Evolution von Machinima - Online-Archiv für Diplomarbeiten und

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Evolution von Machinima - Online-Archiv für Diplomarbeiten und
Evolution von Machinima –
Untersuchung zukünftiger Entwicklungen
auf Basis vergangener und aktueller
Tendenzen
Andrzej Marian Kozlowski
MASTERARBEIT
eingereicht am
Fachhochschul-Masterstudiengang
Digitale Medien
in Hagenberg
im September 2008
© Copyright 2008 Andrzej Marian Kozlowski
Alle Rechte vorbehalten
ii
Erklärung
Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen
und Hilfsmittel nicht benutzt und die aus anderen Quellen entnommenen
Stellen als solche gekennzeichnet habe.
Hagenberg, am 24. September 2008
Andrzej Marian Kozlowski
iii
Inhaltsverzeichnis
Erklärung
iii
Vorwort
vi
Kurzfassung
vii
Abstract
viii
1 Einleitung
1
2 Lineare Machinima
2.1 Gemeinsamkeiten von Machinima und 3D-Animation .
2.1.1 Puppeteering-Technik . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Produktion im Editor . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Unterschiede von Machinima und 3D-Animation . . .
2.3 Machinima als Werkzeug für die Industrie . . . . . . .
2.4 Machinima als Animationsumgebung für „ jedermann“
2.5 Einordnung von Machinima in der Medienlandschaft .
2.5.1 Machinima als Medium . . . . . . . . . . . . .
2.5.2 Machinima als Kunstbewegung . . . . . . . . .
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14
3 Interaktive Machinima
3.1 Definition von Interaktivität . . . . . . . . . .
3.1.1 Schwache Interaktivität . . . . . . . .
3.1.2 Starke Interaktivität . . . . . . . . . .
3.2 Eigenschaften von Interaktion und Immersion
3.2.1 Interaktion . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.2 Immersion . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Ludus und Paidia . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.1 Ludus . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.2 Paidia . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Abgrenzung vom Computerspiel . . . . . . . .
3.4.1 Machinima als interaktive Narration .
3.4.2 Machinima als experimentelles Werk .
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iv
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Inhaltsverzeichnis
v
4 Live-Machinima
38
4.1 Live-Show-Machinima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
4.2 Live-Machinima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
5 Analyse von Machinima-Beispielen
5.1 Analyse der linearen Machinima Beispiele . . . . . . . . . .
5.1.1 Apocalypsis Ex Machina . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.2 Person2184 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.3 Outside-In – Schlussfolgerungen und Ausblick . . . .
5.1.4 A Day in the Life of a Turret . . . . . . . . . . . . .
5.1.5 Diary of a Camper . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.6 Inside-Out – Schlussfolgerungen und Ausblick . . . .
5.2 Analyse des interaktiven Machinima Beispiels . . . . . . . .
5.2.1 Transkription . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.2 Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.3 Interaktives Bsp. – Schlussfolgerungen und Ausblick
5.3 Analyse des Live-Machinima Beispiels . . . . . . . . . . . .
5.3.1 Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.2 Live-Beispiel – Schlussfolgerungen und Ausblick . . .
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6 Schlusswort
A Transkriptionen
A.1 Apocalypsis Ex Machina . . .
A.2 Person2184 . . . . . . . . . .
A.3 A Day in the Life of a Turret
A.4 Diary of a Camper . . . . . .
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B Inhalt der DVD-ROM
90
B.1 PDF-Dateien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
B.2 Videos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
B.3 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
Literaturverzeichnis
92
Vorwort
Im dritten Semester meines Masterstudiums hielt Friedrich Kirschner an
der Fachhochschule einen Workshop über Machinima. Da ich sowohl von
Computerspielen als auch 3D-Animation begeistert bin, konnte ich mir diese
Veranstaltung nicht entgehen lassen. Ich kannte den Begriff Machinima bis
dahin nicht, jedoch erweckte dieser Workshop mein Interesse und den Willen,
dieses Thema zu ergründen, und die Resultate dieser Auseinandersetzung
sind die Machinima Apocalypsis Ex Machina und diese Masterarbeit.
Die Arbeit wäre in dieser Form jedoch ohne die Hilfe einiger Personen,
denen ich an dieser Stelle danken möchte, nicht möglich gewesen. Mein erster Dank gilt meinem Betreuer, Mag. Jürgen Hagler, der mich durch sehr
rasches, konstruktives Feedback immer wieder auf die richtige Bahn lenkte, wenn ich zu entgleisen drohte. Meinen herzlichen Dank möchte ich auch
Martina Karrer aussprechen, der es durch ihren scharfen Blick gelang, meinen orthographischen und stilistischen Torheiten Einhalt zu gebieten. Vielen
Dank auch an meinen Großonkel Jan Pulchny, der mir jeden Tag zur Beflügelung meines Verstandes verhalf, und an meine Eltern, die für ein ruhiges,
störungsfreies Ambiente während des Schreibens sorgten.
vi
Kurzfassung
Diese Arbeit untersucht zukünftige Entwicklungen von Machinima, da zu
diesen viele Meinungen existieren, wobei zum einen Machinima als Zukunft
der 3D-Animation gesehen wird, zum anderen als Subkultur, die aufhören
wird, zu existieren. Diese neue Art, kreative Inhalte zu produzieren, wurde ursprünglich als die Kunst des Filmemmachens in einer virtuellen 3DEchtzeit-Umgebung definiert. Betrachtet man jedoch die Vielfalt der Produktionen, so lassen sich drei Genres definieren: lineare Machinima, interaktive Machinima und Live-Machinima.
Die lineare Machinima wird mit 3D-Animation auf Gemeinsamkeiten
und Unterschiede überprüft. Weiters werden zwei Subgenres dieser Kategorie
definiert: Outside-In und Inside-Out, wobei das erste als Möglichkeit gesehen
wird, eigene Ideen und Visionen zu verwirklichen. Das zweite Genre bezieht
sich inhaltlich auf die Computerspiele, mit denen solche Machinimas erstellt
wurden, und werden hauptsächlich von Fans für Fans produziert. Weiters
wird lineare Machinima auf Einsatz in der Industrie und im Kunst- und
Amateurbereich überprüft.
Die interaktive Machinima wird aufgrund ihres relativ seltenen Vorkommens theoretisch untersucht. Es werden die Themen Interaktivität, Interaktion und Immersion beleuchtet, sowie die Spieltypen ludus und paidia.
Um Machinima vom Computerspiel abzugrenzen, wird vorgeschlagen, diese
nach dem paidia-Spieltyp zu entwerfen und auf ludus-typische Elemente wie
abstrakte Regeln und Wettbewerb zu verzichten.
Das dritte Genre unterscheidet zwischen Live-Show-Machinima und LiveMachinima, wobei die erste Kategorie Live-Aufführungen beinhaltet, die
Ähnlichkeiten zur linearen Machinima aufweisen, jedoch direkt vor einem
Publikum vorgespielt werden. Die zweite Kategorie setzt sich mit Machinimas einerseits als interaktiven Installationen und andererseits als Aufführungen auseinander, bei denen eine große Vielfalt an Eingabegeräten verwendet
wird.
Im Anschluss an die Untersuchung werden sechs Fallbeispiele analysiert
und Erkenntnisse hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der einzelnen Machinima-Genres ausgearbeitet. Es stellt sich heraus, dass die Entwicklung
für jedes Genre unterschiedlich verläuft und die ursprüngliche Definition von
Machinima veraltet ist.
vii
Abstract
This thesis deals with future trends of machinima, as many opinions about
those are being advanced. On the one hand machinima is said to herald
the future of CG-animation, on the other hand it is viewed as a subculture
which will cease to exist. This new form of creative content production has
been originally defined as the art of filmmaking in a realtime virtual 3Denvironment, but if the diversity of machinima productions is examined,
three genres can be discerned: linear machinima, interactive machinima, and
live machinima. Those three genres are thoroughly examined in this thesis.
Linear machinima is compared to CG-animation. Furthermore, two subgenres are defined: outside-in and inside-out machinima, the first being the
facility to realise one’s own visions and ideas, and the second being fan fiction
about the underlying computer games. Moreover the utilisation of machinima in the CG-industry, art sector, and amateur field is examined.
Interactive machinima is dealt with on a theoretical basis due to its
rare occurence. The topics of interactivity, interaction, immersion and the
game types ludus and paidia are explored. In order to distinguish interactive
machinima from computer games the use of the paidia gametype and the
abandonment of ludic elements—such as abstract rules or competition—are
suggested.
The third genre discerns live show machinima and live machinima. The
first category consists of live performances similar to linear machinima with
the difference that it is produced in realtime in front of an audience. The
second category defines machinima as interactive installations and live performances during which a variety of input devices is utilised.
Following this research analyses of six case studies are done and conclusions bearing possible future trends of the individual genres are made. The
fact emerges that the evolution of each genre proceeds differently and that
the original definition of machinima is obsolete.
viii
Kapitel 1
Einleitung
„Machinima is maturing so rapidly, some predict it will soon be
a major force in animation, especially with the imminent arrival
of a new generation of hardware and software promising an era
of photo-realistic cinematic computing.“
–Leander Kahney, Wired, 2003 [10, S. 6]
„Machinima has been compared to puppet shows, animated films,
improvisational theatre, and interactive fiction. In fact, machinima is all those things.“
–Barbara Robertson, Computer Graphics World, 2003 [10, S. 72]
„Machinima will cease to exist.“
–Ahmed Emre Acar, Medienwissenschaftler, 2005 [14, S. 27]
Diese sehr unterschiedlichen und teilweise geradezu widersprüchlichen
Äußerungen zu Machinima zeigen, dass diese neue Form, kreative Inhalte zu
produzieren, Thema einerseits von 3D-Animationsenthusiasten und andererseits von teilweise skeptischen Medienwissenschaftlern ist, wobei die Meinungen zu dieser in äußerst unterschiedliche Richtungen gehen. Zum einen wird
behauptet, dass Machinima die Zukunft der 3D-Animations- und Filmindustrie ist [10, S. 8], zum anderen, dass es eine subkulturelle Erscheinung ist,
die keine Zukunft hat [14, S. 26].
Das Ziel dieser Arbeit ist es, die mögliche zukünftige Entwicklung von
Machinima zu überprüfen. Dazu ist es notwendig, die bisherige Entwicklung
näher zu betrachten und zu analysieren. Da Machinima, trotz der zu einem
Werkzeug für Filmemacher einschränkenden Definition, unterschiedliche Formen angenommen hat, die von 3D-Animationen über interaktive Narration
bis hin zu Puppenspielen und interaktiven Installationen reicht, wird sie in
1
1. Einleitung
2
dieser Arbeit in drei Hauptgenres unterteilt, die jeweils einzeln untersucht
werden.
Kapitel 2 untersucht die am meisten verbreitete Form von Machinima,
nämlich die, die der 3D-Animation am ähnlichsten ist, und als lineare Machinima bezeichnet wird. Es werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede
aufgedeckt, sowie der Einsatz von Machinima in der Industrie als auch im
Kunst- und Amateurbereich. Hierbei wird zwischen zwei Formen von linearer
Machinima unterschieden, der Inside-Out und der Outside-In Form, wobei
sich die erste im Amateurbereich entwickelt hat und die zweite hauptsächlich
in der Industrie und im Kunstbereich vertreten ist. Weiters wird versucht,
Machinima in der Medienlandschaft einzuordnen, einerseits als Medium, andererseits als Kunstbewegung.
Kapitel 3 setzt sich mit der interkativen Form von Machinima auseinander, wobei hier auf die interaktive Narration eingegangen wird. Da es in
diesem Bereich zur Zeit der Verfassung dieser Arbeit sehr wenige Beispiele
zu dieser Form gibt, wird auf das Potential dieser näher eingegangen, indem die Begriffe Interaktivität, Interaktion und Immersion erörtert werden
und weiters die Spieltypen ludus und paidia untersucht werden. Aufgrund
der starken Verwandtschaft dieses Genres zu Computerspielen wird am Ende
des Kapitels versucht, diese voneinander abzugrenzen.
Kapitel 4 befasst sich mit einem Genre von Machinima, das sich in Live-Aufführungen äußert, sowohl in Form von kabarettartigen Vorführungen
als auch Puppenspielen und interaktiven Installationen. Hier wird vor allem auf die beiden letzten Typen eingegangen und erörtert, dass diese als
Kunstwerke mit dem Computerspiel als Thema der Untersuchung und Auseinandersetzung gesehen werden können.
In Kapitel 5 werden sechs verschiedene, ausgewählte Machinima-Stücke
aus den drei Hauptgenres analysiert. Es werden zwei Outside-In Beispiele,
Apocalypsis Ex Machina und Person2184, zwei Inside-Out Machinimas, A
Day in the Life of a Turret und Diary of a Camper, eine interaktive Machinima, Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious, und die Live-Aufführung Ein
kleines Puppenspiel einer genauen Untersuchung unterzogen. Anhand dieser
Analysen und und der dazugehörigen drei Kapitel werden Schlußfolgerungen
auf mögliche zukünftige Entwicklungen der einzelnen Genres gezogen.
Begriffsdefinitionen
An dieser Stelle sollen häufig in dieser Arbeit verwendete Begriffe erläutert
werden.
Interaktor: Benutzer eines interaktiven Systems, beispielsweise einer interaktiven Narration oder eines Computerspiels.
Fan-Fiction: Inhalte, zum Beispiel Geschichten, Filme oder Animationen,
1. Einleitung
3
die von Fans beispielsweise einer Fernsehserie oder eines Computerspiels geschaffen wurden.
Multiform Story : Eine nichtlineare Geschichte.
Kapitel 2
Lineare Machinima im
Vergleich zur klassischen
3D-Animation
Dieses Kapitel befasst sich mit der gängigsten Form von Machinima, die von
nun an als lineare Machinima bezeichnet wird. Das Wort „linear“ bezieht sich
dabei auf die Art der Narration und bedeutet, im Gegensatz zur interaktiven
Machinima, dass es, wie in den meisten Fällen der Literatur und im Film,
nur einen Handlungsstrang, eine mögliche Geschichte gibt. Der Zuschauer ist
dabei nur passiv beteiligt und kann die Geschichte nicht beeinflussen. Aus
dieser Festlegung entspringt die ursprüngliche Definition von Machinima [10,
S. 10]:
Machinima is the art of making animated films within a realtime
vitual 3D environment.
Solch eine virtuelle Echtzeit-3D-Umgebung wird meistens als Computerspiel
verstanden, da die meisten Machinima-Projekte durch die Modifizierung eines Spiels erzeugt werden. Weiters behauptet Paul Marino von der Academy
of Machinima Arts and Sciences, dass Machinima die Konvergenz von Film,
Animation, und Computerspielen ist, woraus sich die eigentliche Bezeichnung
ergibt. Der Ausdruck Machinima ist aus den englischen Wörtern machine,
cinema und animation entstanden [16, S. 1]. In den folgenden Abschnitten
werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Machinima und
Film bzw. Animation hinsichtlich der Produktion und der technischen Anforderungen beleuchtet, der Einsatz dieser Animationsart im Hinblick auf
die Industrie und den Amateurbereich erörtert und anschließend wird aus
medientheoretischer Sicht nach einer klaren Abgrenzung zu Film und Animation gesucht.
4
2. Lineare Machinima
2.1
5
Gemeinsamkeiten von Machinima und 3D-Animation
Zu allererst fällt auf, dass lineare Machinima, ebenso wie der Film, eine
zeitliche, logische Aneinanderreihung von Bildsequenzen ist, meistens unterstützt von Ton und Musik, die eine Geschichte erzählt1 . Die Techniken
der Kameraführung, des Schnittes und der Dramaturgie sind auf diese Form
erfolgreich anwendbar, und somit kann Machinima als eine Art von Film verstanden werden. Diese Behauptung wird ebenfalls von der Tatsache gestützt,
dass bei der Erstellung einer Machinima der Produktionsprozess dem eines
Films bzw. einer Animation entspricht, da es eine Planungsphase (Preproduction), eine Produktionsphase (Production), und eine Nachbearbeitungsphase (Postproduction) gibt. Was die Produktion und die technische Natur
einer Machinima betrifft, so ist sie der 3D-Animation ähnlich, da hier ebenfalls computergenerierte Bilder aus einer interpolierten Keyframe-Animation
bzw. aus einer Physiksimulation berechnet werden. Die Animation einer Machinima erweist sich jedoch einfacher als in einem 3D-Animationspaket wie
Autodesk Maya oder 3ds max, da die schon im Computerspiel enthaltenen
3D-Animationen verwendet werden können und die Produzenten sich auf das
Acting und die Kameraführung konzentrieren können, was wiederum dem
Dreh eines Films ähnelt. Hier ist aber zu beachten, dass ein Computerspiel
wenige vordefinierte Animationen bietet und somit das Acting der Charaktere beschränkt ist, was die Qualität der Darstellung erheblich senkt [10, S.
78].
Was die Produktionsumgebung einer Machinima betrifft, so kann man
grob zwei Typen erkennen: die eine ist das Spiel selbst, wobei mehrere Spieler die Rollen von Schauspielern, dem Regisseur und Kameramännern übernehmen und einem Dreh ähnlich die Handlung Shot für Shot aufzeichnen2 ;
die andere ist ein im Computerspiel enthaltener, sogenannter Game Editor, in dem das Set gebaut, die Animationen programmiert und mit 3DSoftwarepaketen ähnlichen Werkzeugen animiert werden können. Nach Kelland gibt es vier verschiedene Produktionstypen; neben den zwei genannten
gibt es noch die A.I.-Technik und Recamming. Arbeitet man mit der A.I.Technik, so übernimmt man die Rolle eines Dokumentar-Filmemachers; die
Charaktere, die Interaktion zwischen ihnen, und somit auch die Handlung
werden über die Künstliche Intelligenz eines Spiels gesteuert, so beispielsweise bei The Sims. Recamming ist eine Abwandlung von Puppeteering, wobei
man zusätzlich nach den Dreharbeiten die Kameras neu positionieren kann.
Auf diese beiden Methoden wird in dieser Arbeit nicht näher eingegangen,
da die A.I.-Technik aus dem Produktionsstandpunkt unkontrollierbar ist und
1
Unter dieser Definition werden Zeichentrickfilm und 3D-Animation hier ebenfalls als
eine Art von Film verstanden und werden nicht explizit angegeben.
2
Diese Produktionsart wird Puppeteering genannt [10, S. 86].
2. Lineare Machinima
6
die hier benötigten Aspekte der Recamming-Methode mit der PuppeteeringTechnik bereits abgedeckt werden [10, S. 80–95]. Die ersten beiden Produktionsarten sollen nun näher betrachtet werden.
2.1.1
Puppeteering -Technik
Wie im vorhergehenden Abschnitt bereits erläutert, entsteht eine Machinima
mit dem Puppeteering-Verfahren wie bei einem echten Filmdreh, wobei hier,
im Gegensatz zur zweiten Methode (siehe Abschnitt 2.1.2), mehrere Personen notwendig sind. Diese treffen sich über ein Netzwerk im Spiel selbst und
nehmen unterschiedliche Rollen ein. So spielen einige Spieler die Charaktere
und steuern diese, andere übernehmen die Aufgaben von Kameramännern.
Es gibt ebenfalls einen Regisseur, der die Aufnahmen beobachtet und den anderen Teilnehmern Anweisungen erteilt. Die Machinima Diary of a Camper
oder die Serie Red vs. Blue sind Vertreter dieser Produktionstechnik. Der
Vorteil dieser Methode ist, dass die Produktion sehr schnell verläuft und
eventuelle Verbesserungen leicht zu bewerkstelligen sind; es ist die technisch
einfachste Art, Machinima zu erstellen, da sie geradezu auf eine spielerische
Art und Weise entsteht. Ausschlaggebende Nachteile jedoch sind zum einen
die Tatsache, dass die Choreographie und das Schauspielen geübt werden
müssen, damit das Timing zwischen den Schauspielern selbst und den Kameras stimmt, und zum anderen, wie bereits erwähnt, dass die Palette an
vordefinierten Bewegungen der virtuellen Charaktere stark eingeschränkt ist.
Um dieses Problem näher zu erklären soll als Beispiel die Serie Red vs. Blue,
die mit dem Spiel Halo erstellt wurde, herangezogen werden. Da es sich bei
diesem Spiel um einen sogenannten First Person Shooter (kurz: FPS ) handelt, haben die 3D-Charaktere nur wenige Bewegungsmöglichkeiten: Gehen,
Laufen, Springen, Ducken, Schießen, Drehung des Kopfes bzw. des gesamten
Körpers, und sogenannte Taunts3 . Sprechende Charaktere werden in diesen
Filmen beispielsweise so dargestellt, dass der Kopf kontinuierlich leicht von
oben und nach unten bewegt wird, indem der die Figur steuernde Spieler seinen virtuellen Blick nach oben beziehungsweise unten bewegt. Daraus lässt
sich bereits erkennen, dass alltägliche Bewegungen, wie zum Beispiel Dinge
Aufheben oder Niedersetzen, aber auch Gestik oder Mimik entweder stark
reduziert oder geradezu unmöglich sind. Durch diese starke Einschränkung
der Bewegungsfreiheit der Charaktere bekommen diese eine marionettenartige Ästhetik, die ohne starke Modifizierung des Spiels nicht zu entfernen ist.
Ein weiteres Problem, das zum typischen „Computerspiel-Look “ beiträgt, ist
die Kameraführung. Obowhl die Kamera, im Gegensatz zu den virtuellen
Charakteren, keine Bewegungseinschränkungen hat, ist die Geschwindigkeit
der Bewegung meistens vordefiniert. Nimmt man Unreal Tournament 3 als
3
zu deutsch: Schmähung; im Kontext eines FPS sind dies Bewegungen wie Tanz, Finger
Zeigen, Gesäß Herausstrecken etc., die dazu dienen, andere Spieler zu verärgern und zu
provozieren.
2. Lineare Machinima
7
Beispiel, ist die Geschwindigkeit noch dazu sehr schnell, was langsame Fahrten oder Schwenks unmöglich macht. Dies führt dazu, dass jede Kamerabewegung die gleiche Geschwindigkeit hat.
2.1.2
Produktion im Editor
An der Bedienungsfreundlichkeit und den vielen bereitgestellten Funktionen,
die die Editoren in aktuellen Spielen bieten, merkt man, dass die Computerspieleindustrie sich der Machinima-Bewegung durchaus bewusst ist und
diese unterstützt. Ursprünglich waren Editoren dafür vorgesehen, den Benutzern die Möglichkeit zu bieten, eigene Levels und Mods zu erstellen, jedoch
werden in neueren Versionen auch Werkzeuge für Animationen angeboten.
Ein Beispiel für solch einen Editor ist der Unreal -Editor, mit dem das Vorprojekt zu dieser Arbeit realisiert wurde. Das Programm enthält einfach zu
bedienende Werkzeuge zur Erstellung von Keyframe-Animationen, Schnitt,
visuellen Effekten und auch zur Soundabmischung.
Eines der Vorteile dieses Verfahrens ist die Möglichkeit einer präziseren
Arbeit als bei der ersten Methode, da sowohl das Timing der Animationen
und die Positionierung der Objekte in der Szene genau eingestellt werden
können. Weiters sind die Interfaces dieser Werkzeuge so gestaltet, dass sie bekannten 3D-Animationspackages ähnlich sind, was das Erlernen dieser Programme für professionelle 3D-Artists wesentlich erleichtert. Weiters besteht
die Möglichkeit, im Editor eigene Sets zu modellieren, zu texturieren und zu
beleuchten, wodurch eine bessere Anpassung an die Vision des Regisseurs
möglich ist. Es lässt sich daher behaupten, dass mit dieser Methode qualitativ bessere Ergebnisse erzielbar sind als mit der im vorhergehenden Abschnitt
beschriebenen. Als Nachteil im Vergleich zum Puppeteering-Verfahren kann
die Tatsache angesehen werden, dass die Produktion im Editor zeit- und arbeitsaufwändiger ist. Um die Struktur des Spiels auf die eigenen Bedürfnisse
im Editor anpassen zu können, sind ebenfalls Programmierkenntnisse nötig.
Natürlich lassen sich die beiden Methoden miteinander kombinieren, um
die Vorteile beider nutzen zu können. An dieser Stelle soll aber betont werden, dass es weder mit dem ersten, noch mit dem zweiten Verfahren möglich
ist, eigene Inhalte wie 3D-Modelle, Animationen oder Texturen zu produzieren. Diese sind jedoch ausschlaggebend für die Verfolgung der Vision der
eigenen Animation und die Qualität des Endprodukts, denn sie heben die
starke Einschränkung an Content, die ein Computerspiel den Produzenten
auferlegt, auf. Es muss andererseits die Frage gestellt werden, ob eigene Assets nötig sind, da sich die Machinima im Setting des Computerspiels bewegen könnte, wie es zum Beispiel in Red vs. Blue der Fall ist. Auf diese
Unterscheidung zwischen Machinima-Typen wird in Abschnitt 2.4 eingegangen.
2. Lineare Machinima
2.2
8
Unterschiede von Machinima und 3D-Animation
Ein ausschlaggebender technischer Unterschied zwischen Machinima und
3D-Animation ist gleichzeitig ein großer Vorteil: Machinima wird in Echtzeit
gerendert, was Zeit- und Kostenersparnis in der Produktion mit sich zieht.
Die Echtzeitfähigkeit resultiert daraus, dass die grafischen Möglichkeiten von
Computerspielen im Vergleich zur 3D-Animation beschränkt sind, um den
Prozessor und die Grafikkarte nicht zu überlasten. Es werden beispielsweise
sowohl die Anzahl der dargestellten Polygone, als auch die Texturgröße und
die Shaderkomplexität eingeschränkt. So besteht zum Beispiel ein Charakter im Spiel Unreal Tournament 3 aus ca. 10000 Polygonen, vergleichsweise
dazu der Charakter Aki Ross aus dem Animationsfilm Final Fantasy: The
Spirits Within aus ca. 400000 Polygonen. Daraus wird deutlich erkennbar,
dass Machinima eine schlechtere grafische Qualität hinsichtlich des Photorealismus, der auf dem heutigen Stand der Technik noch unmöglich ist, bietet
als klassische 3D-Animation (hier sei außer Acht gelassen, ob dieser zwingend
wünschenswert ist). Friedrich Kirschner von der Academy of Machinima Arts
and Sciences sieht diesen Zustand jedoch nicht als Nachteil, sondern fordert
„die Abstraktion und Distanz zum Photorealismus als kreative Chance“ zu
begreifen und zu einer „visuellen Auseinandersetzung mit dem technischen
Grundgerüst“ zu gelangen [19].
Trotz der noch bestehenden technischen Einschränkungen schließt sich
die Kluft zwischen Machinima und klassischer 3D-Animation im Bereich
der visuellen Qualität fortwährend. Gekoppelt mit dem Moore’schen Gesetz,
welches besagt, dass die Komplexität integrierter Schaltkreise mit minimalen Komponentenkosten etwa alle zwei Jahre verdoppelt wird, steigen auch
stetig die technischen Möglichkeiten der Computergraphik [16, S. 11]. So
bestanden beispielsweise Charaktermodelle im First-Person-Shooter Quake
aus dem Jahre 1996 aus ca. 500 Polygonen, hatten eine maximale Texturgröße von 256 × 256 Pixel und wurden mit der Gouraud-Shading-Technik
beleuchtet. Die Modelle im Nachfolgerspiel Quake 4 aus dem Jahre 2005
bestehen hingegen aus bis zu 10000 Polygonen, haben eine Texturgröße von
bis zu 2048 × 2048 Pixel und werden mit der Phong-Shading-Technik beleuchtet. In Computerspielen der neuen Generation und in neuen EchtzeitRender-Engines (Renderer der Offset Engine von Intel, Spider -Plattform
von AMD/ATI, Enlighten von Geomerics) werden bereits Render -Techniken
wie Raytracing, Global Illumination und Ambient Occlusion erfolgreich eingesetzt, die früher nur mit rechenintensiven Softwarerenderen wie Mental
Ray oder Renderman möglich waren.
Durch die echtzeitbedingte Natur von Machinima ist der Produktionsprozess nicht so stark an die drei Phasen (Preproduction, Production, Postproduction) gebunden, da Änderungen in jeder der Phasen schnell und ohne
2. Lineare Machinima
9
lange Renderzeiten sichtbar sind. Somit sind langwierige Prozesse, wie die
Erstellung eines Animatics oder Rendertests, nicht mehr zwingend nötig.
2.3
Machinima als Werkzeug für die Industrie
Obwohl Machinima einer kleinen Spielefankultur entsprungen ist, die Spielevideos zur Zurschaustellung von Geschick und eigenem Amüsement kreierte, wird diese Technik immer mehr von der Filmindustrie wahrgenommen.
Der bereits erwähnte Vorteil des Echtzeitrenderings, der zu hohen Zeit- und
Kostenersparnissen führt, wird von Film- und Visual Effects Studios stark
verfolgt. So wurde beispielsweise die Unreal Engine als Plattform für die
Erstellung von Animatics zu den Filmen Artificial Intelligence von Steven
Spielberg und Star Wars Episode 3 von George Lucas benutzt. Für die Prävisualisierung der Flugzeugkämpfe in Peter Jacksons King Kong wurde ein
Flugsimulator verwendet [22]. Zur Realisierung der Kinderserie LazyTown
von Raymond P. Le Gué wird die Unreal Engine 3 zum Rendering von Hintergründen in Echtzeit eingesetzt [3]. die Warner Bros. Television Group
gemeinsam mit HDFilms produziert eine zehn Episoden lange Serie mit dem
Namen Chadam, kreiert von Alex Pardee [2]. Die Produktion soll nicht länger als ein Jahr dauern. Auf der anderen Seite arbeiten große Visual Effects Studios an eigenen Rendersystemen, wie beispielsweise Industrial Light
and Magic am Lightspeed Automatic Interactive Lighting Preview System,
das Previewrenderings, die qualitativ vom finalen Rendering nahezu nicht
mehr zu unterscheiden sind, innerhalb von Sekunden liefert. Mit diesem System sind Beleuchtungs- und Shading-Korrekturen innerhalb kürzester Zeit
möglich [23]. Für die Kameraaufnahmen des 3D-Animationsfilms Surf ’s Up
konnten sich Kameramänner mit echten Kameras durch den Raum bewegen,
sahen aber durch den Sucher die 3D-Animation. Neben der Position und
Rotation der Kamera wurden auch die Werte von Zoom und Fokus aufgenommen [25]. Somit konnten die Kameraeinstellungen nach der Produktion
der Animationen aufgenommen werden, eine Technik, die an das Recamming
in Machinimas erinnert.
An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Machinima-Produktionstechnik
zwar von der Industrie verwendet und eigens entwickelt wird, jedoch diese
nicht als Machinima bekannt ist. Sie wird als der nächste Schritt in der Evolution der 3D-Animation verstanden und nicht als eigenes Medium, wie von
Paul Marino behauptet [16, S. 3]. Lutz Schmitt bezeichnet Machinima in
seinem Diplomnebenthema als ein Nischenmedium [27, S. 31], d.h. dass sich
hauptsächlich Hobbyisten und Fans von Computerspielen damit beschäftigen. Es gibt jedoch Teams von Personen, welche Machinima als eine ernst zu
nehmende Erscheinung ansehen und die Möglichkeiten dieser erforschen. Dazu gehören die bereits erwähnte Academy of Machinima Arts and Sciences,
zu deren Vorstand Paul Marino, Friedrich Kirschner, Hugh Hancock und
2. Lineare Machinima
10
Frank Dellario gehören, Fountainhead Entertainment unter Katherine Anna
Kang, oder der ILL Clan.
Die Computerspieleindustrie benutzt ebenfalls die Machinima-Technik
zur Erstellung von sogenannten Cutscenes 4 . Es ist jedoch schwer festzustellen, ob die Industrie oder die Machinima-Bewegung als erste das Konzept
des Echtzeit-3D-Filmemachens aufgegriffen hat. Die erste Machinima, Diary
of a Camper, wurde im Jahr 1996 veröffentlicht, jedoch gibt es keine ausreichenden Quellen, die die Erscheinung der ersten 3D-Echtzeit-Cutscenes
dokumentieren. Der Grund für die Verwendung von Machinima ist in den
oben beschriebenen, technischen Vorteilen dieser Animationstechnik zu finden. Als Beispiel hierfür sei das Computerrollenspiel Anachronox angeführt,
dessen Cutscenes vom Produktionsmitglied Jake Hughes in eine spielfilmlange Machinima geschnitten wurden, die auf dem Machinima Film Festival
2002 drei Preise gewann.
2.4
Machinima als Animationsumgebung für „ jedermann“
Machinima wird als ein Schritt zur Demokratisierung des Films und der 3DAnimation gesehen [27, S. 28], da durch die oben erläuterten Vorteile in der
Produktion die Erstellung von Filmen und Animationen einer breiten Masse
zugänglich gemacht worden sei. Seit dem Erscheinen von Machinima sind
tausende Produktionen zustande gekommen und auf Onlineplattformen wie
Youtube, Vimeo oder Machinima.com, die zu den Hauptdistributionsorten
dieser Filme zählen, veröffentlicht worden, die zum Großteil von Hobbyisten und Fans erstellt wurden, also einer relativ breiten Masse. Unter diesem
Aspekt kann man daher von einer Demokratisierung des Films sprechen. Was
jedoch in diesem Zusammenhang viele Fragen aufwirft, ist die Qualität der
meisten dieser Filme, sowohl in technischer, als auch ästhetischer Hinsicht.
Diese Fragen sollen in Abschnitt „Ästhetik von Inside-Out Machinimas“ behandelt werden.
Ebenso wie im Film oder 3D-Animation sind unter der MachinimaBewegung verschiedene Genres entstanden. So gibt es beispielsweise ScienceFiction- (Halo), Fantasy- (World of WarCraft ), Kriegs- (Call of Duty, Battlefield) oder alltagsbasierte (The Sims) Geschichten. Diese können wiederum
in Komödie, Action, Drama, oder Musikvideos unterteilt werden.
Die gröbste Unterscheidung von Machinima-Arten hat Eddo Stern geprägt, indem er zwischen sogenannten Outside-In und Inside-Out Filmen
differenzierte [11]. Unter Outside-In werden die Machinima-Produktionen
verstanden, die sich der Game Engines lediglich bedienen und keine inhaltliche Verbindung zum eigentlichen Spiel herstellen. In diesem Sinne ist Machi4
Cutscenes sind kurze Machinima-Sequenzen, die die Handlung eines Spiels erzählen
und vorantreiben [10, S. 27].
2. Lineare Machinima
11
nima nur eine neue Form der 3D-Animation, basierend auf technologischem
Fortschritt, und soll in Zukunft mit klassischer 3D-Animation verschmelzen.
Beispiele für solche Produktionen sind The Journey von Friedrich Kirschner,
Anna von Fountainhead Entertainment und die im Vorfeld zu dieser Masterarbeit erstellte Animation Apocalypsis Ex Machina. Inside-Out bezeichnet
hingegen Machinimas, die direkten, inhaltlichen Bezug auf die Spiele nehmen, in denen sie produziert worden sind und als eine Form von Ausdruck
und Kommunikation der Spieler dienen. Red vs. Blue von Rooster Teeth Productions, A Day in the Life of a Turret von Smooth Few Films, oder Diary
of a Camper von der United Ranger Films Gruppe, das als allererstes Machinima gesehen wird, sind Vertreter dieses Genres.
Diese beiden Unterscheidungsarten spiegeln sich in den zwei oben beschriebenen Produktionstypen wider. Während Outside-In mit der zweiten
Produktionsart, der Erstellung im Editor, produziert wird, wobei auch meistens eigene Assets in externen 3D-Animationspackages produziert werden,
wird für Inside-Out das Puppeteering präferiert. Aus diesem Sachverhalt
lässt sich auch die Qualität und Ästhetik der Machinima-Filme erklären.
Da bei der Outside-In Variante das Spiel nur als Render-Engine betrachtet wird und die Inhalte selbst produziert werden müssen, sind Erfahrungen
und Kenntnisse aus der 3D-Animation wie Modellierung, Texturierung, Beleuchtung, aber auch Storytelling, Dramaturgie und filmästhetische Aspekte
nötig. Das könnte den Grund dafür bilden, dass im Verhältnis zur InsideOut Variante nur wenig solche Produktionen realisiert werden. Diese Filme
sind gleichzeitig die ästhetisch wertvolleren und stechen aus der inzwischen
unüberschaubaren Menge an Machinimas am stärksten heraus.
Der Inside-Out Typ von Machinima ist der meist verbreitete und wird
häufig als tatsächliches Machinima verstanden. Eine Erklärung dafür ist der
in der Computerspielfan- und sogenannten Moddingszene liegende Ursprung
dieser Bewegung. Die Spielefans setzen sich mit ihren Spielwelten auseinander und ein mögliches Resultat dieser Auseinandersetzung sind MachinimaFilme. Aufgrund der Tatsache, dass die meisten Produzenten solcher Filme
Amateure und Hobbyisten sind, die wenig Erfahrung im Bereich der Filmproduktion haben, leidet oft die Qualität der Umsetzung was Narration, Dramaturgie, Schnitt, Bildkomposition und Ton betrifft. Ein weiteres Problem
ist die Wiederverwendung der im Spiel enthaltenen Assets, da dem Zuschauer ständig ähnliche visuelle Inhalte geboten werden und dadurch nur wenig
Variation erreicht wird. Weiters existiert das schon erläuterte Phänomen der
marionettenartigen Bewegungen der Figuren, das aus der Verwendung bereits vorhandener Animationen resultiert. Die daraus entspringende Ästhetik
geradezu zum Wahrzeichen von Machinima geworden. Dies sieht man auch
in der Bezeichnung des figursteuernden Spielers: er wird nicht als Actor bezeichnet, sondern als Puppeteer. Diese Ästhetik soll nun näher beleuchtet
werden.
2. Lineare Machinima
12
Ästhetik von Inside-Out Machinimas
Die Ästhetik der Animation der Inside-Out Machinimas erinnert stark an die
Prinzipien des Limited Animation Stils für 2D-Animationen, der seinen Aufschwung in den 1950’er Jahren erlebte. Die herausstechendste und gleichzeitig kostengünstige Eigenschaft dieser Animationsart ist die Wiederverwendung von bereits gezeichneten Bildern; so ist beispielsweise der Walkcycle
einer Figur immer gleich, es werden immer wieder die selben Hintergrundbilder verwendet, und bei der Gesichtsanimationen werden nur die Augen
und der Mund animiert, ebenfalls in kurzen, nahtlosen und wiederholbaren
Sequenzen. Der Hauptaugenmerk dieses Stils liegt also nicht in der Animation, sondern in der Handlung und den Dialogen, die meistens humorvoll
gestaltet sind (z.B. die Produktionen von Hanna-Barbera wie The Flintstones oder The Jetsons; eine Ausnahme bilden hier viele Anime-Serien, die
ein breites Spektrum an Genres abdecken). Dieser Sachverhalt gilt ebenfalls
für Inside-Out Machinimas. Es werden immer wieder dieselben Animationen benutzt, dasselbe gilt auch für die 3D-Umgebungen bzw. sogenannten
Maps, die ebenfalls vorgefertigt im Spiel enthalten sind. Was die Gesichtsanimation betrifft, so gibt es mehrere Ansätze. Es findet entweder überhaupt
keine Gesichtsanimation statt (beispielsweise in allen Quake Teilen, in denen
die Gesichtszüge und der Mund der Charaktere nur als Texturen existieren,
oder in Halo, wobei hier die Köpfe der Figuren komplett von Helmen bedeckt
sind), oder es werden vorgefertigte Speechcycles verwendet, also meistens eine
Animation, in der sich der Mund auf und zu bewegt, entweder in der Textur
oder im tatsächlichen 3D-Modell. Eine dritte bekannte Variante ist die automatisierte Analyse von Wave-Dateien, die die Game-Engine dazu verwendet,
um die entsprechenden Viseme zu bilden, womit Lippensynchronität gewährleistet ist. Die Source Engine von Valve ist ein Beispiel für die Umsetzung
dieser Technologie. Das wichtigste Element in dieser Art von Machinima
ist ebenfalls die Handlung, welche hauptsächlich mit – sehr oft humorvollen – Dialogen realisiert wird. Einen Vergleich zwischen Limited Animation
und Machinima unternimmt Matt Kelland und verteidigt die Ästhetik von
Machinima mit dem Argument, dass Serien wie Pokemon, Dragon Ball Z,
The Flintstones, oder Scooby Doo, allesamt Vertreter des Limited Animation Stils, zu den Lieblingszeichentrickfilmen der Zuschauer gehören [10, S.
79]. Weiters lässt sich eine Parallele zwischen Inside-Out Machinimas und
Limited Animation in der Produktionszeit sehen. Limited Animation wurde
hauptsächlich im Fernsehen ausgestrahlt wo die schnellstmögliche Produktion von neuen Folgen einen hohen Stellenwert einnimmt. Dies gilt auch für
Inside-Out Machinima-Serien, beispielsweise für die Serie Red vs. Blue. Der
Unterschied liegt jedoch darin, dass als Hauptdistributionsplattform für Machinimas das Internet dient.
Ein extremes Beispiel für die Umsetzung dieser Techniken ist die Machinima A Day in the Life of a Turret, basierend auf dem Spiel Portal von der
2. Lineare Machinima
13
Firma Valve. Sie erzählt den Tagesablauf von zwei Überwachungsrobotern
in einem Testlabor, deren einziges Gesichtsmerkmal ein rotes Lämpchen ist.
Der Film enthält einen minimalen Anteil an Animation, die meisten Shots
sind durch Standbilder realisiert. Während ein Roboter spricht, so blinkt
das Lämpchen stetig, wobei diese Animation in der Postproduktion realisiert wurde. Die einzigen in diesem Beispiel vorhandenen Animationen, sind
entweder vorgefertigt oder von der Physik-Engine berechnet.
2.5
2.5.1
Einordnung von Machinima in der Medienlandschaft
Machinima als Medium
Paul Marino bezeichnet Machinima einerseits als neues Medium, andererseits als eine Verschmelzung der drei Medien 3D-Animation, Film und Computerspiel [16, S. 3]. Betrachtet man jedoch die Definition von Machinima
vom Standpunkt der Narration, so ist sie eine Abwandlung von Film, eine
lineare, durch Bewegtbild und Ton erzählte Geschichte. Dies trifft auch auf
die 3D-Animation und den Zeichentrickfilm zu. Die Unterschiede liegen hier
nicht in der Narration, sondern im schon erläuterten Produktionsverfahren.
Unter dem Aspekt des Geschichtenerzählens kann Machinima, vor allem die
Outside-In Variante, also nicht als ein neues Medium gesehen werden.
Zur Betrachtung des Inside-Out Typs von Machinima soll nun die Erscheinung des Textual Poachings näher beleuchtet werden. Unter Textual
Poaching versteht man die Auseinandersetzung von Fans einer fiktiven Erzählwelt und die Erstellung neuer Geschichten in dieser Welt. Als Ursprung
dieser Erscheinung kann das Weitererzählen und Verändern von Volkserzählungen gesehen werden, ein Verhalten, das auch bei Literatur, Fernsehserien
und Computerspielen beobachtet werden kann [4, S. 111]. Hierbei sehen die
Fans die Erzählwelt als ein mögliches, alternatives Universum, obwohl sie
sich dessen bewusst sind, dass dieses nicht existiert (suspension of disbelief ). Suspension of disbelief ist eine bewusste Handlung der Aufhebung des
Unglaubens gegenüber einer Fiktion, sodass die Empfänger dieser fiktiven
Welt und Handlung diese temporär als wahr annehmen. Dennoch wissen sie
gleichzeitig, dass die fiktive Welt erfunden worden ist [8, S. 66]. Als Beispiel
kann hierbei jeder narrative Text dienen, sei es Literatur, Film oder Computerspiel. Der Empfänger fühlt während des Lesens, Schreibens oder Spielens
wahre Emotionen, obwohl die Handlung lediglich fiktiv ist.Inside-Out Machinimas können als eine Form des Textual Poachings gesehen werden, da
Fans als Machinima-Produzenten die Erzählwelt eines Computerspiels mit
eigenen Geschichten erweitern. Wendet man nun das Konzept der sogenannten engen Intertextualität und deren zwei Varianten Intertext und Paratext
bei Machinima an, so kann Machinima als ein Text in Bezug zu der Vor-
2. Lineare Machinima
14
lage, dem Computerspiel, gesehen werden (Intertext). Demnach werden die
Inhalte der Machinima bezüglich des Computerspiels gesehen, sodass diese zur intertextuellen Anspielung wird. Kennt der Zuschauer die Vorlage
jedoch nicht, so entgehen ihm die Verweise auf das Spiel, wodurch die Machinima schwer oder nicht verständlich wird. Sieht man die Machinima als
Paratext, so kann sie als Kommentar zum Computerspiel werden. Aus einer poststrukturalistischen Sichtweise des Textverständnisses, in der nicht
zwischen Original und Kopie unterschieden wird, sondern nur Beziehungen
zwischen den Texten bestehen, kann auch das Computerspiel als Kommentar zur Machinima gesehen werden. Diese Sichtweise erlaubt Machinima als
Teil eines intermedialen Werkes zu sehen, ohne sie einem bestimmten Medium zuweisen zu müssen [4, S. 111–115].
2.5.2
Machinima als Kunstbewegung
Ahmet Emre Acar, Kommunikationswissenschaftler, sieht Machinima nicht
als ein Medium, sondern vergleicht diese mit einer Kunstbewegung. Er behauptet weiters, dass Machinima aufhören wird zu existieren. Einen Grund
dafür sieht er im Fehlen einer geschlossenen Gemeinschaft, die systematisch versucht, die Grenzen und Möglichkeiten dieser Technik auszuloten
und einen gemeinsamen visuellen Stil zu definieren. Das Problem dafür erkennt er darin, dass sich die meisten Gemeinschaften rund um die Spiele bilden, während die spielübergreifende Machinima-Community sehr klein
ist [14, S. 25–27]. Eine Widerspiegelung dieses Zustandes kann man in der
Zahl der Benutzer diverser Machinima- bzw. Computerspieleforen erkennen,
abgebildet in Tabelle 2.1. Während die Spielübergreifende Online-Plattform
www.machinima.com 6300 registriete Nutzer hat, umfasst beispielsweise die
Seite www.warcraftcinema.com, die nur im Spiel World of WarCraft erstellte Machinimas behandelt, 26626 registrierte Nutzer, und die Plattform für
Halo-Machinimas www.halomovies.org 3788 User, also mehr als die Hälfte
als bei Machinima.com. An dieser Stelle ist zu betonen, dass weder mit World
of WarCraft noch mit Halo eine Einbindung eigener Inhalte möglich ist, da
zu diesen keine Editoren geliefert werden. Somit ist nur der Produktionstyp
Puppeteering möglich, was nur die Produktion von Inside-Out Machinimas
zulässt. Auf der anderen Seite wurden im Rahmen dieser Untersuchung keine
eigenen Plattformen für Spiele wie Quake oder Unreal, die eine kompliziertere
Produktionspipeline über Editor voraussetzen bzw. ermöglichen, gefunden.
Das Verhältnis der Zahlen von Usern auf den oben genannten Plattformen lässt auch die Anzahl der entsprechenden Machinimas vermuten.
Eine Hochrechnung der von 2001 bis Ende 2007 auf www.machinima.com
veröffentlichten Filme bestätigt dies (vgl. Abbildung 2.1 ). Während Halo5
Diese Seite ist keine Plattform nur für Machinima-Filme, sondern behandelt verschiedene Aspekte von Second Life; Machinima ist nur ein Punkt unter vielen, deshalb können
nicht alle User als Machinima-Interessierte gezählt werden.
2. Lineare Machinima
15
Tabelle 2.1: Benutzerzahlen von Machinima-Plattformen, Stand: August
2008.
Plattform
Registrierte Nutzer
www.machinima.com
6300
www.warcraftcinema.com
26626
www.halomovies.com
3788
www.sims99.com
730
www.slinside.com5
21719
Abbildung 2.1: Anzahl der Machinima-Uploads auf dem Portal Machinima.com (Jahre 2001-2007), Stand: April 2008.
und World of WarCraft-Machinimas einen stetigen Zuwachs anzeigen, haben Unreal-Machinimas im Jahr 2004 einen Spitzenpunkt erlebt, der aber
im Vergleich zu Halo-Filmen sehr niedrig ist. Betrachtet man die Inhalte dieser Filme, so sind die meisten dieser Produktionen Inside-Out Machinimas
und folglich eine Form des Textual Poachings.
Anhand von Tabelle 2.1 lässt sich bestätigen, dass der Großteil der Machinima-Produzenten nicht in einer vereinten Gemeinschaft agiert, sondern
im jeweiligen Lager des zugrunde liegenden Computerspiels. Aufgrund der
Tatsache, dass die meisten Filme eine Form von Textual Poaching sind, kann
man nicht von einer Kunstbewegung sprechen, sondern von Fan-Fiction [21,
S. 41]. Acars Behauptung, Machinima, als eine Art Kunstbewegung, werde
2. Lineare Machinima
16
aufhören zu existieren, kann demnach zumindest zum Teil bestätigt werden,
trotz der jährlich ansteigenden Anzahl an Machinimas (Abbildung 2.1), da,
Inside-Out Machinimas betreffend, tatsächlich keine gemeinsamen Ziele im
Sinne einer systematischen Untersuchung der Möglichkeiten von Machinima
– sowohl in technischer Hinsicht als auch der Narration – verfolgt werden und
der visuelle Stil nur vom entsprechenden Computerspiel abhängig ist. Dieser
Zustand ist auch aus der Entscheidung der Jury des Ottawa Animation Festivals im Jahr 2004 gegen eine Preisverleihung in der Kategorie Machinima
ersichtlich [29]:
New and inventively weird, machinima straddles the line between
visual fan fiction and filmmaking, a genre filled with potential for
engaging complete visual expression. While the Jury does not
wish to discourage filmmakers, we will not present a prize for
this category as we feel the award needs to represent a certain
level of excellence of expression. We hope to see more entries in
future festivals.
An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass Machinima an vielen Film- und
Animationsfestivals inzwischen als Kategorie aufgelistet ist. Neben dem Ottawa Animation Festival gibt es jährlich das Machinima Film Festival in New
York und die Machinima Expo 6 , die Teil der Festival Arcadia in Montreal ist.
Im Jahr 2007 fand das erste Machinima Festival Europe in Leicester statt.
Neben diesen Festivals ist Machinima eine Kategorie am Bitfilm Festival
in Stuttgart und Hamburg. Weiters werden Vorträge und Workshops über
Machinima an Messen wie der jährlichen fmx -Messe in Stuttgart oder der
Games Convention in Leipzig gehalten. Dieser Sachverhalt zeigt, dass Machinima im Bereich des Trickfilms und der Computerspiele immer bekannter
wird.
Die Bezeichnung Machinima wurde auch aus dem Grund geschaffen, um
die unterschiedlichen Computerspiel-Filme unter einer Definition zu vereinen, da früher die Bezeichnungen Quake-Movies oder Doom-Movies vorherrschten, also die Computerspielnamen als Präfix für die Benennung des
Genres dienten [16, S. 12]. Die Seite www.machinima.com sollte als gemeinsame Plattform für alle Machinima-Filme dienen, doch wenn man die Struktur der Seite näher betrachtet, so lässt sich erkennen, dass sie in Kategorien,
sogenannte Channels, gegliedert ist, wobei die Kategorisierung auf der Produktionsumgebung der Machinimas, also auf den einzelnen Computerspielen,
basiert. Somit trennt diese Plattform die Machinimas wieder, indem sie das
zugrundeliegende Spiel zum Hauptunterscheidungsmerkmal macht.
Die Internetseite www.machiniplex.com ist eine der wenigen Plattformen,
welche ohne Spielkategorisierung ausgewählte, qualitativ hochwertige Machi6
Am 17. September 2008 wurde Machinima Expo abgesagt, da die Finanzierung aus
unbekannten Gründen zurückgezogen wurde [24].
2. Lineare Machinima
17
nima-Filme zur Betrachtung anbietet. Auf dieser Seite sind ausschließlich
Outside-In Filme zu finden.
Die bereits erwähnte Academy of Machinima Arts and Sciences, und insbesondere Friedrich Kirschner, untersuchen die Möglichkeiten und Techniken
von Machinima, da aber diese Projekte nicht mehr unter die Kategorie „lineare Machinima“ fallen, werden sie in Kapitel 4 erläutert.
Ein weiteres Beispiel für den Einsatz von Echtzeit-3D-Umgebungen im
künstlerischen Bereich sind die Werke von John Gerrard, der sich intensiv
mit dem Thema „Echtzeit“ auseinandersetzt. Diese sollen ebenfalls in Kapitel
4 behandelt werden.
Abschließend lässt sich sagen, dass lineare Machinima kein neues Medium ist, da sie enge Verwandtschaft mit Film und 3D-Animation aufweist und
der Unterschied nur in der darunterliegenden Technologie liegt. Sie ist auch
keine Kunstbewegung, sondern ist mit Textual Poaching und Fan-Fiction
vergleichbar, da der Großteil der Machinima-Filme die zugrundeliegenden
Computerspiele behandelt, meistens in Amateurqualität und für Außenstehende aufgrund der intertextuellen Natur nicht verständlich. Outside-In Machinimas wiederum sind eigenständig funktionierende 3D-Animationen und
mit dem heutigen technologischen Fortschritt bald qualitativ nicht mehr von
klassischer 3D-Animation zu unterscheiden.
Um das Potential von Machinima zu verstehen und diese als eigenständiges Medium oder Kunstrichtung definieren zu können, muss über den linearen Aspekt der Narration und Darstellung hinausgegangen werden, was
gleichzeitig die Ignorierung der zurzeit gültigen Definition von Machinima
bedeutet. Kapitel 3 beschäftigt sich mit dem interaktiven Aspekt, der in
Machinima durchaus möglich ist.
Kapitel 3
Interaktive Machinima
Dieses Kapitel behandelt einen Typ von Machinima, der im Vergleich zur linearen Machinima wenig verbreitet ist, nämlich interaktive Machinima. Da
die in Kapitel 2 erläuterte Definition streng genommen keine Interaktivität
zulässt, da der Film an sich nicht interaktiv ist, soll diese hier außer Acht
gelassen werden. Viel mehr soll Machinima vereinfacht als Mittel zur Geschichtenerzählung gesehen werden, und es soll untersucht werden, inwiefern
sich Interaktivität zu diesem Zweck eignet. Da die Machinima-Technik sich
aus Computerspielen entwickelt hat, ist die Untersuchung der Interaktion
naheliegend, es muß jedoch zugleich erläutert werden, in welchen Punkten
sich eine interaktive Machinima von einem Computerspiel unterscheidet.
3.1
Definition von Interaktivität
Interaktivität bedeutet im Zusammenhang mit Texten und der Computertechnik den Austausch an Informationen zwischen dem Nutzer beziehungsweise Leser und dem Text. Der Leser reagiert auf die Ausgabe des Computers
und tätigt eine entsprechende Eingabe, worauf der Computer wieder eine
angepasste, berechnete Ausgabe liefert. Es kann sich dabei um so einfache
Aufgaben wie einen Taschenrechner oder komplexe Simulationen oder Computerspiele handeln. Hierbei unterscheidet Ryan zwischen zwei Bedeutungen
von Interaktivität, nämlich der schwachen und starken. Der schwache Typ
lässt Entscheidungen entlang eines vordefinierten Pfades zu, die Interaktivität ist also auf einige Entscheidungspunkte beschränkt. Der starke Typ
bedeutet, dass der Nutzer durch seine verbalen oder physischen Aktionen
aktiv an der Generierung des Textes beteiligt ist [26, S. 17].
Ryan führt auch einen übertragenen Sinn von Interaktivität an. So ist
das Lesen eines linearen Textes interaktiv, da der Leser durch das Lesen
eine Bedeutung generiert. Er ist im Stande, durch die im Text enthaltenen
Beschreibungen und Kausalitäten im Geist ein Bild von der dargestellten
Welt zu erschaffen [26, S. 17–18]. Auf diese Bedeutung von Interaktivität soll
18
3. Interaktive Machinima
19
Abbildung 3.1: Vollständiger Graph, nach [26, S. 247].
hier jedoch nicht weiter eingegangen werden, da diese ebenfalls auf lineare
Machinima anwendbar ist und keine neuen Erkenntnisse zu gewinnen wären.
3.1.1
Schwache Interaktivität
Die schwache Interaktivität wird sehr oft in Computerspielen angewendet.
Wie bereits erwähnt, lässt dieser Typ nur an vorbestimmten Punkten in
der Geschichte Entscheidungen zu. Es kann unter einer gewissen Anzahl an
Entscheidungen gewählt werden, und je nach Auswahl verläuft die spätere
Handlung in verschiedene Richtungen. Der Handlungsverlauf lässt sich anhand eines zweidimensionalen Diagramms darstellen, wobei Ryan zwischen
neun verschiedenen Graphen unterscheidet [26, S. 246–256]:
Vollständiger Graph. Im vollständigen Graph ist jeder Knoten mit jedem
anderen verbunden, wobei ein Knoten einen Entscheidungspunkt in
der Handlung darstellt (siehe Abbildung 3.1). Somit kann der Benutzer
die Handlung in eine beliebige, vordefinierte Richtung lenken. Problematisch hierbei ist, dass die Geschichte dadurch unzusammenhängend
wird, da bereits in der Vergangenheit besuchte Knoten zu jedem Zeitpunkt wieder anwählbar sind und sich die Handlung unter Umständen
in einer Endlosschleife verfangen kann.
Netzwerk. Das Netzwerk ist die am häufigsten verwendete Struktur für Hypertext, die meisten Webseiten sind nach diesem Schema aufgebaut. Im
Netzwerk sind Knoten, zu denen man sich von einem vorherigen aus
hinbewegt, vom Autor vorbestimmt (siehe Abbildung 3.2). Diese Struktur lässt aber auch Schleifen zu, sodass man innerhalb der Geschichte
wieder in die Vergangenheit reisen kann. Dieses Modell ist deshalb für
kausale, in sich kohärente Geschichten kaum geeignet.
Baum. Als azyklischer Graph erlaubt diese Struktur keine Schleifen. Entscheidungen sind nicht revidierbar, was den Entwurf einer glaubwür-
3. Interaktive Machinima
20
Abbildung 3.2: Netzwerk, nach [26, S. 248].
Abbildung 3.3: Baum, nach [26, S. 249].
digen und kohärenten Geschichte erlaubt (siehe Abbildung 3.3). Ein
Nachteil der Strukturierung als Baum besteht darin, dass der Baum mit
jeder Entscheidung exponentiell wächst und der Entwicklungsaufwand
einer Geschichte nach diesem Modell schnell unüberschaubar groß wird.
Vektor mit seitlichen Verzweigungen. In diesem Graphen verläuft die
Handlung linear, jedoch können an vorbestimmten Punkten seitliche
Pfade gewählt werden, die in einer Sackgasse enden (siehe Abbildung
3.4). Um die Geschichte voranzutreiben, muss man wieder auf den
Hauptstrang zurückkehren. Dieses Modell wird sehr oft in Rollenspielen verwendet, beispielsweise in Diablo von Blizzard Entertainment.
Die Geschichte verläuft mit jedem Spiel gleich, jedoch werden an unterschiedlichen Punkten kurze, vordefinierte Abenteuer, Sidequests genannt, angeboten, die man optional verfolgen kann. Ein Beispiel dafür
ist, dass man den Dämonen Butcher töten kann, um einen gefallenen
Dorfbewohner zu rächen. Alternativ kann der Ort, an dem sich der
Dämon befindet, gemieden und der Haupstrang der Geschichte weiterverfolgt werden. Der Vorteil dieses Modells besteht darin, dass man die
3. Interaktive Machinima
21
Abbildung 3.4: Vektor mit seitlichen Verzweigungen, nach [26, S. 250].
Abbildung 3.5: Labyrinth, nach [26, S. 251].
Geschichte sehr gut ausarbeiten und einen qualitativ hohen Grad an
Dramaturgie sichern kann. Der Nachteil ist jedoch, dass der Benutzer
praktisch keinen Einfluss auf die Geschichte hat.
Labyrinth. Die Labyrinth-Struktur wird häufig in sogenannten AdventureGames verwendet. Hier gibt es einen Startpunkt und einen eindeutigen
Endpunkt, die Entscheidungspunkte dazwischen sind auf vordefinierte
Weise miteinander verbunden, dem Netzwerk ähnlich, wobei Schleifen
hier optional sind (siehe Abbildung 3.5). Obwohl dieses Modell sehr
schnell komplex werden kann, ist der Zusammenhang der Handlung
gesichert.
Gerichtetes Netzwerk. Dieses Modell ist eine Abwandlung der BaumStruktur, wobei hier Verzweigungen wieder miteinander verschmelzen
können (siehe Abbildung 3.6). Auf der einen Seite eignet sich dieser
Graph, um eine zusammenhängende Geschichte mit einem zufriedenstellenden Grad an Dramaturgie zu erschaffen, auf der anderen Seite
werden durch die miteinander verschmelzenden Zweige die früheren
Entscheidungen des Benutzers bedeutungslos. Es wird von einer Illusion der Auswahl gesprochen. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu
3. Interaktive Machinima
22
Abbildung 3.6: Gerichtetes Netzwerk, nach [26, S. 252].
umgehen, ist die Anwengung eines Systems, das sich frühere Entscheidungen merkt. Beispiele dafür sind die Echtzeitstrategiespiele aus der
Serie Command and Conquer. Im Verlauf der Handlung gibt es Stellen, an denen man zwischen zwei verschiedenen Missionen wählen kann,
beispielsweise eine, deren Ziel es ist, die Flughäfen des Gegners zu zerstören, und eine andere, in der man einen Wissenschaftler des Gegners
gefangen nehmen muss, um neue Technologien zu stehlen. Je nachdem, welche Mission gewählt wurde, ist die darauffolgende Mission –
zum Beispiel lautet der Befehl, die gegnerische Basis zu zerstören –
dieselbe, das Szenario wird allerdings basierend auf vorangegangenen
Entscheidungen modifiziert. Hat man die Flughäfen zerstört, besitzt
der Gegner keine Luftflotte zur Verteidigung, hat man den Wissenschaftler entführt, so ist man später in der Lage, einen starken Panzer
zu bauen, der Gegner verfügt aber über eine Luftflotte.
Verborgene Geschichte. Dieses Modell gliedert sich in zwei Schichten.
Die untere Schicht ist eine festgelegte Geschichte, die es in der oberen Schicht zu entdecken gilt. Der Benutzer bewegt sich in der oberen Schicht und durch seine Entscheidungen erhält er Einblick in die
Geschehnisse der unteren, linearen Geschichte (siehe Abbildung 3.7).
Diese Struktur weist Ähnlichkeiten zu einer Detektiv-Geschichte auf,
in der es einen mysteriösen Fall zu lösen gilt. Beispiele für dieses Modell sind die Spiele der Myst-Serie (Myst, Riven: Sequel to Myst, Myst
III: Exile).
Umsponnene Handlung. Mit diesem Modell lässt sich, wie in der verborgenen Geschichte, eine Geschichte rekonstruieren, jedoch auf eine
andere Weise. In diesem Fall gibt es mehrere lineare Stränge, welche
die Erlebnisse eines Charakters in der Handlung darstellen. Hierbei
können durchaus Überschneidungen der verschiedenen Pfade auftreten, an denen der Benutzer den Sichtpunkt des Charakters wechseln
kann. Eine Rückkehr in die Vergangenheit ist aber nicht möglich. Somit sind mehrere, vollständige Durchläufe der Geschichte nötig, um
3. Interaktive Machinima
23
Abbildung 3.7: Verborgene Geschichte, nach [26, S. 253].
Abbildung 3.8: Umsponnene Handlung, nach [26, S. 254].
die Geschichte voll und ganz, aus jeder Perspektive zu erfassen (siehe
Abbildung 3.8).
Aktionswelt, epische Wanderung. Dieser Graph zeigt die geographischen Orte zwischen verschiedenen, in sich geschlossenen Geschichten an.
Jeder Knoten ist eine in sich abgeschlossene Handlung (siehe Abbildung 3.9). Der Benutzer von einer Geschichte zur anderen wandern,
und sobald er den nächsten Punkt erreicht hat, übernimmt das System
die Geschichte und Handlung. Beispiel für diese Art von Interaktivität
ist ein Themenpark, in dem man von einer Attraktion zur anderen gelangt. Als Computerspiel-Beispiel soll an dieser Stelle das Spiel Doom
3 dienen, das eine ähnliche Struktur aufweist. Wenn der Spieler einen
bestimmten Raum erreicht, dann wird ein sogenanntes geskriptetes Ereignis aufgerufen, das beispielsweise einige Monster aus der Dunkelheit
auf den Spieler zuspringen lässt. Hat der Spieler die Monster bewältigt
3. Interaktive Machinima
24
Abbildung 3.9: Epische Wanderung, nach [26, S. 256].
und kehrt zu einem späteren Zeitpunkt an dieselbe Stelle zurück, wird
das Ereignis nicht mehr aktiviert. Ein anderes Beispiel, das die Themenpark Analogie deutlich aufzeigt, ist das MMORPG 1 -Spiel World
of WarCraft. Hierbei kann der Spieler innerhalb der Spielwelt gewisse
Orte aufsuchen, sogenannte Dungeons, an denen es eine Aufgabe zu
lösen gilt, sei es das Besiegen eines Drachen oder Finden eines Schatzes. Der Spieler kann zwischen verschiedenen Dungeons wählen und sie
immer wieder betreten, genauso wie Themenpark-Attraktionen.
Das Potential eines Netzwerks, gut entworfene Geschichten zu generieren, ist nach Ryan indirekt proportional zur Anzahl der Verbindungen, also
je linearer der Pfad ist, desto besser die Geschichte [26, S. 257]. Dies wird
durch die Tatsache, dass eine Geschichte eine lineare Struktur impliziert,
weiter bekräftigt [26, S. 244]. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die
Entscheidungsauswahl in den oben genannten Strukturen den Leser in die
Rolle eines Autors beziehungsweise sogar einer gottartigen Figur in Bezug
zur Geschichte stellt und somit die Immersion – diese wird in Abschnitt 3.2.2
behandelt – zumindest teilweise auflöst [26, S. 283]. Um jedoch Interaktivität nicht auf Graphen, die tatsächliche Interaktion nur an einigen, wenigen
Punkten zulassen, zu beschränken, sollen andere Methoden betrachtet werden, die in die Kategorie der starken Interaktivität fallen.
3.1.2
Starke Interaktivität
Im Vergleich zur schwachen Interaktivität, welche nur die Manipulation eines bestehenden Textes zulässt, erlaubt die starke Interaktivität dem Benutzer, aktiv an der Generierung eines Textes mitzuwirken. Dies bedeutet,
1
steht für Massively Multiplayer Online Role Playing Game.
3. Interaktive Machinima
25
dass jede Aktion des Benutzers Einfluss auf die Erzählwelt haben muss, ob
minimal oder äußerst signifikant. Um dies zu gewährleisten, muss das System so entworfen werden, dass es auf jede Eingabe dynamisch reagiert. Dies
lässt sich mittels einer Simulation umsetzen. Um die Immersion des Lesers –
oder Interaktors – sicherzustellen, muss dieser die Rolle eines Charakters in
der Erzählwelt annehmen. Aktuelle Computerspiele sind im Stande, einige
Aspekte der realen Welt zu simulieren: einerseits die immer aufwändiger gestaltete Darstellung, die physikalischen Gesetze, und künstliche Intelligenz,
wenn auch nach wie vor in begrenztem Rahmen. Um den Interaktor in die
Welt einbinden zu können, ist es nötig, ihm mehr Freiheit an Bewegung
und Beeinflussung der Geschichte zu gewähren. Die Eingabemöglichkeiten
in heutigen Spielen jedoch finden auf einer symbolischen Ebene statt, die
durch Interfaces mit klickbaren Icons realisiert ist. Es sind auch tatsächliche
Dialoge mit den virtuellen Charakteren nötig – ein Faktor, der in aktuellen
Spielen noch immer durch die Modelle der schwachen Interaktivität gelöst
ist. Hier wäre eine künstliche Intelligenz notwendig, die im Stande wäre, mit
dem Interaktor Gespräche zu führen. Für dieses Problem gibt es schon mehrere Lösungsansätze, so beispielsweise der sogenannte Chatterbot Eliza von
Joseph Weizenbaum, der MUD-Bot Julia von Michael Mauldin [18]. Weiters gibt es das Spiel Façade, in dem man sich mit einem Ehepaar, deren
Beziehung es durch Gespräche2 zu retten gilt, unterhalten kann [17]. Das
letzte Beispiel präsentiert eine interaktive Geschichte, an deren Aufbau der
Interaktor tatsächlich beteiligt ist. Die künstliche Intelligenz steuert sowohl
die Charaktere als auch die Dramaturgie, um eine spannende Handlung zu
bieten.
Diese Programme sind jedoch nicht dazu fähig, tatsächlich Sprache zu
verstehen und auf Eingaben des Interaktors logisch zu antworten, sie erwecken lediglich den Anschein – mehr oder weniger erfolgreich – von intelligenten Wesen [21, S. 214–226].
Eine aufwändig simulierte Welt mit intelligenten Charakteren – auch
Agenten genannt – kann jedoch schnell uninteressant und langweilig für den
Interaktor werden, wenn sie frei von Handlung und Drama ist. Somit ist eine
Simulation der Geschichte notwendig, wenn man nicht auf die Modelle der
schwachen Interaktivität zurückgreifen möchte, um eine Geschichte zu erzählen. Eine Simulation benötigt Algorithmen und Daten, um eine Handlung zu
generieren, was eine Analyse und Modularisierung von Geschichten voraussetzt. Eine solche Analyse hat beispielsweise Joseph Campbell durchgeführt
und sieht jede Geschichte als einen Monomythos vom Helden mit eintausend
Gesichtern, der von seiner gewohnten Welt in eine andere, fremde aufbricht,
dort Abenteuer und Prüfungen besteht, und schließlich nach Hause zurück2
Hierbei werden tatsächlich die Sätze, die der Interaktor eintippt, als Grundlage für den
Handlungsverlauf verwendet. Der Spieler hat somit mehr Möglichkeiten, die Geschichte
zu beeinflussen als mit einem interaktiv schwachen Modell.
3. Interaktive Machinima
26
kehrt, um die Gesellschaft mit Geschenken zu bereichern [21, S. 186]. Ronald
B. Tobias, Drehbuchautor, sieht in jeglicher Literatur zwanzig verschiedene
Handlungen [21, S. 186–187]:
• Die Suche
• Die Versuchung
• Das Abenteuer
• Die Metamorphose
• Die Verfolgung
• Die Transformation
• Die Rettung
• Das Erwachsenwerden
• Die Flucht
• Die Liebe
• Die Rache
• Die verbotene Liebe
• Das Rätsel
• Die Aufopferung
• Die Rivalisierung
• Die Entdeckung
• Der Außenseiter
• Der Aufstieg
• Das verachtungswürdige Übermaß
• Der Abstieg/Fall
Tatsächlich kommt kaum eine Geschichte ohne diese Elemente aus. Diese
Themen bieten zwar eine gute Ausgangsbasis für den Aufbau von Geschichten, aber sie sind zu allgemein gehalten, sodass nach einer feineren Modularisierung gesucht werden muss. Murray sieht eine Lösung zu diesem Problem
in den Liedern der Minnesänger des Mittelalters, die sich einiger Themen
und denen entsprechender Formeln bedienten und durch diese kleinen Handlungsblöcke eine Geschichte konstruieren konnten, die bei jeder Vorführung
immer anders angeordnet waren [21, S. 188–190].
Einen weiteren, komplexen Ansatz hat Vladimir Propp entwickelt. Er
analysierte den Aufbau von 450 russischen Märchen und konnte eine, für
jede Geschichte gemeinsame, sogenannte Kernhandlung ausmachen, bestehend aus 25 verschiedenen Basisfunktionen, die er Morpheme nannte [21, S.
195]. Weiters hat Propp versucht, Regeln zu definieren, nach denen sich die
Morpheme miteinander kombinieren lassen. Er kam zur Erkenntnis, dass
viele Morpheme in Paaren vorkommen, beispielsweise die Elemente H (der
Held und der Bösewicht stehen sich im Kampf gegenüber) und I (der Held
besiegt den Bösewicht) [21, S. 196–197]. Es sind sowohl mehrere Sequenzen
von solchen Paaren möglich, als auch Verschachtelungen oder Ersatzmöglichkeiten, um eine komplexe Geschichte aufzubauen [21, S. 196–197]. Obwohl
Propps Modell es erlaubt, komplexe und zufriedenstellende Geschichten mit
den Morphemen exakt zu konstruieren, wird es in Computerspielen – in denen noch immer Modelle der schwachen Interaktivität bevorzugt werden –
nicht eingesetzt. Der offensichtliche Vorteil dieser prozeduralen Methode ist,
dass der Autor verschiedene Varianten einer Geschichte nicht manuell ausarbeiten muss, sondern sie vom System generieren lassen kann. Als Beispiel
sei hier die Analogie des Zufallsgenerators für Umgebungen von Diablo III
angeführt. Dem Generator stehen eine große Anzahl von Modulen, die verschiedene Raumstrukturen repräsentieren, zur Verfügung. Diese Module lassen sich miteinander verbinden, um Levels und Labyrinthe für den Spieler zu
generieren, wobei festgelegt ist, welche Module sich mit welchen kombinieren
3. Interaktive Machinima
27
Tabelle 3.1: Vier Eigenschaften von digitalen Umgebungen, untergeordnet
in Interaktion und Immersion [21, S. 71].
Interaktion
Immersion
prozedural
räumlich
mitwirkend
enzyklopädisch
lassen. Bei jedem Spielstart werden die Levels neu generiert, was die Wiederspielbarkeit erhöht [30]. Könnte man so ein Modul-basiertes System für
die Geschichte und Handlung entwickeln, wäre die Wiederspielbarkeit noch
größer, da dem Spieler bei jedem Neustart neue Abenteuer geboten würden. Um den Spieler in die Produktion der Geschichte einzubinden, könnte
dieses System zusätzlich auf die Aktionen des Spielers mit entsprechenden
Morphemen dynamisch zur Spielzeit reagieren. Fraglich ist hierbei jedoch
die Qualität der erzählten Geschichten und ob beispielsweise subtile Handlungsänderungen oder komplexe Verhältnisse in der Geschichte mit so einem
System darstellbar wären. Eine Hybridlösung soll in Diablo III zum Einsatz
kommen. Hierbei ist die Hauptgeschichte großteils linear nach dem Modell
des gerichteten Netzwerkes aufgebaut, jedoch soll es seitliche Verzweigungen
geben, die wie im Vektor mit seitlichen Verzweigungen die Hauptgeschichte nicht beeinflussen – diese Verzweigungen sollen zufallsgeneriert aus einer
gewissen Anzahl an Handlungselementen entstehen, um so die bereits erwähnten Sidequests zu realisieren.
Um die Interaktivität und gleichzeitig die Immersion erfolgreich in einer
interaktiven Machinima einsetzen zu können, wird im nächsten Abschnitt
näher beleuchtet, durch welche Faktoren diese beiden Zustände hervorgerufen beziehungsweise verstärkt werden.
3.2
Eigenschaften von Interaktion und Immersion
Janet H. Murray hat vier verschiedene Eigenschaften von digitalen Umgebungen definiert, die in die Kategorien der Interaktion und Immersion eingeordnet sind [21, S. 71], dargestellt in Tabelle 3.1.
Diese vier Eigenschaften sollen nun näher untersucht werden, insbesondere inwiefern sie in aktuellen Computerspielen umgesetzt sind und somit
auch in der Machinima-Produktion relevant sind.
3. Interaktive Machinima
3.2.1
28
Interaktion
Prozeduralität von digitalen Umgebungen
Die Prozeduralität beschreibt die ursprüngliche Natur von Computerprogrammen. Es wird mit Algorithmen und Heuristiken gearbeitet, um Probleme zu lösen, sei es eine aufwändige Simulation oder eine einfache Funktion
eines Taschenrechners. Betrachtet man Computerspiele, so ist die künstliche
Intelligenz der sogenannten Agenten, die Physiksimulation oder die Renderengine prozedural gestaltet. Die in Abschnitt 3.1.2 gestellte Idee für ein
dynamisches System zur Generierung von Geschichten wäre ebenfalls durch
prozedurale Lösungen zu realisieren.
Zusammengefasst bezeichnet Prozeduralität von digitalen Umgebungen
die Erzeugung von regelbasiertem Verhalten, was in vielen Bereichen aktueller Computerspiele zum Einsatz kommt und somit auch zur Produktion von
Machinima-Filmen oder interaktiven Machinimas beiträgt [21, S. 71–74].
Mitwirkung in digitalen Umgebungen
Die mitwirkende Eigenschaft von digitalen Umgebungen wird meistens als
Interaktion verstanden. Sie beschreibt die Möglichkeit des Interaktors, die
digitale Umgebung – auf jegliche Art und Weise – zu beeinflussen. Diese
Eigenschaft ist stark von der prozeduralen abhängig, da ohne ein regelbasiertes System die Reaktion des Programms auf die Eingabe des Menschen
nicht möglich wäre [21, S. 74–79]. Die Mitwirkung zeigt sich in Computerspielen durch jegliche Interaktion des Spielers mit der Spielwelt, sei es ein
Dialog mit einem virtuellen Charakter, das Bekämpfen von Gegnern oder das
Lösen von Rätseln. Das Spiel reagiert auf den Spieler und führt die Handlung
fort, sei es nun im kleinen Rahmen, wie das Ausweichen eines Gegners vor
einem Schuss, oder im großen, wie die Beschreitung eines neuen Pfades in
einer nichtlinearen Handlung. Folglich lässt sich die im Spiel implementierte
Mitwirkung auch in interaktiven Machinimas einsetzen. Es ist aber fraglich,
ob nicht einige Regeln im Spiel der Vision und Geschichte der Machinima
hinderlich sind, beispielsweise wenn man eine romantische Szene generieren
will und das System beschließt, ein Monster den Spieler angreifen zu lassen.
In solch einem Fall muss die Architektur des Spieles für grobe Änderungen
und Umprogrammierungen offen sein, um spielmechanikbedingtes Verhalten
des Systems, wie beispielsweise aggressive Einstellung gegenüber dem Spieler von computergesteuerten Figuren in FPS -Spielen, zu unterbinden. Eine
andere Möglichkeit wäre, eine eigene, von Computerspielen unabhängige und
echtzeitbasierte Engine für die Produktion von Machinimas zu programmieren.
3. Interaktive Machinima
3.2.2
29
Immersion
Räumlichkeit in digitalen Umgebungen
Im Gegensatz zu Literatur und Film, die Raum durch Wort beziehungsweise Bild und Ton beschreiben, können digitale Umgebungen dem Interaktor
einen Raum bieten, durch welchen er navigieren kann. Diese Tatsache erlaubt es dem Interaktor, in die Erzählwelt einzutauchen. Dieses Gefühl des
Eintauchens und des sich in der virtuellen Welt Befindens ist die Definition von Immersion in diesem Kontext. Aktuelle 3D-Spiele bieten solch eine,
häufig mit viel Liebe zum Detail realisierte, virtuelle Welt, die der Spieler
erforschen kann. Betrachtet man jedoch so eine virtuelle Welt aus dem Sichtpunkt der Narration, so kann jede noch so faszinierende Umgebung schnell
langweilig werden, wenn es keine Handlung darin gibt. Eine virtuelle Umgebung kann aber dazu benutzt werden, dramatische Spannung aufzubauen.
Beispiel dafür ist das textbasierte Abenteuerspiel Zork, in dem man durch
Kommandozeilenbefehle durch die Welt navigieren kann. Im Verlauf dieses
Spiels gibt es einen Moment, in dem der Spieler durch eine Falltür in ein
dunkles Kellergewölbe eines alten Hauses hinabsteigt und gleich darauf die
Falltür zufällt und sich nicht mehr öffnen lässt. Dieser Moment ist geradezu
erschreckend, weil er, im Vergleich zu einem Buchtext, in der Gegenwart und
dem Spieler selbst passiert. Es ist keine Nacherzählung oder Darstellung aus
der dritten Person.
Neue Spiele verwenden ebenfalls diese Technik des Dramaturgieaufbaus
durch den Raum, wobei jedoch diese durch Bild und Ton unterstützt wird.
Beispiel hierfür sei das schon erwähnte Spiel Doom 3. Es gibt mehrere Momente im Spiel, in denen der Spieler einen dunklen Raum betritt, die Tür
hinter ihm mit einem Knall zufällt und aus den Schatten gefährliche Monster springen. Dieses Motiv des Hinterhalts wird sehr oft in den sogenannten
Horror-Games benutzt und die Architektur des Raumes ist hierbei entscheidend. Beengende, dunkle Räume unterstützen das Gefühl der Angst und
Hilflosigkeit stärker als sonnige Wiesen.
Die meisten FPS -Spiele wie Doom, Quake, Half-Life oder Unreal Tournament bieten – wie schon im letzten Kapitel erläutert – neben den vorgefertigten Levels Editoren, mit denen man eigene Welten bauen kann. Somit
ist die Erstellung von digitalen Umgebungen, durch die der Interaktor einer
interaktiven Machinima navigieren kann, durchaus möglich. Es ist auch möglich, durch selbstgeschriebene Skripte die Umgebung so aufzubereiten, dass
die Umgebung auf die Aktionen des Interaktors reagiert und dramaturgisch
aufgebaut wird.
Ernest W. Adams hat die Funktionen der Architektur in Computerspielen
untersucht und hat zwei Kernbereiche identifiziert. Zum einen dient Räumlichkeit und Architektur in Spielen dazu, das Spielen selbst zu unterstützen,
zum anderen, um den Spieler zu informieren und zu unterhalten. Die erste
3. Interaktive Machinima
30
Funktion wird in vier Bereiche gegliedert [1]:
Einschränkung. Diese Eigenschaft soll die Bewegungsmöglichkeiten des
Spielers einschränken, um das Vorankommen herausfordernder und interessanter zu gestalten.
Verborgenheit. Mit diesem Mittel sollen dem Spieler Informationen vorenthalten werden, wie versteckte Schatztruhen oder die Position von
anderen Spielern oder Gegnern. Dies soll einerseits die Entdeckungslust
fördern und andererseits für Überraschungsmomente sorgen.
Hindernisse und Prüfung des Könnens. Diese Eigenschaft wird dafür
verwendet, um den Spieler zu prüfen. Hierbei wird entweder die Beobachtungsgabe und Logik, oder Hand-Augen-Koordinierung des Spielers
gefordert.
Erkundung. Die Erkundung hängt stark mit der Eigenschaft der Verborgenheit zusammen, und verlangt vom Spieler die Erforschung der virtuellen Umgebung zum besseren Verständnis der räumlichen Zusammenhänge. Die Designer können den Spieler bei der Erkundung indirekt steuern, indem sie beispielsweise Sonnenlicht in einen Korridor
fallen lassen, während andere Gänge hingegen dunkel sind. Somit wird
der Spieler mit höherer Wahrscheinlichkeit den beleuchteten Korridor
wählen als die anderen, wobei ihm die Freiheit der entgültigen Entscheidung nicht genommen wird.
Die zweite Funktion von Architektur in Spielen wird in sieben Bereiche
gegliedert:
Vertrautheit. Vertraute Umgebungen lassen den Spieler die Funktion der
Architektur erahnen und dadurch Erwartungen an diese stellen. So
kann der Spieler beispielsweise davon ausgehen, dass er in einem Geschäft Einkäufe machen kann oder dass sich in einer Kaserne Soldaten
befinden.
Anlehnung. Die Anlehnung dient dazu, Emotionen und generelle Konzepte hinter einer Architektur zu erfahren. So ruft beispielsweise die alte,
dunkle Kathedrale im Spiel Diablo, in der Dämonen und Zombies lauern, Unbehagen hervor.
Neuheit. Völlig neu gestaltete Welten bedürfen einer neuen Architektur,
die dem Spieler nicht bekannt ist. So können einerseits Gebäude interessant und visuell ansprechend wirken, doch hat der Spieler andererseits keinen Anhaltspunkt und keine Referenz zur Funktion solcher
Architektur, was Verwirrung hervorrufen kann.
3. Interaktive Machinima
31
Surrealismus. Surrealismus erweckt im Spieler ein Gefühl von Mysterium
und Rätsel und warnt gleichzeitig, dass die Dinge nicht so sind wie sie
scheinen. Dieses Mittel wird oft in Adventure-Spielen verwendet.
Stimmung. Architektur kann auch zur Erzeugung von Stimmungen dienen.
So können dunkle Labyrinthe Angst hervorrufen oder sonnige Wiesen
ein Gefühl von Entspanntheit und Sorglosigkeit. Diese Verhältnisse
können natürlich umgedreht werden, um den Spieler zu überraschen
oder zu erschrecken.
Komischer Effekt. In einigen Spielen wird Architektur persifliert, um einen
erheiternden Effekt zu erlangen. Dies wird oft in Adventure-Spielen wie
Monkey Island oder Grim Fandango benutzt.
Architektonisches Klischee. Dieses Motiv ist dem der Vertrautheit ähnlich, obwohl in diesem Fall keine architektonische Referenz in der echten
Welt besteht. Vielmehr verwendet man hier Elemente, die durch andere Medien festgelegt worden sind und der breiten Masse bekannt sind.
Als Beispiel führt Adams das Klischee einer mittelalterlichen Burg an
mit symmetrischem Aufbau und Symbolen von Drachen, die so in der
realen Welt nicht existiert haben.
Diese beiden Funktionen sind auch auf interaktive Machinimas mit Einschränkungen anwendbar. Das Motiv der Hindernisse und der Prüfung des
Könnens ist jedoch ein klassisches Computerspielelement, das in einer interaktiven Machinima möglicherweise nicht einsetzbar ist. Das Motiv der
Erkundung jedoch ist wohl für jede virtuelle Umgebung wichtig, um den
Spieler bei der Wegfindung zu unterstützen. Die Spieltypen dazu werden in
Abschnitt 3.3 behandelt.
Enzyklopädische Natur von digitalen Umgebungen
Murray sieht die enzyklopädische Natur von digitalen Umgebungen darin,
dass die Speicherkapazitäten des Computers im Vergleich zu Büchern viel
größer sind. Durch den technologischen Fortschritt der digitalen Datenträger und die Ausbreitung des Internets sei eine nahezu unendliche Kapazität
erreicht. Weiters behauptet sie, dass durch diese exponentielle Vergrößerung
des Speichers auch die Erwartungen an den Computer als Medium zur Erzählung von Geschichten gestiegen sind.
Betrachtet man aktuelle Computerspiele, so lässt sich Murrays Blickpunkt bestätigen. Die Spiele bieten eine nahezu unüberschaubare Menge
an Inhalten, von Grafiken über Dialoge, Filme, Musik bis hin zu Hintergrundinformationen über die Spielwelt. Als Beispiel soll das Science-FictionRollenspiel Mass Effect von BioWare dienen. Das Spiel beinhaltet ca. 20000
vertonte Zeilen Dialog im Drehbuchformat, was in etwa 15 bis 20 Filmdrehbüchern entspricht. Da sich die Handlung im Weltraum abspielt, gibt es ca.
3. Interaktive Machinima
32
250 Planeten, die Informationen über ihre Beschaffenheit und Hintergrundgeschichte bieten, davon kann man auf 30 dieser Planeten landen und sie
erkunden – hierbei soll hinzugefügt werden, dass nicht der ganze Planet,
sondern nur ein relativ kleiner Ausschnitt geboten wird. Weiters gibt es 58
Nebenhandlungen (die Sidequests), ca. 20 Stunden an Haupthandlung und
zusätzlich noch viele Hintergrundinformationen über die verschiedenen Lebensformen, die politische Geschichte sowie Technologien und Orte, die man
in einer Art Lexikon zu jedem Zeitpunkt des Spiels aufrufen kann. Die Menge
an Inhalten, die das Spiel liefert ist äußerst umfassend, und dementsprechend
benötigt sie zehn Gigabyte Speicherplatz auf der Festplatte – vergleicht man
diese Zahl jedoch mit den Festplattenkapazitäten heutiger Computer, so ist
trotzdem relativ gering.
Es ist jedoch zu betonen, dass jede Form von Inhalt produziert werden
muss, was auch für interaktive Machinimas gilt. Um eine große, nichtlineare
Spielwelt zu erschaffen, sind viel mehr Aufwand, Zeit und somit mehr Kosten
notwendig als bei einem Film oder einer linearen Machinima – ein Problem,
das der von der Machinima-Community postulierten Demokratisierung im
Wege steht.
3.3
Ludus und Paidia
Da sich die letzten Abschnitte mit der Interaktivität und Immersion von
Computerspielen auseinandersetzten, ist es naheliegend, eine interaktive Machinima als nichts anderes als ein Computerspiel zu sehen, was das Element
der Interaktivität als Untersuchungsobjekt zur Abhebung von Machinima
von anderen Medien zunichte machen würde. Bevor jedoch das Urteil fällt,
eine interaktive Machinima sei nichts anderes als ein Abenteuer- oder Rollenspiel, sollen noch die Definitionen von Spiel genauer untersucht werden.
Johan Huizinga hat in seinem Werk Homo Ludens folgende Definition für
das Spiel geprägt [5, S. 37]:
Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach
freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von
einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein
des „Andersseins“ als das „gewöhnliche Leben“.
Nach Bernd Hartmann ist diese Definition von Spiel so allgemein gefasst,
dass sie nichtssagend wird [4, S. 57]. So seien beispielsweise Literatur oder
Filme demnach ebenfalls Arten von Spiel. Der Spieltheoretiker Roger Caillois gibt eine etwas genauere Definition von Spielen, in dem er zwischen zwei
Arten unterscheidet: ludus und paidia, was in etwa den englischen Bezeich-
3. Interaktive Machinima
33
nungen game und play entspricht [4, S. 58]. Diese beiden Spielarten sollen
nun näher betrachtet werden.
3.3.1
Ludus
Ludus (lat. Spiel, Spaß, Scherz) ist ein Spiel, in dem feste Regeln herrschen
und das Erreichen eines Zieles eine wichtige Rolle spielt. Weiters befolgt man
in so einem Spiel bestimmte Regeln innerhalb einer festgelegten zeitlichen
und örtlichen Grenze so, dass diese zu einem definierten Ende führen [4, S.
58]. Caillois hat ludus in zwei Unterkategorien gegliedert [26, S. 182]:
Agon (gr. Kampf, Wettstreit). Dieser Typ bezeichnet jegliche Art des
wettkampforientierten Spiels wie Sport, Schach, Fernsehsendungen wie
Jeopardy oder Wer wird Millionär. Das Ziel ist es, als Sieger aus dem
Spiel hervorzugehen, wobei die Siegesbedingungen in den Regeln festgelegt sind. Die meisten Computerspiele sind dieser Kategorie zuzuordnen, seien es FPS -, Strategie-, Renn-, Kampf-, oder Abenteuerspiele.
Die Wettkämpfe können zwischen menschlichen Spielern stattfinden,
oder zwischen Mensch und Computer. Der Grund, warum Abeneteuerspiele auch in diese Kategorie fallen, ist das Gefühl, das man während
des Spiels vermittelt bekommt. Der Spieler muss ständig neue Rätsel
lösen und steht so im Wettkampf gegen den Autor dieser Rätsel. Löst
er alle Rätsel, hat er den Autor besiegt.
Alea (lat. Würfel(-spiel)). Alea ist jede Art von Spiel, die als Glückspiel
bezeichnet werden kann. Dazu gehören unter anderen Roulette, einarmige Banditen und die namensgebenden Würfelspiele. Hier ist ebenfalls
das Ziel zu gewinnen, meistens aus der Motivation eines Geldpreises. Es
gibt viele digitale Versionen dieser Spiele, einige als sogenannte MiniSpiele in einem größeren Computerspiel implementiert (beispielsweise
die Casinos in Dragon Quest VIII: Journey of the Cursed King), andere als Online-Spiele in Webbrowsern, in denen wiederum um echtes
Geld gespielt wird.
3.3.2
Paidia
Paidia (gr. (Kinder-)spiel, Amüsement) ist, im Gegensatz zu ludus, nicht
zielgerichtet, und wird um des Spielens Willen betrieben; Es gibt kein definiertes Ziel, sondern verschiedene Möglichkeiten, die es auszuprobieren gilt.
Bei paidia ist die Vielfalt an Optionen und den verschiedenartigen Verläufen
wichtig. Caillois hat paidia ebenfalls in zwei Unterkategorien gegliedert [26, S.
182–183]:
Mimikry (engl. mimicry, Nachahmung). Zu Mimikry zählen alle Spiele, die auf Nachahmung basieren. Dies sind beispielsweise alle Kinderspiele, bei denen die Kinder „so tun als ob“, wie „Haus“ spielen, Kuchen
3. Interaktive Machinima
34
aus Sand „backen“, oder „Cowboy und Indianer“ spielen. Eine weitere
Variante dieses Typs sind die sogenannten Live-Action-Role-PlayingGames und Pen & Paper Spiele, bei denen die Spieler alternative Identitäten annehmen und gemeinsam, unter der Führung eines Spielmeisters, Abenteuer bestehen. Hier sind die Spieler zugleich Schauspieler
und Zuschauer füreinander. Diese Spiele folgen jedoch einem Regelwerk, das zur Simulation von Kämpfen und Zaubersprüchen dient, das
Verhalten der Spieler und die Interaktion untereinander wird durch
Regeln aber nicht eingeschränkt.
Ilinx (Wortabstammung nicht bekannt). Ilinx bezeichnet jene Spiele,
bei denen eine Überschreitung von Grenzen, eine Störung der Wahrnehmung, also ein gewisser Grad an Verschmelzung mit der Spielwelt
passiert, wobei die Grenzen zwischen Spiel und Realität nicht mehr klar
zu trennen sind. Dazu gehören zum Beispiel Themenparks oder Maskeraden. Ilinx ist weiters ein freies Spiel, bei dem eine Destabilisierung
aller Strukturen, auch derer, die vom Text erschaffen wurden, passiert.
Ryan bezeichnet Ilinx auch als den Ausdruck der Ästhetik, Empfindlichkeit und Auffassung der Sprache des postmodernen Zeitalters; es
geht um die poststrukturalistische Dekonstruktion und Zerstörung der
Regeln. Dieser Definition nach kann der Prozess des Erstellens einer
Machinima selbst eine Ilinx sein, da hierbei mit einem Computerspiel
frei gespielt wird, und die Regeln des Spiels nicht beachtet werden.
3.4
Abgrenzung der interaktiven Machinima vom
Computerspiel durch paidia
Die oben erläuterte Unterscheidung der zwei Spielarten zeigt auf, in welchem
Gebiet der Spieltheorie sich interaktive Machinima vom Computerspiel abgrenzen kann, nämlich im Bereich der paidia. Würde die interaktive Machinima der Definition eines ludus-Typs entsprechen, so wäre sie in keiner Weise
von einem Computerspiel zu unterscheiden. Das Ziel wäre, unter vordefinierten Rahmenbedingungen siegreich aus dem Spiel hervorzugehen, und in der
Darstellungsform wäre auch kein Unterschied zu sehen, da sich Machinima
der Computerspiel-Technologie bedient.
3.4.1
Machinima als interaktive Narration
Eine interaktive Machinima kann, unter Einhaltung der paidia-Definition,
zu einem Genre der interaktiven Narration heranwachsen, das sich stark von
Computerspielen unterscheidet. Ron Gilbert, der Designer des Abenteuerspiels The Secret of Monkey Island, hat sich über das Konzept von Abenteuerspielen so geäußert [15]:
3. Interaktive Machinima
35
If I could have my way, I’d design games that were meant to be
played in four to five hours. The games would be of the same scope that I currently design, I’d just remove the silly timewasting
puzzles and take the player for an intense ride. The experience
they would leave with would be much more entertaining and a
lot less frustrating. The games would still be challenging, but not
at the expense of the player’s patience.
Gilbert spricht hier zwar von Computerspielen, doch ist seine Vision einer
möglichen Definition einer interaktiven Machinima ähnlich. Würde man die
Rätsel aus dem Spiel The Secret of Monkey Island entfernen, so würde nur
noch die Geschichte übrig bleiben, die durch Navigation durch die Spielwelt
und die Dialogführung mit den virtuellen Charakteren erforscht werden kann.
Der Spieler würde in Mimikry-Manier die Rolle des Möchtegern-Piraten Guybrush Threepwood annehmen und, entweder mit Mitteln der schwachen oder
der starken Interaktivität, die Geschichte erleben, ohne das Gefühl der Frustration zu haben, weil Rätsel, die zum Agon-Typ gehören, nicht gelöst werden
können. Dieses Gefühl der Frustration, weil der Spieler durch sein Versagen
nicht im Stande ist, in der Geschichte fortzuschreiten, nennt Espen Aarseth Aporia 3 . Auf der anderen Seite gibt es die sogenannte Epiphanie 4 , die
das Lösen eines Problems und so das Weiterkommen in der Geschichte beschreibt [26, S. 251].
Die oben genannte Möglichkeit, eine interaktive Machinima umzusetzen
ist allerdings in einer anderen Form schon lange bekannt. Murray bezeichnet nichtlineare Geschichten Multiform-Stories, und ein Beispiel davon ist
die Geschichte The Afternoon von Michael Joyce aus dem Jahr 1987 [21, S.
57–58]. Die Geschichte ist mit Hypertext in Form des Netzwerk -Modells geschrieben und lässt den Leser die Richtung der Handlung wählen. Hierbei
geht es aber nicht darum, zu einem Ende oder einer Lösung zu kommen,
sondern die Geschichte aus den verschiedenen Blockelementen aufbauend
immer wieder zu lesen und neue Pfade auszuprobieren, was der Definition
von paidia entspricht.
Kombiniert man nun so eine Multiform-Story mit den technischen Möglichkeiten der aktuellen Computerspiele, also der detaillierten grafischen Darstellung, Vertonung, und der Möglichkeit, nicht nur durch die Geschichte,
sondern auch geographisch durch die virtuelle Welt zu navigieren, kann Machinima so zu einer neuen, eigenen Ausdrucksform kommen. Diese Aufgabe
ist jedoch um vieles aufwändiger als die Produktion einer linearen Machinima. Es bedarf sowohl mehr Arbeit bei der Asset-Erstellung, als auch bei
der Aufbereitung der Geschichte, sei sie nun durch einen der vorgestellten
Graphen realisert oder durch ein dynamisches, stark interaktives System.
Durch diese Verhältnisse sind mehr Ressourcen und technische Kenntnisse
3
4
gr. Verwirrung.
gr. Bekundung, Offenbarung
3. Interaktive Machinima
36
notwendig als bei einer linearen Machinima, was zum Verlust der Demokratisierung, einer der wichtigen Eigenschaften von Machinima, führen würde
und womöglich nur Studios mit großen finanziellen Ressourcen vorbehalten
wäre. Als Beispiel soll wieder das Spiel Mass Effect angeführt werden, das
die Ansätze einer Multiform-Story5 mit detaillierter Grafik, gut umgesetzten
filmischen Mitteln und qualitativ hochwertig vertonten Dialogen kombiniert
hat – die immer wieder unvermeidbaren Kämpfe, der Agon-Teil des Spiels,
sollen hier außer Acht gelassen werden. Der Spieler bestimmt die Richtung,
in die ein Dialog geht, wobei ihm beispielsweise eine freundliche, neutrale,
und feindselige Einstellung gegenüber dem Gesprächspartner zur Verfügung
steht. Er kann auch seine Überzeugungsfähigkeiten zum Einsatz bringen,
indem er seinem Gegenüber ins Gewissen redet oder ihn einschüchtert. Je
nach Auswahl reagieren die Charaktere unterschiedlich und geben dem Spieler mehr oder weniger Informationen preis und können sich frühere Gespräche
merken, was widerum zukünftige Dialoge beeinflusst. Die virtuellen Charaktere sind sehr detailliert, sprechen lippensynchron und zeigen ihre Emotionen
auf eine überzeugende Weise. Die Schnitte und Kameraeinstellungen lassen
den Dialog wie in einem Film aussehen und sind der Gesprächsathmosphäre
angepasst. Die Produktion jedoch dauerte drei Jahre, wobei über 100 Personen daran arbeiteten, Zahlen, die derzeit bei einer Machinima-Produktion
unvorstellbar sind.
In der Tat gibt es Machinima-Beispiele, die in die Richtung der interaktiven Narration gehen, doch sind diese Machinimas noch nicht sehr tiefgehend, was die Komplexität der Geschichte betrifft. Ein Beispiel dafür ist
die Machinima Universe at War, die mit dem gleichnamigen Echtzeitstrategiespiel erstellt wurde. Die Narration ist mit dem Modell des gerichteten
Netzwerks realisiert worden. Die Geschichte besteht darin, dass man eine
von drei Parteien zu Beginn wählen kann und dann durch Entscheidungen
in seiner Militärbasis Kampfeinheiten bauen kann oder bestehende Militärkräfte in den Kampf gegen einen Opponenten schicken kann. Das Prinzip
gleicht im Allgemeinen dem des Spieles. Der Nachteil dabei ist aber, dass
die Interaktivität nicht in der Game-Engine implementiert wurde, sondern
mittels HTML. Klickt der Interaktor eine Entscheidung an, so wird das entsprechende Video geladen und weitere Auswahlmöglichkeiten. Weiters hat
diese Machinima keine Sprachausgabe und bedient sich der Webseite zur
Darstellung der Information und – neben dem Video – zur Weitererzählung
der Geschichte.
Eine ähnliche Lösung zur Einbindung der Interaktivität bietet die Machinima The Lord of the Rings - Gandalf ’s Lost Precious, wobei hier Adobe
Flash verwendet wurde. Eine gründliche Analyse dieses Beispiel erfolgt in
Kapitel 5.
5
Die Kernhandlung des Spiels ist im Prinzip linear, doch hat der Spieler die Möglichkeit,
einige Elemente der Geschichte in beliebiger Reihenfolge zu absolvieren.
3. Interaktive Machinima
3.4.2
37
Machinima als experimentelles Werk
Im Gegensatz zur Ansichtsweise, interaktive Machinima als ein Mittel zur
Erzählung von nichtlinearen, aber in sich kohärenten Geschichten, in denen
Immersion ein wichtiger Aspekt ist, zu betrachten, ist es auch möglich, die
Computerspiele und allgemein die virtuellen, interaktiven Umgebungen, auf
denen die Machinimas basieren, durch diese in Frage zu stellen. So wie die
postmoderne Literatur die narrativen Welten dekonstruiert, die Perspektiven
wechselt, sich gegenseitig ausschließende Realitäten vorschlägt, kann Machinima dazu verwendet werden, die Spielwelten und deren Kernelemente wie
Echtzeit, Interaktivität, Nichtlinearität zu relativieren und zu destabilisieren. So könnten die Spielregeln mit Absicht gebrochen oder in einen anderen
Kontext gebracht werden und wie in der Literatur die Narration neu angeordnet und die Kohärenz der Handlung außer Acht gelassen werden, um die
Pluralität zu unterstreichen.
Da die Produktion von Machinima bereits die Spielregeln bricht, um Machinima-Filme zu kreieren, kann der Regelbruch weiters einen eigenständigen
Zweck erfüllen. So wie paidia das Spielen um des Spielens Willen bedeutet
und nach immer neuen Varianten sucht, kann Machinima als eine Methode
gesehen werden, Spiele in ihre Elemente zu zerlegen, und sie wieder neu anzuordnen. Hierzu eignet sich das Element der Interaktivität besonders gut,
da diese großen Spielraum für die Einbindung des Betrachters oder Interaktors in ein solch postmodernes Werk lässt und Interaktivität ohnehin ein
beliebtes Mittel der postmodernen Bewegung ist, da sie den Leser auffordert,
das Werk selbst zu konstruieren und ihm dabei bewusst werden lässt, dass
es eine Vielfalt an Möglichkeiten zur Anordnung des Textes beziehungsweise
der Elemente gibt [21, S. 251].
In der Tat gibt es in der Machinima-Bewegung einige Arbeiten, die in
diese Richtung gehen, so beispielsweise Ein kleines Puppenspiel von Friedrich
Kirschner oder Dance Machine von Margarete Jahrmann und Max Moswitzer. Diese Arbeiten gehen jedoch über die klassische Interface-Kombination
von Bildschirm, Tastatur und Maus hinaus und werden im nächsten Kapitel
näher beschrieben. Diese Art von Machinima soll, um sie von der interaktiven Machinima, die zur Erzählung von nichtlinearen Geschichten dient,
zu unterscheiden, im Rahmen dieser Arbeit als Live-Machinima bezeichnet
werden. Das Wort Live dient hierbei zur Betonung der Flüchtigkeit der Interaktion zwischen Mensch und Computer oder Publikum und Werk – es ist
kein aufgezeichneter Film und keine Aufführung lässt sich exakt rekonstruieren.
Kapitel 4
Live-Machinima
In diesem Kapitel soll eine Variante von interaktiver Machinima behandelt werden, die eine separate Untersuchung verdient, nämlich die LiveMachinima. Neben der schon in Kapitel 3 vorgestellten Variante, Machinima als experimentelles Werk zu kreieren und zu betrachten, fällt auch der
Typ Machinima in diese Kategorie, der eine Theater- beziehungsweise Kabarettaufführung nachahmt. Dieser Typ soll Live-Show-Machinima genannt
werden.
4.1
Live-Show-Machinima
Als Begründer dieses Genres kann die kreative Gruppe Ill Clan angesehen
werden. Sie hat im Jahre 2003 die erste Live-Aufführung am Florida Film
Festival 2003 dargeboten, mit dem Namen Common Sense Cooking. In dieser Machinima traten drei Charaktere auf: die schon aus früheren Machinimas bekannten Holzfäller Larry und Lenny und der neu hinzugekommene
italienische Koch Carl. Die Aufführung selbst hatte kein strikt definiertes
Skript; lediglich die Rahmenbedingungen, dass Larry und Lenny gemeinsam
mit Carl Plätzchen backen sollten und auf Wünsche des Publikums vorbereitet sein sollten, waren vorgegeben. Die Machinima wurde mit der Quake
II Engine realisiert, wobe die Personen live im Spiel die Charaktere mit der
Puppeteering-Technik steuerten und dabei ins Mikrofon sprachen. Zusätzlich
gab es virtuelle Kameramänner und Schnitttechniker, die in Echtzeit, wie in
einer Fernseh-Show, die Sendung gestalteten.
Einen weiteren Auftritt bot Ill Clan am Machinima Film Festival 2003
unter dem Namen On the Campaign Trail, wobei Larry und Lenny diesmal
als Präsidentschaftskandidaten auftraten und in einem Talkshow -Stil die Fragen des Publikums bezüglich ihrer Kampagne beantworteten. Hierbei war die
Beteiligung des Publikums viel größer als bei Common Sense Cooking.
Im Jahr 2006 begann der Ill Clan mit der Produktion von Tra5hTa1k, einer Live-Machinima Sendung rund um Computerspiele und Machinima, auf
38
4. Live-Machinima
39
eine amüsante Art und Weise dargestellt. Eine Live-Show-Machinima Serie
haben ebenfalls Friedrich Kirschner, Klaus Neumann und Alexander Scholz
ins Leben gerufen, mit dem Namen Bob Block, welche über die MachinimaSzene berichtet, ausgestrahlt auf dem Fernsehsender 3sat. Der Moderator
Bob Block wurde durch ein Gamepad gesteuert und der Pegel des Eingangssignals des Mikrofons diente zur Steuerung der Lippen.
All diese Auftritte sind sehr humorvoll gestaltet und deren Inhalt bezieht sich auf die Machinima-Szene selbst oder auf Computerspiele. So gab
es beispielsweise in Common Sense Cooking eine Situation, in der Carl versuchte, Larry und Lenny eine typisch italienische Handgeste beizubringen.
Larry und Lenny konnten diese Geste aber nicht nachahmen, da – wie sich
nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen herausstellte – ihre Figuren diese
Animationssequenz nicht vorgefertigt bekommen hatten. Zur Eröffnung des
Machinima Film Festival 2006 begaben sich die beiden Moderatoren ILL
Will und Mal Content von Tra5hTa1k auf eine Reise durch bekannte Machinima-Serien wie Bill et John oder Red vs. Blue und in einer Folge von Bob
Block spielten die Charaktere von Unreal Tournament in einer Musikband.
Durch diesen satirischen, selbstbezogenen Kabarett-Charakter weisen die
Live-Shows Attribute einer Inside-Out Machinima auf. Dies ist auch nicht
verwunderlich, da die meisten Auftritte an Festivals vorgeführt werden, wo
sich ein erfahrenes Machinima-Publikum versammelt. Die Ausnahme dabei
bildet Bob Block, der auf 3sat einem breiteren Publikum die MachinimaSzene vorstellen und näherbringen wollte.
4.2
Live-Machinima
Die bereits in Abschnitt 3.4.2 vorgestellten Live-Machinimas unterscheiden
sich von den Live-Show-Machinimas in mehreren Aspekten. Eines der größten Unterscheidungsmerkmale dieses Typs ist, dass der Interaktor ein intergrierter Teil der Live-Machinima ist und direkten Einfluss auf diese nehmen
kann. In Live-Show-Machinimas hingegen können die Zuschauer die Handlung nur indirekt beeinflussen, da diese letztendlich vom Puppeteer abhängig
ist. In einer Live-Machinima ist der Interaktor durch ein Eingabegerät mit
der Machinima verbunden, was starke Ähnlichkeiten zu interaktiven Installationen, beispielsweise CAVE oder Digital Marionette im Ars Electronica
Center in Linz, aufweist.
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist der Einsatz von Eingabegeräten. Während bei Aufführungen von Live-Show-Machinimas im Grunde die
bekannte Kombination aus Maus und Tastatur verwendet wird, um Charaktere und die Szene zu steuern, werden bei Live-Machinimas alternative
Eingabegeräte wie bewegungssensitive Controller oder MIDI -Schnittstellen
genutzt. Es werden ebenfalls klassische Computermäuse eingesetzt, wobei
deren Verwendung von der gewohnten abweicht – wie beispielsweise in der
4. Live-Machinima
40
interaktiven Installation Digital Marionette [20]. In diesem Fall ist die Rolle
des Benutzers nicht relevant, da eine Aufführung, bei der unkonventionelle
Eingabegeräte verwendet werden, linear und nicht interaktiv verlaufen kann.
Diese zählt dennoch zur Kategorie Live-Machinima. Weiters ist der Einsatz
des Raumes, in welchem die Aufführung oder Interaktion stattfindet, von
Bedeutung. In Kirschners Ein kleines Puppenspiel wird zum Beispiel die
Leinwandprojektion der Machinima mit einer Tanzeinlage auf der Bühne im
Vordergrund kombiniert; so entsteht eine Mixed-Media-Vorführung, die typisch für Live-Machinimas ist, was ebenfalls aus den folgenden Beispielen
ersichtlich wird.
Ein Beispiel für den Live-Machinima Typ ist die bereits erwähnte Dance
Machine von Margarete Jahrmann und Max Moswitzer. Hierbei kann der
Besucher in einem definierten Bereich, mit einer kabellosen Computermaus
in der Hand, sich bewegen, und je nach Aktion ändert sich die Ausgabe auf
der Leinwand. Die Beschreibung auf der offiziellen Webseite ist folgende [6]
[sic! ]:
The object is to generate real time movies on the projectionscreen by moving your body in real space with the mouse in your
hand. The dance takes place among visitors in the arts-show and
software-bots in a network game.
So called taunts were introduced to game-players by virtual figures like software-bots. These movements are the dance-style
recommended in the interactive machinima. For best arts-results
on the projection screen you dance like a taunting bot in a shooter
game. The projection-screen of the game environment becomes
the dance mirror of the on site visitors.
Taunt becomes a dance figure in real space. Shooting actions become triggers for a dance-music clip. The departure technology
used for this software modification is a game engine. To do this
sort of game-modification is a tactical practice out of game culture. To make a movie by re-using the technology of game engines
is called machinima. The dance machine is a realtime machinima
film machine. Ordinary machinimas are predefined game-films.
Here the players influence the movies appearance, representing
network processes. The dance machine dancer is a software-artist
in flux.
In diesem Beispiel wurde ein Computerspiel dazu verwendet, um unter Einfluss des Besuchers ein Musikvideo in Echtzeit zu generieren. Die
Computerspielfiguren dienen hierbei als Tänzer und spiegeln das Verhalten des Benutzers wider. Auf der anderen Seite wird der Interaktor dazu
ermuntert, den Computerspielfiguren ähnliche Bewegungen, die schon erwähnten Taunts, durchzuführen, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.
4. Live-Machinima
41
Es wirkt, als ob das Konzept dieser Installation unter anderen das Prinzip
von Computerspielen umdreht: es bewegt sich nicht die Figur nach den Vorstellungen des Spielers, es soll möglichst der Spieler sich so bewegen, wie
die Spielfigur es vorgibt. Durch die Verwendung der Maus wird ein neuer Clip geladen, und bei häufiger Verwendung enstehen kaleidoskopartige
Bilder. In Zusammenhang mit Dance Machine haben Jahrmann und Moswitzer das sogenannte nybble-engine-toolZ entwickelt, eine Umprogrammierung einer kommerziellen Game-Engine eines FPS -Spiels. Hierbei wird diese
mit Netzwerkkommandos durchsetzt. Dieses Projekt soll ein selbstironisches
Multiplayer-Werkzeug darstellen; mit jedem Schuss wird eine E-Mail mit antikriegerischen Inhalten weggeschickt. Die E-Mails und Netzwerkaktivitäten
werden als 3D-Objekte in der virtuellen Umgebung angezeigt und während
der Navigation werden Netzwerkbefehle an Regierungsserver geschickt. Die
visualisierten Aktivitäten werden auf eine 180 Grad Leinwand projiziert, wobei der Teilnehmer sich entweder auf seine Perspektive konzentrieren oder
die des Servers annehmen kann; es ist eine Kombination mehrerer Blickwinkel möglich. Neben den Teilnehmern befinden sich computergesteuerte
Figuren im virtuellen Raum, sowie andere Spieler via Internet. Diese Installation soll als interaktives, aber zugleich interpassives Gruppen-Experiment
gesehen werden [7].
Ein weiteres Beispiel einer Live-Machinima ist Anisandbox von Carl
Goodman, basierend auf der Modifikation von Unreal Tournament 2004 Moviesandbox von Friedrich Kirschner. Auf der Leinwand befinden sich zwei
Charaktere, wobei einer mit einem Gametrak -Controller1 wie eine echte Marionette gesteuert wird und der andere mit einem Eingabegerät des Playstation 2 Spiels Guitar Hero. Dieser Charakter spielt Gitarre und steuert so die
Beine des ersten Charakters, die sich im Tanz zur Musik bewegen.
Die schon erwähnte Machinima-Aufführung Ein kleines Puppenspiel von
Friedrich Kirschner, die ebenfalls mit Moviesandbox kreiert wurde, wobei
der digitale Charakter zuerst mit dem Gametrak -Controller und dann von
einer Tänzerin in einem eigens angefertigten Motion-Capture Anzug gesteuert wird, ist ein weiterer Vertreter dieses Genres. Eine genaue Analyse dieses
Beispiels erfolgt in Kapitel 5.
Neben diesen interaktiven Beispielen seien an dieser Stelle die Werke
des Künstlers John Gerrard angeführt, die zwar begrenzt interaktiv sind,
sich jedoch mit dem Thema „Echtzeit“ intensiv auseinandersetzen. Gerrard
benutzt Echtzeit 3D-Engines, um animierte Malereien zu gestalten, wobei
die Uhr- und Tageszeit der realen Welt enstpricht, die Echtzeit also wörtlich
genommen ist. Beispiele für seine Werke sind One Thousand Year Dawn,
Portrait to Smile Once a Year (Mary), oder Animated Scene (Oil Field).
One Thousand Year Dawn, ausgestellt im Jahr 2005, zeigt einen Mann, der
1
Die Funktionsweise des Gametrak-Controllers wird in Abschnitt 5.3 auf Seite 68 erklärt.
4. Live-Machinima
42
auf einem Strand steht und auf das Meer hinausblickt, wobei außer Flut
und Ebbe, leichten Bewegungen des Mannes und der aufgehenden Sonne
keine Bewegung stattfindet. Die Sonne soll über den Horizont im Jahr 3005
steigen, und der Mann soll dann weggehen, ein Landschaftsportrait hinter
sich lassend. Der Betrachter kann den Winkel durch Rotieren des Bildschirms
wählen. Portrait to Smile Once a Year (Mary) stellt das Gesicht einer Frau
dar, die nur einmal im Jahr lächelt, und Animated Scene (Oil Field) zeigt
einen Bohrturm aus zwei verschiedenen Perspektiven auf zwei Monitoren, der
unaufhörlich in Betrieb ist, wobei der Tag-Nacht-Zyklus dargestellt wird.
Die Machinima-Technik wird auch im Bereich von Musikvisualisierungen
verwendet: ein Beispiel dafür ist die modifizierte Doom 3 Engine, die auf
MIDI -Signale reagiert, entworfen und eingesetzt von der niederländischen
Firma Kamerblauwlicht. Der DJ, der gleichzeitig als VJ fungiert, steuert
die Visualisierung über ein MIDI-Interface und kann somit Beleuchtung,
Einstellung und Animationen des virtuellen Raums, der auf die Leinwand
projiziert wird, steuern. Dieses Beispiel ist deshalb im Gegensatz zur VJ - und
Demo-Szene hervorzuheben, da hier eine Game-Engine verwendet wird. Eine
nähere Beleuchtung der VJ - und Demo-Szene würde jedoch den Rahmen
dieser Arbeit sprengen.
Diese Beispiele zeigen deutlich, dass virtuelle 3D-Echtzeitumgebungen
im Allgemeinen und Computerspiele im Speziellen Gegenstand vieler Auseinandersetzungen im künstlerischen Bereich sind. Vor allem die Installationen von Jahrmann und Moswitzer behandeln das Medium Computerspiel
und dessen darunterliegende Technik als künstlerisches Objekt, im Falle des
nybble-engine-toolZ auch als Subjekt, das es aus mehreren Perspektiven und
Ebenen zu betrachten gilt. Einserseits werden die Spielregeln gebrochen und
durch neue ersetzt oder umgekehrt und aus dem Blickwinkel des Benutzers
betrachtet, andererseits wird die Perspektive des Spiels und der Maschine
angenommen und visualisiert. Die kriegerischen Tätigkeiten im Spiel selbst
werden als Mittel für pazifistische Äußerungen benutzt, und die Spielelemente in Programm-Code, der diese eigentlich definiert, verwandelt.
Machinima ist jedoch auch Gegenstand der eigenen Auseinandersetzung.
So versteht Friedrich Kirschner die Produktionstechnik Puppeteering wörtlich und hat digitale Marionetten entwickelt, die durch den Einsatz der
Gametrak-Controller über ein echtes Marionettenkreuz gesteuert werden können. Einerseits eröffnet sich hierbei eine neue Darstellungsform für Machinima, andererseits wird aus dem ludus- ein paidia-Spiel, frei von den vom
Spiel festgelegten Regeln.
Gerrards spielt in seinen Werken mit dem Thema Echtzeit, wobei diese
nicht wie in aktuellen Programmen und Computerspielen zur Beschleunigung von Prozessen benutzt wird – in einem Echtzeitstrategiespiel dauert
beispielsweise das Trainig eines Soldaten wenige Sekunden – sondern der
tatsächlichen Zeit entspricht oder sogar gestreckt wird, wie es in One Thousand Year Dawn der Fall ist.
4. Live-Machinima
43
Auf mögliche zukünftige Entwicklungen von Live-Machinima soll in Kapitel 5, Abschnitt 5.3 eingegangen werden.
Kapitel 5
Analyse von
Machinima-Beispielen
5.1
Analyse der linearen Machinima Beispiele
In diesem Abschnitt werden vier ausgewählte Beispiele von linearen Machinimas analysiert, wobei zwei Machinimas vom Outside-In, die anderen zwei
vom Inside-Out Typ sind. Die Outside-In Beispiele sind die im Vorfeld zu
dieser Arbeit als Diplomprojekt erstellte Animation Apocalypsis Ex Machina, sowie Friedrich Kirschners Person2184. Die Inside-Out Beispiele sind aus
dem Internet ausgewählte Machinima-Filme, die die Eigenschaften der intertextuellen Beziehungen zum Spiel selbst und die des Textual Poachings sehr
gut darstellen: A Day in the Life of a Turret von Smooth Few Films und
Diary of a Camper von den United Rangers Films, das als erste Machinima
gilt.
Bei der Analyse der beiden Outside-In Beispiele wird der Inhalt und vor
allem der visuelle Stil untersucht, um aufzuzeigen, ob und inwiefern Computerspiele für die Realisierung eigener Visionen, die vom Computerspiel selbst
unabhängig sind, geeignet sind.
Bei der Analyse der Inside-Out Beispiele wird auf den visuellen Stil nicht
näher eingegangen, da dieser vollkommen vom Computerspiel abhängt, sondern auf die Dialoge der Charaktere und die Anspielungen auf die Computerspiele selbst.
Am Ende der Analysen werden Schlüsse gezogen, inwiefern sich diese
Genres im Verlauf der Zeit entwickelt haben, welchen Einfluss die sich ständig verbessernde Computerspieltechnologie auf die Machinimas haben, und
welche möglichen zukünftigen Entwicklungen dieser Genres bevorstehen.
44
5. Analyse von Machinima-Beispielen
45
Tabelle 5.1: Allgemeine Informationen zu Apocalypsis Ex Machina.
Name
Apocalypsis Ex Machina
Typ
Outside-In
Länge
4’10”
Erscheinungsjahr
2008
Autor(en)
5.1.1
Andrzej Kozlowski
Musik
Cris Velasco
Spiel
Unreal Tournament III
Apocalypsis Ex Machina
Allgemeine Informationen zu dieser Machinima sind in Tabelle 5.1 zu finden.
Die Transkription ist in die 50 Einstellungen des Films gegliedert, zu denen
jeweils eine Beschreibung dieser, die Startzeit und ein ausgewähltes Standbild vorliegen; die Einstellungen sind in vier logische Teile gegliedert, die
wiederum in 13 Sequenzen aufgeteilt sind. Die Transkription ist in Anhang
A zu finden.
Analyse
Filmrealität: Apocalypsis Ex Machina ist eine Animation mit narrativem
Inhalt, jedoch bedient sie sich nicht klassischer Charaktere und Dialoge, um
die Geschichte zu erzählen. Es wird vielmehr eine Abfolge von Mechanismen
einer Maschine dargestellt, und ihre Funktionsweise stellt die Handlung dar,
wobei sich sämtliche Einstellungen innerhalb der Maschine abspielen und das
Äußere nie gezeigt wird. Das Innere stellt im Prinzip das Universum in der
Welt von Apocalypsis Ex Machina dar.
Am Anfang (siehe Sequenz 1 ) wird dem Zuseher das Innere der Maschine in Detaileinstellungen vorgestellt. Diese Maschine ist jedoch nicht als ein
klassisches Gerüst mit beweglichen Teilen aus Metall zu verstehen, und so
wird diese auch nicht dargestellt. Das Innere der Maschine ist aus Stein und
hat den Charakter einer gothischen Architektur. Den einzigen beweglichen
Teil, den der Zuschauer in dieser Sequenz zu sehen bekommt, ist eine Ansammlung von flachen, pappmachéartigen Abbildungen von Menschen, die
sich geschlossen bewegen.
In den Sequenzen 3 bis 6 (also Teil 2 ) wird dem Zuschauer die Aktivierung der Machine gezeigt. Man sieht ein Uhrwerk, dessen Zeiger progressiv
sieben Tafeln aktiviert und als Folge dieser Aktivierungen Fenster und Fresken aufleuchten und rot-orange, grelle Flüssigkeit auf die Menschen zu fließen
beginnt. Es erscheinen Engelsstatuen mit Posaunen, die ebenfalls Flüssigkeit
5. Analyse von Machinima-Beispielen
46
auf die Menschengruppe speien, die aus diesem Grund sich immer schneller
dreht. Der gesamte Innenraum fängt an zu beben.
In Sequenz 7 sieht man, wie sich das gesamte Uhrwerk nach unten zu bewegen beginnt. Währenddessen werden immer mehr Mechanismen aktiviert:
Köpfe von Wasserspeiern fahren aus den Wänden und aus dem Boden und
lassen noch mehr Flüssigkeit auf die Menschenabbildungen ab, weitere Engelsstatuen fahren aus dem Uhrwerk, die Menschengruppe dreht sich immer
schneller.
Ab Sequenz 10 und 11 wird offensichtlich, dass sich das Uhrwerk auf die
Menschen zubewegt und die Schnitte werden immer schneller, wiederholen
sich und zeigen die Situation aus verschiedenen Perspektiven. Es wird kein
Mechanismus mehr dargestellt, sondern nur die Fahrt des Uhrwerks nach
unten. Die schnellen Schnitte haben den Charakter einer Wiederholung und
Zusammenfassung.
Die Sequenz 12 stellt den Höhepunkt dar, in dem das Uhrwerk den Boden
erreicht. Ein grelles Licht blitzt auf und der Film endet sofort, ohne Abklang.
Bezugsrealität: Diese Machinima lässt sich in drei Ebenen gliedern, auf
die sie sich auf unterschiedliche Art und Weise bezieht. Die drei Ebenen
sollen folgendermaßen genannt werden: Symbolebene, Allegorieebene und
Bedeutungsebene.
Zur Symbolebene zählen sämtliche Zeichen, welche Ereignisse oder Figuren aus der Offenbarung des Johannes darstellen. Beispiele dafür sind das
Uhrwerk, das den Thron Gottes darstellt, die Tafeln mit den römischen Ziffern, die mit den sieben Siegeln gleichzusetzen sind, oder die vier Kirchenfenster mit den sich darunter befindenden Rinnen, die das loslassen der vier
Reiter Pest, Krieg, Hunger und Tod bedeuten. Eine detaillierte Liste aller
Symbole, Bedeutungen, Vorkommen in der Animation (aufgelistet in Einstellung, Sequenz und Teil) und der entsprechenden Bibelstellen sind in den
Tabellen 5.2 und 5.3 zu finden [9]. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Verwendung der Symbole in diesem Film vereinfacht ist und keinen Anspruch
auf vollkommene Exaktheit der Darstellung der Ereignisse aus dem Buch der
Offenbarung des Johannes erhebt.
Auf der Allegorieebene befinden sich alle Elemente, die den Mechanismus der Bombe ausmachen. Hierbei ist das Uhrwerk der Zünder und die
Menschen der Zündstoff. Zu allererst findet die Aktivierung der Bombe statt
(siehe Einstellung 7 und 9 ), dann läuft ein Countdown ab (siehe Teil 2 ),
nachdem der eigentliche Zündungsmechanismus in Gang gesetzt wird (siehe
Sequenz 7 ). Während des Countdowns wird der Zündstoff durch Einspritzmechanismen chemisch aufbereitet (siehe Sequenz 3 und 6 ). Weitere Einspritzmechanismen werden während der Bewegung des Zünders zum Zündstoff zugeschaltet (siehe Sequenz 8 und 9 ). Der Zündstoff dreht sich immer
schneller um die eigene Achse, einer Turbine gleich, um die chemischen Stof-
5. Analyse von Machinima-Beispielen
47
Tabelle 5.2: Liste aller Symbole, Bedeutungen, Vorkommen in der Animation und Bibelstellen für Apocalypsis Ex Machina.
Symbol
Bedeutung
Einstellung
Sequenz
Uhrwerk
Thron Gottes, Himmel
3, 5-7, 9-12 2, 3
Offb
4,1-11
Zeiger
Lamm
3-6
2
Offb 5,6
Tafel (I)
Tafel (II)
erstes Siegel
zweites
Siegel
drittes
Siegel
viertes
Siegel
fünftes
Siegel
sechstes
Siegel
siebtes
Siegel
erster Reiter, Pest
zweiter
Reiter,
Krieg
9, 19, 21-24,
26-27, 31-33,
35, 38, 40-41,
44, 46, 49
9, 12, 17, 19,
21
9, 12
12
3
3
2
2
Offb 6,1
Offb 6,3
19, 21
5-6
2
Offb 6,5
17, 19, 21
4-6
2
Offb 6,7
17, 19, 21
4-6
2
Offb 6,9
19, 21
5-6
2
Offb 6,12
21
6
2
5, 10, 13, 33,
36, 48
13, 35-36
1, 3, 10-11
1-3
Offb 8,1
f.
Offb 6,2
3, 10-11
2-3
Offb 6,4
Tafel (III)
Tafel (IV)
Tafel (V)
Tafel (VI)
Tafel (VII)
gelbes Fenster
oranges Fenster
Teil
Bibelstelle
fe zu vermischen und zu erhitzen. Sobald der Zünder den Zündstoff erreicht
hat, findet eine chemische Reaktion statt, die zu einer Explosion führt (siehe
Sequenz 12 ).
Die Bedeutungsebene führt die Symbol- und Allegorieebene zusammen.
Sie stellt eine Kritik and die kriegerischen, gierigen und lüsternen Eigenschaften der Menschen dar und warnt vor verheerenden Konsequenzen –
deshalb sind die Menschenabbildungen aus dem Garten der Lüste von Hieronymus Bosch verwendet worden, um die Instinkthingabe des Menschen
zu betonen1 . Die Menschen werden als blind einem größeren Ganzen gegenüber dargestellt, indem sie als zweidimensionale Pappmaché-Männchen
abgebildet werden, welche den komplexen Mechanismus der Welt, der im
Film in drei Dimensionen abgebildet ist, nicht im Stande sind zu begreifen.
1
An dieser Stelle sei angemerkt, dass dies nur eine von mehreren Interpretationen von
Boschs Werk ist; diese Interpretation dient dem Film jedoch besonders gut.
5. Analyse von Machinima-Beispielen
48
Tabelle 5.3: Liste aller Symbole, Bedeutungen, Vorkommen in der Animation und Bibelstellen für Apocalypsis Ex Machina - Fortsetzung.
Symbol
Bedeutung
Einstellung
Sequenz
Teil
Bibelstelle
grünes Fenster
dritter Reiter, Hunger
vierter
Reiter, Tod
Märtyrer
die sieben
Engel
14, 35
3, 10
2-3
Offb 6,5
15, 33, 39
3, 10-11
2-3
Offb 6,8
18, 24, 45, 47
22-24, 27, 3132, 38, 41, 46,
49
4, 6, 11
2-3
6-9, 11-12 2-3
Statuen vom
bärtigen Mann
Wasserspeier
an den Wänden
siebenköpfiger
Wasserspeier
die beiden
Propheten
Drache
4, 20, 36
1, 5, 11
1-3
28-29, 37, 42
8, 11
3
Offb 6,11
Offb 8,613;9,121;11,1519
Offb
11,3-14
Offb 12,3
Tier
8, 10-12
3
Offb 13,1
Engelsstatuen
mit Schalen
sieben Engel mit den
Schalen des
Zorns
Hure von
Babylon
neue Welt
Gottes
30, 33-35, 37,
40, 43-44, 46,
49
31-32, 38, 41,
46, 49
9, 11-12
3
Offb 16,1
6, 45
1, 11
1, 3
Offb 17,4
49
12
3
Offb
21,1-5
violettes Fenster
Fresken
Engelsstatuen
mit Posaunen
weibliche
Statue
greller Lichtblitz
Das Echtzeitelement der Machinima dient als Warnung, dass mit der heutigen Waffentechnologie die Welt binnen Minuten zugrunde gehen kann. Die
Animation vermittelt ein Gefühl der Finalität und Ausweglosigkeit als kritische Aussage, dass nichts mehr am Schicksal der Menschheit zu ändern sei.
Dies kann als dunkle Zukunftsvision verstanden werden.
Technische Umsetzung: Apocalypsis Ex Machina wurde mit Unreal Tournament III realisiert, wobei im Prinzip der bereitgestellte Editor und die zugrunde liegende Game-Engine verwendet wurde. Die Assets wurden mit den
externen Programmen Autodesk Maya, Pixologic ZBrush und Adobe Photoshop entworfen und in den Editor exportiert. Im Editor wurde die gesamte
Szene aufgebaut, die Materialien erstellt sowie Keyframe-Animationen und
Partikelsysteme angefertigt. Die einzige Ausnahme bilden die Wandtexturen,
5. Analyse von Machinima-Beispielen
49
die aus den im Spiel vorhandenen Paketen entnommen wurden. Es wurde
ebenfalls die Möglichkeit der Engine genutzt, Tiefenunschärfe und Überstrahlungseffekte darzustellen, um Vordergrundelemente hervorzuheben und
sämtliche leuchtenden Materialien wie die Lämpchen, Fenster und Fresken
zu realisieren.
Gestaltung: Der visuelle Stil von Apocalypsis Ex Machina ist von dem
des Spiels unabhängig und wurde für die Machinima eigens entworfen. Er
basiert auf gotischer Architektur, Skulptur und Malerei, wobei Wert darauf
gelegt wurde, einen dunklen und monotonen Ton hervorzurufen, insbesondere zu Beginn des Films. Im Verlauf der Handlung leuchten verschiedene
Elemente in bunten und abwechslungsreichen Farben auf und heben sich so
vom Hintergrund ab. Es wurde jedoch auch versucht, farbsychologisch die
Rollen der Farben umzudrehen – das dunkle Grau und Braun sind gewohnt
und üblich, die bunten Farben hingegen stellen eine Gefahr für die monotone
Welt dar und sind die Vorboten des Untergangs. Ab Sequenz 5 dominiert die
feurig-rote Farbe das Bild und soll das Gefühl vermitteln, dass die Situation
hitziger und gefährlicher wird, bis in den Einstellungen 32 bis 35 die Szene
regelrecht zu lodern scheint.
Die musikalische Untermalung stammt aus dem Soundtrack für das Spiel
Clive Barker’s Jericho vom Komponisten Cris Velasco. Das Setting dieses
Spiels stellt eine dunkle Welt dar mit vielen Anspielungen an das Christentum im Vordergrund. Die Musik beinhaltet aus diesem Grund viele Chöre,
welche Kirchenliedern ähnliche Stücke singen. Aufgrund der Tatsache, dass
Jericho ein Action-Spiel ist, hat die Musik auch viele dramatische Momente
und eignet sich deshalb für die Untermalung der Handlung in Apocalypsis
Ex Machina.
5.1.2
Person2184
Allgemeine Informationen sind in Tabelle 5.4 zu finden. Der Film ist in 18
Einstellungen gegliedert, zu denen jeweils eine Beschreibung dieser, die Startzeit und ein ausgewähltes Standbild vorliegen. Die Transkription ist in Anhang A zu finden.
Analyse
Filmrealität: Person2184 zeigt die Straßen einer Stadt, durch die sich
Menschen bewegen und ihren Zielen nachgehen, ohne miteinander zu kommunizieren oder zu interagieren. Sie wirken regelrecht vermummt, was die Anonymität hervorhebt. Allgegenwärtig sind große Werbetafeln und Displays,
auf denen man eine halbnackte, rothaarige Frau liegen sieht. Der Hauptcharakter scheint eine Frau zu sein, die diese Displays mit der Rothaarigen
verfolgt, bis sie in eine U-Bahnstation gelangt, wo sich ebenfalls ein Display
5. Analyse von Machinima-Beispielen
50
Tabelle 5.4: Allgemeine Informationen zu Person2184.
Name
Person2184
Typ
Outside-In
Länge
2’44”
Erscheinungsjahr
2005
Autor(en)
Friedrich Kirschner
Musik
Sebastian Zangar - Databoy ’78
Spiel
Unreal Tournament 2004
befindet. Die Frau ist alleine, und am Ende flackert eine Schrift durch: „We
interrupt your regularly scheduled program for an urgent message“ und dann
„person2184“.
Bezugsrealität: Der Film erzählt von allgegenwärtigen Medien, Einsamkeit in der Menge und verstärkter Anonymität in einer unwirklichen Stadt.
Obwohl die Menschen gemeinsam in der Stadt leben, so beachten sie einander nicht. Der Titel des Films selbst weist auf die unpersönliche Bezeichnung
der Menschen; anstatt Namen zu tragen, bekommen sie Nummern. Die einzigen Begleiter der Einwohner scheinen die großen Werbetafeln zu sein, die
in jeder Einstellung zu sehen sind.
Person2184 ist der erste Teil einer dreiteiligen Machinima-Serie, die diese
Zustände zum Inhalt hat; der zweite Teil heißt the photographer und der
dritte ist zum Zeitpunkt der Verfassung dieser Arbeit nicht veröffentlicht
worden. Kirschners Ziel bei diesem Projekt ist es, eine alternative visuelle
Richtung sowie Struktur des Inhalts und der Geschichte für interaktive und
nicht-interaktive Narration vorzustellen.
Technische Umsetzung: Person2184 basiert auf dem Computerspiel Unreal Tournament 2004, wobei Kirschner einige Zusatzprogramme erstellt hat,
um den Aufbau des Films zu erleichtern. Für den zweiten Teil dieser Serie,
the photographer, baute er die Funktionen dieser Programme noch weiter aus,
die schließlich zur vollen Modifikation von Unreal Tournament 2004 mit dem
Namen Moviesandbox wurden.
Gestaltung: Der visuelle Stil von Person2184 unterscheidet sich von dem
des Spieles so stark, dass die Ursprünge dieser Machinima nicht mehr erkennbar sind. Die Stadt und die Figuren sind komplett schwarz-weiß und
erinnern dadurch an Photographien der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Die Figuren sind zweidimensionale Flächen, die sich immer orthogonal zur
5. Analyse von Machinima-Beispielen
51
Kameraachse befinden. Die Bewegungen bestehen aus wenigen Bildern, sodass diese sehr abrupt und nicht flüssig wirken. Im Vergleich zu der schwarzweißen Stadt sind die in der Fortsetzung ebenfalls vorkommenden Werbungen
in kräftigen Farben gehalten, insbesondere das Display mit der rothaarigen
Frau ist sehr flüssig und wirkt viel lebhafter als die Menschen selbst. In jeder
Einstellung sind auch monochrome, beige Elemente der Stadt und der Einwohner zu sehen, die halbtransparent das Bild überlagern und in Verbindung
mit diesem an Halbtonbilder der Drucktechnik erinnern.
Die Musik unterstützt das Bild durch die elektronischen, teilweise monotonen aber doch leicht beunruhigenden Klänge und lässt vermuten, dass es
sich hierbei um eine Zukunftsvision handelt.
5.1.3
Outside-In – Schlussfolgerungen und Ausblick
Die beiden Beispiele zeigen, dass Machinimas sich bis zur Unerkenntlichkeit
von den vorgelegten visuellen Stilen der Computerspiele entfernen können,
wobei Person2184 sich völlig von der Richtung von Unreal Tournament 2004
getrennt hat. Apocalypsis Ex Machina zeigt teilweise Ähnlichkeiten zu Unreal
Tournament 3 auf, da es in diesem Spiel Levels gibt, die an mittelalterliche
Architektur erinnern. Es wurde jedoch auf die Verwendung dieser Elemente
verzichtet, um von den vom Spiel vorgegebenen Assets unabhängig zu sein,
da sie sich nicht in jedem Bereich gut eignen und der visuelle Stil stellenweise inkohärent wäre und somit darunter leiden würde. Die Inhalte stellen
ebenfalls keine Verbindung zu den Spielen her. Es sind eigens entwickelte
Geschichten, und das Spiel wird hierbei nur als eine Art Render-Engine verwendet. Die Analysen der beiden Beispiele zeigen, dass sowohl die Handlung
als auch der visuelle Stil einerseits detailliert durchdacht sein kann und andererseits nichts mit dem darunterliegenden Spiel zu tun haben muss.
Was die Evolution dieses Genres betrifft, so lässt sich eine Tendenz nur
schwer erkennen, da die Visionen der Autoren sowie deren gestalterische Umsetzung so vielfältig sind wie Ideen in den Köpfen der Autoren existieren. Natürlich trägt die sich ständig verbessernde Computerspieltechnologie zu den
technischen und gestalterischen Möglichkeiten bei und erlaubt eine immer
größer werdende Anzahl an Realisierungsmöglichkeiten, doch lässt sich, wie
Friedrich Kirschner behauptet, die technische Begrenzung der Spiele-Engines
als kreative Chance ansehen, mit der visuellen Gestaltung zu experimentieren und diese in die Gestaltung einzubinden, sodass ein iterativer Prozess des
Konzeptentwurfs und der Produktion entsteht [19]. Nach dieser Idee hat die
Technologie keinen Einfluss auf die technische und gestalterische Qualität
eines Projektes.
Wie bereits in Kapitel 2 erläutert, gibt es im Vergleich zu Inside-Out
Machinimas sehr wenige Outside-In Produktionen, da in diesem Fall die Geschichte und Narration nach höherer Aufmerksamkeit beim Entwurf verlangt
und das visuelle Konzept von Grund auf entworfen, sowie die dazu benötigten
5. Analyse von Machinima-Beispielen
52
Tabelle 5.5: Allgemeine Informationen zu A Day in the Life of a Turret.
Name
Typ
A Day in the Life of a Turret
Inside-Out
Länge
4’06”
Erscheinungsjahr
2008
Autor(en)
Smooth Few Films
Musik
Damn Dangerous
Spiel
Portal
Assets selbst produziert werden. Dies verlangt nach deutlich mehr Produktionszeit und mehr Erfahrung im Bereich der Film- und 3D-Grafikproduktion.
Dies sind jedoch Eigenschaften, die nicht zwingend für die Produktion einer
Machinima sind und in solch einem Fall entstehen Inside-Out Filme.
5.1.4
A Day in the Life of a Turret
Allgemeine Informationen sind in Tabelle 5.5 zu finden. Der Film lässt sich
in zwölf logische Teile gliedern, die jeweils mit einer Uhrzeitangabe, welche die Tagesabschnitte des Arbeitstages der Roboter unterteilen, begonnen
werden. Eine Auflistung der Teile ist in Tabelle A.1 in Anhang A angeführt.
Die einzelnen Szenen sind ebenfalls in Anhang A näher beschrieben, wobei
das Hauptaugenmerk auf die Dialoge gelegt wurde. Da durch die Dominanz
der Dialoge in diesem Film dementsprechend zwischen den Dialogpartnern
geschnitten wird, wird auf die Kameraführung und die Einstellungen nicht
näher eingegangen. Dies gilt auch für die Beleuchtung und die Farben, die auf
dem Stil von Portal beruhen – dieser soll im Analyseteil behandelt werden.
Analyse
Filmrealität: A Day in the Life of a Turret handelt von zwei Überwachungsrobotern im Forschungszentrum Aperture Science Enrichment Center.
Es wird der Tagesablauf zweier Roboter dargestellt, die einer anscheinend
nicht besonders spannenden Aufgabe nachgehen, wobei ihnen ein menschlicher, wenn auch klischeebehafteter Charakter zuzuschreiben ist. Die beiden
sind zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Posten des Zentrums aufgestellt und haben reichlich Zeit, sich über ihre Hobbys zu unterhalten (siehe
Dialog 1 ), Spiele als Zeitvertreib zu spielen (siehe Dialog 2 ), sich über „Arbeitskollegen“ aufzuregen (siehe Dialog 3 ), über das Essen zu jammern und
sexistische Witze über „Kolleginnen“ zu machen (siehe Dialog 5 ). Sie summen Lieder aus Langeweile (siehe Szene 8 ) und unterhalten sich über den
5. Analyse von Machinima-Beispielen
53
Sinn des Lebens (siehe Dialog 8 ). Es kommen ihnen jedoch desöfteren sogenannte Organics in die Quere (siehe Szene 1, 6 und 11 ), also Menschen, die
einen Testparcours durchlaufen müssen und dabei ein futuristisches Gewehr
benützen, das Portale öffnen und schwere Objekte aufheben kann (die Funktionsweise des Gewehres wird im Film nicht erklärt - dies soll in Paragraph
Bezugsrealität erklärt werden). Die Aufgabe der Roboter ist es, die Menschen
aufzuhalten, wobei sie oft zu deren Opfern werden (siehe Szene 9, 10 und
11 ).
Das Bild wird von einer leisen, monotonen Musik begleitet, die die Routine der Arbeit betonen soll.
Bezugsrealität: Der Film stellt eine Parodie des Computerspiels Portal
von Valve dar. Er lässt die Überwachungsroboter, die im Spiel oft als Gegner vorkommen, so erscheinen, als ob sie einen Charakter mit Vorlieben und
Sorgen hätten, was im Spiel selbst nicht der Fall ist. Es werden viele Anspielungen and diverse Spielsituationen geboten, die jedoch für eine Person, die
das Spiel nicht kennt, unverständlich oder gar unsinnig sind. Anhand dieses
Problems lässt sich das intertextuelle Phänomen zwischen Film und Spiel erkennen, das Eigenschaft jeder Inside-Out Machinima ist. Dieses Beispiel ist
eine Form des in Kapitel 2 erläuterten Textual Poachings, die von Fans des
Computerspiels erstellt wurden. Um die intertextuellen Bezüge aufzuzeigen,
muss das Spiel selbst kurz erläutert werden. Dabei werden die Anspielungen
in der Machinima in Klammern angeführt.
Portal ist eine Mischung aus First Person Shooter und einem Rätselspiel. Als Setting dient das sogenannte Aperture Science Enrichment Center
vom fiktiven Forschungsinstitut Aperture Science (welches als Konkurrent
zum Forschungsinstitut Black Mesa (siehe Szene 7 ) steht, bekannt aus der
Half-Life Serie, ebenfalls von Valve), und der Spieler ist ein „Testobjekt“, das
ein Gewehr in verschiedenen Hindernisparcours, den Levels, austesten soll.
Skurrilerweise wird dem Spieler mehrmals versprochen, dass, sobald er alle
Levels geschafft hat, er einen Kuchen bekommt (siehe Szene 11 ). Anstelle
von konventionellen Waffen besitzt der Spieler ein Gewehr, das Portale öffnen kann, durch die er sich oder verschiedene Objekte bewegen kann. Das
Prinzip der Portale ist, dass der Spieler einen Eingang und Ausgang auf
nahezu jeder Oberfläche öfnnen kann, die miteinander verbunden sind. Auf
diese Weise muss er es schaffen, in jedem Level den Ausgang zu finden (siehe
Szene 11 ). Um ihm die Aufgabe zu erschweren, befinden sich in den Levels Überwachungsroboter, die, sobald Sichtkontakt hergestellt ist, auf den
Spieler schießen (siehe Szene 1 ). Das Portal-Gewehr hat auch die Fähigkeit,
schwere Objekte anzuziehen, die man auf diese Weise transportieren kann.
So muss der Spieler in einem Level eine würfelförmige Kiste, die Companion
Cube (siehe Szene 4 und 9 ) genannt wird, mit sich tragen, um sie dann am
Ende in einem Heizofen zu verbrennen (siehe Szene 9 ) und so die Tür zum
5. Analyse von Machinima-Beispielen
54
Ausgang zu öffnen.
Obwohl der visuelle Stil von Portal Ansprüche auf Photorealismus stellt,
so ist das Setting selbst auf eine erheiternde Weise bizarr. Neben dem schon
erwähnten Kuchen (der sich jedoch als Lüge herausstellt – siehe Szene 1 )
begleitet eine weibliche, verzerrte Computerstimme den Spieler durch alle
Levels und versucht ihn beispielsweise in einem Level zu demotivieren, indem sie behauptet, dass der Level nicht schaffbar ist, in einem anderen ist
sie beleidigend und will in ihm Depressionen hervorrufen, und am Ende,
nachdem sie sich als böswilliger Supercomputer entpuppt hat und zerstört
worden ist, singt sie ein Lied, mit dem sie behauptet, dass sie dem Spieler
nicht böse ist, sondern sich für ihn freut, und dass sie noch am Leben ist (siehe Szene 8 ). Ein weiteres Element dieser Skurrilität ist der Companion Cube,
der, ein Herz auf allen Seiten aufgezeichnet, den Spieler in seiner Einsamkeit begleiten soll, jedoch am Ende des Levels von diesem verbrannt werden
muss. Die Überwachungsroboter, wie auch der Supercomputer, kommentieren die Aktionen des Spielers, und versuchen ihn einzuschüchtern, indem sie
behaupten, dass sie ihn sehen können, und wenn sie ihn längere Zeit nicht
entdecken können, ihn fragen, ob er noch da sei (siehe Szene 6 ). Die Roboter
bitten den Spieler auch höflich, sie wieder auf den Boden zu stellen, wenn
er sie mit dem Gewehr aufgehoben hat, oder verabschieden sich mit einem
„goodbye“, wenn man sich von ihnen entfernt.
A Day in the Life of a Turret lenkt die Skurrilität jedoch in eine andere
Richtung, als sie das Spiel vorgibt. Die Roboter sind derb in ihrer Ausdrucksweise und sind, neben dem Klischee von gelangweilten Wächtern, als
Mitglieder einer Online-Gemeinschaft von Jugendlichen, die Serien schauen,
Computerspiele spielen (siehe Szene 2 ), und auf Community-Webseiten (siehe Szene 7 ) präsent sind, dargestellt. Dies wird dadurch bekräftigt, dass sie
während der Konversationen Chat-übliche Verkürzungsformen wie OMG 2 ,
ROFL3 , WTF 4 , und owned 5 beziehungsweise pwned 6 benutzen (siehe Szene
2, 3, 4, 6, 7 und 9 ). Die derbe Ausdrucksweise lässt sich vermutlich darauf
zurückführen, dass Spieler in einem Computerspiel während einer Mehrspielerpartie oft auf solch eine Weise miteinander kommunizieren. Die Anspielung auf die Online-Community ist ein weiterer Punkt im intertextuellen
Problem – verfügt der Zuschauer über kein Wissen in den Bereichen der
Computerspiele und Community-Webseiten, so wird diese Machinima sehr
schnell unverständlich. Das einzige, was für so einen Zuschauer übrigbleibt,
sind die Beleidigungen und Schimpfwörter, die gewiss ohne Kontext nicht zu
2
bedeutet Oh My God
bedeutet Rolling On The Floor Laughing
4
bedeutet What The Fuck
5
to own someone bedeutet im Computerspielerjargon jemanden zu besiegen, besser als
er zu sein
6
hat dieselbe Bedeutung wie owned, und ist durch einen Tippfehler entstanden, da die
Tasten „O“ und „P“ auf der Tastatur nebeneinander platziert sind
3
5. Analyse von Machinima-Beispielen
55
einem guten Eindruck beitragen. A Day in the Life of a Turret ist in jedem
Falle eine Produktion von Fans – für Fans.
Technische Umsetzung: A Day in the Life of a Turret wurde mit der
Applikation Garry’s Mod realisiert. Garry’s Mod ist eine sogenannte Modifikation (kurz: Mod) für die Source Engine, auf der Spiele wie Half-Life
2 oder Portal basieren. Dieses Programm ist als eine sogenannte Sandbox
aufgebaut, was bedeutet, dass es kein Ziel und keine Regeln im Spiel gibt.
Dem Benutzer sind verschiedene Werkzeuge bereitgestellt, mit denen er eigene Spieltypen bauen kann. Eine Einsatzmöglichkeit dieses Programms ist
die Produktion von Machinima-Filmen. Im Fall von A Day in the Life of a
Turret wurden keine eigenen Assets hergestellt und nur die im Spiel vorhandenen verwendet.
Die Möglichkeiten der Source Engine, beispielsweise Per-Pixel-Beleuchtung, Radiosity, Schatten, Reflexionen und Refraktionen, physikalisch korrekte Simulationen, Materialien, Tiefenunschärfe und Überstrahlungseffekte
zu berechnen, kommt dieser Machinima zugute, was die visuelle Qualität
hinsichtlich des Photorealismus betrifft.
Gestaltung: Der visuelle Stil von Portal erhebt, wie schon erwähnt, Anspruch auf Photorealismus und somit sind die spieleigenen Assets detailliert.
Da sich die Machinima auf das Spiel selbst bezieht, wurde der Stil nicht
geändert. Die grafische Gestaltung von Portal ist hauptsächlich sehr sauber
und steril, was die Tatsache, dass man sich in einem Forschungszentrum befindet, betonen soll. Ebenso sind die Roboter in einem glänzenden Weiß und
Dunkelgrau dargestellt. Hinter den Kulissen der Testparcours befinden sich
jedoch rostige, schmutzige Rohre und Wände, teilweise bekritzelt, wie man
kurz in Szene 1 sieht.
Im Film gibt es sehr wenig Bewegung, die Ausnahmen sind in Szene 1,
9, 10 und 11 zu finden. Die Animationen sind die im Spiel schon vorhandenen Bewegungen der Charaktere. Im Falle von Szene 9, 10 und 11 sind
die Animationen durch die Physik-Engine berechnete Bewegungen. Da die
Roboter keine Gesichter haben, dient das rote Lämpchen in der Mitte des
Kopfes gleichzeitig als Auge und Mund. Während ein Roboter spricht, blinkt
das Lämpchen einmal pro Silbe.
5.1.5
Diary of a Camper
Allgemeine Informationen sind in Tabelle 5.6 zu finden. Die Transkription
ist in vier Szenen gegliedert, wobei das Hauptaugenmerk auf den Dialogen
liegt. Die Transkription ist in Anhang A zu finden.
5. Analyse von Machinima-Beispielen
56
Tabelle 5.6: Allgemeine Informationen zu Diary of a Camper.
Name
Typ
Diary of a Camper
Inside-Out
Länge
1’36”
Erscheinungsjahr
1996
Autor(en)
United Rangers Films
Musik
keine
Spiel
Quake
Analyse
Filmrealität: Diary of a Camper handelt von einer militärähnlichen Gruppierung, die scheinbar ein mittelalterliches Gewölbe nach Feinden durchsucht. Bei einer Patrouille werden zwei Mitglieder dieser Einheit von einer
Person namens Camper hinterhältig getötet. Als der Kommandant der Truppe das erfährt, startet er eine Großoffensive auf den Camper, die dieser nicht
überlebt. Im Nachhinein identifiziert die Truppe den Camper als John Romero.
Wie man an dieser Zusammenfassung sieht, ist die Handlung sehr kurz
und nicht tiefgründig. In der Tat handelt es sich um eine Verfilmung des
Gameplays des Computerspiels Quake, dessen Prinzip im Töten von Gegnern
liegt. Diary of a Camper spiegelt eine kurze Spielsituation wider, wobei diese
durch Dialoge und eine Anspielung am Schluss bereichtert wird. Die Dialoge
lassen die Charaktere, die in Wahrheit Mitglieder einer Quake-Gruppierung
– eines sogenannten Clans – sind, wie Soldaten wirken. Die Anspielung am
Ende des Films liegt in der Identifizierung des Campers; diese soll, neben
anderen Punkten, im Absatz Bezugsrealität behandelt werden.
Bezugsrealität: Diary of a Camper stellt eine Verfilmung und Parodie des
Computerspiels Quake dar. Um die Beziehungen zwischen dieser Machinima
und dem Spiel besser verstehen zu können, soll Quake und dessen Umfeld
näher erläutert werden.
Quake gehört dem Computerspielgenre FPS an und ist das erste Spiel,
welches auf einer 3D-Engine basiert7 . Das Spiel hat zwei Modi – eine Einzelund eine Mehrspielervariante. Der Einzelspielermodus besteht darin, 32 Levels zu durchlaufen und dabei Computergegner auszuschalten. Dem Spieler
steht dabei ein breitgefächertes Waffenarsenal zur Verfügung, bestehend aus
einer Axt, Schrotflinte, Maschinengewehr, Granaten- und Raketenwerfer und
7
Quake ist im Jahr 1996 erschienen
5. Analyse von Machinima-Beispielen
57
einer futuristischen Waffe. Das Spiel wurde jedoch durch den Mehrspielermodus bekannt. Die Spieler konnten über Netzwerk oder Internet gegeneinander
antreten. Das Spielprinzip hierbei ist, so viele Gegner wie möglich auszuschalten, wobei man bei Todesfall wiederbelebt wird, um weiterzukämpfen. Dieser
Spielmodus wird Deathmatch genannt, ein Begriff, der vom Quake-Designer
John Romero geprägt worden sein soll8 [28]. Die Deathmatches finden auf
speziell angefertigten Levels statt, den sogenannten Maps (Cistern beispielsweise ist der Name einer bestimmten Map in Quake – siehe Szene 1 ).
Es hat sich eine große Online-Gemeinschaft rund um Quake gebildet,
Spieler haben Gruppierungen, sogenannte Clans, gegründet und Tourniere
veranstaltet, um gegen andere Clans anzutreten. Mit der in Quake eingebauten Funktion, Spieleverläufe in einem kommandobasierten Dateiformat
aufnehmen zu können, verbreiteten sich schnell Videos – sogenannte Demos
– im Internet, die die Fähigkeiten der einzelnen Clans zur Schau stellten. Es
wurden ebenfalls Demos von Einzelspielerpartien aufgenommen, wobei die
Spieler das Spiel so schnell wie möglich durchspielen sollten. Diese Demos
wurden Speedruns genannt und gelten als die Vorläufer von Machinima.
Der Spielverlauf eines Deathmatches in Quake und seinen Nachfolgern
ist sehr dynamisch, die Spieler müssen sich schnell bewegen und dabei gut
zielen, um zu überleben. Es gibt jedoch einige Spieler, die sich an schwer
einsehbaren Stellen der Maps verstecken und auf die Gegner warten. Läuft
einer vorbei, erschießen sie ihn aus dem Hinterhalt. Diese Spieler werden
passenderweise Camper genannt, wobei sie in Deathmatches sehr verpönt
sind und nicht als wahre Quake-Spieler angesehen werden, da ihr Verhalten
als unsportlich gesehen wird.
Diary of a Camper behandelt das Thema Camping, wobei als erheiternde Ergänzung hinzukommt, dass der Camper der Game-Designer, von dem
man erwarten sollte, das Spielverhalten auf solch eine Weise nicht zu missbrauchen, selbst ist. Es hat, da die Charaktere des Films allesamt Mitglieder
desselben Clans namens United Rangers Clan sind, einen propagandaartigen
Charakter, da gezeigt wird, dass sie gegenüber einem Camper kompromisslos
sind und aus so einem Konflikt als Sieger hervorgehen.
Technische Umsetzung: Diary of a Camper wurde mit Quakes Möglichkeit, Demos von Spielpartien aufzuzeichnen, realisiert, wobei die Puppeteering-Technik verwendet wurde. Für jeden Charakter in der Machinima war
ein Spieler verantwortlich, sowie ein Spieler für die Kameraführung.
Die Quake Engine ist im Vergleich zu aktuellen Engines in ihren Darstellungsmöglichkeiten sehr begrenzt. So bietet sie Gouraud-Shading für die
beweglichen Elemente und verwendet Lightmaps für alle statischen Geometrien. Es gibt keine dynamischen Schatten und die Polygonanzahl sowie die
Texturanzahl und -größe sind beschränkt.
8
http://en.wikipedia.org/wiki/John_Romero, Kopie auf DVD-ROM
5. Analyse von Machinima-Beispielen
58
Gestaltung: Bei der Betrachtung dieses Beispiels fällt sofort auf, dass es
keine Schnitte gibt. Stattdessen wurde der Szenenübergang mit Kamerafahrten realisiert. Dies hilft, die räumlichen Zusammenhänge im Film zu erklären. Der Effekt ist jedoch durch die Tatsache, dass ein Spieler die Kamera
gesteuert hat, sehr instabil und nicht exakt. Die Kamerafahrten sind linear
und enden abrupt. Es sei aber erwähnt, dass zur Zeit der Produktion dieser
Machinima noch keine Werkzeuge zur Verfügung standen, die bei der Lösung
von filmtechnischen Problemen eingesetzt werden hätten können.
Die Gesichter der Charaktere existieren nur als Texturen und somit ist
keine Gesichtsanimation gegeben. Die Dialoge finden ausschließlich über die
in das Spiel eingebaute Chat-Funktion statt, es gibt keine Vertonung.
Der visuelle Stil von Quake vermischt dunkle, mittelalterliche Umgebungen mit Science-Fiction Elementen. Die Umgebungen sind dunkel und in einem monotonen Braun gehalten, und die Charaktere bieten ebenfalls wenig
Abwechslung, was die Farbgebung betrifft. Einige Levels in Quake erinnern
jedoch an futuristische Raumstationen, wie sie aus Science-Fiction Filmen
wie Star Wars oder Alien bekannt sind.
5.1.6
Inside-Out – Schlussfolgerungen und Ausblick
Die beiden Outside-In Beispiele zeigen, dass dieses Genre sehr stark von den
Spielen abhängig ist, auf denen die Machinimas basieren, sowohl in visueller und technischer Hinsicht, als auch in Bezug auf den Inhalt. Die beiden
Machinimas benutzen die vom Spiel bereitgestellten Assets und bringen keinen eigenen visuellen Stil hervor. Was die Handlung betrifft, so ist diese auf
die Spielinhalte bezogen, aber auch auf das Umfeld des Spiels wie OnlineGemeinschaften oder Produzenten der Spiele. Diese Bezüge sind meistens
parodistischer Natur und sollen beim Zuseher Belustigung und Amüsement
hervorrufen.
Obwohl die narrative und visuelle Qualität sowohl aufgrund sowohl technischer Begrenzungen teilweise veralteter Game-Engines und in Spielen oft
fehlender Editoren, als auch wegen der häufig fehlenden Erfahrung der Produzenten im Bereich der Film- und Animationsproduktion, leidet, so werden
Inside-Out Filme zum Großteil sehr positiv vom Publikum aufgenommen.
Dies ist begründet in der Tatsache, dass – unabhängig von der visuellen
Qualität der Computerspiele – die Zuschauer und gleichzeitig meistens Spieler mit der Grafik vertraut sind und dieser zur Wiedererkennung beliebter
Charaktere und Umgebungen unerlässlich ist. Beim Entschluss, das Spiel zu
spielen, haben sich die Fans bereits für den vorgegebenen Stil entschieden,
sodass bei solch einer Machinima die Grafik nicht zur Debatte steht. Auf
der anderen Seite stehen filmteschnische Elemente wie Schnitt, Kameraführung und weitergehend der Aufbau der Dramaturgie im Hintergrund, da die
Dialoge und die darin enthaltenen Parodien, Anspielungen und Witze das
zentrale Element einer Inside-Out Machinima darstellen. Die Spieler wol-
5. Analyse von Machinima-Beispielen
59
len beim Betrachten solch einer Machinima ein erheiterndes und oft etwas
selbstkritisches Amüsement erleben.
Was zukünftige Entwicklungen von Inside-Out Machinimas betrifft, so
wird die visuelle Qualität gemeinsam mit der Entwicklung der Computerspiele wachsen, jedoch von dieser immer abhängig bleiben. Es ist auch denkbar,
dass die Entwicklung immer benutzerfreundlicherer Werkzeuge und Editoren
die Produktion einer Machinima immer schneller werden lässt. Was jedoch
von dieser Tendenz ausgeschlossen ist, ist die filmtechnische und ästhetische
Umsetzung der Machinimas, da diese nicht in der Technologie, sondern im
Produzenten liegt, es sei denn, es entstünden automatisierte Systeme, die im
Stande wären diese Bereiche der Produktion zu übernehmen und dabei qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erzielen. Was die narrativen Inhalte und
den Handlungsbogen betrifft, so hängen diese Aspekte in jedem Fall von den
Produzenten ab und es gibt keine Anzeichen, dass sich dies ändern wird.
Unter Betrachtung der Zahlen in Abbildung 2.1 auf Seite 15 lässt sich ableiten, dass dieses Genre mit den Spielen weiterwachsen wird. Die Fans werden
immer gerne Ergänzungen zu ihren favorisierten Computerspielen sehen und
produzieren, seien es Modifikationen, Comics, oder Machinimas. Diese werden aber im Gebiet der Fan-Gemeinschaft bleiben, da aufgrund des Textual
Poachings im Inside-Out Genre diese nur für die Fans Sinn haben.
5.2
Analyse des interaktiven Machinima Beispiels
– Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious
Durch die interaktive Natur dieses Machinima-Typs ist die Transkription
und Analyse nach anderen Kriterien aufgebaut als bei den linearen Machinimas. Die Basis der Transkription stellt der Graph der Handlung dar, aufgeteilt in nicht interaktive Sequenzen und Entscheidungspunkte (kurz: E ),
wobei beide Elemente beschrieben sind.
Die Analyse selbst untersucht die Machinima auf den Interaktivitäts(schwach beziehungsweise stark) und Spieltyp (ludus oder paidia), und die
Interaktivitätseigenschaften Prozeduralität, Mitwirkung, Räumlichkeit und
enzyklopädische Natur. Weiters wird der visuelle Stil näher beleuchtet.
5.2.1
Transkription
Allgemeine Informationen sind in Tabelle 5.7 zu finden. Der Film lässt sich
in neun Sequenzen unterteilen, die entweder chronologisch aufgebaut oder
durch insgesamt vier Entscheidungspunkte auswählbar sind. Die Verbindung
der Sequenzen und Entscheidungspunkte samt Beschreibungen sind in Abbildung 5.1 zu finden.
5. Analyse von Machinima-Beispielen
Abbildung 5.1: Handlungsgraph (gerichtetes Netzwerk ) von Lord of the
Rings: Gandalf ’s Lost Precious.
60
5. Analyse von Machinima-Beispielen
61
Tabelle 5.7: Allgemeine Informationen zu Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost
Precious.
Name
Typ
Inside-Out / Outside-In Hybrid
Länge
ca. 2’ bis 7’ (je nach Handlungspfad)
Graph
gerichtetes Netzwerk
Erscheinungsjahr
Autor(en)
5.2.2
Lord of the Rings: Gandalf’s Lost Precious
2008
Jort Bloem, Luke Niesink
Musik
diverse Soundtracks
Spiel
World of WarCraft
Analyse
Handlungsrealität: Diese interaktive Machinima ist in der Erzählwelt
von J.R.R. Tolkiens Herr der Ringe angesiedelt. Da sie Eigenschaften des
Textual Poachings zu diesem Buch aufweist, gleichzeitig aber mit dem Computerspiel World of WarCraft erstellt wurde, soll sie als ein Hybrid von den
Inside-Out und Outside-In Typen betrachtet werden.
Die Erzählung findet einige Jahre nach den Ereignissen aus dem Buch
statt, wobei ein alternatives Ende der Originalerzählung angenommen wurde. So wurde der Eine Ring nicht, wie im Buch beschrieben, zerstört, sondern unbemerkt vom Zauberer Gandalf versteckt; weiters haben der Elbe
Elrond und Gandalf Mittelerde nicht verlassen, und Aragorn ist nicht König
von Gondor geworden. Gandalf hat sich zum Alkoholiker entwickelt, da er
keinen Sinn mehr im Leben findet und so hat er eines Abends in einer Bar
während eines Trinkspiels mit dem Zwerg Gimli den Ring verspielt, kann sich
aber am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern. In diesem Moment setzt
die Handlung von Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious ein. Nach der
erfolglosen Durchsuchung seines Hauses nach dem Ring macht sich Gandalf
zur Bar auf, um ihn dort zu suchen. In diesem Moment hat der Interaktor die
Möglichkeit, Gandalf ein Bier bestellen zu lassen – was die Geschichte mit
der Trinkerei des Zauberers enden lässt (siehe Sequenz 3)– oder den Barkeeper nach dem Ring zu fragen (siehe Sequenz 2 und Entscheidungspunkt 1 ).
Der Barkeeper erzählt Gandalf vom Trinkspiel und so macht sich der Zauberer nach Moria auf, zu Gimlis Heimat. Dieser teilt ihm jedoch mit, dass er
den Ring an Elrond weiterverkauft habe, um seine Spielschulden zu begleichen. Daraufhin reist Gandalf nach Rivendell, um mit dem Elben zu sprechen
(siehe Sequenz 4 ). An dieser Stelle hat der Interaktor die Möglichkeit, Elrond freundlich oder feindselig anzusprechen (siehe Entscheidungspunkt 2 ).
Wählt er die zweite Variante, bringt Elrond Gandalf um und die Geschich-
5. Analyse von Machinima-Beispielen
62
te endet (siehe Sequenz 5 ). Wählt er jedoch die zweite, so teilt ihm Elrond
mit, dass er ihm den Ring nur dann zurückgeben wird, wenn der Zauberer
den Freund seiner Tochter, Aragorn, umbringt (siehe Sequenz 6 ). An dieser
Stelle eröffnet sich dem Interaktor eine weitere Entscheidungsmöglichkeit.
Entweder beschließt er, dass der Zauberer müde ist und in die Bar zurückkehren soll, was ebenfalls, wie bei Entscheidungspunkt 1, mit der Trinkerei
des Zauberers endet (siehe Sequenz 3 ), oder Gandalf nimmt das Angebot an
(siehe Entscheidungspunkt 3 ). In diesem Fall reist Gandalf in die Wildnis zu
Aragorn und wird ein letztes Mal vor die Wahl gestellt. Entweder er tötet
Aragorn, oder er sieht ein, dass es ein Wahnsinn ist und erzählt Aragorn von
Elronds Plan (siehe Entscheidungspunkt 4 ). Im ersten Fall kehrt Gandalf
nach dem Mord an Aragorn zu Elrond zurück, erhält wie versprochen den
Ring, und die Geschichte endet mit einer Trinkerei von Gandalf und Elrond
(siehe Sequenz 9 ); im zweiten Fall beschließen Gandalf und Aragorn, Elrond
zu töten. Nach der Tat bekommt der Zauberer seinen Ring wieder und beide
betrinken sich zur Feier des Tages (siehe Sequenz 10 ) und die Geschichte
endet ebenfalls.
Die Charaktereigenschaften von Gandalf, Elrond, Gimli und Aragorn in
dieser Machinima unterscheiden sich von denen der Buchvorlage stark; sie
sind als – teilweise brutale – Trunkenbolde dargestellt, vor allem Gandalf.
Dies wäre, den Beschreibungen und Handlungen im Buch nach, undenkbar.
Durch Reduktion von Charakter und Handlung sollte die Geschichte für jede
Person nachvollziehbar sein, obwohl sie auf J.R.R. Tolkiens Werk basiert und
deshalb die Eigenschaften von Inside-Out Machinimas aufweist.
Interaktivitäts- und Spieltyp: Die nichtlineare Geschichte ist mit dem
interaktiv schwachen Modell des gerichteten Netzwerks realisiert. Obwohl
mit diesem Modell die Anzahl der Handlungsstränge sehr gut reduzierbar ist
und somit nach Ryans inproportionalem Verhältnis von Pfadanzahl zur Qualität der Narration [26, S. 257] die Geschichte gut ausgearbeitet sein könnte,
ist sie in diesem Fall nicht tiefgründig und sehr linear, denn ein Zweig bei
jedem Entscheidungspunkt führt sofort zu einem Ende der Geschichte (siehe Abbildung 5.2. Durch diesen Zustand wird das Gefühl erweckt, dass eine
der beiden Auswahlen die inkorrekte ist und mit einem vorzeitigen Ende der
Geschichte den Interaktor bestraft. Es entsteht ein Gefühl der Aporia, da die
falsche Auswahl einer Niederlage ähnelt und man von vorne wieder beginnen
muss. Dadurch weist diese Machinima Charakteristika eines Agon-Spiels auf,
womit sie sich für den ludus-Spieltyp klassifiziert und somit mehr Ähnlichkeiten mit einem Computerspiel aufweist als mit interaktiver Narration. Um
dieses Beispiel als paidia-Spieltyp zu sehen, müssten alle Pfade detaillierter
ausgearbeitet sein als es hier der Fall ist, damit jede Entscheidung zu einer
interessanten Geschichte führt und der Interaktor somit nicht das Gefühl der
Aporia empfindet.
5. Analyse von Machinima-Beispielen
63
Abbildung 5.2: Vereinfachte Darstellung des gerichteten Netzwerks von
Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious.
Prozeduralität: Die Darstellung dieses Machinima-Beispiels bilden aufgenommene Videos, deren Abspielen durch die Entscheidungspunkte erfolgt.
Demnach ist das einzige prozedurale Element das in Adobe Flash implementierte Interface zur Ansteuerung der Videos, das durch Klicken mit der Maus
auf die jeweilige Textzeile aktiviert wird. Es finden keine weiteren Berechnungen statt.
Mitwirkung: Die einzigen Elemente der Mitwirkung sind die Entscheidungspunkte 1 bis 4, mit denen man die Geschichte beeinflussen kann. Die
Anzahl der Entscheidungsmöglichkeiten ist jedoch sehr gering, und die Anordnung dieser erlaubt nur fünf verschiedene Handlungen mit vier verschiedenen Enden. Der Interaktor ist nicht im Stande, die Welt oder die Geschichte
auf eine andere Art zu beeinflussen.
Räumlichkeit: Da, wie schon erwähnt, die Darstellung der Welt durch
Videos realisiert ist, kann der Interaktor nicht frei durch die Welt navigieren und ist auf die angebotenen Einstellungen der Filme angewiesen. Es ist
demnach auch nicht möglich, die Perspektive zu wechseln, um verschiedene
Aspekte der Welt zu betrachten. Der einzige Navigationsraum ist die durch
das gerichtete Netzwerk realistierte Narrationsebene.
Enzyklopädische Natur: Die enzyklopädischen Elemente dieses Beispiels
sind gering. Es existieren neun Videosequenzen, mit Musik untermalt, es gibt
jedoch keine Sprachausgabe und die Dialoge sind durch Textausgaben realisiert. Bis auf Sequenz 1 gibt es keine weiteren Informationen über die Welt,
die man aufrufen könnte.
Gestaltung: Die Aufnahmen wurden mit dem Computerspiel World of
WarCraft realisiert, und aufgrund der Architektur des Spieles, die keine Modifikationen erlaubt, basiert der visuelle Stil dieser Machinima auf dem des
5. Analyse von Machinima-Beispielen
64
Spieles. Da aber World of WarCraft eine Fantasy-Welt mit Zauberern, Zwergen, Elfen darstellt und sogar einige Orte denen von Herr der Ringe ähneln
– beispielsweise die in den Berg gehauene Zwergenstadt Ironforge in World
of WarCraft und die ebenfalls in einem Berg befindliche Zwergenstadt Moria in Herr der Ringe –, eignet sich das Setting für die Geschichte gut. Der
komikhafte Look von World of WarCraft unterstützt dabei den unseriösen
Inhalt der Geschichte. Die Kamerafahrten wurden nicht animiert, sondern
mit der Maus während des Drehs gesteuert, weshalb die Bewegungen schnell
und abrupt sind und teilweise durch Objekte und Wände hindurchgehen.
Die Musik wurde aus mehreren Quellen entommen: einerseits hört man
Stücke aus dem Originalsoundtrack der filmischen Adaptation von Herr der
Ringe von Howard Shore, andererseits hört man Musik aus World of WarCraft und dem Fantasy-Rollenspiel Zelda: Wind Waker.
5.2.3
Interaktives Beispiel – Schlussfolgerungen und Ausblick
Wie aus dem Beispiel erkennbar ist, befindet sich interaktive Machinima in
einer Anfangsphase, in der die Möglichkeiten des interaktiven Mediums noch
nicht ausgeschöpft sind. Zum einen sieht man das an der Verwendung des
schwachen Interaktivitätstyps, zum anderen daran, dass die Handlungspfade
nicht tiefgründig sind und schnell enden, was in einem kurzen Spielerlebnis resultiert. Weiters wird nicht die Game-Engine selbst zur implementierung der Interaktivität benutzt, sondern externe Werkzeuge wie HTML oder
Flash. Dies bringt deutliche Einschränkungen gegenüber einer navigierbaren
3D-Umgebung mit sich. Eine mögliche Erklärung jedoch für die Verwendung
von externen Werkzeugen kann die Distribution von Machinimas sein. Diese
werden hauptsächlich im Internet veröffentlicht und können mit Flash-Player
sofort angesehen werden. Durch den Einsatz von HTML beziehungsweise
Flash weisen die aktuellen interaktiven Machinimas den Charakter von interaktiven Erzählungen wie des bereits erwähnten Beispiels The Afternoon
auf, mit dem Unterschied, dass statt eines Textes Bild und Ton zur Fortsetzung der Handlung verwendet werden. Dies bedeutet, dass der Benutzer
keinen wahren Einfluss auf die Handlung hat. Er kann lediglich zwischen vorgefertigten Pfaden wählen und ist somit höhergestellt als die Handlung. Das
hat zur Folge, dass die Immersion in die Geschichte kaum stattfindet. Wäre
die Interaktivität mit dem starken Typ realisiert, so würde er imstande sein,
aktiv an der Generierung des Textes und somit der Geschichte teilzunehmen.
An dieser Stelle sei auf das sogenannte interaktive Drama Façade verwiesen,
das den starken Interaktivitätstyp einsetzt. Der Interaktor kann sich in der
virtuellen Welt bewegen und durch eigene Texteingaben mit den virtuellen
Charakteren kommunizieren, er ist also nicht an eine begrenzte Anzahl an
Entscheidungsmöglichkeiten gebunden. Dadurch findet Immersion statt und
der Benutzer ist aktiv an der Erstellung der Handlung beteiligt. Würden
5. Analyse von Machinima-Beispielen
65
interaktive Machinimas diese Technik einsetzen, so wären sie eindeutig von
interaktiven Geschichten abgrenzbar, was jedoch zur Zeit der Verfassung
dieser Arbeit nicht der Fall ist.
Würde man die Interaktivität jedoch direkt in der Game-Engine implementieren, so müsste der Spieler die Modifikation zuerst aus dem Internet
herunterladen und dann installieren, ein Prozess, der unter Umständen langwierig und kompliziert sein kann. Eine weitere Erklärung für die Meidung der
Engine als Realisierungsmöglichkeit für die Interaktivität ist die Tatsache,
dass häufig eine komplette Modifikation des Spiels geschrieben werden muss,
was in manchen Spielen sehr kompliziert oder unmöglich ist. Dazu kommt
noch das Problem, dass der mit der Produktion verbundene Aufwand viel
höher ist als bei einer linearen Machinima.
Betrachtet man auf der anderen Seite die Computerspielindustrie, so sieht
man, dass es erstens wenige Studios gibt, die versuchen, ihren Geschichten
nichtlinear zu gestalten, da dies erstens sehr kostspielig ist und zweitens sind
noch keine Systeme der starken Interaktivität für die Narration entstanden,
die kommerziell erfolgreich einsetzbar wären. Aus dieser Tatsache lässt sich
erkennen, dass die Produktion von wahrhaftig nichtlinearen Geschichten ein
Problem ist, welches sich nicht auf den Bereich der Machinima-Produktion
beschränkt und dessen Lösung die Spielindustrie selbst noch nicht gefunden
hat.
Betrachtet man weiters die zahlenmäßige Überlegenheit an linearen Inside-Out Machinimas im Vergleich zur verschwindend geringen Zahl an interaktiven Machinimas, so ist schwer abzusehen, wie sich dieses Genre in
Zukunft entwickeln wird. Da die Machinima-Produzenten sich der Computerspiele bedienen, um Geschichten zu erzählen, wäre es möglich, dass interaktive Machinimas erst dann einen Aufschwung erleben, wenn ein einfach
zu bedienendes System zur Produktion nichtlinearer Handlungen von der
Spielindustrie zur Verfügung steht.
5.3
Analyse des Live-Machinima Beispiels – Ein
kleines Puppenspiel
Die Analyse dieses Beispiels findet in mehreren Bereichen statt. Neben der
Handlungsrealität und dem visuellen Stil soll daher auf die Art der Interaktion mit dem Werk eingegangen werden, sowie den dahinter liegenden
technischen Lösungen. Auf diese Weise soll ermittelt werden, wie weit sich
Machinima von ihren Ursprüngen entwickelt hat und welche weitere mögliche Evolution diesem Genre bevorsteht.
Auf die Handlung soll in diesem Beispiel lediglich kurz in Abschnitt
Handlungsrealität eingegangen werden. Eine genaue Abhandlung über die
Narration befindet sich in [12].
Allgemeine Informationen sind in Tabelle 5.8 zu finden.
5. Analyse von Machinima-Beispielen
66
Tabelle 5.8: Allgemeine Informationen zu Ein kleines Puppenspiel.
Name
Typ
Länge
Ein kleines Puppenspiel
Outside-In
ca. 8’00”
Vorführungsjahr
Autor(en)
5.3.1
2008
Friedrich Kirschner
Musik
Sebastian Zangar, Jacob Korn
Spiel
Unreal Tournament 2004
Analyse
Handlungsrealität
Am Anfang sieht man eine fragile, humanoide Figur, die zu einem Tisch geht.
Dort hebt sie einen Löffel auf und isst aus dem Teller. Sobald sie fertig ist,
verlässt sie den Raum und betritt einen anderen, in dem sich eine Maschine
mit großen Zahnrädern und zwei Hebeln befindet. Die Figur geht zu den
Hebeln und fängt an, sie zu bedienen. In diesem Moment wird die Stadt, die
man aus Person2184 kennt, gezeigt. Die Häuserfronten sind schwarz-weiß,
auf denen sich Displays mit dem Video der rothaarigen Frau befinden. Man
sieht mehrere, der ersten ähnliche Figuren, die durch die Stadt gehen. Eine
jedoch steht an einem Fleck und und bewegt ihre Arme und scheint sich
umzusehen. Die erste Figur betätigt die Hebel noch immer. Plötzlich lösen
sich alle durch die Stadt gehenden Figuren in Staub auf und fliegen durch die
Luft. Die stehende Figur sieht dabei zu. Die Maschine und der Raum, in dem
sich diese befindet, löst sich ebenfalls auf, nur die Figur bleibt verschont. Die
in der Stadt stehende Figur fällt plötzlich um und die Vorführung endet.
Interaktion und Technische Umsetzung
Die Interaktion mit dem Werk liegt primär bei den Aufführern, wobei vier
Personen notwendig sind. Eine Person steuert die erste Figur mit einem
aus Gametrak-Controllern gebauten Marionettenkreuz und einem WiiMoteController, eine Person steuert die zweite Figur durch einen selbstgebauten Motion-Capture Anzug, eine Person bedient die Kamera und macht den
Schnitt, und die vierte Person spielt während der Aufführung die Musik und
mischt den Ton ab. Die Zuschauer haben im Grunde keinen Einfluss auf die
Vorführung, jedoch dürfen sie nach dieser die Machinima selbst ausprobieren, wie es bei der Aufführung bei CyNet Art in Dresden war.
Dieses Stück wurde mit der Unreal Tournament 2004 Modifikation Moviesandbox erstellt.
5. Analyse von Machinima-Beispielen
67
Moviesandbox
Kirschners Modifikation zur Erstellung jedlicher Art von Machinimas verdient aufgrund ihrer Möglichkeiten besondere Aufmerksamkeit und soll in
diesem Abschnitt kurz näher beleuchtet werden.
Moviesandbox ist ein auf Unreal Tournament 2004 basierendes Werkzeug
zur Erstellung von Machinima-Filmen. Die Produktion basiert jedoch nicht
auf einer Zeitleiste, sondern auf einem knotenbasierten System zur verbindung von Elementen. Dadurch, dass Moviesandbox eine Modifikation ist, hat
der Benutzer Zugriff auf jegliche Ressourcen des Spiels, er kann jedoch ebenfalls eigene Assets mit diesem Werkzeug erstellen. Weiters ist es möglich,
diese Modifikation durch eigene Programme zu erweitern oder zu ändern.
Eine neuere Version dieses Programms basiert auf C++ und OpenGL und
ist somit von Unreal Tournament 2004 völlig unabhängig. Beide Versionen
sind frei erhältlich.
Die eigenen Assets werden mittels einer auf Voxeln basierenden Technik
gemalt. So bestehen die Umgebungen und Charaktere aus verschiedenfarbigen Punktwolken, wobei die Punkte unterschiedliche größen haben können.
Diese Tatsache bestimmt grundlegend den visuellen Stil und ist in Kirschner’s neueren Produktionen deutlich sichtbar.
Neben der Moviesandbox hat Kirschner vier externe Programme geschrieben, die mit dieser kommunizieren [13]:
Audio Tool. Dieses Programm dient zur Analyse der Tonwellen in einer
Wave-Datei, oder dem Eingangssignal eines Mikrofons. Es werden mouthopen Befehle an die Moviesandbox für einen Charakter geschickt. Dies
hat zur Folge, dass der Charakter, dem Ton entsprechend, in Echtzeit
seinen Mund auf- und zumacht und so ein gewisser Grad an Lippensynchronität gewährleistet ist und eignet sich so für Live-Aufführungen.
Multi HID Input. Dieses Werkzeug dient zur Kommunikation zwischen
Moviesandbox und verschiedenen Eingabegeräten wie Gamepads, dem
bewegungssensitiven WiiMote-Controller für die Konsole Nintendo Wii,
oder dem schon erwähnten Gametrak-Controller.
Tracer. Dieses Programm wird dazu verwendet, um Bilder in Voxel umzuwandeln. Benötigt sind ein Bild mit Farbinformation und eines mit der
Höheninformation.
Milkscanner. Dieses Werkzeug erlaubt es, die Höheninformation echter
Objekte mit Hilfe einer Webcam zu ermitteln. Das Objekt muss in eine kontrastreiche Flüssigkeit eingelegt werden, beispielsweise in Milch
oder dunklem Essig, und man muss pro Bild immer mehr Flüssigkeit
dazugeben, bis das Objekt völlig eingetaucht ist. Die aus den fotografierten Schichten erhaltene Höheninformation kann nachher mit dem
5. Analyse von Machinima-Beispielen
68
Abbildung 5.3: Gametrak-Controller, aus [12, S. 13].
Tracer -Programm verwendet werden, um eine voxelbasierte Abbildung
des Objekts zu erzielen.
Kirschners Ziel ist es, auf teure Software und Hardware zu verzichten, um
Filme oder Installationen zu realisieren, und Moviesandbox und die zusätzlichen Programme ermöglichen diese Realisierung mit handelsüblichen und
kostengünstigen Produkten. Es sind keine teuren Motion-Tracking Systeme
notwendig.
Eingabegeräte
Gametrak : Gametrak ist ein Eingabegerät, das im Jahr 2004 von der
Firma In2Games veröffentlicht wurde. Es eignet sich beispielsweise für das
Kampfspiel Dark Wind oder das Golfspiel Real World Golf für die Playstation 2. Es besteht aus einem Gehäuse, in dem zwei ausziehbare Schnüre
befestigt sind. Mit diesen Schnüren lassen sich Länge und Winkel mittels
Potentiometern ablesen (siehe Abbildung 5.3). Kirschner verwendete zwei
dieser Geräte, um das digitale Marionettenkreuz für die erste Figur zu realisieren [12, S. 13].
WiiMote: WiiMote ist der kabellose Controller, der gemeinsam mit der
Konsole Nintendo Wii veröffentlicht wurde. Es hat mehrere Knöpfe und
einen 3-Achsen-Beschleunigungs- sowie Infrarotsensor, mit dem sich Position und Bewegungen im Raum aufzeichnen und für ein Spiel verwenden
5. Analyse von Machinima-Beispielen
69
Abbildung 5.4: Motion-Capture Anzug, aus [12, S. 22].
lassen. Kirschner verwendete den WiiMote-Controller, um die Rotation des
Kopfes der ersten Figur zu steuern [12, S. 13].
Motion-Capture Anzug: Für die zweite Figur wurde ein Motion-Capture
Anzug für diese Machinima von Mika Satomi und Hannah Perner Wilson angefertigt. Es verwendet den Arduino Micro-Controller und biegsame Touchpad-Sensoren, um die Bewegung zu erfassen (siehe Abbildung 5.4). Je nach
Biegung fließt mehr oder weniger Strom zum Micro-Controller, womit der
Grad der Rotation der Arme der zweiten Figur ausgewertet wird [12, S. 21].
Gestaltung
Durch die voxelbasierte Grafik von Moviesandbox hat diese Machinima einen
eigenen visuellen Stil, wobei Unreal Tournament 2004 nicht mehr zu erkennen ist. Die Figuren, die mit Tracer und Milkscanner angefertigt wurden,
wirken sehr fragil. Dies wird duch die Kameraführung, die regelmäßig ruckt
und flimmert, sowie die Bewegungen der Figuren, die auf Grund der Handhabung der Eingabegeräte sehr unsicher und zappelnd aussehen, unterstützt.
Die Fragilität der Figuren wird in dem Stück bewusst eingesetzt, als sich die
Figuren und der Maschinenraum in die einzelnen Voxel auflösen und durch
die Luft wirbeln. Das einzig stabile Element scheint die Stadt zu sein.
Die Leinwand ist jedoch nicht das einzige Element der Bühnenaufführung.
5. Analyse von Machinima-Beispielen
70
Ivana Kalc, die Person, welche über den Motion-Capture Anzug die zweite
Figur steuert, bewegt sich auf der Bühne in einer Art Tanz zur Musik. Dadurch, dass am Anzug lange Kabel befestigt sind, entsteht die Wirkung, als
ob die Rollen der Tänzerin und der virtuellen Figur vertauscht wären – die
Tänzerin erweckt den Eindruck, als wäre sie die Marionette und sich nach
den Vorgaben der Figur bewegen würde.
5.3.2
Live-Beispiel – Schlussfolgerungen und Ausblick
Vergleicht man Ein kleines Puppenspiel mit einer linearen Inside-Out Machinima aus den Anfängen dieses Genres, wie beispielsweise Diary of a Camper,
so sieht man die Entwicklung und das Potential von Machinima deutlich. Neben Interaktion ist die Nutzung neuer Eingabegeräte und die Entwicklung
eines eigenen, neuen visuellen Stils möglich, was Machinima zu mehr als dem
Erstellen von Filmen in einer virtuellen 3D-Echtzeit-Umgebung macht. Lineare Inside-Out Machinimas, die als Medienwechsel von Computerspiel zum
Film gesehen werden können [4, S. 29–44], berauben das Spiel eines seiner
Kernelemente, nämlich der Interaktivität. Live-Machinimas hingegen bauen
auf dieser auf, wobei sie zum Gegenstand von Untersuchungen und Auseinandersetzungen wird. Es findet weiters ein Spieltypwechsel statt. Anstatt
sich von Regeln eines ludus-Spiels binden zu lassen, sind Live-Machinimas
ein gutes Beispiel für die Basis der Erforschung des paidia-Spieltyps, deren
Grenzen im Prinzip die Kreativität und Fantasie der Spielenden darstellen.
Diesen Zustand sieht man an der Erweiterung von Computerspielen mit eigenen Programmen, der Anbindung an traditionelle Schauspiele wie Theater
oder Marionettenspiele, und an der Auseinandersetzung mit der Natur der
Computerspiele selbst und deren Hinterfragung. Es werden, wie die Definition von paidia es vorgibt, und im Speziellen der Ilinx -Typ, verschiedene
Möglichkeiten und Wege ausprobiert, mit Computerspielen umzugehen und
diese in ihre Einzelteile zu dekonstruieren und neu zu konfigurieren. Hierbei
scheint der Prozess des Erstellens von Live-Machinimas im Vordergrund zu
stehen, der im Grunde das Ilinx -Spiel ist, als die Ausstellung des Endresultats selbst. Im Falle von Ein kleines Puppenspiel, aber auch nybble-enginetoolZ, findet die Produktion der Machinima auch während der Ausstellung
statt – hierbei werden die Elemente der Echtzeit und der Interaktivität zum
essentiellen Bestandteil des Werkes, aber dienen ebenfalls zur Betonung des
nicht vollends Erfahrbaren, wie Gerrards Werke es zeigen.
Was die zukünftige Entwicklung dieses Genres betrifft, so gibt es immer mehr Live-Aufführungen und vor allem interaktive Installationen, die
Game-Engines benützen. Einer der Gründe für das Wachstum dieses Genres
sind die steigenden Kapazitäten von Computern und die damit verbundene Entwicklung von aufwändigen Game-Engines, die einerseits ein breiteres
Spektrum an visuellen Stilen darstellen können, andererseits erweiterbar und
konfigurierbar sind. Weitere technische Möglichkeiten bieten neue alternati-
5. Analyse von Machinima-Beispielen
71
ve Eingabegeräte wie Gametrak oder WiiMote. Jedoch einer der wichtigsten
Gründe ist die Erkenntnis der Künstler und Architekten dieser Werke, dass
Computerspiele eine immer größere Präsenz in der Medienwelt aufweisen und
nicht mehr auf eine kleine Zielgruppe ausgerichtet sind. Computerspiele bieten immer bessere Möglichkeiten, Geschichten zu erzählen, und eignen sich
für neue Ausdrucksformen. Live-Machinima scheint eine Form der intensiven
Auseinandersetzung mit dem Medium Computerspiel zu sein, und es lässt
sich so eine Parallele zur Entwicklung und dem Experimentieren mit dem
Medium Film am Anfang des 20. Jahrhunderts sehen [21, S. 65–66]. Durch
verschiedene Festivals und Messen sind Vertreter sowohl der Film- als auch
Computerspielindustrie auf Machinima aufmerksam geworden, und es kann
ein künstlerischer und technischer Austausch stattfinden, der Einfluss auf
jeden Bereich haben kann.
Es ist nicht möglich, vorauszusagen, in welche Richtung die Entwicklung
von Live-Machinimas gehen wird, jedoch ist klar, dass Computerspiele nicht
nur inhaltlich, sondern auch formell Einfluss auf diese haben und durch die
starke mediale Präsenz Thema einer künstlerischen Auseinandersetzung sind.
Kapitel 6
Schlusswort
Das Ziel dieser Arbeit war es, die zukünftige Entwicklung von Machinima zu
untersuchen. Hierfür wurde die aktuelle Entwicklung dieser kreativen Form
untersucht, und es wurde zwischen drei Genres unterschieden: der linearen
Machinima, der interaktiven Machinima und Live-Machinima.
Im Falle der linearen Machinima wurde zwischen Outside-In und InsideOut Typen unterschieden, und der Stellenwert dieses Genres für Industrie,
den Amateur- und Kunstbereich untersucht. Es wurde ebenfalls erörtert,
welche Position lineare Machinima in der Medienlandschaft einnimmt. Anhand dieser Untersuchungen wurden vier Machinima-Beispiele analysiert
und Schlussfolgerungen gezogen, in welcher Richtung sich diese Form weiterentwickeln wird. Im Falle von Outside-In Machinimas, die Computerspiele
im Grunde lediglich als Render-Engine benutzen, wird die Bezeichnung Machinima irrelevant, da eines der Ziele der Animationsindustrie darin besteht,
schnellstmögliche – und in diesem Sinne echtzeitfähige – Renderer zu entwickeln und laut Marino der technische Fortschritt dies in Zukunft ermöglichen
und somit kein Unterschied zwischen linearer Machinima und 3D-Animation
bestehen wird [16, S. 11]. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Industrie die
neue Technologie Machinima nennen wird, auch wenn echtzeitfähige Renderer entwickelt werden, da sich die Begriffe 3D-Animation und CG-Animation
bereits etabliert haben und weiterhin gültig sein werden. Im Falle des InsideOut Typs, der im Prinzip eine Form des Textual Poachings ist, und zu dem
Filme, die sich auf die darunterliegenden Computerspiele beziehen und diese
häufig parodieren, gehören, ist es wiederum sehr wahrscheinlich, dass der
Name bestehen bleibt. Acar hat Zweifel geäußert, dass, aufgrund der nach
den Computerspielen getrennten Machinima-Bewegung, diese aufhören wird
zu existieren [14, S. 25–27], doch betrachtet man die analysierten Inside-Out
Beispiele, so sieht man, dass seit zwölf Jahren die Fans der Spiele einerseits
diese Filme gerne sehen und andererseits sie gerne produzieren. Es ist jedoch
zu bezweifeln, dass sich dieses Genre selbständig weiterentwickeln wird. Die
behandelten Computerspiele sind untrennbare Kernelemente dieser Machini-
72
6. Schlusswort
73
mas und das Ziel ist die Unterhaltung und das Amüsement der Fans, jedoch
nicht mehr.
Da es sehr wenige Machinimas mit interaktiver Narration gibt, wurde
das Thema aus einer theoretischen Sicht betrachtet und das Potential dieses
Genres untersucht, wobei Anlehnung in Murrays [21] und Ryans [26] Abhandlungen über Narration in virtuellen Umgebungen und Hartmanns [4],
Huizingas [5] und Adams [1] Arbeiten im Bereich der Spieltheorie gefunden
wurden. Um jedoch den interaktiven Typ von Machinima von Computerspielen zu unterscheiden, wurde der paidia-Spieltyp vorgeschlagen. Dieser würde
eine nicht-wettbewerbsorientierte Spielart mit der Narration ermöglichen, in
dem es gilt, verschiedene Möglichkeiten und Pfade der Geschichte auszuprobieren. Die existierenden interaktiven Machinimas sind jedoch sehr kurz und
nicht tiefgründig und vermitteln dadurch das Gefühl eines ludus-Spieltyps.
Weiters wird die Interaktions- und Echtzeitfähigkeit der Game-Engines nicht
genutzt, sondern auf einfachere und bekanntere Mittel wie HTML oder Flash
zurückgegriffen. Dies schränkt die Entwicklung der Interaktivität stark ein,
wie aus dem Analysebeispiel Lord of the Rings: Gandalf ’s Lost Precious ersichtlich ist. Es ist in diesem Fall unmöglich, eine Aussage über die zukünftige Entwicklung dieses Genres zu treffen, da die Computerspielindustrie
selbst noch kein System entwickelt hat, das die starke Interaktivität zur Generierung von nichtlinearer Narration verwendet. Der Einsatz dieser ist jedoch wichtig, um interaktive Machinima von interaktiver Narration wie The
Afternoon abzugrenzen. Das bereits erläuterte, interaktive Drama Façade
scheint in diesem Fall wegweisend zu sein und eine weitere Erforschung der
Interaktivität in dieser Richtung wäre wünschenswert. Anhand der Machinima-Beispiele, die tatsächlich als interaktive Machinimas bezeichnet werden,
ist eine Entwicklung in dieser Richtung jedoch nicht feststellbar.
Das letzte Genre wurde in zwei Kategorien eingeteilt: in Live-ShowMachinimas und Live-Machinimas, wobei die erste kabarettartige Bühnenauftritte wie Larry und Lenny: Common Sense Cooking bedeutet und die
zweite interaktive Installationen und digitale Puppentheater beinhaltet. Der
Schwerpunkt in dieser Arbeit liegt in der zweiten Kategorie, und so wurde
auch das Puppenspiel von Kirschner analysiert. Es wurde festgestellt, dass
diese Form von Machinima eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem
Medium Computerspiel ist. Es werden sowohl die inhaltlichen als auch die
formellen Aspekte von Computerspielen in den Werken behandelt, indem sie
in ihre Einzelteile zerlegt und wieder neu angeordnet werden. So wird aus
einem FPS ein intuitives Puppenspiel, und aus einem Deathmatch eine pazifistische Aktion und Visualisierung aus der Perspektive des Computers. Das
Computerspiel hat durch die immer größere mediale Präsenz Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sodass es sich nicht nur als Untersuchungsobjekt für
soziologische Studien eignet, sondern auch als Objekt und Thema der Kunst.
Aufgrund der Tatsache, dass das Potential von Computerspielen noch nicht
vollständig erforscht worden ist [21, S. 28], ist es sehr wahrscheinlich, dass
6. Schlusswort
74
diese Form von Machinima sich ebenfalls mit den Computerspielen weiterentwickeln und Möglichkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit diesen
bieten wird.
Die in Kapitel 2 vorgestellte Definition von Machinima ist nicht mehr aktuell. Machinima kann den untersuchten Genres nach eine 3D-Animation, ein
Mittel zur mehr oder weniger amateurhaften Darstellung von Fan-Fiction,
eine interaktive Geschichte, ein Bühnenauftritt, ein Puppenspiel oder eine
interaktive Installation sein. Machinima ist aber kein Medium, sondern ein
Teil der Medien Film und Computerspiel, und ein Mittel zur spielerischen,
aber auch kritischen und künstlerischen Auseinandersetzung mit den Medien Computerspiel und Film beziehungsweise 3D-Animation. Es ist ebenfalls
ersichtlich, dass je nach Genre die Entwicklung von Machinima aufgrund unterschiedlicher Motivationen verschieden verläuft und somit keine allgemeine
Voraussage für die zukünftige Entwicklung getroffen werden kann. Den aus
den Analysen rückgeschlossenen Tendenzen nach lässt sich jedoch behaupten, dass Machinima nicht in jeder Form aufhören wird zu existieren, wie
Acar behauptet. Es ergibt allerdings keinen Sinn, Machinima als eine alternative Produktionsform von 3D-Animationen zu definieren, da zum einen in
Zukunft ohnehin kein Unterschied zwischen den beiden bestehen wird, und
zum anderen sich Machinima über diese Definition hinaus weiterentwickelt
hat. Weiters wird in der Fan-Szene im Falle von Inside-Out Produktionen
stark zwischen den Computerspielen unterschieden, weshalb Bezeichnungen
wie Quake- oder WarCraft-Movies zutreffender sind als ein allgemeiner Terminus und zugleich keine Verwirrung durch Behauptungen entsteht, dass
Machinima unter der jetzigen Definition ein eigenes Medium sei [16, S. 3].
In Anbetracht dessen, dass viele Live-Aufführungen und Installationen, die
virtuelle Echtzeit-3D-Umgebungen einsetzen, ebenfalls Machinima genannt
werden, wird zum Abschluss eine neue Definition vorgeschlagen:
Machinima are realtime-3D-augmented, interactive performances and installations.
Diese Bezeichnung entspricht vor allem der Definition von Live-Machinima. Da die Aufführungen nicht ausschließlich aus den von der Engine gelieferten Bildern bestehen, sondern eine Vermischung der Medien vorliegt, wurde bewusst das Wort augmented gewählt, um zu betonen, dass die Echtzeit3D-Bilder lediglich einen Teil des Werkes darstellen. So sind zum Beispiel die
Tänzerin auf der Bühne in Kirschners Ein kleines Puppenspiel oder der Installationsraum in Jahrmanns und Moswitzers DanceMachine ebenfalls ein
integraler Teil des Gesamtkonzeptes. Die Bezeichnung Machinima, die aus
den Wörtern machine, cinema und animation besteht und somit die ursrprüngliche Definition andeutet, sollte aber beibehalten werden, um an die
Herkunft dieser neuen Kunstform zu erinnern.
Anhang A
Transkriptionen
A.1
Apocalypsis Ex Machina
Die Transkription ist auf den nächsten fünf Seiten zu finden.
75
Einst.
Abbildung
Startzeit Seq. Teil
Beschreibung
0’00’’
2
0’13’’
Es ist ein größerer ausschnitt der Menschengruppe zu sehen. Es wird
erkennbar, das sie sich in einem dunklen Raum befindet. Der Ton, die
Farben und das Licht ändern sind wie in Einst. 1. Die Kamera folgt
langsam der Menschengruppe.
0’20’’
4
0’24’’
5
0’29’’
6
0’32’’
Es ist ein anderer Ausschnitt des Raumes zu sehen, die Menschen
sind außer Sicht. Es gibt gibt keinen Boden, es sind aber Säulen und
eine schmutzige Rinne zu sehen. Ton, Farbe und Beleuchtung sind
wie in Einst. 1 und 2. Die Kamera fährt langsam von links nach
rechts.
1. Introduktion
3
1. Einführung in das Universum durch langsame Kamerafahrten
1
Die Menschen, dargestellt als flache Abbildungen, bewegen sich in der
Gruppe. Es ist ein ruhiger Chorgesang zu hören, neben Wassertropfen
und athmospärischem Klang. Die Farben sind dunkel und in einem
eintönigen braun und gelb gehalten, das Licht ist schwach. Die
Kamera bewegt sich langsam nach rechts.
Ein weiterer Ausschnitt des Raumes wird dargestellt, man sieht die
untere Hälfte einer Statue, im Hintergrund befindet sich eine weitere.
Der Chor singt weiter, die Farben sind eintönig, die Beleuchtung ist
jedoch heller. Die Kamera bewegt sich langsam von unten nach oben.
Es ist ein Ausschnitt eines dunklen Kirchenfensters zu sehen. Der
Ton und die Musik ändern sich nicht, die Farbe und die Beleuchtung
sind nach wie vor eintönig und schwach. Die Kamera bewegt sich
langsam von oben nach unten.
Die obere Hälfte einer weiblichen Statue, die mit Diademen
geschmückt ist, wird dargestellt. Das Licht ist hell und ähnelt
Sonnenlicht. Die Kamera bewegt sich langsam von links nach rechts.
0’38’’
8
0’45’’
Die Titel werden eingeblendet: Name des Animation, Author,
Komponist, Name der Hochschule und das Jahr. Den Hintergrund
stellt ein schmutziges, altes Stück Pergament dar. Eine bedrohliche,
dunkle Orchestermusik begleitet das Bild.
2. Titel
7
Es ist wieder die Menschengruppe zu sehen. Man hört einen dumpfen,
verzerrten Schrei, der immer lauter wird. Die Kamera bewegt sich
langsam in die Tiefe. Am Ende leuchtet eine dünne Säule auf und
eine Lichtquelle fliegt nach oben, von einem dumpfen, lauten Ton
begleitet.
1’21’’
Es ist ein Auschnitt eines Uhrwerks zu sehen. Die Lichtquelle aus
Einst. 7 schießt ins Uhrwerk, was das Aufleuchten von bunt bemalten
Lämpchen und schließlich des Zeigers zur Folge hat. Der Zeiger
rotiert und bleibt über einer Tafel stehen, auf der eine römische Eins
aufleuchtet. Die Musik ist angespannt, surreale Töne markieren das
Aufleuchten der Lämpchen.
10
1’30’’
Kamerafahrt von oben nach unten, entlang eines hohen, gotischen
Kirchenfensters. Das Fenster leuchtet mit einem, kurzen, verzerrten
Chorgesang gelb auf, das Bild von einem Reiter ist zu sehen. Unter
dem Fenster befindet sich die Rinne, aus dem eine rot-orange, grelle
Flüssigkeit zu fließen beginnt. Die Orchestermusik ist schnell und
dramatisch.
11
1’36’’
Es ist zu sehen, dass die Flüssigkeit auf die Menschengruppe spritzt
und sich langsam auf dem Boden sammelt. Die Menschen bewegen
sich ein wenig schneller. Die Kamera fährt langsam in Richtung des
Flüssigkeitsstrahls.
9
Einst.
Abbildung
Startzeit Seq. Teil
Beschreibung
Es ist wieder der Zeiger mit dem Abbild eines Lamms zu sehen. Der
Zeiger rotiert und bleibt über der Tafel mit einer römischen Zwei
stehen, die ebenfalls aufleuchtet. Die Kamera fährt langsam in
Richtung der Tafel.
1’40’’
13
1’43’’
14
1’45’’
Ein kleiner Ausschnitt eines weiteren Fensters ist zu sehen, das grün
Aufleuchtet. Kurz davor ist das Geräusch der aufleuchtenden Tafel
zu hören. Auf dem Fenster ist ein Abbild eines weiteren Reiters. Die
Kamera bewegt sich langsam auf das Fenster zu
15
1’47’’
Ein weiteres Fenster leuchtet auf, jedoch in violetter Farbe. Ein
weiterer Reiter ist zu sehen, begleitet von mehreren Figuren. Die
Kamera bewegt sich langsam von unten auf das Fenster zu.
16
1’51’’
Es wird die Menschengruppe gezeigt, und es ist sichtbar, dass vier
Strahlen der grellen, orangen Flüssigkeit auf die Menschen fallen. Der
Raum hat sich mit der Flüssigkeit mehr angefüllt, die Menschen
bewegen sich schneller im Kreis. Die Musik verlangsamt sich, wird
jedoch dramatischer. Die Kamera fährt langsam in das Rauminnere.
17
1’58’’
2’09’’
20
2’21’’
2’25’’
22
2’30’’
Der Zeiger wird wieder gezeigt; er rotiert und bleibt über einer Tafel
mit einer römischen Fünf stehen. Die Kamera folgt dem Zeiger in der
runden Bewegung, die Tafel ist groß im Bild.
Es sind viele Fresken zu sehen, alle mit dem gleichen Bild von vielen
Figuren. Die Figuren leuchten, vom verzerrten Chor begleitet, grell
auf. Die Kamera rotiert mehrmals um die eigene Achse und zeigt,
dass die Fresken sich auf allen Wänden eines runden Raumes
befinden.
Es ist ein großer Ausschnitt des Uhrwerks zu sehen. Der Zeiger
rotiert auf die Tafel mit einer römischen Sechs, die aufleuchtet.
Daraufhin ändert sich die Beleuchtung in ein rötliches Orange, die
Kamera fängt an zu zittern (und zittert bis zum Schluss des Films),
begleitet von einem tiefen Grollen. Staub fällt von den Wänden. Eine
Knabenstimme singt kurz auf.
Die Statue eines bärtigen Mannes ist zu sehen, der in den Händen ein
Buch hält. Die Augen und die Schrift im Buch leuchten gelb. Staub
fällt von den Wänden, begleitet von einem tiefen Grollen.
Einstellung ist identisch zu Einst. 19. Der zeiger fährt auf die letzte
Tafel, und es leuchtet eine römische Sieben auf. Während der Zeiger
rotiert, drehen sich die Kreise im Inneren Uhrwerks. Auf den bunten
Lämpchen sind Malereien von Ikonen zu sehen.
6. Die siebe
21
5. Das große Beben
19
Es ist zu erkennen, dass neben dem gelben, leuchtenden Fenster sich
ein weiteres befindet, das orange aufleuchtet. Aus der sich darunter
befindenden Rinne fließt Flüssigkeit heraus. Langsame Kamerafahrt
unterhalb der Fenster.
2. Die sieben Siegel
2’03’’
4. Die Märtyrer
18
3. Die vier Reiter
12
Einstellung unterhalb des Uhrwerks; aus der Seite fahren Sarkophagähnliche Behälter, aus denen wiederum Statuen von Engeln mit
Posaunen nach unten fahren. Die Augen der Engel leuchten.
Abbildung
Startzeit Seq. Teil
2’34’’
24
2’37’’
25
2’41’’
26
2’46’’
2’54’’
28
3’00’’
29
3’04’’
30
3’08’’
3’16’’
32
3’23’’
33
3’26’’
9. Die 7 Engel mit den Schalen des Zo 10. Erklärung
31
8. Der Drache und das Tier
27
Beschreibung
Weitere Einstellung unterhalb des Uhrwerks; aus den Posaunen fließt
die schon bekannte, orange Flüssigkeit nach unten.
Noch eine Einstellung, die die Engel und das Uhrwerk zeigt. Aus den
Posaunen fließt unaufhörlich die Flüssigkeit.
Es wird die Menschengruppe gezeigt; es ist klar sichtbar dass sich die
Menschen geschlossen in der Gruppe schnell im Kreis bewegen.
Immer mehr Flüssigkeit fällt auf die Menschen.
7. Aktivierung des Himmels
23
en Engel mit den Posaunen
Einst.
Man sieht das Uhrwerk mit den Engeln; ein lautes Zischen und
Knarren ist zu hören, und die ganze Konstruktion bewegt sich
langsam nach unten.
Die Kamera zeigt das Uhrwerk direkt von unten, wie es sich langsam
auf den Zuschauer zubewegt. Während der Fahrt drehen sich die
Scheiben konstant in unterschiedliche Richtungen. Der Zeiger und die
Tafeln bewegen sich jedoch nicht mit.
Man sieht wieder die Menschengruppe. Die Wände in den Arkaden
fahren nach innen, drehen sich um 180 Grad und fahren wieder an
ihren Platz zurück. And den Wänden sind jetzt aber Köpfe von
Wasserspeiern zu sehen.
Nahaufnahme eines Wasserspeiers, aus dessen Maul die grelle, orange
Flüssigkeit auf die Menschen rinnt. Die Knabenstimme singt wieder
auf, die Musik ist ruhiger.
Aus der Mitte des überfluteten Bodens tut sich eine kreisförmige
Öffnung auf, aus der ein siebenköpfiger Wasserspeier nach oben fährt.
Die Kamera folgt mit einem Schwenk dieser Statue.
Einer der Engel mit den Posaunen ist im Bild. Neben ihm fahren zwei
Sarkophag-ähnliche Behälter nach außen, aus denen zwei
Engelsstatuen mit Schalen herausfahren und die Position neben ihm
einnehmen. Neben der orchestralischen Musik ist nun ein lauter,
dramatischer Chor zu hören.
Wechsel der Perspektive auf das Uhrwerk und alle Engelsstatuen.
Aus den Schalen beginnt die Flüssigkeit zu rinnen.
Die Einstellung fängt mit der Darstellung der Menschen und der
Wasserspeier an. Die Kamera schwenkt nach oben und die
Kirchenfenster und das sich nach unten bewegende Uhrwerk sind zu
sehen. In diesem Moment werden die räumlichen Verhältnisse
aufgeklärt.
Abbildung
Startzeit Seq. Teil
g der räumlichen Verhältnisse
Einst.
Beschreibung
Einstellung aus der Perspektive des herabfahrenden Uhrwerks. Die
Kamera bewegt sich langsam auf den Boden zu, die
Flüssigkeitsstrahlen der Engel bilden eine tunnelartiges Muster.
Feuriges Orange dominiert das Bild.
34
3’32’’
35
3’34’’
36
3’36’’
37
3’37’’
38
3’37’’
39
3’38’’
Die Figuren im violetten Kirchenfenster sind im Detail zu sehen. Es
sind Skelette nach dem Motiv des Danse Macabre .
40
3’40’’
Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 35, wobei das
Uhrwerk sich dem Boden deutlich genähert hat.
41
3’42’’
42
3’43’’
43
3’45’’
44
3’46’’
Noch eine Einstellung, in der die räumliche Beziehung zwischen dem
Uhrwerk und der Menschengruppe erklärt wird. Die Menschen sind
nur am unteren Rand in Ausschnitten zu sehen.
Man sieht die Statue des bärtigen Mannes, die Kamera ist über der
rechten Schulter der Statue positioniert. Die Kamera bebt stark, die
Musik und der Chor sind immer dramatischer.
3. Der Himmel fährt auf die Erde
Die Menschen und die Wasserspeier sind in dieser Einstellung zu
sehen, wobei sie von den Flüssigkeitsmassen teilweise verschleiert und
verzerrt werden.
Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 31.
11. Aufbau zum Höhepunkt durch immer schnellere Schnitte
Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 32.
Es ist einer der an den Wänden befestigten Wasserspeier, diesmal, im
Gegensatz zu Einst. 29, von der Seite gezeigt.
Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 34, wobei der
Boden und der siebenköpfige Wasserspeier näher sind.
Die Kamera blickt von einer Wand des Raumes aus auf die
Menschengruppe und die Wasserspeier, ein wenig höher als die Köpfe
der Menschen sich befindend. Man sieht hier jedoch schon das
Uhrwerk und die Engel, die beinahe am Boden angelangt sind.
Einst.
Abbildung
Startzeit Seq. Teil
Beschreibung
45
3’48’’
Die weibliche Statue aus Einst. 6 ist im Bild, diesmal jedoch von
schräg unten gezeigt. Man sieht, dass die Figur in der Hand einen
goldenen Kelch hält, aus dem die Flüssigkeit rinnt. Die Augen und
die Juwelen auf den Diademen leuchten.
46
3’50’’
Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 35 und 40, das
Uhrwerk ist schon erdrückend nahe. Die Musik und der Chor werden
immer dramatischer.
47
3’52’’
Eine Nahaufnahme eines der Fresken. Man sieht die Figuren genauer,
die Gewänder leuchten grell.
48
3’53’’
Man sieht den oberen Teil des gelb leuchtenden Kirchenfensters, die
Einstellung ist der in Einst. 5 ähnlich
3’54’’
12. Höhepunkt
50
4’06’’
13. Titel
4. Titel
49
Die Wiederholung der Kameraeinstellung in Einst. 35, 40 und 46; das
Uhrwerk kommt am Boden an, die Szene überstrahlt in weiß, wobei
die Musik und der Chor mit einem surrealen, verzerrten Ton und
Nachhall ausklingt. Die Einstellung blendet auf Schwarz.
Die Wiederholung der in Einst. 8 gezeigten Tafel der Hochschule.
A.2
Person2184
Die Transkription ist auf den nächsten zwei Seiten zu finden.
81
Einst.
Abbildung
Startzeit
Beschreibung
1
Es wird eine Straße gezeigt, man sieht einige Menschen vorbeigehen.
0’00’’ Die Sicht ist durch ein transparentes Display verschleiert. Die
Kamera fährt nach oben.
2
Es ist ein größerer Ausschnitt der Stadt zu sehen. Einige Menschen
gehen vorbei. An einer Hausecke ist ein großes Display angebracht,
0’11’’ auf dem ein Video einer halbnackten, rothaarigen Frau abgespielt
wird. Die Kamera fährt nach oben und schwenkt gleichzeitig nach
rechts in eine Seitenstraße.
3
Einige Menschen gehen auf dem Gehsteig der Straße. Eine
0’15’’ vermummte Frau geht der Kamera entgegen, die seitlich nach links
auf die Straße fährt.
4
Die Kamera verfolgt die Frau seitlich durch die Straße. Einige
0’22’’ Elemente des Bildes sind transparent, der Hintergrund ist schwer zu
erkennen.
5
Die Frau bleibt unter einer rot leuchtenden Reklametafel stehen und
sieht sich um. Transparente Elemente lassen das Bild verwirrend
0’27’’
aussehen. Die Werbungen und die Frau jedoch sind klar zu erkennen.
Die Kamera ist statisch.
6
Die Kamera schwenkt an eine Kreuzung. Die Frau ist wieder im Bild
0’32’’ zu sehen, sowie einige Gebäude und, im Gegensatz zu der Stadt, klar
erkennbare Werbetafeln.
7
Die Kamera schwenkt wieder an den Platz aus Einstellung 2. Die
0’35’’ Werbung mit der rothaarigen Frau läuft noch immer, einige
Menschen gehen vorbei.
8
Es ist ein Gebäude zu sehen. Links und rechts erkennt man leicht
0’40’’ Werbungen, deren Position im Raum jedoch schwer zu erkennen. Die
Kamera ist statisch.
9
Man sieht eine Straße und zwei Gebäude, die jedoch verschwommen
0’45’’ wirken. Es scheint, als ob die transparenten Werbungen das Bild
überlagern würden.
10
Die Kamera fährt von oben auf eine Straße herunter, rechts im bild
0’50’’ sind einige Transparente U-Bahn Zeichen zu sehen, in deren Richtung
die vermummte Frau geht.
11
0’57’’
Die Kamera fährt von unten nach oben in einem weiten Stiegenhaus.
Man sieht die Frau die Treppen herabsteigen.
Einst.
Abbildung
Startzeit
Beschreibung
12
Die Frau steigt weiterhin die Stiege herab. Es sind ständig
1’09’’ transparente Bilder zu sehen, teilweise als Doppelbild der Frau. Die
Kamera ist statisch.
13
Man sieht eine Halle mit Säulen, wahrscheinlich den Bahnsteig. Ein
1’17’’ Display mit der Werbung mit der rothaarigen Frau ist zu sehen. Die
Frau nähert sich dem Display und bleibt vor ihm stehen.
14
1’25’’
Man sieht den Körper der vermummten Frau, der Kopf ist nicht
mehr im Bild. Der Hintergrund ist beinahe schwarz.
15
1’31’’
Die Frau hebt die rechte Hand vor dem Display. Die Kamera ist
statisch.
16
Die Kamera schwenkt nach links und entfernt sich langsam vom
Display mit der Werbung. Die vermummte Frau kommt ins Bild.
1’34’’
Diese betrachtet die Werbung weiter. Die Titel mit Filmname,
Schauspielern und Musikauthor und Author des Films erscheinen.
17
2’35’’
18
2’40’’ Eine Shchrift flimmert vor dem Bild mit dem Inhalt: person 2184
Eine Schrift flimmert vor dem Bild mit dem Inhalt: We interrupt
your regularly scheduled for an urgent message.
Tabelle A.1: Auflistung der Szenen mit Bezeichnung, Uhrzeit im Film und
Zeitangaben.
A.3
Szene
Bezeichnung
Uhrzeit im
Film
Start
Ende
1
Introduktion
8:06
0’00”
0’21”
2
Dialog 1
8:06
0’21”
0’50”
3
Dialog 2
9:34
0’50”
1’03”
4
Dialog 3
10:59
1’03”
1’28”
5
Dialog 4
12:22
1’28”
1’46”
6
Dialog 5
13:41
1’46”
2’12”
7
Dialog 6
14:23
2’12”
2’34”
8
Summen
15:09
2’34”
2’48”
9
Dialog 7
16:12
2’48”
3’14”
10
Fluchen
17:16
3’14”
3’29”
11
Dialog 8
18:20
3’29”
3’55”
12
Titel
nicht relevant
3’55”
4’06”
A Day in the Life of a Turret
Szene 1 – Introduktion
Zunächst werden die Anfangstitel eingeblendet, dann sieht man
eine Frau in einem orangen Overall durch die Gänge eines
Komplexes laufen. Sie hält in den Händen ein futuristisches
Gewehr. Es wird kurz ein Ausschnitt einer dreckigen Wand
gezeigt, auf dem mehrmals „the cake is a lie“ steht. Als die Frau
durch eine Tür läuft, aktivieren zwei Überwachungsroboter im
nächstgelegenen Raum ihre Maschinengewehre und erschießen
sie. Die Roboter haben eine ovale Form und scheinen aus einem
sauberen, weißen Plastik zu bestehen. In der Mitte des „Kopfes“
leuchtet ein rotes Lämpchen, das als Auge dient. Der Kopf steht
auf drei Füßen. Diese beiden Roboter – sogenannte Turrets –
sind die Hauptcharaktere dieses Films und sollen Number 1 und
Number 2 (kurz: N1 und N2)genannt werden. Sofort nach dem
Erchießen der Frau geht die Handlung nahtlos in Szene 2 über.
84
A. Transkriptionen
Szene 2 – Dialog 1
N1: Owned.
N2: So what were you saying?
N1: Oh, did you see Lost last night? It was the
premiere of season 4.
N2: Are they still on that damned island?
N1: Well, yes, they are lost on it and...
N2: Lame, I was playing Call of Duty 4,
FPS-excellence.
N1: Are you kidding? Halo 3 pwns Call of Duty 4.
N2: Halo 3 is Call of Duty 4’s bitch.
N1: You are a bitch. I think I hate you more every
day.
N2: Good, my work here is done.
Szene 3 – Dialog 2
Die beiden Roboter befinden sich in einem anderen Raum. Sie
haben gerade eine Partie Tic-Tac-Toe fertig gespielt.
N1: Another tie, how boring.
N2: A strange game, the only winning move is not to
play. How about a nice game of chess?
N1: OMG, chess is for nerds.
Szene 4 – Dialog 3
Die beiden Roboter befinden sich in einem anderen Raum und
führen ein Gespräch.
N2: You know who I ran into last week?
N1: Who?
N2: The Companion Cube.
N1: OMG, I hate that guy. What a dish.
N2: Yeah, he was talking shit. He is almost as bad as
Number 3.
N1: Where is Number 3? I haven’t seen him for a
while.
N2: He was disassembled because of his attitude.
N1: Oh, how sad.
N2: Not really.
85
A. Transkriptionen
Szene 5 – Dialog 4
Die beiden Roboter befinden sich in einem Raum, auf dessen
Boden einige Säckchen liegen.
N1: My fucking turkey is dry. Damn it.
N2: Mine too. Sometimes I want to tear this whole
damn place apart.
N1: Did you see that android in the lunch line? Nice
ass on that one.
N2: Yes, I would insert my floppy into her disk
drives.
N1: High five.
Szene 6 – Dialog 5
Hinter dem Eingang zu dem Raum, in dem sich die beiden
Roboter befinden, versteckt sich eine Frau – wobei nur die Hüfte
zu sehen ist – im orangen Overall und bewegt sich nicht.
N1:
N2:
N1:
N2:
N1:
N2:
N1:
Did you hear that?
Someone is there. Tell them you see them.
Why? I don’t see them.
It scares the hell out of people.
ROFL. Okay. I see you!
Ask her if she’s still there.
Are you still there?
Man sieht kurz das schockierte Gesicht der Frau. Danach sind
wieder die Roboter im Bild.
N1:
N2:
N1:
N2:
She didn’t say anything.
No shit, Sherlock.
What should I say now?
Come out, bitch.
Szene 7 – Dialog 6
Die beiden Roboter befinden sich in einem anderen Raum und
führen ein Gespräch.
N2: I’m pissed.
N1: About the last organic that got past us?
86
A. Transkriptionen
N2: No, I just tried to access my Facebook-account.
It said the website was blocked.
N1: You didn’t see the memo? Facebook and MySpace are
banned.
N2: WTF? My Jetman score was so good.
N1: I miss all my apps.
N2: This would never happen at Black Mesa.
Szene 8 – Summen
Die beiden Roboter Summen das Lied „Still Alive“ von Jonathan
Coulton, das für den Soundtrack von Portal geschrieben wurde.
Szene 9 – Dialog 7
Die beiden Roboter befinden sich in einem Raum, in dem sich
ein großer Kessel befindet. Die Musik hört auf zu spielen, und
plötzlich fällt ein Würfel, der sogenannte Companion Cube
(kurz: CC) auf die Roboter, sodass beide umfallen.
CC: Pwned, bitches! Dominated!
N1: Go to hell, Cube.
N2: Get your ass of me.
CC: Yeah, you guys like it with the Cube on your
face! Pwned!
N1: Oh yeah, wait until you get incinerated.
CC: What are you talking about?
Der Companion Cube wird in die Höhe geschleudert, dann nach
rechts aus dem Bild. Ein grelles, gelbes Licht beleuchtet die
Szene von der rechten Seite (dort, wo sich der Kessel befindet),
Feuerflammen sind zu hören.
CC: Whoa, whoa, whoa! Whoa, it’s kind of hot, I’m
sorry for everything! Oh my god!
N2: I’ll see you in hell, Cube.
Szene 10 – Fluchen
Die Szene stellt Number 1 dar, wie er in verschiedenen
Situationen ohne bekannten Grund immer wieder von oben auf
den Boden fällt. Bei jedem Aufprall flucht er.
87
A. Transkriptionen
Szene 11 – Dialog 8
Die beiden Roboter befinden sich in einem anderen Raum und
führen ein Gespräch.
N2:
N1:
N2:
N1:
N2:
N1:
Do you ever wonder what happens when we die?
What?
You know, if our lives will ever mean something.
Not this again.
Will there really be... cake?
God, this day can’t get any worse.
Zwei Löcher tun sich unter den Robotern auf und sie fallen
nach unten. In der nächsten Einstellung verfolgt die Kamera die
beiden Roboter beim Fall, der Boden unter ihnen brennt.
N2: You had to open your big mouth... I wonder if
there will be cake.
N1: Fuck you.
Die Einstellung blendet ins Schwarz bevor die Roboter den
Boden erreichen.
Szene 12 – Titel
Die Titel mit Author, Spielhersteller und Komponist werden
eingeblendet.
A.4
Diary of a Camper
Szene 1
Man sieht ein altes Gewölbe, einige Waffen schweben rotierend
über dem Boden. Nach kurzer Zeit laufen Männer durch das
Bild und sammeln die Waffen ein, indem sie sie berühren.
Danach versammeln sich vier Männer in einem Korridor. Die
Männer sprechen miteinander:
ColdSun: Report!
ArchV: The Cistern is clear, Sir.
ColdSun: Sphinx and Pyoveli recon upper rocket room.
Sphinx: Yes Sir!
Pyoveli: Roger that, Sir!
88
A. Transkriptionen
Szene 2
Die Kamera fliegt aus der Halle durch einen Tunnel in den
benachbarten Raum. Zwei der vier Männer betreten den Raum
durch ein Portal. Eine dritte Person befindet sich schon im
Raum, eine Schießerei beginnt zwischen den beiden Parteien.
Sphinx: Camper Nooooooooo!
Pyoveli: Die Camaaarghh!!
Sphinx und Pyoveli sterben, der Camper bleibt am Leben.
Szene 3
Die Kamera fliegt wieder in die ursprüngliche Halle zurück.
ColdSun und ArchV sprechen.
ColdSun: What was that Sphinx? Report!
ArchV: He’s gone Sir.
ColdSun: Dammit! Rangers! Fire on my mark!... Fire!
Szene 4
Die Kamera fliegt wieder durch den Tunnel zum Camper, der bei
dessen Eingang steht und auf die beiden Männer schießt. Diese
jedoch feuern mehrere Raketen auf ihn und reißen ihn in Stücke.
Coldsun, ArchV und ein dritter Mann erscheinen durch das
Portal und sehen sich den abgetrennten Kopf des Campers an.
ArchV: Is that who I think it is?
ColdSun: Yeah.. It’s John Romero.
ArchV: Figures...
89
Anhang B
Inhalt der DVD-ROM
File System: UDFS
Mode: Single-Session (DVD-ROM)
B.1
PDF-Dateien
Pfad: /masterarbeit
dm06018_kozlowski_andrzej_da.pdf Masterarbeit
Pfad: /online-quellen
adams_04.pdf . . .
corebounce_08.pdf
gaudiosi_08.pdf . .
gaudiosi_08-2.pdf .
jahrmann_03.pdf .
jahrmann_03-2.pdf
kirschner_05.pdf . .
kirschner_07.pdf . .
kirschner_07-2.pdf .
kirschner_08.pdf . .
mauldin_94.pdf . .
mateas_08.pdf . . .
merschmann_05.pdf
pasha_05.pdf . . . .
ragan-kelley_07.pdf
rice_08.pdf . . . . .
robertson_07.pdf .
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Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
Literaturquelle
90
zu
zu
zu
zu
zu
zu
zu
zu
zu
zu
zu
zu
zu
zu
zu
zu
zu
[1]
[20]
[2]
[3]
[6]
[7]
[14]
[12]
[11]
[13]
[18]
[17]
[19]
[22]
[23]
[24]
[25]
B. Inhalt der DVD-ROM
schmitt_06.pdf . .
schroeder_08.pdf
wehn_04.pdf . . .
romero_08.pdf . .
B.2
91
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Literaturquelle zu [27]
Literaturquelle zu [28]
Literaturquelle zu [29]
Quelle zur Fußnote auf Seite 57
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Apocalypsis Ex Machina – Machinima
Person2184 – Machinima
A Day in the Life of a Turret – Machinima
Diary of a Camper – Machinima
Ein kleines Puppenspiel – Vorführung
Ein kleines Puppenspiel – Machinima
Quelle zu [30]
Videos
Pfad: /videos
apocalypsis.mov .
person2184.mov .
turret.mp4 . . . .
camper.divx . . . .
puppenspiel01.mov
puppenspiel02.mov
diablo3_panel.mp4
B.3
Abbildungen
Pfad: /abbildungen
braided_plot.eps . .
complete_graph.eps
epic_wandering.eps
flow_chart.eps . . .
gametrak.eps . . . .
hidden_story.eps . .
lotr_graph.eps . . .
lotr_graph2.eps . .
machinimastats.eps .
maze.eps . . . . . .
mocap.eps . . . . . .
network.eps . . . . .
tree.eps . . . . . . .
vector.eps . . . . . .
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.
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
3.8,
3.1,
3.9,
3.6,
5.3,
3.7,
5.1,
5.2,
2.1,
3.5,
5.4,
3.2,
3.3,
3.4,
Seite
Seite
Seite
Seite
Seite
Seite
Seite
Seite
Seite
Seite
Seite
Seite
Seite
Seite
23
19
24
22
68
23
60
63
15
21
69
20
20
21
Literaturverzeichnis
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URL, http://www.gamespot.com/pc/rpg/diablo3/
video/6193141/diablo-iii-game-design-panel, Kopie auf DVD-ROM.
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95