Glatzenberger Gabriele
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Glatzenberger Gabriele
Diplomarbeit zum Abschluss der Ausbildung zur „Ganzheitlich orientierten Hundeverhaltenstrainerin“ bei TIERE HELFEN LEBEN von Gabriele Glatzenberger Abschluss Oktober 2015 2 „Einer meiner besten Freunde hat nie ein Wort zu mir gesagt!“ Quelle: Gabriele Glatzenberger „….. Manchmal haben Freunde Pfoten …..“ 3 DANKE….. 7 Zielvorstellung / Inhaltsübersicht 9 Allgemeine Trainingsgrundlagen 10 Lernen – Wie, wann und warum findet Lernen statt? 10 Lernunterschiede bei Hündin und Rüde 11 Generalisierung 11 Dauern Lernprozesse länger, wenn man ausschließlich mit positiven Methoden trainiert? 11 Lernen und Stress 12 Was hemmt beziehungsweise was fördert die Lernprozesse? 14 Primäre Verstärker 14 Sekundäre Verstärker 14 Tertiäre Verstärker 15 Löschen von Verhalten / Löschungstrotz / Spontane Erholung 15 Körpersprache im Training 16 Calming Signals 17 Übersprungshandlungen / Umorientiertes Verhalten 20 Eskalationsleiter 20 Aktives und passives Lernen 23 Lernformen 24 Konditionierung Klassische Konditionierung Operante oder instrumentelle Konditionierung Belohnung versus Bestrafung 24 25 26 28 Räumliches Lernen 30 Emotionales Lernen 30 Nachahmungslernen 30 Belohnung 31 Richtige Belohnung 32 Richtiges Timing des Lobes, der Belohnung 32 4 Dopamin als Zauberknopf im Hundehirn 33 Belohnungsschema 34 Jackpot 34 Verkettungstechniken 35 Aversive Trainingsmethoden 36 Aversive Hilfsmittel 37 Halsbänder 37 Erziehungshalsband oder Würgehalsband / Zugkette oder Gesundheitswürger 38 Stachelhalsband / Korallenhalsband 39 Cesar Millan Illusion Collar Halsband 41 PetTec Ferntrainer / AntiBell Spray / Anti-Bellhalsband / Spray Commander 42 Legleader 43 Geh-Bei-Fuß-Trainer 44 Gentle Leader / Halti 45 Disc Scheiben / Wurfkette / Flying Teachbox 46 Halti Harness 47 Clap-Leine 47 Soft Maulkorb 48 Jump Stop Harness 49 Nohudo (No Hunting Dog) 49 Flexileine 50 Halsband versus Brustgeschirr 53 Trainingsgrundlagen für Einzeltraining / Gruppentraining 58 Ab welchem Alter ist der Hund bereit fürs Training? 58 Vorteile des Einzeltrainings 58 Nachteile des Einzeltrainings 59 Vorteile des Gruppentrainings 60 Nachteile des Gruppentrainings 60 Voraussetzungen für ein gutes Arbeitsklima 60 Zusammenstellung einer Gruppe 61 5 Integration eines neuen Hundes in eine bestehende Gruppe 61 Richtige Ausstattung fürs Training 62 Optimale Trainingsstunde 62 Pausen sind sehr wichtig! 63 Idealer Trainingsort 63 Trainerfähigkeiten Empathie Intuition Visuelle Vorstellungskraft Selbstmanagement Motiviertheit Peripherer Blick Arbeitsspannung Positiver Fokus Atmung Kongruenz 64 64 64 64 64 65 65 65 65 65 66 Trainingsangebote kritisch betrachtet 66 Sportschutz 68 Flyball 69 Gerätetraining 70 Mantrailing 71 Gedanken zum Schluss 73 Quellenverzeichnis 75 6 DANKE….. ….. an meinen treuen Wegbegleiter, besten Freund und Seelenhund Amigo, ohne den ich heute nicht da wäre wo ich jetzt bin! Er ist mein Partner mit der kalten Schnauze, Lehrmeister, Seelentröster und noch vieles mehr! DANKE, dass du in mein Leben getreten bist, es bereichert, aufgemischt und mir auch gezeigt hast was es heißt geduldig zu sein! ….. an meine Familie, die mich im Laufe der Ausbildung begleitet und immer unterstützt hat. ….. an meine Eltern, die sich während meiner Abwesenheit auf Grund der Ausbildungswochenenden und Praktikumsstunden um Amigo, Nala und Simba gekümmert haben. ….. an meine Freundinnen, die sich mir mit ihren Hunden zu Übungszwecken zur Verfügung gestellt haben. ….. an alle anderen Freunde und Familienmitglieder für ihr Verständnis, dass ich während der Ausbildung sehr wenig Zeit für sie hatte. ….. an meine Freundin Martina und ihre Eltern, die immer ein offenes Haus für mich während der Ausbildungswochenenden hatten! ….. an meine Korrekturleser Dagmar, Markus und Regina. ….. an Dagmar, dass sie mich auf diesen Weg gebracht und ermutigt dazu hat, ihn zu gehen. Für ihre Unterstützung und Hilfe, ihr Vertrauen, ihr offenes Ohr zu jeder Zeit und natürlich ihre Freundschaft! ….. an alle hier nun nicht namentlich erwähnten Trainerinnen Vortragenden für sehr interessante theoretische und praktische Stunden. 7 und ….. an die Kundinnen/Kunden im Praktikum, die uns Auszubildenden offen gegenübergestanden sind. ….. an alle Hunde und sämtliche andere Tiere dieser Welt, die eine riesige Anziehungskraft auf mich ausüben. Sie lassen mich zumindest für einige Augenblicke immer wieder einmal die stressige Welt um mich herum vergessen und lehren mich diese auch einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. ….. für zwei spannende, interessante, lehrreiche, emotionsreiche, aber auch anstrengende Jahre. ….. für die vielen tollen Menschen die ich während dieser Zeit kennenlernen durfte, und die Freundschaften die sich dadurch ergeben haben! 8 Zielvorstellung / Inhaltsübersicht „Trainierst du schon oder quälst du dich noch?“ In das Wort Training lässt sich viel hineininterpretieren. Die einen sehen darin Ernsthaftigkeit, Strenge, Vorbereitung zum Wettkampf, oder auch Härte. Für die anderen bedeutet es Spaß, gemeinsames Tun mit seinem Vierbeiner, Bindungsaufbau, sinnvoller Zeitvertreib. In meinen Augen soll Training Spaß machen, sowohl dem Menschen als auch seinem Hund! Es soll kein Druck dahinter gelegt werden, nur so ist es für mich sinnvoll. In meiner Diplomarbeit beschäftige ich mich mit grundlegenden Dingen zum Thema Training wie Lerntheorien, Belohnungsschema, richtiges Timing beim Loben und einigem mehr. beziehungsweise Zum Abschluss versuche Beschäftigungsmöglichkeiten ich mit ein paar seinem Trainingsangebote Hund kritisch zu betrachten. Es ist bestimmt nicht immer einfach das richtige für sich und seinen Hund zu finden. Mensch und Hund sollen gleichermaßen daran Spaß haben. Wichtig ist für mich, die Angebote zu hinterfragen und etwas genauer zu betrachten. Ist es wirklich eine sinnvolle Beschäftigung oder macht es nur den Besitzern Spaß und geht auf Kosten des Hundes? Ein weiterer Aspekt ist: WIE trainiere ich mit meinem Hund. Das beste Angebot kann zunichte gemacht werden wenn ich dabei mit aversiven Mitteln arbeite. 9 Allgemeine Trainingsgrundlagen Lernen – Wie, wann und warum findet Lernen statt? Die Grundlagen eines tierschutzgerechten Hundetrainings bilden die Kenntnisse der unterschiedlichen Funktionsweisen und Lernformen des Gehirns eines Hundes. Wichtig ist zu berücksichtigen welche Faktoren die Lernprozesse fördern beziehungsweise hemmen und wie der Hundehalter den Lerninhalt seinem Hund möglichst gut und klar vermitteln kann. Rasse- und geschlechtsspezifische Unterschiede sind ebenfalls wichtige Punkte die es zu beachten gilt. Das Hundegehirn lernt und verarbeitet rund um die Uhr, das heißt ohne Pause auch im Schlaf und bis ins hohe Alter, also nicht nur dann, wenn wir mit dem Hund trainieren. Für diese enorme Leistung an Denken und Lernen muss sehr viel Energie aufgebracht werden. Alle gemachten Lernerfahrungen bilden im Gehirn, ähnlich einer Landkarte, neuronale Repräsentationen. Das heißt nichts anderes, als dass sich Nervenzellen durch Sinnesreize animiert zusammenschließen und in Zukunft für klar definierte Verhaltensabläufe zuständig sind. Diese Lernprozesse dienen überlebenswichtigen Zielen wie den eigenen Zustand zu optimieren und Gefahren zu vermeiden. Je öfter eine Lernerfahrung beziehungsweise je intensiver eine bestimmte neuronale Repräsentation gemacht wird, umso größer wird diese ausgebaut und als umso „wichtiger“ wird sie vom Organismus eingestuft. Die Datenweiterleitung innerhalb des Körpers und Gehirns erfolgt so immer schneller und geübter und die Übungsausführungen erfolgen immer zuverlässiger und rascher. Stellt man zu dem auch noch, durch tierschutzgerechtes Training, eine positive Emotion im Hund her, wird auch die Bindung zwischen Hund und Halter gestärkt. Wie bereits oben erwähnt, lernen Hunde durch den Zusammenschluss von Nervenzell-Repräsentationen im Gehirn. Sämtliche Erfahrungen und wahrgenommenen Reize aus der Umwelt werden über Sinneskanäle ins Gehirn geleitet und dort mit einer Geschwindigkeit von 300 Bit/Sekunde verarbeitet und anschließend als Verhalten am Tier sichtbar. Viele abwechslungsreich gestaltete - mit positiven Emotionen verknüpfte – Wiederholungen lassen das erwünschte Verhalten immer zuverlässiger werden. 10 Lernunterschiede bei Hündin und Rüde Sowohl bei Hündin als auch Rüde zeichnet sich ab, je höher, intensiver und vertrauensvoller die Bindung zwischen Hund und Halter ist, umso besser wird gelernt. Einen wirklichen Unterschied der beiden Geschlechter, was die Lernfähigkeit oder Lernschnelligkeit betrifft, gibt es nicht. Es hängt eher von Temperament und Charakter eines jeden Individuums ab. Hündinnen tun sich während der Läufigkeiten schwieriger beim Lernen, bei Rüden trifft das auf Grund der hormonellen Belastung auf die Zeit der Pubertät zu. Ein unkastrierter Rüde tut sich in der Entwicklungsphase zum Erwachsen werden hormonell bedingt schwieriger, da sie sich meistens nicht so gut konzentrieren können. Generalisierung Hunde generalisieren sehr schlecht. Das heißt, wenn man dem Hund „Sitz“ im Wohnzimmer beibringt, ist es nicht selbstverständlich, dass er dieses Kommando auch sofort auf der Wiese, auf der Terrasse, im Wald beim Spaziergang oder sonst irgendwo ausführen kann. Deshalb ist es sehr wichtig, Signale an vielen verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Tageszeiten und mit unterschiedlichen Ablenkungen zu üben. Dauern Lernprozesse länger, wenn man ausschließlich mit positiven Methoden trainiert? Nein, genau das Gegenteil ist der Fall. Konventionelle Ausbildung mit Zwang, Einschüchterung oder gar Gewalt scheint zwar anfangs schneller zu funktionieren, aber es ist nicht von dauerhaftem Erfolg gekrönt. Negative Verstärkung führt irgendwann dazu, dass der Hund unter dem ständigen Stress immer unmotivierter wird beziehungsweise nur noch schwierig dazulernen kann. Trainiert man im Gegenzug mit rein positiver Verstärkung, nutzt und fördert man die Bereitschaft des Hundes mit seinem Menschen zu trainieren. 11 Mit positiver Verstärkung ausgebildete Hunde werden so mit der Zeit immer eifriger und besser. Schafft man es also, seinen Hund mit hohem Sicherheitsgefühl zu führen und zu erziehen und ihm noch dazu Freude und Wohlgefühl im Training zu vermitteln, wird der Hund bereitwillig und motiviert mitarbeiten! Man kann in Hunde nichts hineinprügeln, aber man kann manches aus ihnen herausstreicheln! Lernen und Stress Stress ist eigentlich dazu da, den Organismus nach psychischer und physischer Belastung die für Schieflage sorgen, wieder zu stabilisieren und das Gleichgewicht wieder herzustellen. Also eigentlich nichts Negatives, sondern ein sinnvolles Anpassungsverhalten des Körpers. Das Reaktionsmuster auf die als Stressor wahrgenommene Umwelteinwirkung (Reiz) wird sowohl durch gemachte Erfahrungen, als auch durch die genetische Veranlagung beeinflusst. Welche Hormone im konkreten Fall zur Wirkung kommen, hängt davon ab, ob der Organismus noch in der Lage ist, Einfluss auf die belastende Situation zu nehmen. Lässt sich die Stresssituation etwa durch Flucht oder Angriff bewältigen, so steigt z. B. die Adrenalin- und Noradrenalinausschüttung ebenso wie der Testosteronspiegel. Ist der Hund jedoch einer Dauerstressbelastung ausgesetzt, und hat er keinerlei Möglichkeit mehr, seine Situation zu beeinflussen, so reagiert er mit Rückzug, Aktivitätseinschränkung bis hin zur Apathie. Dabei wird Adrenalin nicht mehr vermehrt ausgeschüttet, der Testosteronspiegel sinkt und es wird (immunitätshemmendes) Cortisol gebildet. In diesem Zustand kann von einer Stressbewältigung nicht mehr die Rede sein. Die oft gehörte Behauptung „Unter Stress kann man nicht lernen.“ ist so nicht ganz richtig. Was, wann und wie dauerhaft in Stresssituationen gelernt wird, hängt von vielen Faktoren ab. Ein wesentlicher Faktor ist die Bewertung des Stressors, nämlich ob eine Situation von einem Lebewesen zu bewältigen (kontrollierbar = Herausforderung) oder nicht zu bewältigen (unkontrollierbar = Gefühl, ausgeliefert zu sein) ist. 12 Kontrollierbarer Stress meint, dass ein Lebewesen mit einer Situation konfrontiert ist, auf die es reagieren kann. Unkontrollierbarer Stress bezeichnet belastende Situationen, die einem Lebewesen als nicht beeinflussbar erscheinen. Besonders im Hundetraining können folgende Arbeits– bzw. Trainingsstressoren aus Sicht des Hundes eintreten: Anspannung des Hundehalters Ungewissheit über die verlangte Leistung durch unzureichend trainierte oder unklare Signale Missverständnisse durch unterschiedliche Kommunikationsformen bei Mensch und Hund (Hund eher optisch, Mensch eher verbal) und / oder durch unbewusste (körpersprachliche oder verbale) Signale des Hundeführers Misserfolg aus Sicht des Hundes dadurch, dass angeborenes oder erlerntes Verhalten nicht zum Ziel führt Angst, ausgelöst durch körperliche und /oder psychische Bedrohung Ebenso darf man die körperlichen Stressoren nicht unterschätzen, wie: Schmerzen durch akute Verletzungen, chronisch schmerzhafte Prozesse schmerzhafte Ausbildungsmaßnahmen hohe Außentemperaturen Durst, bei starker körperlicher Beanspruchung körperliche Überforderung Hormonschwankungen - etwa bei läufigen Hündinnen Auch konditionelle Schwächen, Müdigkeit oder mangelnde Konzentrationsfähigkeit erzeugen Stress. Unser gesellschaftliches Leben bringt auch für unsere Hunde immer mehr stressbeladene Situationen mit sich und auffällige Reaktionen aufgrund überstrapazierter Stresssysteme häufen sich. Dies liegt oft daran, dass keine oder zu kurze Ruhephasen vorhanden sind, und der Stressmechanismus sich nicht regenerieren kann. Ist ein Hund immer wieder in zu kurzen Abständen gar nicht unbedingt starken aber doch leicht stressenden Reizen ausgesetzt, ist also nicht 13 genügend Regenerationszeit zwischengeschaltet, können durchaus chronische Stresssymptome auftreten. Kann diese Aufladung und Wiederherstellung nicht stattfinden, kommt es zu einer Art Verschleiß in Körper und Geist, was sich in überzogenen emotionalen Zuständen und körperlicher Schädigung / organischer Beeinträchtigung äußern kann. Was hemmt beziehungsweise was fördert die Lernprozesse? Hunde lernen neue Dinge am besten an einem ruhigen, ablenkungsarmen Ort in Verbindung mit einer stressfreien Umgebung und positiven, starken Emotionen und Freude. Dadurch kann sich der Hund besser auf das Training konzentrieren, als in einem Umfeld wo Zwang und Einschüchterung herrschen. Stress beeinflusst die Lernfähigkeit des Hundes enorm. Weitere Lernhemmer sind sämtliche körperliche Berührungen wie am Halsband ziehen, niederdrücken, anstupsen, streicheln usw. Die Möglichkeit gezielt Verstärker einzusetzen, kann den Lernprozess positiv beeinflussen. Man spricht hauptsächlich von primären und sekundären Verstärkern beim Training, wobei es natürlich aber auch noch tertiäre usw. gibt. Diese möchte ich im nächsten Teil kurz erklären. Primäre Verstärker Primäre Verstärker sind dem Hund von Geburt an als angenehm vertraut. Dazu zählen zum Beispiel Futter, Wasser, Sozialkontakt, ein schützender Unterschlupf. Also alles, was zum Überleben wichtig ist. Sekundäre Verstärker Sekundäre Verstärker muss der Hund mittels Training erst erlernen bevor man sie einsetzen kann. Das kann ein Clicker oder ein Markerwort sein. Diese werden dem primären Verstärker vorgesetzt und sind sozusagen ein Versprechen an den Hund, dass ein primärer Verstärker folgt. 14 Das bedeutet, dass zum Beispiel ein Markerwort wie „Yes“ eine Belohnung, also ein Leckerli, ankündigt. Durch den sekundären Verstärker kann punktgenauer bestätigt werden und man hat mehr Zeit dem Hund die Belohnung zu geben. Ein weiterer Vorteil dieses sekundären Verstärkers ist, dass man den Hund auf größere Distanz exakt bestätigen kann. Auf den sekundären Verstärker muss immer ein primärer folgen, da er sonst seine Wirkung verliert. Wie schon erwähnt ist es ein Versprechen an den Hund, und dieses muss auch eingehalten werden! Tertiäre Verstärker Tertiäre Verstärker werden im Training kaum noch eingesetzt, sie treten eher unbewusst auf und man muss schon genauer hinschauen, um sie zu bemerken. Man kann durch tertiäre Verstärker das Training noch effektiver gestalten, aber auch Missverständnisse erkennen und vermeiden. Der primäre Verstärker ist das, was der Hund gerne haben möchte. Der sekundäre Verstärker kündigt den primären an. Und der tertiäre Verstärker kündigt den sekundären an.1 Tertiäre Verstärker können eine kleine Bewegung vor einem Marker oder Click sein. Der Mensch bleibt in einer bestimmten Bewegung immer stehen bevor er clickt usw. Das sind oft kleinste Körperbewegungen, die der Mensch selber gar nicht bewusst wahrnimmt. Der Hund, der von Natur aus auf Körpersprache (= seine Muttersprache) besser reagiert und schon feinste Bewegungen wahrnimmt, reagiert dadurch sofort. Löschen von Verhalten / Löschungstrotz / Spontane Erholung Zum Löschen eines bereits erworbenen Verhaltens darf dieses nicht mehr belohnt werden. Dies kann unter Umständen sehr langwierig sein. Erfolgt keine Bestätigung mehr und das Verhalten des Hundes führt nicht mehr zum Ziel, wird der Hund es immer weniger zeigen und es wird allmählich „gelöscht“. Es ist 1 Quelle: Viviane Theby – „Verstärker verstehen“ (Kynos-Verlag 2011) 15 aber nicht wirklich gelöscht, denn unter bestimmten Bedingungen kann es zu einer spontanen Erholung, also zum Wiederaufflammen des Verhaltens kommen. Zu Beginn einer Verhaltenslöschung reagiert der Hund mit dem Löschungstrotz. Das bedeutet, dass es anfangs zu einer Zunahme beziehungsweise Verschlimmerung des erprobten Verhaltens kommt. Der Hund gibt ein bisher erfolgreiches Verhalten nicht sofort auf, sondern probiert es noch einmal energischer aus. Körpersprache im Training Hunde interpretieren unsere Körpersprache und Bewegungen oft anders als wir Menschen. Es ist besonders wichtig sich mit der Körpersprache des Hundes auseinanderzusetzen um den Hund besser zu verstehen und lesen zu können und dadurch richtig darauf zu reagieren. Kommuniziert man mit dem Hund in seiner Sprache können Stress und Aggression deutlich reduziert werden. Dies hilft auch bei der Zusammenarbeit mit dem Hund im Training. Nicht nur im Gruppentraining, aber da besonders, muss Augenmerk auf die Calming Signals gelegt werden. Reagiert man rechtzeitig auf die vom Hund gezeigten Beschwichtigungssignale können viele unnötige Auseinandersetzungen, Stresssituationen oder das Aufkommen von Angst verhindert werden. Welpen zeigen ab dem Tag der Geburt das Gähnen wenn man sie hoch nimmt. Sie beherrschen anfangs nur dieses eine Beschwichtigungssignal. Die Hundebesitzer sind immer wieder verblüfft und fasziniert, wenn der Trainer ihnen beschreibt, was passieren wird – und es dann wirklich passiert! Und je besser wir darin werden, unsere Hunde zu „lesen“, sie zu verstehen, desto besser werden unsere Trainings. Wenn wir lernen, eindeutiger mit dem Hund zu kommunizieren, wird unser Verhältnis von Respekt und Kooperation geprägt sein. Wir werden netter, freundlicher und geduldiger.2 2 Quelle: Turid Rugaas – „Calming Signals Die Beschwichtigungssignale der Hunde“ (Animal Learn Verlag 2001) 16 Calming Signals Hunde können das Zeigen der Calming Signals nicht verlernen, aber sie können sie unterdrücken, wenn sie negative Erfahrungen damit gesammelt haben. Wurden sie von anderen Hunden oder Menschen in irgendeiner Form bestraft oder bekamen sie Unannehmlichkeiten zu spüren wenn sie sie anwandten, werden sie diese nicht mehr zeigen. Der Hund wird frustriert, sprachärmer, ängstlicher, aggressiver und gestresster. Durch gezieltes Training kann man ihnen aber helfen, ihre Sprache wiederzufinden. Die Beschwichtigungssignale werden vom Hund sowohl innerartlich als auch zwischenartlich eingesetzt. Katzen haben eigene Beschwichtigungssignale, die denen des Hundes aber ähnlich sind. Leben Hund und Katze zusammen, passiert es oft, dass sich die Katze Signale vom Hund abschaut. Hier findet Lernen durch Nachahmung statt, worin Katzen sehr gut sind. Diese Fähigkeit der Konfliktvermeidung über den Einsatz von Beschwichtigungssignalen ist genetisch fixiert. Sie ist allen Hunden in der ganzen Welt zu eigen, unabhängig von Rasse, Größe, Farbe oder Naturell. Ihr Einsatz ist wirklich universell. Das bedeutet, dass die Hunde auf der ganzen Welt miteinander kommunizieren können, wenn sie sich begegnen. Und das bedeutet, dass Sie sich mit jedem Hund verständigen können, den Sie in irgendeinem Teil der Welt antreffen. Wenn Sie einen Hund aus Australien oder Afrika mitbringen würden, könnten Sie sicher sein, dass er die Hunde, die Sie bereits zu Hause haben, versteht und von ihnen verstanden wird. Einige Rassen verwenden eher einfache Signale, weil es besser zu den ihnen zur Verfügung stehenden Ausdrucksmöglichkeiten passt. Für einen Hund mit stark behaartem Gesicht ist es schließlich effektiver, sich das Maul zu lecken oder den Kopf abzuwenden, als seine Augenmimik einzusetzen, wie es viele andere Rassen oft tun. So können Hunde tatsächlich in der gleichen Situation ganz unterschiedliche Beschwichtigungssignale zeigen. Beispielsweise kann ein Hund innehalten, still stehenbleiben, den Kopf zur Seite drehen und sich das Maul lecken, während der Hund, der auf ihn zukommt, langsam im Bogen um ihn herumgeht, am Boden 17 schnüffelt und darauf achtet, dem stehenden Hund die Körperseite zuzuwenden. Ist ein dritter Hund anwesend, sitzt er vielleicht daneben und gähnt, oder er legt sich auf den Boden. Ein vierter Hund schnappt sich möglicherweise einen kleinen Stock und läuft damit herum. Sie geben einander verschiedene Signale, und sie verstehen sie alle, weil es ihre eigene Sprache ist, die sie von ihren Vorfahren geerbt haben. Das Ausdrucksverhalten des Hundes beinhaltet Drohgebärden, die auch als distanzfordernde Signale bezeichnet werden. Sie bestehen aus Zähnefletschen, Knurren, Bellen, Scheinangriff und Schnappen. Sie haben zum Ziel, das Unbehagen auslösende Element auf Abstand zu halten, es zu vertreiben. Das, was Hunde an uns Menschen bedrohlich finden, ist unter anderem zorniges und aggressives Verhalten, dass wir direkt auf sie zugehen, uns über sie beugen, sie anstarren, sie festhalten und Ähnliches. Ein Hund wird in der Regel als Erstes versuchen, den Bedroher zu beschwichtigen, es sei denn, die Bedrohung kommt völlig unerwartet, etwa wenn ein Kind stolpert und auf einen schlafenden Hund fällt. Wenn wir in der Nähe eines Hundes sind, haben wir immer die Wahl: Wir können uns drohend und damit feindlich verhalten oder beschwichtigend und damit freundlich. Wir haben diese Wahlmöglichkeit jederzeit, und wie immer wir uns entscheiden, es wird Auswirkungen auf unsere Beziehung zu diesem Hund haben. Wenn Sie eine drohende Haltung einnehmen, muss der Konfliktlöser Hund versuchen, Sie zu beschwichtigen. Falls das nicht gelingt, wird er versuchen, Sie zu vertreiben. Aber warum in aller Welt sollten wir einem Hund drohend gegenübertreten? Es gibt keinen Grund dafür und auch keine Entschuldigung.3 Die am häufigsten gezeigten Signale sind folgende: Kopf abwenden Körper abwenden Augen: den Blick verkürzen und dadurch den Blick weicher machen, den Blickkontakt abbrechen, Blinzeln, die Augen von einer Seite zur anderen wandern lassen Nase lecken 3 Quelle: Quelle: Turid Rugaas – „Calming Signals Die Beschwichtigungssignale der Hunde“ (Animal Learn Verlag 2001) 18 Erstarren / Einfrieren Langsame Bewegungen Schlangenlinien gehen Wedeln mit der Rute im Zusammenhang mit Signalen des Ausdrucksverhaltens die etwas anderes sagen wie ängstlich, unsicher, aggressiv gestimmt oder gestresst. Hier dürfte das Schwanzwedeln in erster Linie bedeuten sich selbst oder etwas beziehungsweise jemanden zu beschwichtigen. Vorderkörpertiefstellung Welpe spielen auch wenn der Hund schon erwachsen ist Hinsetzen Hinlegen Gähnen Bogen gehen Am Boden schnüffeln Dazwischengehen / Splitten Pfote heben Markieren Wie reagiere ich als Mensch auf Calming Signals? Analysieren der Situation Reagieren: - Situation verändern. - Sein eigenes Handeln verändern (Stimmlage, Körperhaltung). - Mit Calming Signals antworten soweit es möglich ist (z.B. Blinzeln, mit der Zunge über die Lippe schlecken, gähnen, sich abwenden, langsame Bewegungen…). - Ist der Hund souverän, ihn die Situation selbst lösen lassen. Nicht überreagieren Beobachten – Lernen – Souverän helfen! 19 Übersprungshandlungen / Umorientiertes Verhalten Calming Signals gehen auch oft in Übersprungshandlungen über. Deshalb ist die Abgrenzung zwischen den beiden oft schwierig und immer im Gesamtkontext zu sehen. Übersprungshandlungen werden in aufgeregtem Zustand gezeigt, dieser kann positiv aber auch negativ sein. Der Hund ist sich nicht sicher wie er in einer bestimmten Situation handeln soll, ist sich aber sicher, dass er keinen Konflikt auslösen möchte. Deshalb werden zeitgleich oft Calming Signals gezeigt, um einer Eskalation vorzubeugen. Übersprungshandlungen sind Handlungen, die mit der eigentlichen Situation nichts zu tun haben. Der Hund zeigt ein komplett anderes Verhalten. Das bedeutet beispielsweise, dass der Hund in einer angespannten Situation beginnt sich zu kratzen oder sich „kindisch“ wie ein Welpe zu benehmen. Übersprungshandlungen können sein: Kratzen „als ob es juckt“ Lefzen lecken eines anderen Hundes Benehmen wie ein Welpe, Herumkasperln Hochspringen Aufreiten Schlucken Schütteln Eskalationsleiter Ist ein Hund überfordert, gestresst oder fühlt sich in einer Situation nicht wohl, muss man dessen Beschwichtigungssignale unbedingt ernst nehmen und als Mensch darauf entsprechend reagieren. Der Hund benötigt eventuell eine Pause oder er fühlt sich überfordert oder bedrängt. Reagiert der Mensch auf die Beschwichtigungssignale des Hundes, lernt dieser, dass es sich lohnt sie zu zeigen. Ist der Hundehalter noch nicht so geübt mit dem Lesen 20 des Hundes, ist es die Aufgabe des Trainers ihn während des Trainings darauf aufmerksam zu machen, dass der Hund zu beschwichtigen beginnt. Die Eskalationsleiter zeigt die Abfolge der Signale des Hundes vom Zeitpunkt der Entspanntheit bis hin zur Eskalation. Quelle: http://www.animal-learn.de/images/tipps/Eskalationsleiter.pdf (27.07.2015) Grüner Bereich: Der Hund versucht zuerst mit leichten dann mit stärkeren Beschwichtigungssignalen eine für ihn bedrohliche Situation zu deeskalieren. Dies findet noch lautlos und nur mit Körpersprache statt. Gelber Bereich: Haben die Versuche aus dem grünen Bereich keinen Erfolg und die Bedrohungssituation bleibt weiter bestehen wechselt der Hund in den gelben Bereich und übermittelt damit die Botschaft „Wenn du jetzt damit nicht aufhörst, bin ich bereit 21 mich zu verteidigen“. Er beginnt mit deutlichen Abwehraktivitäten verbunden mit Lautäußerungen wie Bellen oder Knurren. Roter Bereich: Bleibt die Bedrohung nach den ersten beiden Bereichen noch immer bestehen, bleibt dem Hund nichts anderes mehr übrig als in den roten Bereich zu wechseln und sich zu verteidigen. Unsere Aufgabe ist es, dem Hund rechtzeitig aus der für ihn unangenehmen Situation zu helfen, damit er nicht vom grünen in den gelben oder sogar roten Bereich wechseln muss. Die Stufe der „Abwehraktivitäten“ ist die, wo man unbedingt eingreifen muss wenn man es nicht schon vorher getan hat, damit die Situation nicht eskaliert. Niemals dem Hund ein gezeigtes Beschwichtigungssignal wegstrafen! Der Hund wird irgendwann diese Stufe der Eskalationsleiter weglassen, also dieses Signal nicht mehr zeigen und in einer Bedrohungssituation gleich auf die nächste Stufe wechseln. Die Situation wird also schneller eskalieren. Dieses Wegstrafen wird leider häufig gemacht, vor allem beim Knurren. Ein Hund - dessen Signale nie Beachtung finden - und der für sein Knurren bestraft wird, kann zu einem Hund werden, der ohne große Vorwarnung in einer für ihn bedrohlichen Situation schnappt oder sogar beißt. Es gibt keinen Hund der ohne Vorwarnung beißt, sondern es bedeutet, dass man schon viele Stufen davor übersehen, ignoriert oder weggestraft hat! Unsere Aufgabe ist es, schon das „Flüstern“ des Hundes zu hören und dementsprechend deeskalierend darauf zu reagieren und ihn nicht zu zwingen zu „Schreien“! 22 Aktives und passives Lernen Unter aktivem Lernen versteht man das langsame Formen der gewünschten Verhaltensweise. Durch dieses sogenannte Shapen bringt sich der Hund selber schrittweise bei, was wir von ihm haben wollen. Man arbeitet sich sozusagen langsam und schrittweise an das Endziel heran. Beispiel „in die Transportbox im Kofferraum springen“: Die Kofferraumklappe ist offen, der Hundehalter ist mit Leckerlis ausgestattet. Jetzt wird der Hund genau beobachtet und nur die kleinsten Anzeichen werden sofort mit einem Markerwort oder Clicker bestätigt und der Hund anschließend belohnt. Man belohnt anfangs den Blick zum Auto, dann den ersten Schritt Richtung Auto, später das Schnuppern am offenen Kofferraum usw. Alle anderen gezeigten Verhaltensweisen werden ignoriert. Durch Versuch und Irrtum findet der Hund heraus welche Verhaltensweisen sich in dieser Trainingssequenz lohnen und es dafür eine Belohnung gibt. Unerwünschte Verhaltensweisen werden zunehmend seltener gezeigt, dafür tritt erwünschtes Verhalten öfter auf. Der Hund erarbeitet sich seine Aufgabe also selber. Der Hundehalter macht nichts anderes, als genau zu beobachten und im richtigen Moment zu markern und zu belohnen. Der Hund hat, für in diesem Moment nicht erwünschtes Verhalten, keine Bestrafung zu befürchten, die einzige Konsequenz für ihn ist, keine Belohnung zu erhalten wenn Verhaltensangebote gezeigt werden, die in diesem Moment nicht gefragt sind. Aktives Lernen dauert in der Regel länger als passives Lernen. Trotzdem ist das langsame Formen eher zu bevorzugen. Passives Lernen bedeutet den Hund mit der Futterhand zu locken. Beispiel „über die am Boden liegende Leiter gehen“: Man führt den Hund mit dem Leckerli in der Hand über die Leiter. Der Hund wird diese Übung bewältigen, aber ohne dabei genau mitzubekommen was er eigentlich 23 tut. Sein Fokus liegt komplett bei der Leckerlihand und nicht bei seiner Aufgabe die er zu meistern hat. Er bewältigt so ganz nebenbei seine Aufgabe, ohne richtig darüber nachzudenken. Der Hund soll sich aber auf die unter ihm liegende Leiter konzentrieren und bewusst darübersteigen. Durch das Locken mit der Leckerlihand ist der Hund nicht darauf angewiesen sein Gehirn zu benutzen und deshalb soll passives Lernen hauptsächlich dann verwendet werden, wenn es die Situation gerade erfordert und die Zeit nicht gegeben ist, es durch aktives Lernen beizubringen. Solche Situationen wären zum Beispiel im Straßenverkehr, bei Begegnungen mit anderen Hunden etc., wo man möglicherweise nicht die Zeit hat und den Hund „mal schnell wo vorbeilocken muss“. Oft gibt es im Training auch eine Mischung aus den beiden Lernformen. Will man dem Hund zum Beispiel Platz beibringen nimmt man ein Leckerli zwischen Daumen und Handfläche und legt diese mit dem Leckerli nach unten flach auf den Boden. Der Hund wird versuchen irgendwie an das Leckerli zu kommen. Legt er sich hin, wird die Hand sofort umgedreht und er bekommt die Belohnung. Hat man das Gefühl der Hund hat es verstanden, weil er sich immer schneller hinlegt, lässt man das Leckerli in der Hand weg. Lernformen Im folgenden Teil möchte ich kurz auf die verschiedenen Lernmodelle eingehen. Dazu gehören Klassische Konditionierung, operante Konditionierung, räumliches Lernen, emotionales Lernen und Nachahmungslernen. Sie treten meist nicht alleine auf, sondern gehen ineinander über. Konditionierung Konditionierung bedeutet, dass der Hund lernt, auf einen bestimmten Reiz mit einer bestimmten Reaktion zu reagieren. Dieser Vorgang wird „Reizgeneralisierung“ genannt. Zwei Formen der Konditionierung werden unterschieden und zwar die 24 klassische und die operante oder instrumentelle, auf die ich im folgenden Teil kurz näher eingehen möchte. Klassische Konditionierung Die klassische Konditionierung geht auf Iwan Petrowitsch Pawlow 4 zurück. Pawlow beobachtete zufällig, dass Hunde bereits vor Beginn eines Experiments zur Speichelsekretion Speichel absonderten. Somit konnte diese Reaktion nicht mit dem Anblick oder dem Geruch des Futters zusammenhängen. Es betraf Hunde, die schon länger im Labor und mit dem Ablauf des Experimentes vertraut waren. Um diese Beobachtung zu analysieren, ließ Pawlow gleichzeitig mit dem Vorsetzen des Futters einen Glockenton erklingen. Nach einigen Wiederholungen sonderten die Hunde bereits beim Erklingen des Glockentones Speichel ab, ohne dass sie Futter bekommen haben. Die Hunde haben unbewusst den Glockenton mit dem Vorsetzen des Futters verknüpft. Der zu Beginn neutrale Reiz (Glockenton) wurde durch Assoziation zu einem bedingten Reiz. Dieser kann alleine fast dieselbe Reaktion (Speichelfluss) auslösen, wie der unbedingte Reiz (Futter) mit dem er gekoppelt wurde. Die unbedingte Reaktion (Speichelfluss) auf das Futter wurde zur bedingten Reaktion auf den Glockenton. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pavlov%27s_dog.svg (16.07.2015) 4 Russischer Mediziner und Physiologe (1849 – 1936) 25 Assoziationslernen steht eng im Zusammenhang mit der Konditionierung und erfolgt oftmals auch unbewusst. Beispiel Leinenruck: Der Hundehalter geht mit seinem Hund spazieren. Es kommt ihnen ein Kind entgegen und der Hundehalter nimmt seinen Hund mit einem Leinenruck zurück. Passiert dies öfter - es kann aber auch dieses eine Mal schon reichen - assoziiert der Hund das Wahrgenommene mit seinen Gefühlen. Im Klartext heißt das, der Hund assoziiert den Anblick eines Kindes mit Schmerz, Atemnot,….. Der Hund wird früher oder später dementsprechend reagieren wenn ihm Kinder über den Weg laufen und der Besitzer wundert sich warum sein Hund „plötzlich“ keine Kinder mehr mag und aggressiv reagiert. Ein Teufelskreislauf beginnt. Der Besitzer wird womöglich noch strenger mit seinem Hund umgehen, den Leinenruck intensiver ausführen, ihn vielleicht auch noch anders körperlich zurechtweisen und der Hund wird immer intensiver auf Kinder reagieren. Ein Leinenaggressionsproblem gegenüber Kindern wird sich hier sehr schnell entwickeln. Operante oder instrumentelle Konditionierung Diese Form der Konditionierung wird umgangssprachlich auch als „Lernen durch Erfolg und Irrtum“ oder „Lernen durch Belohnung und Bestrafung“ bezeichnet. Durch positive oder negative Konsequenzen wird die Häufigkeit einer Verhaltensweise erhöht oder verringert. Es gibt einen kleinen Unterschied zwischen der operanten und der instrumentellen Konditionierung: Operant bedeutet, dass es dem Hund völlig freisteht, das gewünschte Verhalten auszuführen oder es zu unterlassen. Der Hund wird für ein freiwillig und zufällig ausgeführtes Verhalten belohnt. Dem Hund ist dabei freigestellt welches Verhalten er zeigt und wie oft er dies tut. Instrumentell bedeutet, dass sich der Lernprozess in einzelne Durchgänge gliedert und das gewünschte Verhalten nicht immer, sondern nur innerhalb eines solchen Durchganges gezeigt werden kann. Es besteht nur dann eine Möglichkeit der 26 Wiederholung des gezeigten Verhaltens wenn der Trainer einen neuen Durchgang startet. Begründer dieser Konditionierungsform sind Edward Lee Thorndike 5 und Burrhus Frederic Skinner6. Thorndike begann mit Experimenten gegen Ende des 19. Jahrhunderts über Fähigkeiten von Katzen Probleme zu lösen. Ab cirka 1930 beschreibt Skinner die operante Konditionierung. Im Gegensatz zu Thorndike verstärkt er mit seiner Skinner-Box jede minimale Verhaltensänderung in Richtung Endverhalten und wartet nicht nur ab, bis dieses zufällig erreicht wird. Nach dem Drücken eines Hebels werden die Tiere sofort mit einer Futtergabe belohnt. Die Auftrittsrate dieses Verhaltens wird dadurch schnell erhöht. Möglicher Versuchsaufbau für eine Skinner-Box. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Skinner-Box (16.07.2015) 5 6 US-Amerikanischer Psychologe (1874 – 1949) US-Amerikanischer Psychologe (1904 – 1990) 27 Belohnung versus Bestrafung Quelle: http://www.sarishacee.ch/belohnung-bestrafung.html Die Belohnung oder die Strafe benötigen wir nur in der operanten oder instrumentellen Konditionierung, nicht aber bei der klassischen Konditionierung. Wir verstehen, dass bei der operanten oder instrumentellen Konditionierung die nachfolgende Konsequenz auf ein Verhalten bedeutsam ist, wohingegen bei der klassischen Konditionierung wichtig ist was dem Verhalten voraus geht. Ein Verstärker ist ein Reiz, der auf ein bestimmtes Verhalten folgt und je nachdem ob er positiv oder negativ ist, die zukünftige Auftretenswahrscheinlichkeit des gezeigten Verhaltens zu erhöhen oder zu senken vermag. Bei positiven Verstärkern handelt es sich um belohnende Stimuli (Reize), die ungelernt, sog. positive primäre Verstärker (z.B. Futter) oder gelernt (klassisch konditioniert) sein können, sog. positive sekundäre Verstärker (z.B. Clicker). Ein 28 Gefühl der Freude und des Wohlgefühls stellt sich beim Hund ein. Diesen persönlichen Erfolg will das Individuum wieder erleben und zeigt deshalb das Verhalten künftig öfters. Im Training mit dem Hund sollte möglichst mit positiven Verstärkern gearbeitet werden. Positive primäre Verstärker sind z.B. Futter, Wasser, Spielzeug, Sexualpartner, etc. Positive sekundäre Verstärker sind z.B. Clicker oder ein Markerwort z.B. „Prima“ Bei negativen Verstärkern handelt es sich um aversive (unangenehme) Reize, welche bei Entfernen (Unangenehmes lässt nach / hört auf) zu einer Abnahme der Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens führen. Negative Verstärker sind z.B. Zug am Hals, Druck auf die Kruppe, etc. Ein Gefühl der Erleichterung stellt sich beim Hund ein, hört das Unangenehme auf. Bei der negativen Strafe handelt es sich um positive Reize (z.B. Aufmerksamkeit, Spielzeug, etc.), die dem Hund entzogen werden. Die Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens nimmt unter Anwendung der negativen Strafe ab. Gefühle wie Frust oder Enttäuschung stellen sich beim Individuum ein. Die negative Strafe kann im Training mit dem Hund durchaus eingesetzt werden, sie führt weder zu Schmerzen, noch versetzt sie den Hund in Angst. Bei der positiven Strafe handelt es sich um aversive Reize (z.B. Leinenruck, Schimpfen, Schläge, Wurfketten, etc.), die zu einer Abnahme der Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens führen. Beim Hund stellt sich ein Gefühl von Unbehagen, Angst oder Schmerz ein. Auf positive Strafe soll im Hundetraining gänzlich verzichtet werden. Bestrafung ändert nicht die zu Grunde liegende Motivation des Verhaltens, sie unterdrückt 7 vorübergehend. 7 Quelle: http://www.sarishacee.ch/belohnung-bestrafung.html (28.07.2015) 29 das Verhalten nur Räumliches Lernen Räumliches Lernen bedeutet das Erlernen von räumlichen Zusammenhängen und örtlichen Begebenheiten. Diese Art des Lernens findet ohne direkte Bestätigung statt und oft ganz unbemerkt, beispielsweise beim Generalisieren bereits erlernter Übungen. Wichtig vor dem Beginn des Trainings ist es, den Hund auf einem fremden Gelände ausreichend Zeit zu geben dieses zu erkunden. Er soll sich in Ruhe umschauen und alles entdecken können. Durch diese Erkundungstour stellt sich der Hund innerlich auf den Ort ein und gewinnt Sicherheit. Richtet der Hund die Aufmerksamkeit wieder auf seinen Menschen, kann mit dem Training begonnen werden. Emotionales Lernen Emotionales Lernen entsteht durch Erfahrungen. An Lernverknüpfungen, die mit starken Emotionen verbunden sind, erinnert sich der Hund nachhaltiger und länger. Die Emotionen des Hundes entscheiden darüber, auf welche Situation mit Annäherungs- oder Meidungsverhalten reagiert wird. Nachahmungslernen Dieses Lernen am Modell wird auch als Beobachtungslernen oder Imitationslernen bezeichnet. Nachahmungslernen bezeichnet Lernvorgänge, die durch das Beobachten von Verhaltensmustern anderer Individuen bestimmt sind. Das betrifft soziale und motorische Verhaltensweisen eines Vorbildes. Damit Nachahmungslernen stattfinden kann, müssen beim Hund vier Prozesse ablaufen: Aufmerksamkeitsprozesse -> damit das Beobachtete aufgenommen werden kann Gedächtnisprozesse -> damit sich das Beobachtete in einer Gedächtnisspur niederschlägt und sich so später daran erinnert werden kann 30 Motorische Reproduktionsprozesse -> das Beobachtete zeigt sich in einer Handlung Motivations- und Verstärkungsprozesse -> Handlung tritt erst ein, wenn der Hund entsprechend motiviert ist Belohnung „Muss ich meinen Hund belohnen?“ „Muss ich meinen Hund immer belohnen?“ „Reicht es, wenn ich ihm hin und wieder ein Leckerli gebe?“ „Das ist ja nur Bestechung!“ „Der macht das dann nur mehr fürs Leckerli!“ Ich habe ein paar Fragen beziehungsweise Statements angeführt, die man immer wieder zu Ohren bekommt. Nun möchte ich kurz darauf eingehen. Es ist manchmal fast ein bisschen zum Schmunzeln. Die meisten Leute füttern ihre Hunde wahnsinnig gerne. Sie geben ihnen etwas vom Tisch, geben ihnen zwischendurch einfach nur fürs Atmen – um es übertrieben auszudrücken – ein Leckerli, fürs „lieb dreinschauen“ usw. Geht es im Training um die Belohnung werden sie dann oft etwas seltsam. Da kommen dann so Sätze wie oben angeführt. Gerade beim Training sollen die Hunde ihre Belohnung bekommen. Sie machen das schließlich nur für uns und nicht weil sie selber Pfötchen geben, Männchen oder Rolle machen lernen wollen. Wir Menschen wollen schließlich auch Geld haben für unsere Arbeit. Wir würden ziemlich sicher auch nicht mehr unserer Arbeit nachgehen, wenn unser Chef sagen würde „Ach das können Sie jetzt schon so gut, jetzt bekommen sie keine Entlohnung mehr dafür!“ Wenn man es so erklärt verstehen es die meisten Hundebesitzer ! 31 Futterbelohnung gibt es außerdem nicht nur im Hundetraining, sämtliche Tiershows arbeiten damit. Man wird keine Vorführung mit Walen oder Delphinen erleben wo nicht mit Futter belohnt wird. Richtige Belohnung Die richtige Belohnung spielt beim Training eine wichtige Rolle und muss bei jedem Hund individuell abgestimmt werden. Belohnung bedeutet nicht immer die Gabe von Futter, es kann auch ein kurzes Spiel mit dem Menschen oder mit einem anderen Hund sein, den Hund ins Wasser zu lassen, ihn frei laufen zu lassen usw. Bei der Leckerligabe soll weder eine Unter- noch eine Übermotivation beim Hund entstehen. Für Übungen, die der Hund schon kann, kann man weniger attraktive Leckerli verwenden. Gilt es eine neue Übung zu erlernen oder es kostet den Hund viel Überwindung etwas zu tun, dann soll eine besonders motivierende Belohnung folgen. Wichtig: Je größer die Ablenkung ist, desto höher muss die Belohnungsrate und wertvoller die Belohnung sein! Dazu ist es sehr hilfreich mit seinem Hund ein Belohnungsranking zu erstellen. Man bereitet mehrere verschiedene Leckerli vor und testet dann mit seinem Hund, welches er am liebsten hat und welches weniger gerne. Somit hat man einen Überblick und kann entscheiden in welcher Situation man dem Hund welches Leckerli gezielt als Belohnung gibt. Ich würde raten das Belohnungsranking immer wieder einmal zu überarbeiten. Erstens hat der Hund bestimmt nichts dagegen und zweitens heißt es nicht, dass morgen auch noch Käse an erster Stelle steht nur weil er es heute war ! Richtiges Timing des Lobes, der Belohnung Richtiges Timing ist extrem wichtig im Hundetraining. Es entscheidet darüber, ob der Hund überhaupt verstehen kann, was wir von ihm wollen. Der Zeitrahmen, in dem gelobt werden muss, damit der Hund sein Tun mit der Belohnung verknüpfen kann, beträgt nur 0,5 Sekunden. Wir müssen also blitzschnell sein, um den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Ein Markerwort oder ein Clicker helfen 32 uns, den Zeitpunkt optimal zu erwischen. Denn haben wir den Hund erstmal durch einen sekundären Verstärker bestätigt, bleibt uns mehr Zeit, dem Hund ein Leckerli zu geben. Ein Marker oder Clicker überbrückt sozusagen Raum und Zeit. Beispiel von falschem Timing: Wir wollen dem Hund „Sitz“ beibringen. Der Hund setzt sich und wir bestätigen ihn erst in dem Moment wo er wieder aufsteht. Wir haben somit nicht sein „Sitz“ bestätigt, sondern das Aufstehen. Dopamin als Zauberknopf im Hundehirn Der Neurotransmitter Dopamin spielt bei jedem Lernprozess eine wichtige, zentrale Rolle. Erfahrungen die Mensch oder Tier unter Dopamineinwirkung machen, werden besonders gut und nachhaltig gelernt. Dopamin ist untrennbar mit Emotionen verbunden. Die Ausschüttung dieses Neurotransmitters versetzt ein Lebewesen in einen Zustand der Motiviertheit. Ohne Dopamin gibt es keine Motivation! Dopamin, auch Glückshormon genannt, stellt ein inneres Belohnungssystem dar. Dopamin wird dann ausgeschüttet, wenn angenehme Erfahrungen überraschend auftreten oder Belohnungen erwartet werden. Das bedeutet für die Arbeit mit einem Clicker oder Markerwort: Durch die Ankündigung einer Belohnung durch einen sekundären Verstärker kommt es zu einer stärkeren Dopaminausschüttung und somit zu intensiveren Glücksgefühlen, als wenn der Hund / das Tier die Belohnung „nur einfach so“ erhalten würde. Menschen und Tiere sind also hinter dem guten Gefühl her, dass durch die Dopaminausschüttung ausgelöst wird. Eine erhöhte Dopaminausschüttung steht aber auch im Zusammenhang mit der Reduktion eines aversiven Zustandes. Wenn Angst oder Stress nachlassen kommt es zu einem Gefühl der Erleichterung. Dies erklärt somit die Wirksamkeit der negativen Verstärkung. 33 Dopaminüberschuss kann Unruhe, impulsives Verhalten und impulsive Reaktionen auslösen. Belohnungsschema Man unterscheidet zwischen der variablen Belohnung und der „Immer-Belohnung“. Zu Beginn des Trainings, wenn Übungen oder Signale neu gelernt werden, wird der Hund immer belohnt. Dies behält man so lange bei, bis der Hund das Erlernte sicher ausführt. Das bedeutet eine hohe Zuverlässigkeit bei der Ausführung (über 80%), die Signale und Übungen sind gut generalisiert was die Örtlichkeit und die Ablenkungsreize betrifft. Diese „Immer-Belohnung“ kann natürlich auch beibehalten werden. Ich finde es steht jedem Besitzer frei, selber zu entscheiden ob er seinen Hund variabel oder immer belohnen möchte. Vorsicht ist geboten, wenn der Hund dann nur mehr am Leckerlibeutel hängt. Dann würde ich dazu raten nicht immer zu belohnen. Steigt man auf variable Belohnung um, bedeutet das, dass der Hund nur noch ab und zu für seine richtige Übungsausführung durch einen primären oder sekundären Verstärker und Belohnung bestätigt wird. Für den Hund ist es unvorhersehbar wann er eine Belohnung erhält. Die variable Belohnung könnte so aussehen: Leckerli – kein Leckerli – kein Leckerli – Leckerli – Leckerli – kein Leckerli – Leckerli – kein Leckerli – kein Leckerli – Leckerli usw……… Jackpot Die Jackpot-Belohnung ist für den Hund wie ein 6er im Lotto. Der Jackpot kann eine Handvoll Leckerlis sein oder etwas ganz besonderes was er sonst nie bekommt, auch ein besonderes Spielzeug beispielsweise. Wird der Jackpot zu oft eingesetzt nutzt er sich mit der Zeit ab. Gezielt eingesetzt wirkt er oft wahre Wunder. Für kleine Fortschritte im Training belohnt man normal. Macht der Hund aber einen 34 beachtlichen Sprung, vollbringt eine herausragende Leistung, dann ist ein Jackpot angebracht. Verkettungstechniken Beispiel: Hund zieht an der Leine – Hundehalter bleibt stehen – Hund lockert die Leine in dem er ein paar Schritte oder bis zu seinem Besitzer zurückgeht – Belohnung an den Hund folgt Das ist nur eines von vielen Beispielen. Hunde sind wahre Meister darin Verhaltensketten zu bilden. Deshalb ist es besonders wichtig darauf zu achten, dass sich der Hund keine unerwünschten Verhaltensmuster „aneignet“. Zur Erklärung des oben angeführten Beispiels: Der Hund lernt, ich muss erst stark ziehen, dann bleibt mein Mensch stehen, ich gehe ein paar Schritte zurück und bekomme dafür eine Belohnung. Um solche unerwünschten Verhaltensketten zu vermeiden, ist es wichtig darauf zu achten, dass das erwünschte Verhalten mindestens 3 -5 Sekunden nach dem unerwünschten gezeigt wird. Belohnt man nämlich zu früh, belohnt man für den Hund auch das unerwünschte Verhalten mit. Diese Verkettungstechnik kann aber auch gezielt für erwünschtes Verhalten genutzt werden. Beispiel: Türglocke läutet – Hund geht auf seinen Platz – bekommt Belohnung – auf Signalwort darf er Besuch begrüßen gehen 35 Aversive Trainingsmethoden… … schädigen den Hund erheblich, sei es auf psychische oder physische Art! Ich persönlich lehne jegliche Art von aversiven Trainingsmethoden oder Hilfsmitteln entschieden ab! Der Vollständigkeit halber führe ich sie aber dennoch an und erkläre sie kurz. Aversive Trainingsmethoden beruhen auf negativen Reizen, die beim Hund Angst und Schmerz hervorrufen. Diese Trainingsmethoden führen leider oft schneller zum Erfolg als tierschutzgerechtes Training, und werden deshalb zum Leidwesen der Tiere noch immer angewandt. In Wahrheit ist es aber oftmals die sogenannte „erlernte Hilflosigkeit“, die den Hund dann so brav erscheinen lässt. Dabei traut er sich nur nichts mehr zu tun, in Erwartung dessen, dass er sonst wieder in irgendeiner Form bestraft wird. Diese Trainingsmethoden lösen aber nicht das zugrunde liegende Problem, sondern es wird nur das Symptom „behandelt.“ Dem Hund wird nicht beigebracht wie er lernen kann mit seinem Problem umzugehen. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Hund dann nur bei der einen Person „funktioniert“ aus Angst vor Strafe, bei anderen Personen ist das Verhalten nach wie vor da. Strafe funktioniert nicht, sonst würde sie das schon beim ersten Mal. Ist es also notwendig den Hund immer wieder zu strafen, sollte einem das zu denken geben, nämlich insofern dass das nicht der richtige Weg sein kann! Zusätzlich zum Schmerz, besteht immer die Gefahr von Fehlverknüpfungen des Hundes in Verbindung mit anwesenden Personen und Objekten. Das bedeutet auch, dass oftmals der Ort an dem das passiert ist, negativ besetzt ist. Geruchliche und akustische Wahrnehmungen prägen sich leicht in das Gehirn des Hundes ein und werden zu einem späteren, meist unerwarteten Zeitpunkt als Angstauslöser plötzlich wieder aktiv. Unerwartete Nebenwirkungen und massive Fehlverknüpfungen sind ein riesiger Nachteil von für den Hund unangenehmen Trainingsmethoden bzw. Hilfsmitteln. 36 Aversive Hilfsmittel Hier möchte ich die abgebildeten aversiven Hilfsmittel kurz beschreiben. Zum einen was sie laut verschiedenster Informationsquellen bewirken sollen und was sie tatsächlich beim Hund auslösen! Halsbänder Halsbänder, egal ob auf Zug oder mit Stopp, beeinträchtigen die Gesundheit des Hundes erheblich. Hängt sich der Hund in das Halsband werden sämtliche Körperteile extrem belastet. Es werden die Luft- und Speiseröhre, der Kehlkopf, die Schilddrüse, die Wirbelsäule usw. in Mitleidenschaft gezogen. Es kommt zu einem erhöhten Augendruck. All das kann verschiedenste weitere Probleme beim Hund auslösen wie Kopfschmerzen, Verspannungen, Übelkeit, Schwindel, Tinnitus, Konzentrations- und Wahrnehmungsprobleme, Nervosität, Müdigkeit, Lahmheit in den Vordergliedmaßen um nur ein paar Symptome anzuführen. Fehlverknüpfungen mit Menschen, Tieren, Objekten, Gerüchen oder Geräuschen können zum Zeitpunkt des Luftabschnürens nicht verhindert werden! Ausnahmen: Es gibt natürlich Ausnahmen wo die Hunde nur am Halsband geführt werden können. Schmerzen beim Tragen eines Brustgeschirres können ausgelöst werden durch Verletzungen in diesem Bereich, angeschwollene Zitzen einer tragenden oder säugenden Hündin und manchmal kann es auch sein, dass Hunde oder auch die Besitzer kein Brustgeschirr wollen. Wenn man merkt, dass dem Hund das Tragen eines Brustgeschirres unangenehm ist, in dem er sich ständig kratzt oder sich damit am Boden wälzt, kann man eventuell andere probieren. Es besteht die Möglichkeit, dass er eben diese Art des Brustgeschirres nicht mag oder es stellt sich heraus, dass er generell kein Brustgeschirr mag. Für solche Fälle ist das Tragen eines Halsbandes in Ordnung. Das Halsband muss aber sehr breit (mindestens über zwei Halswirbel) und angenehm weich sein. Der Hund sollte gut an lockerer Leine gehen können. 37 Anmerkung: Die folgenden unter „Beschreibung“ angeführten Texte sind Zusammenfassungen in eigenen Worten von Angaben verschiedenster Quellen. Erziehungshalsband oder Würgehalsband / Zugkette oder Gesundheitswürger Quelle: http://www.fordogtrainers.de/index.php?main_page=index&cPath=6 (01.07.2015) Quelle: http://www.fordogtrainers.de/index.php?main_page=index&cPath=123 (01.07.2015) Beschreibung Erziehungshalsband oder Würgehalsband: Das Halsband strafft sich, sobald sich die Leine spannt. Die meisten Hunde stellen daraufhin das unerwünschte Verhalten ein, ohne dass ihnen dabei Schmerzen zugefügt werden. Das Hundefell wird von diesem Halsband nicht beschädigt. Beschreibung Zugkette oder Gesundheitswürger: Zugketten sind sehr bequem für Hunde. Die langen polierten Glieder beschädigen nicht das Fell. Die Hunde fühlen keine Unbequemlichkeit beim Tragen der Kette. Die Kette zieht sich zusammen sobald der Hund an der Leine zieht, dieser stellt daraufhin sein Fehlverhalten ein. Realität: Führt man den Hund an einem Halsband, entsteht ein enormer Druck auf den äußerst empfindlichen Halsbereich. Dort befinden sich viele Muskeln, Gefäße, Nerven und eine ganze Reihe lebenswichtiger Organe. Sobald der Hund zu ziehen anfängt, verengt sich das Halsband. Durch diesen sinnlos durchgeführten Leinenruck oder durch das plötzliche Losrennen oder auch abruptes Stehenbleiben des Hundes, kann sich der Vierbeiner erheblich an der Halswirbelsäule verletzen, die Kettenglieder dringen zwischen die Wirbel ein. Diese 38 Verletzung ist vergleichbar mit einem Halswirbelschleudertrauma oder einer Verschiebung der einzelnen Wirbel, weshalb der Hund sehr wohl unter Schmerzen leidet. Der Hund kann beginnen Meideverhalten und Halsbandscheue zu zeigen. Er kann keine Vertrauensbasis mit seinem Menschen aufbauen, somit leidet auch die Mensch-Hund-Beziehung beträchtlich darunter. Es besteht die Gefahr von Fehlverknüpfungen! Der Hund wird dadurch nicht lernen, locker an der Leine zu gehen. Tiere laufen vor Schmerzen davon, das bedeutet, dass er immer mehr zu ziehen beginnen wird. Äußerst makaber finde ich, diese Kette als „Gesundheitswürger“ zu bezeichnen. Stachelhalsband / Korallenhalsband Quelle: http://www.fordogtrainers.de/index.php?main_page=index&cPath=1 (01.07.2015) Beschreibung Stachelhalsband und Korallenhalsband: Das Stachelhalsband bietet Sicherheit, Erfolg beim Training und Qualität. Die Stacheln bei diesen Halsbändern sollen die Hundezähne imitieren, welche die Hündin bei ihren Welpen einsetzt um sie zu erziehen. Durch die Warnbisse, die der Rudelführer an rangniedere Rudelmitglieder abgibt stärkt er seine Autorität. Letztendlich wird die Stachelkette zu einem Kontrollinstrument, um Rudelmitgliedern, die immer wieder bestrebt sind ihre Position im Rudel zu verbessern, wieder Respekt zu verschaffen.8 8 Quelle: http://www.fordogtrainers.de/index.php?main_page=product_info&cPath=1&products_id=678 39 Man kann seine Zeit mit dem Hund freudig und sicher genießen. Die Wirkung des Gehorsamstrainings kann man durch dieses Halsband erhöhen und produktiver machen. Es verursacht keine allergischen Reaktionen und beeinträchtigt die Gesundheit des Hundes nicht. Das Stachelhalsband ist sehr bequem in allen Aspekten. Es ist gut zur Kontrolle und für einen sicheren Alltag, außerdem ist es sehr praktisch. Das Halsband hilft, das Verhalten des Hundes zu korrigieren und ihn richtig zu erziehen und auszubilden. Das ist sehr wichtig, wenn man mit dem Hund an öffentlichen Plätzen spazieren geht und ihn mit anderen Menschen und Hunden oder anderen Tieren sozialisieren muss. Das Stachelhalsband ist perfekt, wenn eine übliche Würgekette nicht mehr hilft. Folgende Hinweise findet man dazu: Den Hund nie alleine lassen wenn er dieses Halsband trägt, er kann irgendwo hängenbleiben und sich in Folge dessen verletzen. Das Halsband darf nicht in geschlossenem Zustand über den Kopf des Hundes gezogen werden, da sonst der Kopf oder die Ohren verletzt werden können. Unbedingt den Klick-Verschluss öffnen. Immer den Trainer fragen nach Trainingsmethoden mit Stachelhalsband, besonders wenn man selber noch keine Erfahrungen damit hat. Manche Trainer verwenden dieses Halsband nur für dominante Rassen. Das Halsband soll nicht sehr eng sitzen, weil es sonst keinen Trainingseffekt hat, wenn der Hals des Hundes immer unter Druck gesetzt ist. Der Hund lernt somit sie zu ertragen. Realität: Das Stachel- und das Korallenhalsband haben im Prinzip dieselbe Wirkung wie das Erziehungshalsband und die Zugkette, der Leinenruck wird aber zusätzlich durch die Stacheln verstärkt. 40 Cesar Millan Illusion Collar Halsband Quelle: http://www.amazon.co.uk/Cesar-Millan-Illusion-Collar-Black/dp/B001FVNSOI (01.07.2015) Beschreibung: Die meisten Halsbänder richten sich auf den stärksten Teil des Hundehalses. Dadurch gibt man den Hunden das Gefühl, die totale Kontrolle beim Spazierengehen übernehmen zu müssen, einschließlich der Kontrolle über den Hundehalter, also den Rudelführer. Dieses Halsband ist anders, der Hund kann damit effektiver kontrolliert werden. Man korrigiert den Hund während des Spazierganges mit kurzen und konsequenten ruckartigen Bewegungen. Dieses Halsband ermöglicht dem Hundebesitzer die absolute Kontrolle beim Ausführen des Hundes. Starke und schwierige Hunde können so mühelos geführt werden und der Hundehalter etabliert sich als Rudelführer. Die am Halsband befestigte Kontrollschlinge sitzt hoch oben am Hals, am empfindlichsten Bereich, und bietet so mehr Einwirkungskraft auf den Hund. Realität: Die Kontrollschlinge sitzt direkt hinter den Ohren. Dort ist sehr wenig Muskulatur und diese dünne Nylonschnur verursacht zusätzlich noch mehr Schmerzen als ein breites Band. Der Druck der beim Zusammenziehen aufgebaut wird, lässt beim Stoppen des Ziehens nur geringfügig nach, die Schlinge löst sich nicht wieder komplett. Dadurch kann es dazu kommen, dass die Halsschlagader über einen längeren Zeitraum abgedrückt wird und es somit zu einer Unterversorgung im Gehirn, im Halsbereich, in den Augen, etc. kommt. Es kommt womöglich zum gewünschten Effekt, nämlich dass der Hund ruhiger und langsamer wird. Dies ist aber nicht darauf zurückzuführen, dass der Hund die Leinenführigkeit verstanden hat, sondern weil dieses dünne Band extreme 41 Schmerzen verursacht und der Hund eventuell unter Schwindel, Atemnot oder beeinträchtigtem Sehvermögen leidet. PetTec Ferntrainer / AntiBell Spray / Anti-Bellhalsband / Spray Commander Quelle:https://www.schecker.at/Hunderziehung.htm?websale8=schecker.04-aa&ci=001217 (01.070.2015) Quelle: https://www.schecker.at/Hunderziehung.htm?websale8=schecker.04-aa&ci=001217&page=2 (01.07.2015) Quelle: https://www.schecker.at/Hunderziehung.htm?websale8=schecker.04-aa&ci=001217&page=2 (01.07.2015) Beschreibung: Es ist ein effektiver und sanfter Druckgas-Spray aus kondensierendem Wasser. Der Hund wird in seinem negativen Verhalten durch das Zischgeräusch gestört und wird so wieder ansprechbar. Nachdem Hunden dieses Zischen unangenehm ist, werden sie nach kurzer Zeit das negative Verhalten vermeiden. Dieser Spray übt keine Schmerzen oder Schäden auf den Hund aus. Beim AntiBell-Spray wird der Sprühstoß durch integrierte Sensoren am Halsband ausgelöst. Bekommen diese Sensoren einen Impuls durch das Bellen des Hundes, wird der Spray ausgelöst. Dieser Spray funktioniert also auch dann wenn der Besitzer nicht beim Hund ist. Es können viele Fehlverhaltensweisen korrigiert und wichtige Grundkommandos beigebracht werden. 42 Realität: Es wird mit der Urangst des Hundes gearbeitet. Die Hunde lernen daraus nichts, sie unterlassen zwar ihr Tun, aber nur aus dem Grund weil sie ein Meideverhalten entwickeln. Wird der Spray manuell ausgelöst, besteht immer die Gefahr, dass der Hund diesen Strafreiz nicht mehr mit seinem Fehlverhalten verbinden kann. Der Hund wird zwar in seiner Tätigkeit unterbrochen, bekommt aber kein Alternativverhalten geboten. Legleader Quelle: https://www.schecker.at/Hunderziehung.htm?websale8=schecker.04-aa&ci=001217&page=2 (01.07.2015) Beschreibung: Das perfekte Fuß gehen kann damit auch dem wildesten Leinenzieher beigebracht werden. Durch diese kurze Leine, soll die Aufmerksamkeit des Hundes mehr auf den Besitzer gelegt werden. Man soll damit gehen ohne dabei auf den Hund zu achten und auch nicht mit ihm zu reden. Die Richtungen werden einfach beliebig geändert und der Hund wird lernen sich auf seinen Besitzer zu konzentrieren. Außerdem lernt der Hund, dass der Besitzer der Boss ist und sagt wo es langgeht. Realität: Der Hund auf dem Bild oben wird mit einem Halsband am Legleader geführt. Wechselt der Besitzer ständig unvorhersehbar beziehungsweise ohne den Hund darauf vorzubereiten die Richtung, endet das jedes Mal in einem Leinenruck! Das Fuß gehen kann man seinem Hund auch auf motivierendere Art beibringen, sodass es dem Hund auch Spaß macht neben seinem Besitzer zu laufen. Ich würde den Hund auch nur dann Fuß gehen lassen, wenn es die Situation gerade erfordert. Ansonsten ist es für den Hund eher untypisch immer so nahe bei seinem Menschen zu gehen. Durch diesen Legleader hat der Hund nicht einmal die Möglichkeit während des Spazierganges zu schnuppern, die Welt zu erkunden und sein 43 Geschäft zu verrichten, geschweige denn einen Bogen zu laufen um etwas zu umgehen oder zu beschwichtigen wenn der Mensch geradeaus weitergeht und nicht auf seinen Hund achtet, dass dieser eigentlich einer Situation ausweichen möchte. Besonders gefährlich wird es für Hund und Mensch, sollte es mit einem anderen Hund zu einer Rauferei kommen und der Hund hängt am Legleader! Muss der Hund das Fuß gehen erst lernen, aber die Situation erfordert es, den Hund an der kurzen Leine zu führen, kann man sich mit einer Zielschlaufe helfen. Mensch und Hund sollen ein gut eingespieltes Team bilden und natürlich darf da auch immer wieder einmal der Hund entscheiden wo heute beim Spaziergang entlang gegangen wird! Geh-Bei-Fuß-Trainer Quelle: https://www.schecker.at/Hunderziehung.htm?websale8=schecker.04-aa&ci=001217&page=2 (01.07.2015) Beschreibung: Schon bei geringstem Leinenzug üben die dünnen Brustriemen einen Druck auf die Vorderbrust aus. Je mehr der Hund zieht, umso stärker wird der Druck. Jedes stürmische Vorwärtsziehen wird sofort durch Druck bestraft und so wirksam unterbunden. Der Geh-Bei-Fuß-Trainer bietet den Hunden optimalen Tragekomfort. Realität: Diese schmalen Riemen können in meinen Augen auf keinen Fall einen optimalen Tragekomfort haben. Sie würgen und schneiden unter den Achseln ein. Der Hund scheuert sich unter den Achseln auf. 44 Gentle Leader / Halti Quelle: http://www.examiner.com/review/training-your-collie-gentle-leader-versus-halti-collar (01.07.2015) Beschreibung: Das Ziehen an der Leine kann wirkungsvoll verhindert werden. Spaziergänge werden somit entspannter. Man kann den Hund besser lenken und führen. Eine bewegliche Schlaufe umfängt das Maul. Es wird jeweils ein Leinenende am Kopfhalfter eingehängt und das andere am Brustgeschirr oder Halsband. Alternativ können auch zwei Leinen verwendet werden. Beginnt der Hund zu ziehen, zieht sich die Schlaufe um das Maul des Hundes zusammen und übt Druck aus. Es soll den Schnauzengriff unter Hunden imitieren. Der Hundehalter kann den Blickkontakt des Hundes auf sich ziehen in dem er über einen Zug an der Leine den Kopf des Hundes zu sich dreht. Realität: Das Halti ist meiner Meinung nach sehr gefährlich und kann bei unsachgemäßem Umgang beim Hund sogar zu schlimmen Nackenwirbelverletzungen führen oder ihm sogar das Genick brechen. Für den Hund muss es extrem unangenehm sein, immer durch die am Kopfhalfter befestigte Leine herumdirigiert zu werden. Den Blickkontakt beziehungsweise die Aufmerksamkeit des Hundes auf sich ziehen kann man auch wunderbar mit einem Aufmerksamkeitssignal aufbauen, dazu braucht man kein Halti. Den Druck des Haltis mit einem Schnauzengriff gleichzusetzen finde ich verwerflich. Der Mensch kann diesen unter Hunden angewendeten Schnauzengriff nie genau so imitieren wie Hunde ihn unter sich machen. 45 Disc Scheiben / Wurfkette / Flying Teachbox Quelle: https://www.hund-und-freizeit.com/hundetraining/hundeerziehung/ (01.07.2015) Quelle: http://www.flying-teachbox.de/ (01.07.2015) Beschreibung: Sie ermöglichen eine effektive Ausbildung und sanfte Erziehung. Das Werfen beziehungsweise das damit verbundene Geräusch, wenn die Scheiben, die Kette oder die Flying Teachbox am Boden aufkommen, unterbrechen den Hund in seinem Fehlverhalten und man erhält so wieder die Aufmerksamkeit des Hundes. Realität: Man arbeitet mit dem Erschrecken beziehungsweise der Angst des Hundes. Wirft man diese Hilfsmittel zu früh oder zu spät besteht die Gefahr von Fehlverknüpfungen. Der Hund hat sein Fehlverhalten eventuell bereits unterlassen und verknüpft das Geräusch der Disc Scheiben, der Wurfkette oder der Flying Teachbox mit bereits ganz etwas anderem. Es besteht immer die Gefahr, den Hund mit diesen Hilfsmitteln zu treffen und zusätzlich noch zu verletzen. 46 Halti Harness Quelle: http://forum.traumpfote.de/component/kunena/16-tipps-tricks-a-co/11-dr-r-mugford-halti- harness-ausbildungsgeschirr.html (01.07.2015) Beschreibung: Zerrende oder aggressive Hunde lassen sich mit dem Halti Harness mit sehr geringem Kraftaufwand kontrollieren. Der Hund wird effektiv über den Brust- und Schulterbereich gelenkt. Realität: Ich finde es sehr bedenklich, dass einer der Karabiner am Halsband befestigt wird. Sollte es wirklich einmal nötig sein, den Hund vom Ziehen abzuhalten, kann man die Leine auch in den im Brustbereich befindlichen Ring bei einem normalen Hundegeschirr einhaken. Clap-Leine Quelle: https://www.schecker.at/Fuehrleinen.htm?websale8=schecker.04-aa&ci=001353 (01.07.2015) Beschreibung: Zieht der Hund an der Leine, genügt ein kurzer Ruck und die Leine erzeugt ein klatschendes Geräusch, der Hund unterbricht daraufhin sein Fehlverhalten. Gleichzeitig mit dem klatschenden Geräusch gibt man das Kommando „Fuß“. Der Hund wird sehr bald lernen, dass er sich an der Leine zu benehmen hat. 47 Realität: Ängstliche Hunde reagieren möglicherweise panisch darauf, wenn das Geräusch so nahe am Kopf ausgelöst wird. Der Hund wird „Bei-Fuß-Gehen“ nie als besonders angenehm empfinden, weil er das Signal „Fuß“ immer mit dem Knallgeräusch in Verbindung bringen wird. Um dieses klatschende Geräusch auszulösen, muss man außerdem davor einen Leinenruck machen, da es sonst nicht funktioniert! Soft Maulkorb (aus Nylon) Quelle: https://www.schecker.at/Maulkorb.htm?websale8=schecker.04-aa&ci=001354 (01.07.2015) Beschreibung: Es ist ein optimaler Maulkorb für alle Gelegenheiten. Das leichte Nylonmaterial passt sich der Kopfform des Hundes an und Druckstellen werden vermieden. Er ist nur für kurzzeitiges Tragen, zum Beispiel beim Tierarzt, geeignet. Realität: Als „optimalen Maulkorb“ würde ich ihn nicht beschreiben. Außerdem versteht jeder Mensch unter kurzzeitig etwas anderes. Leider sieht man sehr oft Hunde mit solchen Soft-Maulkörben spazieren gehen und das sieht leider nicht nach kurzzeitig aus. Der Hund kann mit diesem Maulkorb weder hecheln, noch Wasser trinken, noch Leckerli annehmen. Ich würde diesen Maulkorb nicht einmal kurz beim Tierarzt verwenden. Die Hunde sind beim Tierarzt meistens sehr aufgeregt und dann werden sie durch diesen Maulkorb noch zusätzlich eingeschränkt. Die Hunde werden dadurch noch aufgeregter und hektischer werden. 48 Jump Stop Harness Quelle: https://www.google.at/search?q=jump+stop+harness&biw=1366&bih=657&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ei=AkqUVbnDD4bS U5Tan4AJ&ved=0CAYQ_AuoAQ#imgrc=KI4q4UY_ZxogKM%3A; 01.07.2015 Beschreibung: Jump Stop Harness behindert den Hund beim übermäßigen Springen und Laufen. Durch die verstellbaren Gurte hat der Hund trotzdem noch viel Freiheit und kann sich normal bewegen. Die elastischen Gurte sorgen für eine komfortable Passform. Die Hinterbeingurte rutschen nicht ab, wenn sich der Hund hinsetzt oder niederlegt. Realität: Ein Gurt geht bei diesem Geschirr über den Brustkorb, ein weiterer über die Oberarme beziehungsweise den Ellenbogen. Dieser Gurt geht weiter nach hinten und umfängt die Hinterläufe an den Oberschenkeln. Beim Laufen wird der Hund nicht so sehr behindert, obwohl es bestimmt unangenehm für ihn ist. Will er jedoch springen, fällt er mit den Vorder- und Hinterläufen in die Gurte. Es kann dadurch sowohl durch die einschneidenden Gurte als auch auf Grund eines Sturzes zu Verletzungen kommen. Nohudo (No Hunting Dog) Quelle: http://www.hunde-bar.de/1146/nohudo-no-hunting-dog/ (01.07.2015) Beschreibung: No Hunting Dog ist ein Halsband bei dessen Aktivierung mittels Fernbedienung eine sich über den Kopf stülpende Haube ausgefahren wird. Es wird dadurch sein 49 Sichtfeld eingeschränkt und er kann somit vom Jagen, von Radfahrern hinterherlaufen etc. abgehalten werden. Es ist nicht zu empfehlen bei extrem ängstlichen oder verhaltensgestörten Hunden. Es ist keine Alternative zum Beißkorb. No Hunting Dog soll bei der Erziehung anstelle von Teletakt-Geräten verwendet werden und Hunden einen artgerechten Freilauf bieten, die sonst eventuell lebenslang an der Leine geführt werden müssten. Realität: Dieses Halsband ist für keinen Hund zu empfehlen. Ich finde dieses No Hunting Dog mehr als bedenklich. Der Hund wird durch diese plötzlich ausfahrende Haube enorm erschreckt. Er gerät daraufhin womöglich in Panik und rennt irgendwo dagegen oder gerät in den Straßenverkehr und das kann böse enden. Flexileine Quelle: http://www.dogs4friends.de/product_info.php?info=p481_8-m-schwarze-Flexileine-ComfortLong.html (16.07.2015) Beschreibung: Muss der Hund an bestimmten Orten oder generell an der Leine geführt werden, bietet eine Flexileine dem Hund genügend Raum für seinen Bewegungs- und Erkundungsdrang. Kommt es zu einer Situation wo der Hund gestoppt werden muss, ist das kein Problem. Mit einem einfachen Druck auf die Bremse kann die Leine und somit der Hund gestoppt werden. Es gibt kein lästiges Aufwickeln der Schleppleine, die Flexileine rollt sich von selber ein und ist gut verstaut. Realität: Für mich bringt eine Flexileine mehrere Gefahren mit sich. Es besteht die Möglichkeit, dass sich der Karabiner aus irgendeinem Grund löst und zurück Richtung Hundehalter schnellt und diesen verletzt. Dem Hundehalter kann die Leine aus der Hand rutschen und dann rattert der Kasten hinter dem Hund her. Der Hund 50 bleibt womöglich nicht mehr stehen, weil ihn dieses Ding ja verfolgt. Für einen ängstlichen Hund ist das noch schlimmer. Der Hund kann zwar gestoppt werden, man kann sich aber nicht zu dem stehenden Hund vorarbeiten, denn dazu muss man immer wieder den Stopp lösen und in dieser Zeit kommt der Hund wieder ein Stück nach vorne. An einer gespannten Schleppleine kann man sich schrittweise nach vorne arbeiten. Die Flexileine kann leicht irgendwo hängenbleiben oder Mensch oder Hund übersehen die ausgezogene Leine und stolpern darüber. Greift man in die abrollende Leine kann das zu Verbrennungs- und Schnittverletzungen führen. Der Hund selber kann sich in der Leine verwickeln und es kann ebenfalls zu schlimmen Schnittverletzungen kommen. Mit einer Flexileine wird der Hund nie lernen locker an der Leine zu gehen, weil sie außer in Ausnahmesituationen immer auf Zug ist. Er lernt damit, durch Ziehen vorwärts zu kommen. Ausnahmen: Voraussetzung dafür ist, dass der Hund an lockerer Leine gehen kann und ein sicheres Handling des Hundehalters. Hat man mehrere Hunde gleichzeitig an der Leine zu führen, ist es natürlich praktischer als mit Schleppleine, da man die Hände nicht frei hat um die Schleppleine auf- und abzuwickeln. Auch bei längeren Wanderungen oder Bergtouren sind Schleppleinen einfacher zu handhaben. Man kann den Hunden gut beibringen zwischen Flexileine und Schleppleine zu switchen, das heißt er kann lernen, dass an der Flexileine gezogen werden darf, an der anderen Leine nicht. Man kann das zum Beispiel mit einem Brustgeschirr verknüpfen. Bekommt der Hund Brustgeschirr A + Flexileine angezogen darf er ziehen, bekommt er Brustgeschirr B + Schleppleine ist gehen an lockerer Leine angesagt. Die Hunde lernen das sehr gut zu unterscheiden. 51 Weiters gehören zu den aversiven Hilfsmitteln noch Wasserflaschen, Laufbänder, sehr dünne Halsbänder, falsch sitzendes Brustgeschirr, Teletaktgeräte, Vibrationsgeräte. Bei den Vibrationsgeräten ist zu erwähnen, dass sie sehr wohl bei tauben oder blinden Hunden eventuell zum Einsatz kommen können. Man kann ihnen das Vibrieren als Clicker- oder Markerwort-Ersatz antrainieren. Dabei muss aber sehr behutsam vorgegangen und schrittweise aufgebaut werden. Das Halsband dabei nicht sofort dem Hund raufgeben, sondern das Vibrationshalsband erst einmal in der Hand halten, später dann an den Körper des Hundes halten und sich so langsam vorarbeiten bis der Hund das vibrierende Halsband positiv mit Leckerligabe verknüpft hat und es ihm umgelegt werden kann. Generell möchte ich zu aversiven Mitteln sagen, dass die Hunde zwar ihr Tun abbrechen auf Grund der Angst oder des Schmerzes, aber sie nichts daraus lernen! Positives Training durch korrektes Verhalten bestätigen, unerwünschtes Verhalten umlenken, durch Abbruchsignal abbrechen oder den Hunden Alternativverhalten anzubieten, finde ich weitaus sinnvoller. Der Hund lernt auf sanftem Weg was von ihm gewünscht wird und was er unterlassen soll. Auf diesem positiven und richtigen Weg werden die Hunde viel freudiger und unbeschwerter mitarbeiten. Verwendet man aversive Trainingsmethoden oder Trainingshilfsmittel ist das ein Zeichen von Schwäche und Hilflosigkeit. Man setzt Gewalt nur dann ein, wenn man sich nicht mehr anders zu helfen weiß. Das ist aber definitiv der falsche Weg!!! Sich dann an einen Trainer oder Verhaltenstherapeuten zu wenden, der weiß woran es liegt, dass es nicht klappt und der einem positive Trainingsmethoden zeigt, die das Problem lösen ist keines Falls ein Zeichen von Schwäche, ganz im Gegenteil! Oftmals sind es ja auch nur Kleinigkeiten, wie zum Beispiel falsch eingesetzte Körpersprache oder nicht erkannte Calming Signals. Lernt man als Mensch richtig damit umzugehen beziehungsweise rechtzeitig darauf zu reagieren, lösen sich manche „Probleme“ wie von selbst. 52 Halsband versus Brustgeschirr In den letzten Jahren sieht man immer mehr Hunde, die über ein Brustgeschirr geführt werden, früher wurden beinahe ausschließlich Halsbänder verwendet. Deshalb werden wir häufig gefragt, welche Art der Halsung wir empfehlen. Unsere Antwort auf diese Frage lautet eindeutig: das Brustgeschirr! Die Gründe hierfür sind folgende: Das Geschirr schont die Gesundheit des Hundes, denn sein gesamter Halsbereich bleibt unbelastet. Das hat zur Folge, dass die empfindliche Halswirbelsäule geschont wird, die beim Tragen eines Halsbandes extremen Belastungen ausgesetzt wird, denn nicht nur sie wird beeinflusst, sondern jeder Druck oder Ruck verursacht weiterlaufende Bewegungen im ganzen Körper, da der Hundekörper dabei verbogen wird. Zusätzlich werden die Luftröhre und der Kehlkopf belastet, weshalb ein ziehender (oder gezogener!) Hund röchelt und hustet. Dies ist aber nicht das einzige Problem, denn wie alle Körperstrukturen hängt der Kehlkopf nicht einfach frei im Hals-RachenBereich, sondern ist in ein Weichteilgewebe eingebettet. Das wichtigste Weichteilgewebe (leider häufig in seiner Funktion und Wichtigkeit verkannt) ist das Bindegewebe und bindegewebsartige Strukturen vernetzen unseren gesamten Körper. Dadurch kommt es zu einer Fernwirkung auf den gesamten Körper, wenn an einer Stelle eingewirkt wird. Es ist so, als ob man an einer Tischdecke zieht: Nicht nur der Teil, an dem wir ziehen, bewegt sich, sondern auch der Rest der Decke. Bezogen auf den Leinenruck oder das Ziehen am Halsband (bis zu einem gewissen Grad, aber deutlich abgeschwächt, auch beim Ziehen im Brustgeschirr) bedeutet dieses, dass der Hundehalter immer auch auf weiter entfernt liegende Gewebe einwirkt. Dieses Gewebe wird (meist) nicht direkt mechanisch verletzt, sondern reagiert auf Reize (Leineruck/Zug) über eine neuroreflektorische Verkettung, da in ihm zahlreiche Rezeptoren sitzen, die für die Reaktion auf Einwirkungen verantwortlich sind. Deshalb spricht man von einem neuroreflektorischem Regelkreis. Bei unangenehmen Reizen kommt es zur Spannungserhöhung im Gewebe, die sich entlang der Bindegewebszüge weiter fortsetzen und so auch auf andere Strukturen einwirken (vergl. Tischdeckenprinzip). Da das Bindegewebe auch Nerven, Gefäße und Lymphbahnen umhüllt, führt eine Spannungserhöhung in ihm zu einer Verschlechterung der Zirkulation (Blut- und Lymphfluss) und ggf. zu einer Stimulation des Nervengewebes, was eine Entzündung nach sich ziehen kann. Gerade im Halsbereich gibt es sehr viele empfindliche Strukturen: Neben dem Kehlkopf, der natürlich auch durch eine direkte mechanische Einwirkung wie den Leinenruck verletzt werden kann, liegt ein Stück weiter oben das Zungenbein, bei dem es sich ebenfalls um einen empfindlichen Bereich handelt, der über die Muskulatur mit dem Kehlkopf, dem Unterkiefer, der Zunge, dem Brustbein, dem Schlundkopf und über eine knorpelige Verbindung sogar direkt mit dem Schädel verbunden ist! 53 Spätestens hier wird deutlich, dass neben den direkten lokalen Einwirkungen auch immer mit Fernwirkungen bei Manipulationen über das Halsband gerechnet werden muss, da die erwähnten Muskeln zum Teil im Bereich des Halses verlaufen. Einwirkungen auf diese Muskeln können über so genannte Läsionsketten (über Spannungserhöhung entlang der Bindegewebsketten) auch zu Spannungserhöhungen und in Folge Strukturschädigungen in anderen Geweben führen. Im Bereich der oberen Kopfgelenke kann es bei Störungen zu Schwindel, Übelkeit, Sehstörungen und sogar Tinnitus kommen. Zu weiteren Symptomen zählen bei Störungen in der oberen Halswirbelsäule (C0-C2) Konzentrations- und Wahrnehmungsprobleme, Nervosität, Müdigkeit, Probleme mit dem Kiefer, den Augen und Ohren und Kopfschmerzen. Zu den Symptomen bei Störungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule (C3-C7) zählen unter anderem Lahmheiten in den Vordergliedmaßen. Häufig ist eine Schonhaltung zu beobachten, bei der der Kopf tief getragen wird, um dem Schmerz auszuweichen. Vom Menschen weiß man, dass Störungen im Bereich der Halswirbelsäule zu Schwindel und Gleichgewichtsproblemen führen. Zusätzlich bestehen über die Halsfaszien (ebenfalls Bindegewebsstrukturen) Verbindungen zur Schilddrüse und Nebenschilddrüse. Das Halsband muss also gar nicht direkt auf der Schilddrüse liegen, um auch diese zu beeinflussen. Außerdem verläuft in der Drosselrinne eine wichtige Vene. Wird dort durch ein Halsband Druck aufgebaut, kommt es zu einem venösen Rückstau in den Schädel, der zu einer Druckerhöhung und als Folge dieser zu Kopfschmerzen führt. Schon 2006 wurde die Studie „Effects of the Application of Neck Pressure by a Collar or Harness on Intraocular Pressure in Dogs“ veröffentlicht, deren Ergebnisse eindeutig belegen, dass Hunde, die über ein Halsband geführt werden, eher zu Glaukom und grauem Star neigen. Ebenso wird in der Studie darauf hingewiesen, dass bei Erkrankungen des Auges, für die ein erhöhter IOP (intraokulärer Druck) verantwortlich ist, das Tragen eines Halsbandes fatale Folgen hat. Es gibt viele weitere anatomische Strukturen, die durch ein Halsband negativ beeinflusst werden und Schmerzen verursachen: Arterien, Venen, Hirnnerven, Speiseröhre, Luftröhre, Lymphknoten und Schilddrüse. Das Problem liegt allerdings darin, dass die Schäden an ihnen nicht so offensichtlich zu beobachten sind wie zum Beispiel ein gebrochenes Bein. Bei Schmerzen an der Halswirbelsäule hinkt der Hund oftmals nicht, seine Schluckbeschwerden kann er uns nicht erzählen, ein leichtes Hängen des Augenlides fällt dem Laien ebenso wenig auf wie eine verengte Pupille usw. usw. Um die oben genannten Symptome wirklich zu verstehen, schlagen wir Ihnen folgendes Experiment vor: Legen Sie sich selbst ein breites, weiches Halsband um, hängen Sie eine Leine ein und bitten Sie einen Freund, diese zu halten, während Sie Ihren Körperschwerpunkt nach vorne richten (1). 54 (1)Breites, weiches Halsband (2) Rundgenähtes Halsband (3) Kettenwürger Stachelhalsband Achten Sie darauf, dass Ihr Körpergewicht wirklich im Halsband hängt (wie bei einem ziehenden Hund) und probieren Sie nun aus, wie lange Sie diese Position halten können und welche körperlichen Symptome entstehen. Sie werden innerhalb weniger Sekunden spüren, wie sich das Blut im Kopfbereich staut, Sie einen starken Druck auf den Schläfen wahrnehmen und in Folge Kopfschmerzen bekommen. Wenn Sie dieser Eigenversuch noch nicht überzeugt, machen Sie die gleiche Übung noch einmal mit einem rundgenähten Halsband (2) oder einem Kettenwürger (3). Eine weitere Steigerung läge darin, den Freund am Ende der Leine zu bitten, Sie zu irgendeinem Zeitpunkt, der für Sie nicht absehbar ist, an diesem Halsband zurück zu ziehen, so wie man es als Mensch tut, wenn man den Hund schnell aus einem Gefahrenbereich nehmen muss. Zeigen Sie sich verantwortlich für die Gesundheit Ihres Hundes und legen Sie ihm ein Geschirr an, das ihn vor den oben genannten Schäden schützt. Es ist vergleichbar mit dem Anlegen des Sicherheitsgurtes im Auto: Selbstverständlich tut man alles, um einen Unfall zu verhindern, aber wenn es zu einem kommt – möchten Sie dann den Sicherheitsgurt um den Hals gewickelt haben?! Auch das Argument mancher Hundehalter, ihr Hund ziehe niemals an der Leine und deshalb bestünde keine Gefahr, entpuppt sich immer als falsch, denn selbst ein sehr gut ausgebildeter Hund ist ja nicht allein für die Leinenführigkeit verantwortlich, sondern ist immer auch abhängig von seinem Menschen am anderen Ende der Leine, dem es zu keinem Zeitpunkt passieren dürfte, dass er zum Beispiel unbewusst 55 mit der Leine herumspielt oder den Hund gedankenverloren weiter zieht, weil er gar nicht bemerkt hat, dass dieser zum Beispiel zum Urinieren stehen bleiben wollte usw. Neben den gesundheitlichen Aspekten gibt es aber noch weitere Gründe, ein Geschirr statt eines Halsbandes zu verwenden. Wenn Ihr Hund einmal aus einer Gefahrensituation herausgezogen werden muss, können Sie das an dem stabilen Rückensteg des Geschirres problemlos tun, ohne ihn zu würgen. Am Halsband ist es zum Beispiel nicht ohne weiteres möglich, den Hund aus einem Schacht oder Fluss herauszuziehen, ohne ihm dabei gesundheitliche Schäden zuzufügen. Bei Hundebegegnungen, die mit einer gewissen Anspannung verlaufen, können Sie ebenfalls über den Rückensteg des Geschirres viel besser eingreifen als über das Halsband, denn um in dieses greifen zu können, müssen Sie von oben kommend in den Nacken des Hundes fassen, was von ihm schnell als Angriff interpretiert werden kann. Das wiederum kann im Eifer des Gefechts zu Abwehrreaktionen führen. Hinzu kommt, dass Hunde unter anderem über Assoziation lernen, was bedeutet, dass sie einen Reiz, den sie gerade wahrnehmen, gedanklich mit dem Gefühl verbinden, dass sie zu diesem Zeitpunkt empfinden. Wenn Sie also auf einen anderen Hund, ein Kind oder auch Ihren Nachbarn zulaufen und Ihren Hund dabei sehr kurz, ruckartig oder sonst unangenehm am Halsband führen, wird er die dabei unangenehmen Gefühle (keine Luft zu bekommen, Schmerz zu empfinden usw.) gedanklich mit diesem Tier oder dieser Person verknüpfen. Innerhalb kürzester Zeit können so Aggressionen entstehen, die sich der Halter in der Regel gar nicht erklären kann, die aber auf dieses Gedankenmuster zurückzuführen sind. Die bekannteste so entstehende Aggressionsform ist die Leinenaggression, die insbesondere bei den Hunden häufig vorkommt, die am Halsband über den Leinenruck gearbeitet werden. Viele Kynologen betonen, dass der Hals des Hundes eine wichtige soziale Empfangsstation für positive und negative Zuwendung ist. Die Halsseiten des Hundes dienen dem Kontakt mit engen Freunden in vertrauensvollem Umgang, Nacken und Kehle dienen als Bereiche der Einordnung. Führen wir einen Hund an einem noch so komfortablen Halsband, lässt sich nicht verhindern, dass über die Leine falsche Informationen zum Hund fließen, denn ein Halsband berührt (2) Rundgenähtes Halsband (3) Kettenwürger Stachelhalsband ständig alle Halsseiten und desensibilisiert diese für Berührungen. Wir können unsere Hände gar nicht so ruhig halten, dass die Leine immer locker durchhängt, weshalb viele Hundehalter ihrem Hund durch unbewusstes Herumfuchteln und Gezupfe an der Leine ein Chaos an Signalen übermitteln, die dieser bald zu ignorieren lernt. Seine „soziale Empfangsstation“ stumpft ab und er lernt, dass es schwierig ist, mit seinem Menschen zu kommunizieren! Die Körpersprache eines Hundes, der stark an der Leine zieht oder gezogen wird, verändert sich, wenn er an einem Halsband geführt wird. Die Körperhaltung wird provokanter, da der Hals nach oben gestreckt wird. In manchen Fällen halten die Besitzer die Leine sogar so straff und kurz nach oben, dass der Hund regelrecht ausgehebelt wird und auf den Hinterfüßen steht, was bei der Führung über ein Geschirr nicht passieren kann. 56 Verheddert sich ein Hund mit dem Brustgeschirr, wird ihm zumindest nicht die Luft abgedrückt und die Gefahr des Strangulierens ist nicht gegeben. Viele mit Geschirr entlaufene Hunde sind ohne zurück gekommen, denn zur Not lässt sich ein Geschirr vom Hund durchbeißen, wenn er irgendwo fest hängt. Ein Halsband nicht! Die Befürchtung mancher Hundehalter, ihren Hund kräftemäßig nicht mehr im Griff zu haben, wenn er ein Geschirr trägt, ist unbegründet und wird in der Regel von denen als Argument in die Waagschale geworfen, die es noch nicht versucht haben. Die Führung eines Hundes ist eine Frage der Erziehung und Führtechnik und nicht des Kraftaufwandes. Zieht man alle diese Argumente in Betracht, finden wir es nach heutigem Wissensstand unabdingbar, dass unsere Hunde an einem Brustgeschirr geführt werden. Bei der Auswahl des Geschirres sollten Sie auf folgende Punkte achten: • Das Material, aus dem das Geschirr gefertigt ist, sollte weich und anschmiegsam sein. Am besten auch waschbar, falls sich Ihr Hund einmal in etwas übel Riechendem wälzt. • Das Geschirr sollte an allen Enden zu öffnen sein, damit es dem Hund bequem angelegt werden kann. Wählen Sie möglichst kein Geschirr, das so vernäht ist, dass Sie die Pfote(n) Ihres Hundes hindurchziehen müssen, denn viele Hunde empfinden das als sehr unangenehm. • Der Steg auf dem Rücken sollte fest vernäht sein, damit die an ihm eingehängte Leine nicht hin und her rutscht und damit es keine Scheuerstellen am Körper gibt. Außerdem sollte er nicht zu kurz sein, da sich das gesamte Geschirr sonst beim Tragen nach vorne zieht. • Zwischen den Bändern, die seitlich über den Rumpf des Hundes laufen, und der Achselhöhle sollte bei mittelgroßen bis großen Hunden eine Hand breit Platz sein, da sich das gesamte Geschirr sonst beim Tragen nach vorne unter die Achselhöhlen zieht und dort einschneidet und scheuert. Bei kleinen Hunden wie Dackel oder Chihuahua reicht eine Breite von ein bis zwei Fingern aus. • Die Bänder, aus denen das Geschirr gefertigt ist, dürfen nicht zu schmal sein. Ist die Auflagefläche der Bänder nämlich nicht breit genug, können sie einschneiden. •Die Verschlussschnallen sollten stabil und so abgerundet sein, dass sie sich der Körperform anpassen. • Wenn Sie das Geschirr angelegt haben, achten Sie darauf, dass es nicht zu eng sitzt, denn sonst drückt es schmerzhaft auf die Wirbelsäule. Sie sollten bequem mit Ihrer Hand unter das Geschirr gleiten können, dann sitzt es richtig. • Stellen Sie das Geschirr so ein, dass es nicht vorne auf den Brustbeinknochen drückt. 57 • Über Nacht oder bei längeren Aufenthalten zu Hause sollten Sie das Geschirr abnehmen.9 Trainingsgrundlagen für Einzeltraining / Gruppentraining Egal für welche Art des Trainings man sich entscheidet, ob Einzel- oder Gruppentraining, beides hat seine Vor- und Nachteile. Es muss abgewogen werden, welches Training für Hundehalter und Hund besser ist oder auch wobei sich Mensch und Hund wohler fühlen. Das Training muss in beiden Fällen auf die Hundehalter und ihre Hunde abgestimmt sein und es muss darauf geachtet werden, sowohl Hundehalter als auch Hund nicht zu überfordern. Im Folgenden möchte ich auf beide Trainingsarten und auf die wichtigsten Grundlagen für ein professionelles Training kurz eingehen. Ab welchem Alter ist der Hund bereit fürs Training? Grundsätzlich kann bereits im Welpenalter mit dem Training begonnen werden. Einfache Grundkommandos spielerisch erlernen ist durchaus möglich und bietet eine gute Beschäftigungsmöglichkeit. Auch Mantrailing sehe ich ab einem Alter von vier Monaten als sehr positiv. Die Trails werden natürlich dem Alter des Hundes entsprechend angepasst. Zu anderen Sportarten rate ich unter einem Alter von 12 Monaten ab. Der Hund soll Zeit haben sich geistig und vor allem körperlich zu entwickeln und „Kind“ sein dürfen. Vorteile des Einzeltrainings: Volle Konzentration des Trainers auf das Mensch-Hund-Team Intensiveres, genaueres und gezielteres Arbeiten Keine / weniger Ablenkung durch andere Menschen und Hunde Weniger unerwünschte Fehlverknüpfungen 9 Quelle: Clarissa v. Reinhardt, www.animal-learn.de Sabine Harrer, Physiotherapeutin, www.dogs-physio.de 58 Geringere Stressbelastung Mehr Aufmerksamkeit vom Trainer Problemhundetraining – Auf jedes Problem, jede Thematik kann besser eingegangen werden. Kein Konkurrenzdenken unter Hundehaltern Weniger / kein Druck oder Ehrgeiz Übungen können mehr zerlegt werden (soll aber auch beim Gruppentraining darauf geachtet werden) Individuelle Betreuung (z.B. Tierheimhund) Spezielle Aufmerksamkeit nur für einen Hund -> z.B. bei Hund aus Tierheim oder Mehrhundehaltung Mehr Zeit für Hundehalter und Hund Trainingszeiten und Orte sind flexibler Entspanntere Atmosphäre Einfacher in der Planung und Dokumentation Zur Vorbereitung auf Gruppentraining (z.B. bei Hunden die Probleme mit anderen Hunden haben) Kontrollierte Begegnungen mit anderen Hunden und Menschen Nachteile des Einzeltrainings: Ein Einzeltraining bringt für mich keine Nachteile. Das einzige womit man argumentieren könnte wäre, dass der Sozialkontakt fehlt. Hat der Hund aber außerhalb des Trainings Kontakt zu anderen Hunden, ist auch das kein Problem. Sollte das nicht der Fall sein, kann man versuchen ihn mit einem anderen Hund den man im Training hat zu vergesellschaften. Dabei ist es wichtig darauf zu achten, dass sich die Hunde auch wirklich verstehen und mögen aber vielleicht klappt es und es finden sich so neue Hundefreundschaften. 59 Vorteile des Gruppentrainings: Kontrollierter Sozialkontakt für Mensch und Hund Lernen durch Beobachtung / Nachahmung / Soziales Lernen Konzentration unter Ablenkung wird sowohl bei Mensch als auch Hund gefördert Austausch unter Gleichgesinnten und Kontaktknüpfung unter Hundehaltern, Freundschaften entstehen Gruppendynamik (Motivation, gegenseitige Hilfe, gesunder Ehrgeiz) Selbsteinschätzung wird gefördert, der Blick geschult Weniger Belastung, mehr Pausen Alltagssituationen können besser geübt werden Nachteile des Gruppentrainings: Werden Gruppenstunden nicht professionell durchgeführt, kann das zu diversen Problemen führen. Hierzu zählen Überforderung, Stress, Leinenaggression, erhöhte Abwehrbereitschaft, Nervosität, Angst, Bissigkeit,… Diese negativen Lernerfahrungen speichert der Hund ab und sie führen womöglich zusätzlich noch zu einem mangelnden Vertrauen zum Hundehalter. Nicht jeder Hund ist für ein Gruppentraining geeignet, deshalb ist es von Vorteil den Hund vor der Integration in eine Gruppe bei einem Einzeltermin kennen und einschätzen zu lernen. Hunde mit innerartlichen oder zwischenartlichen Problemen, körperlichen Gebrechen, ängstliche Hunde oder Hunde die sich zu schnell hochpowern sind wahrscheinlich in einer Gruppe nicht so gut aufgehoben. Wobei es nicht heißen soll, dass diese Hunde nach an sie angepassten Einzeltrainings, nicht irgendwann in eine Gruppe aufgenommen werden können. Voraussetzungen für ein gutes Arbeitsklima Um ein gutes Arbeitsklima vorzufinden müssen einige Punkte beachtet werden. Es muss ein freundlicher, respektvoller Umgang gepflegt werden und wie es so schön heißt „Der Ton macht die Musik.“ Mit Kritik vorsichtig umgehen, darauf achten wie man dem Hundehalter sagt, dass er nicht mit Leinenruck, Druck, etc. arbeiten 60 soll. Diese Aussagen müssen dann auch fachlich begründet werden können. Es soll ein Gefühl der Kollegialität und der Gruppenzusammengehörigkeit erzeugt werden. Leistungsdruck und Ehrgeiz sind hier fehl am Platz! Der Trainer muss Anzeichen von Stress, Über- oder Unterforderung sowie Konzentrationsschwächen bei Hund und Mensch rechtzeitig erkennen und darauf reagieren. Er muss die jeweiligen Charaktereigenschaften wahrnehmen und die verschiedenen Lerntypen von Hundehalter und Hund erkennen können. Außerdem muss er darauf achten, dass auf die Individualdistanzen eingehalten werden und gegebenenfalls einschreiten und die Hundehalter darauf hinweisen. Ein möglichst breitgefächertes Wissen über die verschiedenen Rasseeigenschaften ist von Vorteil. Der Trainer sollte außerdem über mehrere Trainingsalternativen verfügen. Was bei dem einen Hund super funktioniert, klappt bei einem anderen überhaupt nicht und da ist es gut wenn man auf verschiedene Trainingsansätze zurückgreifen kann. Zusammenstellung einer Gruppe Die Zusammenstellung einer Gruppe erfordert Erfahrung und Einfühlungsvermögen. Folgende Punkte müssen dabei beachtet werden: Gruppengröße – maximal 4 Mensch-Hund-Teams! Eine zu große Teilnehmerzahl führt zu mangelnder Aufsicht und Betreuung. Erkennen ob es Probleme gibt die in der Gruppe ausarten können. Biologisches Alter der Welpen und Junghunde beachten. Größe, Kraft und Temperament der Hunde untereinander abstimmen. Geschlossene Gruppen eventuell besser als offene (gleichbleibende Gruppen führen zu weniger Stressbelastung). Darauf achten, dass nicht alle Mensch-Hund-Teams für Gruppentraining geeignet sind. Integration eines neuen Hundes in eine bestehende Gruppe Der neu hinzukommende Hund darf das Gelände als erstes betreten und erkunden. Nach und nach kommen die anderen Hunde auf den Platz und es wird gemeinsam 61 an der Leine der Platz erkundet. Man kann zu Beginn auch Leckerlisuchspiele an der Leine und mit genügend Abstand zwischen den Hunden einbauen. Richtige Ausstattung fürs Training Leine (ca. 3 m und eine Schleppeine ca. 5 m) Gut sitzendes Brustgeschirr (eventuell breites, weiches Halsband; muss mindestens über zwei Wirbel gehen) Leckerli Futterbeutel Wasser Optimale Trainingsstunde Zu Beginn einer jeden Trainingsstunde wird dem Hund ermöglicht den Platz durch eine Schnüffelrunde zu erkunden. Auch wenn der Hund den Platz schon kennt finden sich doch immer wieder neue Gerüche, es waren in der Zwischenzeit andere Menschen und andere Hunde am Platz usw. Diese Zeit kann man nutzen um sich beim Hundehalter nach Fortschritten oder Problemen beim Üben zu erkundigen oder ob neue Fragen aufgetaucht sind etc. Anschließend würde ich kurz den Trainingsverlauf der kommenden Stunde erklären beziehungsweise ob es von Seiten des Hundebesitzers einen besonderen Wunsch, ein besonderes Anliegen gibt, was geübt werden soll. Zwischen den einzelnen Übungen gibt es ausreichend Pausen für Mensch und Hund und diese dürfen auch selber entscheiden wann es Zeit dafür ist. Sind die Menschen zu übereifrig und übersehen, dass der Hund oder gar sie selbst eine Pause benötigen, weist man sie als Trainer darauf hin. Im Sommer bietet sich die Gelegenheit, dass man sich mit dem Hund in die Wiese oder auf eine Decke setzt und dort gemeinsam ausruht, kuschelt und entspannt. Wichtig: in der Pause keine Kommandos / Signale vom Hund verlangen. Die Pause soll wirklich dazu dienen abzuschalten. Am Ende der Stunde mit einer Ruheübung 62 abschließen, damit der Hund nicht völlig aufgedreht vom Platz geht. Darauf achten, dass der Hund mit einer Übung aufhört, die er schon gut kann. Es ist wichtig dass er mit einem positiven Erfolg vom Platz geht. Abschließend noch einmal kurz die Trainingsstunde zusammenfassen und den Hundehaltern sagen, was sie bis zum nächsten Mal üben können. Pausen sind sehr wichtig! Genügend Pausen während der Trainingsstunde sind besonders wichtig, sowohl für Vier- als auch für Zweibeiner. Jedes Mensch-Hund-Team soll selber entscheiden können wann es eine Auszeit braucht und nicht warten müssen bis der Trainer eine Pause eingeplant hat. Während der Pause kann man an langer Leine spazieren gehen und den Hund die Gegend abschnüffeln lassen. Es werden in dieser Zeit keine Kommandos gegeben, es soll ein wertvolles, gemeinsames Ausruhen und/oder Kuscheln sein. Idealer Trainingsort Der ideale Trainingsort verfügt über genügend Ausweichmöglichkeiten wenn mehrere Hunde beim Training sind oder wenn schon der nächste Hund zum Einzeltraining kommt und die vorhergehende Stunde noch nicht vorbei ist. Es sind genügend Schattenplätze vorhanden, die an warmen Tagen etwas Schutz bieten. Es gibt ausreichend Platz zum Freilauf und Trinkwasser ist vorhanden. Der Platz soll so gewählt werden, dass möglichst wenig Ablenkung rundherum ist, was wichtig ist wenn neue Dinge gelernt werden. Zum Generalisieren beziehungsweise lernen unter Ablenkung kann man nach draußen, also außerhalb des Trainingsgeländes, gehen. Der Platz bietet Mensch sowie Hund Sicherheit. 63 Trainerfähigkeiten Empathie… … bedeutet Einfühlungsvermögen. Der Trainer, aber auch der Hundehalter, muss in der Lage sein, die Welt einmal aus den Augen eines anderen Menschen / Tieres zu sehen, also sich in ein anderes Lebewesen hineinversetzen können. Während des Trainings immer wieder den Blickwinkel des Hundes einnehmen, in dem wir uns vorstellen die Übung Selbst durchzuführen. Intuition… … bedeutet Handlungen des Hundes vorauszuahnen und blitzartige Entscheidungen zu treffen. Ein gutes Training nutzt immer das „Bauchgefühl“, also die Intuition, welches nach dem Training mit dem Verstand überprüft wird. Intuitives und logisch-abstraktes Denken können nicht gleichzeitig funktionieren. Visuelle Vorstellungskraft… … bedeutet „Denken wie ein Tier“, das heißt in bildlichen Vorstellungen. Joint Attention ist die gleichgerichtete Aufmerksamkeit und diese stellt sich bei einem gut eingespielten Mensch-Hund-Team automatisch ein. Bewusst eingesetzt ist sie ein sehr wertvolles Trainingsinstrument. Um Joint Attention bewusst zu trainieren bietet sich im Training die Möglichkeit zu versuchen, den Hund mit seinen Blicken und seiner Aufmerksamkeit zu lenken. Schwierige Tricks und Übungen gelingen durch Einsatz der visuellen Vorstellungskraft viel besser. Selbstmanagement… … bedeutet sich selber so weit im Griff zu haben, dass negative Gefühle nicht ins Training mit einfließen. Ungeduld, Hektik, Versagensängste, Ärger, schlechte Laune, Sorgen und Belastungen aller Art haben im Training nichts verloren. 64 Motiviertheit… ... bedeutet hochmotiviert ins Training zu gehen. Oft hilft es, sich an eine besondere, inspirierende oder schöne Situation aus einer vorhergegangenen Trainingsstunde zu erinnern. Peripherer Blick… … bedeutet den Gesamteindruck einer Situation wahrzunehmen. Der periphere Blick ermöglicht oftmals erst, mit dem Hund eine gemeinsame Aufmerksamkeitsrichtung einzunehmen. Außerdem ist er sehr hilfreich bei der Arbeit mit ängstlichen oder schüchternen Hunden, die sich so nicht angestarrt fühlen. Weiters ist er gut einzusetzen beim Vorbeiführen unverträglicher oder ängstlicher Hunde an Artgenossen oder anderen Lebewesen. Arbeitsspannung… … bedeutet, dass eine bestimmte Spannung erforderlich ist um bestimmte Aufgaben auszuführen. In einem Zustand der vollkommenen Entspanntheit ist es nicht möglich eine Leistung zu vollbringen. Der Trainer soll in etwa die Arbeitsspannung haben die der Hund braucht. Durch aktives Aufrechterhalten der eigenen Arbeitsspannung ist es möglich, Trainings zu verlängern. Man kann sie aber auch beenden wenn die Arbeitsspannung nachlässt. Positiver Fokus… … bedeutet die Aufmerksamkeit auf Fortschritte zu richten. Man soll beim Training auf Talente bauen und sein Augenmerk nicht auf die Schwächen legen. Atmung… … bedeutet tiefe, ruhige Bauchatmung im Training. Diese ist verbunden mit Gelassenheit und Entspannung, während kurze Hochatmung Zusammenhang steht mit Aufregung, Distress, Angst und Nervosität. 65 in Kongruenz… … bedeutet Deckungsgleichheit, das heißt die verbale (Sprache) und nonverbale (gestische, mimische) Aussage stimmt überein. Kongruenz ist eine der wichtigsten Fähigkeiten die ein Trainer haben muss, da Hunde auf Doppel- oder Mehrfachbotschaften verunsichert reagieren. Hunde reagieren oft besser auf Menschen die in ganzen Sätzen mit ihnen sprechen, als nur über Kommandos. Der Mensch wird dadurch in seiner Körpersprache klarer und eindeutiger. Der Hund versteht natürlich nicht den gesprochenen Satz, aber er liest die dazu ausgesandten körpersprachlichen Signale und entnimmt Informationen aus dem Klang der Stimme. Kongruenz ist das wichtigste äußere Merkmal von Glaubwürdigkeit. Trainingsangebote kritisch betrachtet Hunde erfreuen sich als Freizeit- und Sportbegleitung immer größerer Beliebtheit. Deshalb ist es auch nicht überraschend, dass die verschiedensten Trainingsangebote so gut wie an jeder Ecke zu finden sind. Doch was ist das richtige für unsere Hunde? So allgemein kann man das nicht beantworten. Jeder Hund ist ein Individuum und hat deshalb auch unterschiedliche Interessen und Talente, genau wie wir Menschen auch! Natürlich sollte jedes Training sowohl Mensch als auch Hund Spaß machen, dennoch finde ich es gerade in diesem Punkt wichtig auf seinen Hund zu hören. Wir bestimmen in so gut wie allen Bereichen seines Lebens wie, wo, was er wann zu tun hat. Warum lassen wir ihm nicht, was dieses Thema betrifft, etwas Entscheidungsfreiheit beziehungsweise Mitspracherecht? Möglich, dass der Halter von der Lieblingsbeschäftigung seines Hundes anfangs nicht so begeistert ist, aber ich denke wenn er den Feuereifer, die Begeisterung, die Euphorie und Freude seines Hundes zu sehen und zu spüren bekommt, wird auch er davon angesteckt werden. Es gibt doch nichts Schöneres, als seinen Hund vollkommen glücklich zu sehen! 66 Hier ein Auszug der Kurse, die in den verschiedensten Hundeschulen angeboten werden: Welpen Junghund Senioren Unterordnung (BH1, BH2, BH3) Schutztraining / Sportschutz Fährtenarbeit Wasserrettung Social Walks Geführte Spaziergänge Agility / Fun Agility Breitensport Treibball Trick Dogging Longieren Apportieren Mantrailing Nasen- und Schnüffelarbeit Alltags- und Verhaltenstraining Slow Motion Einzel- und Gruppentraining Antijagdtraining Bodenarbeit Flyball Do As I Do Dogfrisbee Canicross Dog Dancing Obedience / Rally Obedience Zielobjektsuche Cavaletti Training JAD-Dogs (Jump And Dance) 67 Ich sehe es als Verpflichtung seinem Hund gegenüber, die angebotenen Kurse genau zu hinterfragen und kritisch zu betrachten. Nicht alles - was im ersten Moment als perfekte Auslastung für den Hund gilt - ist es auch. Kurse verlieren den Spaß und die Unbeschwertheit ab dem Zeitpunkt wo eine Stoppuhr mitläuft. Ob man es will oder nicht: läuft die Zeit, gerät der Hundehalter unter Druck und gibt diesen an seinen Hund weiter. Abschließend möchte ich auf vier der oben genannten Kurse etwas näher eingehen. Zwei Beispiele zu Kursen die meiner Meinung nach eher kritisch zu betrachten sind und zwei die eine gute Auslastung sowohl physisch als auch psychisch für den Hund darstellen. Sportschutz Beschreibung: Der Hund wird auf einen Figuranten gehetzt der einen Juteärmel trägt, in den der Hund beißen soll. Auf Kommando muss er diesen Ärmel wieder loslassen. Es wird argumentiert, dass mit dem natürlichen Beutetrieb des Hundes gearbeitet wird und der Hund weder scharf noch aggressiv gemacht wird. Der Hund lebt dabei seinen natürlichen Trieb aus. Realität: Man arbeitet mit zwei verschiedenen Funktionskreisen. Zum einen mit dem Aggressionsverhalten zum anderen mit dem Beutefangverhalten. Aggression ist aversiv! (Adrenalin) Aggressionsverhalten zielt darauf ab durch ritualisierte Vorgangsweisen Verletzungen des Gegenübers zu verhindern. Es soll Distanz zwischen den Gegnern schaffen und zielt nicht darauf ab seinen „Gegner“ zu vernichten. Beutefangverhalten ist lustbetont! (Dopamin) Das Beutefangverhalten zielt auf die Vernichtung des Gegners ab, also ihn zu töten. 68 Kommt es zu einer Verquickung beider Handlungsketten durch entsprechende Ausbildung wie dem Schutzdienst, kann das zu Problemen führen. Das Aggressionsverhalten dem Menschen gegenüber wird mit dem Beutefang kombiniert. Das bedeutet Beißen wird lustbetont gemacht. Dies ist sehr gefährlich, da sich die Verknüpfung im Gehirn des Hundes verändert und das ganze kann aus dem Ruder geraten! Flyball Beschreibung: Bei dieser Sportart, einem Staffellauf, stehen Tempo, Spieltrieb und Apportierfreude im Vordergrund. Eine Mannschaft besteht aus jeweils vier Mensch-Hund-Teams und es treten bei einem Wettbewerb zwei Mannschaften gegeneinander an. Beim Flyball muss der Hund möglichst schnell über vier Hürden laufen. Am anderen Ende ist eine Flyballmaschine aufgebaut. Der Hund muss dort die Auslösetaste berühren und der Ball wird ausgeworfen. Der Hund muss den Ball fangen und läuft dann damit wieder so schnell wie möglich über die Hürden zurück zum Ausgangspunkt beziehungsweise Ziel und der nächste Hund startet. Gewonnen hat jenes Team, welches die schnellste Zeit und die wenigsten Fehlerpunkte hat. Realität: Es handelt sich bei dieser Sportart um eine mit Wettbewerbshintergrund. Wie schon weiter oben erwähnt verliert für mich jede Beschäftigung mit seinem Hund an Wert, wenn eine Stoppuhr mitläuft. Der Ehrgeiz der Hundehalter lässt nicht lange auf sich warten und jeder will natürlich, dass sein Hund, seine Mannschaft der / die schnellste ist. Ob da wirklich nur noch an den Spaß und das Wohlergehen des Hundes gedacht wird kann ich mir nicht vorstellen, eher an persönliche Erfolge! 69 Sieht man sich Videos von solchen Großveranstaltungen an, merke ich nichts davon, dass die Hunde wirklich Freude daran haben. Es herrscht ein riesiger Lärmpegel, die Hunde werden festgehalten und hochgepusht. Die Hunde wirken total aufgeregt und von dem vielen Drumherum deutlich gestresst. Nicht nur dass sich der Stress negativ auf die Gesundheit der Hunde auswirkt, auch dieses schnelle Flitzen über die Hürden und das abrupte Abbremsen vor der Flyballbox beinhalten Verletzungsgefahren und schädigen die Bewegungsapparate der Hunde. Für mich ist es keine sinnvolle Beschäftigung die Hunde im Höllentempo über Hürden zu jagen und Bälle fangen zu lassen. Durch dieses aufpushende Training erreichen die Hunde einen sehr hohen Erregungslevel, welcher im normalen Alltag oft zu Fehlverhalten und Impulskontrollstörungen führen kann. Gerätetraining Beschreibung: Gerätetraining bedeutet ruhiges, konzentriertes Arbeiten an Geräten. Im Gegensatz zu Agility muss der Hund nicht in hohem Tempo und durch ständiges Anfeuern und den Erwartungsdruck des Hundehalters den Parcours bewältigen. Es wird dem Hund Zeit gegeben um die Trainingsgeräte in seinem eigenen Tempo zu entdecken, zu erkunden und zu erobern. Es geht dabei um konzentrierte Langsamkeit. Es ist weit schwieriger langsam und sehr körperbewusst über, unter oder durch ein Gerät zu gehen als es in rasendem Tempo zu bewältigen. Es gibt kein richtig oder falsch, jede Interaktion des Hundes mit dem jeweiligen Gerät ist in Ordnung und wird gelobt. Es soll einfach nur Spaß machen. Trainingsgeräte sind zum Beispiel der Steg, der Tunnel, die A-Wand, die Leiter, die Hänge- oder Wackelbrücke, Hürden, Reifen, der Slalom, die Wippe. Die Übungen an den Geräten können sehr individuell gestaltet und an den Hund angepasst werden. Die Leiter kann zum Beispiel am Boden oder etwas erhöht 70 liegen, durch den Reifen muss der Hund nicht durchspringen, sondern er legt die Pfote nur drauf, bei Hürden kann man unten durchkriechen und muss nicht unbedingt darüberspringen, usw. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt! Der Hund muss vor Beginn des Trainings durchgecheckt sein um alle gesundheitlichen Aspekte abgeklärt zu haben (HD, ED, Spondylosen, …). Leidet der Hund unter einer körperlichen Einschränkung muss im Training darauf Rücksicht genommen werden. Realität: Gerätetraining stärkt das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein und ist deshalb auch für ängstliche Hunde besonders gut geeignet. Die Koordinationsfähigkeiten werden verbessert, die motorischen Fähigkeiten und die Geschicklichkeit werden geschult und außerdem führt es noch zu einer besseren Körperwahrnehmung. Körper und Geist werden fit gehalten und durch die Zusammenarbeit und das gemeinsame Erarbeiten der Geräte von Mensch und Hund werden die Vertrauensbasis und die Bindung gestärkt. Mantrailing Beschreibung: Beim Mantrailing lernt der Hund auf spielerische Art und Weise eine menschliche Spur zu verfolgen und diese Person dann aufzufinden. Der Hund sucht dabei den Menschen an Hand seines Individualgeruches. Für ihn ist es eine Leichtigkeit mit seinen ca. 150 – 250 Mio. Riechzellen, im Gegensatz zu uns Menschen mit ca. 5 Mio. Beispiel: Ein gut trainierter Hund kann zwei speziell riechende Sandkörner auf einem Strand von 500 m Länge, 50 m Breite und 50 cm Tiefe finden! Mantrailing schafft Vertrauen, weckt Emotionen, ist Leidenschaft und es verändert die Mensch-Hund-Beziehung. 71 Es geht dabei um Selbsterfahrung, Durchsetzungs- und Nervenstärke und Teamarbeit. Der Mensch muss lernen, sich auf seinen Hund zu verlassen. Realität: Mantrailing ist für mich neben dem Gerätetraining eine der besten Beschäftigungsmöglichkeiten für den Hund. Es bietet eine sinnvolle und dem Hund gerechte Auslastung, da er mit der Nase arbeiten kann. Der Hund wird geistig und körperlich gefordert. Hunde jeden Alters können Mantrailing ausüben. Man passt einfach die Trainingsbedingungen individuell an jedes Mensch-Hund-Team an. Trailen ist auch für Hunde mit Handicap eine optimale Beschäftigung. Egal ob blind, taub, 3 Beine,… sie alle werden Spaß daran haben! Besondere Erfolge werden auch bei unsicheren, ängstlichen, hyperaktiven und aggressiven Hunden erzielt. Langeweile kommt dabei nie auf. Jeder Trail ist anders, die Hunde wählen Wege und wir wundern uns darüber…aber sie finden die gesuchte Person und das ist das einzig wichtige. Wie sie es machen ist egal, das bleibt ganz und gar unseren Vierbeinern überlassen. Das einzige was wir tun oder lernen müssen, ist unseren Hunden blind zu vertrauen! Die Trails können sehr abwechslungsreich gestaltet und auch die Geruchsträger können variiert werden. Man baut Kreuzungen ein, Verleitpersonen, macht Doppeltrails, Pettrails, lässt den Hund am Stoff, am Schlüssel oder an der Autotür den Geruch aufnehmen. Einfallsreichtum ist gefragt! Trailen – Achtung Suchtgefahr! 72 Gedanken zum Schluss Die Trainingsmöglichkeiten /- angebote mit und für den Hund sind sehr breitgefächert. Vom normalen Gehorsamstraining, über Spiel und Spaß bis hin zum Wettkampftraining. Für welches man sich entscheidet will gut überlegt sein. Mir liegt besonders am Herzen zum Wohle des Hundes zu entscheiden und nicht den menschlichen Ehrgeiz in Verbindung mit dem Hund als Sportgerät die Oberhand gewinnen zu lassen. Gleiches gilt für die Art wie man mit seinem Hund trainieren möchte, positiv oder aversiv. Den richtigen Weg finden muss jeder selber, man soll nur Herz und Verstand einsetzen, dann ist es eigentlich klar, dass es in absolut keiner Weise gerechtfertigt ist, ein so loyales Tier wie den Hund (genau genommen jedes Tier) unter Einsatz von psychischer und physischer Gewalt, Schmerz, Angst und Einschüchterung zu trainieren. In diesem Sinne: Man kann in die Tiere nichts hineinprügeln, aber man kann manches aus ihnen herausstreicheln. (Astrid Lindgren) 73 Quelle: Gabriele Glatzenberger „Nicht jede Hand, die ich in meinem Leben hielt, hatte es verdient………. ……..aber jede Pfote!“ 74 Quellenverzeichnis Beck, Elisabeth Skript „Gefühlsleben des Hundes“ (Mai 2014) Grunow, Alexandra / Langkau, Rovena / Dr. Gansloßer, Udo Mantrailing (Kosmos Verlag, 2011) Mayr, Gabriele Skript „Calming Signals“ (November 2013) Neumann, Sabine Skript „Aggressionsverhalten“ (März 2015) Pryor, Karen Positiv bestärken – sanft erziehen (Kosmos Verlag, 2006; 2. Auflage) Schneider, Dorothée Skript „Lerntheorie“ (November 2013) Schneider, Dorothée Die Welt in seinem Kopf (Animal Learn Verlag, 2005) Theby, Viviane Verstärker verstehen (Kynos Verlag, 2011) Von Reinhardt, Clarissa www.animallearn.de/images/tipps/Brustgeschirr.pdf Von Reinhardt, Clarissa / Scholz, Martina Calming Signals Workbook ( Animal Learn Verlag, 2004) Walter, Stefanie Skript „Grundlagen des praktischen Trainings“ (Jänner 2014) 75