Katalog - Davor Ljubicic
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Katalog - Davor Ljubicic
D AV O R L J U B I Č I Ć KONSTELLATIONEN D AV O R L J U B I Č I Ć KONSTELLATIONEN Davor Beganović Räumliche Harmonie. Neue Werke von Davor Ljubičić Für Davor Ljubičić hat Raum immer eine zentrale Rolle gespielt. Er war an erster Stelle in seinen Installationen bzw. Performances sichtbar. Vor allem die Installationen, die er sukzessiv seit den späten Achtzigern und dann zunehmend, mit der Übersiedlung nach Deutschland Anfang der Neunziger, in unterschiedliche Räume stellt, zeugen von einer Affinität, die mehr als eine vorübergehende und vergängliche Erscheinung ist. Der Raum wird in diversen Ausprägungen dargestellt, entstellt durch die Wirkung nicht zugehöriger Gegenstände oder unerwarteter Interventionen von außen. Seine Umfunktionierung verläuft als ein Prozess des ständigen Wechsels von Sensationen, die sowohl akustisch als auch optisch oder taktil wirken. Das Hauptelement in Ljubičićs Entstellung des Raums ist die Verfremdung von Gegenständen. In der Installation Twins werden zwei zufällig gefundene Kannen an einem Ort positioniert, der ihrer realen Verwendung nicht entsprechen kann. Sie befinden sich auf einem Tisch, werden traktiert durch die langen Fingernägel des Künstlers, was äußerst unangenehme Geräusche provoziert, die wiederum zu einer Irritation seitens des Publikums führen. Auf diese Art und Weise vitalisiert Ljubičić den Raum, verleiht ihm eine Authentizität, die eine andere als die herkömmliche ist. Er wird zum Ort der Provokation und der Subversion. Anders als Installationen, sind Gemälde im Umgang mit dem Raum nicht annähernd so frei. Ihre Zweidimensionalität war stets eine Herausforderung für die realistische Darstellung, der mit der Perspektive begegnet wurde. Trotzdem blieb der Raum für die Malerei immer im Bereich der „Fiktion“. Noch schwieriger gestaltet sich die Sache in der abstrakten Malerei. Dort geht das Fiktionale verloren, reale Inhalte weichender Darstellung von Affekten oder rein geometrischen Strukturen. Die Perspektive verliert ihre „realistische“ Funktion, das Gebot der Realitäts-Treue wird nicht mehr als maßgeblich und maßgebend betrachtet. Die Malerei von Davor Ljubičić ist zweifelsohne abstrakt. Seine Zeichnungen und Gemälde beschäftigen sich intensiv mit inneren Zuständen des emotionalen Lebens und schrecken nicht vor Expressivität zurück, die oft dazu neigt, die dunklen, melancholischen Töne zum Ausdruck zu bringen. Diese Neigung ist sichtbar sowohl in den düsteren Farben, die er benutzt, als auch in der Wahl des Materials, das er verwendet, um alles oder fast alles, was an eine heile Welt erinnern würde, zu eliminieren. Wie Sie in den manchen hier ausgestellten Werken sehen können: Schwarz dominiert. Nicht zu übersehen sind aber die breiten Spuren, in welchen die Kohle auf Aquarellpapier aufgetragen wurde. Diese Spuren sind nicht gleichmäßig, sondern suggerieren ein Relief, welches den Raum plastisch darstellt, welches den Raum selbst mit gestaltet. Schon Andrea Hofmann hat bemerkt, dass Ljubičić „spezielle Effekte“ benutzt, um die Reliefstruktur seiner Bilder hervorzuheben. In einer Serie von Zeichnungen, die 1998 / 1999 im Friedrichshafener Kunstverein ausgestellt war, erzeugt er, so Hofmann, durch unterschiedlichen Druck des Graphitbleistifts auf dünnem Papier Wellen, welche sich den Zuschauern zusätzlich in unterschiedlichen Formen anbieten, die durch den Wechsel des Blickwinkels gestallten werden. Dreidimensionalität schleicht sich in die Welt der zweidimensionalen Gemälde ein. Es gibt ein anderes Verfahren, das Ljubičić benutzt, um die Materialität des Raumes präsent zu machen. Es handelt sich dabei um eine Methode, die die direkte Ausstellung der Gemälde und Zeichnungen betrifft. Der Künstler hängt sie nicht ausschließlich an die Wand, sondern stellt sie frei im Raum auf. Diese Weise seine Werke zu präsentieren, aber auch die Werke selbst, nennt er Konstellationen. Etymologisch, im originellen Sinne, bedeutet Konstellation eine gegenseitige Relation der Himmelskörper. Die Metaphorologie von Hans Blumenberg hat uns gelehrt, wie solche Begriffe frei wandern können zwischen diversen Ebenen der menschlichen Erfahrung. Die Sterne stehen stellvertretend für die Objekte, die sich in einem Raum verteilen und zueinander positionieren. Dadurch verlieren sie einen Teil ihrer Selbständigkeit, gewinnen aber eine neue Dimension der Freiheit, die sie in der Korrespondenz mit der Umgebung entwickeln. Wenn Ljubičić auf die Wand verzichtet, bedeutet das ein Bruch mit der Konvention. Er hängt seine großformatigen (280 x 152 cm) Gemälde und Zeichnungen auf besonders für diese Zwecke hergestellte Geräte, die an eine im Raum frei stehende Leiter erinnern. Papier hängt an ihnen, als ob er zu einer Betrachtung von allen Seiten einladen würde. Im Raum sind dann weitere Werke ausgestellt, die teilweise an der Wand hängen, sich aber gleichzeitig über den Boden erstrecken. An der Wand nur mit den Klammern befestigt, gestalten sie sich am Boden wellenartig, wobei zufällige Gegenstände (Eimer, Bürsten, Kannen) versuchen, sie zu zähmen. Das bedeutet keineswegs, dass der Inhalt zweitrangig bleibt. Ganz im Gegenteil: Sowohl die Groß- als auch die Kleinformate vermitteln den Eindruck eines sicher geführten Pinsels – oder Bleistifts- und Zeichenkohlestrichs der den Betrachter zur Meditation und Nachdenken einlädt. Schwarz-weiße Werke bieten spiralförmige Strukturen an, die sich penetrant ins Auge einbohren. Sie sind mit Kohle gezeichnet, deren Spuren eine feine Textur entdecken. Die dichten Aufstriche der Zeichenkohle sind im Vordergrund aufgetragen und aus ihnen kommende frei gezeichnete dünne Linien verbinden die unregelmäßigen Flächen. Sie treten in Dialog mit den im Hintergrund stehenden Spiralen. Gewalt und Feinheit sind dicht miteinander verflochten. Die Perspektive entsteht durch unterschiedliche Kräfte, mit welchen die Ablagerungen des Schwarzen auf das Papier aufgespült sind. Ein ähnliches Verfahren verwendet der Künstler in seinen farbigen Bildern. Röhrenartige Formen bilden den Vordergrund, während sich im Hintergrund Figuren befinden, die sich jeder Gleichförmigkeit verweigern. Umso mehr überzeugen sie durch ihre pastellfarbige Eigenart. Die schwarz gezeichneten Konturen der Röhren sind praktisch den sich dicht dahinter befindenden Flächen juxtaponiert. Wenn man die Beziehung zwischen den Flächen in der schwarz-weißen Arbeiten Ljubičićs als eine zwischen Spitze und Teer bezeichnen konnte, dann ist die Expressivität der farbigen weniger antagonistisch betont. In ihnen harmonieren (oder zumindest versuchen sie das zu tun) die Gegensätze. Letztendlich bestätigt diese Harmonie die Notwendigkeit des Engagements im Raum. In neuen Werken zeigt sich Davor Ljubičić versöhnlicher, als wir es von ihm gewohnt sind. Allerdings ist das keineswegs ein Zeichen der Entwicklung in Richtung der künstlerischen Ruhe und einer gewissen Mutlosigkeit, sondern ein Moment der Nachdenklichkeit – des Nachdenkens – in der turbulenten Schöpfung eines auf alle Ewigkeit der Subversion ergebenen Künstlers. O.T. , 2014, Kohle auf Aquarellpapier, ca. 280 x 152 cm O.T. , 2013, Kohle auf Aquarellpapier, ca. 280 x 152 cm O.T. , 2012, Graphit, Ölfarbe auf Aquarellpapier, ca. 280 x 152 cm O.T. , 2013, Graphit, Ölfarbe auf Aquarellpapier, ca. 280 x 152 cm O.T. (Z-0017), 2012, Graphit, Ölfarbe und Aquarell auf Bütten, O.T. (Z-0030), 2013, Graphit, Ölfarbe und Aquarell auf Bütten, O.T. (Z-0021), 2012, Graphit, Ölfarbe und Aquarell auf Bütten, O.T. (Z-0031), 2013, Graphit, Ölfarbe und Aquarell auf Bütten, ca. 105 x 80 cm ca. 105 x 80 cm ca. 105 x 80 cm ca. 105 x 80 cm O.T. (Z-0024), 2013, Graphit, Ölfarbe und Aquarell auf Bütten, O.T. (Z-0020), 2012, Graphit, Ölfarbe und Aquarell auf Bütten, O.T. (Z-0029), 2013, Graphit, Ölfarbe und Aquarell auf Bütten, O.T. (Z-0009), 2012, Graphit, Ölfarbe und Aquarell auf Bütten, ca. 105 x 80 cm ca. 105 x 80 cm ca. 105 x 80 cm ca. 105 x 80 cm O.T. , 2013, Graphit, Ölfarbe auf Aquarellpapier, ca. 250 x 152 cm O.T. , 2014, Kohle auf Aquarellpapier, ca. 280 x 152 cm Davor Ljubičić Geboren 1958 in Kroatien und in Bosnien und Herzegowina aufgewachsen. 1980 1984 Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Sarajevo. 1991 Studienaufenthalt in Paris “Cité internationale des Arts”. Seit 1991 gelegentliche Ausführung des Projektes “Galerie der schwarze Punkt”, eine konzeptionell-imaginierte Galerie. Seit 1993 Lehrtätigkeit an der Kunstschule Bodenseekreis Meersburg. Seit 2000 KunstLehrtätigkeit an der Zeppelin-Gewerbeschule Konstanz (Technisches Gymnasium). Ausstellungen in Slowenien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Deutschland, Schweiz, Frankreich, Österreich, USA, Malta etc. Werke in öffentlichen Sammlungen: Kunstgalerie Bosnien und Herzegowina, Sarajevo; Städtische Wessenberg Galerie, Konstanz; Regierungspräsidium Freiburg; Zeppelin Museum Friedrichshafen. Sein künstlerisches Schaffen als Zeichner und Maler erweitert Davor Ljubičić mit Videos, Performances etc. in seinen raumbezogenen Projekten und Installationen. Mitglied im Künstlerbund Baden-Württemberg. Seit 1992 freischaffender Künstler in Konstanz. www.davor-ljubicic.com Ausstellungen (Auswahl) art Karlsruhe, One-Artist-show mit Galerie Bagnato 30 Jahre Kunstschule Bodenseekreis, Galerie Bodenseekreis, Meersburg BONE 16, Performance Art Festival, Stadtgalerie Bern 2013 27. Hilzinger Kunstausstellung Wiċċ imb Wiċċ, Upper Galleries – St James Cavalier, Valletta, Malta 2012 Installationen und Zeichnungen, Galerie Bagnato, Konstanz Wiedersehen macht Freu(n)de, Galerie in der Lände, Kressbronn Wiedersehen macht Freu(n)de, Landratsamt, Grimma Performing the exhibition, Château Mercier, Sierre, Wallis 2011 salem2salem, Salem Artworks, Salem New York art Karlsruhe, Galerie Bagnato 26. Hilzinger Kunstausstellung salem2salem, Neues Museum, Salem 2010 Chambre Meublée, K3 project space, Zürich untereinanander, Galerie Bodenseekreis, Meersburg 2009 art bodensee 09, Dornbirn, Galerie Bagnato 25. Hilzinger Kunstausstellung Kunstverein Markdorf, Stadtgalerie Markdorf (mit Matthias Holländer) 2008 24. Hilzinger Kunstausstellung 2007 Galerie der schwarze Punkt von Davor Ljubicic, Kulturzentrum Konstanz 2006 O.T. (G-B), Kunsthalle Neuwerk, Konstanz Skizzen, Galerie Bagnato, Konstanz 2005 O.T. (G-B), Galerie im Torschloß, Tettnang 2004 Der Schrank, Kunstverein Konstanz 2003 Zeppelin Museum Friedrichshafen Schleuse 16 (Forum für experimentelle Arbeiten), Kunstverein Böblingen 2002 Kunst 2002, Kunstmuseum Singen Gewölbekeller, Kulturzentrum Konstanz 2001 Voix d‘Eau, Louveciennes Kunsthalle Neuwerk, Konstanz 2000 1998/1999 Drei Positionen, Kunstverein Friedrichshafen 2014 Impressum Herausgeber: Galerie Bagnato Heidi Frehland Bagnatosteig 20 78465 Konstanz-Oberdorf Tel. 07533 1393 Fax: 07533 934928 [email protected] www.galerie-bagnato.de Gestaltung: Davor Ljubičić Fotos: Davor Ljubičić Text: Davor Baganović Druck: 47 print Der Katalog ist erschienen anlässlich der One-Artist-Show mit der Galerie Bagnato auf der art KARLSRUHE 2014