Bau und Organisation einer Igelstation
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Bau und Organisation einer Igelstation
I n unsrer zunehmend technisierten Welt ist das Wildtier Igel zahlreichen Gefahren ausgesetzt, eine Gefährdung der Art könnte möglich werden. Immer mehr hilfsbedürftige Igel werden zu Tierfreunden gebracht, die sich ihrer annehmen und sie gesund pflegen oder aufziehen. Der Bedarf an Igelstationen, in denen verletzt, krank oder hilflos aufgefundene Igel fachgerecht versorgt werden, ist deshalb hoch. Jede Pflege- oder Igelberatungsstelle und vor allem professionell arbeitende Igelstationen vermögen durch richtige kurative Igelhilfe viel Tierleid zu lindern und zahlreichen hilfsbedürftigen Igeln eine neue Chance in Freiheit geben. Nachweislich kommen richtig gepflegte Igel nach der Auswilderung genauso gut zurecht wie Igel, die nie in Menschenhand gelangten. In diesem Sinne heißt das ausgewiesene Ziel aller engagierter Igelschützer: Tierschutzeinsatz auch für den Artenschutz. Diese praxisorientierte Veröffentlichung soll als Hilfestellung bei der Gründung und zur Optimierung bestehender Igelauffang- und Pflegestationen dienen. Solche Einrichtungen tragen wesentlich zum alleinigen Ziel jeder Igelhilfe bei, nämlich die hilfsbedürftigen Wildtiere nach Aufzucht bzw. Gesundung bald mög-lichst wieder in die Natur zu entlassen. 977-3-940377-14-2 Foto: Soja31/pixelio.de Optimale Igelhilfe in Übereinstimmung mit den geltenden Rechtsvorschriften erfordert nicht nur richtige Unterbringung und artgemäße Ernährung, sondern auch – in Kooperation mit einem sachkundigen Kleintierarzt – fachgerechte medizinische Versorgung der Igelpfleglinge. Zusätzlich sind praktische Einrichtung, effektive Organisation und eine ausgewogene Öffentlichkeitsarbeit Voraussetzung für den Erfolg einer Igelstation. Monika Neumeier unter Mitarbeit von Ulli Seewald Hrsg. von Pro Igel e.V. Anforderungsprofil und Praxisleitfaden 3. Auflage Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Hinweis: Das Werk und alle seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags Pro Igel e.V. unzulässig und strafbar. Kein Teil des Werkes darf außerdem in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages vervielfältigt werden. Alle Rechte vorbehalten 3. überarbeitete Auflage 2016 © Pro Igel e.V., Lindau/B. Titelbild: © Soja31 / pixelio.de Gesamtredaktion: Ulli Seewald, Münster/West. Satz: Pamela Kröhl, Niestetal, Ulli Seewald, Münster/Westf. Druck und Bindung: Häuser KG, Köln Umschlaggestaltung: Pamela Kröhl, Niestetal ISBN 977-3-940377-14-2 Zuschriften und Kritik an: Pro Igel e.V. E-Mail: [email protected] Aktuelle Informationen im Internet unter www.pro-igel.de Vorwort I n unsrer zunehmend technisierten Welt sind Wildtiere zahlreichen Gefahren ausgesetzt. Ausgeräumte Landschaften und durch Straßen und Bebauung zerschnittene Lebensräume haben insbesondere für Igel fatale Folgen: Unterschlüpfe und Nistgelegenheiten werden durch Flurbereinigungsmaßnahmen und Bebauung zerstört. Der Straßenverkehr bedroht Igelleben. Der Einsatz von Insektiziden und Pestiziden in der Landwirtschaft, in öffentlichen Grünanlagen und in privaten Gärten reduziert die natürliche Nahrung. Unachtsamer Einsatz von Maschinen und Geräten, zum Beispiel von Tellersensen, Rasenmähern oder Mistgabeln, kann zu schweren Verletzungen führen. Immer mehr Igel werden demzufolge Opfer menschlichen Eingreifens in Natur und Umwelt. Der Bedarf an Igelstationen, in denen verletzt, krank oder hilflos aufgefundene Igel fachgerecht versorgt werden, ist deshalb hoch. Jede Pflege- oder Igelberatungsstelle und vor allem professionell arbeitende Igelstationen vermögen durch sachgemäße kurative Igelhilfe viel Tierleid zu lindern und zahlreichen hilfsbedürftigen Igeln eine neue Chance in Freiheit geben. Die Igelpflege erfordert nicht allein Platzkapazitäten und einen hohen Einsatz an Zeit, sondern sie verursacht auch erhebliche Kosten. Damit die Gründung von Igelstationen gelingen kann und nicht gleich in den Anfängen auf unzählige Fragen und Hindernisse stößt, soll die in 3. Auflage überarbeitete, praxisorientierte Veröffentlichung als Hilfestellung und Wegweiser dienen. Im Bundesland Hessen erarbeitete man in Kooperation mit Pro Igel e.V. eine amtliche und damit rechtsverbindliche Publikation für die Anforderungen an Igelpflegestationen, die vom zuständigen Umwelt-Ministerium bzw. der Tierschutzbeauftragten Dr. Madeleine Martin herausgegeben wurde (s. Beilage). Unser Ziel ist, dass sich alle deutschen Bundesländer zur Veröffentlichung einer solchen Richtlinie entschließen, um Qualität in der Igelhilfe einfordern und sichern zu können. Ein unveränderter Muster-Abdruck der Hessischen Schrift ist diesem Buch beigefügt und darf gerne weitergegeben bzw. zur Verteilung an Interessierte kopiert oder bei uns nachbestellt werden. Der Verein Pro Igel e.V. koordiniert in Deutschland das „Netzwerk Igelhilfe“, ein nicht öffentliches Verzeichnis, in das sich Igelstationsbetreiber, Igelpfleger und auch Igelschutzvereine eintragen lassen können. Mit Hilfe der Liste sind sie in der Lage, Rat suchenden Igelfindern Ansprechpartner in deren Region zu nennen. Die Teilnehmer werden außerdem durch praxisnahe Publikatio-nen informiert und können die Igelpflege so auf aktuellem Stand des Wissens immer wieder neu optimieren. Wir wünschen allen engagierten Tierfreunden, die eine Igelstation aufbauen, gutes Gelingen und viel Kraft und auch Freude an ihrer für die Igel so wichtigen Arbeit! Lindau, B., im Januar 2016 Monika Neumeier Ulli Seewald III Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................... V Kapitel 1 Voraussetzungen | Anforderungsprofil 1.1 Definition des Begriffs „Igelstation“...................................................................................2 1.2 Rechtsgrundlagen.................................................................................................................... 3 1.2.1 Auszug aus dem Bundesnaturschutzgesetz.................................................................... 3 1.2.3 Auszug aus dem Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln........................................ 6 1.2.4 Auszug aus der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken......................................7 1.2.5 Auszug aus dem Säugetiergutachten.............................................................................. 8 1.3 Genehmigung einer Igelstation................................................................................................. 10 1.4 Aufnahmekriterien | Hilfsbedürftigkeit............................................................................10 1.4.1 Verletzte Igel ....................................................................................................................10 1.4.2 Kranke Igel........................................................................................................................10 1.4.3 Verwaiste Igelsäuglinge....................................................................................................11 1.4.4 „Untergewichtige“ Jungigel.............................................................................................11 1.4.5 Igel, die nach Wintereinbruch, d.h. bei Dauerfrost und/oder Schnee, aktiv sind..........11 1.5 Betreuung | Personal.............................................................................................................. 12 1.5.1 Igelpfleger | Hilfskräfte.................................................................................................... 12 1.5.2 Medizinische Betreuung | Tierarzt................................................................................... 12 1.6 Raumkapazitäten | Unterbringung..................................................................................... 13 1.6.1 Raum................................................................................................................................. 13 1.6.2 Unterbringung.................................................................................................................. 13 1.7 Futter..........................................................................................................................................14 1.8 Weitergabe von Igeln............................................................................................................. 15 1.9 Freilassung | Auswilderung.................................................................................................. 15 1.10 Dauerhaltung von invaliden Igeln.......................................................................................16 1.11 Behördliche Kontrollen.........................................................................................................16 1.12 Öffentlichkeit............................................................................................................................16 1.13 Kooperationen | weitergehende Aufgaben.....................................................................16 Kapitel 2 Räume einer Igelstation 2.1 Boxenraum................................................................................................................................19 2.2 Besucherraum.......................................................................................................................... 21 2.3 Plan für eine Igelstation........................................................................................................22 Kapitel 3 Unterbringung der Igel 3.1 Boxen..........................................................................................................................................23 3.1.1 Schrankboxen...................................................................................................................23 3.1.2 Bodenboxen.....................................................................................................................25 IV Inhaltsverzeichnis 3.2 Schlafhäuser ........................................................................................................................... 26 3.2.1 Karton-Schlafhäuser........................................................................................................ 26 3.2.2 Plastik-Schlafhäuser........................................................................................................ 26 3.2.3 Winterschlafhäuser......................................................................................................... 26 3.3 Freigehege................................................................................................................................27 3.3.1 Standort............................................................................................................................27 3.3.2 Dauerhaftes Freigehege..................................................................................................27 3.3.3 Mobile Freigehege.......................................................................................................... 28 Kapitel 4 Hygienemanagement 4. 1 Grundsätzliches zur Reinigung und Desinfektion......................................................... 29 4.2 Grundsätze zur Igelpfleglinge betreffenden Hygiene.................................................. 29 4.3 Einzelhaltung........................................................................................................................... 29 4.4 Reinigung und Desinfektion der Igelgehege | Igelboxen............................................ 30 Kapitel 5 Organisation des Betriebsablaufs 5.1 Belegung....................................................................................................................................33 5.2 Aufnahme..................................................................................................................................35 5.3 Dokumentation........................................................................................................................35 5.3.1 Pflegeprotokoll.................................................................................................................35 5.3.2 Aufnahmebuch.................................................................................................................37 Kapitel 6 Igelpflege 6.1 Erstversorgung.......................................................................................................... 39 6.2 Wiegen....................................................................................................................... 40 6.3 Ernährung.................................................................................................................. 40 6.4 Krankheiten............................................................................................................... 42 6.5 Winterschlaf.............................................................................................................. 43 6.6 Auswilderung............................................................................................................ 43 Kapitel 7 Anhang 7.1 Fachliteratur (Auswahl)........................................................................................................ 45 7.2 Internetressourcen – Web-Adressen (Auswahl)............................................................ 46 7.3 Veröffentlichungen von Pro Igel e.V. (Stand Dezember 2015)................................. 47 V Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13 Abb. 14 Abb. 15 Abb. 16 Abb. 17 Abb. 18 Abb. 19 Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22 Abb. 23 Abb. 24 Abb. 25 Abb. 26 Abb. 27 Abb. 28 Abb. 29 Abb. 30 Abb. 31 Abb. 32 Abb. 33 Abb. 34 Abb. 35 Abb. 36 Abb. 37 Abb. 38 Abb. 39 Abb. 40 (© bei den Bildautoren – alle Rechte vorbehalten!) Igelpflegling / Petra Bosse (pixelio.de)............................................................................. 1 Hilfsbedürftiger Jungigel / Tanja-Zapp, Floersheim.........................................................2 Blick in eine Igelstation / Bettina Hofmann, Donauwörth...............................................2 Bodenbox-Igelgehege / Ulli Seewald, Münster/Westf.....................................................2 Verletzter Igel nach Hundebiss / Monika Neumeier, Lindau/B...................................... 10 Kranker, abgemagerter Igel / Pohmer............................................................................ 10 Verwaistes Igelbaby / Michael Hagemann, Bad Schwalbach........................................... 11 Jungigel im Herbst / Rosemarie Adam, Dortmund......................................................... 11 Im Winter aktiver Igel / Monika Neumeier, Lindau/B...................................................... 11 Hilfsbedürftiger Tagesfund / Freddy und Annett Calov, Cottbus...................................12 Subkutane Injektion beim Igel / Tanja Wrobbel, Selm................................................... 13 Igel in Bodenbox / Kathrin Effenberger, Lugau............................................................... 13 Boxenschrank / Bettina Hofmann, Donauwörth............................................................ 14 Bodenboxen / Stefanie Meissner, Altenburg.................................................................. 14 Freigehege / Gudrun Natschke, Leipzig........................................................................... 14 Igelchen an Futterschale / Bettina Hofmann, Donauwörth.......................................... 14 Igel in Freiheit / L. Ernie (fotolia.de)................................................................................ 15 Freigehege / Gudrun Natschke, Leipzig........................................................................... 15 Igel in umzäuntem Garten / Kornelia Dudziak, Wuppertal............................................ 16 Wurfgeschwister an Futterschale / Monika Borgmann, Münster................................. 19 Behandlungstisch / Heike Philipps, Laatzen...................................................................20 Schrankboxen / Monika Neumeier, Lindau/B..................................................................20 Warteraum einer Igelstation / Heike Philipps, Laatzen..................................................21 Ausstellung Naturnaher Garten / Heike Philipps, Laatzen..............................................21 Ausstellung Gefahrenhinweise / Heike Philipps, Laatzen...............................................21 Boxenschrank / Bettina Hofmann, Donauwörth............................................................ 23 Blick in eine Igelbox / Monika Neumeier, Lindau/B.........................................................24 Bodenboxen / Stefanie Meissner, Altenburg.................................................................. 25 Plastik-Schlafhaus Kartoffelbox / Heike Philipps, Laatzen.............................................26 Winterschlafhaus / Günther Zinnecker, Wendelsheim...................................................26 Freigehege / Stefanie Meissner, Altenburg..................................................................... 27 Blick in ein Freigehege / Gudrun Natschke, Leipzig........................................................ 27 Auswilderungsgehege nach IGSI e.V. / Heike Philipps, Laatzen.....................................28 Igelpflegling mit gutem Appetit / Rosemarie Adam, Dortmund...................................33 Jungigel im Herbst / Freddy und Annett Carlov, Cottbus...............................................35 Igelpflegling / Tierfoto Reinhard, Heiligkreuzsteinach...................................................39 Gewichtskontrolle / Tierfoto Reinhard, Heiligkreuzsteinach........................................ 40 Igelpflegling an der Futterschale / Bettina Hofmann, Donauwörth.............................42 Kranker, abgemagerter Igel / Pohmer...........................................................................42 Ausgewilderter Igelpflegling / Kornelia Dudziak, Wuppertal...................................... 44 KAPITEL 1 Voraussetzungen | Anforderungsprofil 1 Voraussetzungen | Anforderungsprofil 1.1 Definition................................................................................................................................................................. 2 1.2 Rechtgrundlagen ................................................................................................................................................... 3 1.3 Genehmigung einer Igelstation............................................................................................................................ 10 1.4 Aufnahmekriterien | Hilfsbedürftigkeit............................................................................................................... 10 1.5 Betreuung |Personal.............................................................................................................................................. 12 1.6 Raumkapazitäten | Unterbringung...................................................................................................................... 13 1.7 Futter...................................................................................................................................................................... 14 1.8 Weitergabe von Igeln............................................................................................................................................ 15 1.9 Freilassung ............................................................................................................................................................. 15 1.10 Dauerhaltung von Igeln ........................................................................................................................................ 16 1.11 Behördliche Kontrollen ........................................................................................................................................ 16 1.12 Öffentlichkeit ......................................................................................................................................................... 16 1.13 Kooperationen | weitergehende Aufgaben........................................................................................................ 16 V erschiedenste Zivilisationseinflüsse beeinträchtigen die Lebensbedingungen der Igel. Diese können nur durch die Erhaltung bisheriger und die Schaffung neuer Lebensräume verbessert werden. Weil Igel überwiegend in menschlichen Siedlungsgebieten vorkommen, werden auch kranke und verletzte Tiere aufgefunden. Die bei immer mehr Menschen vorhandene Schutz- und Pflegebereitschaft für solche Tiere soll nicht blockiert, sondern in geordnete Bahnen gelenkt werden. Der Erreichung dieses Ziels dient das nachfolgende Anforderungsprofil. Bei der Haltung und Pflege von Igeln muss Qualität vor Quantität stehen. Igel müssen auch in menschlicher Obhut als Wildtiere behandelt werden. Zähmungsversuche sind unbedingt zu unterlassen. Gesunde, reproduktionsfähige IgelPopulationen entstehen u.a. durch natürliche Auslese. Es wird nicht ange- Abb. 1 Igelpflegling strebt, „Kümmerlinge“ um jeden Preis (z.B. mit unverhältnismäßig hohem medizinischem Einsatz) am Leben zu erhalten. Der „Normalfall“ ist der wildlebende Igel. Der hilfsbedürftige Igel stellt die Ausnahme dar! Wer eine Igelstation aufbauen möchte, muss sich nicht allein engagiert sachund fachgerecht um hilfsbedürftige Igel 1 2 1 Voraussetzungen | Anforderungsprofil kümmern wollen, sondern z.B. die einschlägigen Rechtsvorschriften kennen. Weiterhin sind im Vorfeld die Planung und Errichtung der Räumlichkeiten, die optimale Organisation der alltäglichen Arbeit bis hin zu sinn- und maßvoller Öffentlichkeitsarbeit wichtige Aufgaben, die über Erfolg oder Misserfolg einer Igelstation entscheiden können. nehmen, sowie ähnliche öffentliche und private Einrichtungen. 1.1 Definition des Begriffs „Igelstation“ Eine Igelstation ist eine nicht nur kurzfristige Einrichtung, in welcher verletzte und kranke sowie hilflose Igel (d.h. verwaiste Igelsäuglinge) • unter Berücksichtigung der Rechtsvorschriften, •vorübergehend, • art- und fachgerecht, • in geeigneten Räumen und Gehegen, • von qualifizierten Personen gepflegt und gegebenenfalls medizinisch versorgt werden, mit dem Ziel ihrer Überlebensfähigkeit in der Natur nach baldmöglicher Auswilderung. Abb. 3 Blick in eine Igelstation Im Unterschied zu einer Igelstation werden in einer Igelberatungsstelle hilfsbedürftige Igel vorwiegend ambulant versorgt. Die Bezeichnung „Igelberatungsstelle“ wird empfohlen, wenn eine Igelstation den im Anforderungsprofil geforderten Ansprüchen an die Unterbringung der Tiere nur bedingt genügen kann. Die Unterbringung weniger Igel sollte sich dann auf Notfälle beschränken. Sachkundige Igelfreunde, die ab und zu einen einzelnen Igel aufziehen, gesund pflegen und überwintern, sind im Unterschied zu diesen Einrichtungen „Privatpfleger“. Abb. 2 Hilfsbedürftiger Jungigel Als Igelstationen gelten auch Abteilungen von Tierheimen oder Wildtierauffangstationen, die Igel stationär auf- Abb. 4 Bodenbox-Igelgehege Voraussetzungen | Anforderungsprofil 3 1.2 Rechtsgrundlagen Für die Igelpflege, und ebenso für die Genehmigung, Errichtung und den Betrieb einer Igelstation als tierheimähnliche Einrichtung sind die einschlägigen Rechtsvorschriften zu beachten. 1.2.1 Auszug aus dem Bundesnaturschutzgesetz [Vollzitat: „Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 100 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist“] Abschnitt 3 | Besonderer Artenschutz § 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten (1) Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten [...] während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, [...], Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören [...] 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, [...] (= Zugriffsverbote). (2) Es ist ferner verboten, 1. Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (=Besitzverbote), 2. Tiere [...] der besonders geschützten Arten [...] b) [...] zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden[...] (= Vermarktungsverbote) § 45 Ausnahmen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen [...] (5) Abweichend von den Verboten des § 44 Absatz 1 Nummer 1 sowie den Besitzverboten ist es vorbehaltlich jagdrechtlicher Vorschriften ferner zulässig, verletzte, hilflose oder kranke Tiere aufzunehmen, um sie gesund zu pflegen. Die Tiere sind unverzüglich freizulassen, sobald sie sich selbständig erhalten können. [...] 1 4 1 Voraussetzungen | Anforderungsprofil Vollständiger Gesetzestext sowie ggf. weitere Aktualisierungen siehe unter: http://www.gesetze-im-internet.de/ Aktuelle Version zum Download siehe unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bnatschg_2009/gesamt.pdf 1.2.2 Auszug aus dem Tierschutzgesetz [Vollzitat: „Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Juli 2014 (BGBl. I S. 1308) geändert worden ist“] Erster Abschnitt – Grundsatz § 1 Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Zweiter Abschnitt – Tierhaltung § 2 Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, 1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, 2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, 3. muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. § 2a (1) Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, die Anforderungen an die Haltung von Tieren nach § 2 näher zu bestimmen und dabei insbesondere Vorschriften zu erlassen über Anforderungen 1. hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeit [...] der Tiere, 2. an Räume, Käfige, andere Behältnisse und sonstige Einrichtungen zur Unterbringung von Tieren [...] 3. hinsichtlich der Lichtverhältnisse und des Raumklimas bei der Unterbringung der Tiere, Voraussetzungen | Anforderungsprofil [...] 4. an die Pflege einschließlich der Überwachung der Tiere; hierbei kann das Bundesministerium auch vorschreiben, dass Aufzeichnungen über die Ergebnisse der Überwachung zu machen, aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen sind, 5. an Kenntnisse und Fähigkeiten von Personen, die Tiere halten, betreuen oder zu betreuen haben und an den Nachweis dieser Kenntnisse und Fähigkeiten, § 3 Es ist verboten, [...] 3. ein [...] in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen, 4. ein [...] aufgezogenes Tier einer wildlebenden Art in der freien Natur auszusetzen oder anzusiedeln, das nicht auf die zum Überleben in dem vorgesehenen Lebensraum erforderliche artgemäße Nahrungsaufnahme vorbereitet und an das Klima angepasst ist; [...] [...] Siebenter Abschnitt – Zucht, Haltung von Tieren, Handel mit Tieren § 11 (1) Wer [...] 3. Tiere in einem Tierheim oder in einer ähnlichen Einrichtung halten, will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Vollständiger Gesetzestext sowie ggf. weitere Aktualisierungen siehe unter: http://www.gesetze-im-internet.de/ Aktuelle Version zum Download siehe unter: http://www.gesetze-im-internet.de/ bundesrecht/tierschg/gesamt.pdf 5 1 6 Voraussetzungen | Anforderungsprofil 1.2.3 Auszug aus dem Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln 1 [Vollzitat: „Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2222) geändert worden ist“] § 43 Apothekenpflicht, Inverkehrbringen durch Tierärzte [...] (4) Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 dürfen ferner im Rahmen des Betriebes einer tierärztlichen Hausapotheke durch Tierärzte an Halter der von ihnen behandelten Tiere abgegeben und zu diesem Zweck vorrätig gehalten werden. Dies gilt auch für die Abgabe von Arzneimitteln zur Durchführung tierärztlich gebotener und tierärztlich kontrollierter krankheitsvorbeugender Maßnahmen bei Tieren, wobei der Umfang der Abgabe den auf Grund tierärztlicher Indikation festgestellten Bedarf nicht überschreiten darf. [...] (5) Zur Anwendung bei Tieren bestimmte Arzneimittel, die nicht für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, dürfen an den Tierhalter ... nur in der Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke oder durch den Tierarzt ausgehändigt werden. ... Ferner dürfen in Satz 3 bezeichnete Arzneimittel im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke im Einzelfall in einer für eine kurzfristige Weiterbehandlung notwendigen Menge für vom Tierarzt behandelte Einzeltiere im Wege des Versandes abgegeben werden. Sonstige Vorschriften über die Abgabe von Arzneimitteln durch Tierärzte nach diesem Gesetz und der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken bleiben unberührt. § 56a Verschreibung, Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln durch Tierärzte (1) Der Tierarzt darf für den Verkehr außerhalb der Apotheken nicht freigegebene Arzneimittel dem Tierhalter vorbehaltlich besonderer Bestimmungen [...] verschreiben oder an diesen nur abgeben, wenn 1. sie für die von ihm behandelten Tiere bestimmt sind, [...] 4. ihre Anwendung nach Anwendungsgebiet und Menge nach dem Stand der veterinärmedizinischen Wissenschaft gerechtfertigt ist, um das Behandlungsziel in dem betreffenden Fall zu erreichen, und [...] (2) Soweit die notwendige arzneiliche Versorgung der Tiere ansonsten ernstlich gefährdet wäre und eine unmittelbare oder mittelbare Gefährdung der Gesundheit [...] Voraussetzungen | Anforderungsprofil nicht zu befürchten ist, darf der Tierarzt bei Einzeltieren [...] zugelassene oder von der Zulassung freigestellte Arzneimittel verschreiben, anwenden oder abgeben: 1. soweit für die Behandlung ein zugelassenes Arzneimittel für die betreffende Tierart und das betreffende Anwendungsgebiet nicht zur Verfügung steht, ein Arzneimittel mit der Zulassung für die betreffende Tierart und ein anderes Anwendungsgebiet 2. soweit ein nach Nummer 1 geeignetes Arzneimittel für die betreffende Tierart nicht zur Verfügung steht, ein für eine andere Tierart zugelassenes Arzneimittel; 3. soweit ein nach Nummer 2 geeignetes Arzneimittel nicht zur Verfügung steht, ein zur Anwendung beim Menschen zugelassenes Arzneimittel [...] Vollständiger Gesetzestext sowie ggf. weitere Aktualisierungen siehe unter: http://www.gesetze-im-internet.de/ Aktuelle Version zum Download siehe unter: http://www.gesetze-im-internet.de/ bundesrecht/amg_1976/gesamt.pdf 1.2.4 Auszug aus der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken [Vollzitat: „Verordnung über tierärztliche Hausapotheken in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Juli 2009 (BGBl. I S. 1760)“] § 12 Abgabe der Arzneimittel an Tierhalter durch Tierärzte (1) Arzneimittel, die für den Verkehr außerhalb der Apotheken nicht freigegebene Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen enthalten oder auf Grund ihres Verabreichungsweges oder ihrer Indikation apothekenpflichtig sind, dürfen von Tierärzten an Tierhalter nur im Rahmen einer ordnungsgemäßen Behandlung von Tieren oder Tierbeständen abgegeben werden. (2) Eine Behandlung im Sinne des Absatzes 1 schließt insbesondere ein, dass nach den Regeln der tierärztlichen Wissenschaft [...] 2. die Anwendung der Arzneimittel und der Behandlungserfolg vom Tierarzt kontrolliert werden. Vollständiger Gesetzestext sowie ggf. weitere Aktualisierungen siehe unter: http://www.gesetze-im-internet.de/ Aktuelle Version zum Download siehe unter: http://www.gesetze-im-internet.de/ bundesrecht/t_hav/gesamt.pdf 7 1 8 Voraussetzungen | Anforderungsprofil 1.2.5 Auszug aus dem Säugetiergutachten 1 [Vollzitat: „Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren vom 7. Mai 2014. Hrsg. vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Tierschutzreferat.] Das Gutachten [...] gibt eine Orientierungshilfe für die Auslegung der allgemeinen Regelungen des Tierschutzgesetzes. [...] I Anwendungsbereich und allgemeine Grundsätze 2. Der Anwendungsbereich dieses Gutachtens umfasst grundsätzlich die Haltung aller im Gutachten behandelten Säugetiere wildlebender Arten... [...] 8. Im Gutachten sind die Haltungsbedingungen für Säugetiere dargestellt, die erfahrungsgemäß in Haltungen im Sinne von Ziffer 2 gehalten werden. Das Gutachten gilt entsprechend für nicht darin genannte Arten, soweit die Vergleichbarkeit hinsichtlich der Anforderungen an eine tierschutzgerechte Haltung [...] wissenschaftlich ausreichend gesichert ist. In allen übrigen Fällen sind die Anforderungen im Einzelfall nach wissenschaftlichen Maßstäben festzulegen. Ggf. sollte ein Sachverständiger zur Beratung herangezogen werden. II Allgemeine und tiermedizinische Anforderungen 1 Gehegeanforderungen 1.4 Quarantänegehege und -anlagen sowie Haltungen zur tiermedizinischen Betreuung von Tieren, in denen die Tiere unter dauernder veterinärmedizinischer Aufsicht stehen, sind Einrichtungen einer vorübergehenden Unterbringung und dürfen daher von den Mindestanforderungen abweichen. 1.5 Pflege- und Aufnahmestationen z.B. in Zoos, Artenschutzeinrichtungen oder Tierheimen, die die Mindestanforderungen nicht vollumfänglich erfüllen, dürfen bis zu drei Monate für die Haltung von Tieren verwendet werden. Eine länger als drei Monate dauernde Unterbringung [...] bedarf der Begründung [...] [...] 2 Haltungsansprüche 2.1 Tiere sind so zu halten, dass den biologischen und den Erhaltungsbedürfnissen der jeweiligen Art Rechnung getragen wird. Die Haltung orientiert sich an den natürlichen Lebensbedingungen, den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen [...] 2.2 Bei allen Arten sind die spezifischen Anforderungen an Ernährung, Sozialstruktur, Klima [...] zu erfüllen. [...] Voraussetzungen | Anforderungsprofil 3 Fütterung / Ernährung 3.1 Zur Tierhaltung gehört eine gesunde, auf die jeweilige Tierart abgestimmte Ernährung. 3.2 Um Fehlernährung vorzubeugen, sind auf der Grundlage aktueller ernährungsphysiologischer Erkenntnisse... ausgewogene Futterpläne zu erstellen. 3.3 Bei der Fütterung/Nahrungsaufnahme sind neben den ernährungsphysiologischen Ansprüchen auch die artspezifischen Verhaltensbedürfnisse [...] zu berücksichtigen. 3.4 Der Ernährungszustand der Tiere ist regelmäßig zu überprüfen. Im Bedarfsfall sollen die Futtergaben bzw. Futteraufnahme erfasst werden. 3.5 Die Deckung des Flüssigkeitsbedarfes (Menge und Qualität) muss grundsätzlich – unabhängig von der Haltungsform – ständig gewährleistet sein. [...] 5 Anforderungen an die Pflege und tiermedizinische Betreuung 5.1 Die Haltung von Säugetieren darf nur durch Personen erfolgen, die hierfür die notwendige Sachkunde besitzen. Diese sollte durch Fort- und Weiterbildung auf aktuellem Stand gehalten werden und neuen Entwicklungen Rechnung tragen, [...] 5.2 Zur Betreuung und Pflege müssen sachkundige Personen, welche mit den speziellen Bedürfnissen der gehaltenen Tierarten vertraut sind, in ausreichender Zahl vorhanden [...] sein. [...] 5.14 Grundsätzlich soll von den Haltern [...] eine [...] Dokumentation zur Betreuung und Pflege vorgehalten werden. [...] IV Spezielle Anforderungen 17 Igelartige (Erinaceomorpha) 17.1 Gehegeanforderungen [...] Raumbedarf: Außengehege: Sofern vorhanden, gleiche Maße wie Innengehege. Innengehege: Für 1 – 2 Tiere 2 m², für jedes weitere Tier 1,5 m² mehr. Größere Flächen, ggf. als Auslauf, sind wünschenswert. [...] 17.3 Haltungsansprüche Sozialgefüge/Vergesellschaftung: Igel sind Einzelgänger. [...] Vollständiger Text des Säugetier-Gutachtens 2014 siehe unter: http://www.bmel. de/DE/Tier/Tierschutz/Tierschutzgutachten/_texte/HaltungSaeugetiere.html 9 1 10 Voraussetzungen | Anforderungsprofil 1.3 Genehmigung einer Igelstation 1 Die zuständigen Naturschutzbehörden können auf Antrag des Betreibers einer Igelstation eine offizielle Anerkennung erteilen, die eine Gewähr für die ordnungsgemäße Versorgung derartiger Tiere und die Einhaltung der einschlägigen tier- und artenschutzrechtlichen Bestimmungen bietet s. Kap. 1.2. Es müssen strenge Anforderungen an die Qualifikation der Betreiber gestellt werden. Grundlagen für die Erteilung der Erlaubnis, eine anerkannte Igelstation zu betreiben, sind die entsprechenden Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes (s. Kap. 1.2.1) in Verbindung mit den einschlägigen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes (s. Kap. 1.2.2) und die in diesem Anforderungsprofil aufgeführten Bedingungen. Voraussetzung für den Betrieb von Wildtierstationen durch Tierschutzvereine und tierheimähnliche Einrichtungen ist der Erwerb der Sachkunde nach § 11, Absatz 2, Nr. 1 Tierschutzgesetz. Solche Seminare werden durch Landestierschutzverbände angeboten. Sie informieren allgemein über Auffangstationen, über Natur- und Artenschutzrecht und vermitteln diverse Kenntnisse, die auch einem künftigen Igelstationsbetreiber von Nutzen sein können und insofern zur Erlangung einer offiziellen Anerkennung empfehlenswert sind. am Igel (z.B. Schnur, Draht, Gummis) weisen ebenfalls auf Verletzungen hin. Abb. 5 Verletzter Igel nach Hundebiss 1.4.2 Kranke Igel Solche Tiere erkennt man meist daran, dass sie scheinbar tagsüber Futter suchen, herumlaufen, -torkeln oder -liegen. Kranke Igel sind apathisch, rollen sich kaum ein, sind oft mager (Einbuchtung hinter dem Kopf, herausstehende Hüftknochen). Ihre Augen stehen nicht halbkugelig vor, sie sind eingefallen, schlitzförmig. Auf kranken, verletzten und schwachen Tieren sitzen in der warmen Jahreszeit häufig Schmeißfliegen, die dort ihre Eier ablegen. Nicht hilfsbedürftig sind dagegen meist Igel, die aufgestört wurden. Wenn Lauboder Reisighaufen entfernt, Holzstapel abgebaut, in Gärten und Parks gearbeitet wird, Baumaßnahmen im Gange sind oder Hunde herumstöbern, können Igelnester zerstört werden. Dann sucht auch ein gesundes Tier tagsüber einen neuen Unterschlupf. 1.4 Aufnahmekriterien | Hilfsbedürftigkeit 1.4.1 Verletzte Igel Oft lassen schon Fundort und -umstände (Straße, Bau- und Gartenarbeiten) Verletzungen vermuten. Verdrehte Gliedmaßen, Lahmheit, Blut, Eitergeruch, Fremdkörper Abb. 6 Kranker, abgemagerter Igel Voraussetzungen | Anforderungsprofil 11 1.4.3 Verwaiste Igelsäuglinge Sie gehören zur Kategorie „hilflose Tiere“, denn sie sind zwar oft (noch) gesund, können sich aber nicht selbstständig warmhalten oder ernähren. Igelbabys, die sich tagsüber außerhalb ihres Nestes befinden, noch geschlossene Augen und Ohren haben und sich womöglich kühl anfühlen, sind mit Sicherheit mutterlos. Bei tagaktiven Igeljungen um 100 g Körpergewicht muss man ebenfalls davon ausgehen, dass sie verwaist sind. Solche Igelchen brauchen sofort fachmännische Hilfe! Abb. 7 Verwaistes Igelbaby 1.4.4 „Untergewichtige“ Jungigel Vor etwa 30 Jahren einigten sich Fachleute darauf, dass Jungigel Anfang November um 500 Gramm wiegen sollten, damit sie eine gute Chance haben, den Winterschlaf lebend zu überstehen. Diese Einschätzung hat sich in der Praxis bestätigt, wie entsprechende Statistiken zeigen. Von den zwischen Oktober und Dezember in die Igelstationen gebrachten hilfsbedürftigen Igeln wiegen nur relativ wenige zwischen 450 und 550 Gramm. Auffällig, meist durch Tagaktivität, wurden vor allem wesentlich leichtere Jungigel. Dafür gibt es zwei Gründe: • Schlechtes Nahrungsangebot im Spätherbst. • Massenbefall mit Innenparasiten oder andere Krankheiten 1 Abb. 8 Jungigel im Herbst Diese beiden Ursachen beeinflussen sich gegenseitig: Je schwächer ein ursprünglich gesunder Jungigel aufgrund des Nahrungsmangels wird, desto weniger Abwehrkräfte kann er parasitären und oft sekundären bakteriellen Infektionen entgegensetzen, zumal sein Immunsystem noch nicht ausgereift ist. Kann man im Oktober oft mit Zufütterung helfen, so ist es dafür im November und Dezember meist zu spät, d.h. je später im Jahr ein Jungigel unter 500 Gramm gefunden wird, desto wahrscheinlicher ist er krank und würde ohne medizinische Behandlung sterben. 1.4.5 Igel, die nach Wintereinbruch, d.h. bei Dauerfrost und/oder Schnee, aktiv sind Abb. 9 Im Winter aktiver Igel 12 1 Voraussetzungen | Anforderungsprofil Solche Igel findet man ebenfalls vornehmlich am Tag. Es kann sich um kranke oder schwache Alttiere handeln, öfter aber sind es Jungtiere, die spät geboren, evtl. auch krank sind und/oder sich wegen des geringen Nahrungsangebots im Herbst kein für den Winterschlaf ausreichendes Fettpolster anfressen konnten. 1.5 Betreuung | Personal Die Igelpflege führen in erster Linie die Stationsbetreiber durch, in Kooperation mit einem Tierarzt ihrer Wahl. 1.5.1 Igelpfleger | Hilfskräfte Die meisten Igelstationen in Deutschland sind Privatinitiativen erfahrener Igelpfleger und in deren Wohnungen bzw. Häusern etabliert. Oft wird der Stationsbetreiber durch Familienmitglieder, Freunde und manchmal auch durch bezahlte Helfer unterstützt. Außerdem gibt es zentrale Igelstationen von Igelschutzvereinen, in denen engagierte Mitglieder die Igel pflegen; manchmal werden auch Minijobber beschäftigt. Abb. 10 Hilfsbedürftiger Tagesfund In Tierheimen obliegt die Führung der Igelstation den dort tätigen Mitarbeitern, die möglichst speziell geschult sein sollten. 1.5.2 Medizinische Betreuung | Tierarzt Jede Igelstation hat einen Tierarzt zu benennen, der die qualifizierte medizinische Betreuung überwacht und dem Verantwortlichen der Igelstation routinemäßige bzw. verordnete Behandlungen übertragen kann. Nach tierärztlicher Anleitung und Absprache sollen die Personen, die Igelstationen betreiben, auch fähig sein, die medizinische Erstversorgung, eine Begleittherapie und Routinebehandlungen durchführen. Narkosen, chirurgische Eingriffe und Euthanasie dürfen nur von approbierten Tierärzten vorgenommen werden. Der Tierarzt darf auch apothekenpflichtige Präparate für die Tierärztliche Hausapotheke der Igelstation abgeben (s.a. K ap. 1.2.3 und K ap. 1.2.4). In der Hausapotheke sollten neben Präparaten gegen Ektoparasiten (Flöhe, Zecken, Milben) und Endoparasiten (Lungenwürmer, Darmhaarwürmer etc.) auch Mittel zur lokalen Wundversorgung, bei Infektionen von Augen, Nase und Ohren auch ein Antibiotikum zur Erstversorgung vorhanden sein. Außerdem ist ein Bestand an Präparaten zur Aufbaubehandlung und zur Zwangsfütterung schwacher Igel sowie zur Aufzucht von Igelsäuglingen sinnvoll. Bei unerklärlichen Todesfällen ist der Igel zur Feststellung der Todesursache an ein Tierärztliches Untersuchungsamt zu schicken. Bei begründetem Verdacht auf eine Vergiftung durch einen konkret Voraussetzungen | Anforderungsprofil zu benennenden Stoff wird dringend die Untersuchung durch ein toxikologisches Institut empfohlen. Kadaver sind grundsätzlich über den Tierarzt zu entsorgen. Ist wegen Wintereinbruchs die sofortige Freilassung des gesundeten Igels nicht mehr möglich, so muss dem Tier dennoch Gelegenheit zum Winterschlaf gegeben werden. Die Einzelhaltung gilt prinzipiell auch für die Winterschlafzeit. In jedem Fall ist auf Sauberkeit und Hygiene größter Wert zu legen, um Ansteckung bzw. Ausbreitung von Krankheiten zu unterbinden. 1.6.2 Unterbringung Abb. 11 Subkutane Injektion beim Igel 1.6 Raumkapazitäten | Unterbringung Die Igelstation sollte getrennt vom Wohnbereich des Betreibers eingerichtet werden. Dies ist sowohl wegen der Anforderungen an die Hygiene notwendig, s. KAP. 4, als auch wegen des Betriebsablaufs, der Ruhe für die Pfleglinge und wegen des Publikumsverkehrs wünschenswert. 1.6.1 Raum Zur Unterbringung von Igelpfleglingen im Haus muss ein separater, heizbarer Raum mit Tageslichteinfall und Lüftungsmöglichkeit zur Verfügung stehen. Bedingungen sind außerdem ein reinigungsbeständiger Boden und ein Wasseranschluss in räumlicher Nähe. Grundsätzlich sind die Igel in geeigneten Räumen einzeln unterzubringen. Ausnahmen von der Einzelhaltung sind Mütter mit abhängigen Jungtieren, Jungigel aus einem Wurf und unselbstständige Säuglinge. Abb. 12 Igel in Bodenbox Igelpfleglinge müssen ihrer Art entsprechend grundsätzlich einzeln gehalten werden; nur Würfe können eine Zeitlang in einem Gehege zusammen untergebracht werden. Für die Haltung hilfsbedürftiger Igel sind Boxen zu verwenden, die dem Aktionsbedürfnis der Tiere in Gefangenschaft gerecht werden. Jede Box muss ein Schlafhaus für den Igel enthalten. Igelboxen müssen aus reinigungsbeständigem Material bestehen, täglich gründlich gesäubert und vor neuer Belegung desinfiziert werden. Schlafhäuser müssen ebenfalls desinfizierbar bzw. austauschbar sein. Am besten eignen sich für die vorübergehende Haltung von einzelnen Igelpfleglingen Schrankboxen mit einer Grundfläche von mindestens 75 bis 100 cm Breite, 60 cm Tiefe und 35 cm Höhe. 13 1 14 Voraussetzungen | Anforderungsprofil 1 Abb. 13 Boxenschrank Abb. 15 Freigehege Bodenboxen sind für die tägliche Arbeit der Pfleger ungünstig. Bei der üblichen Grundfläche von 2 m² erlauben sie eine größere Bewegungsfreiheit als Schrankboxen und sind daher insbesondere für große Würfe sinnvoll. Allerdings kann man die Schrankboxen mit Durchschlüpfen versehen, so dass die Igel zwei oder drei Boxen nützen können (siehe Abb. 21 und 22). Damit ist der vermeintliche Vorteil der Bodenboxen dahin! Freigehege sind für den Winterschlaf nur dann geeignet, wenn keine Gefährdung durch andere Tiere besteht. 1.7 Futter Das Futter muss artgerecht, ausgewogen, vielseitig, ausreichend und den organischen und geschmacklichen Bedürfnissen der Igel angepasst sein. Bei der Fütterung ist besondere Sorgfalt und Hygiene geboten (z.B. wegen Salmonellengefahr). Trinkwasser muss täglich gewechselt, Futterreste müssen täglich entfernt werden. Futter- und Wasserschüsseln müssen aus Glas, Steingut oder Porzellan bestehen und täglich heiß gespült werden. Abb. 14 Bodenboxen Winterschlafboxen müssen an einem Ort mit Außentemperaturen platziert werden, entweder draußen oder in einem vergleichbar kalten Raum. Abb. 16 Igelchen an Futterschale Voraussetzungen | Anforderungsprofil 15 1.8 Weitergabe von Igeln Um die Verweildauer der Tiere in einer Igelstation kurz zu halten, sollten die Igel nach Möglichkeit an die Finder zurück- oder an Drittpersonen („Pflegeeltern“) abgegeben werden, vorausgesetzt, dass die Finder/Pflegeeltern artgerechte Unterbringung und Ernährung des Igels glaubhaft versichern, sowie über Haltung, Pflege und die Vorbereitungen zur Freilassung informiert werden. Überdies muss weitere fachliche Beratung garantiert sein. Es dürfen nur Igel an Finder bzw. Pflegeeltern zurück- bzw. abgegeben werden, die entweder keiner medizinischen Behandlung mehr bedürfen, oder bei denen eine professionelle medizinische Behandlung weiterhin gewährleistet ist. Die Finder bzw. Pflegeeltern sollten angehalten werden, das Pflegeprotokoll weiterzuführen und bis zur Freilassung des Igels mit der Station in Kontakt zu bleiben. 1.9 Freilassung | Auswilderung Ziel jeder Igelpflege ist die Auswilderung des Igels sobald das Tier sich in Freiheit selbst erhalten kann, so schreibt es das Bundesnaturschutzgesetz vor, s. Kap. 1.2.1. Igel sollen möglichst am Fundort oder in dessen Umgebung ausgesetzt werden. Das gilt auch für Albino-Igel, bei denen sich weder die Lichtempfindlichkeit der Augen noch die der Haut ungünstig auswirkt, da Igel ja nachtaktiv sind. Zudem ist ihr Stachelkleid schnell so verschmutzt, dass ein Albino oft erst auf den zweiten Blick als solcher erkannt wird. Wenn möglich, sollen der Igelfinder bzw. die „Pflegeeltern“ das Tier selbst auswildern. 1 Abb. 17 Igel in Freiheit Ist der Fundort nicht genau bekannt oder ungeeignet, muss das Tier wenigstens in derselben Region ausgesetzt werden. Dort ist mit der nötigen Sorgfalt ein neuer Lebensraum zu suchen. Zur Vorbereitung auf die Freilassung insbesondere von handaufgezogenen Tieren sind Außengehege zur Verfügung zu stellen, die dem Anspruch an ein „Trainingsgelände“ genügen, d.h. ausreichende Bewegungsmöglichkeit bieten, Naturboden haben und für die Nahrungstiere der Igel zugänglich sind. Abb. 18 Freigehege 16 Voraussetzungen | Anforderungsprofil 1.10 Dauerhaltung von invaliden Igeln 1 Die lebenslängliche Gefangenschaft eines nicht mehr aussetzfähigen Igels sollte die absolute Ausnahme sein. Invalide Igel sind der zuständigen Naturschutzbehörde zu melden, da deren Dauerhaltung in jedem einzelnen Fall genehmigt werden muss, s. Kap. 1.2.1. Dem Antrag auf Genehmigung der Dauerhaltung muss ein Attest des behandelnden Tierarztes beigefügt sein, aus dem die Begründung zur Dauerhaltung hervorgeht. Als Gehege für solche Tiere eignen sich völlig ummauerte Gartengrundstücke oder sehr große Freigehege. Eine Haltung im Wohnbereich, auf engem Raum in kleinen Gehegen oder Kisten ist abzulehnen (siehe auch Kap. 1.2.5 „Auszug aus dem Säugetiergutachten“). mebuch vorgelegt werden. Diese Dokumentationen sind mindestens drei Jahre lang aufzubewahren. Igelstationen und Igelberatungsstellen, die öffentliche Zuschüsse und Zuschüsse von Vereinen beantragen oder bekommen, wird empfohlen, sich schriftlich zur Einhaltung dieses Anforderungsprofils zu verpflichten. Sie müssen eine einfache Buchführung über Einnahmen und Ausgaben mit Belegen vorweisen können. 1.12 Öffentlichkeit Die Obere Naturschutzbehörde entscheidet auf Antrag des Betreibers, ob für die Igelstation in begrenztem Umfang Besucher und Besuchergruppen zugelassen werden, hierfür ist eine Erlaubnis erforderlich, s. Kap. 1.2.2. Besucher sind von schwer kranken Tieren fernzuhalten. Die Tiere in der Station dürfen durch Besucher nicht beunruhigt oder gestört werden. 1.13 Kooperationen | weitergehende Aufgaben Abb. 19 Igel in umzäuntem Garten Hält eine Igelstation dauerhaft Igel, die nicht mehr ausgewildert werden können und wird diese Igelstation für Besucher geöffnet, so ist hierfür eine ausdrückliche behördliche Erlaubnis einzuholen, s. Kap. 1.2.2. 1.11 Behördliche Kontrollen Zuständigen Kontrollorganen ist jederzeit Zutritt zu den Igelboxen und den Außengehegen zu gewähren. Auf Verlangen müssen Pflege-Protokolle und Aufnah- Eine Genehmigung zum Betrieb einer Igelstation schafft Voraussetzungen, einerseits Igelschutzarbeit öffentlich zu machen. Das ist wünschenswert, denn Politik und Verwaltung erkennen oft den Bedarf an Einrichtungen für die kurative Igelhilfe gar nicht. Andrerseits gilt es, eine offizielle Erlaubnis und damit einen öffentlichen Auftrag für die IgelschutzArbeit einzuholen. Ein gut funktionierendes Netzwerk, d.h. eine Plattform, die den Erfahrungsaustausch unter den Betreibern von Igelstationen erleichtert und fördert, bewirkt auch schnelle und richtige Hilfe für den Igel. Voraussetzungen | Anforderungsprofil 17 Organisationsschema rund um eine Igelstation Organisation Leiter der Igelstation, Initiator, Vereinsvorstand 1 Tierärzte Universitäten, Tierärztliche Hochschulen Vermittlung von Igelfindern, Zusammenarbeit Zusammenarbeit in Medizin, Forschung und Lehre Igelfinder Medien Soforthilfe, Information, „Rat und Tat“ (z.B. lokale Presse, lokales Radio und Fernsehen) Öffentlichkeitsarbeit Igelstation Polizei, Feuerwehr Vereinsmitglieder Igelfunde Versammlungen, Mitarbeiter Bildungs- und Sozialeinrichtungen, Volkshochschulen, Kleingärtnervereine etc. Information, Besuche vor Ort oder in der Igelstation Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten Information, Besuche vor Ort oder in der Igelstation Tier- und Naturschutzvereine, Tierheime, Wildtierstationen Vermittlung von Igelfindern, Information Behörden, z.B. Umwelt-, Grünflächenämter Untere Naturschutzbehörde Information, Genehmigungen 18 1 Voraussetzungen | Anforderungsprofil KAPITEL 2 Räume einer Igelstation 19 Räume einer Igelstation 2.1 Boxenraum............................................................................................................................................................. 19 2.2 Besucherraum........................................................................................................................................................ 21 2.3 Plan für eine Igelstation....................................................................................................................................... 22 E ine Igelstation sollte in erster Linie unter funktionalen Gesichtspunkten im Hinblick auf die Igelpflege und deren bestmögliche Organisation geplant werden. Informationstafeln, sachbezogene Literatur und stachlige Dekoration dienen außerdem dazu, Finder über das Wildtier Igel zu unterrichten und für den Igelschutz zu interessieren. Sie dürfen keinesfalls zum Dauerzustand werden! Enge Zusammenarbeit mit den Igelfindern und die ständige Suche nach guten Pflegeplätzen sollen dafür sorgen, dass es gerade im Spätherbst keine Überfüllung der Station gibt. 2.1 Boxenraum Das Herzstück einer Igelstation ist der Boxenraum für die Pfleglinge. Er muss heizbar sein, denn kranke und verletzte Igel brauchen Zimmertemperatur, also etwa 20°C. Tageslichteinfall und Belüftbarkeit sind ebenso wichtig wie eine gute Beleuchtung und ein leicht zu pflegender Boden. Ideal ist ein gefliester Raum. Eine Igelstation funktioniert ähnlich wie ein Krankenhaus: Der stachelige Patient wird aufgenommen, gesund gepflegt und an den Igelfinder oder einen anderen externen Pfleger zur weiteren Betreuung und/oder zur Auswilderung zurückgegeben. Die Aufenthaltsdauer eines Igels in einer Igelstation sollte möglichst kurz sein, am besten nicht länger als ein bis maximal drei Wochen. Nur dann sind die üblicherweise relativ kleinen Boxen zu vertreten (s. KAP. 1.6.2 und KAP. 3.1). Abb. 20Wurfgeschwister an Futterschale Die Igel müssen schon wegen der Gefahr der Übertragung von Krankheiten unbedingt einzeln gehalten werden, wie es im Übrigen ihrer Lebensweise als Einzelgänger entspricht. Nur Jungtiere aus einem Wurf können zumindest eine Zeitlang (bis ca. 300 g Körpergewicht) zusammen bleiben, vorausgesetzt, dass die Stärkeren den Schwächeren nicht ständig das Futter wegfressen. In einem solchen Fall muss man den Wurf in kleinere Gruppen etwa gleich schwerer Igel aufteilen. 2 20 2 Räume einer Igelstation Um den Arbeitsablauf rationell zu gestalten, braucht eine Igelstation einen Arbeitswagen. Täglich, möglichst morgens müssen die Boxen gereinigt und frisch mit Zeitungspapier ausgelegt werden. Müllsack und Zeitungspapier, dazu der Putzeimer mit Zubehör, finden auf einem solchen Wagen Platz. Außerdem ist ein Arbeitstisch nötig, um Futter- und Wasserschüsseln abzustellen. Beim Saubermachen räumt man die Näpfe aus den Boxen, abends wird gefüttert und frisches Wasser ausgeteilt. Der Arbeitstisch kann – nach entsprechender Säuberung – auch als Behandlungstisch dienen. Auf ihm hat man zudem die Pflegeprotokolle griffbereit, außerdem Schreibzeug und eine Digitalwaage, die bis zu zwei Kilogramm auf ein Gramm genau anzeigt. Außerdem können im Boxenraum ein Kühlschrank sowie ein abschliessbarer Schrank für Medikamente aufgestellt werden. Das Zeitungspapier zum Auslegen der Boxen und Schlafhäuser bereitet man am besten vor, indem man es auseinander gefaltet aufeinander legt und jeweils kleine Stapel bereit legt. Ein Wasch- bzw. Spülbecken dient nicht nur zum groben Abspülen des Futtergeschirrs und zum Händewaschen, sondern auch für Badebehandlungen von Igeln. Im Boxenraum sollte auch ein Mikroskop samt Zubehör für die Kotuntersuchungen stehen, günstig wird es in der Nähe des Waschbeckens platziert. Ein Schreibtisch mit Telefon und Computer vor Ort erleichtert die notwendigen Schreib- und Dokumentationsarbeiten. Praktisch ist es, wenn der Boxenraum einen Ausgang ins Freie – möglichst nach Norden – besitzt. An der Außenwand lassen sich dann eine Reihe von Winterschlafboxen aufstellen, die so ebenfalls gut erreichbar sind. Der Platz für die Winterschlafboxen sollte möglichst überdacht sein, damit die Unterkünfte und vor allem die Schlafhäuser nicht durchnässen und außerdem, damit das Pflegepersonal vor Regen und Schnee geschützt ist. Abb. 21 Behandlungstisch Je nach Größe des Raums ist eventuell ein fahrbarer Schubladenschrank für Schutzhandschuhe, Medikamente, Verbandsmaterial und dem Ordner mit den Pflegeprotokollen sinnvoll, falls letztere nicht bei den Boxen platziert sind. Abb. 22 Schrankboxen Räume einer Igelstation 21 2.2 Besucherraum Ein zweiter Raum in der Igelstation sollte als Besucherraum vorgesehen werden. Je nach den baulichen Verhältnissen kann man auch einen Teil des Boxenraums hierfür abtrennen oder den Flur entsprechend nutzen. Die Besucher sollten jedenfalls nicht im Boxenraum empfangen werden, um die Tiere nicht zu beunruhigen oder gar Krankheitskeime einzuschleppen Abb. 24 Ausstellung Naturnaher Garten Abb. 23 Warteraum einer Igelstation Abb. 25 Ausstellung Gefahrenhinweise Im Besucherraum können Igelfinder ihre Fundtiere vorstellen oder abgeben, bzw. sie nach der Wiederherstellung zur weiteren Pflege oder zur Auswilderung abholen. Der Raum sollte mit einigen Sitzgelegenheiten ausgestattet sein. Informationsmaterial kann man in einem Ständer anbieten, Info-Plakate an den Wänden unterstützen die Einweisung der Igelpfleger für eine weitere sach- gerechte Betreuung der Igel und verkürzen die Beratungs- und Wartezeit. Große Igelstationen, die über viel Raum und einen festen Helferkreis verfügen, können interessante und wichtige Informationen auch in Form einer Ausstellung präsentieren. Ein Hinweis auf die fast immer ehrenamtliche Arbeit der Igelstationsbetreiber und ein „Spendenigel“ sollten nicht fehlen! 2 22 Räume einer Igelstation 2.3 Plan für eine Igelstation (Maßstab: ca. 1:50) Norden Überdachter Platz im Freien 2 Fenster 3,00 m Besucherraum Fenster Fenster 3,60 m Boxenraum 5,00 m 1 Winterschlafboxen (3 x 4 Boxen à 60 x 100 cm übereinander) 2 Regal mit Infomaterial 3 Stühle für Besucher 4 niedriger Tisch 5 Tisch für Info-Material und Muster-Igelgehege 6 Putzzeug (Eimer usw.) 7 verschließbarer Schrank, Regal für Zeitungspapier 8 Kühlschrank 9 Spüle, evtl. auch Spülmaschine 10Behandlungstisch 11 Schreibtisch 12 Computer 13 Stuhl 14 Arbeitswagen mit Müllbeutel und Zeitungspapier 15 Igelboxen (5 x 4 Boxen à 60 x 100 cm übereinander) KAPITEL 3 Unterbringung der Igel 23 Unterbringung der Igel 3.1 Boxen .................................................................................................................................................................... 23 3.2 Schlafhäuser .......................................................................................................................................................... 26 3.3 Freigehege ............................................................................................................................................................. 27 D ie richtige Unterbringung der Igel ist ein wichtiger Aspekt für die erfolgreiche Igelpflege. Während der Zeit der Behandlung und Auffütterung müssen die Igel in warmen Räumen bei Zimmertemperatur von ca. 20° C untergebracht sein. Für den überwachten Winterschlaf bedarf es kalter Räumlichkeiten bzw. Gehegeplätze bei Außentemperatur. 3.1 Boxen Boxen übereinander angeordnet sind, sparen sie im Gegensatz zu Bodenboxen oder Käfigen Platz und sind überdies rückenfreundlich. Unter den Boxenschränken kann man Vorräte oder Zeitungspapier lagern. Die Unterbringung der Igel erfolgt am besten in Boxen, die aufgrund der ausdrücklich vorübergehenden Aufnahme hilfsbedürftiger Tiere in menschliche Obhut das im Säugetiergutachten 2014 (s. Kap. 1.2.5) geforderte Maß von 2 m² Grundfläche unterschreiten dürfen. Die Anzahl der Boxen muss sich an den räumlichen, personellen und finanziellen Möglichkeiten der Igelstation orientieren. Qualität geht vor Quantität, d.h. an erster Stelle steht die optimale Versorgung der Igel. 3.1.1 Schrankboxen Die Schrank- bzw. Regalboxen stehen auf 40-50 cm hohen Beinen. Weil jeweils vier Abb. 26 Boxenschrank Da sich die Igel nur vorübergehend in der Igelstation aufhalten sollen, reichen relativ kleine Boxen aus. Kranke oder verletzte Tiere haben keinen großen Bewegungsdrang. Für eine länger andauernde Pflege eines einzelnen Tiers sind Boxen von zwei Quadratmetern Grundfläche oder mehr zu empfehlen. Eine Box von wenigsten 75 cm Breite, 60 cm Tiefe und 35 cm Höhe entspricht den Mindestanforderungen für die kurzzeitige Igelpflege. 3 24 Unterbringung der Igel Abb. 27 Blick in eine Igelbox 3 Größere Boxen-Tiefen als 60 cm sind ungünstig, sie erschweren die Reinigung. Es ist sinnvoll, sich beim Boxenbau an der Größe der Tageszeitung am Ort der Igelstation zu orientieren und dabei zu berücksichtigen, dass die Blätter – ausgelegt – ein paar Zentimeter an den Seiten hochragen sollen. Beim Bau der Boxen sollte man berücksichtigen, dass manche Igel externe Wärmezufuhr brauchen, weil sie unterkühlt sind. Damit man ohne Probleme Heiz-, Thermo- oder Wärmematten in die Boxen legen kann, sollte eine Bohrung in der Boxenrück- oder Seitenwand, evtl. mit Kabeltunnel, die Zuführung von Stromkabeln (für Matte und Thermostat) ermöglichen (s. auch Kap. 6.1.) Boxenschränke lassen sich z.B. aus kunststoffbeschichteten, wasserfesten Spanplatten bauen. Die Türen bestehen aus einem Rahmen aus beschichteten Spanplatten und sind mit punktverschweißtem, festem Draht mit etwa einem Zentimeter Maschenweite bespannt. Natürlich muss auch ein Riegel angebracht sein. Eleganter und besser zu reinigen als drahtbespannte Türen sind solche aus Edelstahlgitter oder aus Plexiglas. Letztere müssen natürlich eine Reihe von Luftlöchern am oberen Rand besitzen. Beim Öffnen ragen Türen mit einer Breite von 75 cm oder mehr weit in den Raum. Etwas aufwendiger in der Herstellung, aber praktischer, sind geteilte Türen mit einem nur halb so großem Schwenkbereich. Am allerbesten sind von oben nach unten zu öffnende Türen, die nicht in den Raum ragen. Der Austausch der Zeitungsauslage ist bequem zu handhaben; solche Türen erlauben außerdem das ungehinderte Arbeiten mehrerer Personen an und in den Boxenzeilen nebeneinander. An den Boxentüren bringt man kleine Schilder mit fortlaufenden Nummern an. Es empfiehlt sich, wenigstens einen Teil der Boxen mit kleinen Durchgängen (ca. 15 x 15 cm) zu den jeweils daneben befindlichen Abteilen zu versehen. Man kann diese Durchgänge mit Schiebern verschließen. Für einen Wurf heranwachsender Jungigel reicht oftmals eine Box nicht aus, den Wurf möchte man aber auch zunächst nicht trennen. Da ist es praktisch, wenn man zwei oder drei Boxen „zusammenschalten“ kann. Auch größeren, besonders unruhigen oder agilen Igeln kann man durch Herausnehmen eines Schiebers den doppelten Raum zur Verfügung stellen. Die Boxen, in denen man größere Würfe unterzubringen beabsichtigt, kann man mit einem ca. 10 cm hohen Brett an der Vorderseite versehen. Dann fallen einem die Kleinen nicht gleich entgegen, wenn man die Boxentüre öffnet. Winterschlafboxen sind genauso konstruiert, wie die im warmen Raum. Unterbringung der Igel 25 Querschnitt 3 Beispiele für große, nach unten klappbare bzw. geteilte Türen Es empfiehlt sich, das untere Drittel der Boxentüren nicht mit Draht zu versehen, da dieser Teil besonders stark verschmutzt wird. Durchschlüpfe (0,15 x 0,15 cm) mit Schiebern, um mehrere Boxen miteinander zu verbinden. 3.1.2 Bodenboxen Bodenboxen sind für Igelstationen, die viele Pfleglinge aufnehmen, ungeeignet. Sie beanspruchen viel Platz und sind mühsam zu reinigen. Allerdings sind Bodenboxen eine preiswerte Alternative für private Pflegestellen, die wenige Tiere betreuen. Bodenboxen sollten 2 m² Grundfläche haben und 50 cm hoch sein, damit die Igel nicht herausklettern können. Man kann sie auch auf Böcke stellen, so dass Abb. 28 Bodenboxen man sich zum Reinigen nicht so tief bücken muss. 26 Unterbringung der Igel 3.2 Schlafhäuser 3.2.3 Winterschlafhäuser In jede Box gehört ein Schlafhaus, in das sich der Igel zurückziehen kann. Ein gut isoliertes Winterschlafhaus besteht aus zwei ineinander gestellten Kartons oder einem Außenhaus aus Holz mit einem hineingestellten Karton mit deckungsgleichen Schlupflöchern. Der Raum zwischen Außenhaus und Innenkarton wird fest mit zerknülltem Zeitungspapier ausgestopft. Normalerweise füttert man den Igel in seinem Winterquartier noch so lange, bis er das Futter nicht mehr anrührt, weil er eingeschlafen ist. Bei manchem Igel reicht der Kältereiz als Winterschlafauslöser allerdings nicht aus. Manchen überzeugt erst Nahrungsmangel davon, dass er nun schlafen sollte. Solchen Igeln entzieht man für drei Tage jegliches Futter, nicht aber das Trinkwasser. Schläft der Igel, klebt man mit zwei Stückchen Klebeband ein Blatt Toilettenpapier vor den Eingang des Schlafhauses. So genügt bei der täglichen Kontrolle ein Blick auf eben dieses Stück Papier. Ist es zerrissen, war der Igel wach. Beobachtet man, vor allem gegen Ende der Winterschlafzeit, mehrere Wachtage hintereinander, gibt man dem Tier wieder sein normales Feuchtfutter. 3.2.1 Karton-Schlafhäuser Als Schlafhäuser haben sich oben zuklappbare Kartons von ca. 30 cm Kantenlänge bewährt, die man seitlich mit einem 10x10 cm großen Schlupfloch versieht. 3.2.2 Plastik-Schlafhäuser 3 Auch Häuser aus Plastikmaterial sind gut geeignet. Ihr Vorteil ist, dass man sie auswaschen und immer wieder verwenden kann. Das verringert die Müllmenge. Plastik-Schlafhäuser muss man am oberen Rand des Behälters mit Luftlöchern versehen, damit kein Kondenswasser entsteht. Die Schlafhäuser legt man am Boden mit einer Lage Zeitungspapier aus und füllt sie außerdem mit viel zerrissenem und zerknülltem Zeitungs- oder Küchenpapier. Den Inhalt tauscht man aus, wenn er feucht oder verschmutzt ist. Die Plastik-Schlafhäuschen sind wegen der schlechten Wärmedämmung und der möglichen Kondenswasserbildung durch die Atmung des Igels nicht als Winterschlafhäuser geeignet. Abb. 29 Plastik-Schlafhaus Kartoffelbox Abb. 30 Winterschlafhaus Unterbringung der Igel 3.3 Freigehege Zu einer Igelstation gehört auch ein Freigehege für die Igel, die als Säuglinge ohne jegliche Naturerfahrung eingeliefert wurden. Sie sollen dort auf ihre Auswilderung vorbereitet werden. In ein Außengehege dürfen nur gesunde Igel gesetzt werden. Pro Igel rechnet man mindestens 4 qm Fläche. Auf gute Hygiene ist zu achten: Der Gehegeboden an den Futterstellen muss gut und leicht zu reinigen sein (z.B. glatte Steinplatten), Kot und Futterreste müssen täglich entfernt werden. Futterhäuser und Schlafhäuser sind räumlich zu trennen, sie müssen witterungsfest und abwaschbar sein. Für winterschlafende Igel sind Außengehege nur dann geeignet, wenn keine Gefährdung durch andere Tiere (z.B. Ratten, Marder, Eulen) besteht. 3.3.1 Standort Als Standort für das Gehege wählt man einen mit Gras bewachsenen Platz, der teilweise durch einheimische Bäume, Sträucher oder Stauden beschattet ist. Je vielfältiger der Bewuchs dieses kleinen Lebensraumes, desto mehr natürliche Nahrung finden die Igel darin. 3.3.2 Dauerhaftes Freigehege Für den Bau der Umzäunung eignen sich vielerlei Materialien: etwa Wellpolyester, PVC-Platten, Holzbretter, Palisadenhölzer, feiner Maschen- (Kaninchen-) Draht oder engmaschiger verzinkter Draht, der an Holz- oder Metallpfählen befestigt wird. Der Zaun muss mindestens 50 cm hoch sein und – um Ausbruchsversuche zu vereiteln – etwa 10-15 cm in den Boden eingelassen werden. Bei der Verwendung von Wellpolyester oder großflächigen Platten lässt man etwa 1,5 cm Abstand zwischen den Einzelteilen und überdeckt die Ritzen mit einer Latte. Die kleinen Öffnungen im Zaun gewähren flugunfähigen Insekten Zutritt ins Gehege. Einen Drahtzaun schließt man wegen der Kletterkünstler unter den Igeln oben mit einem nach innen ragenden Brett ab oder man knickt den Maschendraht nach innen um. Beim Bau des Geheges muss man überlegen, ob es auch abgedeckt werden soll. Eine Abdeckung mittels eines oder mehrerer mit engmaschigem „Kaninchendraht“ bespannter Rahmen ist anzuraten, um winterschlafende Igel vor Eindringlingen bzw. Fressfeinden zu schützen. Sollen mehrere solcher Rahmen eingesetzt werden, muss man an der Gehegeumzäunung entsprechende Auflagepunkte schaffen. Die gitterbespannten Rahmen sollten leicht abzuheben sein, um das Gehege zu pflegen bzw. den oder die Igel zu füttern und zu kontrollieren. Abb. 31 Freigehege Abb. 32 Blick in ein Freigehege 27 3 28 3 Unterbringung der Igel 3.3.3 Mobile Freigehege 3.3.4 Mobile Freigehege Abb. 33 Auswilderungsgehege nach ISGI e.V. Das vom Verein Igel-Schutz-Initiative e.V. (IGSI) entwickelte „Steck-System“ ist eine mobile Variante herkömmlicher Freigehege und bietet folgende Vorteile: • In der Auswilderungs-Zeit können mehrere beliebig große Gehege aufgestellt werden. •Mobile Gehege im Steck-System können schnell und problemlos „umziehen“ (sie wiegen nicht viel und sind gut im Auto zu transportieren). •Mobile Gehege im Steck-System kann man bei Bedarf verleihen oder zwischenlagern. •Mobile Gehege im Steck-System können leicht umgestellt werden, wenn trotz aller Vorsicht eine Belastung des Erdbodens durch Bakterien etc. eingetreten ist. Ein festes, also dauerhaftes Außengehege sollte möglichst naturnah gestaltet sein und mit einheimischen Pflanzen und Büschen bepflanzt werden. Dann bietet es auch auf kleiner Fläche natürlichen Unterschlupf und Nahrungstiere zusätzlich zu dem innenstehenden Schlafhaus und dem abendlichen Futter. Bauanleitung für ein Element eines Steck-Geheges Rohe Bretter werden auf ein einheitliches Maß geschnitten und vor dem Zusammenbau mit umweltfreundlicher Lasur (wasserlösliche, mit dem „Blauen Engel“ ausgezeichnete Produkte) gestrichen. Damit die stacheligen Untermieter nicht ausbrechen, empfiehlt es sich, den Maschendraht unten überlappen zu lassen und einzugraben. Um dem Übersteigen des Zaunes vorzubeugen, bringt man auf jedem Element ein waagrechtes, nach innen ragendes Brett an. Bei steinigem Untergrund sollten die „Heringe“ (= Eisendraht) länger als vorgegeben gefertigt werden. Trotzdem muss man täglich nachsehen, ob ein Igel Löcher gegraben hat (besonders bei durch Regen aufgeweichtem Boden)! K APITEL 4 Hygienemanagement 29 Hygienemanagement Ulli Seewald 4. 1 Grundsätze zur Reinigung und Desinfektion..................................................................................................... 4.2 Grundsätze zur Igelpfleglinge betreffenden Hygiene....................................................................................... 4.3 Einzelhaltung......................................................................................................................................................... 4.4 Reinigung und Desinfektion der Igelgehege | Igelboxen.................................................................................. Z ur Vorbeugung vor ansteckenden Krankheiten und deren Verbreitung unter Igeln sind sorgfältige Hygiene-Maßnahmen in Igelstationen unerlässlich. Hygiene zielt grundsätzlich darauf ab, das Infektionsrisiko für Mensch und Tier zu minimieren. 4. 1 Grundsätzliches zur Reinigung und Desinfektion Die einfachste und sicherste Art zur Gewährleistung hygienischer Sicherheit ist Prävention. Neben der Händedesinfektion stellt die Flächen- bzw. Raumdesinfektion die wichtigste Präventionsmaßnahme zur Verhinderung von Kontaminationen mit einem vielfältigen, sich ständig wandelnden Keimspektrum dar. Reinigung und Desinfektion sind grundsätzlich bei mehrfach verwendeten Gegenständen (z.B. Waage, Behandlungstisch, Instrumente, Mikroskop usw.) wichtig und nötig und nach jeder Benützung routinemäßig durchzuführen. Ebenso sind für die Boxen einer Igelstation sorgfältige Hygienemaßnahmen zwingend. 29 29 29 30 4.2 Grundsätzliches zur Hygiene Sämtliche Igel in Menschenhand sind hilfsbedürftig – ansonsten liegt ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz vor. Ein Großteil der Pfleglinge ist im Allgemeinen akut erkrankt, am häufigsten sind bei Igelpatienten Parasitosen, bakterielle Infektionen und Unfallverletzungen. Deshalb ist es erforderlich, dass die Tiere während der gesamten Pflegezeit so sauber und hygienisch wie möglich untergebracht sind. Dabei muss man auch die Vermeidung der Ansteckung der Igel untereinander und den Schutz der Gesundheit des Menschen im Auge haben. 4.3 Einzelhaltung Eine wichtige Voraussetzung für die Vermeidung der Krankheitsübertragung unter Igelpatienten ist die Einzelhaltung der Pfleglinge. Ohnehin ist eine Gruppenhaltung für den Einzelgänger Igel nicht artgerecht und daher abzulehnen. Bewohnen mehrerer Tiere ein Gehege, können parasitäre, bakterielle, mykotische und virale Infektionen übertragen werden. Auch eindeutige Diagnostik und die Verabreichung von bestimmten Medi- 4 30 Hygienemanagement kamenten sind nur möglich, wenn man erkrankte Igel einzeln hält. Lediglich Wurfgeschwister kann man vorübergehend zusammen unterbringen, weil bei ihnen das pathogene Spektrum das gleiche ist. Dennoch müssen akut kranke oder verletzte Tiere von den Geschwistern getrennt und einzeln gehalten werden. 4.4 Reinigung und Desinfektion der Igelgehege | Igelboxen 4 Igelboxen und Gehege werden täglich, am besten morgens gesäubert. Das Zeitungspapier, mit dem Kisten und Boxen ausgelegt werden, wechselt man aus. Kot, Urin und Futterreste müssen entfernt werden, um beispielsweise Reinfektionen über die Exkremente des Igels zu vermeiden. Die Boxen sollten zunächst mit warmem Wasser und normalen Haushaltsreinigern gesäubert werden, sofern keine erhöhte Infektionsgefahr besteht. Bei der Säuberung der Boxen ist zu bedenken, dass man mit der Reinigungsflüssigkeit und vor allem mit den Putzlappen Keime übertragen kann. Deshalb nimmt man für jede Box ein neues Tuch, entweder ein Wegwerfprodukt von der Rolle oder einen kochbaren Lappen. Verwendet man Handtücher zum Trocknen nach der Reinigung von Boxen, Böden, Futterschüsseln etc., sollten auch diese unbedingt kochfest sein und in der Waschmaschine bei 95 °C gewaschen werden können, denn nur dann werden Erreger sicher abgetötet. Zwischenzeitlich bringt man das Tier – natürlich ohne Kontakt zu anderen Igeln – anderweitig unter. Nach der Reinigung, und insbesondere nach jedem (!) Besatzwechsel erfolgt eine gründliche Desinfektion. In der Praxis werden hauptsächlich chemische Desinfektionsmittel angewandt. Die Boxen werden mit einem Mittel zur Flächendesinfektion behandelt, das nicht nur Bakterien, sondern ebenso Viren und Pilze abtötet. Wichtig ist es, sich genau an die Gebrauchsanweisung zu halten: Je nach Verdünnungsgrad muss die Lösung kürzer oder länger einwirken. Desinfektionsmittel zur Flächendesinfektion können kostengünstig in leere und gereinigte Glasreiniger-Sprühflaschen gefüllt werden, so dass man Boxen, Behandlungstische, Käfigtüren etc. gut einsprühen kann, wobei jede Ecke ausreichend mit Desinfektionslösung benetzt wird. Schlafhäuser aus Plastik sind ebenfalls gründlich zu desinfizieren, bevor ein neuer Pflegling einzieht. Kartons muss man entsorgen. Hygienemanagement 31 Tab. 4.4 Desinfektionsmittel zur Flächendesinfektion für Igelgehege Tanja Wrobbel Präparat Bacillol Plus Wirkung Gebinde Anwendung bakterizid, begrenzt viruzid, mykobakterizid, fungizid gebrauchsfertige Lösung 1x einsprühen, Einwirkzeit 30 Sek. bis 15 Min. Hinweis: bei hoher Pilzbelastung bis 15 Minuten Einwirkzeit Virkon S bakterizid, viruzid, fungizid Pulver, zur Gebrauchslösung mit Wasser verdünnt anmischen 10 g / 1 Liter Wasser 1x einstäuben, Einwirkzeit 10 Min. Hinweis: Lösung ist etwa 7 Tage stabil Neopredisan 135-1 Kokzidien, Kryptosporidien Konzentrat, zur Gebrauchslösung mit Wasser verdünnt anmischen, 40 ml / 1 Liter Wasser 1x einsprühen, Einwirkzeit 2 Std. Hinweis: Achtung: Igel-Bestand mehrere Stunden umquartieren! Interkokask Kokzidien, Kryptosporidien Lösung, zur Gebrauchslösung mit Wasser verdünnt anmischen, 40 ml / 1 Liter Wasser 1x einsprühen, Einwirkzeit 2 Std. Hinweis: Achtung: Igel-Bestand mehrere Stunden umquartieren! Intermitox Sprühkonzentrat Zecken, Haarlinge, Flöhe, Milben Konzentrat, zur Gebrauchslösung mit Wasser verdünnt anmischen, 10 ml / 1 Liter Wasser 1x einsprühen, Einwirkzeit Sofortwirkung Hinweis: ggf. nach 7 Tagen 1 – 2x wiederholen Intermitox Puder Zecken, Haarlinge, Flöhe, Milben Puder 1x einstäuben, Einwirkzeit über Wochen (Depot) Hinweis: verklebt nicht auf den Flächen, zur Langzeitbekämpfung 4 32 4 Hygienemanagement K APITEL 5 Organisation des Betriebsablaufs 33 Organisation des Betriebsablaufs 5.1 Belegung................................................................................................................................................................ 33 5.2 Aufnahme.............................................................................................................................................................. 35 5.3 Dokumentation..................................................................................................................................................... 35 D ie Organisation der Igelstation muss in erster Linie gewährleisten, dass die Pfleglinge optimal betreut werden. Auch sollte genug Zeit eingeplant sein, um Igelfinder zu informieren bzw. anzuleiten. Rationelles Arbeiten vereinfacht den täglichen Stationsalltag. Ein ständig klingelndes Telefon etwa stört oder blockiert den Arbeitsablauf. Ein zeitweise aktivierter Anrufbeantworter, der Rat suchende Igelfinder über ErsteHilfe-Maßnahmen unterrichtet und über die Öffnungszeiten der Igelstation informiert, schafft hier Abhilfe. 5.1 Belegung Die Anzahl der Igel, die in einer Igelstation Aufnahme finden, schwankt von Monat zu Monat. Ebenso unterschiedlich ist das Alter dieser Igel, das sich u.a. im jeweiligen Gewicht der Tiere ausdrückt. So wiegen z.B. im Juli weit über die Hälfte aller hilfsbedürftigen Igel über 700 g, während im August fast 40 % der zu pflegenden Tiere Säuglinge unter 100 g sind. Ist bekannt, wie viele Igel pro Jahr aufgenommen werden, so kann man in etwa vorhersagen, welche Zahl von Igeln im jeweiligen Monat zu erwarten sind. Das ist für die Planung der Futtervorräte und für die Beschaffung z.B. von Zeitungspapier, Kartons etc. von Vorteil, aber auch für die rechtzeitige Suche nach Mitarbeitern hilfreich. Abb. 34 Igelpflegling mit gutem Appetit Als Maßstab für den Erfolg einer Igelstation ist auch die durchschnittliche Todesrate je Monat interessant. In den Sommermonaten kann erfahrungsgemäß leider ein recht hoher Prozentsatz von Igeln nicht mehr gerettet werden. Meist handelt es sich dabei um Unfallopfer (u.a. durch Gartengeräte). Die nachfolgende Tabelle macht eine repräsentative Aussage über die Belegung von Igelstationen. Sie beruht auf der Auswertung der Daten von 22072 Igelpfleglingen der Jahre 1984 bis 2006 in 5 34 Organisation des Betriebsablaufs sieben professionell geführten Einrichtungen Deutschlands: 1.Igelstation M. Neumeier, Oberreute und Lindau/B. 2. Igelstation E. Schroll, Aichach; 3.Igelschutzzentrum Leipzig der Igelfreunde Leipzig u.U. e.V.; 4.Beratungsstelle/Stationen der Arbeitsgruppe Igelschutz Dortmund e.V.; 5.Igelambulanz der Igel-Schutz-Initiative e.V. IGSI, Laatzen; 6.Igelstationen des Arbeitskreises Igelschutz Berlin e.V.; 7. Igelstation B. Hansen, Neumünster Tab. 5.1 Prozentuale monatliche Verteilung hilfsbedürftiger Igel nach ihrem Gewicht Monika Neumeier bis 100 g 5 101 201 301 401 - 501 - 601 - über 200 g 300 g 400 g 500 g 600 g 700 g 700 g % vom Jahr* Todesrate** Januar 0% 1% 18 % 27 % 18 % 13 % 9% 14 % 3% 12 % Februar 0% 0% 14 % 27% 17 % 11 % 10 % 21 % 1% 12 % März 0% 2% 14 % 19 % 18 % 15 % 12 % 21 % 1% 26 % April 0% 1% 14 % 18 % 16 % 16 % 13 % 22 % 3% 28 % Mai 0% 0% 6% 12 % 15 % 16 % 16 % 34 % 3% 32 % Juni 0% 0% 2% 10 % 14 % 14 % 14 % 45% 3% 34 % Juli 4% 0% 2% 4% 6% 11 % 14 % 59 % 3% 31 % August 39 % 7% 1% 3% 5% 8% 8% 28 % 6% 33 % September 28 % 45 % 9% 2% 2% 2% 3% 9% 15 % 25 % Oktober 5% 37 % 30 % 14 % 6% 2% 2% 4% 24 % 21 % November 0% 10 % 31 % 31 % 17 % 6% 2% 2% 26 % 13 % Dezember 0% 3% 22 % 32 % 22 % 10 % 5% 6% 12 % 12 % Gesamt*** 8% 19 % 21 % 18 % 11 % 8% 5% 11 % 100 % 20 % * Das ist der prozentuale monatliche Anteil an der Gesamtmenge aller in einem Jahr aufgenommenen Igel. ** Die Prozentzahl für die Todesrate bezieht sich auf die Anzahl der im jeweiligen Monat aufgenommenen Igel; die durchschnittliche Todesrate für alle in einem Jahr aufgenommenen Igel beträgt 20 %. *** „gesamt“ gibt an, wieviel Prozent der im ganzen Jahr aufgenommenen Igel der jeweiligen Gewichtsklasse angehören. Organisation des Betriebsablaufs 5.2 Aufnahme Wird ein Igel in die Igelstation gebracht, ist zu beurteilen, ob er überhaupt hilfsbedürftig ist und menschlicher Pflege bedarf, s. Kap. 1.4. Eine Faustregel besagt, dass Jungigel, die Anfang November weniger als 500 Gramm wiegen, schlechte Chancen haben, den Winter zu überleben und daher als hilfsbedürftig gelten. Wie die Praxis zeigt, sind nur wenige Tiere von dieser Regel betroffen (s. Tab. 5.1). Abb. 35 Jungigel im Herbst Wenn kein Aufnahmekriterium aufdas vorgestellte Tier passt, der Igel also gesund und nicht hilfsbedürftig ist, so gibt man ihn dem Igelfinder gleich wieder mit: Er soll ihn an den Fundort zurückbringen oder in dessen Nähe freilassen. 5.3 Dokumentation Die schriftliche Erfassung der Daten der Pfleglinge einer Igelstation und deren 35 Entwicklung während des Aufenthaltes ist für den Betreiber als Überblick wesentlich, gegenüber Kontrollorganen Pflicht und für die Igelforschung ein wichtiger Fundus. 5.3.1 Pflegeprotokoll Ist der Igel tatsächlich hilfsbedürftig, füllt man zunächst – noch in Anwesenheit des Igelfinders – ein Pflegeprotokoll aus, Muster s. Kap. 5.3.1. Zunächst notiert man das Gewicht und schreibt die Fundumstände und äußerlich sichtbare Besonderheiten auf, wie z.B. den Ernährungszustand, Verletzungen, massiven Ektoparasiten-Befall und ähnliches. Unbedingt vermerkt man auch den Fundort, denn der Igel soll nach Möglichkeit später dort wieder ausgesetzt werden. Den Igelfinder bittet man, dass er den Igel zur weiteren Pflege zurücknimmt, sobald er normal frisst und keine medikamentöse Behandlung mehr benötigt. Diese Mithilfe der Igelfinder ist sehr wichtig, sonst ist die Igelstation bald überfüllt. Man muss sich also Zeit nehmen, um die Fragen des Igelfinders zu beantworten. Zum guten Schluss gibt man dem Igelfinder Informationsmaterial mit, s. Kap. 7.3, und klärt ihn über einen naturnahen Garten auf, denn der Igel soll ja vielleicht im Garten des Finders ausgewildert werden und sich dort wohlfühlen. Ein Gespräch mit dem zukünftigen Pfleger des Tiers kostet letzten Endes weniger Zeit und Geld als die Überwinterung eines Igels in der Igelstation. 5 36 Organisation des Betriebsablaufs Pflegeprotokoll Igel – Nr. oder Name: ................................... Geschlecht: ..................................................................... Finder (Name und Adresse): .................................................................................................................. Telefon: ............................................. Telefax: ........................................ E-Mail: ................................. Fundort: ................................................................................................................................................. Funddatum und -uhrzeit: ...................................................................................................................... Grund der Aufnahme (Fundumstände, Zustand des Igels): ............................................................... ................................................................................................................................................................ Ausgewildert am: ............................ Aussetzort: ................................................................................ Datum 5 Uhrzeit Gewicht (g) Medikamente / Behandlungen Bemerkungen Organisation des Betriebsablaufs 5.3.2 Aufnahmebuch Neben den einzelnen Pflege-Protokollen sollte unbedingt auch ein spezielles IgelAufnahmebuch geführt werden. Sämtliche Daten können handschriftlich in ein Heft eingetragen werden. Besser ist es, sie in den Computer einzugeben. Die Daten könnten (anonymisiert) später für die Igelforschung und die Igelhilfe nützlich sein. In das Aufnahmebuch gehören folgende Daten: Die laufende Nummer des Igels (je Kalenderjahr bei Nr. 1 beginnend), Adresse, Telefonnummer, ggf. auch die E-Mail-Adresse des Igelüberbringers, Aufnahme- und Abgabe- bzw. Auswilderungsgewicht des Igels, Aufnahme- und Abgabe- bzw. Auswilderungsdatum, Geschlecht des Igels, ggf. Exitus, Adresse von möglichen Pflegeeltern, Auswilderung am Fundort oder an einem anderen 37 Ort und natürlich der Grund der Aufnahme. Eine Vorlage für ein Aufnahmebuch als PC-Datei ist bei Pro Igel e.V. in Planung. Mithilfe von Computer-Dateien lassen sich z.B. die durchschnittliche Verweildauer der Igel in der Igelstation, die durchschnittliche Gewichtszunahme, der Prozentsatz der am Fundort ausgewilderten Igel und die Todesrate in einer Igelstation feststellen. Bei Einführung eines geplanten europaweit einheitlichen Aufnahmebuchs für Igel sind die Igelstationen gehalten, dieses zu verwenden. Ein solches Aufnahmebuch dient nicht nur dem Stationsbetreiber und bei evtl. Kontrollen den Behörden zum besseren Überblick, sondern kann durch eine genauere Datenerfassung die Igelforschung erheblich unterstützen. 5 38 5 Organisation des Betriebsablaufs K APITEL 6 Igelpflege 39 Igelpflege 6.1 Erstversorgung..................................................................................................................................................... 39 6.2 Wiegen....................................................................................................................................................................40. 6.3 Ernährung.............................................................................................................................................................. 40 6.4 Krankheiten........................................................................................................................................................... 42 6.5 Winterschlaf.......................................................................................................................................................... 43 6.6 Auswilderung........................................................................................................................................................ 43 D ie entscheidende Aufgabe für die Igelstation ist die sachgemäße Pflege oder Aufzucht der Fundtiere. Zusätzlich zu den hier nur kurzgefassten Hinweisen wird ausdrücklich auf die weiterführenden Veröffentlichungen von Pro Igel e.V. verwiesen, s. Kap. 7.3. 6.1 Erstversorgung Nach der Erfassung der Daten des Igels und des Überbringers und wenn der Igelfinder gegangen ist, wird das Tier versorgt. Als Erstes befreit man den Igel von Außenparasiten wie Flöhen, Zecken und auch sehr gründlich von Fliegeneiern und -maden. Einen unterkühlten Igel legt man auf ein wärmespendendes Medium und deckt ihn mit einem Handtuch zu. Als Wärmequelle eignet sich z.B. eine gut handwarme, mit einem Handtuch umwickelte Wärmflasche, aber auch eine Heiz-, Thermo- oder Wärmematte, wie sie für Terrarientiere oder Haustiere angeboten wird. Solche Matten sollten allerdings nie ohne zusätzlich installierten Thermostat betrieben werden, um eine Überhitzung des kranken Tiers zu vermeiden. Abb. 36 Igelpflegling Sowie ein Igel in einer Box untergebracht wird, schreibt man deren Nummer ins Pflegeprotokoll (s. Kap. 5.3.1.) und heftet dieses je nach interner Organisation in den Ordner mit einem den Boxennummern entsprechenden Zahlenregister oder z.B. an Klemmbretter an den Boxenschrankseiten. Auf jeden Fall sollte man mit einem Handgriff den Pflege-Bericht jedes Igels finden und die Tiere nicht verwechseln können. Das ist vor allem dann äußerst wichtig, wenn verschiedene Helfer die Igel versorgen. Der Pflegebericht muss über alle medizinischen Behandlungen und über sämtliche Auffälligkeiten Aufschluss geben. 6 40 Igelpflege Verletzte Igel stellt man sofort dem Tierarzt vor. Möglicherweise kann die Frage an den Finder: „Wie ist das passiert?“ und eine entsprechende Anzeige bei der örtlichen Polizei sogar eine Unfallquelle ausräumen. Sehr schwache Igel bekommen, nachdem sie aufgewärmt sind, als Sofortmaßnahme ein- oder mehrmals Elektrolytlösung verabreicht. Den anderen eingelieferten Tieren stellt man abends Futter und Wasser hin und sieht am nächsten Morgen nach, wie viel davon gefressen wurde. So erhält man einen ersten Eindruck vom Zustand des Igels und kann evtl. Kot für eine Untersuchung einsammeln. Nachdem die Diagnose – je nach Fall zusammen mit dem Tierarzt – gestellt wurde, leitet man, vorausgesetzt, das Tier ist behandlungsfähig - unverzüglich die mit dem Tierarzt abgesprochene medizinische Therapie ein. 6.2 Wiegen Anfangs sollte man neu aufgenommene Igel jeden Tag, später mindestens jede Woche wiegen. Teilen sich jedoch mehrere Leute in einer Igelstation die Arbeit, ist das tägliche Wiegen aller Igel immer Pflicht, ebenso bei Jungtieren aus einem Wurf, die zusammen in einer Box gehalten werden. Nur so kann man Unregel- 6 Abb. 37 Gewichtskontrolle mäßigkeiten in der Entwicklung oder im Gesundungsprozess entdecken. Teilen sich mehrere Wurfgeschwister eine Box, müssen sie zur Unterscheidung markiert werden; selbstverständlich wird auch hier für jedes Tier ein eigenes Pflege-Protokoll geführt. Die normale tägliche Gewichtszunahme beträgt etwa 10 bis 20 Gramm. Stagniert das Gewicht eines Tiers oder nimmt es sogar ab, sind erhöhte Aufmerksamkeit und Ursachenforschung erforderlich. Gegebenenfalls muss der Igel medikamentös behandelt und zwangsgefüttert werden. 6.3 Ernährung Die Ernährung eines Igelpfleglings sollte wie die natürliche Nahrung eiweiß- und fettreich, aber kohlenhydratarm sein. Der Energiebedarf eines Igels hängt vom Körpergewicht ab. Bei schlechtem Gesundheitszustand teilt man das Futter in kleine Portionen auf, deren Größe man langsam steigert. Als Basisfutter eignet sich hochwertiges Katzendosenfutter (Fleischanteil mindestens 60 %), als Ergänzungsfutter gibt man unterschiedliche Fleischarten dazu (gegart und kleingeschnitten oder durchgedreht), auch Ei (als Rührei ohne Gewürze oder gekocht) oder Fisch (gegart). Das Mischungsverhältnis sollte 50:50 betragen. Eine solche Futtermischung ist wesentlich kalorienreicher als alleinige Katzenfeuchtfutter-Fütterung; das Verdauungssystem des Igels wird wegen der kleineren Portionen auch nicht so stark belastet. So entsprechen 100 g Katzendosenfutter 75 – 80 kcal, 100 g Rinderhack aber ca. 225 kcal. Ein Beispiel: 50g Katzendosenfutter + 50 g Rinderhack (gegart) enthalten 150 kcal (Portion für einen 500-g-Igel). Igelpflege 41 Tab. 6.3-1 Energiebedarf heranwachsender oder aufzufütternder Igel nach Struck / Meyer (1998) Körpergewicht des Igels Zunahme KGW pro Tag Täglicher Energiebedarf bis 100 g 5g 32 - 42 kcal 100 - 200 g 5 - 10 g 42 - 84 kcal 200 - 500 g 10 g 84 - 120 kcal 500 - 1000 g 10 g 120 - 180 kcal Sehr beliebt, weil bequem, ist die ausschließliche Ernährung mit Katzenfeuchtfutter. Dieses verursacht fast immer weichen, stinkenden Kot. Zwar kann man die unangenehmen Auswirkungen solch einseitiger Fütterung mit der Beigabe von Ballaststoffen (Haferflocken, Weizenkleie, Igeltrockenfutter) dämpfen, aber gesünder für den Igel ist eine abwechslungsreiche und kohlenhydratarme Ernährung. Die Fütterung von kommerziellen Trockenfuttermischungen ist wenig zu empfehlen, zumal der Verdauungstrakt eines Igels ernährungsphysiologisch keinen Bedarf an Kohlenhydraten hat. Ebenso sind weder Obst und Gemüse, noch Milchprodukte aller Art zur Ernährung von Igeln geeignet. Tab. 6.3-2 Futtermischungs-Beispiele für 100-g-Rationen nach Monika Neumeier | Carsten Schiller (2014) Komponente 1 Menge Komponente 2 Menge ca. kcal* Katzenfeuchtfutter** 50 g Rührei (mit Öl angebraten) 50 g 133 Katzenfeuchtfutter 50 g Rinderhack (mit Öl angebraten) 50 g 151 Katzenfeuchtfutter 50 g Hühnerschenkel mit Haut (gegart) 50 g 147 Katzenfeuchtfutter 50 g Eintagsküken ca. 1 Stück (gefrostet | aufgetaut) 50 g 92 Katzenfeuchtfutter 50 g Seehecht (mit Öl angebraten) 50 g 94 Katzenfeuchtfutter 50 g Hühnerherzen 50 g 102 Katzenfeuchtfutter 90 g Igeltrockenfutter*** 10 g 120 Rinderhackfleisch (mit Öl angebraten) 90 g Igeltrockenfutter*** 10 g 254 Haferflocken*** 20 g 200 Vergleichswert der natürlichen Nahrung nach Susanne Struck (1998) Menge ca. kcal* Natur-Nahrungsmix (z.B. Käfer, Schmetterlingslarven, Regenwürmer etc.) 100 g 108 Rührei (mit Öl angebraten) 80 g * Je nach Zusammensetzung der Komponenten kann der Kaloriengehalt variieren ** Empfohlen wird hochwertiges Katzenfutter mit mindestens 60 % Fleischanteil ***Der Grobstruktur-Anteil des Ergänzungsfutters verlangsamt eine evtl. beschleunigte Darmpassage auf annähernd physiologische Verhältnisse und gewährleistet damit eine einwandfreie Kotbeschaffenheit. Bei Störungen der Darm-Motorik (verursacht durch Darmentzündungen, Futtermittel-Unverträglichkeiten) oder bei Übergewicht kann ein erhöhter Anteil an Ballaststoffen im Futter hilfreich sein. Als Zusatz eignen sich sowohl pflanzliche Rohfaser (Weizenkleie, Haferflocken) als auch tierische Ballaststoffe (Knorpel, Bindegewebe, Chitin). 6 42 Igelpflege Igel müssen nicht extra fettarm ernährt werden, allerdings darf man sie auch nicht mästen: Jungigel sollten während dass der allergrößte Teil der eingelieferten Tiere verletzt, krank oder hilflos ist. Letzteres Kriterium betrifft vor allem verwaiste Igelsäuglinge. Der absolut gesunde Winzlings-Igel ist nicht die Regel! Im Zweifelsfall ist die Gewichtsentwicklung ein guter Maßstab für das Befinden des Igels. Gute Abb. 38 Igelpflegling an der Futterschale der Pflegezeit bis zur Auswilderung nie mehr als maximal 750 Gramm wiegen. Die Nahrungsmenge hängt von Alter, Gewicht und dem Grad des Nachholbedarfs ab. Als Anhaltspunkt gilt, dass ein 500g schwerer Igel pro Tag etwa 150 kcal benötigt. Ein- oder zweimal pro Woche gibt man gekochtes, enthäutetes Hühnerklein mit den Knochen, gekochte Rindersuppenknochen oder Schälrippchen zum Abnagen. Auch im Futter- oder Zoohandel erhältliche „getrocknete Hühnerhälse“ sind zur Zahnpflege und Beschäftigung der Pfleglinge geeignet. Als Getränk eignet sich nur Wasser – niemals Milch! Schwachen Tieren sollte man zunächst lauwarmen ungesüßten Fenchel- oder Kamillentee einflößen. Die Gewichtszunahme sollte bei Jungtieren 70 bis 100 g/Woche betragen. 6 6.4 Krankheiten Wenn die „richtigen“ Igel aufgenommen werden - man also den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und den darauf gründenden Kriterien des Anforderungsprofils folgt, muss man davon ausgehen, Abb. 39 Kranker, abgemagerter Igel Ernährung und Unterbringung im Warmen allein heilen keinen kranken Igel. Die häufigsten Krankheitsursachen sind parasitäre und bakterielle Infektionen. Kotuntersuchungen schaffen Klarheit über Art und Umfang dieser Krankheiten. Anhand von Fachveröffentlichungen, insbesondere auch mithilfe der CD-ROM „Parasitosen und Mykosen des Igels“, s. Kap. 7.3, ist es relativ einfach, die verschiedenen Parasiten und ihre Entwicklungsstadien im Kot zu bestimmen, vorausgesetzt ein den Anforderungen entsprechendes Mikroskop steht zur Verfügung. Ansonsten muss eine Kotprobe an den Tierarzt, ein Labor oder ein Tierärztliches Untersuchungsamt weitergegeben werden. Häufig trifft man Igel mit Hautveränderungen an. In vielen Fällen handelt es sich um Milbenbefall, jedoch können auch Hautpilze die Ursache sein. Letztere sind Zoonosen, also auf Menschen übertragbare, gefährliche, langandauernde Igelpflege Dermatomykosen, beispielsweise durch Trichophyton erinacei verursacht. Deshalb ist dringend anzuraten, solche Igel von vorneherein mit stachelsicheren Handschuhen (etwa Rosenhandschuhen aus dem Gartenfachhandel) bzw. gegebenenfalls mit Wegwerfhandschuhen anzufassen. Auch die Parvovirose der Katzen ist auf Igel übertragbar (z.B. über gemeinsames, schlecht gespültes Futtergeschirr) und kann für diese tödlich sein. Hier ist besonders in Tierheimen Vorsicht und gute Hygiene geboten. 6.5 Winterschlaf Auch wenn man gut mit den Igelfindern zusammenarbeitet und viele ihre Igel zurückholen, sei es, um sie vor der Freilassung noch etwas aufzufüttern, sei es, um sie in Winterschlaf zu legen, so bleiben doch immer einige Tiere übrig, für die sich kein externer Pfleger findet. Wenn diese Igel ihr Winterschlafgewicht erreicht haben – bei Jungigeln reichen je nach Jahreszeit 600 bis 700 Gramm – dann sollten sie auch in der Igelstation winterschlafen dürfen. Zu diesem Zweck werden Winterschlafboxen gebraucht, die entweder in einem absolut kalten Raum oder im Freien stehen, s. Kap. 1.6.2 und Kap. 3. Durch praktische Erfahrungen hat sich herausgestellt, dass Freigehege, in denen mehrere Igel gehalten werden, für den Winterschlaf nicht geeignet sind. Die Igel stören sich gegenseitig, schlafen daher nicht, sondern fressen womöglich den ganzen Winter über. Die Männchen, die deshalb kaum Gewicht verloren haben, sind daher sehr früh paarungsbereit und attackieren sich gegenseitig, wobei es böse Verletzungen geben kann. Deshalb muss 43 man die Igel auch während des Winterschlafs in Einzelboxen unterbringen. 6.6 Auswilderung Der Winterschlaf endet je nach Witterung Ende März bis Mitte April. Einzelne Igel schlafen sogar bis Ende April/Anfang Mai, insbesondere wenn sie erst sehr spät in Winterschlaf gelegt wurden. Nicht alle Igel wachen also zur gleichen Zeit auf. Nach dem Winterschlaf werden die Igel aufgefüttert, bis sie wieder das Gewicht erreicht haben, das sie vor dem Winterschlaf hatten. Die Zeit zum Auswildern ist gekommen, wenn im Frühjahr Sträucher und Hecken ergrünen und die Nahrungstiere der Igel wieder vorhanden sind. Auch die Auswilderung will geplant sein. Man bestellt die Igelfinder nach und nach in die Igelstation, die „ihren“ Igel zum Aussetzen am Fundort abholen sollen bzw. sucht rechtzeitig nach neuen Lebensräumen, möglichst solchen, in denen eine anfängliche Zufütterung durch einen Igelfreund möglich ist. Für Jungigel, die mit der Hand aufgezogen wurden, erleichtert eine Auswilderung über ein Freigehege den Übergang in die Freiheit. Solche Igel haben noch nicht oder nur sehr kurze Zeit selbstständig Nahrung gesucht, bevor sie in Gefangenschaft kamen. Im Gehege haben sie Gelegenheit, ihre Muskeln zu trainieren und auch diesen und jenen Wurm oder Käfer zu fangen. Natürlich müssen sie auch dort gefüttert werden, denn die Kleinlebewesen darin reichen nicht aus, um auch nur einen Igel zu sättigen. Alle Igel sollten, soweit irgend möglich, am Fundort oder in dessen nächster Umgebung ausgewildert werden. Auch 6 44 Igelpflege deshalb ist die Zusammenarbeit mit den Igelfindern so wichtig. Igel haben ein ausgezeichnetes Ortsgedächtnis. Sie kennen Durchschlüpfe unter Zäunen, Umwege zur Überwindung von Mauern und steilen Böschungen, Unterschlupfmöglichkeiten, besonders nahrungsreiche Plätze wie Komposthaufen oder bestimmte Gartenbeete. Lediglich wenn dem Igel am Fundort unmittelbare Gefahr droht, etwa durch eine neu eingerichtete Baustelle oder eine stark befahrene Straße, sollte ein neuer Lebensraum gesucht werden. Hilfreich ist hier eine gut gepflegte Kartei mit naturnahen Gärten von Menschen, die Igeln den Einstieg in die „Wildnis“ durch eine kurzzeitige Futterstelle erleichtern wollen. Eine solche Adresskartei lässt sich durch eine im Besucherraum ausgelegte Liste erarbeiten. Auch entsprechende Suchmeldungen in der Presse, in denen gleichzeitig die Kriterien für einen naturnahen Garten dargelegt werden, können solche Igelfreunde mobilisieren. Allerdings sollte man die Folgen eines Gangs an die Öffentlichkeit nicht unter- 6 schätzen – zwar wird man bis zu einem gewissen Maß entlastet, aber der höhere Bekanntheitsgrad verschafft einem dann umso mehr hilfsbedürftige Igel! Das kann man zwar positiv sehen – aber man sollte auch immer daran denken, dass eine Igelstation nicht die ganze Welt heilen, d.h. allen Igeln helfen kann, und – vor allem – dass die Qualität der Igelbetreuung immer vor der Quantität, also der Menge der zu pflegenden Igel stehen muss. Abb. 40 Ausgewilderter Igelpflegling K APITEL 7.1 7.2 7.3 7.4 7 Anhang 45 Anhang Fachliteratur.......................................................................................................................................................... 45 Internetressourcen für Tierärzte........................................................................................................................ 46 Pro-Igel-Veröffentlichungen................................................................................................................................ 47 Stichwortregister.................................................................................................................................................. 49 E Hier findet der interessierte Leser weiterführende Hinweise auf gedruckte sowie online publizierte Veröffentlichungen und ein Stichwortregister zum leichten Auffinden gesuchter Inhalte in dieser Broschüre. 7.1 Fachliteratur (Auswahl) FORSCHUNGSGRUPPE IGEL BERLIN (1999): Ergebnisse von Freilandbeobachtungen sowie von parasitologischen und bakteriologischen Untersuchungen bei in menschlicher Obhut überwinterten juvenilen Igeln (Erinaceus europaeus L., 1758). Lindau/B., Pro Igel e.V. HÜBSCH, Annette und SEEWALD, Ulli (2012): Wärmequellen für unterkühlte Igelpfleglinge. Igel-Bulletin 48, S. 12-13 KÖGEL, Bernadette (2009): Untersuchungen zu Igelpfleglingen ausgewählter deutscher Igelstationen und Erfolge der Therapie aus den Jahren 1984 bis 2006. Diss. Hannover Tierärztl. Hochschule. Lindau/B., Pro Igel e.V. LAMBERT, Dora (2015): Parasitosen und Mykosen des Igels. 2., überarb. Aufl. Berlin: Arbeitskreis Igelschutz Berlin e.V. NEUMEIER, Monika (2003): Einige Bemerkungen zur Ernährung der Igel. Igel-Bulletin 30, S. 8-10 NEUMEIER, Monika; SCHILLER, Carsten (2013): Igel richtig füttern. Igel-Bulletin; 50, S. 3-6 NEUMEIER, Monika (2014): Igel im Garten. Stuttgart: Kosmos NEUMEIER, Monika (2015): Bau und Organisation einer Igelstation. Lindau/B., Pro Igel e.V. STRUCK, Susanne; MEYER, Helmut (1998): Die Ernährung des Igels. Hannover, Schlüter WROBBEL, Tanja (2015): Igel in der Tierarztpraxis. Lindau/B., Pro Igel e.V. 7 46 Anhang 7.2 Internetressourcen – Web-Adressen (Auswahl) BUNDESTIERÄRZTEKAMMER (2015): Umfassende Informationen und Service, z.B. Musterverträge für die Tierärztliche Betreuung eines Tierheims/tierheimähnlicher Einrichtungen, Tierärztliche Hausapotheke und Meldung unerwünschter Arzneimittelwirkungen. http://www.bundestieraerztekammer.de/ DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR KLEINTIERMEDIZIN (2015): Fachgruppe der DVG, wissenschaftliche Vereinigung von Kleintiermedizinern, die praktische und wissenschaftliche Belange der Kleintiermedizin z.B. durch Tagungen und Seminare fördert. http://www.dgk-dvg.de/ DEUTSCHE VETERINÄRMEDIZINISCHE GESELLSCHAFT E. V. (2015): Aktuelle Desinfektionsmittellisten http://www.dvg.net/index.php?id=145 FRIEDRICH-LÖFFLER-INSTITUT (2015): Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Forschungsstelle z.B. bezüglich tierschutzgerechter Haltungsysteme, Schutz vor Krankheiten durch verbesserte Diagnosen und Vorbeugung und Bekämpfung von Zoonosen. http://www.fli.bund.de PAUL-EHRLICH-INSTITUT (PEI) Meldung unerwünschter Arzneimittelwirkungen http://www. http://www.pei.de/ PRO IGEL E.V. (2015): Informationen rund um Igel, Igelschutz und Igelhilfe, von der Biologie, igelfreundlicher Gartengestaltung, Gefahrenvermeidung, Hinweise zu Gesetzesvorschriften bis zu Forschung und themenzentrierter Veterinärmedizin http//:www.pro-igel.de VETION.DE GMBH (2015): Internetportal für Tiergesundheit und Tiermedizin mit vielen Informationen aus Forschung und Praxis der Tiermedizin. http://www.vetion.de 7 WIKIPEDIA FOUNDATION INC. (2015): Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, ausführlicher Beitrag zur Veterinärmedizin mit zahlreichen weiterführenden Links und Informationen. http://de.wikipedia.org/wiki/Tiermedizin Anhang 7.3 Veröffentlichungen von Pro Igel e.V. 47 (Stand Dezember 2015) Bücher und Broschüren Igel in der Tierarztpraxis. Tanja Wrobbel, mit Beiträgen von Monika Neumeier, Dora Lambert und Ulli Seewald IGELWISSEN kompakt 1. (172 S., 17x24 cm) 12,50 EUR Bau und Organisation einer Igelstation. Anforderungsprofil und Praxisleitfaden. 3., bearb. Aufl. Monika Neumeier unter Mitarb. von Ulli Seewald IGELWISSEN kompakt 2. (64 S., 17x24 cm) 5,50 EUR Wurfgrößen und Wurfzeiten der Igel in Deutschland Monika Neumeier IGELWISSEN kompakt 3. (60 S., 17x24 cm) 5,50 EUR Wildtier Igel. Wissen | Schutz | Hilfe.* Monika Neumeier unter Mitarb. von Ulli Seewald IGELWISSEN kompakt 4. (10 Merkblätter à 8 Seiten im Ordner, 17x24 cm) 9,50 EUR Igelfreundlicher Garten* Marcel Zefferer; Doris Hölling; Brigitta Javurek (32 S., DIN A5) 2,75 EUR Sonderband 20 Jahre Igel-Bulletin» ausgewählte Beiträge aus den Jahren 1999 – 2009 nach Themen geordnet. (194 S., DIN A4) 10,50 EUR Untersuchungen zu Igelpfleglingen ausgewählter deutscher Igelstationen Igelstationen und Erfolge der Therapie aus den Jahren 1984 bis 2006. Dissertation Bernadette Kögel, TiHo Hannover 2009. (206 S., 17x24 cm) 17,50 EUR Dokumentation der 3. Fachtagung «Rund um den Igel» am 16./17. Mai 2009 in Münster/Westf. Alle Referate. (163 S., DIN A5) 11,50 EUR Parasitosen und Mykosen des Igels Dora Lambert. Druckversion der CD-ROM (Loseblattausgabe in Ordner) 25,00 EUR Fachzeitschrift Igel-Bulletin* halbjährlich erscheinende Fachzeitschrift für alle Igelfreunde, die sich umfassend rund um den Igel unterrichten wollen. Wird kostenlos abgegeben – Spenden erbeten. 7 48 Anhang CD-ROM Parasitosen und Mykosen des Igels – Diagnostik und Therapie. Dora Lambert Eine Hilfe für Kleintierärzte, Tierarzthelfer/innen, Igelpfleger/innen und Igelstationen, die Igelkotuntersuchungen durchführen und mikroskopieren. 16,00 EUR Igel – Heimliche Gefährten der Nacht Lernsoftware mit ausführlichen Informationen, interaktiven Tests und Materialsammlung für Projekte und Öffentlichkeitsarbeit. Mit integrierter Druckfunktion für Ausgabe von Arbeitsblättern und Folien. 16,00 EUR Plakate Rund um Igel und Igelhilfe Plakatsatz mit 10 Postern zu Biologie und Lebensraum des Igels, Gefahren und deren Vermeidung sowie über sachgemäße Igelhilfe. (DIN A2 und größer) Preise s. Bestellformular im Internet Was nun, kleiner Igel? Kurzanleitung zur Igelpflege* 30 anschauliche Zeichnungen und kurze Texte erklären die wichtigsten Schritte bei der Pflege eines hilfsbedürftigen Igels (Faltblatt, 8 S. DinA4; gleichzeitig als Poster im Format DIN A1 zu verwenden). 1,50 EUR Das Jahr des Igels* Darstellung des Igel-Jahreszyklus auf 9 Blättern in Bild und Text. (Faltblatt als Leporello 14 x 28 cm; auseinander gefaltet als Plakat 28 x 155 cm) 2,75 EUR Gefahren für den Igel* 4 Plakate zu den Themen Mähgeräte, Feuer, Verkehr, Gruben und Schächte (DIN A4) 3,00 EUR Igelschutz im Garten* (Poster DIN A3) 1,50 EUR Igelwelt. Igel-Lebensraum und Igel-Populationen* (2 Plakate DIN A4) 1,75 EUR Sämtliche Verlagspublikationen von Pro Igel e.V. sind (inkl. Preisangabe) im Internet unter www.proigel.de aufgelistet und können online oder auch telefonisch unter 01805-555-9559 oder per Fax an 01805-555-9558 bestellt werden. Mit * gekennzeichnete Veröffentlichungen von Pro Igel sind besonders geeignet zur Auslage bzw. zum Aushang in der Igelstation, bzw. zur Weitergabe an Igelfinder. 7 49 Nachwort M ancher wird sich fragen, ob sich denn der ganze Aufwand „lohnt“, da die praktische Pflege von hilfsbedürftigen Igeln eine Tierschutzaufgabe ist und den Erhalt der Art nicht sichern kann. Die kurative Igelpflege ist jedoch der beste Einstieg zum präventiven Igelschutz, also zum Artenschutz. Jeder, der einen offensichtlich kranken, schwachen oder verletzten Igel findet, jeder, der in seinem Garten Igel beobachtet, gar versehentlich ein Igelnest zerstört, jeder der sieht, wie ein Igel zum Beispiel am Katzenfutternapf nach Überresten sucht und sich über das „Warum“ Gedanken macht, ist ein potentieller Artenschützer. Deshalb sollte man einem Rat suchenden Igelfinder, gleich, ob er sich an den Verein Pro Igel e.V., an eine Igelstation oder -beratungsstelle oder an seinen örtlichen Tierschutzverein wendet, nicht nur Hilfe im akuten Fall anbieten, sondern ihm gleichzeitig die Ursachen erklären, die das Problem des aufgefundenen Igels auslösten, und ihm zudem die Situation, in der sich unser einheimischer Igel befindet, nahe bringen. Dies kann mündlich geschehen, jedoch ebenfalls durch Informations-Material und durch entsprechende aufklärende Plakate. Kaum ein Mensch wird sich gegen den Schutz der Natur aussprechen. Aber der eine oder andere fragt sich: „Was kann ich als einzelner denn tun? Ich habe ja keinen Einfluss.“ Freilich lassen sich viele Ziele des Natur- und Umweltschutzes nur auf politischem Weg erreichen, doch darüber dürfen wir die Verantwortung für Fauna und Flora in unserer unmittelbaren Umgebung nicht vergessen. Warum hat der arme Igel keinen Unterschlupf? Weil der Garten aufgeräumt ist, wie das Wohnzimmer einer perfekten Hausfrau. Warum findet er nichts zu fressen? Weil grundsätzlich alle Insekten und Schnecken bekämpft werden, die sich an Rosen und Salat gütlich tun. Warum liegt da schon wieder ein platt gefahrener Igel auf der Straße? Weil ohne Rücksicht auf Verluste dahingerast wird. Igel sind mehr als jedes andere einheimische Tier ein Beispiel dafür, wie Tierschutz und Naturschutz ineinandergreifen können, und wie jeder einzelne über den Tierschutz als Einstieg Artenschutz betreiben kann. I n unsrer zunehmend technisierten Welt ist das Wildtier Igel zahlreichen Gefahren ausgesetzt, eine Gefährdung der Art könnte möglich werden. Immer mehr hilfsbedürftige Igel werden zu Tierfreunden gebracht, die sich ihrer annehmen und sie gesund pflegen oder aufziehen. Der Bedarf an Igelstationen, in denen verletzt, krank oder hilflos aufgefundene Igel fachgerecht versorgt werden, ist deshalb hoch. Jede Pflege- oder Igelberatungsstelle und vor allem professionell arbeitende Igelstationen vermögen durch richtige kurative Igelhilfe viel Tierleid zu lindern und zahlreichen hilfsbedürftigen Igeln eine neue Chance in Freiheit geben. Nachweislich kommen richtig gepflegte Igel nach der Auswilderung genauso gut zurecht wie Igel, die nie in Menschenhand gelangten. In diesem Sinne heißt das ausgewiesene Ziel aller engagierter Igelschützer: Tierschutzeinsatz auch für den Artenschutz. Diese praxisorientierte Veröffentlichung soll als Hilfestellung bei der Gründung und zur Optimierung bestehender Igelauffang- und Pflegestationen dienen. Solche Einrichtungen tragen wesentlich zum alleinigen Ziel jeder Igelhilfe bei, nämlich die hilfsbedürftigen Wildtiere nach Aufzucht bzw. Gesundung bald mög-lichst wieder in die Natur zu entlassen. 977-3-940377-14-2 Foto: Soja31/pixelio.de Optimale Igelhilfe in Übereinstimmung mit den geltenden Rechtsvorschriften erfordert nicht nur richtige Unterbringung und artgemäße Ernährung, sondern auch – in Kooperation mit einem sachkundigen Kleintierarzt – fachgerechte medizinische Versorgung der Igelpfleglinge. Zusätzlich sind praktische Einrichtung, effektive Organisation und eine ausgewogene Öffentlichkeitsarbeit Voraussetzung für den Erfolg einer Igelstation.