Die Legende des Hei

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Die Legende des Hei
Die Legende des Heiligen Grals
Um wohl kaum einen Mythos der abendländischen Kultur ranken sich so viele Spekulationen und Geheimnisse wie um den Heiligen Gral. Er ist ein wundersamer und heiliger Gegenstand, der seinem Besitzer zu himmlischem Glück verhilft.
Die Herkunft des Begriffes „Gral“ lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Am wahrscheinlichsten ist die Herleitung aus dem Französischen „graal“, was so viel wie Gefäß oder Schüssel bedeutet. Doch in den Überlieferungen hat der Gral viele Gestalten, da sich im Laufe der Zeit viele Traditionen in dem Mythos vereinigten. Das Resultat war eine Mischung aus keltischen, christlichen und orientalischen Erzählungen.
Die ersten Aufzeichnungen über diesen heiligen Gegenstand wurden Ende des 12. Jahrhunderts von
Chrétien de Troyes verfasst. Diese Legende besagt,
dass ein Jüngling namens Parzival auf der Suche nach
Ruhm und Glück eine geheimnisvolle Burg entdeckt hat.
Er wird von einem kranken „Fischerkönig“, der dort haust,
eingeladen. Beim Abendessen trägt eine Jungfrau einen
Gegenstand in den Saal, der einen göttlichen und reinen
Schein hat. Parzival wird in seinen Bann gezogen und
vergisst den König danach zu fragen. Doch da dies seine
Aufgabe gewesen wäre, verschwindet am nächsten Tag
sowohl der König als auch der Gral mit der zerbrochenen
Lanze. Von da an macht sich Parzival auf die Suche
nach dem Heiligen Gral, der hier die Gestalt einer
goldenen Schale hat.
Chrétien de Troyes starb, bevor er die Geschichte zu
Ende schreiben konnte. Doch seine Erzählung gewann
an Popularität und weitere Schriftsteller folgten seinem
Beispiel. So auch Wolfram von Eschenbach. Dieser ergänzte die Erzählung: Der Jüngling Parzival geht in die
Welt hinaus, um Ritter zu werden. Am Hofe von König
Artus wird seine wahre Bestimmung erkannt und er wird zum Ritter der Tafelrunde
geschlagen. Obwohl er sich als äußerst dumm und naiv erweist, weiß König Artus,
dass nur ein Mensch von unschuldiger Reinheit den Heiligen Gral finden kann,
denn er selbst und seine Ritter sind auf der Suche nach dem heiligen Gegenstand.
Parzival macht sich auf den Weg diesen zu finden und trifft auf die Burg Munsalvaesche. Wie auch in der vorherigen Legende wird er verbannt, weil er den König nicht
nach seiner Gesundheit fragt. Dies hätte jedoch den Fischerkönig von seinem Leiden
erlösen können. Parzival überkommt tiefe Reue, so dass ihm seine Sünde verziehen
und er zum Gralskönig berufen wird. Von da an kann er mit seinen Gralsrittern den
Gral in Form eines Steines beschützen.
In den Überlieferungen gelten die Gralsritter als Tempelritter und Katharer1. Zunächst
bewahrten angeblich die Katharer den kostbaren Schatz. Doch nach dem Albigenserkrieg wurden sie von den Römern niedergeschlagen und übergaben den Heiligen
Gral auf der Burg Montségur, der letzten Festung der Katharer, den Tempelrittern.
Aber ob diese Festung oder eine andere die legendäre Gralsburg ist, ist bis heute
noch unklar.
Aufgrund der angeblichen Funktion der Tempelritter, die sie dem Autor Wolfram von
Eschenbach verdankten, wurden sie von Phillip dem Schönen zerschlagen. Aber
auch den Katharer erging es nicht anders. Papst Innozenz III begann den Albigenserkrieg nur wegen der Suche nach dem Heiligen Gral, der ihm noch mehr Macht
verleihen sollte.
Neben der Artus- und Parzivallegende, die Chrétien de Troyes mit dem Heiligen Gral
verknüpfte, gibt es ebenso eine weitere Auslegung des Mythos von Robert de Boron.
Hier ist der Heilige Gral der Kelch, aus dem Jesus und seine Jünger am letzten Abendmahl getrunken hätten und in dem Josef von Arimathäa das Blut Christi nach
der Kreuzigung aufgefangen habe. Hiermit ist der rätselhafte Gegenstand einer der
vielen Blut- Christi- Reliquien. Dazu gehört auch die Longinuslanze, mit der Jesus
nach seinem Tod gestochen wurde. Sie taucht ebenso bei der Parzivallegende auf
und gehört zu den gehüteten Gegenständen. In den Apokryphen steht geschrieben,
dass Josef von Arimathäa zu 40 Jahren Haft wegen Leichenraubs (Jesus Leiche)
verurteilt wurde. Ihm war Jesus im Gefängnis
erschienen und hatte ihn zum Hüter des Kelchs
erklärt. Josef hat nur dank dessen überlebt und ist
nach England ausgewandert, wo er eine Kirche
gründete. Der Legende nach soll er den Heiligen
Gral am Fuße des Glastonbury Tor vergraben
haben. An dieser Stelle sei eine Quelle entstanden,
die einen rötlichen Schimmer aufweist und an das
Blut Christi erinnert.
Diese Interpretation der Gralslegende ist sehr
umstritten, vor allem deshalb, weil sie nur in den Apokryphen dokumentiert ist.
Doch dies ist noch lange nicht das Ende der Mythen um den Heiligen Gral. Es gibt
eine weitere, modernere Erzählung, die mittlerweile jedem bekannt sein sollte.
Dan Brown war es, der diese in seinem Thriller „Sakrileg“ berühmt und berüchtigt
machte. Doch die ersten, die diese neue Legende entwarfen, waren die französischen Autoren von „Der Heilige Gral und seine Erben“. Laut ihnen existiert eine Geheimgesellschaft namens „Prieuré de Sion“, die über den Heiligen Gral wacht. Leitet
man „San Greal“ zu „sangreal“ ab, was so viel wie „königliches Blut“ bedeutet, dann
kennt man schon das streng gehütete Geheimnis. Der Gral hat nämlich die
Form des Symbols für Weiblichkeit:
.
Er ist hiermit eine Frau, und zwar Maria Magdalena. Der Kelch bzw. Maria hat also
königliches Blut aufgefangen, nämlich das von Jesus Christus. Dies würde bedeuten,
dass sie von Jesus schwanger war. Das ist das Jahrhunderte alte Geheimnis, eine
Blutlinie Jesus, zu der auch die Merowinger gehörten.
Die Autoren der Geschichte konnten sogar angeblich die Verwandtschaft weiterverfolgen und sind auf den Namen Pierre Plantard gestoßen. Doch die Dokumente, die
das alles angeblich beweisen sollen, hat dieser selbst gefälscht.
Katharer (die Reinen) sind eine Glaubensbewegung vom 11. bis zum 14. Jahrhundert im Süden
Frankreichs. Sie werden auch als Albigenser bezeichnet. Sie wurden während der Kreuzzüge und der
Inquisition verfolgt und vernichtet.
1
Niemand hatte sich für das Märchen interessiert, bis Dan Brown sein Werk veröffentlichte. Doch er ist nicht der einzige, dessen Phantasie durch die Legende des Heiligen Grals beflügelt wurde. Etliche Schriftsteller, Regisseure, Musiker und Künstler
ließen sich von der mystischen Atmosphäre inspirieren.
Es gibt sogar eine esoterische Bewegung namens „Gralsbewegung“, die daran
glaubt, dass jedes Jahr aus dem Heiligen Gral, der sich in der Gralsburg befindet,
Gottes Liebe auf die Menschen strömt.
Es ist kaum zu fassen, was ein Mythos alles auslösen kann. Es sind vor allem die
dem Gegenstand zugeschriebenen Eigenschaften, die den Menschen zur Suche
nach ihm treiben: ewig jung sein, mit Gott kommunizieren und alle Macht auf der
Welt haben. Wer kann da schon nein sagen? Zumindest finden sich viele Gläubige,
die ernsthaft auf der Suche sind und zu jedem Hinweis auf der Erde pilgern. Aber wie
schon am Anfang erwähnt, sind es nicht nur die durchschnittlichen Bürger, die diesem Hobby nachgehen.
Im Laufe der Geschichte haben viele Päpste nach dem Glück bringenden Gegenstand gesucht. Selbst von den Nazis ist bekannt, dass sie großes Interesse an dem
Gral zeigten. Als Otto Rahn das Buch „Kreuzzug gegen den Gral“ verfasste, wurde er
von Heinrich Himmler als Mitarbeiter beim Forschungsamt eingestellt. Mehrmals
wurde er nach Languedoc geschickt, um den Gral zu finden und ihn nach Deutschland zu bringen. Doch dies ist Rahn nicht gelungen. Auf eigenen Wunsch wurde er
aus der SS rausgeworfen, angeblich wegen Homosexualität, wobei er im selben Jahr
Selbstmord beging. Dies war möglicherweise das letzte Opfer der Gralssuche. Viele,
die sich auf diese begeben haben, mussten nach kurzer Zeit feststellen, dass sie einem Mythos auf den Fersen waren. Genauso gut kann man Ariel, die Meerjungfrau,
oder die sieben Zwerge suchen. Doch die Eigenschaften des Grals sind einfach zu
verlockend. So werden sich immer wieder Menschen auf die Suche nach dem geheimnisvollen Heiligen Gral begeben und es werden weitere
neue und spektakuläre Legenden entstehen. Doch schließlich
gibt es eine entscheidende Weisheit für die Gralssuchenden,
die möglicherweise von jemanden stammt, der das wahre Geheimnis gelüftet hat: Du wirst den Heiligen Gral nie finden, denn
er findet dich, wenn du dessen würdig bist.
Anastasija Specht
Literaturhinweis:
Mythologie- Götter, Helden, Mythen. Parragon, 2004
Mystica- Die großen Rätsel der Menschheit. Weltbild, 2004
http://de.wikipedia.org/wiki/Heiliger_Gral
www.dergral.de/mythen/gral.htm
www.religio.de/sekten/gral.html
www.weltderwunder.de/wdw/Mystica/Karfreitag/Gral/03_Ketzer/?ID=nav_it_f