgabe und Logik, oder Hand-Augen-Koordinierung des Spielers gefordert. Erkundung. Die Erkundung hängt stark mit der Eigenschaft der Verborgenheit zusammen, und verlangt vom Spieler die Erforschung der virtuellen Umgebung zum besseren Verständnis der räumlichen Zusammenhänge. Die Designer können den Spieler bei der Erkundung indirekt steuern, indem sie beispielsweise Sonnenlicht in einen Korridor fallen lassen, während andere Gänge hingegen dunkel sind. Somit wird der Spieler mit höherer Wahrscheinlichkeit den beleuchteten Korridor wählen als die anderen, wobei ihm die Freiheit der entgültigen Entscheidung nicht genommen wird. Die zweite Funktion von Architektur in Spielen wird in sieben Bereiche gegliedert: Vertrautheit. Vertraute Umgebungen lassen den Spieler die Funktion der Architektur erahnen und dadurch Erwartungen an diese stellen. So kann der Spieler beispielsweise davon ausgehen, dass er in einem Geschäft Einkäufe machen kann oder dass sich in einer Kaserne Soldaten befinden. Anlehnung. Die Anlehnung dient dazu, Emotionen und generelle Konzepte hinter einer Architektur zu erfahren. So ruft beispielsweise die alte, dunkle Kathedrale im Spiel Diablo, in der Dämonen und Zombies lauern, Unbehagen hervor. Neuheit. Völlig neu gestaltete Welten bedürfen einer neuen Architektur, die dem Spieler nicht bekannt ist. So können einerseits Gebäude interessant und visuell ansprechend wirken, doch hat der Spieler andererseits keinen Anhaltspunkt und keine Referenz zur Funktion solcher Architektur, was Verwirrung hervorrufen kann. 3. Interaktive Machinima 31 Surrealismus. Surrealismus erweckt im Spieler ein Gefühl von Mysterium und Rätsel und warnt gleichzeitig, dass die Dinge nicht so sind wie sie scheinen. Dieses Mittel wird oft in Adventure-Spielen verwendet. Stimmung. Architektur kann auch zur Erzeugung von Stimmungen dienen. So können dunkle Labyrinthe Angst hervorrufen oder sonnige Wiesen ein Gefühl von Entspanntheit und Sorglosigkeit. Diese Verhältnisse können natürlich umgedreht werden, um den Spieler zu überraschen oder zu erschrecken. Komischer Effekt. In einigen Spielen wird Architektur persifliert, um einen erheiternden Effekt zu erlangen. Dies wird oft in Adventure-Spielen wie Monkey Island oder Grim Fandango benutzt. Architektonisches Klischee. Dieses Motiv ist dem der Vertrautheit ähnlich, obwohl in diesem Fall keine architektonische Referenz in der echten Welt besteht. Vielmehr verwendet man hier Elemente, die durch andere Medien festgelegt worden sind und der breiten Masse bekannt sind. Als Beispiel führt Adams das Klischee einer mittelalterlichen Burg an mit symmetrischem Aufbau und Symbolen von Drachen, die so in der realen Welt nicht existiert haben. Diese beiden Funktionen sind auch auf interaktive Machinimas mit Einschränkungen anwendbar. Das Motiv der Hindernisse und der Prüfung des Könnens ist jedoch ein klassisches Computerspielelement, das in einer interaktiven Machinima möglicherweise nicht einsetzbar ist. Das Motiv der Erkundung jedoch ist wohl für jede virtuelle Umgebung wichtig, um den Spieler bei der Wegfindung zu unterstützen. Die Spieltypen dazu werden in Abschnitt 3.3 behandelt. Enzyklopädische Natur von digitalen Umgebungen Murray sieht die enzyklopädische Natur von digitalen Umgebungen darin, dass die Speicherkapazitäten des Computers im Vergleich zu Büchern viel größer sind. Durch den technologischen Fortschritt der digitalen Datenträger und die Ausbreitung des Internets sei eine nahezu unendliche Kapazität erreicht. Weiters behauptet sie, dass durch diese exponentielle Vergrößerung des Speichers auch die Erwartungen an den Computer als Medium zur Erzählung von Geschichten gestiegen sind. Betrachtet man aktuelle Computerspiele, so lässt sich Murrays Blickpunkt bestätigen. Die Spiele bieten eine nahezu unüberschaubare Menge an Inhalten, von Grafiken über Dialoge, Filme, Musik bis hin zu Hintergrundinformationen über die Spielwelt. Als Beispiel soll das Science-FictionRollenspiel Mass Effect von BioWare dienen. Das Spiel beinhaltet ca. 20000 vertonte Zeilen Dialog im Drehbuchformat, was in etwa 15 bis 20 Filmdrehbüchern entspricht. Da sich die Handlung im Weltraum abspielt, gibt es ca. 3. Interaktive Machinima 32 250 Planeten, die Informationen über ihre Beschaffenheit und Hintergrundgeschichte bieten, davon kann man auf 30 dieser Planeten landen und sie erkunden – hierbei soll hinzugefügt werden, dass nicht der ganze Planet, sondern nur ein relativ kleiner Ausschnitt geboten wird. Weiters gibt es 58 Nebenhandlungen (die Sidequests), ca. 20 Stunden an Haupthandlung und zusätzlich noch viele Hintergrundinformationen über die verschiedenen Lebensformen, die politische Geschichte sowie Technologien und Orte, die man in einer Art Lexikon zu jedem Zeitpunkt des Spiels aufrufen kann. Die Menge an Inhalten, die das Spiel liefert ist äußerst umfassend, und dementsprechend benötigt sie zehn Gigabyte Speicherplatz auf der Festplatte – vergleicht man diese Zahl jedoch mit den Festplattenkapazitäten heutiger Computer, so ist trotzdem relativ gering. Es ist jedoch zu betonen, dass jede Form von Inhalt produziert werden muss, was auch für interaktive Machinimas gilt. Um eine große, nichtlineare Spielwelt zu erschaffen, sind viel mehr Aufwand, Zeit und somit mehr Kosten notwendig als bei einem Film oder einer linearen Machinima – ein Problem, das der von der Machinima-Community postulierten Demokratisierung im Wege steht. 3.3 Ludus und Paidia Da sich die letzten Abschnitte mit der Interaktivität und Immersion von Computerspielen auseinandersetzten, ist es naheliegend, eine interaktive Machinima als nichts anderes als ein Computerspiel zu sehen, was das Element der Interaktivität als Untersuchungsobjekt zur Abhebung von Machinima von anderen Medien zunichte machen würde. Bevor jedoch das Urteil fällt, eine interaktive Machinima sei nichts anderes als ein Abenteuer- oder Rollenspiel, sollen noch die Definitionen von Spiel genauer untersucht werden. Johan Huizinga hat in seinem Werk Homo Ludens folgende Definition für das Spiel geprägt [5, S. 37]: Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des „Andersseins“ als das „gewöhnliche Leben“. Nach Bernd Hartmann ist diese Definition von Spiel so allgemein gefasst, dass sie nichtssagend wird [4, S. 57]. So seien beispielsweise Literatur oder Filme demnach ebenfalls Arten von Spiel. Der Spieltheoretiker Roger Caillois gibt eine etwas genauere Definition von Spielen, in dem er zwischen zwei Arten unterscheidet: ludus und paidia, was in etwa den englischen Bezeich- 3. Interaktive Machinima 33 nungen game und play entspricht [4, S. 58]. Diese beiden Spielarten sollen nun näher betrachtet werden. 3.3.1 Ludus Ludus (lat. Spiel, Spaß, Scherz) ist ein Spiel, in dem feste Regeln herrschen und das Erreichen eines Zieles eine wichtige Rolle spielt. Weiters befolgt man in so einem Spiel bestimmte Regeln innerhalb einer festgelegten zeitlichen und örtlichen Grenze so, dass diese zu einem definierten Ende führen [4, S. 58]. Caillois hat ludus in zwei Unterkategorien gegliedert [26, S. 182]: Agon (gr. Kampf, Wettstreit). Dieser Typ bezeichnet jegliche Art des wettkampforientierten Spiels wie Sport, Schach, Fernsehsendungen wie Jeopardy oder Wer wird Millionär. Das Ziel ist es, als Sieger aus dem Spiel hervorzugehen, wobei die Siegesbedingungen in den Regeln festgelegt sind. Die meisten Computerspiele sind dieser Kategorie zuzuordnen, seien es FPS -, Strategie-, Renn-, Kampf-, oder Abenteuerspiele. Die Wettkämpfe können zwischen menschlichen Spielern stattfinden, oder zwischen Mensch und Computer. Der Grund, warum Abeneteuerspiele auch in diese Kategorie fallen, ist das Gefühl, das man während des Spiels vermittelt bekommt. Der Spieler muss ständig neue Rätsel lösen und steht so im Wettkampf gegen den Autor dieser Rätsel. Löst er alle Rätsel, hat er den Autor besiegt. Alea (lat. Würfel(-spiel)). Alea ist jede Art von Spiel, die als Glückspiel bezeichnet werden kann. Dazu gehören unter anderen Roulette, einarmige Banditen und die namensgebenden Würfelspiele. Hier ist ebenfalls das Ziel zu gewinnen, meistens aus der Motivation eines Geldpreises. Es gibt viele digitale Versionen dieser Spiele, einige als sogenannte MiniSpiele in einem größeren Computerspiel implementiert (beispielsweise die Casinos in Dragon Quest VIII: Journey of the Cursed King), andere als Online-Spiele in Webbrowsern, in denen wiederum um echtes Geld gespielt wird. 3.3.2 Paidia Paidia (gr. (Kinder-)spiel, Amüsement) ist, im Gegensatz zu ludus, nicht zielgerichtet, und wird um des Spielens Willen betrieben; Es gibt kein definiertes Ziel, sondern verschiedene Möglichkeiten, die es auszuprobieren gilt. Bei paidia ist die Vielfalt an Optionen und den verschiedenartigen Verläufen wichtig. Caillois hat paidia ebenfalls in zwei Unterkategorien gegliedert [26, S. 182–183]: Mimikry (engl. mimicry, Nachahmung). Zu Mimikry zählen alle Spiele, die auf Nachahmung basieren. Dies sind beispielsweise alle Kinderspiele, bei denen die Kinder „so tun als ob“, wie „Haus“ spielen, Kuchen 3. Interaktive Machinima 34 aus Sand „backen“, oder „Cowboy und Indianer“ spielen. Eine weitere Variante dieses Typs sind die sogenannten Live-Action-Role-PlayingGames und Pen & Paper Spiele, bei denen die Spieler alternative Identitäten annehmen und gemeinsam, unter der Führung eines Spielmeisters, Abenteuer bestehen. Hier sind die Spieler zugleich Schauspieler und Zuschauer füreinander. Diese Spiele folgen jedoch einem Regelwerk, das zur Simulation von Kämpfen und Zaubersprüchen dient, das Verhalten der Spieler und die Interaktion untereinander wird durch Regeln aber nicht eingeschränkt. Ilinx (Wortabstammung nicht bekannt). Ilinx bezeichnet jene Spiele, bei denen eine Überschreitung von Grenzen, eine Störung der Wahrnehmung, also ein gewisser Grad an Verschmelzung mit der Spielwelt passiert, wobei die Grenzen zwischen Spiel und Realität nicht mehr klar zu trennen sind. Dazu gehören zum Beispiel Themenparks oder Maskeraden. Ilinx ist weiters ein freies Spiel, bei dem eine Destabilisierung aller Strukturen, auch derer, die vom Text erschaffen wurden, passiert. Ryan bezeichnet Ilinx auch als den Ausdruck der Ästhetik, Empfindlichkeit und Auffassung der Sprache des postmodernen Zeitalters; es geht um die poststrukturalistische Dekonstruktion und Zerstörung der Regeln. Dieser Definition nach kann der Prozess des Erstellens einer Machinima selbst eine Ilinx sein, da hierbei mit einem Computerspiel frei gespielt wird, und die Regeln des Spiels nicht beachtet werden. 3.4 Abgrenzung der interaktiven Machinima vom Computerspiel durch paidia Die oben erläuterte Unterscheidung der zwei Spielarten zeigt auf, in welchem Gebiet der Spieltheorie sich interaktive Machinima vom Computerspiel abgrenzen kann, nämlich im Bereich der paidia. Würde die interaktive Machinima der Definition eines ludus-Typs entsprechen, so wäre sie in keiner Weise von einem Computerspiel zu unterscheiden. Das Ziel wäre, unter vordefinierten Rahmenbedingungen siegreich aus dem Spiel hervorzugehen, und in der Darstellungsform wäre auch kein Unterschied zu sehen, da sich Machinima der Computerspiel-Technologie bedient. 3.4.1 Machinima als interaktive Narration Eine interaktive Machinima kann, unter Einhaltung der paidia-Definition, zu einem Genre der interaktiven Narration heranwachsen, das sich stark von Computerspielen unterscheidet. Ron Gilbert, der Designer des Abenteuerspiels The Secret of Monkey Island, hat sich über das Konzept von Abenteuerspielen so geäußert [15]: 3. Interaktive Machinima 35 If I could have my way, I’d design games that were meant to be played in four to five hours. The games would be of the same scope that I currently design, I’d just remove the silly timewasting puzzles and take the player for an intense ride. The experience they would leave with would be much more entertaining and a lot less frustrating. The games would still be challenging, but not at the expense of the player’s patience. Gilbert spricht hier zwar von Computerspielen, doch ist seine Vision einer möglichen Definition einer interaktiven Machinima ähnlich. Würde man die Rätsel aus dem Spiel The Secret of Monkey Island entfernen, so würde nur noch die Geschichte übrig bleiben, die durch Navigation durch die Spielwelt und die Dialogführung mit den virtuellen Charakteren erforscht werden kann. Der Spieler würde in Mimikry-Manier die Rolle des Möchtegern-Piraten Guybrush Threepwood annehmen und, entweder mit Mitteln der schwachen oder der starken Interaktivität, die Geschichte erleben, ohne das Gefühl der Frustration zu haben, weil Rätsel, die zum Agon-Typ gehören, nicht gelöst werden können. Dieses Gefühl der Frustration, weil der Spieler durch sein Versagen nicht im Stande ist, in der Geschichte fortzuschreiten, nennt Espen Aarseth Aporia 3 . Auf der anderen Seite gibt es die sogenannte Epiphanie 4 , die das Lösen eines Problems und so das Weiterkommen in der Geschichte beschreibt [26, S. 251]. Die oben genannte Möglichkeit, eine interaktive Machinima umzusetzen ist allerdings in einer anderen Form schon lange bekannt. Murray bezeichnet nichtlineare Geschichten Multiform-Stories, und ein Beispiel davon ist die Geschichte The Afternoon von Michael Joyce aus dem Jahr 1987 [21, S. 57–58]. Die Geschichte ist mit Hypertext in Form des Netzwerk -Modells geschrieben und lässt den Leser die Richtung der Handlung wählen. Hierbei geht es aber nicht darum, zu einem Ende oder einer Lösung zu kommen, sondern die Geschichte aus den verschiedenen Blockelementen aufbauend immer wieder zu lesen und neue Pfade auszuprobieren, was der Definition von paidia entspricht. Kombiniert man nun so eine Multiform-Story mit den technischen Möglichkeiten der aktuellen Computerspiele, also der detaillierten grafischen Darstellung, Vertonung, und der Möglichkeit, nicht nur durch die Geschichte, sondern auch geographisch durch die virtuelle Welt zu navigieren, kann Machinima so zu einer neuen, eigenen Ausdrucksform kommen. Diese Aufgabe ist jedoch um vieles aufwändiger als die Produktion einer linearen Machinima. Es bedarf sowohl mehr Arbeit bei der Asset-Erstellung, als auch bei der Aufbereitung der Geschichte, sei sie nun durch einen der vorgestellten Graphen realisert oder durch ein dynamisches, stark interaktives System. Durch diese Verhältnisse sind mehr Ressourcen und technische Kenntnisse 3 4 gr. Verwirrung. gr. Bekundung, Offenbarung 3. Interaktive Machinima 36 notwendig als bei einer linearen Machinima, was zum Verlust der Demokratisierung, einer der wichtigen Eigenschaften von Machinima, führen würde und womöglich nur Studios mit großen finanziellen Ressourcen vorbehalten wäre. Als Beispiel soll wieder das Spiel Mass Effect angeführt werden, das die Ansätze einer Multiform-Story5 mit detaillierter Grafik, gut umgesetzten filmischen Mitteln und qualitativ hochwertig vertonten Dialogen kombiniert hat – die immer wieder unvermeidbaren Kämpfe, der Agon-Teil des Spiels, sollen hier außer Acht gelassen werden. Der Spieler bestimmt die Richtung, in die ein Dialog geht, wobei ihm beispielsweise eine freundliche, neutrale, und feindselige Einstellung gegenüber dem Gesprächspartner zur Verfügung steht. Er kann auch seine Überzeugungsfähigkeiten zum Einsatz bringen, indem er seinem Gegenüber ins Gewissen redet oder ihn einschüchtert. Je nach Auswahl reagieren die Charaktere unterschiedlich und geben dem Spieler mehr oder weniger Informationen preis und können sich frühere Gespräche merken, was widerum zukünftige Dialoge beeinflusst. Die virtuellen Charaktere sind sehr detailliert, sprechen lippensynchron und zeigen ihre Emotionen auf eine überzeugende Weise. Die Schnitte und Kameraeinstellungen lassen den Dialog wie in einem Film aussehen und sind der Gesprächsathmosphäre angepasst. Die Produktion jedoch dauerte drei Jahre, wobei über 100 Personen daran arbeiteten, Zahlen, die derzeit bei einer Machinima-Produktion unvorstellbar sind. In der Tat gibt es Machinima-Beispiele, die in die Richtung der interaktiven Narration gehen, doch sind diese Machinimas noch nicht sehr tiefgehend, was die Komplexität der Geschichte betrifft. Ein Beispiel dafür ist die Machinima Universe at War, die mit dem gleichnamigen Echtzeitstrategiespiel erstellt wurde. Die Narration ist mit dem Modell des gerichteten Netzwerks realisiert worden. Die Geschichte besteht darin, dass man eine von drei Parteien zu Beginn wählen kann und dann durch Entscheidungen in seiner Militärbasis Kampfeinheiten bauen kann oder bestehende Militärkräfte in den Kampf gegen einen Opponenten schicken kann. Das Prinzip gleicht im Allgemeinen dem des Spieles. Der Nachteil dabei ist aber, dass die Interaktivität nicht in der Game-Engine implementiert wurde, sondern mittels HTML. Klickt der Interaktor eine Entscheidung an, so wird das entsprechende Video geladen und weitere Auswahlmöglichkeiten. Weiters hat diese Machinima keine Sprachausgabe und bedient sich der Webseite zur Darstellung der Information und – neben dem Video – zur Weitererzählung der Geschichte. Eine ähnliche Lösung zur Einbindung der Interaktivität bietet die Machinima The Lord of the Rings - Gandalf ’s Lost Precious, wobei hier Adobe Flash verwendet wurde. Eine gründliche Analyse dieses Beispiel erfolgt in Kapitel 5. 5 Die Kernhandlung des Spiels ist im Prinzip linear, doch hat der Spieler die Möglichkeit, einige Elemente der Geschichte in beliebiger Reihenfolge zu absolvieren. 3. Interaktive Machinima 3.4.2 37 Machinima als experimentelles Werk Im Gegensatz zur Ansichtsweise, interaktive Machinima als ein Mittel zur Erzählung von nichtlinearen, aber in sich kohärenten Geschichten, in denen Immersion ein wichtiger Aspekt ist, zu betrachten, ist es auch möglich, die Computerspiele und allgemein die virtuellen, interaktiven Umgebungen, auf denen die Machinimas basieren, durch diese in Frage zu stellen. So wie die postmoderne Literatur die narrativen Welten dekonstruiert, die Perspektiven wechselt, sich gegenseitig ausschließende Realitäten vorschlägt, kann Machinima dazu verwendet werden, die Spielwelten und deren Kernelemente wie Echtzeit, Interaktivität, Nichtlinearität zu relativieren und zu destabilisieren. So könnten die Spielregeln mit Absicht gebrochen oder in einen anderen Kontext gebracht werden und wie in der Literatur die Narration neu angeordnet und die Kohärenz der Handlung außer Acht gelassen werden, um die Pluralität zu unterstreichen. Da die Produktion von Machinima bereits die Spielregeln bricht, um Machinima-Filme zu kreieren, kann der Regelbruch weiters einen eigenständigen Zweck erfüllen. So wie paidia das Spielen um des Spielens Willen bedeutet und nach immer neuen Varianten sucht, kann Machinima als eine Methode gesehen werden, Spiele in ihre Elemente zu zerlegen, und sie wieder neu anzuordnen. Hierzu eignet sich das Element der Interaktivität besonders gut, da diese großen Spielraum für die Einbindung des Betrachters oder Interaktors in ein solch postmodernes Werk lässt und Interaktivität ohnehin ein beliebtes Mittel der postmodernen Bewegung ist, da sie den Leser auffordert, das Werk selbst zu konstruieren und ihm dabei bewusst werden lässt, dass es eine Vielfalt an Möglichkeiten zur Anordnung des Textes beziehungsweise der Elemente gibt [21, S. 251]. In der Tat gibt es in der Machinima-Bewegung einige Arbeiten, die in diese Richtung gehen, so beispielsweise Ein kleines Puppenspiel von Friedrich Kirschner oder Dance Machine von Margarete Jahrmann und Max Moswitzer. Diese Arbeiten gehen jedoch über die klassische Interface-Kombination von Bildschirm, Tastatur und Maus hinaus und werden im nächsten Kapitel näher beschrieben. Diese Art von Machinima soll, um sie von der interaktiven Machinima, die zur Erzählung von nichtlinearen Geschichten dient, zu unterscheiden, im Rahmen dieser Arbeit als Live-Machinima bezeichnet werden. Das Wort Live dient hierbei zur Betonung der Flüchtigkeit der Interaktion zwischen Mensch und Computer oder Publikum und Werk – es ist kein aufgezeichneter Film und keine Aufführung lässt sich exakt rekonstruieren. Kapitel 4 Live-Machinima In diesem Kapitel soll eine Variante von interaktiver Machinima behandelt werden, die eine separate Untersuchung verdient, nämlich die LiveMachinima. Neben der schon in Kapitel 3 vorgestellten Variante, Machinima als experimentelles Werk zu kreieren und zu betrachten, fällt auch der Typ Machinima in diese Kategorie, der eine Theater- beziehungsweise Kabarettaufführung nachahmt. Dieser Typ soll Live-Show-Machinima genannt werden. 4.1 Live-Show-Machinima Als Begründer dieses Genres kann die kreative Gruppe Ill Clan angesehen werden. Sie hat im Jahre 2003 die erste Live-Aufführung am Florida Film Festival 2003 dargeboten, mit dem Namen Common Sense Cooking. In dieser Machinima traten drei Charaktere auf: die schon aus früheren Machinimas bekannten Holzfäller Larry und Lenny und der neu hinzugekommene italienische Koch Carl. Die Aufführung selbst hatte kein strikt definiertes Skript; lediglich die Rahmenbedingungen, dass Larry und Lenny gemeinsam mit Carl Plätzchen backen sollten und auf Wünsche des Publikums vorbereitet sein sollten, waren vorgegeben. Die Machinima wurde mit der Quake II Engine realisiert, wobe die Personen live im Spiel die Charaktere mit der Puppeteering-Technik steuerten und dabei ins Mikrofon sprachen. Zusätzlich gab es virtuelle Kameramänner und Schnitttechniker, die in Echtzeit, wie in einer Fernseh-Show, die Sendung gestalteten. Einen weiteren Auftritt bot Ill Clan am Machinima Film Festival 2003 unter dem Namen On the Campaign Trail, wobei Larry und Lenny diesmal als Präsidentschaftskandidaten auftraten und in einem Talkshow -Stil die Fragen des Publikums bezüglich ihrer Kampagne beantworteten. Hierbei war die Beteiligung des Publikums viel größer als bei Common Sense Cooking. Im Jahr 2006 begann der Ill Clan mit der Produktion von Tra5hTa1k, einer Live-Machinima Sendung rund um Computerspiele und Machinima, auf 38 4. Live-Machinima 39 eine amüsante Art und Weise dargestellt. Eine Live-Show-Machinima Serie haben ebenfalls Friedrich Kirschner, Klaus Neumann und Alexander Scholz ins Leben gerufen, mit dem Namen Bob Block, welche über die MachinimaSzene berichtet, ausgestrahlt auf dem Fernsehsender 3sat. Der Moderator Bob Block wurde durch ein Gamepad gesteuert und der Pegel des Eingangssignals des Mikrofons diente zur Steuerung der Lippen. All diese Auftritte sind sehr humorvoll gestaltet und deren Inhalt bezieht sich auf die Machinima-Szene selbst oder auf Computerspiele. So gab es beispielsweise in Common Sense Cooking eine Situation, in der Carl versuchte, Larry und Lenny eine typisch italienische Handgeste beizubringen. Larry und Lenny konnten diese Geste aber nicht nachahmen, da – wie sich nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen herausstellte – ihre Figuren diese Animationssequenz nicht vorgefertigt bekommen hatten. Zur Eröffnung des Machinima Film Festival 2006 begaben sich die beiden Moderatoren ILL Will und Mal Content von Tra5hTa1k auf eine Reise durch bekannte Machinima-Serien wie Bill et John oder Red vs. Blue und in einer Folge von Bob Block spielten die Charaktere von Unreal Tournament in einer Musikband. Durch diesen satirischen, selbstbezogenen Kabarett-Charakter weisen die Live-Shows Attribute einer Inside-Out Machinima auf. Dies ist auch nicht verwunderlich, da die meisten Auftritte an Festivals vorgeführt werden, wo sich ein erfahrenes Machinima-Publikum versammelt. Die Ausnahme dabei bildet Bob Block, der auf 3sat einem breiteren Publikum die MachinimaSzene vorstellen und näherbringen wollte. 4.2 Live-Machinima Die bereits in Abschnitt 3.4.2 vorgestellten Live-Machinimas unterscheiden sich von den Live-Show-Machinimas in mehreren Aspekten. Eines der größten Unterscheidungsmerkmale dieses Typs ist, dass der Interaktor ein intergrierter Teil der Live-Machinima ist und direkten Einfluss auf diese nehmen kann. In Live-Show-Machinimas hingegen können die Zuschauer die Handlung nur indirekt beeinflussen, da diese letztendlich vom Puppeteer abhängig ist. In einer Live-Machinima ist der Interaktor durch ein Eingabegerät mit der Machinima verbunden, was starke Ähnlichkeiten zu interaktiven Installationen, beispielsweise CAVE oder Digital Marionette im Ars Electronica Center in Linz, aufweist. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist der Einsatz von Eingabegeräten. Während bei Aufführungen von Live-Show-Machinimas im Grunde die bekannte Kombination aus Maus und Tastatur verwendet wird, um Charaktere und die Szene zu steuern, werden bei Live-Machinimas alternative Eingabegeräte wie bewegungssensitive Controller oder MIDI -Schnittstellen genutzt. Es werden ebenfalls klassische Computermäuse eingesetzt, wobei deren Verwendung von der gewohnten abweicht – wie beispielsweise in der 4. Live-Machinima 40 interaktiven Installation Digital Marionette [20]. In diesem Fall ist die Rolle des Benutzers nicht relevant, da eine Aufführung, bei der unkonventionelle Eingabegeräte verwendet werden, linear und nicht interaktiv verlaufen kann. Diese zählt dennoch zur Kategorie Live-Machinima. Weiters ist der Einsatz des Raumes, in welchem die Aufführung oder Interaktion stattfindet, von Bedeutung. In Kirschners Ein kleines Puppenspiel wird zum Beispiel die Leinwandprojektion der Machinima mit einer Tanzeinlage auf der Bühne im Vordergrund kombiniert; so entsteht eine Mixed-Media-Vorführung, die typisch für Live-Machinimas ist, was ebenfalls aus den folgenden Beispielen ersichtlich wird. Ein Beispiel für den Live-Machinima Typ ist die bereits erwähnte Dance Machine von Margarete Jahrmann und Max Moswitzer. Hierbei kann der Besucher in einem definierten Bereich, mit einer kabellosen Computermaus in der Hand, sich bewegen, und je nach Aktion ändert sich die Ausgabe auf der Leinwand. Die Beschreibung auf der offiziellen Webseite ist folgende [6] [sic! ]: The object is to generate real time movies on the projectionscreen by moving your body in real space with the mouse in your hand. The dance takes place among visitors in the arts-show and software-bots in a network game. So called taunts were introduced to game-players by virtual figures like software-bots. These movements are the dance-style recommended in the interactive machinima. For best arts-results on the projection screen you dance like a taunting bot in a shooter game. The projection-screen of the game environment becomes the dance mirror of the on site visitors. Taunt becomes a dance figure in real space. Shooting actions become triggers for a dance-music clip. The departure technology used for this software modification is a game engine. To do this sort of game-modification is a tactical practice out of game culture. To make a movie by re-using the technology of game engines is called machinima. The dance machine is a realtime machinima film machine. Ordinary machinimas are predefined game-films. Here the players influence the movies appearance, representing network processes. The dance machine dancer is a software-artist in flux. In diesem Beispiel wurde ein Computerspiel dazu verwendet, um unter Einfluss des Besuchers ein Musikvideo in Echtzeit zu generieren. Die Computerspielfiguren dienen hierbei als Tänzer und spiegeln das Verhalten des Benutzers wider. Auf der anderen Seite wird der Interaktor dazu ermuntert, den Computerspielfiguren ähnliche Bewegungen, die schon erwähnten Taunts, durchzuführen, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. 4. Live-Machinima 41 Es wirkt, als ob das Konzept dieser Installation unter anderen das Prinzip von Computerspielen umdreht: es bewegt sich nicht die Figur nach den Vorstellungen des Spielers, es soll möglichst der Spieler sich so bewegen, wie die Spielfigur es vorgibt. Durch die Verwendung der Maus wird ein neuer Clip geladen, und bei häufiger Verwendung enstehen kaleidoskopartige Bilder. In Zusammenhang mit Dance Machine haben Jahrmann und Moswitzer das sogenannte nybble-engine-toolZ entwickelt, eine Umprogrammierung einer kommerziellen Game-Engine eines FPS -Spiels. Hierbei wird diese mit Netzwerkkommandos durchsetzt. Dieses Projekt soll ein selbstironisches Multiplayer-Werkzeug darstellen; mit jedem Schuss wird eine E-Mail mit antikriegerischen Inhalten weggeschickt. Die E-Mails und Netzwerkaktivitäten werden als 3D-Objekte in der virtuellen Umgebung angezeigt und während der Navigation werden Netzwerkbefehle an Regierungsserver geschickt. Die visualisierten Aktivitäten werden auf eine 180 Grad Leinwand projiziert, wobei der Teilnehmer sich entweder auf seine Perspektive konzentrieren oder die des Servers annehmen kann; es ist eine Kombination mehrerer Blickwinkel möglich. Neben den Teilnehmern befinden sich computergesteuerte Figuren im virtuellen Raum, sowie andere Spieler via Internet. Diese Installation soll als interaktives, aber zugleich interpassives Gruppen-Experiment gesehen werden [7]. Ein weiteres Beispiel einer Live-Machinima ist Anisandbox von Carl Goodman, basierend auf der Modifikation von Unreal Tournament 2004 Moviesandbox von Friedrich Kirschner. Auf der Leinwand befinden sich zwei Charaktere, wobei einer mit einem Gametrak -Controller1 wie eine echte Marionette gesteuert wird und der andere mit einem Eingabegerät des Playstation 2 Spiels Guitar Hero. Dieser Charakter spielt Gitarre und steuert so die Beine des ersten Charakters, die sich im Tanz zur Musik bewegen. Die schon erwähnte Machinima-Aufführung Ein kleines Puppenspiel von Friedrich Kirschner, die ebenfalls mit Moviesandbox kreiert wurde, wobei der digitale Charakter zuerst mit dem Gametrak -Controller und dann von einer Tänzerin in einem eigens angefertigten Motion-Capture Anzug gesteuert wird, ist ein weiterer Vertreter dieses Genres. Eine genaue Analyse dieses Beispiels erfolgt in Kapitel 5. Neben diesen interaktiven Beispielen seien an dieser Stelle die Werke des Künstlers John Gerrard angeführt, die zwar begrenzt interaktiv sind, sich jedoch mit dem Thema „Echtzeit“ intensiv auseinandersetzen. Gerrard benutzt Echtzeit 3D-Engines, um animierte Malereien zu gestalten, wobei die Uhr- und Tageszeit der realen Welt enstpricht, die Echtzeit also wörtlich genommen ist. Beispiele für seine Werke sind One Thousand Year Dawn, Portrait to Smile Once a Year (Mary), oder Animated Scene (Oil Field). One Thousand Year Dawn, ausgestellt im Jahr 2005, zeigt einen Mann, der 1 Die Funktionsweise des Gametrak-Controllers wird in Abschnitt 5.3 auf Seite 68 erklärt. 4. Live-Machinima 42 auf einem Strand steht und auf das Meer hinausblickt, wobei außer Flut und Ebbe, leichten Bewegungen des Mannes und der aufgehenden Sonne keine Bewegung stattfindet. Die Sonne soll über den Horizont im Jahr 3005 steigen, und der Mann soll dann weggehen, ein Landschaftsportrait hinter sich lassend. Der Betrachter kann den Winkel durch Rotieren des Bildschirms wählen. Portrait to Smile Once a Year (Mary) stellt das Gesicht einer Frau dar, die nur einmal im Jahr lächelt, und Animated Scene (Oil Field) zeigt einen Bohrturm aus zwei verschiedenen Perspektiven auf zwei Monitoren, der unaufhörlich in Betrieb ist, wobei der Tag-Nacht-Zyklus dargestellt wird. Die Machinima-Technik wird auch im Bereich von Musikvisualisierungen verwendet: ein Beispiel dafür ist die modifizierte Doom 3 Engine, die auf MIDI -Signale reagiert, entworfen und eingesetzt von der niederländischen Firma Kamerblauwlicht. Der DJ, der gleichzeitig als VJ fungiert, steuert die Visualisierung über ein MIDI-Interface und kann somit Beleuchtung, Einstellung und Animationen des virtuellen Raums, der auf die Leinwand projiziert wird, steuern. Dieses Beispiel ist deshalb im Gegensatz zur VJ - und Demo-Szene hervorzuheben, da hier eine Game-Engine verwendet wird. Eine nähere Beleuchtung der VJ - und Demo-Szene würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Diese Beispiele zeigen deutlich, dass virtuelle 3D-Echtzeitumgebungen im Allgemeinen und Computerspiele im Speziellen Gegenstand vieler Auseinandersetzungen im künstlerischen Bereich sind. Vor allem die Installationen von Jahrmann und Moswitzer behandeln das Medium Computerspiel und dessen darunterliegende Technik als künstlerisches Objekt, im Falle des nybble-engine-toolZ auch als Subjekt, das es aus mehreren Perspektiven und Ebenen zu betrachten gilt. Einserseits werden die Spielregeln gebrochen und durch neue ersetzt oder umgekehrt und aus dem Blickwinkel des Benutzers betrachtet, andererseits wird die Perspektive des Spiels und der Maschine angenommen und visualisiert. Die kriegerischen Tätigkeiten im Spiel selbst werden als Mittel für pazifistische Äußerungen benutzt, und die Spielelemente in Programm-Code, der diese eigentlich definiert, verwandelt. Machinima ist jedoch auch Gegenstand der eigenen Auseinandersetzung. So versteht Friedrich Kirschner die Produktionstechnik Puppeteering wörtlich und hat digitale Marionetten entwickelt, die durch den Einsatz der Gametrak-Controller über ein echtes Marionettenkreuz gesteuert werden können. Einerseits eröffnet sich hierbei eine neue Darstellungsform für Machinima, andererseits wird aus dem ludus- ein paidia-Spiel, frei von den vom Spiel festgelegten Regeln. Gerrards spielt in seinen Werken mit dem Thema Echtzeit, wobei diese nicht wie in aktuellen Programmen und Computerspielen zur Beschleunigung von Prozessen benutzt wird – in einem Echtzeitstrategiespiel dauert beispielsweise das Trainig eines Soldaten wenige Sekunden – sondern der tatsächlichen Zeit entspricht oder sogar gestreckt wird, wie es in One Thousand Year Dawn der Fall ist. 4. Live-Machinima 43 Auf mögliche zukünftige Entwicklungen von Live-Machinima soll in Kapitel 5, Abschnitt 5.3 eingegangen werden. Kapitel 5 Analyse von Machinima-Beispielen 5.1 Analyse der linearen Machinima Beispiele In diesem Abschnitt werden vier ausgewählte Beispiele von linearen Machinimas analysiert, wobei zwei Machinimas vom Outside-In, die anderen zwei vom Inside-Out Typ sind. Die Outside-In Beispiele sind die im Vorfeld zu dieser Arbeit als Diplomprojekt erstellte Animation Apocalypsis Ex Machina, sowie Friedrich Kirschners Person2184. Die Inside-Out Beispiele sind aus dem Internet ausgewählte Machinima-Filme, die die Eigenschaften der intertextuellen Beziehungen zum Spiel selbst und die des Textual Poachings sehr gut darstellen: A Day in the Life of a Turret von Smooth Few Films und Diary of a Camper von den United Rangers Films, das als erste Machinima gilt. Bei der Analyse der beiden Outside-In Beispiele wird der Inhalt und vor allem der visuelle Stil untersucht, um aufzuzeigen, ob und inwiefern Computerspiele für die Realisierung eigener Visionen, die vom Computerspiel selbst unabhängig sind, geeignet sind. Bei der Analyse der Inside-Out Beispiele wird auf den visuellen Stil nicht näher eingegangen, da dieser vollkommen vom Computerspiel abhängt, sondern auf die Dialoge der Charaktere und die Anspielungen auf die Computerspiele selbst. Am Ende der Analysen werden Schlüsse gezogen, inwiefern sich diese Genres im Verlauf der Zeit entwickelt haben, welchen Einfluss die sich ständig verbessernde Computerspieltechnologie auf die Machinimas haben, und welche möglichen zukünftigen Entwicklungen dieser Genres bevorstehen. 44 5. Analyse von Machinima-Beispielen 45 Tabelle 5.1: Allgemeine Informationen zu Apocalypsis Ex Machina. Name Apocalypsis Ex Machina Typ Outside-In Länge 4’10” Erscheinungsjahr 2008 Autor(en) 5.1.1 Andrzej Kozlowski Musik Cris Velasco Spiel Unreal Tournament III Apocalypsis Ex Machina Allgemeine Informationen zu dieser Machinima sind in Tabelle 5.1 zu finden. Die Transkription ist in die 50 Einstellungen des Films gegliedert, zu denen jeweils eine Beschreibung dieser, die Startzeit und ein ausgewähltes Standbild vorliegen; die Einstellungen sind in vier logische Teile gegliedert, die wiederum in 13 Sequenzen aufgeteilt sind. Die Transkription ist in Anhang A zu finden. Analyse Filmrealität: Apocalypsis Ex Machina ist eine Animation mit narrativem Inhalt, jedoch bedient sie sich nicht klassischer Charaktere und Dialoge, um die Geschichte zu erzählen. Es wird vielmehr eine Abfolge von Mechanismen einer Maschine dargestellt, und ihre Funktionsweise stellt die Handlung dar, wobei sich sämtliche Einstellungen innerhalb der Maschine abspielen und das Äußere nie gezeigt wird. Das Innere stellt im Prinzip das Universum in der Welt von Apocalypsis Ex Machina dar. Am Anfang (siehe Sequenz 1 ) wird dem Zuseher das Innere der Maschine in Detaileinstellungen vorgestellt. Diese Maschine ist jedoch nicht als ein klassisches Gerüst mit beweglichen Teilen aus Metall zu verstehen, und so wird diese auch nicht dargestellt. Das Innere der Maschine ist aus Stein und hat den Charakter einer gothischen Architektur. Den einzigen beweglichen Teil, den der Zuschauer in dieser Sequenz zu sehen bekommt, ist eine Ansammlung von flachen, pappmachéartigen Abbildungen von Menschen, die sich geschlossen bewegen. In den Sequenzen 3 bis 6 (also Teil 2 ) wird dem Zuschauer die Aktivierung der Machine gezeigt. Man sieht ein Uhrwerk, dessen Zeiger progressiv sieben Tafeln aktiviert und als Folge dieser Aktivierungen Fenster und Fresken aufleuchten und rot-orange, grelle Flüssigkeit auf die Menschen zu fließen beginnt. Es erscheinen Engelsstatuen mit Posaunen, die ebenfalls Flüssigkeit 5. Analyse von Machinima-Beispielen 46 auf die Menschengruppe speien, die aus diesem Grund sich immer schneller dreht. Der gesamte Innenraum fängt an zu beben. In Sequenz 7 sieht man, wie sich das gesamte Uhrwerk nach unten zu bewegen beginnt. Währenddessen werden immer mehr Mechanismen aktiviert: Köpfe von Wasserspeiern fahren aus den Wänden und aus dem Boden und lassen noch mehr Flüssigkeit auf die Menschenabbildungen ab, weitere Engelsstatuen fahren aus dem Uhrwerk, die Menschengruppe dreht sich immer schneller. Ab Sequenz 10 und 11 wird offensichtlich, dass sich das Uhrwerk auf die Menschen zubewegt und die Schnitte werden immer schneller, wiederholen sich und zeigen die Situation aus verschiedenen Perspektiven. Es wird kein Mechanismus mehr dargestellt, sondern nur die Fahrt des Uhrwerks nach unten. Die schnellen Schnitte haben den Charakter einer Wiederholung und Zusammenfassung. Die Sequenz 12 stellt den Höhepunkt dar, in dem das Uhrwerk den Boden erreicht. Ein grelles Licht blitzt auf und der Film endet sofort, ohne Abklang. Bezugsrealität: Diese Machinima lässt sich in drei Ebenen gliedern, auf die sie sich auf unterschiedliche Art und Weise bezieht. Die drei Ebenen sollen folgendermaßen genannt werden: Symbolebene, Allegorieebene und Bedeutungsebene. Zur Symbolebene zählen sämtliche Zeichen, welche Ereignisse oder Figuren aus der Offenbarung des Johannes darstellen. Beispiele dafür sind das Uhrwerk, das den Thron Gottes darstellt, die Tafeln mit den römischen Ziffern, die mit den sieben Siegeln gleichzusetzen sind, oder die vier Kirchenfenster mit den sich darunter befindenden Rinnen, die das loslassen der vier Reiter Pest, Krieg, Hunger und Tod bedeuten. Eine detaillierte Liste aller Symbole, Bedeutungen, Vorkommen in der Animation (aufgelistet in Einstellung, Sequenz und Teil) und der entsprechenden Bibelstellen sind in den Tabellen 5.2 und 5.3 zu finden [9]. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Verwendung der Symbole in diesem Film vereinfacht ist und keinen Anspruch auf vollkommene Exaktheit der Darstellung der Ereignisse aus dem Buch der Offenbarung des Johannes erhebt. Auf der Allegorieebene befinden sich alle Elemente, die den Mechanismus der Bombe ausmachen. Hierbei ist das Uhrwerk der Zünder und die Menschen der Zündstoff. Zu allererst findet die Aktivierung der Bombe statt (siehe Einstellung 7 und 9 ), dann läuft ein Countdown ab (siehe Teil 2 ), nachdem der eigentliche Zündungsmechanismus in Gang gesetzt wird (siehe Sequenz 7 ). Während des Countdowns wird der Zündstoff durch Einspritzmechanismen chemisch aufbereitet (siehe Sequenz 3 und 6 ). Weitere Einspritzmechanismen werden während der Bewegung des Zünders zum Zündstoff zugeschaltet (siehe Sequenz 8 und 9 ). Der Zündstoff dreht sich immer schneller um die eigene Achse, einer Turbine gleich, um die chemischen Stof- 5. Analyse von Machinima-Beispielen 47 Tabelle 5.2: Liste aller Symbole, Bedeutungen, Vorkommen in der Animation und Bibelstellen für Apocalypsis Ex Machina. Symbol Bedeutung Einstellung Sequenz Uhrwerk Thron Gottes, Himmel 3, 5-7, 9-12 2, 3 Offb 4,1-11 Zeiger Lamm 3-6 2 Offb 5,6 Tafel (I) Tafel (II) erstes Siegel zweites Siegel drittes Siegel viertes Siegel fünftes Siegel sechstes Siegel siebtes Siegel erster Reiter, Pest zweiter Reiter, Krieg 9, 19, 21-24, 26-27, 31-33, 35, 38, 40-41, 44, 46, 49 9, 12, 17, 19, 21 9, 12 12 3 3 2 2 Offb 6,1 Offb 6,3 19, 21 5-6 2 Offb 6,5 17, 19, 21 4-6 2 Offb 6,7 17, 19, 21 4-6 2 Offb 6,9 19, 21 5-6 2 Offb 6,12 21 6 2 5, 10, 13, 33, 36, 48 13, 35-36 1, 3, 10-11 1-3 Offb 8,1 f. Offb 6,2 3, 10-11 2-3 Offb 6,4 Tafel (III) Tafel (IV) Tafel (V) Tafel (VI) Tafel (VII) gelbes Fenster oranges Fenster Teil Bibelstelle fe zu vermischen und zu erhitzen. Sobald der Zünder den Zündstoff erreicht hat, findet eine chemische Reaktion statt, die zu einer Explosion führt (siehe Sequenz 12 ). Die Bedeutungsebene führt die Symbol- und Allegorieebene zusammen. Sie stellt eine Kritik and die kriegerischen, gierigen und lüsternen Eigenschaften der Menschen dar und warnt vor verheerenden Konsequenzen – deshalb sind die Menschenabbildungen aus dem Garten der Lüste von Hieronymus Bosch verwendet worden, um die Instinkthingabe des Menschen zu betonen1 . Die Menschen werden als blind einem größeren Ganzen gegenüber dargestellt, indem sie als zweidimensionale Pappmaché-Männchen abgebildet werden, welche den komplexen Mechanismus der Welt, der im Film in drei Dimensionen abgebildet ist, nicht im Stande sind zu begreifen. 1 An dieser Stelle sei angemerkt, dass dies nur eine von mehreren Interpretationen von Boschs Werk ist; diese Interpretation dient dem Film jedoch besonders gut. 5. Analyse von Machinima-Beispielen 48 Tabelle 5.3: Liste aller Symbole, Bedeutungen, Vorkommen in der Animation und Bibelstellen für Apocalypsis Ex Machina - Fortsetzung. Symbol Bedeutung Einstellung Sequenz Teil Bibelstelle grünes Fenster dritter Reiter, Hunger vierter Reiter, Tod Märtyrer die sieben Engel 14, 35 3, 10 2-3 Offb 6,5 15, 33, 39 3, 10-11 2-3 Offb 6,8 18, 24, 45, 47 22-24, 27, 3132, 38, 41, 46, 49 4, 6, 11 2-3 6-9, 11-12 2-3 Statuen vom bärtigen Mann Wasserspeier an den Wänden siebenköpfiger Wasserspeier die beiden Propheten Drache 4, 20, 36 1, 5, 11 1-3 28-29, 37, 42 8, 11 3 Offb 6,11 Offb 8,613;9,121;11,1519 Offb 11,3-14 Offb 12,3 Tier 8, 10-12 3 Offb 13,1 Engelsstatuen mit Schalen sieben Engel mit den Schalen des Zorns Hure von Babylon neue Welt Gottes 30, 33-35, 37, 40, 43-44, 46, 49 31-32, 38, 41, 46, 49 9, 11-12 3 Offb 16,1 6, 45 1, 11 1, 3 Offb 17,4 49 12 3 Offb 21,1-5 violettes Fenster Fresken Engelsstatuen mit Posaunen weibliche Statue greller Lichtblitz Das Echtzeitelement der Machinima dient als Warnung, dass mit der heutigen Waffentechnologie die Welt binnen Minuten zugrunde gehen kann. Die Animation vermittelt ein Gefühl der Finalität und Ausweglosigkeit als kritische Aussage, dass nichts mehr am Schicksal der Menschheit zu ändern sei. Dies kann als dunkle Zukunftsvision verstanden werden. Technische Umsetzung: Apocalypsis Ex Machina wurde mit Unreal Tournament III realisiert, wobei im Prinzip der bereitgestellte Editor und die zugrunde liegende Game-Engine verwendet wurde. Die Assets wurden mit den externen Programmen Autodesk Maya, Pixologic ZBrush und Adobe Photoshop entworfen und in den Editor exportiert. Im Editor wurde die gesamte Szene aufgebaut, die Materialien erstellt sowie Keyframe-Animationen und Partikelsysteme angefertigt. Die einzige Ausnahme bilden die Wandtexturen, 5. Analyse von Machinima-Beispielen 49 die aus den im Spiel vorhandenen Paketen entnommen wurden. Es wurde ebenfalls die Möglichkeit der Engine genutzt, Tiefenunschärfe und Überstrahlungseffekte darzustellen, um Vordergrundelemente hervorzuheben und sämtliche leuchtenden Materialien wie die Lämpchen, Fenster und Fresken zu realisieren. Gestaltung: Der visuelle Stil von Apocalypsis Ex Machina ist von dem des Spiels unabhängig und wurde für die Machinima eigens entworfen. Er basiert auf gotischer Architektur, Skulptur und Malerei, wobei Wert darauf gelegt wurde, einen dunklen und monotonen Ton hervorzurufen, insbesondere zu Beginn des Films. Im Verlauf der Handlung leuchten verschiedene Elemente in bunten und abwechslungsreichen Farben auf und heben sich so vom Hintergrund ab. Es wurde jedoch auch versucht, farbsychologisch die Rollen der Farben umzudrehen – das dunkle Grau und Braun sind gewohnt und üblich, die bunten Farben hingegen stellen eine Gefahr für die monotone Welt dar und sind die Vorboten des Untergangs. Ab Sequenz 5 dominiert die feurig-rote Farbe das Bild und soll das Gefühl vermitteln, dass die Situation hitziger und gefährlicher wird, bis in den Einstellungen 32 bis 35 die Szene regelrecht zu lodern scheint. Die musikalische Untermalung stammt aus dem Soundtrack für das Spiel Clive Barker’s Jericho vom Komponisten Cris Velasco. Das Setting dieses Spiels stellt eine dunkle Welt dar mit vielen Anspielungen an das Christentum im Vordergrund. Die Musik beinhaltet aus diesem Grund viele Chöre, welche Kirchenliedern ähnliche Stücke singen. Aufgrund der Tatsache, dass Jericho ein Action-Spiel ist, hat die Musik auch viele dramatische Momente und eignet sich deshalb für die Untermalung der Handlung in Apocalypsis Ex Machina. 5.1.2 Person2184 Allgemeine Informationen sind in Tabelle 5.4 zu finden. Der Film ist in 18 Einstellungen gegliedert, zu denen jeweils eine Beschreibung dieser, die Startzeit und ein ausgewähltes Standbild vorliegen. Die Transkription ist in Anhang A zu finden. Analyse Filmrealität: Person2184 zeigt die Straßen einer Stadt, durch die sich Menschen bewegen und ihren Zielen nachgehen, ohne miteinander zu kommunizieren oder zu interagieren. Sie wirken regelrecht vermummt, was die Anonymität hervorhebt. Allgegenwärtig sind große Werbetafeln und Displays, auf denen man eine halbnackte, rothaarige Frau liegen sieht. Der Hauptcharakter scheint eine Frau zu sein, die diese Displays mit der Rothaarigen verfolgt, bis sie in eine U-Bahnstation gelangt, wo sich ebenfalls ein Display 5. Analyse von Machinima-Beispielen 50 Tabelle 5.4: Allgemeine Informationen zu Person2184. Name Person2184 Typ Outside-In Länge 2’44” Erscheinungsjahr 2005 Autor(en) Friedrich Kirschner Musik Sebastian Zangar - Databoy ’78 Spiel Unreal Tournament 2004 befindet. Die Frau ist alleine, und am Ende flackert eine Schrift durch: „We interrupt your regularly scheduled program for an urgent message“ und dann „person2184“. Bezugsrealität: Der Film erzählt von allgegenwärtigen Medien, Einsamkeit in der Menge und verstärkter Anonymität in einer unwirklichen Stadt. Obwohl die Menschen gemeinsam in der Stadt leben, so beachten sie einander nicht. Der Titel des Films selbst weist auf die unpersönliche Bezeichnung der Menschen; anstatt Namen zu tragen, bekommen sie Nummern. Die einzigen Begleiter der Einwohner scheinen die großen Werbetafeln zu sein, die in jeder Einstellung zu sehen sind. Person2184 ist der erste Teil einer dreiteiligen Machinima-Serie, die diese Zustände zum Inhalt hat; der zweite Teil heißt the photographer und der dritte ist zum Zeitpunkt der Verfassung dieser Arbeit nicht veröffentlicht worden. Kirschners Ziel bei diesem Projekt ist es, eine alternative visuelle Richtung sowie Struktur des Inhalts und der Geschichte für interaktive und nicht-interaktive Narration vorzustellen. Technische Umsetzung: Person2184 basiert auf dem Computerspiel Unreal Tournament 2004, wobei Kirschner einige Zusatzprogramme erstellt hat, um den Aufbau des Films zu erleichtern. Für den zweiten Teil dieser Serie, the photographer, baute er die Funktionen dieser Programme noch weiter aus, die schließlich zur vollen Modifikation von Unreal Tournament 2004 mit dem Namen Moviesandbox wurden. Gestaltung: Der visuelle Stil von Person2184 unterscheidet sich von dem des Spieles so stark, dass die Ursprünge dieser Machinima nicht mehr erkennbar sind. Die Stadt und die Figuren sind komplett schwarz-weiß und erinnern dadurch an Photographien der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Figuren sind zweidimensionale Flächen, die sich immer orthogonal zur 5. Analyse von Machinima-Beispielen 51 Kameraachse befinden. Die Bewegungen bestehen aus wenigen Bildern, sodass diese sehr abrupt und nicht flüssig wirken. Im Vergleich zu der schwarzweißen Stadt sind die in der Fortsetzung ebenfalls vorkommenden Werbungen in kräftigen Farben gehalten, insbesondere das Display mit der rothaarigen Frau ist sehr flüssig und wirkt viel lebhafter als die Menschen selbst. In jeder Einstellung sind auch monochrome, beige Elemente der Stadt und der Einwohner zu sehen, die halbtransparent das Bild überlagern und in Verbindung mit diesem an Halbtonbilder der Drucktechnik erinnern. Die Musik unterstützt das Bild durch die elektronischen, teilweise monotonen aber doch leicht beunruhigenden Klänge und lässt vermuten, dass es sich hierbei um eine Zukunftsvision handelt. 5.1.3 Outside-In – Schlussfolgerungen und Ausblick Die beiden Beispiele zeigen, dass Machinimas sich bis zur Unerkenntlichkeit von den vorgelegten visuellen Stilen der Computerspiele entfernen können, wobei Person2184 sich völlig von der Richtung von Unreal Tournament 2004 getrennt hat. Apocalypsis Ex Machina zeigt teilweise Ähnlichkeiten zu Unreal Tournament 3 auf, da es in diesem Spiel Levels gibt, die an mittelalterliche Architektur erinnern. Es wurde jedoch auf die Verwendung dieser Elemente verzichtet, um von den vom Spiel vorgegebenen Assets unabhängig zu sein, da sie sich nicht in jedem Bereich gut eignen und der visuelle Stil stellenweise inkohärent wäre und somit darunter leiden würde. Die Inhalte stellen ebenfalls keine Verbindung zu den Spielen her. Es sind eigens entwickelte Geschichten, und das Spiel wird hierbei nur als eine Art Render-Engine verwendet. Die Analysen der beiden Beispiele zeigen, dass sowohl die Handlung als auch der visuelle Stil einerseits detailliert durchdacht sein kann und andererseits nichts mit dem darunterliegenden Spiel zu tun haben muss. Was die Evolution dieses Genres betrifft, so lässt sich eine Tendenz nur schwer erkennen, da die Visionen der Autoren sowie deren gestalterische Umsetzung so vielfältig sind wie Ideen in den Köpfen der Autoren existieren. Natürlich trägt die sich ständig verbessernde Computerspieltechnologie zu den technischen und gestalterischen Möglichkeiten bei und erlaubt eine immer größer werdende Anzahl an Realisierungsmöglichkeiten, doch lässt sich, wie Friedrich Kirschner behauptet, die technische Begrenzung der Spiele-Engines als kreative Chance ansehen, mit der visuellen Gestaltung zu experimentieren und diese in die Gestaltung einzubinden, sodass ein iterativer Prozess des Konzeptentwurfs und der Produktion entsteht [19]. Nach dieser Idee hat die Technologie keinen Einfluss auf die technische und gestalterische Qualität eines Projektes. Wie bereits in Kapitel 2 erläutert, gibt es im Vergleich zu Inside-Out Machinimas sehr wenige Outside-In Produktionen, da in diesem Fall die Geschichte und Narration nach höherer Aufmerksamkeit beim Entwurf verlangt und das visuelle Konzept von Grund auf entworfen, sowie die dazu benötigten 5. Analyse von Machinima-Beispielen 52 Tabelle 5.5: Allgemeine Informationen zu A Day in the Life of a Turret. Name Typ A Day in the Life of a Turret Inside-Out Länge 4’06” Erscheinungsjahr 2008 Autor(en) Smooth Few Films Musik Damn Dangerous Spiel Portal Assets selbst produziert werden. Dies verlangt nach deutlich mehr Produktionszeit und mehr Erfahrung im Bereich der Film- und 3D-Grafikproduktion. Dies sind jedoch Eigenschaften, die nicht zwingend für die Produktion einer Machinima sind und in solch einem Fall entstehen Inside-Out Filme. 5.1.4 A Day in the Life of a Turret Allgemeine Informationen sind in Tabelle 5.5 zu finden. Der Film lässt sich in zwölf logische Teile gliedern, die jeweils mit einer Uhrzeitangabe, welche die Tagesabschnitte des Arbeitstages der Roboter unterteilen, begonnen werden. Eine Auflistung der Teile ist in Tabelle A.1 in Anhang A angeführt. Die einzelnen Szenen sind ebenfalls in Anhang A näher beschrieben, wobei das Hauptaugenmerk auf die Dialoge gelegt wurde. Da durch die Dominanz der Dialoge in diesem Film dementsprechend zwischen den Dialogpartnern geschnitten wird, wird auf die Kameraführung und die Einstellungen nicht näher eingegangen. Dies gilt auch für die Beleuchtung und die Farben, die auf dem Stil von Portal beruhen – dieser soll im Analyseteil behandelt werden. Analyse Filmrealität: A Day in the Life of a Turret handelt von zwei Überwachungsrobotern im Forschungszentrum Aperture Science Enrichment Center. Es wird der Tagesablauf zweier Roboter dargestellt, die einer anscheinend nicht besonders spannenden Aufgabe nachgehen, wobei ihnen ein menschlicher, wenn auch klischeebehafteter Charakter zuzuschreiben ist. Die beiden sind zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Posten des Zentrums aufgestellt und haben reichlich Zeit, sich über ihre Hobbys zu unterhalten (siehe Dialog 1 ), Spiele als Zeitvertreib zu spielen (siehe Dialog 2 ), sich über „Arbeitskollegen“ aufzuregen (siehe Dialog 3 ), über das Essen zu jammern und sexistische Witze über „Kolleginnen“ zu machen (siehe Dialog 5 ). Sie summen Lieder aus Langeweile (siehe Szene 8 ) und unterhalten sich über den 5. Analyse von Machinima-Beispielen 53 Sinn des Lebens (siehe Dialog 8 ). Es kommen ihnen jedoch desöfteren sogenannte Organics in die Quere (siehe Szene 1, 6 und 11 ), also Menschen, die einen Testparcours durchlaufen müssen und dabei ein futuristisches Gewehr benützen, das Portale öffnen und schwere Objekte aufheben kann (die Funktionsweise des Gewehres wird im Film nicht erklärt - dies soll in Paragraph Bezugsrealität erklärt werden). Die Aufgabe der Roboter ist es, die Menschen aufzuhalten, wobei sie oft zu deren Opfern werden (siehe Szene 9, 10 und 11 ). Das Bild wird von einer leisen, monotonen Musik begleitet, die die Routine der Arbeit betonen soll. Bezugsrealität: Der Film stellt eine Parodie des Computerspiels Portal von Valve dar. Er lässt die Überwachungsroboter, die im Spiel oft als Gegner vorkommen, so erscheinen, als ob sie einen Charakter mit Vorlieben und Sorgen hätten, was im Spiel selbst nicht der Fall ist. Es werden viele Anspielungen and diverse Spielsituationen geboten, die jedoch für eine Person, die das Spiel nicht kennt, unverständlich oder gar unsinnig sind. Anhand dieses Problems lässt sich das intertextuelle Phänomen zwischen Film und Spiel erkennen, das Eigenschaft jeder Inside-Out Machinima ist. Dieses Beispiel ist eine Form des in Kapitel 2 erläuterten Textual Poachings, die von Fans des Computerspiels erstellt wurden. Um die intertextuellen Bezüge aufzuzeigen, muss das Spiel selbst kurz erläutert werden. Dabei werden die Anspielungen in der Machinima in Klammern angeführt. Portal ist eine Mischung aus First Person Shooter und einem Rätselspiel. Als Setting dient das sogenannte Aperture Science Enrichment Center vom fiktiven Forschungsinstitut Aperture Science (welches als Konkurrent zum Forschungsinstitut Black Mesa (siehe Szene 7 ) steht, bekannt aus der Half-Life Serie, ebenfalls von Valve), und der Spieler ist ein „Testobjekt“, das ein Gewehr in verschiedenen Hindernisparcours, den Levels, austesten soll. Skurrilerweise wird dem Spieler mehrmals versprochen, dass, sobald er alle Levels geschafft hat, er einen Kuchen bekommt (siehe Szene 11 ). Anstelle von konventionellen Waffen besitzt der Spieler ein Gewehr, das Portale öffnen kann, durch die er sich oder verschiedene Objekte bewegen kann. Das Prinzip der Portale ist, dass der Spieler einen Eingang und Ausgang auf nahezu jeder Oberfläche öfnnen kann, die miteinander verbunden sind. Auf diese Weise muss er es schaffen, in jedem Level den Ausgang zu finden (siehe Szene 11 ). Um ihm die Aufgabe zu erschweren, befinden sich in den Levels Überwachungsroboter, die, sobald Sichtkontakt hergestellt ist, auf den Spieler schießen (siehe Szene 1 ). Das Portal-Gewehr hat auch die Fähigkeit, schwere Objekte anzuziehen, die man auf diese Weise transportieren kann. So muss der Spieler in einem Level eine würfelförmige Kiste, die Companion Cube (siehe Szene 4 und 9 ) genannt wird, mit sich tragen, um sie dann am Ende in einem Heizofen zu verbrennen (siehe Szene 9 ) und so die Tür zum 5. Analyse von Machinima-Beispielen 54 Ausgang zu öffnen. Obwohl der visuelle Stil von Portal Ansprüche auf Photorealismus stellt, so ist das Setting selbst auf eine erheiternde Weise bizarr. Neben dem schon erwähnten Kuchen (der sich jedoch als Lüge herausstellt – siehe Szene 1 ) begleitet eine weibliche, verzerrte Computerstimme den Spieler durch alle Levels und versucht ihn beispielsweise in einem Level zu demotivieren, indem sie behauptet, dass der Level nicht schaffbar ist, in einem anderen ist sie beleidigend und will in ihm Depressionen hervorrufen, und am Ende, nachdem sie sich als böswilliger Supercomputer entpuppt hat und zerstört worden ist, singt sie ein Lied, mit dem sie behauptet, dass sie dem Spieler nicht böse ist, sondern sich für ihn freut, und dass sie noch am Leben ist (siehe Szene 8 ). Ein weiteres Element dieser Skurrilität ist der Companion Cube, der, ein Herz auf allen Seiten aufgezeichnet, den Spieler in seiner Einsamkeit begleiten soll, jedoch am Ende des Levels von diesem verbrannt werden muss. Die Überwachungsroboter, wie auch der Supercomputer, kommentieren die Aktionen des Spielers, und versuchen ihn einzuschüchtern, indem sie behaupten, dass sie ihn sehen können, und wenn sie ihn längere Zeit nicht entdecken können, ihn fragen, ob er noch da sei (siehe Szene 6 ). Die Roboter bitten den Spieler auch höflich, sie wieder auf den Boden zu stellen, wenn er sie mit dem Gewehr aufgehoben hat, oder verabschieden sich mit einem „goodbye“, wenn man sich von ihnen entfernt. A Day in the Life of a Turret lenkt die Skurrilität jedoch in eine andere Richtung, als sie das Spiel vorgibt. Die Roboter sind derb in ihrer Ausdrucksweise und sind, neben dem Klischee von gelangweilten Wächtern, als Mitglieder einer Online-Gemeinschaft von Jugendlichen, die Serien schauen, Computerspiele spielen (siehe Szene 2 ), und auf Community-Webseiten (siehe Szene 7 ) präsent sind, dargestellt. Dies wird dadurch bekräftigt, dass sie während der Konversationen Chat-übliche Verkürzungsformen wie OMG 2 , ROFL3 , WTF 4 , und owned 5 beziehungsweise pwned 6 benutzen (siehe Szene 2, 3, 4, 6, 7 und 9 ). Die derbe Ausdrucksweise lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass Spieler in einem Computerspiel während einer Mehrspielerpartie oft auf solch eine Weise miteinander kommunizieren. Die Anspielung auf die Online-Community ist ein weiterer Punkt im intertextuellen Problem – verfügt der Zuschauer über kein Wissen in den Bereichen der Computerspiele und Community-Webseiten, so wird diese Machinima sehr schnell unverständlich. Das einzige, was für so einen Zuschauer übrigbleibt, sind die Beleidigungen und Schimpfwörter, die gewiss ohne Kontext nicht zu 2 bedeutet Oh My God bedeutet Rolling On The Floor Laughing 4 bedeutet What The Fuck 5 to own someone bedeutet im Computerspielerjargon jemanden zu besiegen, besser als er zu sein 6 hat dieselbe Bedeutung wie owned, und ist durch einen Tippfehler entstanden, da die Tasten „O“ und „P“ auf der Tastatur nebeneinander platziert sind 3 5. Analyse von Machinima-Beispielen 55 einem guten Eindruck beitragen. A Day in the Life of a Turret ist in jedem Falle eine Produktion von Fans – für Fans. Technische Umsetzung: A Day in the Life of a Turret wurde mit der Applikation Garry’s Mod realisiert. Garry’s Mod ist eine sogenannte Modifikation (kurz: Mod) für die Source Engine, auf der Spiele wie Half-Life 2 oder Portal basieren. Dieses Programm ist als eine sogenannte Sandbox aufgebaut, was bedeutet, dass es kein Ziel und keine Regeln im Spiel gibt. Dem Benutzer sind verschiedene Werkzeuge bereitgestellt, mit denen er eigene Spieltypen bauen kann. Eine Einsatzmöglichkeit dieses Programms ist die Produktion von Machinima-Filmen. Im Fall von A Day in the Life of a Turret wurden keine eigenen Assets hergestellt und nur die im Spiel vorhandenen verwendet. Die Möglichkeiten der Source Engine, beispielsweise Per-Pixel-Beleuchtung, Radiosity, Schatten, Reflexionen und Refraktionen, physikalisch korrekte Simulationen, Materialien, Tiefenunschärfe und Überstrahlungseffekte zu berechnen, kommt dieser Machinima zugute, was die visuelle Qualität hinsichtlich des Photorealismus betrifft. Gestaltung: Der visuelle Stil von Portal erhebt, wie schon erwähnt, Anspruch auf Photorealismus und somit sind die spieleigenen Assets detailliert. Da sich die Machinima auf das Spiel selbst bezieht, wurde der Stil nicht geändert. Die grafische Gestaltung von Portal ist hauptsächlich sehr sauber und steril, was die Tatsache, dass man sich in einem Forschungszentrum befindet, betonen soll. Ebenso sind die Roboter in einem glänzenden Weiß und Dunkelgrau dargestellt. Hinter den Kulissen der Testparcours befinden sich jedoch rostige, schmutzige Rohre und Wände, teilweise bekritzelt, wie man kurz in Szene 1 sieht. Im Film gibt es sehr wenig Bewegung, die Ausnahmen sind in Szene 1, 9, 10 und 11 zu finden. Die Animationen sind die im Spiel schon vorhandenen Bewegungen der Charaktere. Im Falle von Szene 9, 10 und 11 sind die Animationen durch die Physik-Engine berechnete Bewegungen. Da die Roboter keine Gesichter haben, dient das rote Lämpchen in der Mitte des Kopfes gleichzeitig als Auge und Mund. Während ein Roboter spricht, blinkt das Lämpchen einmal pro Silbe. 5.1.5 Diary of a Camper Allgemeine Informationen sind in Tabelle 5.6 zu finden. Die Transkription ist in vier Szenen gegliedert, wobei das Hauptaugenmerk auf den Dialogen liegt. Die Transkription ist in Anhang A zu finden. 5. Analyse von Machinima-Beispielen 56 Tabelle 5.6: Allgemeine Informationen zu Diary of a Camper. Name Typ Diary of a Camper Inside-Out Länge 1’36” Erscheinungsjahr 1996 Autor(en) United Rangers Films Musik keine Spiel Quake Analyse Filmrealität: Diary of a Camper handelt von einer militärähnlichen Gruppierung, die scheinbar ein mittelalterliches Gewölbe nach Feinden durchsucht. Bei einer Patrouille werden zwei Mitglieder dieser Einheit von einer Person namens Camper hinterhältig getötet. Als der Kommandant der Truppe das erfährt, startet er eine Großoffensive auf den Camper, die dieser nicht überlebt. Im Nachhinein identifiziert die Truppe den Camper als John Romero. Wie man an dieser Zusammenfassung sieht, ist die Handlung sehr kurz und nicht tiefgründig. In der Tat handelt es sich um eine Verfilmung des Gameplays des Computerspiels Quake, dessen Prinzip im Töten von Gegnern liegt. Diary of a Camper spiegelt eine kurze Spielsituation wider, wobei diese durch Dialoge und eine Anspielung am Schluss bereichtert wird. Die Dialoge lassen die Charaktere, die in Wahrheit Mitglieder einer Quake-Gruppierung – eines sogenannten Clans – sind, wie Soldaten wirken. Die Anspielung am Ende des Films liegt in der Identifizierung des Campers; diese soll, neben anderen Punkten, im Absatz Bezugsrealität behandelt werden. Bezugsrealität: Diary of a Camper stellt eine Verfilmung und Parodie des Computerspiels Quake dar. Um die Beziehungen zwischen dieser Machinima und dem Spiel besser verstehen zu können, soll Quake und dessen Umfeld näher erläutert werden. Quake gehört dem Computerspielgenre FPS an und ist das erste Spiel, welches auf einer 3D-Engine basiert7 . Das Spiel hat zwei Modi – eine Einzelund eine Mehrspielervariante. Der Einzelspielermodus besteht darin, 32 Levels zu durchlaufen und dabei Computergegner auszuschalten. Dem Spieler steht dabei ein breitgefächertes Waffenarsenal zur Verfügung, bestehend aus einer Axt, Schrotflinte, Maschinengewehr, Granaten- und Raketenwerfer und 7 Quake ist im Jahr 1996 erschienen 5. Analyse von Machinima-Beispielen 57 einer futuristischen Waffe. Das Spiel wurde jedoch durch den Mehrspielermodus bekannt. Die Spieler konnten über Netzwerk oder Internet gegeneinander antreten. Das Spielprinzip hierbei ist, so viele Gegner wie möglich auszuschalten, wobei man bei Todesfall wiederbelebt wird, um weiterzukämpfen. Dieser Spielmodus wird Deathmatch genannt, ein Begriff, der vom Quake-Designer John Romero geprägt worden sein soll8 [28]. Die Deathmatches finden auf speziell angefertigten Levels statt, den sogenannten Maps (Cistern beispielsweise ist der Name einer bestimmten Map in Quake – siehe Szene 1 ). Es hat sich eine große Online-Gemeinschaft rund um Quake gebildet, Spieler haben Gruppierungen, sogenannte Clans, gegründet und Tourniere veranstaltet, um gegen andere Clans anzutreten. Mit der in Quake eingebauten Funktion, Spieleverläufe in einem kommandobasierten Dateiformat aufnehmen zu können, verbreiteten sich schnell Videos – sogenannte Demos – im Internet, die die Fähigkeiten der einzelnen Clans zur Schau stellten. Es wurden ebenfalls Demos von Einzelspielerpartien aufgenommen, wobei die Spieler das Spiel so schnell wie möglich durchspielen sollten. Diese Demos wurden Speedruns genannt und gelten als die Vorläufer von Machinima. Der Spielverlauf eines Deathmatches in Quake und seinen Nachfolgern ist sehr dynamisch, die Spieler müssen sich schnell bewegen und dabei gut zielen, um zu überleben. Es gibt jedoch einige Spieler, die sich an schwer einsehbaren Stellen der Maps verstecken und auf die Gegner warten. Läuft einer vorbei, erschießen sie ihn aus dem Hinterhalt. Diese Spieler werden passenderweise Camper genannt, wobei sie in Deathmatches sehr verpönt sind und nicht als wahre Quake-Spieler angesehen werden, da ihr Verhalten als unsportlich gesehen wird. Diary of a Camper behandelt das Thema Camping, wobei als erheiternde Ergänzung hinzukommt, dass der Camper der Game-Designer, von dem man erwarten sollte, das Spielverhalten auf solch eine Weise nicht zu missbrauchen, selbst ist. Es hat, da die Charaktere des Films allesamt Mitglieder desselben Clans namens United Rangers Clan sind, einen propagandaartigen Charakter, da gezeigt wird, dass sie gegenüber einem Camper kompromisslos sind und aus so einem Konflikt als Sieger hervorgehen. Technische Umsetzung: Diary of a Camper wurde mit Quakes Möglichkeit, Demos von Spielpartien aufzuzeichnen, realisiert, wobei die Puppeteering-Technik verwendet wurde. Für jeden Charakter in der Machinima war ein Spieler verantwortlich, sowie ein Spieler für die Kameraführung. Die Quake Engine ist im Vergleich zu aktuellen Engines in ihren Darstellungsmöglichkeiten sehr begrenzt. So bietet sie Gouraud-Shading für die beweglichen Elemente und verwendet Lightmaps für alle statischen Geometrien. Es gibt keine dynamischen Schatten und die Polygonanzahl sowie die Texturanzahl und -größe sind beschränkt. 8 http://en.wikipedia.org/wiki/John_Romero, Kopie auf DVD-ROM 5. Analyse von Machinima-Beispielen 58 Gestaltung: Bei der Betrachtung dieses Beispiels fällt sofort auf, dass es keine Schnitte gibt. Stattdessen wurde der Szenenübergang mit Kamerafahrten realisiert. Dies hilft, die räumlichen Zusammenhänge im Film zu erklären. Der Effekt ist jedoch durch die Tatsache, dass ein Spieler die Kamera gesteuert hat, sehr instabil und nicht exakt. Die Kamerafahrten sind linear und enden abrupt. Es sei aber erwähnt, dass zur Zeit der Produktion dieser Machinima noch keine Werkzeuge zur Verfügung standen, die bei der Lösung von filmtechnischen Problemen eingesetzt werden hätten können. Die Gesichter der Charaktere existieren nur als Texturen und somit ist keine Gesichtsanimation gegeben. Die Dialoge finden ausschließlich über die in das Spiel eingebaute Chat-Funktion statt, es gibt keine Vertonung. Der visuelle Stil von Quake vermischt dunkle, mittelalterliche Umgebungen mit Science-Fiction Elementen. Die Umgebungen sind dunkel und in einem monotonen Braun gehalten, und die Charaktere bieten ebenfalls wenig Abwechslung, was die Farbgebung betrifft. Einige Levels in Quake erinnern jedoch an futuristische Raumstationen, wie sie aus Science-Fiction Filmen wie Star Wars oder Alien bekannt sind. 5.1.6 Inside-Out – Schlussfolgerungen und Ausblick Die beiden Outside-In Beispiele zeigen, dass dieses Genre sehr stark von den Spielen abhängig ist, auf denen die Machinimas basieren, sowohl in visueller und technischer Hinsicht, als auch in Bezug auf den Inhalt. Die beiden Machinimas benutzen die vom Spiel bereitgestellten Assets und bringen keinen eigenen visuellen Stil hervor. Was die Handlung betrifft, so ist diese auf die Spielinhalte bezogen, aber auch auf das Umfeld des Spiels wie OnlineGemeinschaften oder Produzenten der Spiele. Diese Bezüge sind meistens parodistischer Natur und sollen beim Zuseher Belustigung und Amüsement hervorrufen. Obwohl die narrative und visuelle Qualität sowohl aufgrund sowohl technischer Begrenzungen teilweise veralteter Game-Engines und in Spielen oft fehlender Editoren, als auch wegen der häufig fehlenden Erfahrung der Produzenten im Bereich der Film- und Animationsproduktion, leidet, so werden Inside-Out Filme zum Großteil sehr positiv vom Publikum aufgenommen. Dies ist begründet in der Tatsache, dass – unabhängig von der visuellen Qualität der Computerspiele – die Zuschauer und gleichzeitig meistens Spieler mit der Grafik vertraut sind und dieser zur Wiedererkennung beliebter Charaktere und Umgebungen unerlässlich ist. Beim Entschluss, das Spiel zu spielen, haben sich die Fans bereits für den vorgegebenen Stil entschieden, sodass bei solch einer Machinima die Grafik nicht zur Debatte steht. Auf der anderen Seite stehen filmteschnische Elemente wie Schnitt, Kameraführung und weitergehend der Aufbau der Dramaturgie im Hintergrund, da die Dialoge und die darin enthaltenen Parodien, Anspielungen und Witze das zentrale Element einer Inside-Out Machinima darstellen. Die Spieler wol- 5. Analyse von Machinima-Beispielen 59 len beim Betrachten solch einer Machinima ein erheiterndes und oft etwas selbstkritisches Amüsement erleben. Was zukünftige Entwicklungen von Inside-Out Machinimas betrifft, so wird die visuelle Qualität gemeinsam mit der Entwicklung der Computerspiele wachsen, jedoch von dieser immer abhängig bleiben. Es ist auch denkbar, dass die Entwicklung immer benutzerfreundlicherer Werkzeuge und Editoren die Produktion einer Machinima immer schneller werden lässt. Was jedoch von dieser Tendenz ausgeschlossen ist, ist die filmtechnische und ästhetische Umsetzung der Machinimas, da diese nicht in der Technologie, sondern im Produzenten liegt, es sei denn, es entstünden automatisierte Systeme, die im Stande wären diese Bereiche der Produktion zu übernehmen und dabei qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erzielen. Was die narrativen Inhalte und den Handlungsbogen betrifft, so hängen diese Aspekte in jedem Fall von den Produzenten ab und es gibt keine Anzeichen, dass sich dies ändern wird. Unter Betrachtung der Zahlen in Abbildung 2.1 auf Seite 15 lässt sich ableiten, dass dieses Genre mit den Spielen weiterwachsen wird. Die Fans werden immer gerne Ergänzungen zu ihren favorisierten Computerspielen sehen und produzieren, seien es Modifikationen, Comics, oder Machinimas. Diese werden aber im Gebiet der Fan-Gemeinschaft bleiben, da aufgrund des Textual Poachings im Inside-Out Genre diese nur für die Fans Sinn haben. 5.2 Analyse des interaktiven Machinima Beispiels – Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious Durch die interaktive Natur dieses Machinima-Typs ist die Transkription und Analyse nach anderen Kriterien aufgebaut als bei den linearen Machinimas. Die Basis der Transkription stellt der Graph der Handlung dar, aufgeteilt in nicht interaktive Sequenzen und Entscheidungspunkte (kurz: E ), wobei beide Elemente beschrieben sind. Die Analyse selbst untersucht die Machinima auf den Interaktivitäts(schwach beziehungsweise stark) und Spieltyp (ludus oder paidia), und die Interaktivitätseigenschaften Prozeduralität, Mitwirkung, Räumlichkeit und enzyklopädische Natur. Weiters wird der visuelle Stil näher beleuchtet. 5.2.1 Transkription Allgemeine Informationen sind in Tabelle 5.7 zu finden. Der Film lässt sich in neun Sequenzen unterteilen, die entweder chronologisch aufgebaut oder durch insgesamt vier Entscheidungspunkte auswählbar sind. Die Verbindung der Sequenzen und Entscheidungspunkte samt Beschreibungen sind in Abbildung 5.1 zu finden. 5. Analyse von Machinima-Beispielen Abbildung 5.1: Handlungsgraph (gerichtetes Netzwerk ) von Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious. 60 5. Analyse von Machinima-Beispielen 61 Tabelle 5.7: Allgemeine Informationen zu Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious. Name Typ Inside-Out / Outside-In Hybrid Länge ca. 2’ bis 7’ (je nach Handlungspfad) Graph gerichtetes Netzwerk Erscheinungsjahr Autor(en) 5.2.2 Lord of the Rings: Gandalf’s Lost Precious 2008 Jort Bloem, Luke Niesink Musik diverse Soundtracks Spiel World of WarCraft Analyse Handlungsrealität: Diese interaktive Machinima ist in der Erzählwelt von J.R.R. Tolkiens Herr der Ringe angesiedelt. Da sie Eigenschaften des Textual Poachings zu diesem Buch aufweist, gleichzeitig aber mit dem Computerspiel World of WarCraft erstellt wurde, soll sie als ein Hybrid von den Inside-Out und Outside-In Typen betrachtet werden. Die Erzählung findet einige Jahre nach den Ereignissen aus dem Buch statt, wobei ein alternatives Ende der Originalerzählung angenommen wurde. So wurde der Eine Ring nicht, wie im Buch beschrieben, zerstört, sondern unbemerkt vom Zauberer Gandalf versteckt; weiters haben der Elbe Elrond und Gandalf Mittelerde nicht verlassen, und Aragorn ist nicht König von Gondor geworden. Gandalf hat sich zum Alkoholiker entwickelt, da er keinen Sinn mehr im Leben findet und so hat er eines Abends in einer Bar während eines Trinkspiels mit dem Zwerg Gimli den Ring verspielt, kann sich aber am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern. In diesem Moment setzt die Handlung von Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious ein. Nach der erfolglosen Durchsuchung seines Hauses nach dem Ring macht sich Gandalf zur Bar auf, um ihn dort zu suchen. In diesem Moment hat der Interaktor die Möglichkeit, Gandalf ein Bier bestellen zu lassen – was die Geschichte mit der Trinkerei des Zauberers enden lässt (siehe Sequenz 3)– oder den Barkeeper nach dem Ring zu fragen (siehe Sequenz 2 und Entscheidungspunkt 1 ). Der Barkeeper erzählt Gandalf vom Trinkspiel und so macht sich der Zauberer nach Moria auf, zu Gimlis Heimat. Dieser teilt ihm jedoch mit, dass er den Ring an Elrond weiterverkauft habe, um seine Spielschulden zu begleichen. Daraufhin reist Gandalf nach Rivendell, um mit dem Elben zu sprechen (siehe Sequenz 4 ). An dieser Stelle hat der Interaktor die Möglichkeit, Elrond freundlich oder feindselig anzusprechen (siehe Entscheidungspunkt 2 ). Wählt er die zweite Variante, bringt Elrond Gandalf um und die Geschich- 5. Analyse von Machinima-Beispielen 62 te endet (siehe Sequenz 5 ). Wählt er jedoch die zweite, so teilt ihm Elrond mit, dass er ihm den Ring nur dann zurückgeben wird, wenn der Zauberer den Freund seiner Tochter, Aragorn, umbringt (siehe Sequenz 6 ). An dieser Stelle eröffnet sich dem Interaktor eine weitere Entscheidungsmöglichkeit. Entweder beschließt er, dass der Zauberer müde ist und in die Bar zurückkehren soll, was ebenfalls, wie bei Entscheidungspunkt 1, mit der Trinkerei des Zauberers endet (siehe Sequenz 3 ), oder Gandalf nimmt das Angebot an (siehe Entscheidungspunkt 3 ). In diesem Fall reist Gandalf in die Wildnis zu Aragorn und wird ein letztes Mal vor die Wahl gestellt. Entweder er tötet Aragorn, oder er sieht ein, dass es ein Wahnsinn ist und erzählt Aragorn von Elronds Plan (siehe Entscheidungspunkt 4 ). Im ersten Fall kehrt Gandalf nach dem Mord an Aragorn zu Elrond zurück, erhält wie versprochen den Ring, und die Geschichte endet mit einer Trinkerei von Gandalf und Elrond (siehe Sequenz 9 ); im zweiten Fall beschließen Gandalf und Aragorn, Elrond zu töten. Nach der Tat bekommt der Zauberer seinen Ring wieder und beide betrinken sich zur Feier des Tages (siehe Sequenz 10 ) und die Geschichte endet ebenfalls. Die Charaktereigenschaften von Gandalf, Elrond, Gimli und Aragorn in dieser Machinima unterscheiden sich von denen der Buchvorlage stark; sie sind als – teilweise brutale – Trunkenbolde dargestellt, vor allem Gandalf. Dies wäre, den Beschreibungen und Handlungen im Buch nach, undenkbar. Durch Reduktion von Charakter und Handlung sollte die Geschichte für jede Person nachvollziehbar sein, obwohl sie auf J.R.R. Tolkiens Werk basiert und deshalb die Eigenschaften von Inside-Out Machinimas aufweist. Interaktivitäts- und Spieltyp: Die nichtlineare Geschichte ist mit dem interaktiv schwachen Modell des gerichteten Netzwerks realisiert. Obwohl mit diesem Modell die Anzahl der Handlungsstränge sehr gut reduzierbar ist und somit nach Ryans inproportionalem Verhältnis von Pfadanzahl zur Qualität der Narration [26, S. 257] die Geschichte gut ausgearbeitet sein könnte, ist sie in diesem Fall nicht tiefgründig und sehr linear, denn ein Zweig bei jedem Entscheidungspunkt führt sofort zu einem Ende der Geschichte (siehe Abbildung 5.2. Durch diesen Zustand wird das Gefühl erweckt, dass eine der beiden Auswahlen die inkorrekte ist und mit einem vorzeitigen Ende der Geschichte den Interaktor bestraft. Es entsteht ein Gefühl der Aporia, da die falsche Auswahl einer Niederlage ähnelt und man von vorne wieder beginnen muss. Dadurch weist diese Machinima Charakteristika eines Agon-Spiels auf, womit sie sich für den ludus-Spieltyp klassifiziert und somit mehr Ähnlichkeiten mit einem Computerspiel aufweist als mit interaktiver Narration. Um dieses Beispiel als paidia-Spieltyp zu sehen, müssten alle Pfade detaillierter ausgearbeitet sein als es hier der Fall ist, damit jede Entscheidung zu einer interessanten Geschichte führt und der Interaktor somit nicht das Gefühl der Aporia empfindet. 5. Analyse von Machinima-Beispielen 63 Abbildung 5.2: Vereinfachte Darstellung des gerichteten Netzwerks von Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious. Prozeduralität: Die Darstellung dieses Machinima-Beispiels bilden aufgenommene Videos, deren Abspielen durch die Entscheidungspunkte erfolgt. Demnach ist das einzige prozedurale Element das in Adobe Flash implementierte Interface zur Ansteuerung der Videos, das durch Klicken mit der Maus auf die jeweilige Textzeile aktiviert wird. Es finden keine weiteren Berechnungen statt. Mitwirkung: Die einzigen Elemente der Mitwirkung sind die Entscheidungspunkte 1 bis 4, mit denen man die Geschichte beeinflussen kann. Die Anzahl der Entscheidungsmöglichkeiten ist jedoch sehr gering, und die Anordnung dieser erlaubt nur fünf verschiedene Handlungen mit vier verschiedenen Enden. Der Interaktor ist nicht im Stande, die Welt oder die Geschichte auf eine andere Art zu beeinflussen. Räumlichkeit: Da, wie schon erwähnt, die Darstellung der Welt durch Videos realisiert ist, kann der Interaktor nicht frei durch die Welt navigieren und ist auf die angebotenen Einstellungen der Filme angewiesen. Es ist demnach auch nicht möglich, die Perspektive zu wechseln, um verschiedene Aspekte der Welt zu betrachten. Der einzige Navigationsraum ist die durch das gerichtete Netzwerk realistierte Narrationsebene. Enzyklopädische Natur: Die enzyklopädischen Elemente dieses Beispiels sind gering. Es existieren neun Videosequenzen, mit Musik untermalt, es gibt jedoch keine Sprachausgabe und die Dialoge sind durch Textausgaben realisiert. Bis auf Sequenz 1 gibt es keine weiteren Informationen über die Welt, die man aufrufen könnte. Gestaltung: Die Aufnahmen wurden mit dem Computerspiel World of WarCraft realisiert, und aufgrund der Architektur des Spieles, die keine Modifikationen erlaubt, basiert der visuelle Stil dieser Machinima auf dem des 5. Analyse von Machinima-Beispielen 64 Spieles. Da aber World of WarCraft eine Fantasy-Welt mit Zauberern, Zwergen, Elfen darstellt und sogar einige Orte denen von Herr der Ringe ähneln – beispielsweise die in den Berg gehauene Zwergenstadt Ironforge in World of WarCraft und die ebenfalls in einem Berg befindliche Zwergenstadt Moria in Herr der Ringe –, eignet sich das Setting für die Geschichte gut. Der komikhafte Look von World of WarCraft unterstützt dabei den unseriösen Inhalt der Geschichte. Die Kamerafahrten wurden nicht animiert, sondern mit der Maus während des Drehs gesteuert, weshalb die Bewegungen schnell und abrupt sind und teilweise durch Objekte und Wände hindurchgehen. Die Musik wurde aus mehreren Quellen entommen: einerseits hört man Stücke aus dem Originalsoundtrack der filmischen Adaptation von Herr der Ringe von Howard Shore, andererseits hört man Musik aus World of WarCraft und dem Fantasy-Rollenspiel Zelda: Wind Waker. 5.2.3 Interaktives Beispiel – Schlussfolgerungen und Ausblick Wie aus dem Beispiel erkennbar ist, befindet sich interaktive Machinima in einer Anfangsphase, in der die Möglichkeiten des interaktiven Mediums noch nicht ausgeschöpft sind. Zum einen sieht man das an der Verwendung des schwachen Interaktivitätstyps, zum anderen daran, dass die Handlungspfade nicht tiefgründig sind und schnell enden, was in einem kurzen Spielerlebnis resultiert. Weiters wird nicht die Game-Engine selbst zur implementierung der Interaktivität benutzt, sondern externe Werkzeuge wie HTML oder Flash. Dies bringt deutliche Einschränkungen gegenüber einer navigierbaren 3D-Umgebung mit sich. Eine mögliche Erklärung jedoch für die Verwendung von externen Werkzeugen kann die Distribution von Machinimas sein. Diese werden hauptsächlich im Internet veröffentlicht und können mit Flash-Player sofort angesehen werden. Durch den Einsatz von HTML beziehungsweise Flash weisen die aktuellen interaktiven Machinimas den Charakter von interaktiven Erzählungen wie des bereits erwähnten Beispiels The Afternoon auf, mit dem Unterschied, dass statt eines Textes Bild und Ton zur Fortsetzung der Handlung verwendet werden. Dies bedeutet, dass der Benutzer keinen wahren Einfluss auf die Handlung hat. Er kann lediglich zwischen vorgefertigten Pfaden wählen und ist somit höhergestellt als die Handlung. Das hat zur Folge, dass die Immersion in die Geschichte kaum stattfindet. Wäre die Interaktivität mit dem starken Typ realisiert, so würde er imstande sein, aktiv an der Generierung des Textes und somit der Geschichte teilzunehmen. An dieser Stelle sei auf das sogenannte interaktive Drama Façade verwiesen, das den starken Interaktivitätstyp einsetzt. Der Interaktor kann sich in der virtuellen Welt bewegen und durch eigene Texteingaben mit den virtuellen Charakteren kommunizieren, er ist also nicht an eine begrenzte Anzahl an Entscheidungsmöglichkeiten gebunden. Dadurch findet Immersion statt und der Benutzer ist aktiv an der Erstellung der Handlung beteiligt. Würden 5. Analyse von Machinima-Beispielen 65 interaktive Machinimas diese Technik einsetzen, so wären sie eindeutig von interaktiven Geschichten abgrenzbar, was jedoch zur Zeit der Verfassung dieser Arbeit nicht der Fall ist. Würde man die Interaktivität jedoch direkt in der Game-Engine implementieren, so müsste der Spieler die Modifikation zuerst aus dem Internet herunterladen und dann installieren, ein Prozess, der unter Umständen langwierig und kompliziert sein kann. Eine weitere Erklärung für die Meidung der Engine als Realisierungsmöglichkeit für die Interaktivität ist die Tatsache, dass häufig eine komplette Modifikation des Spiels geschrieben werden muss, was in manchen Spielen sehr kompliziert oder unmöglich ist. Dazu kommt noch das Problem, dass der mit der Produktion verbundene Aufwand viel höher ist als bei einer linearen Machinima. Betrachtet man auf der anderen Seite die Computerspielindustrie, so sieht man, dass es erstens wenige Studios gibt, die versuchen, ihren Geschichten nichtlinear zu gestalten, da dies erstens sehr kostspielig ist und zweitens sind noch keine Systeme der starken Interaktivität für die Narration entstanden, die kommerziell erfolgreich einsetzbar wären. Aus dieser Tatsache lässt sich erkennen, dass die Produktion von wahrhaftig nichtlinearen Geschichten ein Problem ist, welches sich nicht auf den Bereich der Machinima-Produktion beschränkt und dessen Lösung die Spielindustrie selbst noch nicht gefunden hat. Betrachtet man weiters die zahlenmäßige Überlegenheit an linearen Inside-Out Machinimas im Vergleich zur verschwindend geringen Zahl an interaktiven Machinimas, so ist schwer abzusehen, wie sich dieses Genre in Zukunft entwickeln wird. Da die Machinima-Produzenten sich der Computerspiele bedienen, um Geschichten zu erzählen, wäre es möglich, dass interaktive Machinimas erst dann einen Aufschwung erleben, wenn ein einfach zu bedienendes System zur Produktion nichtlinearer Handlungen von der Spielindustrie zur Verfügung steht. 5.3 Analyse des Live-Machinima Beispiels – Ein kleines Puppenspiel Die Analyse dieses Beispiels findet in mehreren Bereichen statt. Neben der Handlungsrealität und dem visuellen Stil soll daher auf die Art der Interaktion mit dem Werk eingegangen werden, sowie den dahinter liegenden technischen Lösungen. Auf diese Weise soll ermittelt werden, wie weit sich Machinima von ihren Ursprüngen entwickelt hat und welche weitere mögliche Evolution diesem Genre bevorsteht. Auf die Handlung soll in diesem Beispiel lediglich kurz in Abschnitt Handlungsrealität eingegangen werden. Eine genaue Abhandlung über die Narration befindet sich in [12]. Allgemeine Informationen sind in Tabelle 5.8 zu finden. 5. Analyse von Machinima-Beispielen 66 Tabelle 5.8: Allgemeine Informationen zu Ein kleines Puppenspiel. Name Typ Länge Ein kleines Puppenspiel Outside-In ca. 8’00” Vorführungsjahr Autor(en) 5.3.1 2008 Friedrich Kirschner Musik Sebastian Zangar, Jacob Korn Spiel Unreal Tournament 2004 Analyse Handlungsrealität Am Anfang sieht man eine fragile, humanoide Figur, die zu einem Tisch geht. Dort hebt sie einen Löffel auf und isst aus dem Teller. Sobald sie fertig ist, verlässt sie den Raum und betritt einen anderen, in dem sich eine Maschine mit großen Zahnrädern und zwei Hebeln befindet. Die Figur geht zu den Hebeln und fängt an, sie zu bedienen. In diesem Moment wird die Stadt, die man aus Person2184 kennt, gezeigt. Die Häuserfronten sind schwarz-weiß, auf denen sich Displays mit dem Video der rothaarigen Frau befinden. Man sieht mehrere, der ersten ähnliche Figuren, die durch die Stadt gehen. Eine jedoch steht an einem Fleck und und bewegt ihre Arme und scheint sich umzusehen. Die erste Figur betätigt die Hebel noch immer. Plötzlich lösen sich alle durch die Stadt gehenden Figuren in Staub auf und fliegen durch die Luft. Die stehende Figur sieht dabei zu. Die Maschine und der Raum, in dem sich diese befindet, löst sich ebenfalls auf, nur die Figur bleibt verschont. Die in der Stadt stehende Figur fällt plötzlich um und die Vorführung endet. Interaktion und Technische Umsetzung Die Interaktion mit dem Werk liegt primär bei den Aufführern, wobei vier Personen notwendig sind. Eine Person steuert die erste Figur mit einem aus Gametrak-Controllern gebauten Marionettenkreuz und einem WiiMoteController, eine Person steuert die zweite Figur durch einen selbstgebauten Motion-Capture Anzug, eine Person bedient die Kamera und macht den Schnitt, und die vierte Person spielt während der Aufführung die Musik und mischt den Ton ab. Die Zuschauer haben im Grunde keinen Einfluss auf die Vorführung, jedoch dürfen sie nach dieser die Machinima selbst ausprobieren, wie es bei der Aufführung bei CyNet Art in Dresden war. Dieses Stück wurde mit der Unreal Tournament 2004 Modifikation Moviesandbox erstellt. 5. Analyse von Machinima-Beispielen 67 Moviesandbox Kirschners Modifikation zur Erstellung jedlicher Art von Machinimas verdient aufgrund ihrer Möglichkeiten besondere Aufmerksamkeit und soll in diesem Abschnitt kurz näher beleuchtet werden. Moviesandbox ist ein auf Unreal Tournament 2004 basierendes Werkzeug zur Erstellung von Machinima-Filmen. Die Produktion basiert jedoch nicht auf einer Zeitleiste, sondern auf einem knotenbasierten System zur verbindung von Elementen. Dadurch, dass Moviesandbox eine Modifikation ist, hat der Benutzer Zugriff auf jegliche Ressourcen des Spiels, er kann jedoch ebenfalls eigene Assets mit diesem Werkzeug erstellen. Weiters ist es möglich, diese Modifikation durch eigene Programme zu erweitern oder zu ändern. Eine neuere Version dieses Programms basiert auf C++ und OpenGL und ist somit von Unreal Tournament 2004 völlig unabhängig. Beide Versionen sind frei erhältlich. Die eigenen Assets werden mittels einer auf Voxeln basierenden Technik gemalt. So bestehen die Umgebungen und Charaktere aus verschiedenfarbigen Punktwolken, wobei die Punkte unterschiedliche größen haben können. Diese Tatsache bestimmt grundlegend den visuellen Stil und ist in Kirschner’s neueren Produktionen deutlich sichtbar. Neben der Moviesandbox hat Kirschner vier externe Programme geschrieben, die mit dieser kommunizieren [13]: Audio Tool. Dieses Programm dient zur Analyse der Tonwellen in einer Wave-Datei, oder dem Eingangssignal eines Mikrofons. Es werden mouthopen Befehle an die Moviesandbox für einen Charakter geschickt. Dies hat zur Folge, dass der Charakter, dem Ton entsprechend, in Echtzeit seinen Mund auf- und zumacht und so ein gewisser Grad an Lippensynchronität gewährleistet ist und eignet sich so für Live-Aufführungen. Multi HID Input. Dieses Werkzeug dient zur Kommunikation zwischen Moviesandbox und verschiedenen Eingabegeräten wie Gamepads, dem bewegungssensitiven WiiMote-Controller für die Konsole Nintendo Wii, oder dem schon erwähnten Gametrak-Controller. Tracer. Dieses Programm wird dazu verwendet, um Bilder in Voxel umzuwandeln. Benötigt sind ein Bild mit Farbinformation und eines mit der Höheninformation. Milkscanner. Dieses Werkzeug erlaubt es, die Höheninformation echter Objekte mit Hilfe einer Webcam zu ermitteln. Das Objekt muss in eine kontrastreiche Flüssigkeit eingelegt werden, beispielsweise in Milch oder dunklem Essig, und man muss pro Bild immer mehr Flüssigkeit dazugeben, bis das Objekt völlig eingetaucht ist. Die aus den fotografierten Schichten erhaltene Höheninformation kann nachher mit dem 5. Analyse von Machinima-Beispielen 68 Abbildung 5.3: Gametrak-Controller, aus [12, S. 13]. Tracer -Programm verwendet werden, um eine voxelbasierte Abbildung des Objekts zu erzielen. Kirschners Ziel ist es, auf teure Software und Hardware zu verzichten, um Filme oder Installationen zu realisieren, und Moviesandbox und die zusätzlichen Programme ermöglichen diese Realisierung mit handelsüblichen und kostengünstigen Produkten. Es sind keine teuren Motion-Tracking Systeme notwendig. Eingabegeräte Gametrak : Gametrak ist ein Eingabegerät, das im Jahr 2004 von der Firma In2Games veröffentlicht wurde. Es eignet sich beispielsweise für das Kampfspiel Dark Wind oder das Golfspiel Real World Golf für die Playstation 2. Es besteht aus einem Gehäuse, in dem zwei ausziehbare Schnüre befestigt sind. Mit diesen Schnüren lassen sich Länge und Winkel mittels Potentiometern ablesen (siehe Abbildung 5.3). Kirschner verwendete zwei dieser Geräte, um das digitale Marionettenkreuz für die erste Figur zu realisieren [12, S. 13]. WiiMote: WiiMote ist der kabellose Controller, der gemeinsam mit der Konsole Nintendo Wii veröffentlicht wurde. Es hat mehrere Knöpfe und einen 3-Achsen-Beschleunigungs- sowie Infrarotsensor, mit dem sich Position und Bewegungen im Raum aufzeichnen und für ein Spiel verwenden 5. Analyse von Machinima-Beispielen 69 Abbildung 5.4: Motion-Capture Anzug, aus [12, S. 22]. lassen. Kirschner verwendete den WiiMote-Controller, um die Rotation des Kopfes der ersten Figur zu steuern [12, S. 13]. Motion-Capture Anzug: Für die zweite Figur wurde ein Motion-Capture Anzug für diese Machinima von Mika Satomi und Hannah Perner Wilson angefertigt. Es verwendet den Arduino Micro-Controller und biegsame Touchpad-Sensoren, um die Bewegung zu erfassen (siehe Abbildung 5.4). Je nach Biegung fließt mehr oder weniger Strom zum Micro-Controller, womit der Grad der Rotation der Arme der zweiten Figur ausgewertet wird [12, S. 21]. Gestaltung Durch die voxelbasierte Grafik von Moviesandbox hat diese Machinima einen eigenen visuellen Stil, wobei Unreal Tournament 2004 nicht mehr zu erkennen ist. Die Figuren, die mit Tracer und Milkscanner angefertigt wurden, wirken sehr fragil. Dies wird duch die Kameraführung, die regelmäßig ruckt und flimmert, sowie die Bewegungen der Figuren, die auf Grund der Handhabung der Eingabegeräte sehr unsicher und zappelnd aussehen, unterstützt. Die Fragilität der Figuren wird in dem Stück bewusst eingesetzt, als sich die Figuren und der Maschinenraum in die einzelnen Voxel auflösen und durch die Luft wirbeln. Das einzig stabile Element scheint die Stadt zu sein. Die Leinwand ist jedoch nicht das einzige Element der Bühnenaufführung. 5. Analyse von Machinima-Beispielen 70 Ivana Kalc, die Person, welche über den Motion-Capture Anzug die zweite Figur steuert, bewegt sich auf der Bühne in einer Art Tanz zur Musik. Dadurch, dass am Anzug lange Kabel befestigt sind, entsteht die Wirkung, als ob die Rollen der Tänzerin und der virtuellen Figur vertauscht wären – die Tänzerin erweckt den Eindruck, als wäre sie die Marionette und sich nach den Vorgaben der Figur bewegen würde. 5.3.2 Live-Beispiel – Schlussfolgerungen und Ausblick Vergleicht man Ein kleines Puppenspiel mit einer linearen Inside-Out Machinima aus den Anfängen dieses Genres, wie beispielsweise Diary of a Camper, so sieht man die Entwicklung und das Potential von Machinima deutlich. Neben Interaktion ist die Nutzung neuer Eingabegeräte und die Entwicklung eines eigenen, neuen visuellen Stils möglich, was Machinima zu mehr als dem Erstellen von Filmen in einer virtuellen 3D-Echtzeit-Umgebung macht. Lineare Inside-Out Machinimas, die als Medienwechsel von Computerspiel zum Film gesehen werden können [4, S. 29–44], berauben das Spiel eines seiner Kernelemente, nämlich der Interaktivität. Live-Machinimas hingegen bauen auf dieser auf, wobei sie zum Gegenstand von Untersuchungen und Auseinandersetzungen wird. Es findet weiters ein Spieltypwechsel statt. Anstatt sich von Regeln eines ludus-Spiels binden zu lassen, sind Live-Machinimas ein gutes Beispiel für die Basis der Erforschung des paidia-Spieltyps, deren Grenzen im Prinzip die Kreativität und Fantasie der Spielenden darstellen. Diesen Zustand sieht man an der Erweiterung von Computerspielen mit eigenen Programmen, der Anbindung an traditionelle Schauspiele wie Theater oder Marionettenspiele, und an der Auseinandersetzung mit der Natur der Computerspiele selbst und deren Hinterfragung. Es werden, wie die Definition von paidia es vorgibt, und im Speziellen der Ilinx -Typ, verschiedene Möglichkeiten und Wege ausprobiert, mit Computerspielen umzugehen und diese in ihre Einzelteile zu dekonstruieren und neu zu konfigurieren. Hierbei scheint der Prozess des Erstellens von Live-Machinimas im Vordergrund zu stehen, der im Grunde das Ilinx -Spiel ist, als die Ausstellung des Endresultats selbst. Im Falle von Ein kleines Puppenspiel, aber auch nybble-enginetoolZ, findet die Produktion der Machinima auch während der Ausstellung statt – hierbei werden die Elemente der Echtzeit und der Interaktivität zum essentiellen Bestandteil des Werkes, aber dienen ebenfalls zur Betonung des nicht vollends Erfahrbaren, wie Gerrards Werke es zeigen. Was die zukünftige Entwicklung dieses Genres betrifft, so gibt es immer mehr Live-Aufführungen und vor allem interaktive Installationen, die Game-Engines benützen. Einer der Gründe für das Wachstum dieses Genres sind die steigenden Kapazitäten von Computern und die damit verbundene Entwicklung von aufwändigen Game-Engines, die einerseits ein breiteres Spektrum an visuellen Stilen darstellen können, andererseits erweiterbar und konfigurierbar sind. Weitere technische Möglichkeiten bieten neue alternati- 5. Analyse von Machinima-Beispielen 71 ve Eingabegeräte wie Gametrak oder WiiMote. Jedoch einer der wichtigsten Gründe ist die Erkenntnis der Künstler und Architekten dieser Werke, dass Computerspiele eine immer größere Präsenz in der Medienwelt aufweisen und nicht mehr auf eine kleine Zielgruppe ausgerichtet sind. Computerspiele bieten immer bessere Möglichkeiten, Geschichten zu erzählen, und eignen sich für neue Ausdrucksformen. Live-Machinima scheint eine Form der intensiven Auseinandersetzung mit dem Medium Computerspiel zu sein, und es lässt sich so eine Parallele zur Entwicklung und dem Experimentieren mit dem Medium Film am Anfang des 20. Jahrhunderts sehen [21, S. 65–66]. Durch verschiedene Festivals und Messen sind Vertreter sowohl der Film- als auch Computerspielindustrie auf Machinima aufmerksam geworden, und es kann ein künstlerischer und technischer Austausch stattfinden, der Einfluss auf jeden Bereich haben kann. Es ist nicht möglich, vorauszusagen, in welche Richtung die Entwicklung von Live-Machinimas gehen wird, jedoch ist klar, dass Computerspiele nicht nur inhaltlich, sondern auch formell Einfluss auf diese haben und durch die starke mediale Präsenz Thema einer künstlerischen Auseinandersetzung sind. Kapitel 6 Schlusswort Das Ziel dieser Arbeit war es, die zukünftige Entwicklung von Machinima zu untersuchen. Hierfür wurde die aktuelle Entwicklung dieser kreativen Form untersucht, und es wurde zwischen drei Genres unterschieden: der linearen Machinima, der interaktiven Machinima und Live-Machinima. Im Falle der linearen Machinima wurde zwischen Outside-In und InsideOut Typen unterschieden, und der Stellenwert dieses Genres für Industrie, den Amateur- und Kunstbereich untersucht. Es wurde ebenfalls erörtert, welche Position lineare Machinima in der Medienlandschaft einnimmt. Anhand dieser Untersuchungen wurden vier Machinima-Beispiele analysiert und Schlussfolgerungen gezogen, in welcher Richtung sich diese Form weiterentwickeln wird. Im Falle von Outside-In Machinimas, die Computerspiele im Grunde lediglich als Render-Engine benutzen, wird die Bezeichnung Machinima irrelevant, da eines der Ziele der Animationsindustrie darin besteht, schnellstmögliche – und in diesem Sinne echtzeitfähige – Renderer zu entwickeln und laut Marino der technische Fortschritt dies in Zukunft ermöglichen und somit kein Unterschied zwischen linearer Machinima und 3D-Animation bestehen wird [16, S. 11]. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Industrie die neue Technologie Machinima nennen wird, auch wenn echtzeitfähige Renderer entwickelt werden, da sich die Begriffe 3D-Animation und CG-Animation bereits etabliert haben und weiterhin gültig sein werden. Im Falle des InsideOut Typs, der im Prinzip eine Form des Textual Poachings ist, und zu dem Filme, die sich auf die darunterliegenden Computerspiele beziehen und diese häufig parodieren, gehören, ist es wiederum sehr wahrscheinlich, dass der Name bestehen bleibt. Acar hat Zweifel geäußert, dass, aufgrund der nach den Computerspielen getrennten Machinima-Bewegung, diese aufhören wird zu existieren [14, S. 25–27], doch betrachtet man die analysierten Inside-Out Beispiele, so sieht man, dass seit zwölf Jahren die Fans der Spiele einerseits diese Filme gerne sehen und andererseits sie gerne produzieren. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass sich dieses Genre selbständig weiterentwickeln wird. Die behandelten Computerspiele sind untrennbare Kernelemente dieser Machini- 72 6. Schlusswort 73 mas und das Ziel ist die Unterhaltung und das Amüsement der Fans, jedoch nicht mehr. Da es sehr wenige Machinimas mit interaktiver Narration gibt, wurde das Thema aus einer theoretischen Sicht betrachtet und das Potential dieses Genres untersucht, wobei Anlehnung in Murrays [21] und Ryans [26] Abhandlungen über Narration in virtuellen Umgebungen und Hartmanns [4], Huizingas [5] und Adams [1] Arbeiten im Bereich der Spieltheorie gefunden wurden. Um jedoch den interaktiven Typ von Machinima von Computerspielen zu unterscheiden, wurde der paidia-Spieltyp vorgeschlagen. Dieser würde eine nicht-wettbewerbsorientierte Spielart mit der Narration ermöglichen, in dem es gilt, verschiedene Möglichkeiten und Pfade der Geschichte auszuprobieren. Die existierenden interaktiven Machinimas sind jedoch sehr kurz und nicht tiefgründig und vermitteln dadurch das Gefühl eines ludus-Spieltyps. Weiters wird die Interaktions- und Echtzeitfähigkeit der Game-Engines nicht genutzt, sondern auf einfachere und bekanntere Mittel wie HTML oder Flash zurückgegriffen. Dies schränkt die Entwicklung der Interaktivität stark ein, wie aus dem Analysebeispiel Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious ersichtlich ist. Es ist in diesem Fall unmöglich, eine Aussage über die zukünftige Entwicklung dieses Genres zu treffen, da die Computerspielindustrie selbst noch kein System entwickelt hat, das die starke Interaktivität zur Generierung von nichtlinearer Narration verwendet. Der Einsatz dieser ist jedoch wichtig, um interaktive Machinima von interaktiver Narration wie The Afternoon abzugrenzen. Das bereits erläuterte, interaktive Drama Façade scheint in diesem Fall wegweisend zu sein und eine weitere Erforschung der Interaktivität in dieser Richtung wäre wünschenswert. Anhand der Machinima-Beispiele, die tatsächlich als interaktive Machinimas bezeichnet werden, ist eine Entwicklung in dieser Richtung jedoch nicht feststellbar. Das letzte Genre wurde in zwei Kategorien eingeteilt: in Live-ShowMachinimas und Live-Machinimas, wobei die erste kabarettartige Bühnenauftritte wie Larry und Lenny: Common Sense Cooking bedeutet und die zweite interaktive Installationen und digitale Puppentheater beinhaltet. Der Schwerpunkt in dieser Arbeit liegt in der zweiten Kategorie, und so wurde auch das Puppenspiel von Kirschner analysiert. Es wurde festgestellt, dass diese Form von Machinima eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Medium Computerspiel ist. Es werden sowohl die inhaltlichen als auch die formellen Aspekte von Computerspielen in den Werken behandelt, indem sie in ihre Einzelteile zerlegt und wieder neu angeordnet werden. So wird aus einem FPS ein intuitives Puppenspiel, und aus einem Deathmatch eine pazifistische Aktion und Visualisierung aus der Perspektive des Computers. Das Computerspiel hat durch die immer größere mediale Präsenz Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sodass es sich nicht nur als Untersuchungsobjekt für soziologische Studien eignet, sondern auch als Objekt und Thema der Kunst. Aufgrund der Tatsache, dass das Potential von Computerspielen noch nicht vollständig erforscht worden ist [21, S. 28], ist es sehr wahrscheinlich, dass 6. Schlusswort 74 diese Form von Machinima sich ebenfalls mit den Computerspielen weiterentwickeln und Möglichkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit diesen bieten wird. Die in Kapitel 2 vorgestellte Definition von Machinima ist nicht mehr aktuell. Machinima kann den untersuchten Genres nach eine 3D-Animation, ein Mittel zur mehr oder weniger amateurhaften Darstellung von Fan-Fiction, eine interaktive Geschichte, ein Bühnenauftritt, ein Puppenspiel oder eine interaktive Installation sein. Machinima ist aber kein Medium, sondern ein Teil der Medien Film und Computerspiel, und ein Mittel zur spielerischen, aber auch kritischen und künstlerischen Auseinandersetzung mit den Medien Computerspiel und Film beziehungsweise 3D-Animation. Es ist ebenfalls ersichtlich, dass je nach Genre die Entwicklung von Machinima aufgrund unterschiedlicher Motivationen verschieden verläuft und somit keine allgemeine Voraussage für die zukünftige Entwicklung getroffen werden kann. Den aus den Analysen rückgeschlossenen Tendenzen nach lässt sich jedoch behaupten, dass Machinima nicht in jeder Form aufhören wird zu existieren, wie Acar behauptet. Es ergibt allerdings keinen Sinn, Machinima als eine alternative Produktionsform von 3D-Animationen zu definieren, da zum einen in Zukunft ohnehin kein Unterschied zwischen den beiden bestehen wird, und zum anderen sich Machinima über diese Definition hinaus weiterentwickelt hat. Weiters wird in der Fan-Szene im Falle von Inside-Out Produktionen stark zwischen den Computerspielen unterschieden, weshalb Bezeichnungen wie Quake- oder WarCraft-Movies zutreffender sind als ein allgemeiner Terminus und zugleich keine Verwirrung durch Behauptungen entsteht, dass Machinima unter der jetzigen Definition ein eigenes Medium sei [16, S. 3]. In Anbetracht dessen, dass viele Live-Aufführungen und Installationen, die virtuelle Echtzeit-3D-Umgebungen einsetzen, ebenfalls Machinima genannt werden, wird zum Abschluss eine neue Definition vorgeschlagen: Machinima are realtime-3D-augmented, interactive performances and installations. Diese Bezeichnung entspricht vor allem der Definition von Live-Machinima. Da die Aufführungen nicht ausschließlich aus den von der Engine gelieferten Bildern bestehen, sondern eine Vermischung der Medien vorliegt, wurde bewusst das Wort augmented gewählt, um zu betonen, dass die Echtzeit3D-Bilder lediglich einen Teil des Werkes darstellen. So sind zum Beispiel die Tänzerin auf der Bühne in Kirschners Ein kleines Puppenspiel oder der Installationsraum in Jahrmanns und Moswitzers DanceMachine ebenfalls ein integraler Teil des Gesamtkonzeptes. Die Bezeichnung Machinima, die aus den Wörtern machine, cinema und animation besteht und somit die ursrprüngliche Definition andeutet, sollte aber beibehalten werden, um an die Herkunft dieser neuen Kunstform zu erinnern. Anhang A Transkriptionen A.1 Apocalypsis Ex Machina Die Transkription ist auf den nächsten fünf Seiten zu finden. 75 Einst. Abbildung Startzeit Seq. Teil Beschreibung 0’00’’ 2 0’13’’ Es ist ein größerer ausschnitt der Menschengruppe zu sehen. Es wird erkennbar, das sie sich in einem dunklen Raum befindet. Der Ton, die Farben und das Licht ändern sind wie in Einst. 1. Die Kamera folgt langsam der Menschengruppe. 0’20’’ 4 0’24’’ 5 0’29’’ 6 0’32’’ Es ist ein anderer Ausschnitt des Raumes zu sehen, die Menschen sind außer Sicht. Es gibt gibt keinen Boden, es sind aber Säulen und eine schmutzige Rinne zu sehen. Ton, Farbe und Beleuchtung sind wie in Einst. 1 und 2. Die Kamera fährt langsam von links nach rechts. 1. Introduktion 3 1. Einführung in das Universum durch langsame Kamerafahrten 1 Die Menschen, dargestellt als flache Abbildungen, bewegen sich in der Gruppe. Es ist ein ruhiger Chorgesang zu hören, neben Wassertropfen und athmospärischem Klang. Die Farben sind dunkel und in einem eintönigen braun und gelb gehalten, das Licht ist schwach. Die Kamera bewegt sich langsam nach rechts. Ein weiterer Ausschnitt des Raumes wird dargestellt, man sieht die untere Hälfte einer Statue, im Hintergrund befindet sich eine weitere. Der Chor singt weiter, die Farben sind eintönig, die Beleuchtung ist jedoch heller. Die Kamera bewegt sich langsam von unten nach oben. Es ist ein Ausschnitt eines dunklen Kirchenfensters zu sehen. Der Ton und die Musik ändern sich nicht, die Farbe und die Beleuchtung sind nach wie vor eintönig und schwach. Die Kamera bewegt sich langsam von oben nach unten. Die obere Hälfte einer weiblichen Statue, die mit Diademen geschmückt ist, wird dargestellt. Das Licht ist hell und ähnelt Sonnenlicht. Die Kamera bewegt sich langsam von links nach rechts. 0’38’’ 8 0’45’’ Die Titel werden eingeblendet: Name des Animation, Author, Komponist, Name der Hochschule und das Jahr. Den Hintergrund stellt ein schmutziges, altes Stück Pergament dar. Eine bedrohliche, dunkle Orchestermusik begleitet das Bild. 2. Titel 7 Es ist wieder die Menschengruppe zu sehen. Man hört einen dumpfen, verzerrten Schrei, der immer lauter wird. Die Kamera bewegt sich langsam in die Tiefe. Am Ende leuchtet eine dünne Säule auf und eine Lichtquelle fliegt nach oben, von einem dumpfen, lauten Ton begleitet. 1’21’’ Es ist ein Auschnitt eines Uhrwerks zu sehen. Die Lichtquelle aus Einst. 7 schießt ins Uhrwerk, was das Aufleuchten von bunt bemalten Lämpchen und schließlich des Zeigers zur Folge hat. Der Zeiger rotiert und bleibt über einer Tafel stehen, auf der eine römische Eins aufleuchtet. Die Musik ist angespannt, surreale Töne markieren das Aufleuchten der Lämpchen. 10 1’30’’ Kamerafahrt von oben nach unten, entlang eines hohen, gotischen Kirchenfensters. Das Fenster leuchtet mit einem, kurzen, verzerrten Chorgesang gelb auf, das Bild von einem Reiter ist zu sehen. Unter dem Fenster befindet sich die Rinne, aus dem eine rot-orange, grelle Flüssigkeit zu fließen beginnt. Die Orchestermusik ist schnell und dramatisch. 11 1’36’’ Es ist zu sehen, dass die Flüssigkeit auf die Menschengruppe spritzt und sich langsam auf dem Boden sammelt. Die Menschen bewegen sich ein wenig schneller. Die Kamera fährt langsam in Richtung des Flüssigkeitsstrahls. 9 Einst. Abbildung Startzeit Seq. Teil Beschreibung Es ist wieder der Zeiger mit dem Abbild eines Lamms zu sehen. Der Zeiger rotiert und bleibt über der Tafel mit einer römischen Zwei stehen, die ebenfalls aufleuchtet. Die Kamera fährt langsam in Richtung der Tafel. 1’40’’ 13 1’43’’ 14 1’45’’ Ein kleiner Ausschnitt eines weiteren Fensters ist zu sehen, das grün Aufleuchtet. Kurz davor ist das Geräusch der aufleuchtenden Tafel zu hören. Auf dem Fenster ist ein Abbild eines weiteren Reiters. Die Kamera bewegt sich langsam auf das Fenster zu 15 1’47’’ Ein weiteres Fenster leuchtet auf, jedoch in violetter Farbe. Ein weiterer Reiter ist zu sehen, begleitet von mehreren Figuren. Die Kamera bewegt sich langsam von unten auf das Fenster zu. 16 1’51’’ Es wird die Menschengruppe gezeigt, und es ist sichtbar, dass vier Strahlen der grellen, orangen Flüssigkeit auf die Menschen fallen. Der Raum hat sich mit der Flüssigkeit mehr angefüllt, die Menschen bewegen sich schneller im Kreis. Die Musik verlangsamt sich, wird jedoch dramatischer. Die Kamera fährt langsam in das Rauminnere. 17 1’58’’ 2’09’’ 20 2’21’’ 2’25’’ 22 2’30’’ Der Zeiger wird wieder gezeigt; er rotiert und bleibt über einer Tafel mit einer römischen Fünf stehen. Die Kamera folgt dem Zeiger in der runden Bewegung, die Tafel ist groß im Bild. Es sind viele Fresken zu sehen, alle mit dem gleichen Bild von vielen Figuren. Die Figuren leuchten, vom verzerrten Chor begleitet, grell auf. Die Kamera rotiert mehrmals um die eigene Achse und zeigt, dass die Fresken sich auf allen Wänden eines runden Raumes befinden. Es ist ein großer Ausschnitt des Uhrwerks zu sehen. Der Zeiger rotiert auf die Tafel mit einer römischen Sechs, die aufleuchtet. Daraufhin ändert sich die Beleuchtung in ein rötliches Orange, die Kamera fängt an zu zittern (und zittert bis zum Schluss des Films), begleitet von einem tiefen Grollen. Staub fällt von den Wänden. Eine Knabenstimme singt kurz auf. Die Statue eines bärtigen Mannes ist zu sehen, der in den Händen ein Buch hält. Die Augen und die Schrift im Buch leuchten gelb. Staub fällt von den Wänden, begleitet von einem tiefen Grollen. Einstellung ist identisch zu Einst. 19. Der zeiger fährt auf die letzte Tafel, und es leuchtet eine römische Sieben auf. Während der Zeiger rotiert, drehen sich die Kreise im Inneren Uhrwerks. Auf den bunten Lämpchen sind Malereien von Ikonen zu sehen. 6. Die siebe 21 5. Das große Beben 19 Es ist zu erkennen, dass neben dem gelben, leuchtenden Fenster sich ein weiteres befindet, das orange aufleuchtet. Aus der sich darunter befindenden Rinne fließt Flüssigkeit heraus. Langsame Kamerafahrt unterhalb der Fenster. 2. Die sieben Siegel 2’03’’ 4. Die Märtyrer 18 3. Die vier Reiter 12 Einstellung unterhalb des Uhrwerks; aus der Seite fahren Sarkophagähnliche Behälter, aus denen wiederum Statuen von Engeln mit Posaunen nach unten fahren. Die Augen der Engel leuchten. Abbildung Startzeit Seq. Teil 2’34’’ 24 2’37’’ 25 2’41’’ 26 2’46’’ 2’54’’ 28 3’00’’ 29 3’04’’ 30 3’08’’ 3’16’’ 32 3’23’’ 33 3’26’’ 9. Die 7 Engel mit den Schalen des Zo 10. Erklärung 31 8. Der Drache und das Tier 27 Beschreibung Weitere Einstellung unterhalb des Uhrwerks; aus den Posaunen fließt die schon bekannte, orange Flüssigkeit nach unten. Noch eine Einstellung, die die Engel und das Uhrwerk zeigt. Aus den Posaunen fließt unaufhörlich die Flüssigkeit. Es wird die Menschengruppe gezeigt; es ist klar sichtbar dass sich die Menschen geschlossen in der Gruppe schnell im Kreis bewegen. Immer mehr Flüssigkeit fällt auf die Menschen. 7. Aktivierung des Himmels 23 en Engel mit den Posaunen Einst. Man sieht das Uhrwerk mit den Engeln; ein lautes Zischen und Knarren ist zu hören, und die ganze Konstruktion bewegt sich langsam nach unten. Die Kamera zeigt das Uhrwerk direkt von unten, wie es sich langsam auf den Zuschauer zubewegt. Während der Fahrt drehen sich die Scheiben konstant in unterschiedliche Richtungen. Der Zeiger und die Tafeln bewegen sich jedoch nicht mit. Man sieht wieder die Menschengruppe. Die Wände in den Arkaden fahren nach innen, drehen sich um 180 Grad und fahren wieder an ihren Platz zurück. And den Wänden sind jetzt aber Köpfe von Wasserspeiern zu sehen. Nahaufnahme eines Wasserspeiers, aus dessen Maul die grelle, orange Flüssigkeit auf die Menschen rinnt. Die Knabenstimme singt wieder auf, die Musik ist ruhiger. Aus der Mitte des überfluteten Bodens tut sich eine kreisförmige Öffnung auf, aus der ein siebenköpfiger Wasserspeier nach oben fährt. Die Kamera folgt mit einem Schwenk dieser Statue. Einer der Engel mit den Posaunen ist im Bild. Neben ihm fahren zwei Sarkophag-ähnliche Behälter nach außen, aus denen zwei Engelsstatuen mit Schalen herausfahren und die Position neben ihm einnehmen. Neben der orchestralischen Musik ist nun ein lauter, dramatischer Chor zu hören. Wechsel der Perspektive auf das Uhrwerk und alle Engelsstatuen. Aus den Schalen beginnt die Flüssigkeit zu rinnen. Die Einstellung fängt mit der Darstellung der Menschen und der Wasserspeier an. Die Kamera schwenkt nach oben und die Kirchenfenster und das sich nach unten bewegende Uhrwerk sind zu sehen. In diesem Moment werden die räumlichen Verhältnisse aufgeklärt. Abbildung Startzeit Seq. Teil g der räumlichen Verhältnisse Einst. Beschreibung Einstellung aus der Perspektive des herabfahrenden Uhrwerks. Die Kamera bewegt sich langsam auf den Boden zu, die Flüssigkeitsstrahlen der Engel bilden eine tunnelartiges Muster. Feuriges Orange dominiert das Bild. 34 3’32’’ 35 3’34’’ 36 3’36’’ 37 3’37’’ 38 3’37’’ 39 3’38’’ Die Figuren im violetten Kirchenfenster sind im Detail zu sehen. Es sind Skelette nach dem Motiv des Danse Macabre . 40 3’40’’ Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 35, wobei das Uhrwerk sich dem Boden deutlich genähert hat. 41 3’42’’ 42 3’43’’ 43 3’45’’ 44 3’46’’ Noch eine Einstellung, in der die räumliche Beziehung zwischen dem Uhrwerk und der Menschengruppe erklärt wird. Die Menschen sind nur am unteren Rand in Ausschnitten zu sehen. Man sieht die Statue des bärtigen Mannes, die Kamera ist über der rechten Schulter der Statue positioniert. Die Kamera bebt stark, die Musik und der Chor sind immer dramatischer. 3. Der Himmel fährt auf die Erde Die Menschen und die Wasserspeier sind in dieser Einstellung zu sehen, wobei sie von den Flüssigkeitsmassen teilweise verschleiert und verzerrt werden. Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 31. 11. Aufbau zum Höhepunkt durch immer schnellere Schnitte Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 32. Es ist einer der an den Wänden befestigten Wasserspeier, diesmal, im Gegensatz zu Einst. 29, von der Seite gezeigt. Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 34, wobei der Boden und der siebenköpfige Wasserspeier näher sind. Die Kamera blickt von einer Wand des Raumes aus auf die Menschengruppe und die Wasserspeier, ein wenig höher als die Köpfe der Menschen sich befindend. Man sieht hier jedoch schon das Uhrwerk und die Engel, die beinahe am Boden angelangt sind. Einst. Abbildung Startzeit Seq. Teil Beschreibung 45 3’48’’ Die weibliche Statue aus Einst. 6 ist im Bild, diesmal jedoch von schräg unten gezeigt. Man sieht, dass die Figur in der Hand einen goldenen Kelch hält, aus dem die Flüssigkeit rinnt. Die Augen und die Juwelen auf den Diademen leuchten. 46 3’50’’ Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 35 und 40, das Uhrwerk ist schon erdrückend nahe. Die Musik und der Chor werden immer dramatischer. 47 3’52’’ Eine Nahaufnahme eines der Fresken. Man sieht die Figuren genauer, die Gewänder leuchten grell. 48 3’53’’ Man sieht den oberen Teil des gelb leuchtenden Kirchenfensters, die Einstellung ist der in Einst. 5 ähnlich 3’54’’ 12. Höhepunkt 50 4’06’’ 13. Titel 4. Titel 49 Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 35, 40 und 46; das Uhrwerk kommt am Boden an, die Szene überstrahlt in weiß, wobei die Musik und der Chor mit einem surrealen, verzerrten Ton und Nachhall ausklingt. Die Einstellung blendet auf Schwarz. Die Wiederholung der in Einst. 8 gezeigten Tafel der Hochschule. A.2 Person2184 Die Transkription ist auf den nächsten zwei Seiten zu finden. 81 Einst. Abbildung Startzeit Beschreibung 1 Es wird eine Straße gezeigt, man sieht einige Menschen vorbeigehen. 0’00’’ Die Sicht ist durch ein transparentes Display verschleiert. Die Kamera fährt nach oben. 2 Es ist ein größerer Ausschnitt der Stadt zu sehen. Einige Menschen gehen vorbei. An einer Hausecke ist ein großes Display angebracht, 0’11’’ auf dem ein Video einer halbnackten, rothaarigen Frau abgespielt wird. Die Kamera fährt nach oben und schwenkt gleichzeitig nach rechts in eine Seitenstraße. 3 Einige Menschen gehen auf dem Gehsteig der Straße. Eine 0’15’’ vermummte Frau geht der Kamera entgegen, die seitlich nach links auf die Straße fährt. 4 Die Kamera verfolgt die Frau seitlich durch die Straße. Einige 0’22’’ Elemente des Bildes sind transparent, der Hintergrund ist schwer zu erkennen. 5 Die Frau bleibt unter einer rot leuchtenden Reklametafel stehen und sieht sich um. Transparente Elemente lassen das Bild verwirrend 0’27’’ aussehen. Die Werbungen und die Frau jedoch sind klar zu erkennen. Die Kamera ist statisch. 6 Die Kamera schwenkt an eine Kreuzung. Die Frau ist wieder im Bild 0’32’’ zu sehen, sowie einige Gebäude und, im Gegensatz zu der Stadt, klar erkennbare Werbetafeln. 7 Die Kamera schwenkt wieder an den Platz aus Einstellung 2. Die 0’35’’ Werbung mit der rothaarigen Frau läuft noch immer, einige Menschen gehen vorbei. 8 Es ist ein Gebäude zu sehen. Links und rechts erkennt man leicht 0’40’’ Werbungen, deren Position im Raum jedoch schwer zu erkennen. Die Kamera ist statisch. 9 Man sieht eine Straße und zwei Gebäude, die jedoch verschwommen 0’45’’ wirken. Es scheint, als ob die transparenten Werbungen das Bild überlagern würden. 10 Die Kamera fährt von oben auf eine Straße herunter, rechts im bild 0’50’’ sind einige Transparente U-Bahn Zeichen zu sehen, in deren Richtung die vermummte Frau geht. 11 0’57’’ Die Kamera fährt von unten nach oben in einem weiten Stiegenhaus. Man sieht die Frau die Treppen herabsteigen. Einst. Abbildung Startzeit Beschreibung 12 Die Frau steigt weiterhin die Stiege herab. Es sind ständig 1’09’’ transparente Bilder zu sehen, teilweise als Doppelbild der Frau. Die Kamera ist statisch. 13 Man sieht eine Halle mit Säulen, wahrscheinlich den Bahnsteig. Ein 1’17’’ Display mit der Werbung mit der rothaarigen Frau ist zu sehen. Die Frau nähert sich dem Display und bleibt vor ihm stehen. 14 1’25’’ Man sieht den Körper der vermummten Frau, der Kopf ist nicht mehr im Bild. Der Hintergrund ist beinahe schwarz. 15 1’31’’ Die Frau hebt die rechte Hand vor dem Display. Die Kamera ist statisch. 16 Die Kamera schwenkt nach links und entfernt sich langsam vom Display mit der Werbung. Die vermummte Frau kommt ins Bild. 1’34’’ Diese betrachtet die Werbung weiter. Die Titel mit Filmname, Schauspielern und Musikauthor und Author des Films erscheinen. 17 2’35’’ 18 2’40’’ Eine Shchrift flimmert vor dem Bild mit dem Inhalt: person 2184 Eine Schrift flimmert vor dem Bild mit dem Inhalt: We interrupt your regularly scheduled for an urgent message. Tabelle A.1: Auflistung der Szenen mit Bezeichnung, Uhrzeit im Film und Zeitangaben. A.3 Szene Bezeichnung Uhrzeit im Film Start Ende 1 Introduktion 8:06 0’00” 0’21” 2 Dialog 1 8:06 0’21” 0’50” 3 Dialog 2 9:34 0’50” 1’03” 4 Dialog 3 10:59 1’03” 1’28” 5 Dialog 4 12:22 1’28” 1’46” 6 Dialog 5 13:41 1’46” 2’12” 7 Dialog 6 14:23 2’12” 2’34” 8 Summen 15:09 2’34” 2’48” 9 Dialog 7 16:12 2’48” 3’14” 10 Fluchen 17:16 3’14” 3’29” 11 Dialog 8 18:20 3’29” 3’55” 12 Titel nicht relevant 3’55” 4’06” A Day in the Life of a Turret Szene 1 – Introduktion Zunächst werden die Anfangstitel eingeblendet, dann sieht man eine Frau in einem orangen Overall durch die Gänge eines Komplexes laufen. Sie hält in den Händen ein futuristisches Gewehr. Es wird kurz ein Ausschnitt einer dreckigen Wand gezeigt, auf dem mehrmals „the cake is a lie“ steht. Als die Frau durch eine Tür läuft, aktivieren zwei Überwachungsroboter im nächstgelegenen Raum ihre Maschinengewehre und erschießen sie. Die Roboter haben eine ovale Form und scheinen aus einem sauberen, weißen Plastik zu bestehen. In der Mitte des „Kopfes“ leuchtet ein rotes Lämpchen, das als Auge dient. Der Kopf steht auf drei Füßen. Diese beiden Roboter – sogenannte Turrets – sind die Hauptcharaktere dieses Films und sollen Number 1 und Number 2 (kurz: N1 und N2)genannt werden. Sofort nach dem Erchießen der Frau geht die Handlung nahtlos in Szene 2 über. 84 A. Transkriptionen Szene 2 – Dialog 1 N1: Owned. N2: So what were you saying? N1: Oh, did you see Lost last night? It was the premiere of season 4. N2: Are they still on that damned island? N1: Well, yes, they are lost on it and... N2: Lame, I was playing Call of Duty 4, FPS-excellence. N1: Are you kidding? Halo 3 pwns Call of Duty 4. N2: Halo 3 is Call of Duty 4’s bitch. N1: You are a bitch. I think I hate you more every day. N2: Good, my work here is done. Szene 3 – Dialog 2 Die beiden Roboter befinden sich in einem anderen Raum. Sie haben gerade eine Partie Tic-Tac-Toe fertig gespielt. N1: Another tie, how boring. N2: A strange game, the only winning move is not to play. How about a nice game of chess? N1: OMG, chess is for nerds. Szene 4 – Dialog 3 Die beiden Roboter befinden sich in einem anderen Raum und führen ein Gespräch. N2: You know who I ran into last week? N1: Who? N2: The Companion Cube. N1: OMG, I hate that guy. What a dish. N2: Yeah, he was talking shit. He is almost as bad as Number 3. N1: Where is Number 3? I haven’t seen him for a while. N2: He was disassembled because of his attitude. N1: Oh, how sad. N2: Not really. 85 A. Transkriptionen Szene 5 – Dialog 4 Die beiden Roboter befinden sich in einem Raum, auf dessen Boden einige Säckchen liegen. N1: My fucking turkey is dry. Damn it. N2: Mine too. Sometimes I want to tear this whole damn place apart. N1: Did you see that android in the lunch line? Nice ass on that one. N2: Yes, I would insert my floppy into her disk drives. N1: High five. Szene 6 – Dialog 5 Hinter dem Eingang zu dem Raum, in dem sich die beiden Roboter befinden, versteckt sich eine Frau – wobei nur die Hüfte zu sehen ist – im orangen Overall und bewegt sich nicht. N1: N2: N1: N2: N1: N2: N1: Did you hear that? Someone is there. Tell them you see them. Why? I don’t see them. It scares the hell out of people. ROFL. Okay. I see you! Ask her if she’s still there. Are you still there? Man sieht kurz das schockierte Gesicht der Frau. Danach sind wieder die Roboter im Bild. N1: N2: N1: N2: She didn’t say anything. No shit, Sherlock. What should I say now? Come out, bitch. Szene 7 – Dialog 6 Die beiden Roboter befinden sich in einem anderen Raum und führen ein Gespräch. N2: I’m pissed. N1: About the last organic that got past us? 86 A. Transkriptionen N2: No, I just tried to access my Facebook-account. It said the website was blocked. N1: You didn’t see the memo? Facebook and MySpace are banned. N2: WTF? My Jetman score was so good. N1: I miss all my apps. N2: This would never happen at Black Mesa. Szene 8 – Summen Die beiden Roboter Summen das Lied „Still Alive“ von Jonathan Coulton, das für den Soundtrack von Portal geschrieben wurde. Szene 9 – Dialog 7 Die beiden Roboter befinden sich in einem Raum, in dem sich ein großer Kessel befindet. Die Musik hört auf zu spielen, und plötzlich fällt ein Würfel, der sogenannte Companion Cube (kurz: CC) auf die Roboter, sodass beide umfallen. CC: Pwned, bitches! Dominated! N1: Go to hell, Cube. N2: Get your ass of me. CC: Yeah, you guys like it with the Cube on your face! Pwned! N1: Oh yeah, wait until you get incinerated. CC: What are you talking about? Der Companion Cube wird in die Höhe geschleudert, dann nach rechts aus dem Bild. Ein grelles, gelbes Licht beleuchtet die Szene von der rechten Seite (dort, wo sich der Kessel befindet), Feuerflammen sind zu hören. CC: Whoa, whoa, whoa! Whoa, it’s kind of hot, I’m sorry for everything! Oh my god! N2: I’ll see you in hell, Cube. Szene 10 – Fluchen Die Szene stellt Number 1 dar, wie er in verschiedenen Situationen ohne bekannten Grund immer wieder von oben auf den Boden fällt. Bei jedem Aufprall flucht er. 87 A. Transkriptionen Szene 11 – Dialog 8 Die beiden Roboter befinden sich in einem anderen Raum und führen ein Gespräch. N2: N1: N2: N1: N2: N1: Do you ever wonder what happens when we die? What? You know, if our lives will ever mean something. Not this again. Will there really be... cake? God, this day can’t get any worse. Zwei Löcher tun sich unter den Robotern auf und sie fallen nach unten. In der nächsten Einstellung verfolgt die Kamera die beiden Roboter beim Fall, der Boden unter ihnen brennt. N2: You had to open your big mouth... I wonder if there will be cake. N1: Fuck you. Die Einstellung blendet ins Schwarz bevor die Roboter den Boden erreichen. Szene 12 – Titel Die Titel mit Author, Spielhersteller und Komponist werden eingeblendet. A.4 Diary of a Camper Szene 1 Man sieht ein altes Gewölbe, einige Waffen schweben rotierend über dem Boden. Nach kurzer Zeit laufen Männer durch das Bild und sammeln die Waffen ein, indem sie sie berühren. Danach versammeln sich vier Männer in einem Korridor. Die Männer sprechen miteinander: ColdSun: Report! ArchV: The Cistern is clear, Sir. ColdSun: Sphinx and Pyoveli recon upper rocket room. Sphinx: Yes Sir! Pyoveli: Roger that, Sir! 88 A. Transkriptionen Szene 2 Die Kamera fliegt aus der Halle durch einen Tunnel in den benachbarten Raum. Zwei der vier Männer betreten den Raum durch ein Portal. Eine dritte Person befindet sich schon im Raum, eine Schießerei beginnt zwischen den beiden Parteien. Sphinx: Camper Nooooooooo! Pyoveli: Die Camaaarghh!! Sphinx und Pyoveli sterben, der Camper bleibt am Leben. Szene 3 Die Kamera fliegt wieder in die ursprüngliche Halle zurück. ColdSun und ArchV sprechen. ColdSun: What was that Sphinx? Report! ArchV: He’s gone Sir. ColdSun: Dammit! Rangers! Fire on my mark!... Fire! Szene 4 Die Kamera fliegt wieder durch den Tunnel zum Camper, der bei dessen Eingang steht und auf die beiden Männer schießt. Diese jedoch feuern mehrere Raketen auf ihn und reißen ihn in Stücke. Coldsun, ArchV und ein dritter Mann erscheinen durch das Portal und sehen sich den abgetrennten Kopf des Campers an. ArchV: Is that who I think it is? ColdSun: Yeah.. It’s John Romero. ArchV: Figures... 89 Anhang B Inhalt der DVD-ROM File System: UDFS Mode: Single-Session (DVD-ROM) B.1 PDF-Dateien Pfad: /masterarbeit dm06018_kozlowski_andrzej_da.pdf Masterarbeit Pfad: /online-quellen adams_04.pdf . . . corebounce_08.pdf gaudiosi_08.pdf . . gaudiosi_08-2.pdf . jahrmann_03.pdf . jahrmann_03-2.pdf kirschner_05.pdf . . kirschner_07.pdf . . kirschner_07-2.pdf . kirschner_08.pdf . . mauldin_94.pdf . . mateas_08.pdf . . . merschmann_05.pdf pasha_05.pdf . . . . ragan-kelley_07.pdf rice_08.pdf . . . . . robertson_07.pdf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle Literaturquelle 90 zu zu zu zu zu zu zu zu zu zu zu zu zu zu zu zu zu [1] [20] [2] [3] [6] [7] [14] [12] [11] [13] [18] [17] [19] [22] [23] [24] [25] B. Inhalt der DVD-ROM schmitt_06.pdf . . schroeder_08.pdf wehn_04.pdf . . . romero_08.pdf . . B.2 91 . . . . . . . . . . . . Literaturquelle zu [27] Literaturquelle zu [28] Literaturquelle zu [29] Quelle zur Fußnote auf Seite 57 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Apocalypsis Ex Machina – Machinima Person2184 – Machinima A Day in the Life of a Turret – Machinima Diary of a Camper – Machinima Ein kleines Puppenspiel – Vorführung Ein kleines Puppenspiel – Machinima Quelle zu [30] Videos Pfad: /videos apocalypsis.mov . person2184.mov . turret.mp4 . . . . camper.divx . . . . puppenspiel01.mov puppenspiel02.mov diablo3_panel.mp4 B.3 Abbildungen Pfad: /abbildungen braided_plot.eps . . complete_graph.eps epic_wandering.eps flow_chart.eps . . . gametrak.eps . . . . hidden_story.eps . . lotr_graph.eps . . . lotr_graph2.eps . . machinimastats.eps . maze.eps . . . . . . mocap.eps . . . . . . network.eps . . . . . tree.eps . . . . . . . vector.eps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung 3.8, 3.1, 3.9, 3.6, 5.3, 3.7, 5.1, 5.2, 2.1, 3.5, 5.4, 3.2, 3.3, 3.4, Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite 23 19 24 22 68 23 60 63 15 21 69 20 20 21 Literaturverzeichnis [1] Adams, E. W.: The Construction of Ludic Space., 2004. URL, http: //www.digra.org/dl/db/05150.52280.pdf, Kopie auf DVD-ROM. [2] Gaudiosi, J.: Unreal Engine 3 Brings Chadam to Life, 2008. URL, http: //www.unrealtechnology.com/case-studies.php?ref=chadam, Kopie auf DVD-ROM. [3] Gaudiosi, J.: Unreal Engine 3 Powers Critical and Commercial Success LazyTown, 2008. URL, http://www.unrealtechnology.com/case-studies. php?ref=lazytown, Kopie auf DVD-ROM. [4] Hartmann, B.: Literatur, Film und das Computerspiel. LIT Verlag, Münster, 2004. [5] Huizinga, J.: Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 1987. 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The Johns Hopkins University Press, Baltimore, 2001. Literaturverzeichnis 94 [27] Schmitt, L.: Machinima. Medium und Technologie., 2006. Diplomnebenthema zur Diplomarbeit "Konzept für Privatsphäre im Ubiquitous Computing.", Köln International School of Design, Kopie auf DVDROM. [28] Schröder, H.: Der Fall John Romero, 2008. URL, http: //www.pcgameshardware.de/aid,654903/Wissen/PCGH-Retro_Der_ Fall_John_Romero/, Kopie auf DVD-ROM. [29] Wehn, K.: Emanzipierter Umgang mit Computerspielen, 2004. URL, http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19038/1.html, Kopie auf DVDROM. [30] Wilson, J.: Diablo 3 game design panel. Internet-Video, Gamespot, Paris, Juni 2008. URL, http://www.gamespot.com/pc/rpg/diablo3/ video/6193141/diablo-iii-game-design-panel, Kopie auf DVD-ROM. Messbox zur Druckkontrolle — Druckgröße kontrollieren! — Breite = 100 mm Höhe = 50 mm — Diese Seite nach dem Druck entfernen! — 95