Partyszene: Die Generation 50+ ist mega-in LTU-/AirBerlin
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Partyszene: Die Generation 50+ ist mega-in LTU-/AirBerlin
PANORAMA 07. Mai 2007 Neuer Trend Partyszene: Die Generation 50+ ist mega-in In Düsseldorf gibt es jetzt Partys für Menschen über 50. Regelmäßig tummeln sich dort 600 Nachwuchs-Senioren zum Abtanzen. Doch es wird nicht Foxtrott getanzt, sondern auch hemmungslos gerockt und mitgegrölt. Wer noch einmal sagt, man sei nur so alt, wie man sich fühle, wird umgehend abgeschoben ins Land der abgedroschenen Phrasen. Natürlich wird der Mensch alt, natürlich mehren sich die Gebrechen, natürlich wächst das Haar vor allem an den falschen Stellen. Ist das Leben deshalb jenseits der 50 zu Ende? Eine immer größer werdende Menge Menschen meint „Nein“. Die jungen Alten werden immer mehr, und sie wollen immer mehr. Jetzt erobern sie auch die Partyszene. Und sie feiern im Düsseldorfer Kulturzentrum „Zakk“ seit einiger Zeit Ü-50Partys. Regelmäßig tummeln sich dort 600 Nachwuchs-Senioren auf der Tanzfläche und hotten zu den Hits ihrer Jugend. Auch die Discotempel rund ums Mittelmeer haben den Trend erkannt und bieten immer mehr Entertainment für die „reifere Jugend“. Gerade dieser Generation ist es möglich, neben dem Spaßfaktor, auch finanziell über die Stränge zu schlagen. Oldie-Partys erfreuen sich immer mehr großer Beliebtheit und werden die Szene, auch in den Urlaubsorten, nachhaltig verändern. Die Kellnerin trägt Ohrstöpsel Ein etwas befremdliches Gefühl ist es, mit 51 Jahren nur noch von Menschen der eigenen Generation umgeben zu sein. Die Kellnerin, die stumm Gläser abräumt, ist weit und breit die einzige unter 50. Sie trägt Ohrenstöpsel gegen den Lärm, den die Gäste keineswegs als solchen empfinden. Kurz nach acht Uhr geht noch alles seinen geregelten Gang. Menschen stehen herum, an der Theke herrscht reger Betrieb. Discjockey Ingwart erklärt vor jedem Lied, was gleich kommt. Ingwart spielt viele Lieder aus den 60erJahren, aus jener Zeit also, in der die Anwesenden von Pubertätspickeln geplagt wurden. All die Hits der frühen Bands sind dabei: Die Bee Gees besingen „Spicks & Specks“, Van Morrison verkündet traurig „It’s All Over Now Baby Blue“. Gegen halb neun ist ein Zucken in unruhigen Leibern zu registrieren. Bei mir macht sich wohlige Wärme breit, weil ich Lieder höre, die einst unglückliche Schultage versüßten. Kurz vor neun ist es dann soweit. In der Halle brodelt es. 500 Menschen verlieren auf der Tanzfläche ihre Hemmungen. Bei Mittvierzigern wird ein Auge zugedrückt Das hat auch damit zu tun, dass man hier alterstechnisch unter sich ist. „Wir schicken regelmäßig jüngere Leute weg“, sagt Organisator Mischa Aschmoneit. Bei Mittvierzigern drückt er noch ein Auge zu, doch darunter geht gar nichts. „Die Leute wollen für sich sein“, sagt auch Diskjockey Ingwart. Düsseldorf LTU-/AirBerlin-Party mit den No Angels LTU-Mitarbeiter feierten in Düsseldorf eine AirBerlin-Party. Dabei wurde ein neuer Airbus enthüllt. Der populäre Moderator des Abends Johannes B. Kerner versteht sich blendet mit AirBerlin-Chef Joachim Hunold. Ursprünglich war das Fest im Hangar acht des Düsseldorfer Flughafens ja nur für die Mitarbeiter der Airline LTU geplant. Doch dann wurde die Party doch auch zu einer AirBerlin-Veranstaltung: Die Fluggesellschaft aus der Hauptstadt übernimmt die Düsseldorfer LTU, sobald das Bundeskartellamt zugestimmt hat. So wurde beim Fest zwar planmäßig der nagelneue Langstrecken-Airbus A330200 mit neuem rot-weißen Lack-Design der LTU enthüllt. Auch traten in alter Verbundenheit die No Angels auf, deren - damals noch unbekannte Mitglieder - die LTU dereinst beim Casting für die GirlBand durch die Lande geflogen hatten. Die Moderation des Abends aber hatte TV-Moderator Johannes B. Kerner übernommen - der sonst für Air Berlin wirbt und der sich mit „dem Achim“ - AirBerlin-Boss Achim Hunold - offenbar aufs prächtigste versteht. Bei der PartyPlanung Anfang Januar ebenfalls noch nicht vorgesehen war wohl die Modenschau, bei der Models die neuen von Jette Joop entworfenen blau-roten Air Berlin-Uniformen vorstellten. Und schon gar nicht war damals zu ahnen, dass bald wahrscheinlich auch die LTU-Besatzungen die leicht retro-gefärbte Dienstkleidung der neuen Muttergesellschaft tragen werden. LTU und Air Berlin wachsen zusammen - das war an diesem Abend bereits unübersehbar. Achim Hunold - einst selber Manager bei der LTU - deutete an, dass sich auf Dauer auch das Design der Maschinen beider Linien annähern werde, das erfordere nun mal der immer härter werdende Wettbewerb und die Notwendigkeit der Konzentration. Zwar wird offiziell immer wieder betont, dass der Name LTU zumindest mittelfristig bestehen bleibe - unter den LTU-Mitarbeiter allerdings werden schon Wetten abgeschlossen, ob dieses „mittelfristig“ viel länger als ein Jahr währen wird. Die drei Protagonisten des Zusammenschlusses jedenfalls - neben Käufer Hunold die Verkäufer Hans Rudolf Wöhrl als Hauptanteilseigner sowie LTU-Geschäftsführer und Anteilseigner Jürgen Marbach - betonten auf der Bühne gleich mehrfach, dass sich nun die idealen Partner gefunden hätten. Bekleidungs- und Beteiligungsunternehmer Wöhrl sagte, dass er sich als „Bräutigam“ für die LTU keinen besseren hätte wünschen können, „als meinen alten Freund Achim Hunold“. Der hatte von Wöhrl zuvor schon die Airline dba übernommen. Sanierer Wöhrl - bis zu Freigabe des Deals durch das Kartellamt noch Aufsichtsratschef gab sich vor 1200 Mitarbeitern und 1300 anderen Gästen auf der Gangway des neuen Airbus so euphorisch, als wolle er dir LTU gleich noch einmal verkaufen. „Dieses Unternehmen ist ein kerngesundes, es ist eine Erfolgsgeschichte, es wird richtig wertvoll“. Und soll in diesem Jahr Entstanden ist die Ü50-Party aus der Initiative einiger Computerkurs-Senioren. Die gingen angesichts des quirligen Partytreibens um sie herum auf Aschmoneit zu und sagten: „Das wollen wir auch.“ Als erster Test lief eine Art Sonntagsnachmittags-Tanztee. Der kam bestens an, rasch wurde umdisponiert. Nun dürfen die Ewigjungen jeden zweiten Freitag im Quartal bis in die Nacht feiern. Und der Laden brummt. Er brummt so sehr, dass ich mich sogar ein wenig erschrecke. Mit welcher Vehemenz die Jungsenioren hier ihre Tanzwut ausleben: Sie schwitzen, sie swingen, und sie schicken oft ein verklärtes Lächeln in die Runde. Insbesondere Frauen, die 70 Prozent der Besucher stellen. Schon lange nicht mehr wurde ich so oft und so intensiv angeschaut. Aber ich bin mit meinen 51 Jahren auch einer der jüngsten hier. Ein bisschen erschreckt mich das, weil ich mich urplötzlich viel älter wähne, als ich eigentlich bin. Bin ich so wie die? Wie die Alten? 11 diese Menschen vor 40 Jahren auch mitgegrölt, wenn Roger Daltrey von den Who im Titel „My Generation“ lauthals bekannte, er hoffe, er sterbe, bevor er alt werde? Was ist aus der Hoffnung geworden? Ist das jetzt der WechseljahreBlues? Wird man wirklich so, wenn man welkt? Die wogende Ansammlung verkündet, sie sei „Born to be wild“ Irgendwann beschleicht mich das Gefühl, mir selbst beim Verwesen zuzusehen. Als geschätzte 3000 Jahre Lebenserfahrung „I can’t get no“ brüllen und Satisfaction meinen, verfalle ich in eine Kurzzeitdepression. Es kommt aber noch schlimmer, als die wogende Ansammlung an Jahren kurz danach verkündet, sie sei „Born to be wild“. Wild finden sich diese Menschen. Wild waren die nie. Wild war auch ich nie. Wildheit simulieren, ja das ging, aber wirklich wild sein? Als ich mitansehen muss, wie hier die Masse tobt, fallen mir zwei Musiktitel ein, die das Dilemma beschreiben, in das man in diesem Alter leicht gerät. „Too old to rock’n’roll, too young to die“, dichteten damals Jethro Tull. Gefangen in einer diffusen Zwischenwelt. Hatten nicht genau Sie wollen Spaß haben und singen lauthals mit Die fröhlich hüpfenden Menschen hier im Zakk interessiert das herzlich wenig. Sie nehmen die frühe Rebellion der Who gerade genauso wenig ernst wie die Diagnose Jethro Tulls. Sie wollen Spaß haben und singen lauthals mit, als Scott McKenzie die musikalische Anweisung ausgibt, man solle sich Blumen ins Haar stecken, falls man mal nach San Francisco komme. In welches Haar, frage ich mich da und streiche über meine Glatze. Ich nehme mir vor, daheim meinen Körper auf Altersflecken zu untersuchen. Irgendwann halte ich das nicht mehr aus, weil mir jeder Song vor Ohren führt, wie viele Jahre schon vergangen sind. Ich schaue in meinen Pass: 1955 steht da atsächlich als Geburtsjahr. Ich bin also einer von denen. Da kann ich mich auch gleich in die wogende Menge werfen. Meine Musik, mein Spaß, hier und jetzt. Aufhalten kann ich ohnehin nichts, also mache ich am besten auch mit. Aufhalten lässt sich die neue Bewegung nicht. Etliche Anfragen interessierter Veranstalter belegen das. In der Wuppertaler Börse plant man für den Herbst die Einführung einer regelmäßigen Ü-50-Party. Und im Zakk, wo am 13. Juli die zehnte Oldie-Feier ansteht, sieht man sich schon unter Druck, mehr Termine anzubieten. Parallel startet am 10. Juni eine Art Ü-70Party. Die heißt zwar nicht so, steht aber unter dem Motto „Jetzt die Rente verfeiern, wer weiß, was morgen ist.“ Ich rechne: In 19 Jahren darf ich da rein. maro endlich wieder einmal schwarze Zahlen schreiben. Wohl mit Blick auf seinen Lieblingskonkurrenten Lufthansa meinte Wöhrl sogar: „Die LTU ist die beste Airline, die es in Deutschland gibt“. Geschäftsführer Jürgen Marbach, der Wöhrl im vergangenen Jahr als Eigentümer ins kriselnde Unternehmen geholt hatte, freute sich: „Die Verunsicherung der Mitarbeiter ist endlich weg“. LTU wolle wachsen und habe jetzt auch die Chance, die dringend erforderlichen drei zusätzlichen Flieger für die Langstrecke vom Typ Airbus A 340 zu bekommen. Auf den langen Strecken nach Asien oder Amerika soll die bisherige LTU im neuen Großkonzern dominieren, während Air Berlin weiterhin die Mittelstrecke bestimmt. Achim Hunold versuchte sich derweil im Spagat, den Belegschaftsteilen in Berlin und in Düsseldorf zu versichern, dass keiner der beiden untergebuttert werde. Berlin sei zwar der Verwaltungsstandort, Düsseldorf habe aber einen exzellenten Namen für die Technik. Hunold kündigte an, eine neue Wartungshalle direkt neben den Hangar acht der LTU zu bauen. „Ein größeres Bekenntnis zum Standort Düsseldorf lässt sich ja wohl kaum machen“, sagte Hunold. Und während die Partygäste bis 3:30 Uhr feierten, wurde der neue LTU-Airbus mit 323 Plätzen bereits startklar gemacht für seine ersten beiden Flüge am Freitag: Erst ins griechische Heraklion und dann nach Bangkok. ?