Management - Universität Hamburg

Transcription

Management - Universität Hamburg
Organization + Strategic Management
Management
Teil 1: Management und Managementlehre
PD Dr. Wolfgang H. Güttel
Universität Hamburg
Wintersemester 2008.9
1
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
1. Zielsetzung
Organization + Strategic Management
h Ziel der Lehrveranstaltung ist die Erarbeitung eines konzeptionellen
Grundverständnisses des Managements von und in Organisationen. g
h Die Lehrveranstaltung dient dazu, ein konzeptionelles Verständnis für
zentrale Fragen des Managements zu entwickeln. Dazu wird erläutert,
ˆ wie Unternehmen (Organisationen) „funktionieren“,
ˆ wie das Zusammenspiel zwischen Strategie, Organisation, Personal
und Führung erfolgt und
ˆ welche Möglichkeiten der Veränderung von Organisationen bestehen.
h Die Erarbeitung des Lehrstoffes erfolgt auf Basis wissenschaftlicher
Grundlagen, die durch Fallbeispiele aus der Managementpraxis unterlegt
und um aktuelle Forschungsergebnisse angereichert werden.
2
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
2. Ablauf
Organization + Strategic Management
h Die Vorlesung orientiert sich an einem prozessualem Managementverständnis. g
23.10.
24.10.
20.11.
21.11.
18.12.
19.12.
22. 1.
23. 1.
Kick-off, Management: Einführung
Strategisches Management I: Grundlagen
Strategisches Management II: Methoden
Strategisches Management III: Optionen
Formale Organisation und Organisationskultur
Wandel in Organisationen I: Organisationsentwicklung
Personal, Gruppe und Führung
Wandel in Organisationen II: Personal- und Teamentwicklung
tbd
Schriftliche Abschlussklausur (Multiple Choice)
ˆ Bitte beachten Sie die Ankündigungen auf unserer Homepage.
3
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
3. Leistungsfeststellung
Organization + Strategic Management
h Die Schwerpunktsetzung bei der Klausur orientiert sich an der Vorlesung. g
ª Klausur: über den Stoff der Vorlesung mit einer Dauer von 60 Minuten (Multiple
Choice).
ª Prüfungsliteratur:
¾ Steinmann H, Schreyögg G (2005): Management: exkl. Kap. 3 und 6.
¾ Güttel WH (2008): Management. Vorlesungsskriptum. Zugang über die
Homepage des Fachgebiets: Benutzername: Management; Passwort: wien
¾ Armstrong CE, Shimizu K (2007): A Review of Approaches to Empirical
Research on the Resource-Based View of the Firm. Journal of Management
33(6): 959-986
¾ Schreyögg G, Kliesch-Eberl M (2007): How dynamic can organizational
capabilities be? Towards a dual-process model of capability dynamization.
Strategic Management Journal 28(9): 913-933
¾ Brown SL, Eisenhardt KM (1997): The Art of Continuous Change: Linking
Complexity Theory and Time-paced Evolution in Relentlessly Shifting
Organizations. Administrative Science Quarterly 42(1): 1-34
¾ Birnholtz JP, Cohen MD, Hoch SV (2007): Organizational Character: On the
Regeneration of Camp Poplar Grove. Organization Science 18(2): 315-332 4
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
Organization + Strategic Management
I. Grundlagen des Management
5
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
4. Grundlagen des Managements (1)
Organization + Strategic Management
h Gutes Management-Handwerk ist in Zeiten wie diesen nötiger denn je. g
1945 – 1989 – 2008 –
Strategie?
Organisation?
Personal?
Führung?
6
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
4. Grundlagen des Managements (2)
Organization + Strategic Management
h Management ist ein Komplex von Steuerungsaufgaben, die bei der
Leistungserstellung in arbeitsteiligen Organisationen erbracht werden müssen. g
Koordination - Kommunikation
Unteres
Management
Personal
Planung
Führung
Organisation
Mittleres
Management
managen
Top-Management
Kontrolle
7
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
4. Grundlagen des Managements (3)
Organization + Strategic Management
h Managements kann unter drei Perspektiven betrachtet werden. g
h Institutioneller Ansatz: Wer sind Manager?
h Funktionaler Ansatz: Welche Aufgaben haben Manager?
h Handlungs- und aktivitätsorientierter Ansatz: Was tun Manager?
8
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
4. Grundlagen des Managements (4)
Organization + Strategic Management
h Institutionell beinhaltet Management alle Instanzen mit Kompetenzen zur
Planung, Steuerung & Koordination der Aktivitäten untergeordneter Stellen. g
Oberes
Management
Mittleres
Management
Politisches Subsystem
politisch/strategische Entscheidungen
Rahmenbedingungen für folgende Systeme
Administratives Subsystem
Entwicklung von Programmen zur Steuerung
des operativen Systems
Unteres
Management
Ausführungsebene
Operatives Subsystem
unmittelbare Steuerung und Abwicklung
der Ausführungsprozesse
9
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
4. Grundlagen des Managements (5)
Organization + Strategic Management
h Funktional wird Management als Prozess unterschiedlicher Aktivitäten
beschrieben. g
Gulick (1937)
Fayol (1929)
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
Vorschau und Planung
Organisation
Anweisung
Koordination
Kontrolle
(P)
(O)
(S)
(D)
(CO)
(R)
(B)
Planning
Organizing
Staffing
Directing
Coordinating
Reporting
Budgeting
Koontz/O’Donnell (1955)
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
Planung
Organisation
Personaleinsatz
Führung
Kontrolle
10
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
4. Grundlagen des Managements (6)
Organization + Strategic Management
h Analytisch können Teilprozesse des Managements differenziert werden, die
jedoch iterativ durchlaufen werden. g
Planung
Planung
OrganiOrganisation
sation
PersonalPersonaleinsatz
einsatz
Führung
Führung
Kontrolle
Kontrolle
Kommunikation
Kommunikationund
undKoordination
Koordination
h Planung: Vision, Unternehmens- und Umfeldanalysen und Strategieentwicklung.
h Organisation: Strukturen und Geschäftsprozesse.
h Personaleinsatz: Beschaffung, Leistung/Motivation, Beurteilung, Entwicklung
bis Abbau.
h Führung: Führungsverhaltens und Führungssysteme.
h Kontrolle: Grad der Zielerreichung.
h teilprozessübergreifende Kommunikation und Koordination.
h Fazit: funktionale Betrachtung und tendenziell mechanistisches Weltbild:
„Machbarkeit“.
11
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
5. Managementpraxis (1)
Organization + Strategic Management
h In der Vision kristallisiert sich der Unternehmenszweck. g
Mitarbeiter
Aktionäre
Qualität
Zulieferer Kunden
Banken
…
Stakeholder
Vision
Kosten
Staat
“Welt AG”
Zeit
12
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
5. Managementpraxis (2)
Organization + Strategic Management
h Analyse der Umwelt und der vorhandenen Kompetenzen zeigen den
Möglichkeitsspielraum unternehmerischen Handels. g
Vision
Leitlinien der
Strategieentwicklung
Leitlinien der
Strategieentwicklung
Umweltanalyse
-
Wettbewerber
Kunden(bedürfnisse)
Ökonomische Entwicklungen (z.B. Ölpreis)
Gesellschaftliche Trends
Veränderungen in den Supply-Chains
…
Unternehmensanalyse
- Kernkompetenzen (Technologie,
Reputation, Design, Finanzierung, …)
- Haupterfolgsfaktoren (Qualität,
Technologie, Design, Service, …)
- Stärken/Schwächen,
- Kennzahlen (Finanzen, Qualität,…), …
Strategieentwicklung
13
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
5. Managementpraxis (3)
Organization + Strategic Management
h Strategie definiert die langfristige Regeln der unternehmerischen Tätigkeit. g
Vision
Leitlinien der
Strategieentwicklung
Leitlinien der
Strategieentwicklung
Umweltanalyse
Unternehmensanalyse
Strategieentwicklung
Die Strategie von DaimlerChrysler basiert auf vier Säulen: Exzellente Produkte mit
herausragendem Kundenerlebnis, führende Marken, Innovations- und
Technologieführerschaft und Globale Präsenz und Vernetzung (DaimlerChrysler AG
2006).
14
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
5. Managementpraxis (4)
Organization + Strategic Management
h Organisation leitet die Umsetzung der Planungen ein. g
Strategie
Strukturen
Organisation
Geschäftsprozesse
Planung
Planung
Fertigungssteuerung
Fertigungssteuerung
Einkauf
Einkauf
Lieferant
Lieferant
Spediteur
Auftragsabwicklung
Auftragsabwicklung
Waren-
Eingangs-
eingang
lager
Produktion
Endlager
Warenausgang
Spediteur
Kunde
Kunde
15
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
5. Managementpraxis (5)
Organization + Strategic Management
h Mitarbeiter werden in die Organisation eingebunden und ermöglichen
unternehmerisches Agieren. g
Strategie
Organisation
Personaleinsatz
Personalmarketing
Rekrutierung
Beurteilung
Entlohnung
Entwicklung
Abbau
16
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
5. Managementpraxis (6)
Organization + Strategic Management
h Führung steuert die Einzelaktivitäten der Mitarbeiter zur Umsetzung der
strategischen Ziele. g
Strategie
Organisation
Personaleinsatz
Führung
• Personen (Auswahl,
Entwicklung, …)
• Systeme
(Zielvereinbarungen)
• Ressourcen (Strukturen,
…)
• Aufgaben: Steuerung,
Motivation, Kommunikation,
Konfliktlösung, …
17
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
5. Managementpraxis (7)
Organization + Strategic Management
h Controlling liefert Informationen über den Grad der Zielerreichung. g
Strategie
Organisation
Personaleinsatz
Führung
Controlling
-
Soll-Ist-Vergleiche
Abweichungsanalysen
Informationsverteilung
…
18
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
5. Managementpraxis (8)
Organization + Strategic Management
h Das Scheitern von DaimlerChrysler resultiert aus mehreren Gründen. g
Technisch-instrumentelle Ebene: inkompatible strategische Positionierungen (Qualität vs.
Kosten) bedingten unterschiedliche Strukturen/Prozesse (Synergiedefizit) und führten folglich
zu Schwierigkeiten in der Performance.
Sozial-mikropolitische Ebene: Verwerfungen mit dem angestammten US-Management
führten zur Übernahme zentraler Managementpositionen durch Deutsche.
Kulturell-reflexive Ebene: Schon in der DaimlerChrysler-Vision aus 2006 war für die Kultur
des Kostenführers Chrysler kein Platz. Die Inkompatibilität der deutschen Qualitätskultur
(Daimler-Benz) mit der US-amerikanischen Kostenführerkultur (Chrysler) führte zu
kontinuierlichen Spannungen.
19
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
6. Emergente Phänomene (1)
Organization + Strategic Management
h Emergente Phänomene – politische Prozesse und die Organisationskultur –
beeinflussen die Funktionsweise von Organisationen. g
Planung
Planung
OrganiOrganisation
sation
PersonalPersonaleinsatz
einsatz
Führung
Führung
Kontrolle
Kontrolle
Emergente Funktionalistische
Phänomene des OrganisationsOrganisierens
gestaltung
Kommunikation
Kommunikationund
undKoordination
Koordination
Geplante
Strategie
Realisierte
Strategie
Konstruktion
der Umwelt
Strukturen/
Prozesse
Qualifikation/
Leistung
Mikropolitik
Kultur
Soziale
Konstruktion
der Wirklichkeit
Messlogik
Wissen,
Kompetenzen
und Kultur sind
nicht messbar
20
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
6. Emergente Phänomene (2)
Organization + Strategic Management
h Elemente der Tiefenstruktur von Organisationen entziehen sich der
funktionalistischen Planbarkeit auf Basis „objektiver Rationalität“. g
Oberflächenstruktur
Technisch-instrumentelle Ebene
Sozial-politische Ebene
Wirkungsrichtung
Kulturell-reflexive Ebene
Tiefenstruktur
Mikropolitik und Organisationskultur als emergente Phänomene :
h Mikropolitik: Durchsetzung individueller Interessen statt „objektiver“ Rationalität.
h Organisationskultur: Sozial konstruierte Wahrnehmung verhindert Zugang zu
„objektiver Rationalität“.
21
Quelle: Schreyögg (1996): Organisation, S. 403ff.
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
7. Managerhandeln
Organization + Strategic Management
h Im Handlungs- bzw. aktivitätsorientiertem Ansatz wird formalisierten
Sollaufgaben (Planung, …) von Managern eine andere Realität gegenübergestellt. g
hManagementhandeln ist lt. Carlson (1951) gekennzeichnet durch …
h offene Zyklen
h zerstückelten Arbeitsalltag
h mündliche Kommunikation
h Fragen und Zuhören
h Reduktion von Komplexität
hMintzberg (1980) unterscheidet folgende Manager-Rollen …
h Interpersonelle Rollen: Galionsfigur, Vorgesetzter, Vernetzer
h Informationsrollen: Radarschirm, Sender, Sprecher
h Entscheidungsrollen: Innovator, Problemlöser,
Ressourcenzuteiler, Verhandlungsführer
… dazu braucht es spezifische Manager-Kompetenzen (Skills)
22
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
8. Managerkompetenzen
Organization + Strategic Management
h Im Top-Management ist konzeptionelle Kompetenz gefragt. g
Individuelle Kompetenzfelder (Skills)
Konzeptionelle Kompetenz
- Ganzheitliches Denken
- Beherrschung von Komplexität
Technische Kompetenz
- Theoretisches Wissen
- Methodisches Wissen
- Sachkenntnisse
Soziale Kompetenz
- Fähigkeit zur Zusammenarbeit
-Ebenen: Vorgesetzte, Umfeld,
Mitarbeiter, Kollegen
23
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
9. Organizational Behavior
Organization + Strategic Management
h Verhalten in Organisationen – als Kern von Organisation und Personal – ist durch
das Zusammenspiel zwischen individueller Ebene und Organisation geprägt. g
Organisation (Situation)
Individuum
Soziales Dürfen und
Sollen
Individuelles Wollen
Motivation und Werte
Normen und Regelungen
Leistungsbereitschaft
durch Aussicht auf
individuelle Zielerreichung
Leistungserlaubnis durch
Werte, Normen und dem
Führungsstil
Leistungsverhalten
Situative Ermöglichung
Persönliches Können
günstige/ungünstige äußere
Umstände
Fähigkeiten und
Fertigkeiten
Leistungsermöglichung
durch sachliche Ressourcen,
Aufgabe & Strukturen
Leistungsfähigkeit durch
Ausbildung und
Personalentwicklung
24
Quelle: Vgl. v. Rosenstiel 2003:55
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
Organization + Strategic Management
II. Geschichte der Managementlehre
25
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
10. Geschichte der Managementlehre (1)
Organization + Strategic Management
h Management hat in der Praxis eine sehr lange Geschichte. Wissenschaftlich
wurde das Feld jedoch erst vor ca. 100 Jahren „entdeckt“. g
26
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
10. Geschichte der Managementlehre (2)
Organization + Strategic Management
h Von der „Klassik“ der Managementlehre bis zur Gegenwart werden vier
Hauptschulen unterschieden. g
1900
“Klassik”
Taylor Weber
2008
“Verhaltenswissen- “Mathematische “Systemtheoretische
schaftliche Schule”
Schule”
Schule”
(Operations
Barnard Schein Lewin Research)
Anreizsysteme Soft Skills/Commitment
Planungsrationalität
Teams
GPO
Change Management
Ulrich Winter Luhmann
Komplexität/Unsicherheit
Steuerungsprobleme
Systemische Beratung
Aktuelle Trends mit Wurzeln in der Vergangenheit
27
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
10. Geschichte der Managementlehre (3)
Organization + Strategic Management
h Fredrick W. Taylor wird als der Pioneer der Managementlehre betrachtet. g
h In seinem “Scientific Management” steht die Nutzung von
h Spezialisierungsvorteilen im Mittelpunkt.
Kerngedanken:
Trennung von Planung und Ausführung (Teilung der Arbeit)
Kontrolle der Ausführung durch Management
Leistungsgerechete Differenzierung finanzieller Anreize
(Akkordsätze) nach Maßgabe von Zeitstudien
h funktionale Gliederung der Organisation nach Vorgesetzenaufgaben (Funktionsmeisterprinzip)
h
h
h
h
ˆ Effizienz, Spezialisierung, Kontrolle, Leistungsgerechtigkeit
ˆ Entfremdung (Sinnentleerung), Ausblendung zwischenmenschlicher
Aspekte, “Economic Man”-Bild
28
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
10. Geschichte der Managementlehre (4)
Organization + Strategic Management
h Max Weber formuliert aus der Analyse moderner Großorganisationen die
Prinzipien bürokratischer Ordnung. g
Ein Grundgedanke bei Weber leitet sich aus der
Legitimität von Herrschaft ab. Diese kann auf
- Traditionen (z.B. geltende Traditionen)
- Charisma (z.B. Heldenhaftigkeit einer Person)
- Legitimität (z.B. Rationalität) beruhen
und ordungsstiftende Stabilität gewährleisten.
Bürokratische Herrschaft basiert auf Legitimität,
d.h. auf Basis der Gehorsamkeit gegenüber
“formellen” Regeln mit folgenden Prinzipien:
Regelgebundenheit, abgegrenzte Kompetenzbereiche,
Instanzenzug, Aktenmäßigkeit, Unpersönlichkeit,
Qualifikationsanforderungen an Stelleninhaber, fixe
Laufbahnen und Vergütungsstrukturen, Arbeitsvertrag
ˆ Rationalität von Regeln ersetzt die Abhängigkeit von Clans oder Traditionen.
ˆ allerdings: Motivationsverluste, Ineffizienzen bei Veränderungsanlässen.
29
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
10. Geschichte der Managementlehre (5)
Organization + Strategic Management
h Mit den Hawthorn-Experimenten erfolgt ein Paradigmenbruch zur
verhaltenswissenschaftlichen Schule. g
1924: Suche nach Einflussfaktoren auf
Arbeitsproduktivität (Tradition des Scientific
Managements) - z.B. Beleuchtungsstärke:
ˆ Produktion stieg mit der Stärke an (erwartet)
ˆ Allerdings: Produktivität stieg auch bei starker
Verringerung an!
ˆ Mehr noch: auch in der Kontrollgruppe, wo alles
gleich blieb kam es zu einem
Produktivitätsanstieg!
1927: Harvard-Forschergruppe um Mayo et al.
unternehmen Relais-Montage-Testraum-Studie:
ˆ Wieder völlig paradoxe Ergebnisse!
ˆ Schlussfolgerung: emortionaler Bereich
beeinflusst die Produktivität (z.B. Stolz, Teil
einer wichtigen Gruppe zu sein; freundliche
Aufmerksamkeit durch Vorgesetzte und
Forscher; Beziehungen in der Gruppe (statt
Isolation).
30
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
10. Geschichte der Managementlehre (6)
Organization + Strategic Management
h Mit den Hawthorne-Experimenten wurde die Bedeutung von Gruppen und
Gruppennormen entdeckt. g
1931/32: Bank-Wiring-Observation-Room Studie zur
Analyse der Bedeutung informeller Gruppen:
ˆ Gruppennorm in Bezug auf “richtige/angemessene”
Arbeitsleistung
ˆ informelle Gruppennorm wird durch
Gruppenmitglieder genützt (soziale Sanktionen für
Akkordbrecher)
ˆ Bildung von informellen Gruppen (Cliquen) innerhalb
formeller Strukturen
ˆ Hohe Intensität der Bildung, auch wenn gegen die
Anweisung des Managements verstoßen wurde
ˆ Außenseiter vs. Inside-Gruppe (Rolle des
Qualitätsprüfers pro/contra Gruppe)
Hawthorne-Effekt: Bewusstsein, Teil eines Experiments zu sein,
beeinflusst Ergebnis Æ Mensch ist Subjekt und nicht Objekt, wie in
der klassischen naturwissenschaftlichen Versuchsanordnung!
31
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
10. Geschichte der Managementlehre (7)
Organization + Strategic Management
h Mit Chester Barnard erfolgt der Brückenschlag von der Klassik zur Moderne. g
h Organisationen als kooperative Systeme: Bereitschaft der
Individuen zur Kooperation notwendig
h Erwartungen: wenn Unternehmen abhängig von Individuen,
dann müssen Erwartungen zur Teilnahme erfüllt werden Æ
sonst Reduktion der Leistungsbeiträge
h Gleichgewicht von Anreizen und Beiträgen: Organisation
muss Anreize bieten, um Mitarbeiter zum Beitrag für die
gemeinsame Zielerreichung zu gewinnen
h Organisation als offene Systeme: Nicht Personen, sondern
Handlungen sind konstitutiver Bestandteil formaler Organisation
h Handlungen: Elemente, die durch Koordination wechselseitig
aufeinander bezogen sind; Organisationen müssen diejenigen
Individuen zur Kooperation veranlassen, deren Handlungen für
die Erreichung des gemeinsamen Zwecks notwendig sind.
h Akzeptanztheorie der Autorität: Autorität ist freiwillige
Anerkennung durch Untergebenen; Indifferenzzone:
Vertrauensvorschuss für hierarchische Anweisungen ohne
näherer Prüfung Æ Stabilitätssicherung
32
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
10. Geschichte der Managementlehre (8)
Organization + Strategic Management
h Die Human-Relations-Bewegung stellt jedoch vornehmlich die sozialen
Bedürfnisse der Mitarbeiter in den Vordergrund. g
Kerngedanke: Zufriedene Mitarbeiter sind produktive Arbeiter
+
Deshalb: Organisationsgestaltung wichtig, um soziale Bedürfnisse der
Mitarbeiter zu erfüllen
3 Strömungen: Individuen, Gruppen, Vorgesetzte in Organisationen
Allerdings: durch die Mikroperspektive ging der Blick für Strukturen,
Strategien und Performance verloren.
Außerdem wurde der Zusammenhang zwischen Mitarbeiterzufriedenheit
und Unternehmensproduktivität empirisch nicht bestätigt.
33
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
10. Geschichte der Managementlehre (9)
Organization + Strategic Management
h Der Human-Resource-Ansatz analysiert das Spannungsverhältnis zwischen
Strukturen und Individuen. g
h Neues Menschenbild: Mensch strebt nach Verantwortung
(social man bzw. self actualizing man)
h Motivation als zentrale Managementaufgabe: strukturelle
Lösung des Motivationsproblems
h Wandel von Organisationen (zu Beginn: Strukturen)
h Rolle der Organisationskultur im Wandel (z.B. Werte,
Normen Æ Eisbergmodell von Organisationen)
h Beratungsansatz der “Organisationsentwicklung (OE)”
aus Lewins Gruppenforschung (auch: Gruppendynamik
und Teamentwicklung)
h Prozessorientierte Beratung und organisationales Lernen
(z.B. Lernen 1. und 2. Ordnung)
34
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
10. Geschichte der Managementlehre (10)
Organization + Strategic Management
h Systemtheoretischen Ansätze rücken das Verhältnis System/Umwelt in den
Mittelpunkt und überwinden „triviale Maschinen-Modelle“ von Organisationen. g
h International (70er Jahre): kontingenz- und
konsistenztheoretische Modelle: Fit zwischen Umwelt und
Organisation sowie zwischen organisationalen Variablen.
h International (ab 80er Jahre bis heute):
Evolutionstheoretische Ansätze (Nelson/Winter 1982):
zentrale Rolle interner Routinen und Ressourcen
(Resource-based View ab 1990) und Anpassung an
dynamischen Umwelten (Dynamic Capabilities)
h St. Gallner Schule (seit den 70er Jahren): ganzheitlichevolutionäres Managementmodell basierend auf Kybernetik
1. Ordnung: Regelkreis Steuerung-Kontrolle – offene
Systeme.
h Niklas Luhmann popularisierte im deutschschprachigen
Raum systemtheoretisches Denken im Management (vor
allem ab Mitte der 80er Jahre bis heute) auf Basis des
sozialen Konstruktivismus (Kybernetik 2. Ordnung) –
autopoietisch geschlossene Systeme.
35
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
10. Geschichte der Managementlehre (11)
Organization + Strategic Management
h Von Taylor bis zur Gegenwart wandelte sich das Bild von Organisationen
(Unternehmen) von der Trivialmaschine zum komplexen System. g
36
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
Organization + Strategic Management
III. Zeitgemäßer Bezugsrahmen
37
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
11. Bezugsrahmen des Managements (1)
Organization + Strategic Management
h Ein zeitgemäßer Bezugsrahmen zu Grundlagen des Managements relativiert die
Annahme der Plan- und Steuerbarkeit von Organisationen. g
h “Trivialmaschinen”-Managementkonzepte: “Planbarkeit” der
Zukunftsentwicklungen und vollständigen “Steuerbarkeit” des Unternehmens.
h Unternehmenspraxis: “Planbarkeit” der Zukunftsentwicklungen nur unter großer
Unsicherheit
Æ statt dessen: Ambiguität, Risiko, Wirklichkeitskonstruktion …
h Unternehmenspraxis: nur bedingte “Steuerbarkeit” (Kultur, Mitarbeiterverhalten,
Lernen …)
Æ Statt dessen: soziales Gefüge, Eigenlogik, Interessenspluralität …
h Trivialmaschinen-Konzepte: Unterkomplex Æ Adäquate Theorie notwendig!
38
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
11. Bezugsrahmen des Managements (2)
Organization + Strategic Management
h Ein systemtheoretischer Bezugsrahmen beinhaltet ausreichend Komplexität, um
trotz der Grenzen der Plan- und Steuerbarkeit Orientierung zu geben. g
h Grundsatzprämissen:
ˆ Steuerungsprozess und seine Rationalisierung: systematische Einbettung in
die Interaktion des Systems mit einer immer ungewissen Umwelt.
ˆ “System” als Bezugsebene: Fokus auf organisationale Routinen und
Unternehmenskultur statt auf Einzelhandlungen von Akteuren.
h Soziale Systeme (z.B. Organisationen) bestehen aus Handlungen und nicht aus
Personen (Personen sind Systemumwelt und mit dem System strukturell
gekoppelt).
h Soziale Systeme: autopoietisch geschlossen, d.h. sie sind in der Tiefenstruktur
nur auf sich selbst bezogen (Kommunikation schafft neue Kommunikation und
sonst nichts!).
h Strukturen (Entscheidungsprämissen) als Form generalisierbarer
Verhaltenserwartungen:
ˆ Einschränkung von Handlungsspielräumen (Standardisierung).
ˆ Herstellung von Zusammenhängen zwischen Einzelhandlungen
(Routinisierung).
ˆ Voraussetzung für die Reproduktion von Handeln (Replikation).
39
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
11. Bezugsrahmen des Managements (3)
Organization + Strategic Management
h Durch die Abgrenzung zur Umwelt gewinnen Systeme Identität. g
h Selbstreferenz: System definiert sich als von der Umwelt abgegrenzt und stellt
gleichzeitig eine Beziehung zur Umwelt her:
ˆ Basale Selbstreferenz zur Erzeugung von Kommunikation aus
Kommunikation.
ˆ Reflexivität als Vorher/Nachher-Differenz.
ˆ Reflexion als System/Umwelt-Vergleich.
h Beobachtung: Basisoperation des Systems
ˆ Wie und was ein System beobachtet, hängt von der Eigenart und Identität
des Systems ab.
ˆ Beobachtung ist die Feststellung eines bedeutsamen Unterschieds: „Ein
Unterschied, der einen Unterschied macht (Bateson)“.
h Grenzen gegenüber der Umwelt: selbstreferentielle Handlungen, d.h.
Kommunikation und Entscheidungen.
h Grenzziehung: System legt fest, was System und was Umwelt ist und wie
bedeutsam unterschiedliche Segmente der Umwelt sind.
40
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
11. Bezugsrahmen des Managements (4)
Organization + Strategic Management
h Komplexitätsreduktion sichert Handlungsfähigkeit in dynamischer Umwelt. g
h Leistung des Systems: Komplexität der Umwelt so zu reduzieren, dass
Orientierung möglich wird (funktionales Komplexitätsniveau: law of requisite
variety; Ashby 1956)
ˆ durch: Absorption, Simplifizierung und Selektion.
h Komplexitätsreduktion durch Sinn: Ordnungsform menschlichen Erlebens steuert
Informationsauswahl und schränkt Handlungsspielraum ein.
h Sinn: immer systemspezifisch
ˆ nur gemeinsame Sinn-Inhalte erlauben Verstehen, d.h. Interaktion und
Kommunikation
ˆ unterschiedliche Steuerungsmedien: z.B. Wirtschaft: Geld; Politik: Macht;
Wissenschaft: Wissen.
h Sinn: in Weltbildern, Werten, Normen und Rollen „eingefroren“ oder in
Interaktionen laufend produziert und ausgehandelt.
h Selektivität: Ausblendung von Teilen der Umwelt, die als nicht relevant
wahrgenommen werden Æ Gefahr Neues oder “objektiv” Wichtiges nicht
wahrzunehmen.
41
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
11. Bezugsrahmen des Managements (5)
Organization + Strategic Management
h Steuerung erfolgt durch Interventionen, die anschlussfähig sein müssen, um
Wirkung zu erzeugen. g
h Identität eines Systems (Unternehmens): Selektionsmuster
(“Wahrnehmungsspektrum”) und organisationale Strukturen/Routinen (“Gene”).
h Organisationale Routinen (oder: kognitive und normative Strukturen in Form von
Verhaltenserwartungen; Luhmann 1984): bewährte Lösungsmuster als Grundlage
der Wettbewerbsstärke (bzw. -schwäche) Æ Umweltveränderungen können zur
Entwertung führen.
h Lernfähigkeit von Organisationen: Umgang mit Selektion
(Wahrnehmungsspektrum bei der Komplexitätsreduktion) und Anpassung
organisationaler Routinen (internen Strukturen)
h Redundanz (Vereinfachung, Einschränkung) und Varietät (Vielfalt, Flexibilität)
steuern das Komplexitätsniveaus des Systems in Bezug zur Umwelt.
ˆ Erzeugung von Redundanz: präzise Programme, rigide Kommunikationswege
etc.;
ˆ Erzeugung von Varietät: vage Programme, flexible Kommunikationswege etc.
h Steuerung: direkt unmöglich; Beeinflussung über akzeptierte (anschlussfähige)
Interventionen (z.B. durch Führungskräfte oder Berater) Æ über die Akzeptanz
entscheidet aber einzig das soziale System selbst.
42
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1
12. Conclusio
Organization + Strategic Management
h Management schafft interne Komplexität um Orientierung in komplexen
Umwelten zu ermöglichen. g
h Stabilität vs. Wandel
h Effizienz vs. Innovation
h Kurzfristige Optimierung vs. langfristiges Überleben
h Kundenorientierung vs. Unternehmensorientierung
h Formelle Regeln vs. soziale Normen
h Replikation vs. Adaption
h Mitarbeiterzielorientierung vs. Unternehmenszielorientierung
h Kernkompetenzen vs. Kernrigiditäten
h…
43
© PD Dr. Wolfgang H. Güttel – 2008.9: Management 1