Tr§tzdem - Justizvollzugsanstalt Oldenburg

Transcription

Tr§tzdem - Justizvollzugsanstalt Oldenburg
Tr§tzdem
Gefangenenzeitung der JVA Oldenburg
Nr. 36 April 2007
Tischtennisturnier
S. 14
S. 6
Die Spinas
S. 16
S. 18
Spinning
S. 20
Top-Thema Geld
S. 12
Jürgen Schikorra
Volleyball
S. 38
Entwurf NJVollzG
Gesetze, Urteile
S. 36
S. 21
S. 54
Humor
S. 17
Inhalt
Inhalt
Seite
JVA intern
In eigener Sache (Redaktionsinfo) 4
Informationen & Veranstaltungen 4
Die Spinas „On Air“
6
Die Orgel
6
Die GIV-Wahl
7
Humor
7
Fragebogen für Beamte
8
Fragebogen für Gefangene
9
Interview mit Herrn Schmidt
10
Weihnachten auf einer Station
11
Ein Leben für den Sport
12
Bildung — Sport — Gesundheit
Tischtennisturnier
14
Weihnachtsturniere
- Fußball der Stationen
15
- Badminton
16
- Tischtennis
16
- Volleyball
17
- Silvesterspinning
18
- Unihockey
18
- Sport für Junggebliebene
19
Der Computerführerschein
20
Schiedsrichterlehrgang
20
Elementarkurs
20
Recht — Soziales
Zum neuen NJVollzG
21
Inhalt
Seite
Aus der Rechtsprechung, Urteile 32
Standpunkt
33
Grundrechte
34
Geld und Recht
34
Reform der Verbraucherinsolvenz 37
Top-Thema Geld
-
38
Wie ist es geregelt bei:
• Versicherungen
38
• Krankenversicherung
39
• Rentenversicherung
39
• Pflegeversicherung
40
• Arbeitslosenversicherung
40
• Unfallversicherung
41
• Das uneingelöste Versprechen41
• Täter-Opfer-Ausgleich
41
• Anwaltskosten
42
• Arbeitslosengeld
42
• Private Altersvorsorge
42
• Kontoführung bei Banken
43
• Beratungskosten
43
• Entlohnung in der JVA
44
• Konten
45
• Pfändungen
45
• Haftkosten
46
• Taschengeld
47
Kultur — Ausland — Medien
Literatur & Co.
Europäische Maßstäbe
Auswahl neuer Paragraphen
- Strafhaft
- U-Haft
- Die Anstalt
Haftkosten
Neue Sichtweisen
Was steht nicht im Gesetz?
Begleitmusik
23
23
23
27
29
30
31
31
32
Inhalt
Seite
Kuriositäten aus aller Welt
Auslandsinfo: Palästina
Gedichte
Presseschau
Autoreninfo Stanislaw Lem
Literaturpreis für Gefangene
Humor im Knast
Knast in Dänemark
Knast in den Niederlanden
62
- Überbelegung in deutschen … 62
- Notstand in dt. Gefängnissen 62
- Weniger Pakete für Gefangene 63
- FDP kritisiert Pläne…
63
- Jede vierte Zelle steht leer
63
- Harte Gangart
64
- Studie bestätigt Knastgewalt
64
- Gefängnis-Neubau
64
- Änderungen beim Opferschutz 64
- Weggeschlossen und vergessen65
- Höchststand bei Häftlingen
65
- Entlassene sind gefährlicher
65
- Kein Pardon für Straftaten im... 66
- Mutter Besuch …verwehrt
66
- Wahlkämpfe machen …
66
- Neuer Rekord
67
- Der Deal muss gesetzlich…
67
- Justizministerin informiert…
67
Mixed
Backen hinter Gittern
Schachrätsel und Sudoku
Satiren
Preisrätsel
Adressen
Leserbeitrag
Was ist Kunst?
- Buchtipps
59
60
61
68
69
69
70
71
72
73
48
52
53
54
56
58
Vorschau nächste Ausgabe
Impressum
Kunst hinter Gittern
-
74
74
75
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe ist der 10. August 2007
Spenden
Auch wir sind auf Spenden angewiesen, um weiterhin das Erscheinen der “Tr§tzdem” in der
gewohnten Qualität gewährleisten zu können.
Wir bitten daher um Ihre Unterstützung und eine Spende auf das Konto der:
JVA Oldenburg
Verwendungszweck: Tr§tzdem
Bank:
BLZ:
Konto-Nr.:
Norddeutsche Landesbank, Hannover
25050000
106024813
Auf Wunsch wird gerne eine Spendenquittung übersandt.
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
3
JVA intern
In eigener Sache
Infos aus der Redaktion:
Neu dazu gekommen sind Wolfgang Frank, Lasse Wilms, Ralph M.
und Jochen Etzel. Heiko Rapp und
Yilmas Yesildag waren nur kurz dabei, da sie, wie Bert Kloppenburg,
verlegt wurden. Feridun Mercan hat
sich anderen Interessensgebieten
zugewandt und Hakan Sag hat einen Platz in einer anderen Einrichtung bekommen.
Unser Top-Thema in dieser
Ausgabe:
Rund ums Geld.
Ein Thema, das jeden Gefangenen tangiert. Oft kommt er schon mit
der Bürde finanzieller Lasten in die
JVA. Als Häftling in Untersuchungshaft muss er
mit
seinen
mitgebrachten
Mitteln
haushalten
dem
und, sofern
Tr§tinzformiert
er ein Arbeitsangebot
angenommen
hat,
möchte
er
wissen, was
er hinzuverdienen kann. Der arbeitsverpflichtete Strafgefangene
muss sich mit dem einrichten, was
er an Entlohnung erhält, will vielleicht einen Täter-Opfer-Ausgleich
herstellen, fragt sich, was er für seine Altersversorgung noch tun kann,
wie er versichert ist usw. Viele Fragen, die täglich gestellt werden und
hier in eine Übersicht gebracht werden sollen.
Nicht realisierte Themen:
Wir hatten uns vorgenommen,
noch intensiver die Gesetzgebungsaktivitäten der Niedersächsischen
Landesregierung zum StVollzG zu
behandeln. Vorgesehen war in diesem Zusammenhang auch eine Informationsveranstaltung mit Politikern, Juristen, Vollzugspraktikern
und Wissenschaftlern. Beim jetzigen
S t a n d d e s G e s e t z g e b u n g sverfahrens hat sich dafür jedoch keine entsprechende Grundlage ergeben. Wir werden aber weiterhin über
den neuesten Stand berichten.
Wir wollten auch über den Neubau einer Produktionshalle für die
4
Holzbearbeitung berichten, werden
das aber erst nach der Fertigstellung
machen.
Danke:
Unser besonderer Dank gilt den
verschiedenen Autoren unserer Beiträge, den Beamten, die Ihre Freizeit
dafür geopfert haben, den externen
Autoren für ihr Interesse an qualitativ
guten Gefangenen-Zeitungen und
den Gefangenen, die eine ungewohnte Tätigkeit auf sich genommen
haben.
An dieser Stelle bedanken wir
uns bei Frau Barkemeyer, die der
Tr§tzdem stets verbunden ist und
jedes Mal viel Arbeit beim Korrektur
lesen hat. Sie wurde unterstützt von
unserem externen Redaktionsmitglied D K.
Informationen & Veranstaltungen
Alphabetisierungskurs
Lerngruppe
Herr
Dannebaum
Anmeldung mit
VG 51
Sportlehrer
Dienstags
Freitags
von
16:30
bis
18:15
von
13:15
bis
14:45
Migrationskurs
Gefährdetenhilfe
Für Gefangene mit Migrationshintergrund,
die das Ziel und die Möglichkeit
haben, in Deutschland zu bleiben.
Seelsorgerisches Angebot in ehrenamtlichem Engagement aus christlicher Verantwortung von gläubigen
Christen, die in der Gruppe Bibelarbeit und Gespräche anbieten und
gemeinsam musizieren.
Ziele dieser Maßnahme sind:
Vorbereitung und Motivation für die Teilnahme
an weiterführenden Bildungs– und Ausbildungsmaßnahmen, Verbesserung der Integration in die Gesellschaft der Bundesrepublik
Deutschland und Finden der eigenen Identität
in der neuen gesellschaftlichen Umgebung.
Herr Buß
Frau Danilin
Auf Antrag bei Vorlie-
Dienstags
von
bis
Jeweils für 6 Monate
gen der Voraussetzungen
und max. 10 Teilnehmer
13:30
16:00
Statt der Postkarten-Bilder sind
diesmal die von Mitinhaftierten aus
Oldenburg und Celle gezeichneten
Bilder in einer Galerie aufgenommen
worden. Den Künstlern danken wir
für ihre Bereitschaft, ihre Werke den
Lesern der Tr§tzdem vorzustellen.
Große Unterstützung erhielten
wir von vielen Buchverlagen, die uns
mit vielen wertvollen Rezensionsexemplaren versorgt haben. Die Bücher der in der Zeitung enthaltenen
Buchtipps sind wie immer auch in
der Gefangenenbücherei erhältlich.
UM
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Das Angebot richtet sich in erster Linie an
Gefangene, die aus dem russischen Sprachraum kommen.
Durchgeführt wird es von 8 Ehrenamtlichen
in unterschiedlicher Besetzung.
Frau
Barkemeyer
Anmeldung mit
VG 51
Sozialdienst Team 1
Mittwochs
von
bis
Behandlungsgruppe
18:00
19:30
Lockerung
- Binnengruppe Lockerung*
- Außengruppe Lockerung**
Für Strafgefangene mit Lockerungen
und solchen, die kurz vor der Gewährung von Lockerungen stehen.
Auf Antrag bei
Herr
Vorliegen der VorKrügel
Sozialdienst Team 4
aussetzungen
* Donnerstags
1x im Monat
** 1x im Monat
von
*16:30
bis
*18:00
Nach Absprache
JVA intern
Informationen & Veranstaltungen
Gottesdienst
Anonyme Alkoholiker
Kirchengruppe
„AA“
Gesprächsgruppe
Gottesdienst in der Kapelle unabhängig von der Konfessionszugehörigkeit
Frau Menz
Herr Kisse
Seelsorge
Sonntags
Anmeldung im
Stationsbüro bis
Donnerstag
von
10:45
bis
Herr Korn
Sozialdienst Team 1
Montags
Anmeldung mit
VG 51
von
bis
11:15
Gesprächsgruppe
17:45
19:15
Frau Menz
Seelsorge
Anmeldung mit
VG 51
1. und 3.
von
16:30
Montag
bis
18:00
Musikgruppe
Spielegruppe
Literaturgruppe
Gemeinsames Musizieren
Brett-, Karten-, Gesellschaftsspiele und mehr
Gruppe für Literaturinteressierte
Abteilungshelfer
Team 1
Anmeldung mit
VG 51
Dienstags
von
17:00
bis
19:00
Herr Wojtke
Frau
Barkemeyer
Anmeldung mit
VG 51
Herr Kisse
von
1. und 3.
Seelsorge
Anmeldung mit
VG 51
Sozialdienst Team 1
Dienstags
bis
16:45
18:15
Mittwoch
von
16:30
bis
18:00
AnstaltsleiterSprechstunde
Chor
Orientierungsgruppe für
Drogenabhängige
Einzelgespräch
Gospelchor der JVA
Elf Sitzungen im Gruppenraum des Suchtberatungsdienstes (SBD) bei Station D3
mit Herrn Höpken von der Caritas in Sögel
Herr Zech
Vollzugsleitung
Anmeldung mit
VG 51
Frau Menz
Seelsorge
Anmeldung mit
VG 51
Herr
Höpken
externer Suchtberater
Mittwochs
von
16:00
bis
17:00
Donnerstags
von
16:15
bis
18:00
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Donnerstags
Antrag an den
Suchtberatungsdienst
von
16:30
bis
18:00
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JVA intern
Die Spinas „On Air“
Nachdem wir beim Konzert von
„Fury in tne Slaughterhouse“ im November 2006 kurz Bühnenluft
schnuppern durften, hatten wir natürlich Blut geleckt und waren erpicht
darauf, unser eigenes Konzert stattfinden zu lassen.
Motiviert studierten wir unser
eigenes Programm ein und alles sah
so aus, als könnte sich unser kleiner
Traum am 29.12.06 verwirklichen
lassen. Die Stücke waren geübt und
die Organisation im Vorfeld lief
schon, aber letztendlich musste das
Konzert aufgrund zu wenig eingegangener Anträge wegen Besuchermangels abgesagt werden. Aber
keine Sorge; als echte „Künstler“
legen wir das unseren Mitgefangenen nicht als Desinteresse aus, zumal wir wissen, dass wir selbst mehr
die Werbetrommel hätten rühren
müssen.
Also was tun? – Ganz einfach,
frei nach dem Motto: „Kommt der
Prophet nicht zum Berg, dann geht
es auch anders herum“, sind wir auf
die Idee gekommen, trotzdem ein
Konzert zu geben und dieses von
einer Kamera mitschneiden zu lassen.
Das Ergebnis könnt ihr euch
dann ganz entspannt auf eurem
6
Knastsender „Gitternet TV“ anschauen.
Was erwartet euch? – Klassiker,
wie „Knocking on heavens
door“ (Bob Dylon) oder „Get
Back“ (Beatles), sind genauso dabei
wie Songs aus der Kuschelrockfraktion, wie z. B. „Father and Son“ (Cat
Stevens), und einige selbst komponierte Stücke.
Was erwarten wir von euch? –
Natürlich, dass ihr mitgroovt und
kniend vor dem Fernseher das
Spektakel genießt oder eventuell
eure Unterwäsche gegen die Bildschirmscheibe schmeißt – wie es
echte Groupies tun würden…
Last-but-not-least möchten wir
von den „Spinas“ uns bei Herrn
Wojtke bedanken, der die Musikgruppe mit allen ihm zur Verfügung
stehenden Mitteln unterstützt und als
volles Mitglied der Band zu zählen
ist.
Hakan Sag
Die Orgel
Eine Kapelle oder Kirche ohne Orgel ist
kaum vorstellbar. Als Begleitung zum
Gesang oder auch zum meditativen Solospiel mit ansprechendem Klang ist der
Klang einer Orgel untrennbar mit allen
kirchlichen Feiern verbunden. Jahrelang
musste das hauseigene Digitalpiano dies
so gut es ging ersetzen. Nun hat der Anstaltsleiter Herr Koop in Verbindung mit
den Seelsorgern diesem Mangel abgeholfen. In der Kapelle steht eine nicht
nur hübsche, sondern auch wohlklingende kleine Digitalorgel einer renommierten holländischen Orgelbaufirma, die
sofort ihren Einsatz in der Messe und
Begleitung des Kirchenchors gefunden
hat.
Das trifft sich insofern gut, als dass
demnächst ein Inhaftierter eine Ausbildung zum Kirchenmusiker mit CExamen beginnen wird. Dem steht nun
dieses schöne Instrument als Übungsmöglichkeit zur Verfügung. Sogar eine
leibhaftige Orgellehrerin, die in der Nähe der JVA an einer Kirche als Organistin angestellt ist, wird (hoffentlich) bald
Orgelunterricht in der
Anstalt
erteilen
können. Zu
Gute kommen wird
dies besonders dem
Gospelchor, der nun sein Repertoire um viele
Kirchenlieder erweitern kann, die bisher
auf dem Digitalpiano nicht umzusetzen
waren. In Verbindung mit der zusätzlich
möglichen Begleitung einer Trompete
durch einen weiteren Gefangenen verspricht dies nun künftig angenehme und
angemessene musikalische Gestaltung
von Gottesdiensten und kirchlichen Feiern. Ein echte Weiterentwicklung, die
den zur Kirche gehenden Gefangenen zu
Gute kommen wird. Schnell und unbürokratisch ging die Aktion von statten,
ein Kompliment an alle Beteiligten.
Vielleicht wird dies künftig auch andere
Gefangene zu mehr musikalischen Aktivitäten oder gar einer musikalischen
Ausbildung animieren …
Markus Lanfer
Spruch
Disce gaudere. Lerne, dich zu freuen.
Seneca
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
JVA intern
Mitgliedern des Wahlausschusses auf
die Stationen an die Haftraumtür gebracht wird.
§ 11/2: Die Auszählung der Stimmen erfolgt
im Beisein des zuständigen Bediensteten und der GIV sowie des gesamten
Wahlausschusses und der zur Wahl
stehenden Kandidaten.
Die GIV-Wahl
Kommentar
Der Entwurf zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen sieht eine
Interessenvertretung der Gefangenen
und Sicherungsverwahrten in § 175 vor.
Darin heißt es:
Den Gefangenen und Sicherungsverwahrten soll ermöglicht werden, Vertretungen zu wählen. Diese können gemeinsame Interessen, die sich nach ihrer
Eigenart und der Zweckbestimmung der
Anstalt für eine Mitwirkung eignen,
durch Vorschläge und Anregungen an
die Anstaltsleitung herantragen. Diese
sollen mit der Vertretung erörtert werden.
Im bisherigen Strafvollzugsgesetz
hieß es dazu in § 160 unter dem Titel
Gefangenenmitverantwortung: Den Gefangenen und Untergebrachten soll ermöglicht werden, an der Verantwortung
für Angelegenheiten von gemeinsamem
Interesse teilzunehmen, die sich ihrer
Eigenart und der Aufgabe der Anstalt
nach für ihre Mitwirkung eignen.
Aus der „Mitverantwortung“ ist
also nun eine „Interessenvertretung“
geworden. Dies mag
lediglich eine semantische Änderung bedeuten,
ob sich inhaltlich etwas
ändert, wird die Praxis
zeigen.
Bisher war durch
die Satzung festgelegt, dass die Mitverantwortung sich auf
• Mitwirkung bei Abgelegenheiten aus
ihrer Möglichkeiten in einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung viele ihrer Vorstellungen verwirklichen können.
UM
Die Wahl
Alles war gut vorbereitet.
Gegen 12:30 Uhr traf sich
der Wahlausschuss, bestehend aus den Bediensteten Frau Barkemeyer
und Herrn Wojtke sowie
den Inhaftierten Kolkwitz
und Müller, um mit Stimmzetteln und
Wahlurnen versehen die Wahl in der
Einschlusszeit von 12:45 Uhr bis 14:15
Uhr beginnen zu können. Die für den
Wahlvorgang vorgesehenen Regeln der
Wahlordnung:
So wurde
gewählt!
•
•
•
•
dem Bereich der Freizeitgestaltung (z.B.
Auswahl der Film- bzw. VidioVorführungen, sowie die Durchführung
kultureller, sportlicher & allgemein bildender oder ähnlicher Veranstaltungen),
Mitwirkung bei Maßnahmen zur Förderung und Betreuung (z.B. Vorschlagsund Mitspracherecht bei der Ausstattung
von Haft- und Gemeinschaftsräumen
durch Gefangene),
Mitwirkung bei Angelegenheiten der
Hausordnung,
Mitwirkungs- und Vorschlagsrecht bei
allen Angelegenheiten hinsichtlich der
Verpflegung der Gefangenen,
Mitwirkung und Ermöglichung der Mithilfe bei allen Angelegenheiten, welche
sich aus der Stellung ausländischer Mitgefangenen innerhalb des Vollzuges
ergeben
erstreckt.
Es ist den neu gewählten Mitgliedern der GIV im Interesse der Gefangenen zu wünschen, dass sie im Rahmen
§ 9/1: Bei der Wahl hat jeder Gefangene
„1“ (eine) Stimme, welche er seinem
favorisierten Kandidaten geben kann.
§ 9/2: Werden auf einem Wahlzettel mehrere
Kandidaten angekreuzt oder wird der
Wahlzettel sonst verändert oder mit
Zusätzen versehen, so wird dieser
Wahlzettel für ungültig erklärt.
§ 9/3: Wird auf dem Wahlzettel kein Kandidat
angekreuzt, so gilt das als Stimmenthaltung.
§ 10/1: Gewählt sind die „3“ (drei)
– (bei Nachwahlen „1“ oder
„2“ Kandidat(en))-, welche
die meisten Stimmen erhalten.
§ 10/2: Die Nachrückliste wird aus
den entsprechenden Kandidaten gebildet, welche nach
den in das Gremium gewählten Kandidaten die meisten
Stimmen erhalten haben.
§ 11/1: Die Wahl selbst erfolgt
durch Stimmabgabe an der
Wahlurne, welche von den
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
wurden nochmals in Erinnerung gebracht, und schon konnte es losgehen.
Frau Barkemeyer und Herr Kolkwitz
nahmen sich die Stationen in den Gebäudeabschnitten A und B vor, Herr
Wojtke und Herr Müller die in C und D.
Der Aufschluss und die Frage:
“Möchten Sie an der GIV-Wahl teilnehmen?“ ging flott vonstatten. Wer sich
schon eine Meinung gebildet hatte, hatte
schnell sein „Kreuzchen“ gemacht und
wer sich erst noch eine Meinung bilden
wollte, wurde sanft zur Entscheidung
gedrängt. Am Ende hatten 162 Stimmzettel bei 58 % Wahlbeteiligung den
Weg in die Wahlurnen genommen, und
schon kurz vor 14:00 Uhr konnte im
Beisein der Kandidaten die Auszählung
beginnen. Nachdem die Zettelhäufchen
gebildet waren und zweimal die abgegebenen Stimmen ausgezählt waren, konnte das vorläufige Ergebnis um
14:15 Uhr
festgestellt
und protokolliert werden.
Es
fielen
auf:
• Bekir C.
72 Stimmen
• Michael Witte
40 Stimmen
• Klaus Horn
29 Stimmen
• Christian Ockenga 19 Stimmen
Damit waren Bekir, Michael und
Klaus gewählt, sofern keine Anfechtung
der Wahl erfolgt und durch die Anstaltsleitung die Feststellung des Ergebnisses
stattfindet. Christian wird wahrscheinlich der erste Nachrücker sein.
Inzwischen wurde Bekir C. zum
Sprecher der GIV gewählt.
UM
7
JVA intern
Fragebogen für Beamte
Name:
Horst Tiemann
Alter:
39
Im Dienst seit: 01.07.02
Team:
3
Frage 1:
Warum wählten Sie den Beruf des Vollzugsbeamten und wie ist Ihr beruflicher Hintergrund?
Ich war 13 Jahre als Technischer Zeichner im Bereich Maschinenbau tätig. Die Firma, in der ich arbeitete, stand
kurz vor dem Konkurs und wollte Stellen abbauen. Zu der Zeit wurden für die JVA Rosdorf Beamte gesucht.
Ich informierte mich umfassend über das Berufsfeld und bewarb mich schließlich daraufhin. Eine große Rolle spielte
sicherlich die berufliche Sicherheit; schließlich war ich schon 34 Jahre alt und wollte nicht bei der nächsten Firma
dasselbe erleben und nach 13 Jahren vor der Kündigung stehen.
Frage 2:
Wie beurteilen Sie den Vollzug in Oldenburg im Gegensatz zu anderen Anstalten?
Es ist nicht leicht, Vergleiche zwischen den einzelnen Anstalten zu ziehen. Während meiner Ausbildung zum Justizvollzugsbeamten war ich hauptsächlich im offenen Jugendvollzug in Göttingen Leineberg tätig. Das Arbeitsklima
dort war sehr angenehm, aber mit den Jugendlichen zum Teil auch sehr anstrengend. Auf dem Leineberg stand
und steht der erzieherische Aspekt im Vordergrund.
Seit dem 01.07.2004 bin ich nun in die JVA Oldenburg abgeordnet und ich finde die Art, wie hier der Strafvollzug
durchgeführt und gestaltet wird, sehr gut. Jeder der Bediensteten hat die Möglichkeit, sich im Rahmen der Vollzugsgestaltung einzubringen. Für mich ist es wichtig, Werte wie Drogenfreiheit und Gewaltlosigkeit zu vermitteln. Die
JVA Oldenburg ist in ihrer Art des Strafvollzuges recht neu und das Interesse an der Anstalt ist enorm, auch über
die Landesgrenzen hinaus.
Frage 3:
Falls Sie die Frage beantworten möchten: Haben Sie Familie? Was haben Sie für Hobbys, was
machen Sie in Ihrer Freizeit?
Ja, ich habe hier eine Lebensgefährtin; meine familiären Wurzeln liegen allerdings in Südniedersachsen. In meiner
Freizeit gehe ich regelmäßig ins Fitnessstudio und auch auf dem Gebiet des Kampfsports habe ich Interessen. Die
übrige Freizeit verbringe ich mit meiner Lebensgefährtin mit gemeinsamen Spaziergängen und anderen Unternehmungen. Dies ist als Ausgleich zu den hohen psychologischen Belastungen in diesem Beruf wichtig für mich. Zurzeit belastet uns aber das Problem, dass meine Abordnungszeit Ende April 2007 ausläuft und ich zurück zur JVA
Rosdorf müsste. Ich hoffe aber, dass die Möglichkeit besteht, weiterhin in der JVA Oldenburg zu bleiben, zumal ich
mich hier beruflich und privat sehr wohl fühle.
Frage 4:
Können Sie das Private vom Beruf trennen?
Ja, das ist eines der wichtigsten Kriterien, die man als erstes lernen sollte: die strikte Trennung von Beruf und Familie. Es würde die Familie belasten und man selber würde auch nicht zur Ruhe kommen, wenn man die Probleme
und die einzelnen Schicksale (der Täter und der Opfer) mit nach Hause nimmt.
Frage 5:
Wie beurteilt Ihr privates Umfeld (Familie und Freundeskreis) ihre Arbeit in der JVA?
Mein Umfeld akzeptiert meinen Beruf. Einige haben allerdings eine völlig falsche Vorstellung bezüglich der Inhaftierten. Dieses Bild wird wahrscheinlich viel von Funk und Fernsehen geprägt. Ich finde es wichtig, dies dann richtig zu
stellen und klar zu machen, dass es unsere Aufgabe ist, die Inhaftierten auf den Weg ins „normale Leben“ zu begleiten und Werte und Normen ,wie eben z. B. Drogenfreiheit und Gewaltlosigkeit, zu vermitteln.
Frage 6:
Wo sehen Sie Kritikpunkte und/oder auch Lob am Verhalten der Inhaftierten hier in der JVA?
Wichtig finde ich den Umgangston zwischen Bediensteten und Inhaftierten, er sollte auf beiden Seiten vernünftig
und von Respekt geprägt sein. Einen Gruß beim Aufschluss sowie beim Einschluss sollte Normalität sein. Auch das
miteinander Umgehen sollte so sein, dass ich nicht der Kerkermeister bin, sondern ein Ansprechpartner, der sich für
die Belange der Inhaftierten einsetzt und ein offenes Ohr für deren Probleme hat. Sicherlich fällt es auch mir
manchmal schwer, jemandem etwas zu vermitteln, der absolut abblockt; aber das ist ja dann sicher der Reiz an der
Sache, diese harte Nuss zu knacken und ihm das Erlebnis zu geben: es geht ja auch anders und mit meiner vorherigen Art komme ich so nicht weiter. Positiv finde ich auch, dass die Inhaftierten die Arbeits- und Sportangebote
nutzen, zumal es sicher nicht der Regelfall in den Anstalten ist, dass solche umfangreichen Möglichkeiten angeboten werden.
Frage 7:
Was würden Sie am Strafvollzug ändern, wenn Sie die Möglichkeiten dazu hätten bzw. welche
Möglichkeiten haben Sie, auf den Vollzug einzuwirken?
Ein schwieriges Thema ist es sicherlich und wird es immer sein, die U-Haft und die Strafhaft besser zu trennen,
zumal eine Trennung ja auch einen besseren Behandlungsvollzug sichern würde. Ich würde auch das Personal
aufstocken, damit der einzelne Bedienstete mehr Möglichkeiten hat, auf die Bedürfnisse und Probleme des einzelnen Inhaftierten einzugehen und mehr Zeit für Gespräche da ist.
8
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
JVA intern
Fragebogen für Gefangene
Name:
Alter:
In Haft seit:
Station:
Ken Harrison
22
November 2006
B3
Frage 1:
Wie kommst Du mit Deiner Situation hier in der Haft zurecht?
Ich komme hier einigermaßen okay zurecht. Ändern kann ich wenig, da ich bleiben muss und auf eine
Verhandlung warte. Es ist schwierig, jeden Tag zu meistern.
Frage 2:
Wie findest Du den Vollzug hier, auch im Vergleich mit anderen Anstalten?
Es ist ganz gut, besser als andere wegen länger geöffneter Türen, Freistunden und alles geht einigermaßen schnell. Die Beamten sind okay; wenn ich etwas nicht weiß, bekomme ich relativ schnell die richtigen Informationen. Die Anstalt ist sauber.
Frage 3:
Wie verbringst Du Deine Zeit hier? (Arbeit, Freizeit, Hobbys)
Freistunden, arbeiten, kochen, lesen, Kirche und besonders gerne Kicker. Arbeiten ist die beste Zeit, da
der Tag relativ schnell vergeht und ich diesen nicht auf der Station verbringen muss. Die Freistunde ist
nur wichtig, weil ich sonst wenig frische Luft bekomme. Zum Sport gehe ich eher selten, da ich etwas
Angst vor Verletzungen habe.
Frage 4:
Wie zufrieden bist Du mit Deiner Station?
Die Mitinhaftierten und auch die Beamten sind in Ordnung. Allerdings habe ich keinen Vergleich, denn
ich war bisher auf keiner anderen Station. Es gibt keinerlei Diskriminierung und alle helfen sich untereinander.
Frage 5:
Wie ist Dein Verhältnis zu Deinen Mitinhaftierten?
Ich habe keine Probleme mit meinen Mitinhaftierten und verstehe mich mit den meisten sehr gut. Ich
spreche mit ihnen über Musik, Politik; wir kickern gerne zusammen und machen ein wenig Musik.
Frage 6:
Bist Du mit den Sport- und Freizeitangeboten zufrieden, hast Du Verbesserungsvorschläge?
Ich würde gerne afrikanische Musik machen. Das kenne ich aus Gefängnissen, in denen ich vorher war.
Mit Musik & Kaffee und netten Leuten. Außerdem hätte ich gerne Gewichte zum Trainieren, ein Fitnessraum wäre toll, weil es dort viel mehr Möglichkeiten gibt, etwas für sich zu tun.
Frage 7:
Hast Du Anregungen und/oder Kritik hier am Haftalltag?
Nein, alles ist einigermaßen okay. Wie gesagt, afrikanische Musik wäre gut, aber es gibt auch sehr wenige Farbige hier, mit denen ich die Möglichkeit dazu hätte.
Frage 8:
Hast Du Kontakt nach draußen, bekommst Du Besuch?
Ja, ich bekomme regelmäßig Besuch. Meine Freundin kommt mich einmal in der Woche besuchen, wir
schreiben uns auch regelmäßig; außerdem bekomme ich Besuch von meinem Anwalt.
Frage 9:
Hat Dir die Zeit im Knast bisher etwas gebracht?
Vielleicht habe ich bislang gelernt, dass ich mein Leben ändern muss, zumindest würde ich gerne, wenn
ich wieder „draußen“ bin. Ich vermisse meine Freunde, die Menschen, mit denen ich zusammenlebe.
Aber ich denke auch lieber über mein Leben nach und wie es weitergehen kann.
Frage 10:
Was wirst Du nach Deiner Haftentlassung machen?
Ich möchte mir einen Job suchen, um ein „vernünftiges“ Leben zu beginnen! Vielleicht könnte ich etwas
mit Elektronik machen, das habe ich in Afrika vorher mal gemacht. Außerdem würde ich natürlich am
liebsten später auch Musik machen, das mache ich schon mein Leben lang. Ich denke viel über meine
Fehler nach; ich bin hier, weil ich Fehler gemacht habe, deshalb nehme ich mir vor, etwas zu ändern,
denn ich möchte nicht wieder in diese Situation kommen.
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
9
JVA intern
Das Interview
mit Herrn Hans-Jürgen Schmidt
(Personalratsvorsitzender)
Tr§tzdem: Erzählen Sie uns vorab
bitte etwas zu Ihrer Person, zu Ihrem
beruflichen Werdegang und seit wann
Sie im Personalrat der JVA sind.
Herr Schmidt:
Ich bin jetzt 56
Jahre alt, komme aus dem Friesischen
und bin seit 1979 im Justizvollzugsdienst tätig. Nachdem ich einen Handwerks– und Kaufmannsberuf erlernt
hatte, habe ich als Angestellter beim
Amtsgericht in Jever gearbeitet, dem
damals eine Jugendarrestanstalt angegliedert war. Das hat meine Neugier
auf den Vollzugsdienst geweckt und
ich habe mich um eine Stelle dort beworben. So konnte ich bis zur Schließung der Arrestanstalt dort in Jever im
Stationsdienst meine Erfahrungen unter
Herrn Anstaltsleiter Appel sammeln
und habe dann noch von 1999 bis 2001
in der damaligen Untersuchungshaftanstalt Wilhelmshaven unter der Leitung
von Herrn Dr. Große-Boes gearbeitet,
bis sie als Abteilung für den offenen
Vollzug der JVA Oldenburg angegliedert wurde.
Seit 1999 bin ich im Personalrat,
der neben der Hauptanstalt auch für die
Abteilungen in Delmenhorst, Wilhelmshaven, Nordenham, Cuxhaven und der
Gerichtsstraße zuständig ist.
Tr§tzdem: Wie setzt sich der Personalrat zusammen und welche Arbeit
fällt an. Sind die JVA-Mitarbeiter gewerkschaftlich organisiert?
Herr Schmidt:
Der Personalrat
besteht aus 7 Mitgliedern, wobei 6 Mitglieder aus dem Beamtenbereich und
ein Mitglied aus dem Arbeiter- und
Angestelltenbereich kommen. (Hinzu
kommen ein Jugend- und Auszubildetenvertreter und die Schwerbehinder-
10
D
Pers er
ona
we lrat
w oh i ß,
er d
Win er
d
weh
t!
tenvertretung, beide ohne Stimmrecht.)
Arbeitsgrundlage für den Personalrat
ist das Personalvertretungsgesetz. Die
gewerkschaftlichen Organisationen
Verdi, Beamtenbund und VNSB erreichen eine Organisationsquote von ca.
60 %, wobei der Personalrat seit der
letzten Wahl von je 2 Mitgliedern der
Wahllisten „VNSB“ und „Freie Liste
Frischer Wind“ sowie 3 der „Freien
Liste“ gestellt wird.
Der Personalrat hat verschiedene
Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte, die sich hauptsächlich auf personelle
und organisatorische Angelegenheiten
beziehen. Im Personalbereich wären
Einstellungen, Abordnungen, Fortbildungsmaßnahmen, Beförderungen, Versetzungen oder Sozialpläne zu nennen,
um nur die Wichtigsten anzusprechen.
Getagt wird alle 14
Tage, im Bedarfsfall
auch in den Abteilungen, in denen das gewünscht wird. Der
Personalratsvorsitzende ist zu 50% von seinen sonstigen Dienstpflichten freigestellt
und ist während dieser
Zeit von allen Bediensteten ansprechbar.
Tr§tzdem: Wo lieTr§tzdem 2007 Nr. 36
gen die Hauptprobleme für die Beschäftigten im Allgemeinen Vollzugsdienst?
Herr Schmidt: Aktuell ist der Personalrat bei den besonderen Problemen
mit eingebunden. Die Hauptprobleme
der Beschäftigten sind sehr vielfältig:
Durch die Schließung und Umorganisation einiger Justizvollzugsanstalten im
Bereich der JVA Oldenburg haben viele
Bedienstete einen sehr weiten Arbeitsweg. Teilweise beträgt dieser 1 Stunde.
Älteren Kollegen macht der Wechselschichtdienst zu schaffen. Aus Kostengründen gibt es wenig Beförderungsstellen, was den Unmut der Kollegen
nach sich zieht. Durch den vorgegebenen Stellenplan hat der Bedienstete wenig Zeit, auf die Probleme der Gefangenen einzugehen.
Auch sind Versetzungen ein wichtiges Thema.
Tr§tzdem: Ist die personelle Situation im AVD ausreichend?
Herr Schmidt:
Vor dem eben
genannten Hintergrund ist der Personalrat der Meinung, dass die personelle
Besetzung in Oldenburg nicht ausreichend ist, auch wenn vielleicht das
durchschnittliche Beschäftigungsvolumen ausgeschöpft ist. Hinzu kommt,
dass durch die Schichtarbeit und die
psychischen Belastungen bei der Arbeit
mit den Gefangenen sowie bei der inzwischen wieder auf 40 angewachsenen Wochenstunden eine Situation
eingetreten ist, die einen höheren Krankenstand nach sich zieht.
Tr§tzdem: Wie ist die Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung und erfahren Sie dort Unterstützung für die Arbeit des Personalrates?
Herr Schmidt:
Die Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung ist von Jahr
zu Jahr besser geworden. Alle Beteilig-
JVA intern
ten sind bestrebt, Lösungen zu finden,
die von beiden Seiten getragen werden
können. Für unsere Anliegen haben wir
immer die Möglichkeit, schnell zu
einem Termin zu kommen.
Tr§tzdem: Wie schätzen Sie die
finanzielle Situation für die JVA Oldenburg ein?
Herr Schmidt: Dadurch, dass es sich
um eine relativ neue Anstalt handelt
und in Oldenburg zukunftsweisende
Vollzugskonzepte früh eingeführt werden, kann man noch aus dem Vollen
schöpfen, auch wenn es z.B. gilt, dort
wo es möglich ist, Energie zu sparen.
Tr§tzdem: Gibt es Probleme im
Umgang mit den Gefangenen, die den
Personalrat beschäftigen?
Herr Schmidt:
Nein. Sollte es
den Fall geben, dass ein Bediensteter
bezüglich seines Umgangs mit Gefangenen disziplinarisch gewürdigt werden soll, würde der Personalrat wahrscheinlich involviert werden. Überprüfungen sind von der Anstalts- und
Vollzugsleitung im Vorfeld durchzuführen. Grundsätzlich ist der Personalrat für Probleme der Gefangenen nicht
zuständig.
Tr§tzdem: Welche Auswirkungen
werden aus der neuen Niedersächsischen Gesetzgebung erwartet?
Herr Schmidt:
Die JVA wird
einen größeren Spielraum erhalten,
Entscheidungen zu treffen, insbesondere bei Einzelfragen, die früher oft der
Richter entschieden hat. Die Verfahrensveränderungen zu Gunsten der
Anstalt halte ich für vernünftig. Ich
gehe auch davon aus, dass zukünftig
mehr Maßnahmen zur Resozialisierung
angesetzt werden. Wichtig bleibt, dass
im Behandlungsvollzug mit jedem einzelnen Gefangenen gearbeitet wird.
Tr§tzdem: Herr Schmidt, wir danken Ihnen für das Gespräch.
UM
Sprüche
Das Leben, es mag sein, wie es ist, ist
ein Glück, das von keinem anderen übertroffen wird.
Leo Tolstoi
Ärgere dich nicht darüber, dass der Rosenstrauch Dornen trägt, sondern freue
dich darüber, dass der Dornenstrauch
Rosen trägt.
Arabisches Sprichwort
Das kleine Weihnachtsturnier
Zwischen den Weihnachtfeiertagen
wurde die triste und melancholische
Stimmung auf der Station A3 durch
ein Billardturnier aufgeheitert.
TurnierAtmosphäre
auf der A3
Trotz der eher besinnlichen
Festtagszeit war die Stimmung sehr
ausgelassen. Jeder der Teilnehmer
ging mit viel Freude, aber auch dem
nötigen Ehrgeiz an die Sache ran.
Letztendlich konnte es nur einen
(drei) Gewinner geben.
Den 1. Platz belegte U. Eilermann, den 2. Platz J. Friedmann
und den 3. Platz M. Paulsen.
Nochmals einen herzlichen
Glückwunsch an die Gewinner und
natürlich ein herzliches Dankeschön
an Herrn Kusak und das „DreierTeam“.
Ulli Eilermann
Der Initiative des Mitgefangenen
Mercan
war
es zu verdanken, dass dieses
Turnier
überhaupt
stattgefunden
hat. Da er sich
im Vorfeld mit
Herrn Kusak
kurzgeschlossen hatte und
ihm seine Idee unterbreitete, erklärte
sich Herr Kusak
bereit,
sowohl
die
Spiele
wie
auch diverse
Gewinne bereitzustellen.
Für den
ersten Platz
stiftete Herr Kusak 2 Pakete Tabak,
für den 2. Platz gab es eine „Bombe“
Pulverkaffee und für den 3. Platz
gab es ein Päckchen Tabak zu gewinnen.
Das Turnier wurde im KO - System gespielt.
Es wurden 2 Gruppen zu je 6
Spielern gebildet. Am ersten Spieltag mussten die Spieler der jeweiligen Mannschaften gegeneinander
spielen. Der zweite Spieltag war so
aufgebaut, dass die 3 Gewinner der
jeweiligen Mannschaften gegeneinander antreten mussten. Um in die
nächste Runde zu kommen, mussten mindestens 2 von 3 Spielen gewonnen werden. Am dritten Spieltag
wurden dann die Plätze 1 bis 3 ausgespielt.
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Witze
Ich habe heute einen Scheiß Tag;
beim Zähneputzen bricht mir die
Zahnbürste ab, beim Kämmen der
Kamm und beim Kaffeetrinken der
Henkel von der Tasse. Ich traue mich
gar nicht, pinkeln zu gehen.
____________________
Mehrere Kinder spielen in der Sandkiste. Sagt das eine Kind: “Ich muss
jetzt nach Hause, meine Mama hat
zu mir gesagt, wenn ich noch einmal
in die Windel mache, schneidet sie
mir mein Ding ab“. Sagt ein anderes
Kind: „Mache dir keine Sorgen, ich
habe meine Schwester beim Duschen beobachtet, wenn das gut gemacht wird, sieht das gar nicht mal
so schlecht aus.“
Lösungen der Aufgaben von Seite 69
11
JVA intern
Ein Leben für den Sport
Jürgen Schikorra blickt auf seine
Dienstzeit zurück
Es begann am 1. Mai 1976.
Jürgen Schikorra, geboren 1947 im
Südoldenburgischen, trat nach einer
kaufmännischen Ausbildung und nach 8
Jahren als Zeitsoldat, bei der er die
Sportübungsleiterlizenz für den Breitensport erwarb, der er später noch die
Qualifizierung „Prävention und Rehabilitation (ÜL-C, P+R)“ an der Sportschule des LSB Niedersachsen hinzufügte,
und nachdem er eine Prüfung abgelegt
hatte, in den Vollzugsdienst der JVA
Oldenburg ein; im Strafvollzug sollte
systematisch mehr Sport angeboten werden. Er hatte inzwischen auch schon
eine Familie gegründet und suchte einen
sicheren Arbeitsplatz, der seiner Leidenschaft, dem Sport im Allgemeinen und
dem Fußball im Besonderen, entgegen
kam.
Natürlich konnte der Start damals
nur in den alten Mauern an der Gerichtstraße stattfinden, denn die neue Anstalt
war ja noch nicht gebaut, und demzufolge fand das unter Bedingungen statt, wie
man sich das jetzt kaum noch vorstellen
kann.
Ein großer Vorteil bestand aber
darin, dass der Sportbereich sich noch
durch das persönliche Engagement ausgestalten ließ, was aber bis 1984 nicht so
leicht war, da es noch keine besonderen
Räumlichkeiten für größere Sportaktivitäten gab. Viele Freiräume für den Sport
mussten durch die jungen Bediensteten
erst erworben werden und so mancher
älterer Beamter mag auch
seinen Kopf
geschüttelt
haben über die
neuen Methoden im Vollzug. „Als dama ls
29jähriger habe
ich mich aber
unter den vielfach
älteren
Kollegen sehr
wohl gefühlt
und man lernte sich schnell
kennen, denn
das Team war
kleiner,
die
Anstalt übersichtlich und
12
es herrschte fast schon eine familiäre
Situation“, berichtete Herr Schikorra.
Für die Gefangenen, damals nur
Untersuchungshäftlinge, war es ein besonderes Erlebnis, Sport treiben zu können, auch wenn der Sportraum im Keller
untergebracht war, wo zuvor noch Hafträume eingebaut waren und jetzt in dem
Rundgewölbe die Kraftsportgeräte standen. Einen besonderen Eindruck vermit-
telten die an den Decken geführten Heizungsrohre, die sich mit manch einem
ungewohnten Geräusch bemerkbar
machten.
Einen Riesenschritt wurde getan,
als die Sanierung der Heizung vorgenommen wurde und die Koksheizung
durch eine Gasheizung ersetzt wurde,
denn damit war auch die Möglichkeit
verbunden, auf dem Kokslagerplatz im
Hof nun einen kleinen Sportplatz einzurichten. Dies „Wunder von der Gerichtsstraße“ ermöglichte es nun, auf einem
ca. 45 mal 25 Meter großen Platz nicht
nur Gymnastik, Volleyball und Basketball anzubieten, sondern auch den Lieblingssport der Nation, den Fußball; auch
wenn der Stacheldraht den frühzeitigen
„Tod“ so manchen Balles brachte. Zudem war der Platz nun Schauplatz mancher Veranstaltung, in der Sport, Geselligkeit und Musik zusammenfanden und
sich zudem viele Bedienstete dem sportlichen Wettbewerb stellten.
Beim Sport wurden bei manchem
Gefangenen Aggressionen abgebaut, der
Körper gestärkt, eine größere Zufriedenheit hergestellt und ein entspannterer
Umgang gepflegt.
So lag der Gedanke auch nicht fern,
zur Förderung des Gefangenensports
und zur Wiederbelebung der Betriebssportgruppe für die Bediensteten einen
Sportverein ins Leben zu rufen, was am
15.12.1988 zur Gründung des „FSV
Trotzdem e.V.“ führte, dessen erster
Vorsitzender Herr Schikorra wurde.
Diese Aufgabe hat er bis heute inne und,
so wie es aussieht, wird er dafür auch
noch weiterhin zur Verfügung stehen.
Das damals aufgeschriebene Motto hat
in all den Jahren seine volle Gültigkeit
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
JVA intern
Beschränkungen der Kontakte zu anderen Menschen, Einschränkung der Eigenverantwortlichkeit und Autonomie,
Ortsgebundenheit, Monotonie des Tagesablaufs, Anpassung an die Gefangenensubkultur, bietet der Sport Chancen
und Möglichkeiten, die Bedingungen ein
klein wenig humaner zu gestalten und
für den extrem eingeschränkten Bewegungs- und Selbstverwirklichungsdrang
Freiräume zu schaffen.“ Dies hatte nicht
nur 1988 Gültigkeit, sondern wird auch
behalten, und
heute hat der
Verein ca. 60
Mitglieder.
N a me n s p a t i n
war
unsere
1986 erstmals
erschienene
Gefangenenzeitung „Tr§tzdem“.
Eine große Veränderung brachte der
Umzug unter dem seit 1991 neuen AnNiedersachsens in Uelzen
2005, die Meisterschaft
bei dem Turnier der Niedersächsischen Bediensteten mannsch aften i m
„siebener“ Fußball in Berlin 2005 und die Erringung der Vizemeisterschaft der „elfer“ Mannschaft in Uelzen 2006.
Waren früher der Fußball,
staltsleiter Herrn Koop im Jahre 2001 in
die neu gebaute JVA an der Cloppenburger Straße. Jetzt gab es nicht nur großzügige Außen-Sportanlagen, die Sporthalle
erlaubte den Sport auch bei jedem Wetter. Für die Gefangenen brachte es gute
und saubere Verhältnisse bei der Unterbringung.
In all den Jahren der Dienstzeit gab
es viele Sportveranstaltungen, die lebhaft in Erinnerung geblieben sind und
von denen die vielen Wimpel und Pokale zeugen. Höhepunkte waren zweifelsohne die Meisterschaft der Oldenburger Mannschaft bei dem FußballTurnier der Gefangenenmannschaften
der Langstreckenlauf, das Schwimmen
und das Radfahren die sportlichen
Hauptaktivitäten, sind es heute das Fahrradfahren, das Schwimmen und das
Walking. Das Goldene Sportabzeichen
wurde so nebenbei gemacht.
Für die Zukunft erhofft sich Herr
Schikorra, dass der Sport seinen Stellenwert behält und das Sportprogramm voll
weitergeführt werden kann, damit das
weiter getragen wird, was bei der Gründung des „FSV Trotzdem e.V.“ schon
der Leitgedanke war: „sportliche Interessen zu wecken und vorhandene Bedürfnisse zu befriedigen. Gerade in der
massiv eingeschränkten Situation einer
Inhaftierung mit all den negativen Begleiterscheinungen, wie z.B. Bewegungsunterdrückung und Bewegungsarmut,
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
in Zukunft volle
Gültigkeit behalten, denn die
Mauer wird ewig
stehen bleiben,
auch wenn der
Stacheldraht von
„Außen“ nicht sichtbar ist, und der Einschluss wird nach dem Tagesablauf auch
ewig bleiben.
Herr Schikorra freut sich nun schon
auf seinen „Un-Ruhestand“, bei dem
ihm dann mehr Zeit für seine Enkel und
seinen Garten bleibt.
Den Gefangenen wird Herr Schikorra nicht nur als Sportübungsleiter
fehlen, sondern auch sein offenes Wesen, seine Kontaktfreudigkeit und nicht
zuletzt seine ordnende Hand und Bezugsnähe zu den Gefangenen bei den
Einkaufsprozeduren am Freitag. Ab dem
01.Mai wird die markante Stimme unseres „Schiko“, wenn er zum Sport aufruft,
auf den Fluren nicht mehr zu hören sein.
Die Redaktion der „Tr§tzdem“
wünscht Herrn Schikorra alles Gute für
seinen Ruhestand.
UM
Witze
„Eben habe ich Ihre Tochter mit einem jungen Mann gesehen – das
war bestimmt der Student. Aber gestern knutschte sie mit einem anderen.“ – „Na und? Noch nie was von
Austausch-Stundenten gehört?“
13
Sport — Bildung — Gesundheit
Toller Tischtennistag
Turnier der JVAen Celle, Lingen,
Meppen, Oldenburg, Salinenmoor,
Sehnde und Vechta am 02.12.06
Nach zwei Jahren, in denen kein Tischtennisturnier stattfand, luden dieses Jahr
die Sportkollegen der JVA Oldenburg
zum Wettstreit der Gefangenenmannschaften an den grünen Tischen ein.
Gemeldet hatten sich Teams aus Vechta,
Meppen, Celle (Trift), Salinenmoor und
Sehnde. Drei Mannschaften der JVA
schaft von Oldenburg 1 knapp mit
5:4, im zweiten setzte sich Salinenmoor
2 mit 5:1 gegen Salinenmoor 1 durch.
Das Finale gewann
Salinenmoor 2 gegen Lingen ebenfalls klar mit 5:1.
Das gleiche Ergebnis erzielte Oldenburg im Kampf um
den dritten Platz
gegen Salinenmoor 1.
Gruppe A
1
Oldenburg 1
5
Sätze
Punkte
Platz
5:1
5:0
5:3
5:0
15:4
8:0
1
5:0
2:5
5:0
8:10
4:4
3
0:5
5:1
5:16
2:6
4
5:0
18:7
6:2
2
1:15
0:8
5
Vechta
0:5
0:5
Salinenmoor 1
3:5
5:2
5:0
Oldenburg 3
0:5
0:5
1:5
0:5
1
2
3
4
5
Sätze
Punkte
Platz
5:2
0:5
5:3
5:1
15:11
6:2
2
3:5
3:5
5:1
13:16
2:6
4
5:0
5:0
15:3
8:0
1
5:1
13:14
4:4
3
3:15
0:8
5
Gruppe B
Lingen
Sehnde
2:5
Salinenmoor 2
5:0
5:3
Meppen
3:5
5:3
0:5
Oldenburg 2
1:5
1:5
0:5
Das Turnier war sehr gut organisiert, mit
Mittagessen, Erfrischungspaket
und allem drum
und dran, lief absolut
freundschaftlich und mit
guten sportlichen
Leistungen
ab.
Dank dafür an die
Sportkollegen,
die, wie immer, einen
sehr guten Job gemacht
haben. Aber auch an die
Gefangenen, die sich
1:5
völlig beanstandungsfrei benommen und
mit viel Engagement eingebracht
haben. Es hat
allen Beteiligten
Freude bereitet
und dazu beigetragen, den tristen
Gefängnisalltag
ein wenig aufzuhellen.
Also:
Rundherum gelungen,
ein
Die Oldenburger Mannschaft
14
4
1:5
Oldenburg übernahmen die Rolle der
Gastgeber. So konnte
ein Turnier in zwei
Gruppen zu je 5
Mannschaften
mit
Halbfinale,
Finale
und dem Spiel um
die Plätze 3 und 4
organisiert werden.
2 und 3 die Gäste vor und belegten den
9. und 10. Platz, Vechta wurde 8., Sehnde 7., Celle 6. und Meppen 5. Im ersten
Halbfinale besiegte Lingen die Mann-
3
Celle
Alles unter Kontrolle
Als gute Gastgeber
ließen die Mannschaften von Oldenburg
2
Ehrungen
Tr§tzdem 2006 Nr. 36
Grund, es nächstes Jahr in einer anderen
JVA fortzuführen und nicht wieder zwei
Jahre Pause zu machen.
Markus Lanfer
Sport — Bildung — Gesundheit
Weihnachtsturniere
27
.12
.06
im-
„Männersport“ Fußball
mer wieder mal vorkommen,
Fußball der Stationen
Wie zu erwarten, wurde das
„Weihnachtsturnier“, wie auch im
Jahr davor, wieder stark frequentiert.
Im Gegensatz zum letzten Mal, als
stationsweise gespielt wurde, entschied dieses Mal das Los über die
Fußball,
Konstellation
der
Mannschaften.
Als einzige waren die
Teilnehmer
der Leistungsg r u p p e
„gesetzt“ und
alle
übrigen
Sportler wurden zu diesen
gelost,
um
eine ausgeglichene Kombination zu ermöglichen.
Gespielt
wurde im Modus „Alle ge-
Die stolzen Sieger
der vielgeliebte
„Männersport“!
wurden alle Begegnungen hart,
aber fair geführt.
Der Spaß und der Enthusiasmus
des gemeinsamen Sporterlebnisses standen zwar eindeutig im
Vordergrund, aber wie bei jedem
Turnier gab es auch hier einen
Sieger. Und der hieß:
„Mannschaft Öner“. 2. Sieger wurde
die
Mannschaft
„Nansink“, 3.
Mannschaft
„Mitic„. Die
weiteren
Plätze belegten
die
Mannschaften:
Koß,
Alexander
und Lürig.
Hakan Sag
gen alle“, und die Dauer
eines Spiels betrug 10
Minuten. Um das gesamte
Turnier über die Bühne zu
bringen, reichte natürlich
ein Vormittag nicht aus, und nach
einer kurzen Mittagspause, in der
die Spieler auf den jeweiligen Stationen ihr Essen zu sich nehmen konn-
ten, wurde das Spielgeschehen
am Nachmittag fortgesetzt.
Abgesehen von einigen kleinen Reibereien, die ja beim
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
15
6
0
.
2
Sport — Bildung — Gesundheit
.1 Badminton
8
2 Beim diesjährigen WeihnachtsBadmintonturnier in der Sporthalle
der JVA Oldenburg trafen sich einige
Teilnehmer, um den kleinen Feder-
Satz hatte es den Anschein, als ob
Markus das Feld als sicherer Sieger
verlassen würde, doch konnte Sascha das Match in den folgenden
Sätzen noch drehen und als strahlender Sieger den Court verlassen.
bewerb
gespielt, und das
hieß: Jedergegen-jeden!
Wer
einen
Antrag
geschrieben hatte, konnte daran mitwirken,
was
aber
wohl
viele
verschlafen
oder ignoriert
haben müssen,
denn
anders lässt
sich die etwas enttäuschende Anzahl von 7
Personen, die letztlich teilnahmen,
nicht erklären.
Das hielt aber die Aktiven nicht
davon ab, alles, was ihr Repertoire
hergab, aufzubieten, um den Besten
unter sich auszumachen.
Die Plätze 1 bis 4 belegten:
1. Merten
2. Schölzel
3. Sag
4. P.
Für alle, die die
Teilnahmemöglichkeit nicht wahrnahmen, aus welchen
Gründen auch imAuf
den
mer, sei hiermit
Plätzen folgten
nochmals gesagt,
Toni und Madass solche Events
thias. Die Sieden sonst so zähen
ger erhielten
Knastalltag ein weihre Preise und
nig abwechslungsverließen
–
Alles in Ordnung
reicher machen und
„glücklich zum
durchaus in die
MittagseinSparte „Highlight des Monats“ eingeschluss“ – die Sporthalle, um auf die
ordnet werden dürfen. Und wenn du
Hafträume zurückzugehen. Ein netglaubst, du bist nicht gut genug,
tes Turnier.
Lasse Willms
dann greift der Olympische Gedanke: „Dabei sein ist alles“.
Tischtennis
Badminton
(nicht „Federball“)
ball über das Netz zu fegen. Trotz
großer Motivation der Teilnehmer
herrschte während des gesamten
Turniers eine entspannte Atmosphäre vor, die, obwohl es einige vernichtende Niederlagen zu bewundern
gab, nie zu kippen drohte. Bei allem
Einsatz und Kampfgeist wurde während der gesamten Zeit der Gedanke des „Fair-Play“ nicht vergessen.
Dafür ein großes Dankeschön an
alle Teilnehmer.
Der Höhepunkt des Turniers war
sicherlich das Finale zwischen Markus und Sascha, das auf hohem Niveau stattfand und von den bereits
ausgeschiedenen zuschauenden
Teilnehmern mit großem Applaus
begleitet wurde. Nach dem ersten
16
Hakan Sag
Wie in jedem Jahr um die
Weihnachtzeit fand auch
am Ende des Jahres 2006
ein Tischtennisturnier in
unserer JVA statt. Im Gegensatz zu dem Mannschaftswettbewerb, der
am Anfang Dezember
a u s g e t r a g e n e n
„Niedersachsenmeisterschaften“, wurde das interne Turnier als EinzelwettTr§tzdem 2006 Nr. 36
Volle Konzentration
Sport — Bildung — Gesundheit
Volleyball
Im Aufgebot der Weihnachtsturniere
stand auch 2006 wieder ein Volleyball-Event.
Bei diesem sportlichen Aufeinandertreffen konnte man sich, im Gegensatz zum Fußball- oder Tischtennisturnier, als ganze Mannschaft bewerben, so dass im Vorfeld schon in
Eigeninitiative ein Team organisiert
werden musste, bei dem man als
Spieler auftrat.
Da das Volleyball-Angebot unter der
Woche in den letzten Monaten vor
Weihnachten nur dürftig genutzt
wurde, war es umso erstaunlicher,
dass sich ganze sechs Teams einfanden.
Eine Mannschaft bestand aus fünf
Spielern und es wurde im Modus
„Alle-gegen-alle“ gespielt, wobei ein
6 Mannschaften
kämpften um die
Siegerehre
Den Überblick behalten
Satz bis 25 Punkte ausgetragen
wurde.
Wie zu erraten war, machten das
Team Stöcker und das Team Plescan den Gesamtsieg unter sich aus,
doch nach zähem Kampf hatte dann
das Team Stöcker die Nase vorn.
Aber auch die anderen Mannschaften waren mit sehr viel Elan und Begeisterung am Werk und es wurde
sehr viel Dynamik und Spannung in
den einzelnen Begegnungen geboten.
Hakan Sag
Volleyball im Knast
Schön anzuschauen ist es meistens nicht,
wenn Inhaftierte gemeinsam Volleyball
spielen. Die Technik ist oft stark verbesserungswürdig und das „Drei-MalSpielen“ wird nicht immer beherzigt.
Trotzdem habe ich als Übungsleiter
manchmal das Gefühl, dass Volleyball
aus manchen Charakteren ganz andere
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
29
.12
.06
Menschen macht. Spieler, die sich beim
Fußballturnier die Köpfe heiß reden,
aggressiv spielen und jede Niederlage
als persönliche Schmach empfinden,
sind beim Volleyball locker und entspannt.
Beim Volleyball kann man über die
eigenen Fehler lachen und über missratene Aktionen der Mitspieler hinwegsehen. Gibt es Meinungsverschiedenheiten, ob ein Ball im oder außerhalb des
Feldes war, einigt man sich
„erwachsen“.
Schiedsrichter werden nur zum
Zählen der Punkte benötigt. Beim Fußball ist der Schiedsrichter immer das
„Feindbild Nr. 1“, der gerade mich und
meine Mannschaft benachteiligt. Und
wenn er gerade mal nicht zum Sündenbock taugt, dann gibt es ja schließlich
noch Mit- und Gegenspieler, die für die
eigene Unzulänglichkeit zur Verantwortung gezogen werden können.
Beim Volleyballturnier ist davon
nichts zu sehen oder zu hören.
Der eine spielt gut, der andere
schlecht – was soll’s…
Der Ball geht knapp
über das Netz oder
bleibt darin hängen – es
ist nur ein Punkt… Es
gibt Gewinner und Verlierer – na und…
Manchmal wünscht
man sich als Übungsleiter diese Gelassenheit auch in anderen
Situationen des Sports,
nicht nur hier im Knast.
Aber vielleicht wäre es
auch schnell langweilig, wenn es jeden Tag
so harmonisch wäre.
Und immer nur Volleyball spielen kann man schließlich auch
nicht…
Wilfried Dannebaum
17
6
0
.
2
Sport — Bildung — Gesundheit
1
.„Silvester“-Spinning
0
3 Am 30. Dezember
2006 um 12:30 Uhr fiel
der Startschuss zum
zweiten (kleinen) Spinning-Marathon im Spinningraum der Sportabteilung.
Es waren 3 Stunden angesetzt. Leider
war die Resonanz nicht
so groß wie von mir
erhofft. Ostern waren es
noch 20 Teilnehmer
gewesen. Es meldeten
sich diesmal nur 6 Gefangene und ein Be-
Unihockey
Alles im Takt
Was ist Spinning?
Ich glaub, ich spinn, Spinning
ist Indoorcycling
mit speziellen Rädern. Es
die fahren freiwillig wird ausschließlich in der
Gruppe gefahren und das
drei Stunden Rad!
bei toller Musik, so dass der
diensteter (Herr Schöpp) an. Trotzdem tat es der Veranstaltung keinen
Abbruch.
Nach einem intensiven Aufwärmen ging es dann weiter über Berg
und Tal. Ein anspruchsvoller Mix aus
den verschiedenen IndoorcyclingTechniken verlangte den Teilnehmern alles ab. Jumps, Gegenwind
und das Überholen am Berg gehörten genauso dazu, wie das Fahren
im Stehen unter Körperspannung.
Nicht umsonst heißt es in der Philosophie des Indoorcycling: „Höchsten
individuellen Trainingserfolg bei maximalem Spaß mit größtmöglicher
gesundheitlicher Orientierung“.
Alle fuhren die gesamten 3
Stunden durch. Meine Anerkennung!
Es war trotz der mäßigen Beteiligung ein toller und gelungener Jahresabschluss 2006.
18
Spaßfaktor
garantiert ist.
Toller
Nebeneffekt: Es
werden bis
zu 900 kcal/
Stunde verbraucht.
Vielleicht
habe ich ja
Ihr Interesse
geweckt.
Kommen Sie
doch vorbei.
Man
muss
keine Sportskanone sein, um Spinning auszuüben. Sie werden sehen,
dass es eine sehr schöne Sportart
ist für Jung und Alt.
Das neue Sportangebot der JVA
Oldenburg
Fünf Spieler pro Team, ausgestattet mit
leichten Hockeyschlägern aus Plastik,
versuchen einen kleinen Ball durch gekonnte Kombinationen im gegnerische
Tor unterzubringen.
Ein Sportlehrer von „draußen“
konnte den Teilnehmern das Spiel ein
wenig näher bringen; beim Unihockey
handelt es sich um einen fairen, ohne
Körperkontakt gespielten Sport. Der
Ball darf mit dem Schläger gestoppt,
weitergespielt und auf das Tor geschossen werden; auch ist es erlaubt, mit dem
Fuß oder der
Brust
den
Ball zu stoppen. Es gibt
keinen festen
Torhüter,
denn die Tore
sind ohnehin
schon
sehr
klein. Allen
fünf Spielern einer Mannschaft kommt
daher die Aufgabe der Offensive und
Defensive gleichermaßen zu. Da es sich
um einen sehr laufintensiven Sport handelt, ist es sinnvoll zu versuchen, den
Ball durch schnelle Kombinationen dem
gegnerischen Tor näher zu bringen.
Auch gibt es hinter dem Tor kein „Aus“,
sondern es besteht dort die Möglichkeit,
mit Hilfe der Bande den Ball auch hinter
dem Tor zu spielen. Schnelles Ein- und
R. Meyer, Sportübungsleiter
Auswechseln der Spieler ist sinnvoll, da
das laufintensive Spiel den einen oder
anderen Spieler sicherlich schnell an
seine körperlichen Grenzen stoßen lässt.
Trotz allem, das neue Sportangebot ist
sehr gut angekommen; die Teilnehmer
haben eine Menge Spaß dabei, dem kleinen Ball hinterher zu jagen, und in Zukunft werden sicherlich auch verstärkt
geschickte Kombinationen und Traumtore zu bewundern sein, denn es dauert
schon ein paar Übungsstunden, bis ein
Jeder sich in diese für uns neue Sportart
eingespielt hat.
Tr§tzdem 2006 Nr. 36
Sport — Bildung — Gesundheit
aufbau und gemeinsamen Ballspielen,
die sowohl der Kondition wie auch dem
Teamgeist dienen, vorbei sind, hat sich
der Donnerstag als fester Termin für die
„Rentnergang“ eingespielt. Ich mit meinen 54 Jahren habe noch nie soviel
Sport getrieben wie in den letzten Monaten und muss sagen, dass es mir sehr gut
bekommt. Trotzdem warte ich mit Sehnsucht auf meinen Verhandlungstermin in
2 Wochen und hoffe, dass, wenn dieser
Artikel erscheint, ich mich wieder außerhalb dieser Mauern befinde.
Auf jeden Fall ist
es durchaus eine Alternative zum Hallenfußball und sollte ru-
Will
hig auch von denen, die dem Hockey
eher skeptisch gegenüberstehen, einmal
versucht werden. Es lohnt sich!
Lasse Willms
Sport für Junggebliebene
Ein neues Highlight in der JVA
Oldenburg!
Seit Mitte Januar wird in der JVA das
neue „Alten-Sport-Programm“ angeboten. Hier treffen sich jung gebliebene
Bodybuilder ab 40 und eingerostete 60jährige zum Spiel um den Sport.
Herr Dannebaum als Sportlehrer
hatte für die erste Stunde ein kleines
Aufwärmprogramm mit gymnastischen
Übungen vorbereitet, um danach in der
Gruppe einige Spiele mit dem Ball zu
absolvieren.
Obwohl bei einigen der gestandenen Männer am Anfang ein leichtes Lächeln bezüglich der leicht anzuschauenden Übungen auf den Lippen lag, war es
doch am Ende so, dass alle ein wenig
oder mehr in Schweiß gekommen waren
und der Eine oder Andere am nächsten
Tag einen leichten Muskelkater verspürte. Einige der Teilnehmer stellten dabei
auch fest, dass sie Muskeln besaßen, die
sie noch gar nicht kannten.
Zum Schluss der Stunde wurde in
gemeinsamer Runde Resümee gezogen
und Vorschläge und Anregungen für das
nächste Mal besprochen.
Nachdem jetzt die ersten Termine
mit Gymnastik, Streckübungen, Muskel-
Wer rastet, der rostet – unser
„Altensport“
Im zunehmenden Alter ist es wichtig,
den Körper sinnvoll fit zu halten. Aus
dieser Überlegung heraus bietet die JVA
Oldenburg als erweitertes Sportangebot
seit geraumer Zeit allen Inhaftierten ab
dem 40. Lebensjahr eine besonders altersgerechte Sportgruppe an.
Bestehend aus ca. 12 Teilnehmern
findet sie bisher regelmäßig einmal wöchentlich in den frühen Abendstunden
statt.
Unter der Leitung von Herrn Dan-
Witze
„Nur sieben Prozent haben die letzte
Unterhaltungssendung gesehen.“ –
„Fein“, reibt sich der Programmchef
die Hände, „dann können wir sie ja
schon im nächsten Monat wiederholen!“
________________________________________
Fängt sich einer der Boxer einen gewaltigen Haken ein und geht zu Boden. „1! 2! 3! 4!“, zählt ihn der Ringrichter an. Da schreit eine Oma: „Sie
brauchen nicht weiter zu zählen. Den
kenne ich aus der Straßenbahn – der
steht nie auf.“
übungen, die der Gruppendynamik dienen, gemacht. Dabei kommt es vor allem darauf an, Muskeln und Sehnen zu
bewegen, die im alltäglichen Bewegungsablauf selten oder gar nicht aktiviert werden.
Dies führt zu einer besseren Durchblutung und unterstützt den Kreislauf
positiv.
Diese eingerichtete Institution erfreut sich unter den Teilnehmern großer
Beliebtheit und zeigt somit auch sportlich weniger Interessierten, wie wichtig
und wohltuend eine solche Art Sport
sein kann. Über weitere Teilnehmer
würde sich die bestehende Gruppe sicherlich freuen.
Jochen Etzel
An der Größe des
Balls hat es nicht
gelegen, wenn...
… es nicht mehr so elegant aussah.
nebaum werden ca. 1½
Stunden
gymnastische Übungen,
aber
auch Konditionstraining
und TeamTr§tzdem 2007 Nr. 36
19
Sport — Bildung — Gesundheit
Computerführerschein
können. Sie dient als Maßnahme zur
Entlassungsvorbereitung.
Im Computerkurs ECDL werden
grundlegende Computerkenntnisse
vermittelt und er schließt nach einer
externen Prüfung über Internet nach
jedem Lernpaket (Modul) mit einem
Zertifikat ab.
Der Kursus gliedert sich in die
folgenden 7 Module:
1. IT Grundlagen
ECDL:
European Computer Driving Licence
Erstmals bietet die JVA Oldenburg
mit dem „Europäischen ComputerFührerschein“ eine Bildungsmaßnahme an, die den Teilnehmern eine
hochwertige Zusatzqualifizierung
und eine Verbesserung der beruflichen Perspektiven bringt.
Der Kursus wurde für diejenigen
Gefangenen eingerichtet, die ansonsten einer regelmäßigen Arbeit in
der Anstalt nachgehen, persönlich
geeignet sind, aktiv an den Vollzugszielen mitarbeiten und mit einer Entlassung in absehbarer Zeit rechnen
2.
3.
4.
5.
6.
7.
WIN XP
Textverarbeitung
Tabellenkalkulation
Datenbank
Präsentation
Internet (während des Unterrichts als
Simulation)
Jedes Modul umfasst 40 Unterrichtseinheiten (UE) zu je 45 Minuten, die sich unterteilen in 15 UE
Unterricht am Donnerstag und Freitag jeder Woche, in 2 UE gemeinsame Übungszeit im Unterrichtsraum
und 3 UE in individueller Einteilung
in der Woche im Haftraum, d.h. insgesamt werden 280 Unterrichtseinheiten über ca. 5 Monate Gesamtdauer angeboten.
Geleitet wird der Computerkurs
von einem externen Fachlehrer der
Bildungseinrichtung „Fachwerk e.V.“
und seitens der Anstalt vom Bildungsbeauftragten Herrn Dannebaum betreut.
Die Teilnehmer, die aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen der
Anstalt kommen, erhalten anstatt der
dort individuell geregelten Entlohnung eine Ausbildungsvergütung der
Lohnstufe III.
Der erste Kurs startete am 15.
Februar 2007. Es ist vorgesehen,
eine derartige Bildungsmaßnahme
zweimal jährlich stattfinden zu lassen.
UM
20
Tr§tzdem 2006 Nr. 36
Schiedsrichterlehrgang
Chance genutzt
Wer fußballinteressiert ist und den Ehrgeiz hatte, besser als Herr Schikorra,
Herr Meyer oder Herr Dannebaum Bescheid zu wissen und einfach selbst
Schiedsrichter werden wollte, konnte
vom 17. bis 18. und vom 24. bis 25.
März 2007 in der Zeit von 9:00 bis
16:00 Uhr in der JVA Oldenburg einen
Schiedsrichterlehrgang für Inhaftierte
belegen. 15 Gefangene und Bedienstete
haben sich die Chance nicht entgehen
lassen. Am Ende des Lehrgangs stand
eine theoretische Prüfung, die die erfolgreichen Teilnehmer zu lizensierten
Schiedsrichtern im Niedersächsischen
Fußballverband (NFV) machte.
UM
Elementarkurs
Berufliche Grundbildung
Wer noch keinen anerkannten deutschen Schulabschluss hat, kann seit
Anfang März 2007 an einem von der
JVA Oldenburg in Zusammenarbeit
mit der Bildungseinrichtung
„Fachwerk e.V.“, einem Träger der
freien Jugendhilfe, 5-monatigen Kursus zur beruflichen Grundbildung
teilnehmen. Das Angebot vermittelt
Grundqualifikationen für den beruflichen Start in der Haft bzw. nach der
Haftentlassung und teilt sich auf in:
• Mathematikgrundlagen
• Deutsch in Wort und Schrift
• Unfallverhütungsvorschriften
• Grundlagen beruflicher Bildung
• Soziale Kompetenzen
• Praxisübungen in den Werkbetrieben der JVA
• PC-Grundkenntnisse
• Sport
Weitere Voraussetzung zur Teilnahme ist die aktive Mitarbeit an den
Vollzugszielen. Die Teilnehmerzahl
ist auf 8 Gefangene beschränkt.
UM
Recht & Soziales
Neues zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen
Rechtsvielfalt und –zersplitterung im Strafvollzug
Die Föderalismusreform in Aktion
Am 5. Dezember 2006 hat die Justizministerin des Landes Niedersachsen den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen vorgelegt, welches gleichzeitig sowohl den Strafvollzug, die Sicherungsverwahrung, den Jugendstrafvollzug und die Untersuchungshaft regeln soll. Formal ist dies der bisher weitgehendste Regelungsversuch: während der Entwurf eines Bayerischen Strafvollzugsgesetzes den Strafvollzug, die Sicherungsverwahrung und den Jugendvollzug umfasst, beschränken sich alle anderen bisher vorliegenden Entwürfe auf den Jugendvollzug. Nur im letzten Punkt besteht Zeitdruck, da das
Bundesverfassungsgericht dafür eine Frist bis Ende 2007 gesetzt hat. Einen eigenen Entwurf eines Jugendstrafvollzugsgesetzes
(E BW) hat bisher nur Baden-Württemberg vorgelegt. Dagegen versuchen zehn Bundesländer (Berlin, Bremen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) sich in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe auf einen Musterentwurf für ein Jugendstrafvollzugsgesetz zu verständigen, an den die beteiligten Bundesländer jedoch nicht streng gebunden sein sollen.
Johannes Feest
Leitbestimmung des bisherigen Strafvollzugsgesetzes (§10 Abs.1, 1. Halbsatz):
Ein Gefangener soll mit seiner Zustimmung in einer Anstalt oder Abteilung des
untergebracht werden,…
Leitbestimmung des Entwurfs zum Gesetz zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen (§ 13 Abs. 1, 1. Satz:):
Die Gefangenen sind in der Regel im
geschlossenen Vollzug
unterzubringen.
Der Entwurf zum Gesetz zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen enthält 195 Paragraphen. Hier
soll allerdings nur auf die aus der Sicht von Strafgefangenen wesentlichsten Regelungen eingegangen werden.
Entwurf
Gesetz
zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen
Artikel 1
Niedersächsisches Justizvollzugsgesetz (NJVollzG)
Inhaltsübersicht §§
Erster Teil. Gemeinsame Bestimmungen
Anwendungsbereich 1
Allgemeine Begriffsbestimmungen 2
Allgemeine Gestaltungsgrundsätze 3
Rechtsstellung der Gefangenen und Sicherungsverwahrten 4
Zweiter Teil. Vollzug der Freiheitsstrafe
Erstes Kapitel. Allgemeine Vorschriften, Grundsätze
Vollzugsziele 5
Mitwirkung der Gefangenen 6
Vollzug der Freiheitsstrafe in Jugendanstalten oder
Jugendabteilungen 7
Zweites Kapitel. Planung und Verlauf des Vollzuges
Aufnahme in die Anstalt 8
Vollzugsplanung 9
Verlegung, Überstellung, Ausantwortung 10
Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung
11
Länderübergreifende Verlegungen 12
Geschlossener und offener Vollzug 13
Lockerungen des Vollzuges 14
Ausgang, Urlaub und Ausführungen aus wichtigem
Anlass 15
Weisungen, Aufhebung von Lockerungen 16
Begutachtung, Untersuchung 17
Entlassungsvorbereitung 18
Drittes Kapitel. Unterbringung, Kleidung Verpflegung und Einkauf
Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit
19
Unterbringung während der Ruhezeit 20
Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz
21
Kleidung 22
Anstaltsverpflegung 23
Einkauf 24
Viertes Kapitel. Besuche, Schriftwechsel, Tele-
kommunikation und Pakete
Recht auf Besuch 25
Besuchsverbot 26
Besuche zum Zwecke der rechtsanwaltlichen und
notariellen Beratung und Vertretung 27
Überwachung der Besuche 28
Recht auf Schriftwechsel 29
Überwachung des Schriftwechsels 30
Weiterleitung von Schreiben, Aufbewahrung 31
Anhalten von Schreiben 32
Telekommunikation 33
Pakete 34
Fünftes Kapitel. Arbeit, Aus- und Weiterbildung,
Taschengeld
Zuweisung 35
Freies Beschäftigungsverhältnis 36
Abschlusszeugnis 37
Arbeitspflicht 38
Freistellung von der Arbeitspflicht 39
Anerkennung von Arbeit 40
Ausbildungsbeihilfe 41
Einbehaltung von Beitragsteilen 42
Taschengeld 43
Verordnungsermächtigung 44
Sechstes Kapitel. Gefangenengelder und Kostenbeteiligung
Hausgeld 45
Überbrückungsgeld 46
Eigengeld 47
Ersatzleistungen 48
Pfändungsschutz 49
Kostenbeteiligung der Gefangenen 50
Inanspruchnahme von Gefangenengeldern 51
Siebte Kapitel. Gesundheitsfürsorge
Seelsorge 52
Religiöse Veranstaltungen 53
Weltanschauungsgemeinschaften 54
Achtes Kapitel. Gesundheitsfürsorge
Allgemeine Bestimmungen 55
Medizinische Leistungen 56
Krankenbehandlung bei Urlaub und Ausgang 57
Leistungen, Art und Umfang 58
Ruhen der Ansprüche 59
Ärztliche Behandlung zur sozialen Eingliederung 60
Aufenthalt im Freien 61
Überstellung, Verlegung 62
Neuntes Kapitel. Freizeit
Sport 63
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
NJVollzG
Zeitungen und Zeitschriften 64
Hörfunk und Fernsehen 65
Besitz von Gegenständen zur Fortbildung oder zur
Freizeitbeschäftigung 66
Zehntes Kapitel. Durchgängige Betreuung
Soziale Hilfen 67
Hilfen im Vollzug 68
Entlassungsbeihilfe 69
Elftes Kapitel. Besondere Vorschriften für den
Vollzug an weiblichen Gefangenen
Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschutz
70
Geburtsanzeige 71
Mütter mit Kindern 72
Zwölftes Kapitel. Sicherheit und Ordnung
Grundsatz 73
Verhaltensvorschriften 74
Persönlicher Gewahrsam 75
Durchsuchung 76
Feststellung der Drogenfreiheit 77
Erkennungsdienstliche Maßnahmen 78
Lichtbilder und biometrische Daten 79
Festnahmerecht 80
Besondere Sicherungsmaßnahmen 81
Einzelhaft 82
Fesselung 83
Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen 84
Ärztliche Überwachung 85
13. Kapitel. Unmittelbarer Zwang
Allgemeine Voraussetzungen 86
Begriffsbestimmungen 87
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 88
Handeln auf Anordnung 89
Androhung 90
Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch 91
Besondere Vorschriften für den Schusswaffengebrauch 92
Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge 93
14. Kapitel. Disziplinarmaßnahmen
Voraussetzungen 94
Arten der Disziplinarmaßnahmen 95
Vollzug der Disziplinarmaßnahmen, Aussetzung zur
Fortsetzung auf Seite 22
21
Recht & Soziales
Übertragung der Aufgabenwahrnehmung 171
Seelsorge 172
Ärztliche Versorgung 173
Zusammenarbeit 174
Interessenvertretung der Gefangenen und Sicherungsverwahrten 175
Hausordnung 176
Dritter Abschnitt. Aufsicht und Vollstreckungsplan
Aufsicht 177
Vollstreckungsplan 178
Vierter Abschnitt. Anstaltsbeiräte
Bildung der Beiräte 179
Aufgaben und Befugnisse der Beiräte 180
Pflicht zur Verschwiegenheit 181
Fünfter Abschnitt. Evaluation 182
Zweites Kapitel. Datenschutz
Datenverarbeitung 183
Ergänzende Bestimmungen zur Verarbeitung 184
Einrichtung automatisierter Abrufverfahren 185
Zweckbindung 186
Schutz besonderer Daten 187
Schutz der Daten in Akten und Dateien 188
Berichtigung, Löschung, Sperrung 189
Auskunft an die Betroffenen, Akteneinsicht 190
Auskunft und Akteneinsicht für wissenschaftliche
Zwecke 191
Anwendung sonstiger Vorschriften des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes 192
Drittes Kapitel. Übergangs- und Schlussbestimmungen
Ersetzung von Bundesrecht, unberührte Vorschriften
193
Übergangsbestimmungen 194
Einschränkung von Grundrechten 195
Fortsetzung von Seite 21
Bewährung 96
Disziplinarbefugnis 97
Verfahren 98
Ärztliche Mitwirkung 99
15. Kapitel. Aufhebung von Verwaltungsakten,
Beschwerderecht
Aufhebung von Verwaltungsakten 100
Beschwerderecht 101
16. Kapitel. Besondere Vorschriften für sozialtherapeutische Einrichtungen
Urlaub zur Vorbereitung der Entlassung 102
Aufnahme auf freiwilliger Grundlage 103
Nachgehende Betreuung 104
Dritter Teil. Vollzug der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung
Ziel und Aufgabe des Vollzuges 105
Ausstattung 106
Kleidung, Wäsche, Bettzeug 107
Beschäftigung, Taschengeld 108
Entlassungsvorbereitung 109
Ergänzende Anwendung der Vorschriften des Zweiten Teils 110
Vierter Teil. Vollzug der Jugendstrafe
Erstes Kapitel. Allgemeine Vorschriften, Grundsätze
Vollzugsziele 111
Gestaltung und Mitwirkung 112
Ausnahme vom Jugendstrafvollzug 113
Zweites Kapitel. Planung und Verlauf des Vollzuges
Aufnahme in die Anstalt 114
Vollzugsplanung 115
Unterrichtung über Verlegung oder Überstellung 116
Entlassungsvorbereitung 117
Drittes Kapitel. Unterbringung und Kleidung
Unterbringung 118
Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz
119
Kleidung 120
Viertes Kapitel. Besuche, Schriftwechsel, Telekommunikation und Pakete 121
Fünftes Kapitel. Arbeit, Aus- und Weiterbildung,
Gesundheitsfürsorge und Freizeit
Arbeit, Aus- und Weiterbildung 122
Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen im Jugendstrafvollzug auf freiwilliger Grundlage 123
Gesundheitsfürsorge 124
Freizeit 125
Sechstes Kapitel. Unmittelbarer Zwang und
Maßnahmen bei Pflichtverstößen
Unmittelbarer Zwang 126
Erzieherische Maßnahmen und Disziplinarmaßnahmen 127
Siebtes Kapitel. Ergänzende Anwendung von
Vorschriften des Zweiten Teils und des Strafvollzugsgesetzes 128
Fünfter Teil. Vollzug der Untersuchungshaft
Erstes Kapitel. Allgemeine Vorschriften, Grundsätze
Zweck der Untersuchungshaft 129
Stellung der Gefangenen 130
Zuständigkeiten und Verfahren 131
Zweites Kapitel. Vollzugsverlauf
Aufnahme in die Anstalt 132
Verlegung, Überstellung, Ausantwortung 133
Vorführung, Ausführung 134
Beendigung der Untersuchungshaft 135
Drittes Kapitel. Trennung, Unterbringung, Kleidung und Einkauf
Trennung 136
Unterbringung 137
Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz,
Kleidung und Einkauf 138
Viertes Kapitel. Besuche, Schriftwechsel, Telefongespräche und Pakete
Recht auf Besuch, Zulassung 139
Überwachung von Besuchen 140
Recht auf Schriftwechsel 141
Überwachung des Schriftwechsels 142
Anhalten von Schreiben 143
Telefongespräche 144
Verkehr mit Verteidigerinnen und Verteidigern, der
Führungsaufsichtsstelle, der Bewährungs- und
22
Gerichtshilfe sowie den Anstaltsbeiräten 145
Pakete und Gegenstände in Schreiben 146
Fünftes Kapitel. Beschäftigung, Bildungsmaßnahmen, Freizeit
Beschäftigung, Bildungsmaßnahmen 147
Freizeit 148
Sechstes Kapitel. Gesundheitsfürsorge und
soziale Hilfen
Gesundheitsfürsorge 149
Soziale Hilfen 150
Siebtes Kapitel. Sicherheit und Ordnung der
Anstalt, unmittelbarer Zwang, Disziplinarmaßnahmen 151
Achtes Kapitel. Junge Gefangene
Anwendungsbereich 152
Gestaltung des Vollzuges 153
Unterbringung 154
Besuche, Schriftwechsel, Telefongespräche und
Pakete 155
Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung,
Arbeit 156
Gesundheitsfürsorge 157
Erzieherische Maßnahmen und Disziplinarmaßnahmen 158
Ergänzende Anwendung der übrigen Vorschriften
des Fünften Teils 159
Neuntes Kapitel. Rechtsbehelfe
Antrag auf gerichtliche Entscheidung 160
Anfechtung gerichtlicher Entscheidungen 161
Zehntes Kapitel. Ergänzende Anwendung von
Vorschriften des Zweiten und Vierten Teils 162
Sechster Teil. Vollzugsorganisation, Datenschutz, Übergangs- und Schlussbestimmungen
Erstes Kapitel. Vollzugsorganisation
Erster Abschnitt. Allgemeine Zuständigkeiten,
innere Gliederung und Ausstattung der Anstalten
Allgemeine Zuständigkeiten 163
Zweckbestimmung der Anstalten 164
Trennung 165
Gestaltung, Differenzierung und Organisation der
Anstalten 166
Belegungsfähigkeit und Ausstattung der Räume 167
Unternehmerbetriebe 168
Zweiter Abschnitt. Wahrnehmung der Aufgaben
der Vollzugsbehörden
Anstaltsleitung 169
Aufgabenwahrnehmung durch Vollzugsbedienstete
170
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Exkursion
Europäische Maßstäbe für den
Justizvollzug
Johannes Feest
(Auszugsweise entnommen aus ZfStrVo 5 / 06)
Am 11.1.2006 hat das Ministerkomitee
des Europarates eine Neufassung der
European Prison Rules (Europäische
Gefängnisregeln) beschlossen.
Bei den Europäischen Gefängnisregeln
handelt es sich um Empfehlungen ohne
Rechtscharakter und sie sind in den
1970er-Jahren in einer ersten Fassung
entstanden. In Deutschland wurden sie
wenig zur Kenntnis genommen, da parallel dazu das nationale Strafvollzugsgesetz entstand. Außerhalb Deutschlands haben die Europäischen Gefängnisregeln von Anfang an größere Bedeutung gehabt, wenn und so lange keine
nationalen Vollzugsgesetze vorhanden
waren (etwa in Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden). Noch größer ist der Einfluss und Bekanntheitsgrad der Europäischen Gefängnisregeln
in den neuen Mitgliedstaaten des Europarates, bei denen sie teilweise direkt in
die neuen Strafvollzugsgesetze übernommen worden sind (z.B. Litauen).
Auch der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte ist mittlerweile dazu
übergegangen, sich auf die Europäischen Gefängnisregeln zu beziehen,
wenn er das Folterverbot des Art. 3
Recht & Soziales
EKMR näher bestimmen will. Ein Vergleich der aktuellen Neufassung der
Europäischen Gefängnisregeln mit der
vorhandenen Fassung des StVollzG
(1987) zeigt einige bemerkenswerte
Verbesserungen für die Gefangenen. Im
Übrigen gehen die europäischen Mindeststandards jetzt in einigen Punkten
deutlich über das StVollzG hinaus.
Zu den Grundprinzipien der Empfehlungen zählen:
R 4:
Mittelknappheit ist keine Rechtfertigung für Vollzugsbedingungen,
die gegen die Menschenrechte von
Gefangenen verstoßen.
R 5:
„Das Leben in der Vollzugsanstalt
ist den positiven Aspekten des
Lebens in der Gesellschaft so weit
als möglich anzugleichen.“
R 102.2: Verbot zusätzlicher Strafverschärfungen: „Die Freiheitsstrafe ist
allein durch den Entzug der Freiheit eine Strafe an sich und der
Vollzug für Strafgefangene darf
daher die damit zwangsläufig verbundenen Leiden nicht verstärken.“
In der nachfolgenden Wiedergabe einzelner Bestimmungen des Entwurfes des Gesetzes zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen sind die
zu den jeweiligen Bestimmungen vergleichbaren
Europäischen Gefängnisregeln (sinngemäß, frei
übersetzt) in den Vergleich gestellt worden.
UM
Die Paragraphen: eine Auswahl!
§ 5 Vollzugsziele
Im Vollzug der Freiheitsstrafe sollen die Gefangenen fähig werden, künftig in sozialer
Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Zugleich dient der Vollzug der Freiheitsstrafe dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.
Die Strafhaft
Anmerkung Tr§tzdem:
Die gewählte Formulierung sollte dazu
R 102.1: Vollzugsziel: „Darüber hinaus soll der Vollzug (regime) für Strafgefangne so gestaltet führen, dass der geschlossene Vollzug
werden, dass diese in die Lage versetzt werden, ein verantwortliches und straffreies nach § 13 nur so lange aufrecht erhalten
Leben zu führen.“
wird, wie das für die Resozialisierungsmaßnahmen unerlässlich ist.
§ 6 Mitwirkung der Gefangenen
(1) Die Gefangenen sollen an der Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 mitwirken. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern. (2) Den Gefangenen sollen
gezielt Maßnahmen angeboten werden, die ihnen die Chance eröffnen, sich nach Verbüßung der Strafe in der Gesellschaft einzugliedern, soweit sie solcher Maßnahmen
bedürfen und diese für sich nutzen können. Kann der Zweck einer solchen Maßnahme
nicht erreicht werden, insbesondere, weil die Gefangenen nicht hinreichend daran mitarbeiten, soll sie beendet werden.
§ 9 Vollzugsplanung
(1) Für die Gefangenen ist eine Vollzugsplanung durchzuführen. Bei Gefangenen mit
einer Vollzugsdauer von über einem Jahr sind Vollzugspläne mit individuellen vollzuglichen Maßnahmen zu erstellen.
(2) Zur Vorbereitung des Vollzugsplanes werden nach der Aufnahme Daten zur Persönlichkeit und zu den Lebensverhältnissen der Gefangenen erhoben. Die Untersuchung
erstreckt sich auf die Ursachen der Straftaten und andere Umstände, deren Kenntnis für
eine planvolle Förderung der Gefangenen im Vollzug, insbesondere durch schulische
oder berufliche Aus- und Weiterbildung oder verhaltensverändernde Maßnahmen und
für die Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung notwendig ist.
(3) Der Vollzugsplan ist mit der Entwicklung der Gefangenen und weiteren Erkenntnissen zu ihrer Persönlichkeit, insbesondere ihre Bereitschaft, an der Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 mitzuarbeiten, in Einklang zu halten und fortzuschreiben.
Hierfür sind im Vollzugsplan angemessene Fristen vorzusehen.
(4) Zur Aufstellung und Fortschreibung des Vollzugsplans werden Konferenzen mit den
an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten durchgeführt.
(5) Die Vollzugsplanung wird mit dem Gefangenen erörtert.
Anmerkung Tr§tzdem:
Dies ist die Kernbestimmung für den
n i e d e r s ä c h s i s c h e n
„Chancenvollzug“.
Aus der bisherigen „Bringschuld“ der
Vollzugsbehörde ist eine „Holschuld“ des
Gefangenen geworden.
Anmerkung Tr§tzdem:
Im bisherigen StVollzG § 7 war aufgelistet, über welche Behandlungsmaßnahmen
mindestens Angaben zu machen waren.
Dies fehlt im Entwurf. So z.B. über:
1. die Unterbringung im geschlossenen oder
offenen Vollzug,
2. die Verlegung in eine sozialtherapeutische
Anstalt,
6. besondere Hilfs– und Behandlungsmaßnahmen,
7. Lockerungen des Vollzuges und
8. notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung
der Entlassung
Der Gesetzentwurf bleibt damit weit
hinter den Intentionen des bestehenden
R 103.2: Nach der Aufnahme in die Anstalt soll so bald wie möglich ein Vollzugsplan (sentense
Gesetzes, das die Resozialisierung in den
plan) erstellt werden; an dessen Erstellung und Fortschreibung sollen die Gefangenen
Vordergrund stellt, zurück.
beteiligt werden.
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
23
Recht & Soziales
Anmerkung Tr§tzdem:
Mit der Föderalisierung des Justizvollzuges ist hoffentlich kein zusätzliches
Hemmnis für eine heimatnahe Verlegung
geschaffen worden.
§ 12 Länderübergreifende Verlegungen
(1) Gefangene können mit Zustimmung des Fachministeriums in eine Vollzugseinrichtung eines anderen Landes verlegt werden, wenn die in diesem Gesetz geregelten Voraussetzungen für eine Verlegung vorliegen und die zuständige Behörde des anderen
Landes der Verlegung in die dortige Vollzugseinrichtung zustimmt. Dabei ist darauf hinzuwirken, dass die nach diesem Gesetz erworbenen Ansprüche der Gefangenen, die
der Verwirklichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 dienen, in angemessener Weise
entweder durch das Land abgegolten werden oder gewährleistet ist, dass in dem anderen Land eine angemessene Anerkennung erfolgt.
(2) Gefangene aus einer Vollzugseinrichtung eines anderen Landes können mit Zustimmung des Fachministeriums in einer Vollzugseinrichtung des Landes aufgenommen
werden. Ansprüche, die die Gefangenen im Geltungsbereich des anderen Landes erworben haben und die der Verwirklichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 dienen,
sind angemessen anzuerkennen, soweit die Ansprüche nicht durch das andere Land
abgegolten werden.
R 17.1:
Gefangene sollen heimatnah untergebracht werden
§ 13 Geschlossener und offener Vollzug
Anmerkung Tr§tzdem:
Mit dieser neuen Regelung im Gesetzent- (1) Die Gefangenen sind in der Regel im Geschlossenen Vollzug unterzubringen. § 178
Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
wurf wird der
Paradigmenwechsel
besonders deutlich.
Im bisherigen Strafvollzugsgesetz (§ 10 Abs.1, 1.
Halbsatz) stand:
Ein Gefangener soll mit seiner Zustimmung in einer
Anstalt oder Abteilung des offenen Vollzuges untergebracht werden,…
(2) Gefangene sollen im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges genügen und namentlich nicht zu befürchten
ist, dass sie sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeit des
Vollzuges zu Straftaten missbrauchen werden.
(3) Gefangene, die sich im offenen Vollzug befinden, sollen im geschlossenen Vollzug
untergebracht werden, wenn sie den Anforderungen nach Absatz 2 nicht genügen oder
es zur Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Abs. 1 erforderlich ist.
(lt. Duden: „Paradigmenwechsel“: Wechsel von einer Grundauffassung zur anderen)
Anmerkung Tr§tzdem:
Das Instrument der Lockerungen wurde
in der Vergangenheit entgegen dem
Wortlaut und der Intention des bestehenden Gesetzes durch exekutive Eingriffe
sehr restriktiv gehandhabt. Mit der neuen
Regelung ist eine weitere Begrenzungsmöglichkeit in die Hand der Vollzugsverwaltung gelegt. Die Einschränkungen,
wie sie in Abs. 3 genannt sind, kennt das
derzeit gültige StVollzG nicht. In Niedersachsen wurde allerdings schon nach den
restriktiven Regelungen der NAV Nr. 1, 2
und 4 zu § 11 StVollzG verfahren.
Positiv ist zu bewerten, dass jetzt die Lockerungsregeln für die Gefangenen mit
lebenslanger Freiheitsstrafe im Gesetz
stehen und nicht nur in VVs oder NAVs.
§ 14 Lockerungen des Vollzuges
(1) Als Lockerungen des Vollzuges kann namentlich angeordnet werden, dass die Gefangenen
1. außerhalb der Anstalt regelmäßig einer Beschäftigung unter Aufsicht
(Außenbeschäftigung)
oder ohne Aufsicht Vollzugsbediensteter (Freigang) nachgehen dürfen,
2. für eine bestimmte Tageszeit die Anstalt unter Aufsicht (Ausführung) oder ohne Aufsicht Vollzugsbediensteter (Ausgang) verlassen dürfen oder
3. bis zu 21 Kalendertage im Vollstreckungsjahr beurlaubt werden.
(2) Diese Lockerungen dürfen zur Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 mit
Zustimmung der Gefangenen angeordnet werden, wenn nicht zu befürchten ist, dass die
Gefangenen sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Lockerungen zu
Straftaten missbrauchen werden.
(3) Im geschlossenen Vollzug sollen Ausgang und Freigang erst angeordnet werden,
wenn hinreichende Erkenntnisse über den Gefangenen vorliegen, auf Grund derer verlässlich beurteilt werden kann, ob die Voraussetzungen des Absatzes 2 im Einzelfall
gegeben sind; dabei sind die Vollzugsdauer und die Länge des davon bereits verbüßten
Teils zu berücksichtigen. Urlaub soll erst angeordnet werden, wenn sich die Gefangenen im Ausgang oder Freigang bewährt haben.
(4) Zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Gefangene können beurlaubt werden,
wenn sie sich einschließlich einer vorhergehenden Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung zehn Jahre im Vollzug befunden haben oder wenn sie in den
offenen Vollzug verlegt worden sind; für Ausgang und Freigang gilt in der Regel eine
Sperrfrist von acht Jahren.
(5) Den Gefangenen, die sich für den offenen Vollzug eignen, aus besonderen Gründen
aber in einer Einrichtung des geschlossenen Vollzuges untergebracht sind, können nach
den für den offenen Vollzug geltenden Vorschriften Lockerungen gewährt werden.
(6) Durch den Urlaub wird die Strafvollstreckung nicht unterbrochen.
R 103.6: „Ein System von Lockerungen soll integraler Bestandteil des Vollzuges bei Strafgefangenen sein.“
24
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Recht & Soziales
§ 18 Entlassungsvorbereitung
(1) Um die Entlassung vorzubereiten, soll der Vollzug gelockert werden (§ 14).
(2) Die Gefangenen können in eine Einrichtung des offenen Vollzuges verlegt werden,
wenn dies der Vorbereitung der Entlassung dient.
(3) Innerhalb von 3 Monaten vor der Entlassung kann zu deren Vorbereitung Sonderurlaub bis zu einer Woche gewährt werden. § 14 Abs. 2 und 6 sowie § 16 gelten entsprechend.
(4) Freigängerinnen und Freigängern (§ 14 Abs. 1 Nr. 1) kann innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung Sonderurlaub bis zu sechs Tagen im Monat gewährt werden.
§ 14 Abs. 2 und 6 sowie § 16 gelten entsprechend. Absatz 3 Satz 1 findet keine Anwendung.
Anmerkung Tr§tzdem:
Spätestens zur Entlassungsvorbereitung
sind Lockerungen unerlässlich. Wenn
allerdings wenig für die Resozialisierung
getan wurde, kann die mit Lockerungen
verbundene Zielsetzung wenig Wirkung
entfalten.
R 107.1: „Strafgefangene (sollen) rechtzeitig vor der Entlassung durch spezielle Programme unterstützt werden, welche ihnen den Übergang aus dem Gefängnis zu
einem straffreien Leben in der Gesellschaft ermöglichen“.
§ 20 Unterbringung während der Ruhezeit
(1) Gefangene sollen während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht
werden. Mit Zustimmung können Gefangene auch während der Ruhezeit gemeinsam
untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist.
(2) Auch ohne Zustimmung der Gefangenen ist eine gemeinsame Unterbringung zulässig, sofern sie hilfsbedürftig sind, eine Gefahr für Leben und Gesundheit besteht oder
die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern.
Anmerkung Tr§tzdem:
Es sollte zu einer Selbstverständlichkeit
werden, dass jeder Gefangene ein Anrecht auf einen Einzelhaftraum hat. Dagegen könnten nur Gefahren für Leben und
Gesundheit stehen.
Mittelknappheit ist
keine (darf keine)
Rechtfertigung für
R 18.5: Gefangene sollen „normalerweise während der Nacht in Einzelzellen untergeandere Vollzugsbebracht werden, es sei denn, sie ziehen es vor, gemeinsam untergebracht zu wer- dingungen (sein).
den“
§ 21 Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz
Die Gefangenen dürfen ihren Haftraum mit Erlaubnis in angemessenem Umfang mit
eigenen Sachen ausstatten. Die Erlaubnis kann versagt oder widerrufen werden, soweit
Sachen die Übersicht des Haftraumes oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt
beeinträchtigen.
Anmerkung Tr§tzdem:
Leider enthält der Gesetzentwurf keine
Angaben über eine Mindestausstattung.
§ 22 Kleidung
(1) Die Gefangenen dürfen eigene Kleidung tragen, wenn sie für Reinigung und Instandsetzung auf eigene Kosten sorgen.
(2) Die Anstaltsleitung kann das Tragen von Anstaltskleidung allgemein oder im Einzelfall anordnen, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist.
Anmerkung Tr§tzdem:
Im nahen europäischen Ausland sind Regelungen vorhanden, nach denen auch für
eigene Bekleidung eine unentgeltliche
Nutzung der Reinigungseinrichtungen
besteht. Auch Niedersachsen sollte sich
dem europäischen Standard anpassen.
R 20.1: Gefangene können grundsätzlich eigene Kleidung tragen und Anstaltskleidung
wird nur gestellt, wenn sie über keine brauchbare Kleidung verfügen
§ 24 Einkauf
(1) Die Gefangenen können sich aus einem von der Vollzugsbehörde vermittelten Angebot Nahrungs- und Genussmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen. Zusätzlich dürfen
die Gefangenen dreimal jährlich in angemessenem Umfang einkaufen (Zusatzeinkauf); hierfür kann ein Höchstbetrag festgesetzt werden. Es soll für ein Angebot gesorgt werden, das auf die Wünsche und Bedürfnisse der
Gefangenen Rücksicht nimmt.
(2) Gegenstände, die die Sicherheit und Ordnung der
Anstalt gefährden, können vom Einkauf ausgeschlossen
werden. In Krankenhäusern und Krankenabteilungen
kann der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genussmittel
auf ärztliche Anordnung allgemein untersagt oder eingeschränkt werden.
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Anmerkung Tr§tzdem:
Der wöchentliche Einkauf ist der Höhepunkt der Gefangenenwoche. Die Unmittelbarkeit des direkten Einkaufs kann
durch nichts ersetzt werden und gehört zu
den nicht verlustig gehen dürfenden sozialen Kompetenzen, insbesondere
für alle, die sich
auf den Stationsküchen als Hobbyköche selbst versorgen.
25
Recht & Soziales
Anmerkung Tr§tzdem:
Wer eine Resozialisierung will, muss
auch eine großzügige Besuchsregelung
zulassen. Dies gilt insbesondere für Besuche von Familienangehörigen.
§ 25 Recht auf Besuch
(1) Gefangene dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens eine Stunde im Monat.
(2) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Erreichung des
Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von den Gefangenen schriftlich erledigt, durch
Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung der Gefangenen aufgeschoben werden
können.
(3) Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt können die Zulassung einer Person zum Besuch von ihrer Durchsuchung abhängig gemacht und die
Anzahl der gleichzeitig zu einem Besuch zugelassenen Personen beschränkt werden.
R 60.4: „Disziplinarmaßnahmen dürfen niemals zu einem totalen Verbot von Familienkontakten führen.“
Anmerkung Tr§tzdem:
Die ständige Überwachung des Schriftwechsels bedeutet eine wesentliche Beeinträchtigung der freien Meinungsäußerung, die über die Sicherheitsbedürfnisse
einer Haftanstalt oft weit hinaus geht. Es
ist zu hoffen, dass die Verwaltungs– und
Ausführungsvorschriften den unbelasteten Schriftwechsel
zwischen Angehörigen nicht unmöglich
machen.
§ 30 Überwachung des Schriftwechsels
(1) Der Schriftwechsel der Gefangenen darf überwacht werden, soweit es zur Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist.
(2) Nicht überwacht werden Schreiben der Gefangenen an Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie an deren Mitglieder, wenn die Schreiben an die Anschriften
dieser Volksvertretungen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. Entsprechendes gilt für Schreiben an das Europäische Parlament und dessen Mitglieder, den
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die Europäische Kommission für Menschenrechte, den Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und die Datenschutzbeauftragten des
Bundes und der Länder. Schreiben der in den Sätzen 1 und 2 genannten Stellen, die an
die Gefangenen gerichtet sind, werden nicht überwacht, wenn die Identität der Absender zweifelsfrei feststeht.
Anmerkung Tr§tzdem:
Ohne ständige und direkte Kommunikation kann eine soziale Beziehung nicht
leben. Wer dies gravierend behindert,
weil er Straf– und U-Haft zusammenlegen will, nimmt den Gefangenen nicht
nur die Freiheit, sondern auch ihre Resoz i a l i s i e r u n g sfähigkeit.
Der
Blick ins nahe
Ausland zu den
dort praktizierten
liberalen Regelungen täte Not.
§ 33 Telekommunikation
(1) In dringenden Fällen kann den Gefangenen gestattet werden, Telefongespräche zu
führen. Die Vorschriften über den Besuch gelten entsprechend. Ist die Überwachung der
Unterhaltung erforderlich, ist die beabsichtigte Überwachung der anrufenden Person
unmittelbar nach Herstellung der Verbindung durch die Vollzugsbehörde oder den Gefangenen mitzuteilen. Die Gefangenen sind rechtzeitig vor Beginn der Unterhaltung über
die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht nach Satz 3 zu unterrichten.
Die Unterhaltung kann zeitversetzt überwacht und zu diesem Zweck gespeichert werden.
(2) Den Gefangenen kann allgemein gestattet werden, Telefongespräche zu führen,
wenn sie sich mit den Nutzungsbedingungen der Vollzugsbehörde einverstanden erklären. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Mit Zustimmung des Fachministeriums kann die Vollzugsbehörde den Gefangenen
auch die Nutzung anderer Formen der Telekommunikation gestatten, wenn sichergestellt ist, dass hierdurch nicht die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wird.
Die Vorschriften über den Besuch oder den Schriftwechsel gelten entsprechend.
Anmerkung Tr§tzdem:
Pakete von Angehörigen dienen dem
Gefangenen nicht nur zur Deckung seiner
besonderen Bedürfnisse, sondern sind
Ausdruck der Verbundenheit und der
Wertschätzung unter Familienangehörigen. Mit der geplanten Regelung werden
die sozialen Beziehungen weiter eingeschränkt. Die Regelung kann auch als
Synonym für die mangelnde Unterstützungsbereitschaft
der Gesetzentwurfsverfasser
zur Resozialisierung von Gefangenen betrachtet
werden.
§ 34 Pakete
(1) Der Empfang von Paketen bedarf der Erlaubnis. Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln sowie mit Gegenständen, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden,
sind ausgeschlossen.
(2) Eingehende Pakete sind in Gegenwart der Gefangenen zu öffnen. Ausgeschlossene
Gegenstände sind zur Habe zu nehmen, zurückzusenden oder, wenn es erforderlich ist,
zu vernichten. Die Maßnahmen werden den Gefangenen mitgeteilt.
(3) Der Empfang von Paketen kann vorübergehend versagt werden, wenn dies wegen
Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.
(4) Den Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Ihr Inhalt kann aus
Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überprüft werden.
X
26
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Recht & Soziales
§ 38 Arbeitspflicht
(1) Die Gefangenen sind verpflichtet, eine ihren körperlichen Fähigkeiten angemessene
Arbeit oder arbeitstherapeutische Beschäftigung auszuüben, zu deren Verrichtung sie
aufgrund ihres körperlichen Zustandes in der Lage sind. Sie können jährlich bis zu drei
Monaten zu Hilfstätigkeiten in der Anstalt verpflichtet werden, mit ihrer Zustimmung
auch darüber hinaus. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Gefangene, die über 65 Jahre
alt sind.
(2) Gefangene haben vorrangig zu arbeiten oder an schulischen oder beruflichen Maßnahmen teilzunehmen. Aus wichtigem Grund kann hiervon abgewichen werden.
Anmerkung Tr§tzdem:
Hier ändert sich die Gesetzeslage nicht.
Bei Gefangenen besteht im Allgemeinen
auch ein Arbeitsinteresse. Eine Arbeitspflicht geht aber über den mit der Freiheitsstrafe verbundenen Entzug der Freiheit hinaus und ist daher abzulehnen.
Dem Gedanken sind andere europäische
Staaten gefolgt.
R 28.4: „Erziehung soll keinen geringeren Status im Gefängnis haben als Arbeit und
die Gefangenen dafür weder finanzielle noch sonstige Nachteile erleiden, wenn
sie an Erziehungsmaßnahmen teilnehmen.“
R 105.3: Wenn Strafgefangene zur Arbeit verpflichtet sind (was die Europäischen Gefängnisregeln nicht vorschreiben), müssen die Arbeitsbedingungen den Maßstäben und Kontrollen entsprechen, die außerhalb des Gefängnisses gelten.
§ 42 Einbehaltung von Beitragsteilen
Soweit die Vollzugsbehörde Beiträge an die Bundesagentur für Arbeit zu entrichten hat,
hat sie von dem Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe einen Betrag einzubehalten,
der dem Anteil der Gefangenen am Beitrag entspräche, wenn sie diese Bezüge als Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer erhielten.
Anmerkung Tr§tzdem:
Durch die Nichtversicherung bei der
Rentenversicherung erweist sich die
R 27.17: Es wird empfohlen, die arbeitenden Gefangenen „soweit wie möglich in das Nichtzahlung der Beiträge als eine
nationale Sozialversicherungssystem einzubeziehen“
„resozialisierungsfeindliche Spätfolge der
Freiheitsstrafe“, denn diese fehlen bei der
späteren Rentenberechnung.
§ 61 Aufenthalt im Freien
Arbeiten die Gefangenen nicht im Freien, so wird ihnen täglich mindestens eine Stunde
Aufenthalt im Freien ermöglicht, wenn die Witterung dies zu der festgesetzten Zeit zulässt.
R 25.2: „Allen Gefangenen (wird) erlaubt, so viele Stunden pro Tag außerhalb ihrer
Zelle zu verbringen, wie es für ein akzeptables Niveau menschlicher und sozialer Interaktion erforderlich ist.“
Anmerkung Tr§tzdem:
Leider fehlt eine Regelung, wie sie die
Europäischen Gefängnisregeln kennen.
Zudem sind im nahen europäischen Ausland großzügigere Regeln üblich.
Die U-Haft
§ 129 Zweck der Untersuchungshaft
Der Vollzug der Untersuchungshaft dient dem Zweck, durch sichere Unterbringung der
Beschuldigten die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und
den in den gesetzlichen Haftgründen zum Ausdruck kommenden Gefahren zu begegnen.
§ 130 Stellung der Gefangenen
(1) Die Gefangenen gelten als unschuldig.
(2) Annehmlichkeiten und Beschäftigungen dürfen sie sich im Rahmen der Vorschriften
dieses Teils auf ihre Kosten verschaffen.
(3) Im Vollzug der Untersuchungshaft können den Gefangenen über § 4 Satz 2 hinaus
Beschränkungen ihrer Freiheit auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft
erfordert.
(4) Absatz 3 gilt auch, wenn Untersuchungshaft zum Zwecke der Vollstreckung einer
anderen freiheitsentziehenden Maßnahme unterbrochen oder gegen Gefangene oder
Sicherheitsverwahrte in anderer Sache Untersuchungshaft abgeordnet wird. § 148 Abs.
2 und 148 a der Strafprozessordnung sind anzuwenden.
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Anmerkung Tr§tzdem:
In § 4 Satz 2 heißt es: Soweit das Gesetz
eine besondere Regelung nicht enthält, können
ihnen die Beschränkungen (den Gefangenen)
auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung
der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich sind.
Da Straf– und U-Häftlinge oft gemeinsam
untergebracht sind, kumulieren vielfach
die jeweiligen Beschränkungen
27
Recht & Soziales
Anmerkung Tr§tzdem:
Die gemeinsame Unterbringung von Untersuchungsgefangenen mit Strafgefangenen ist problematisch, da die für die jeweilige Gruppe geltenden Restriktionen
kumulativ wirken können.
§ 136 Trennung
Soweit es der Zweck der Untersuchungshaft erfordert, ist die Trennung von einzelnen
Gefangenen anzuordnen, insbesondere solchen, die der Täterschaft, Teilnahme, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei bezüglich derselben Tat verdächtig oder bereits abgeurteilt sind oder als Zeuginnen oder Zeugen in Betracht kommen. § 165 bleibt
unberührt.
§ 137 Unterbringung
(1) Gefangene sollen während der Ruhezeit in ihren Hafträumen alleine untergebracht
werden. Mit ihrer Zustimmung können sie mit Gefangenen, auch anderer Haftarten, gemeinsam untergebracht werden. Auch ohne ihre Zustimmung ist eine gemeinsame Zustimmung zulässig, sofern Gefangene hilfsbedürftig sind oder eine Gefahr für Leben
oder Gesundheit Gefangener besteht oder die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies
erfordern.
(2) Den Gefangenen kann Gelegenheit gegeben werden, sich außerhalb der Ruhezeit in
Gemeinschaft mit anderen Gefangenen, auch anderer Haftarten, aufzuhalten.
(3) Vor einer Entscheidung nach Absatz 1 Sätze 2 und 3 oder Absatz 2 ist die Staatsanwaltschaft anzuhören.
(4) Soweit es der Zweck der Untersuchungshaft oder die Sicherheit oder Ordnung der
Anstalt erfordern, kann die gemeinschaftliche Unterbringung während der Ruhezeit und
der gemeinschaftliche Aufenthalt außerhalb der Ruhezeit ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.
Anmerkung Tr§tzdem:
Auch die unterschiedlichen Regeln für
Ausstattung des Haftraumes, persönlichen
Besitz, Kleidung und Einkauf führen zu
Unverträglichkeiten bei gemeinsamer
U n te r b r in g un g
von Straf– und
U-Haft.
Nach dem derzeit
gültigen Tagessatz beträgt der
monatlich mögliche Einkaufsbetrag 176,40 Euro
§ 138 Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz, Kleidung und Einkauf
(1) Die Gefangenen dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten, die ihnen mit Zustimmung oder auf Vermittlung der Vollzugsbehörde
überlassen worden sind.
(2) Die Gefangenen dürfen eigene Kleidung, eigenen Wäsche und eigenes Bettzeug
benutzen, wenn Gründe der Sicherheit nicht entgegenstehen und sie für Reinigung und
Instandsetzung auf eigene Kosten sorgen.
(3) Die Gefangenen dürfen aus einem von der Vollzugsbehörde vermittelten Angebot
regelmäßig in angemessenem Umfang Nahrungs- und Genussmittel sowie Gegenstände des persönlichen Bedarfs kaufen. Die Ausgaben für Einkäufe sollen monatlich den
30fachen Tagessatz der Eckvergütung (§ 147 Abs. 3 Satz 2) nicht übersteigen. Es soll
für ein Einkaufsangebot gesorgt werden, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt.
(4) Soweit es der Zweck der Untersuchungshaft oder die Sicherheit oder Ordnung der
Anstalt erfordert, können
1. die Rechte aus Absatz 2 ausgeschlossen oder eingeschränkt und
2. die in Absatz 1 und Absatz 3 Satz 1 genannten Rechte eingeschränkt werden.
§ 139 Recht auf Besuch, Zulassung
Anmerkung Tr§tzdem:
Es ist zu hoffen, dass das Genehmigungs- (1) Zum Besuch bei einzelnen Gefangenen wird nur zugelassen, wer über eine Besuchserlaubnis (Einzel- oder Dauerbesuchserlaubnis) verfügt; im Übrigen gilt für das
verfahren nicht zu lange dauert.
Recht der Gefangene auf Besuch § 25 entsprechend.
(2) Über die Besuchserlaubnis entscheidet das Gericht. Es kann die Erlaubnis versagen
oder von der Befolgung von Weisungen abhängig machen, wenn es der Zweck der Untersuchungshaft oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert. Bei nachträglichem Eintreten oder Bekanntwerden solcher Umstände kann die Erlaubnis aufgehoben
oder beschränkt werden.
Anmerkung Tr§tzdem:
In der Vollzugspraxis
besteht bei gemeinsamer
Unterbringung die Neigung, die
Überwachungsregeln auch auf
die Strafgefangenen ausAnmerkung Tr§tzdem:
Die Gefangenen sollten
fast immer über das Anhalten von Schreiben
informiert werden.
28
§ 141 Recht auf Schriftwechsel
(1) Die Gefangenen dürfen nach den Vorschriften dieses Teils Schreiben absenden und
empfangen.
(2) Die Kosten des Schriftverkehrs tragen die Gefangenen. Bei bedürftigen Gefangenen
kann die Vollzugsbehörde auf Antrag Kosten in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 143 Anhalten von Schreiben
(1) Schreiben können angehalten werden, wenn es der Zweck der Untersuchungshaft
oder die Sicherheit oder Ordnung einer Anstalt erfordert. Im Übrigen gilt § 32 Abs. 1
Nrn. 2 bis 6 entsprechend. Über das Anhalten von Schreiben entscheidet die für die
Textkontrolle zuständige Stelle.
(2) Entscheidungen nach Absatz 1 sind den betroffenen Gefangenen mitzuteilen. Hiervon kann vorübergehend abgesehen werden, wenn es der Zweck der Untersuchungshaft oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert.
(3) Soweit angehaltene Schreiben nicht nach den §§ 94 und 98 der Strafprozessordnung beschlagnahmt werden, werden sie an die absendende Stelle zurückgegeben
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Recht & Soziales
oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, bei der anhaltenden Stelle verwahrt.
§ 144 Telefongespräche
(1) Den Gefangenen kann es mit Erlaubnis des Gerichts und der Vollzugsbehörde gestattet werden, über den Festnetzanschluss der Anstalt Telefongespräche zu führen. Das
Gericht kann die Erlaubnis zur Abwehr einer Verdunkelungsgefahr versagen. Die Vollzugsbehörde kann die Erlaubnis versagen, soweit der Zweck der Untersuchungshaft im
Übrigen, die Sicherheit, Ordnung oder die räumlichen, personellen oder organisatorischen Verhältnisse der Anstalt entgegenstehen.
(2) § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 1 bis 4 und 6, § 141 Abs. 2 sowie § 33 Abs. 1 Sätze 3 und
4 gelten entsprechend.
§ 147 Beschäftigung, Bildungsmaßnahmen
(1) Die Gefangenen sind nicht zur Arbeit verpflichtet.
(2) Ihnen soll auf Nachfrage nach Möglichkeit Arbeit oder eine Hilfstätigkeit in der Anstalt angeboten werden.
(3) Bei Ausübung einer angebotenen Arbeit oder Hilfstätigkeit erhalten die Gefangenen
ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung sind fünf vom Hundert der Bezugsgröße nach § 18
des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches zu Grunde zu legen (Eckvergütung). § 40
Abs. 3 und 5 sowie §§ 42 und 44 gelten entsprechend.
(4) Geeigneten Gefangenen soll auf ihre Kosten Gelegenheit zum Erwerb oder zur Verbesserung schulischer oder beruflicher Kenntnisse gegeben werden, soweit es die Möglichkeiten der Vollzugsbehörde und die besonderen Bedingungen der Untersuchungshaft zulassen.
Anmerkung Tr§tzdem:
Die gemeinsame Unterbringung von
Straf– und Untersuchungsgefangenen
führt zu undifferenzierten Regelungen in
der Haftanstalt. Es fehlen genauere Angaben.
Anmerkung Tr§tzdem:
Die Verbesserung der schulischen und
beruflichen Ausbildung sollte für den
Gefangenen kostenlos sein. Gerade die
Ausbildungsdefizite begünstigen oft den
Weg in die Kriminalität. Wer resozialisieren will, sollte intensiv ausbilden.
§ 148 Freizeit
Für die Gestaltung der Freizeit der Gefangenen gelten die §§ 63 bis 66 entsprechend
mit der Maßgabe, dass die sich daraus ergebenden Möglichkeiten und Rechte auch
eingeschränkt und aufgehoben werden können, wenn der Zweck der Untersuchungshaft
gefährdet wird.
§ 167 Belegungsfähigkeit und Ausstattung
der Räume
(1) Das Fachministerium setzt die Belegungsfähigkeit sowie die Zahl der Einzel- und Gemeinschaftsräume für die Anstalt fest.
(2) Räume für den Aufenthalt während der
Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und
Besuchsräume müssen zweckentsprechend
ausgestattet und für eine gesunde Lebensführung ausreichend mit Heizung, Lüftung,
Boden- und Fensterfläche ausgestattet sein.
Die Anstalt
Anmerkung Tr§tzdem:
Der Gesetzentwurf enthält leider keine
Angaben über Mindestgrößen der Räume
und deren Mindestausstattung.
Die Fotos aus der JVA Oldenburg sind dem Bildband „Innenwelten“ von Robert Geipel entnommen.
R 18.3: Die Mindestgröße der Räume muss im nationalen Recht festgelegt werden.
R 19.3: „Gefangene sollen jederzeit Zugang zu Toiletten haben, welche hygienisch
sind und die Privatheit respektieren“
§ 179 Bildung der Beiräte
(1) Bei den Anstalten sind Beiräte zu bilden.
(2) Vollzugsbedienstete dürfen nicht Mitglied eines Beirates sein.
Anmerkung Tr§tzdem:
Leider haben die Beiräte bisher keinen
Status, der dem nahe kommt, was die
Europäischen Gefängnisregeln angeben.
R 93.1: zusätzlich zu staatlicher Aufsicht wird die „Überwachung (monitoring) durch Dies ändert sich auch nicht durch den
unabhängige Einrichtungen, deren Erkenntnisse veröffentlicht werden sollen“ Niedersächsischen Gesetzentwurf.
gefordert.
Weitere Europäische Gefängnisregeln (nicht vollständig):
R 40.2: „Die Gesundheitspolitik des Gefängnisses soll in die allgemeine Gesundheitspolitik integriert und mit dieser
kompatibel sein.“
R 56.2: Es wird empfohlen, wann immer möglich „Mechanismen der Wiedergutmachung und Mediation einzusetzen,
um Konflikte mit und zwischen Gefangenen zu beheben“
R 78: „Vollzugsbedienstete sollen normalerweise auf Dauer und im Rahmen des öffentlichen Dienstes eingestellt
werden…“
R 88: „Soweit private Gefängnisse bestehen, sollen alle Europäischen Gefängnisregeln gelten.“
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
29
Recht & Soziales
Haftkosten
Strafvollzugsarchiv
Die Merkblätter des Archivs
von Johannes Feest
Stand: Dezember 2006
Frage 1: Müssen Gefangene Haftkosten bezahlen?
Antwort: Grundsätzlich ja (nach §
50 Abs. 1 StVollzG, in der seit
5.10.2002 geltenden Fassung). In erster
Linie gilt dies allerdings für Gefangene,
die als Freigänger auf der Grundlage
eines normalen Beschäftigungsverhältnisses arbeiten. Allerdings auch für solche, die aus eigenem Verschulden ohne
Arbeit sind („Arbeitsverweigerer“). Umgekehrt werden Haftkosten nicht erhoben bei Gefangenen, die Arbeitsentgelt
nach § 43 StVollzG beziehen (§ 50 Abs.
1 Nr. 1 StVollzG).
Frage 2: Darf die Anstalt für die
Haftkosten auch das Überbrückungsgeld in Anspruch nehmen?
Antwort: Nein. Dies ist ausgeschlossen durch § 51 StVollzG, wonach
das Überbrückungsgeld grundsätzlich
nicht angetastet werden darf. Dagegen
spricht auch nicht die neue Regelung das
§ 50 Abs. 2 Satz 5, wonach auch der
unpfändbare Teil der Bezüge für die
Haftkosten herangezogen werden darf,
die sich nur auf das Eigengeld bezieht.
In diesem Sinne haben sich neuerdings
die Landesjustizverwaltungen verständigt.
Frage 2: Kann es angehen, dass auch
solche Gefangene Haftkosten zahlen
müssen, die unverschuldet ohne Arbeit sind oder die zur Arbeit nicht
verpflichtet sind?
Antwort: Das kommt darauf an.
Normalerweise dürfen Haftkosten bei
solchen Gefangenen nicht erhoben werden (§ 50 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG). Das
gilt jedoch nicht für solche Gefangene,
welche für diesen Zeitraum andere Einkünfte (Renten u.ä.) haben. In diesem
Fall können Haftkosten bis zur Höhe der
Einkünfte erhoben werden (§ 50 Abs. 1
Satz 3 StVollzG). Dem Gefangenen
muss jedoch ein Betrag verbleiben, der
dem mittleren Arbeitsentgelt in den Jus30
tizvollzugsanstalten des betreffenden
Landes entspricht (§ 50 Abs. 1 Satz 4
StVollzG).
Frage 4: Muss man auch als Selbständiger (§ 39 Abs. 2 StVollzG)
Haftkosten bezahlen?
Antwort: Die Anstalt kann die Genehmigung der Selbstbeschäftigung
davon abhängig machen, dass einem
mindestens ein Betrag in Höhe des mittleren Arbeitsentgelts nach § 43
StVollzG verbleibt.
Frage 5: Wie hoch ist der Haftkostenbeitrag?
Antwort: Die Höhe wird am 1. Oktober jeden Jahres vom Bundesjustizministerium festgelegt, nach Regeln, die
sich aus dem Sozialgesetzbuch ergeben.
Dabei wird nach den alten und neuen
Bundesländern unterschieden. Das Land
Berlin wird dabei insgesamt zu den alten
Bundesländern gerechnet. Der genaue
Betrag sollte am besten in der Anstalt
erfragt werden.
Frage 6: Gilt dies alles auch für
Maßregelpatienten und –
patientinnen?
Antwort: Ja. Dies ist jetzt in § 136
Abs. 2 StVollzG durch einen Verweis
auf § 50 StVollzG ausdrücklich vorgesehen. Keine Haftkosten werden bei MaßregelpatientInnen berechnet, die eine
„zugewiesene oder ermöglichte“ Arbeit
verrichten. Darunter müssen vernünftigerweise alle Tätigkeiten verstanden
werden, für welche ein Entgelt bezahlt
wird. Soweit Haftkosten erhoben werden, muss den MaßregelpatientInnen
mindestens der Betrag verbleiben, „der
dem Barbetrag entspricht, den ein in
einer Einrichtung lebender und einen
Teil der Kosten seines Aufenthalts tragender Sozialhilfeempfänger zur persönlichen Verfügung erhält“ (§ 136 Abs. 2
Satz 1 am Ende).
Frage 7: Wie steht es mit den Stromkosten?
Antwort: Das ist umstritten. Die
Meinung, wonach die Erhebung von
Stromkosten im Widerspruch zu der
Regelung der Haftkosten in § 50
StVollzG steht (Köhne/Feest ZfStrVo
2006, 74-76) wird von der Rechtssprechung bisher nicht geteilt (OLG Celle
ZfStrVo 2005, 178; OLG Koblenz
ZfStrVo 2006, 179; ähnlich OLG Bremen 28.06.2005 unveröffentlicht). Anerkannt ist jedoch, dass auch hier die
Grundversorgung zu den Haftkosten
gehört (Däubler/Spaniol in: AK
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
StVollzG § 50 Rz. 13 ff). Umstritten ist,
wo die Grenze der Grundversorgung
liegt, ferner, ob Pauschalbeträge erhoben
werden dürfen, obwohl der Angleichungsgrundsatz für die Abrechnung des
konkreten Verbrauchs spricht.
Frage 8: Wie steht es mit den Gesundheitskosten?
Antwort: Der Vollzug hat für die
körperliche und geistige Gesundheit der
Gefangenen zu sorgen (§ 56 StVollzG).
Was darunter fällt, entscheidet der Anstaltsarzt (§ 158 StVollzG). Die anfallenden Kosten sind vom Staat zu tragen,
soweit das Gesetz nicht ausdrücklich
etwas anderes bestimmt (wie für den
Zahnersatz in § 62 StVollzG). Dem entspricht es, wenn in manchen Anstalten
eine „Praxisgebühr“ bzw.
„Rezeptgebühr“ erhoben wird. Diese
Auslegung wird bestätigt durch die Bundesratsinitiative der Länder Bayern und
Baden-Württemberg, welche eine weitergehende Heranziehung zu den Gesundheitskosten ermöglichen soll.
Humor
Die Top 5 für Häftlinge:
Woran erkennt ein Häftling nach seiner
Entlassung, dass er zu lange im Knast
war?
•
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•
•
•
Man bittet seine Partnerin, vor dem
zu Bett gehen „Einschluss“ zu rufen.
Man gibt dem Kassierer im Supermarkt anstatt Bargeld einen Einkaufsschein.
Jeden Freitag sammelt man Wäsche und wartet vor der Schlafzimmertür auf Wäschetausch.
Man geht im Garten spazieren- im
Kreis.
Man schreibt seiner Frau Anträge,
wenn man etwas von ihr möchte.
Die Top 5 für Beamte:
Woran erkennt ein JVA- Beamter, dass er
überarbeitet ist?
•
•
•
•
•
Man schließt auch zuhause alle
Türen ab.
Im Garten sind Kameras installiert,
um die Kinder beim Spielen zu beobachten.
Vorm gemeinsamen Spaziergang
mit der Familie ruft man „Freistunde“.
Bringt eines der Kinder eine
schlechte Zensur nach Hause, gibt es
„Einschluss“.
Beischlaf erfolgt nur nach einem
genehmigten Antrag auf Langzeitbesuch.
Feridun Mercan
Recht & Soziales
Behandlungsvollzug
Neue Sichtweisen
(Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung des
Beitrags „Behandlungsvollzug – Abschied von
einem überkommenen Begriff“ von Wolfgang
Schriever aus der ZfStrVo 5/06)
Für den Vollzug gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Konzepte: Verwahrvollzug und Behandlungsvollzug.
Verwahrvollzug ist schnell definiert:
Dabei wird der Gefangene während der
Haftzeit im Rahmen der Wahrung seiner
Grundrechte und –bedürfnisse betreut,
ein „Eingriff“ in die Persönlichkeit erfolgt nicht, ist auch nicht geplant. Behandlungsvollzug wird gedeutet als
„gezieltes systematisches Vorgehen zur
dauerhaften Änderung von Verhalten“ –
Pädagogik also. „Es geht um Besserung
und Bekehrung.“ Dabei gibt es keinerlei
Untersuchungen, gesicherte Erkenntnisse über erfolgreiche Konzepte, Mittel,
Instrumente, Vorgehensweisen usw.; in
der Praxis wird „aus dem Bauch“ heraus, vorwiegend gefühlsgeleitet gehandelt und vorgegangen. Die vorliegenden
wissenschaftlichen Erkenntnisse sind
spärlich und geben keine eindeutigen
Hinweise, selbst Interpretationen wie
„Nothing works“ sind möglich und vielleicht berechtigt. Klar ist, dass
„Behandlung“ kein irreversibler Prozess
ist, man nicht sicher sein kann, dass eine
„Behandlung“ dauerhaft erfolgreich sein
wird. Wissenschaftliche Forschung kann
möglicherweise nicht hinreichend funktionieren, zu groß ist die Zahl der zu
berücksichtigenden Faktoren.
Kann eine andere Sichtweise auf
„den Kriminellen“ helfen? Herkömmliche Sozialisationstheorien behaupten die
mangelhafte Erziehung „des Kriminellen“ als Ursache seiner Straffälligkeit.
Hinzuzufügen ist sicherlich, dass er
wohl auch aufgrund eigener Bedürfnisse
handelt. Auch er sucht wie jeder andere
Mensch seine Bedürfnisse nach
„sicherer Umgebung“, sozialer Gemeinschaft, Status etc. zu befriedigen. „Für
den Strafvollzug bedeutet dies: Die Bedürfnisse von Menschen, die straffällig
geworden sind, müssen erkannt und
eben auch in der Regel akzeptiert werden. Es gilt Mittel und Wege zu finden,
damit diese legal befriedigt werden können.“ (In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Teufelskreis von mangelnden Bildungsabschlüssen, schlechter
Qualifikation, Arbeitslosigkeit und
Straffälligkeit hinweisen, siehe den Artikel zur Bildung in der Tr§tzdem Nr. 33
vom Mai 2006.)
„Im Strafvollzug muss es also im
Sinn einer Rückfallvermeidung in erster
Linie darum gehen, Bedingungen zu
schaffen oder zu erhalten, die sich rückfallhemmend auswirken.“ Das meint
feste soziale Bindungen wie Partnerschaft/Ehe, berufliche Einbindung usw.
Bemühungen, die sich lediglich auf den
Charakter des Delinquenten ausrichten,
können nicht funktionieren, da sie den
Einfluss der Umgebung, in die der entlassene Straffällige zurück kommt, unterschätzen. Daher könne es im Strafvollzug nicht darum gehen, den Strafgefangenen zu missionieren; dies würde
eher eine Abwehrreaktion als Erfolg
versprechen. Deshalb ist der Begriff des
Behandlungsvollzugs irreführend, da er
suggeriert, dass lediglich der Mensch
geändert werden müsse; als ob verurteilte Straftäter abnormale Persönlichkeiten
wären und Kriminalität nicht durch alle
Gesellschaftsschichten und Persönlichkeitsvarianten gehen würde. Vielmehr
sollte akzeptiert werden, dass Kriminalität auch „vernünftig“ sein kann.
„Solange wir es nicht schaffen, das Streben der Gefangenen nach Bedürfniserfüllung in andere Bahnen zu lenken, ist
eine Rückfallvermeidung zum Scheitern
verurteilt.“ Dabei ist selbstverständlich,
dass jeder Straftäter anders ist und die
Straffälligkeit individuell verschiedene
Ursachen hat. „Bevor überhaupt daran
zu denken ist, irgendwelche positiven
Veränderungen bei einem Gefangenen
hervorzurufen, müssen die schädlichen
Folgen des Vollzuges vermieden werden. (Das gilt besonders für den Kurzstrafenvollzug bis zu 3 Jahren Haftstrafe.) Wenn es gelingt, die positiven Einflussfaktoren bei dem Gefangenen zu
erhalten, ist viel gewonnen. Urlauben,
Lockerungen, der Direktverlegung in
den offenen Vollzug kommt dabei eine
besondere Bedeutung zu.“
Konsequenterweise sollte also von
Rückfallvermeidung und nicht von
„Behandlung“ gesprochen werden, professionelle Vollzugsarbeit habe verschleiernde Begriffe nicht nötig, meint
der Autor Werner Schriever.
Dazu sei angemerkt, dass auch der
Begriff „professionell“ in keiner Hinsicht festgelegt ist. Was ist professionell: effektiv, sparsam, zeitsparend, rückfallverhindernd, angenehm, unfallfrei, transparent oder was? Professionell meint normalerweise nur „von Berufs wegen“. Wirklich professionell wäre wohl
eine eindeutige Fest- und Offenlegung der
Ziele des Vollzugs. Dann könnte man ihn
danach auch einfacher ausrichten …
Die neue Klarheit?
Schafft das Gesetz zur Neuregelung des
Justizvollzuges in Niedersachsen Klarheit über die zu erreichende Vollzugswirklichkeit?
In den Vorbemerkungen zum Eckpunktepapier für ein Niedersächsisches
Strafvollzugsgesetz hieß es: „Mit der
Einführung des „Einheitlichen Niedersächsischen Vollzugskonzeptes“ hat
Niedersachsen bereits auf die Vollzugswirklichkeit mit den Mitteln der Exekutive reagiert.“
Was steht nicht
im Gesetz?
Man möchte meinen, dass nunmehr
mit dem Gesetzentwurf Regelungen
beschrieben worden sind, die die zukünftige Vollzugswirklichkeit eindeutig
und vollständig bestimmen werden und
dass die Legislative Klarheit über die zu
herrschenden Verhältnisse im Strafvollzug in Niedersachsen herstellt.
Sieht man genauer hin, so ergeben
sich Unklarheiten, verdeckte Absichten
und offene Türen für exekutives Handeln nach politischer Mode.
Dazu passt auch der folgende Beitrag:
UM
Niedersachsen schafft Anstaltsbüchereien ab
Der Schäbigkeitswettbewerb hat begonnen
von Johannes Feest
Im Oktober 2006 erreichte uns die Nachricht, dass die JVA Hannover die Anstaltsbücherei geschlossen hat. Das
widerspricht § 67 StVollzG, wonach der
Gefangene Gelegenheit haben soll,
“eine Bücherei zu nutzen“. Der Entwurf
eines Gesetzes zur Neuregelung des
Justizvollzuges in Niedersachsen
(Dezember 2006) zeigt jetzt, dass das
Land sich generell aus der Verpflichtung
zurückziehen will, eine Bücherei für die
Gefangenen vorzuhalten. Weder im Erwachsenenstrafvollzug noch in der Untersuchungshaft ist dort eine gesetzliche
Verpflichtung zum Vorhalten von Bibliotheken vorgesehen. Nur noch im Jugendvollzug
sollen
Gefangene
„angehalten werden, eine Bücherei zu
nutzen sowie den verantwortungsvollen
Umgang mit
Medien zu erlernen, soweit dies mit der Sicherheit der Anstalt
vereinbar ist“ (§ 125 des nds. Entwurfs).
Markus Lanfer
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
31
Recht & Soziales
gefangenen wegen dessen Weigerung, zur Überprüfung auf einen
Drogenkonsum eine Urinprobe abzugeben.
Begleitmusik
Niedersächsisches Justizministerium
- Referat für Presse und Öffentlichkeitsarbeit -
„Arbeit ist ein wichtiger Baustein
für das Leben nach der Haft“
HANNOVER. Anlässlich der heutigen Diskussionsveranstaltung zur
Zukunft des Justizvollzugs im Congress-Centrum Hannover betonte
Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann die Bedeutung der Gefangenenarbeit.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung zum neuen Niedersächsischen Justizvollzugsgesetz
(NJVollzG) sieht vor, Arbeit und Ausbildung stärker in den Mittelpunkt
des Tagesablaufs der Inhaftierten zu
stellen. Heister-Neumann: „Arbeit ist
ein wichtiger Baustein für ein straffreies Leben nach der Haft. Wir wollen die Gefangenen noch besser
darauf vorbereiten.“
Zudem forderte die Justizministerin in ihrer Rede, die Auskunftsansprüche für Opfer von schweren
Straftätern zu erweitern. Im neuen
NJVollzG müsse festgeschrieben
sein, dass Opfern einer Sexual- oder
Gewalttat auf Antrag mitzuteilen ist,
ab wann der Vollzug für den Täter
gelockert wird. Es solle vermieden
werden, dass sich Täter und Opfer
zufällig und unvorbereitet treffen.
Heister-Neumann äußerte sich
auch zur Löschungsfrist personenbezogener Daten ehemaliger Gefangener. „Diese sollten künftig fünf
anstatt wie bisher für zwei Jahre gespeichert werden“, forderte die Ministerin. Eine längere Speicherung
der Daten würde nach einer erneuten Inhaftierung das Sicherheitsrisiko minimieren.
Pressemitteilung 09/07 vom 02.02.2007
Humor
Opa und Enkel gehen in den Wald. Nach
einer Weile sagt der Enkel: „Opa, hier ist
es langweilig“. Opa bückt sich, pflückt
Gras und Blumen und sagt zu seinem
Enkel: „Das ist Natur!“ Der Enkel meint
aber: „Ich sehe kein Kettcar.“ Opa, nun
Gras und Blumen im Mund, sagt zu seinem Enkel: „Guck richtig hin, das ist Natur“. „Aber ich sehe kein Kettcar“, antwortet der Enkel. Der Opa fragt: „Was meinst
Du eigentlich immer mit Kettcar?“. „Opa,
das ist so, Papa hat gesagt, wenn Opa
ins Gras beißt, bekomme ich ein Kettcar!“
32
OLG
Oldenburg,
Besch.
14.06.2005 – 1 Ws 304/05
v.
• Aus den Gründen: Die Beschwerde
ist gem. §§ 304, 119 Abs. 3 StPO
zulässig, in der Sache indessen unbegründet.
Aus der Rechtssprechung
Interessante Urteile
Zur Verfügung gestellt von Anwaltskanzlei
Joester pp, Bremen, RA Hübel, Quelle:
„Strafverteidiger“ Nr. 2/2007
Täter-Opfer-Ausgleich
(StGB §§ 46, 46a)
Die bloße strafmildernde Berücksichtigung einer Schmerzensgeldzahlung im Rahmen einer Schlichtungsvereinbarung an das Opfer
kann die gebotene prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des §
46 StGB nicht ersetzen. Fehlt eine
solche Erörterung, stellt dies einen
sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils dar.
OLG Bremen, Beschl. v. 26.01.2006
– Ss 47/05
Widerruf eines Verschonungsbeschlusses
(StPO §§ 116, 112)
Zum mittelbaren Widerruf eines
Haftverschonungsbeschlusses durch
Erlass eines neuen Haftbefehls wegen neu hervorgetretener Umstände.
BVerfG, 3. Kammer, Beschl. v.
29.11.2006 – 2 BvR 2342/06
• Aus den Gründen: Die Verfassungsbeschwerde betrifft den mittelbaren
Widerruf eines Haftverschonungsbeschl. Durch Erlass eines neuen
Haftbefehls wegen neu hervorgetretener Umstände i.S. v. § 116 Abs. 4
Nr. 3 StPO.
Aufhebung eines Haftbefehls wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots
(StPO § 120 Abs. 1)
Verzögert sich der Abschluss eines
Verfahrens um ca. fünf Monate, weil
die Staatsanwaltschaft es unterlassen hat, vom Gericht angeforderte
Akten rechtzeitig zur Verfügung zu
stellen, führt dies zur Aufhebung
eines Haftbefehls, wenn sich durch
die Verzögerung die Dauer des gerichtlichen Verfahrens nach Anklageerhebung mehr als verdoppelt.
OLG Koblenz, Beschl. v. 26.9.2006
– 1 Ws 601/06
Hauptverhandlungsdichte bei Untersuchungshaft
(StPO § 120)
In der Haftsache, die wegen ihres
Umfangs oder wegen der schwierigen Beweislage nicht in wenigen
Tagen erledigt werden kann, ist regelmäßig an 2 Tagen in der Woche
zu verhandeln. Verhinderungen
durch Urlaube, Krankheit o. ä. sind
durch vor- oder nachgeholte Sitzungstage auszugleichen. Sogenannte Schiebetermine zählen nicht
als Sitzungstage, denn sie sind offensichtlich nicht geeignet, die Erledigung der Sache zu fördern. Genügt eine Verfahrensgestaltung diesen Grundsätzen nicht, ist ein Haftbefehl (auch während laufender
Hauptverhandlung) aufzuheben.
OLG
Düsseldorf,
Beschl.
16.11.2006 – III – 1 Ws 437/06
v.
Verweige-
Aufhebung eines Haftbefehls wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots nach erstinstanzlichem Urteil
(StPO § 120 Abs.1)
Zur Zulässigkeit einer Disziplinarstrafe gegen einen Untersuchungs-
Kommt es nach Verkündung eines
erstinstanzlichen Urteils zu einer
Disziplinarstrafe bei
rung einer Urinprobe
(+ StPO § 119)
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Recht & Soziales
gravierenden
Verfahrensverzögerung von ca. 4 ½ Monaten, die im
Verantwortungsbereich der Justiz
liegt und kann dadurch die Berufungsverhandlung erst über ein Jahr
nach Erlass des erstinstanzlichen
Urteils durchgeführt werden, ist ein
Haftbefehl aufzuheben.
OLG Dresden, Beschl. v. 13.10.2006
– 1 Ws 207/06
Notwendige Verteidigung im Verfahren über die Aussetzung des
Strafrestes zur Bewährung
(StPO §§ 454,140 Abs. 2; StGB §
57)
Im Vollstreckungsverfahren ist bei
einer schwierigen Sach- und Rechtslage in entsprechender
Anwendung des § 140
Abs. 2 S. 1 StPO
dem
Verurteilten
ein Pflichtverteidiger
beizuordnen.
Von einer schwierigen vollstreckungsrechtlichen Lage ist im Falle der Entscheidung über die Aussetzung des
Strafrestes zur Bewährung auszugehen, wenn die StVK ein umfangreiches psychiatrisch-neurologisches
Gutachten zur Gefährlichkeitsprognose eingeholt hat, das rechtlich und
medizinisch schwierige Fragestellungen aufwirft, und wenn im Anhörungstermin der Sachverständige
gehört werden soll, so dass eine
Auseinandersetzung mit seinem
Gutachten und seinen ergänzenden
mündlichen Ausführungen wesentlicher Gegenstand dieses Anhörungstermins sein werden.
KG, Beschl. v. 10.2.2006 – 2 AR
26/06 – 5 Ws 61/06
Notwendige Verteidigung im Strafvollstreckungsverfahren
(StPO §§ 140 Abs. 2; StGB § 57)
Bei besonderen Schwierigkeiten der
Sach- und Rechtslage im Vollstreckungsverfahren (hier: AuseinanderHumor
Was ist der kleinste Dom?
Der Kondom!
Der ist so klein,
da passt nur einer rein,
und der muss auch noch stehn.
setzung mit verschiedenen Prognosegutachten etc.) ist dem verurteilten ein Pflichtverteidiger beizuordnen.
Brandenbg.
OLG,
Beschl.
27.12.2005 – 1 Ws 194/05
v.
Beiordnung eines Verteidigers im
Vollstreckungsverfahren
(StPO §§ 140 Abs. 2, 147, 460;
StGB § 56f)
Wirft das Vollstreckungsverfahren in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht
Fragen auf, die Aktenkenntnis erfordern und über die regelmäßig auftretende Probleme hinausgehen (hier:
Zurücktreten des Widerrufs einer
Strafaussetzung zur Bewährung im
Hinblick auf den
Vorrang einer nachträglichen Bildung
einer Gesamtstrafe), ist die Beiordnung eines Pflichtverteidigers geboten.
KG, Beschl. v. 2.8.2006 – 5 Ws
412/06
Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung
(+ StPO §§ 141, 460)
Zur Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung im Hauptverfahren
für Nachtragsentscheidungen (hier:
nachträgliche Gesamtstrafenbildung
nach § 460 StPO).
ThürOLG, Beschl. v. 13.10.2006 – 1
Ws 378/05
Standpunkt
Da will jemand nach 24 Jahren Butzbach, einer üblen Kiste in Hessen, begnadigt werden.
Christian Klar, einer aus der Führungsriege der 2. RAF-Generation.
In zwei Jahren würde er sowieso
raus kommen, da dann seine Mindesthaftzeit abgelaufen wäre.
Jetzt kann man trefflich darüber
streiten, ob einer, der es zudem auch
noch wagt seine eigene – wenn auch
verquere - Weltanschauung zum Besten
zu geben, begnadigt werden soll. Auch
darüber, ob er vor seiner Entlassung auf
Bewährung Lockerungen bekommen
sollte, kann man geteilter Meinung sein.
Allerdings reicht es nicht, angesichts der geistigen Blähungen, mit der
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
die politische Führungsriege aus Bayern
die Luft verpestet, sich die Nase zuzuhalten. Da stellt sich dieser abgehalfterte
Ministerpräsident Stoiber hin und
schwadroniert: So einen solle man nie
mehr raus lassen, zumindest nicht, bevor
er zur Aufklärung der Morde der RAF
beiträgt, sich bei den Familien der Opfer
entschuldigt und und und…!
Solche, vom Gesetz in keiner Weise
als Voraussetzung für eine Entlassung
auf Bewährung vorgesehenen Bedingungen, fordert einer, der Ehrenmitglied des
Veteranenverbandes einer bayrischen
Gebirgsjägerkompanie ist, die im 2.
Weltkrieg Massaker an der italienischen
Bevölkerung begangen und als Besatzer
wahren Terror verbreitet hat.
Ich habe auch nie etwas von Beckstein gehört, wenn einer von diesen
Volksgenossen, die einen Menschen tot
geprügelt haben, nur weil er eine andere
Hautfarbe hatte, vorzeitig entlassen wurde, und dass, obwohl sich der Mordbube
nie von der Gewalt distanzierte.
Auch Söder, dieser wandelnde
„Stoiber-Lautsprecher“, hat sich nie
geäußert, wenn Minimalurteile über
rechte Gewalttäter verhängt wurden, die
in jedem normalen Menschen Ekelgefühle hervorrufen.
Nein, diese ach so honorigen
Volksvertreter aus Bayern stellen sich
hin, nutzen das „gesunde Volksempfinden“ – eben dieses „gesunde Volksempfinden“, das die Nazis vorgeschoben
haben, um Millionen von Menschen zu
ermorden – um Stimmung zu machen
für die Verschärfung der Gesetze. Lebenslang solle eben auch wirklich lebenslang bedeuten, Führungsaufsicht
nicht nur auf fünf Jahre begrenzt sein
und ähnliche Dinge mehr.
Natürlich, all das nur beschränkt
auf Triebtäter – und so. Da fragt man
sich dann allerdings, wie lange es dauern würde, bis sich das „und so“ auf alle
Straftäter bezieht.
Fortsetzung auf Seite 37
33
Recht & Soziales
Grundrechte
Verlegung von Gefangenen oftmals verfassungswidrig
Die Verlegung von Gefangenen gehört in den Justizvollzugsanstalten
zum Tagesgeschäft. Vielleicht gerade deshalb hat sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einer
ganzen Reihe von Beschlüssen zur
Verlegung von Inhaftierten in andere
Justizvollzugsanstalten
geäußert
und in einigen Fällen auch die Verfassungswidrigkeit festgestellt. Die
Beschäftigung des BVerfG mit diesem Teilgebiet das Strafvollzuges ist
aus der Sicht der Gefangenen umso
mehr zu begrüßen, als die anwaltliche Tätigkeit auf diesem Gebiet
noch wenig verbreitet ist.
So wurde zum Beispiel ein Strafgefangener in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt und verlor dadurch seinen Arbeitsplatz, den er
bereits seit fünf Jahre innehatte. Die
Verlegung wurde damit gerechtfertigt, dass begründet Zweifel an der
notwendigen Distanz der Bediensteten zum Gefangenen vorlägen. Mit
Beschluss vom 26.9.2005 (BVerfG,
BeckRS 2005,31123) hielt das
BVerfG diese Maßnahme für verfassungswidrig.
Das BVerfG stellte zunächst fest,
dass die Verlegung eines Inhaftierten gegen seinen Willen in dessen
Grundrecht aus Artikel 2 GG eingreift. Denn die Verlegung kann mit
schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein, beispielsweise
34
können die innerhalb der Anstalt
entwickelten sozialen Beziehungen
praktisch abgebrochen werden, oder
der Kontakt zu den Angehörigen
kann durch eine entsprechende Entfernung zu der neuen Anstalt erheblich erschwert werden. Dieses kann
auch die Resozialisierung des Strafgefangenen beeinträchtigen. In einem ähnlichen Fall hielt das BVerfG
mit Beschluss vom 27.6.2006 – 2
BvR 1295/05 – NJW 2006, 2683 –
drr betroffenen Anstalt vor, dass sie
eine ganze Reihe von milderen
Maßnahmen hätte ergreifen können,
so anstaltsinterne Verlegung, Aufklärung der vorliegenden Problematik
und konfliktschlichtende Einwirkung
oder sogar Absonderung oder disziplinarische Maßnahmen. Geht mit
der Verlegung auch noch ohne konkrete Pflichtverletzung des Gefangenen ein Verlust von einer bereits
gewährten Lockerung einher, so
liegt eine Rechts- und Verfassungswidrigkeit vor.
Werner Brauer
Grünbuch über die Unschuldsvermutung
Die EU-Kommission hat jetzt mit den
EU-Mitgliedsstaaten Konsultationen
zur Auslegung der Unschuldsvermutung gestartet. Die Kommission hat
aus der Rechtssprechung des
EGMR und des EuGH Mindestrechte destilliert, die Bestandteil der Unschuldsvermutung, wie sie sich aus
Art. 6 II EMRK ergibt, sind. Es sind
das Schweigerecht, der Schutz vor
Selbstbelastung
(Nemo-teneturGrundsatz) und die grundsätzliche
Beweislast für die Schuld bei der
Strafjustiz. Diese Rechte werden in
einem sehr lesenswerten Grünbuch
näher untersucht. Vom Deutschen
Anwaltsverein war allerdings zu hören, dass ausweislich der Darstellung der Sache im Grünbuch und
der gestellten Fragen befürchtet
werden muss, dass ein Standard auf
EU-Ebene formuliert werden soll,
der auf wesentlichen Feldern hinter
dem praktizierten deutschen Niveau
zurückbleibt. Für zukünftige Angeschuldigte und Straftatverdächtige
ein sehr schlechtes Omen. Viele
Strafrechtler befürchten, das die
deutsche Strafjustiz es nach Festlegung der EU-Standards hinsichtlich
der Unschuldsvermutung zukünftig
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
noch weniger mit der ihr obliegenden Beweislast für die Schuld ernst
nehmen wird.
Werner Brauer
Kein „Opa-Rabatt“ für ältere Straftäter
Im Rahmen einer Strafmaßrevision
hat jetzt der Bundesgerichtshof in
Karlsruhe mit einem Urteil vom
27.4.2006 – 4 StR 572/05 = NJW
2006, 2129 – Hinweise zur Strafzumessung bei sehr alten Straftätern
gegeben.
Danach stellt der BGH fest, dass es
keinen Rechtssatz des Inhalts gibt,
dass jeder Straftäter schon nach
dem Maß der verhängten Strafe die
Gewissheit haben muss, im Anschluss an die Strafverbüßung in
Freiheit entlassen zu werden. Der
BGH hebt indes hervor, dass dem
Verurteilten unter Vollstreckungsgesichtpunkten grundsätzlich eine
Chance verbleiben muss, wieder der
Freiheit teilhaftig zu werden. In dem
vorliegenden Fall hatte das zuständige Landgericht aus diesen Gesichtspunkten auf die Verhängung der Sicherungsverwahrung gegen drei
erheblich vorbestrafte Täter im Alter
von 65, 74 und 75 Jahren verzichtet.
Die sog. „Opa-Räuber“ hatten in einer Vielzahl von Banküberfällen eine
Beute von insgesamt 1 Million Euro
gemacht. Fazit: “Alter schützt vor
Strafe nicht“.
Werner Brauer
Geld und Recht
Neuregelung von Überbrückungsgeld und „Ich-AG“
Für viele Strafgefangene war die
Gründung einer sog. „Ich-AG“ durchaus eine akzeptable Beschäftigungsmöglichkeit. In Zukunft wird dieses in
der bekannten Art und Weise nicht
mehr möglich sein.
Ab dem 1.8.2006 werden die bisherige Förderung der „Ich-AG“ sowie
das Überbrückungsgeld durch einen
neuen Gründungszuschuss ersetzt.
Die Neuregelung ist Teil des Gesetzes zur Optimierung der Grundsicherung für Arbeitssuchende (BGBl.
I 1706). Künftig können nur noch
Arbeitslose, die Arbeitslosengeld I
(nicht: Arbeitslosengeld II) beziehen,
einen Existenzgründungszuschuss
Recht & Soziales
beantragen. Der Übergang von einer
angestellten Tätigkeit in die bezuschusste Selbständigkeit ist nicht
mehr möglich. Die Förderdauer beträgt insgesamt 15 Monate; sie gliedert sich in zwei Phasen. In den ersten neun Monaten erhält der Arbeitslose zusätzlich zu dem Arbeitslosengeld einen Pauschalbetrag von 300
Euro monatlich. Danach kann sich
noch eine Phase von sechs Monaten anschließen, in der nur noch die
Pauschale (300 Euro) gezahlt wird.
In dieser Phase müssen die geschäftlichen
Aktivitäten
konkret
nachgewiesen werden. Da in der
Justizvollzugsanstalt
arbeitende
Strafgefangene monatliche Beiträge
zur Arbeitslosenversicherung zahlen, werden in vielen Fällen Ansprüche auf Arbeitslosengeld I entstehen, so dass eine Existenzgründungsbezuschussung möglich ist.
Interessierte Gefangene sollten sich
deshalb frühzeitig vor der Entlassung an die zuständige Agentur für
Arbeit wenden.
Werner Brauer
Bezahlung des Anwalts durch Autoverkauf
Allen Strafgefangenen, die ihre Anwaltskosten nicht aus eigener Tasche bezahlen können, bläst zukünftig ein eisiger Wind ins Gesicht. Obwohl die u. a. von Niedersachsen
initiierte Verschärfung der Prozesskostenhilfe noch nicht in trockenen
Tüchern ist, ziehen die Gerichte offensichtlich bei der Gewährung der
Prozesskostenhilfe (PKH) die Daumenschrauben an.
So entschied kürzlich das Amtsgericht Koblenz (Az.: 40 NR II a
192/05), dass ein Antragsteller notfalls sein Anwaltshonorar dadurch
bezahlen muss, indem er sein Privatauto verkauft. Die Staatskasse
leistet nach dem Beschluss dann
keine Prozesskostenhilfe, wenn der
Wagen nicht für berufliche Zwecke
gebraucht wird. Da ein Strafgefangener in der Regel im geschlossenen
Vollzug keinen PKW benötigt, wird
er deshalb vermutlich sein Privatauto verkaufen müssen, bevor ihm darüber hinaus Prozesskostenhilfe gewährt wird. Wie aus Presseberichten
zu entnehmen ist, stehen die Länderkassen aufgrund der bisherigen
Praxis der Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe vor
dem Kollaps, so dass mit einer weiteren Verschärfung zu rechnen ist.
Werner Brauer
Kostenlast gefährdet Wiedereingliederung!
Die Wiedereingliederung verurteilter
Straftäter kann gefährdet sein, wenn
ihm zu hohe Verfahrenskosten aufgebürdet werden, mit diesen mahnenden Worten fassten die Richter
des Bundesverfassungsgerichtes in
Karlsruhe vor kurzem einen für alle
Gefangenen bemerkenswerten Beschluss (Az.: 2 BvR 1392/02). Das
Verfassungsgericht führte weiter
aus, dass es gegen das aus dem
Grundgesetz abgeleitete Resozialisierungsgebot verstoße, wenn ein
Strafgefangener keine Chance hat,
die Kosten in absehbarer Zeit zu
begleichen.
Sind bei einem Gefangenen bereits
sehr hohe Kosten festgesetzt, die er
nicht in absehbarer Zeit zahlen
kann, und lässt sich die Vollstreckungsstelle (i.d.R.: das Nds. Landesamt für Bezüge und Versorgung
(NLBV) in Aurich) nicht auf eine vertretbare Ratenzahlung ein, so kann
der Strafgefangene
unter Berufung auf
das o.g. Bundesverfassungsgerichtsurteil
direkt
beim
zuständigen Amtsgericht
–
Vollstreckungsgericht - gegen die Art und Weise der Vollstreckung
nach § 766 Abs. 1
ZPO klagen.
Wie komme ich zu meinem Recht,
wenn ich selbst ohne Einkommen
bin?
Auch wenn heutzutage fast alle öffentlichen Kassen leer sind, muss man ohne
eigenes Einkommen (z.B. als Gefangener) nicht rechtlos sein.
Die Erläuterung folgender Begriffe
soll dazu einen Überblick geben:
Prozesskostenhilfe:
Nach den Vorschriften des § 114
ZPO (Zivilprozessordnung) können Personen, die nach ihren persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung (Zivil-, Arbeits-,
Sozial-, Verwaltungs-, Finanzgerichtsverfahren) nicht, nur zum Teil oder nur
in Raten aufbringen können, auf Antrag
beim zuständigen Gericht Prozesskostenhilfe erhalten, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg
bietet und nicht mutwillig erscheint.
Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gilt diese Vorschrift entsprechend.
Wenn das einzusetzende Einkommen bestimmte Grenzen übersteigt, werden durch die Prozesskostenhilfe die
Gerichts- und die eigenen Anwaltskosten erstattet. Die Prozess- und Anwaltskosten können dann, sofern der Prozess
Fortsetzung auf Seite 36
Sprüche
Zufriedenheit ist unser bestes Gut.
William Shakespeare
Die Schönheit ist da, man muss nur
ein Auge dafür haben oder es wenigstens nicht absichtlich verschließen.
Theodor Fontane
Dem Fröhlichen ist jedes Unkraut
eine Blume, dem Betrübten jede Blume ein Unkraut.
Ralph Waldo Emerson
Werner Brauer
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
35
Recht & Soziales
Fortsetzung von Seite 35
verloren geht, in bestimmten
Fällen über Ratenzahlungen
getilgt werden. In Strafrechtsachen wird allerdings keine
Prozesskostenhilfe gewährt
( s i e h e
h i e r z u
„Pflichtverteidigung“).
Bei allen Streitigkeiten
in Strafvollstreckungs- und
Strafvollzugsangelegenheiten (z.B. Anträgen auf gerichtliche Entscheidung)
kann wiederum Prozesskostenhilfe zur
angemessenen Wahrnehmung von Rechten gewährt werden. Den Antrag auf
Prozesskostenhilfe kann man sowohl
selbst stellen als auch durch einen Anwalt stellen lassen. Für die Antragstellung müssen auf jeden Fall Unterlagen
über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorhanden sein.
Beratungshilfe:
Sofern man nicht einen Gerichtsprozess führen, sondern lediglich eine
einmalige Rechtsberatung durch einen
fachkundigen Anwalt oder Rechtsbeistand, der Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sein muss, in Anspruch nehmen
möchte, so bietet das Beratungshilfegesetz (BerHG) vom 18. Juni 1980 eine
finanzielle Hilfe, wenn
1. der Rechtssuchende die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen
nicht aufbringen kann,
2. nicht andere Möglichkeiten für die
Hilfe zur Verfügung stehen, deren
Inanspruchnahme dem Rechtssuchenden zuzumuten ist,
3. die Wahrnehmung der Rechte nicht
mutwillig ist.
Die Beratungshilfe besteht in Beratung
und, soweit erforderlich, in Vertretung.
Die Beratungshilfe wird für folgende Rechtsgebiete gewährt:
• Zivil- und Arbeitsrecht,
• Verwaltungs- und Verfassungsrecht,
• Sozial-, Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, wobei in Angelegenheiten des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts nur Beratung gewährt
wird.
Ist es im Gesamtzusammenhang notwendig, auf andere Rechtsgebiete auszuweichen, wird auch insoweit Beratungshilfe gewährt.
Über den Antrag auf Beratungshilfe
entscheidet das Amtsgericht, in dessen
Bezirk der Ratsuchende wohnt, bzw.
soweit er nicht im Inland wohnt, das
36
Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Bedürfnis der Beratungshilfe auftritt (z.B. ein
Ausländer ohne Wohnung
sitzt in der JVA Oldenburg
ein, so ist das Amtsgericht
Oldenburg zuständig).
Der Antrag kann mündlich
oder schriftlich unter Darlegung des Beratungshilfesachverhalts und der persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse gestellt werden. Sind
die Voraussetzungen für die Hilfegewährung erfüllt, so erhält der Antragsteller einen so genannten Berechtigungsschein für die Beratungshilfegewährung
durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl,
sofern die Angelegenheit nicht durch
das Amtsgericht selbst erledigt werden
konnte , was auch möglich ist (z.B.
durch Auskunftserteilung, Aufnahme
von Anträgen und Erklärungen).
Der Rechtsanwalt wird für die Beratung sodann aus der Staatskasse bezahlt; Vereinbarungen über zusätzliche
Vergütungen zwischen Anwalt und dem
Hilfesuchenden sind nichtig. Der Hilfesuchende hat lediglich dem Anwalt einen Selbstkostenanteil von 10,00 Euro
zu zahlen, wobei dieser Selbstkostenanteil unter besonderen Umständen auch
erlassen werden kann.
Nach den Richtlinien der Europäischen Union (EU) wird Beratungshilfe
auch für grenzüberschreitende Streitsachen gewährt, sofern der Sachverhalt
eine direkte Beziehung zum Inland hat.
Wird jemand, der mittellos ist, der
Begehung einer Straftat beschuldigt, hat
er in der Regel einen Anspruch auf die
Beiordnung eines Pflichtverteidigers.
Dieser Rechtsanspruch ergibt sich aus
§§ 140, 141 ff StPO.
Mit der Gewährung der notwendigen Verteidigung und mit der Bestellung
eines Verteidigers ohne Rücksicht auf
die Einkommensverhältnisse und Vermögensverhältnisse sichert der Gesetzgeber das Interesse, das der Rechtsstaat
an einem prozessordnungsgemäßen
Strafverfahren und zu diesem Zweck
nicht zuletzt an einer wirksamen Verteidigung des Beschuldigten hat.
Die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist u.a. notwendig, wenn
• die Hauptverhandlung im ersten
Rechtszug vor dem Oberlandesgericht oder dem Landgericht stattfindet;
• dem Beschuldigten ein Verbrechen
zur Last gelegt wird;
• das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;
• der Beschuldigte sich mindestens
drei Monate in Haft befindet und
nicht mindestens zwei Wochen vor
Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird;
• zur Vorbereitung eines Gutachtens
über den psychischen Zustand des
Beschuldigten eine Unterbringung in
Frage kommt;
• ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;
• usw.
Aber auch in anderen Verfahren vor
den Amtsgerichten und vor dem Landgericht im Berufungsrechtszug ist eine
Pflichtverteidigerbestellung möglich.
Sie ermöglicht die Pflichtverteidigerbestellung insbesondere, wenn sie unter
Abwägung der Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich erscheint.
Die Bestellung des Pflichtverteidigers erfolgt in der Regel von Amts wegen durch den zuständigen Gerichtsvorsitzenden, wobei der Beschuldigte einen
Anwalt seines Vertrauens vorschlagen
kann.
Die Pflichtverteidigerbestellung
endet grundsätzlich mit der Rechtskraft
des Urteils.
Aber auch nach Rechtskraft des
Urteils ist ein Verurteilter nicht schutzlos, zumal die Pflichtverteidigerbestellung auf Antrag auch für das Strafvollstreckungsverfahren möglich ist. Insbesondere ist eine Verteidigerbestellung
auf Staatskosten möglich, wenn es um
Verfahren der Strafaussetzung bzw. um
den Widerruf der Strafaussetzung zur
Bewährung geht.
Fasst man die Möglichkeiten der
Gewährung von Prozesskostenhilfe,
Beratungshilfe und die Möglichkeiten
der Pflichtverteidigerbestellung zusammen, so darf man darauf vertrauen, dass
man als Mittelloser (z.B. Gefangener)
nicht „rechtlos“ sein muss.
Wer dennoch Zweifel hat und sich
nicht zu helfen weiß, kann sich jederzeit
auch an die zuständige Rechtsantragstelle beim Amtsgericht wenden. Der zuständige Rechtspfleger, der ggf. auch in
die Justizvollzugsanstalt kommt, wird in
solchen Fällen kostenlos eine Auskunft
erteilen bzw. die erforderlichen Schritte
einleiten.
Werner Brauer
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Recht & Soziales
Reform der Verbraucherinsolvenz
Eckpunkte des vereinfachten
Entschuldungsverfahrens bei
völlig mittellosen Schuldnern
1. Gang des Verfahrens
Das vereinfachte Entschuldungsverfahren passt sich nahtlos in das geltende Insolvenzverfahren ein. Da
keine die Verfahrenskosten deckende Masse vorhanden ist, erfolgt entsprechend § 26 InsO eine Abweisung mangels Masse. Damit ist das
Verfahren für den Schuldner jedoch
nicht beendet, sondern es wird lediglich die Stufe des eröffneten Insolvenzverfahrens übersprungen und
unmittelbar in das Restschuldbefreiungsverfahren übergeleitet.
Bereits das geltende Recht
schreibt vor, dass der Schuldner mit
seinem Eröffnungsantrag eine Bescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle vorzulegen hat. Aus
dieser Bescheinigung soll sich ergeben, dass eine Einigung mit den
Gläubigern entweder ergebnislos
versucht oder – so im künftigen
Recht – eine solche offensichtlich
aussichtslos war. Im Rahmen dieses
Bescheinigungsverfahrens wird der
Schuldner das umfangreiche Formular, das detailliert seine Vermögensverhältnisse abfragt, gemeinsam mit
der geeigneten Person oder Stelle
ausfüllen.
„Geeignete Personen“ für die
Beratung der Schuldner sind etwa
Rechtsanwälte, Notare oder Steuerberater. Wer als „geeignete Stelle“ in
Betracht kommt, legt jedes Bundesland selbst fest. Staatliche Schuldnerberatungsstellen sind ein Beispiel, in Berlin etwa der Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V.
Wird der Eröffnungsantrag nun
mangels Masse abgewiesen, muss
der Schuldner die Formulare mit
dem Gerichtsvollzieher erörtern und
an Eides statt die Richtigkeit und
Vollständigkeit seiner Angaben versichern. Das Gericht kündigt danach
die 6-jährige Wohlverhaltensperiode
an. In dieser treffen den Schuldner
die gleichen Obliegenheiten wie in
einem normalen Restschuldbefreiungsverfahren. Gleichzeitig wird der
Treuhänder bestellt – etwa ein
Rechtsanwalt oder Steuerberater.
An ihn muss der Schuldner den
pfändbaren Teil seines Einkommens
abtreten. Gläubiger können der
Restschuldbefreiung widersprechen.
Macht dies ein Gläubiger nicht, kann
er nach Ablauf der 6 Jahre seine
Forderungen nicht mehr gegen den
Schuldner durchsetzen.
2. Neues Vermögen des Schuldners
In dieser 6-jährigen Wohlverhaltensperiode kann es nur dazu kommen,
dass der Schuldner etwa durch Erbschaften zu neuem, unvorhergesehenem Vermögen kommt, das bei
der Verteilung zu berücksichtigen ist.
Dann gilt folgendes Prozedere:
• Erzielt der Schuldner während der
Wohlverhaltensperiode pfändbare
Einkünfte, die an den Treuhänder
abgetreten wurden, so erfolgt die
Verteilung an die Gläubiger bei Beträgen unter 1.000 € gemäß dem
Forderungsverzeichnis, das gemeinsam mit der geeigneten Person
oder Stelle aufgestellt wurde.
• Bei Beträgen
über 1.000 € hat
der Treuhänder
dies
öffentlich
bekannt zu machen und die
Gläubiger aufzufordern, ihre Forderungen anzumelden. Anhand dieses
ergänzten Forderungsverzeichnisses
erfolgt, sofern kein Widerspruch erhoben wird, die Verteilung.
3. Kostenbeteiligung des Schuldners
Es ist geboten und gerechtfertigt,
den Schuldner, der die Rechtswohltat einer umfassenden Schuldbefreiung erhalten will, in einem bescheidenen Umfang an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Gedacht ist
hier an eine Größenordnung von 13
€ pro Monat. Damit sollen ein Teil
der Verfahrenskosten und die Kosten für den Treuhänder abgedeckt
werden.
4. Vorteile dieses Verfahrens
Gegenüber alternativen Entschuldungsmodellen und gegenüber
dem geltenden Recht, das eine
Stundung der Verfahrenskosten
kennt, hat dieses vereinfachte Entschuldungsverfahren erhebliche Vorteile:
• Das Verfahren ist in das geltende
Recht einzubetten, ohne dass ein
zusätzliches Sonderverfahren vorgesehen werden muss. Der regelungstechnische Aufwand ist deshalb überTr§tzdem 2007 Nr. 36
•
schaubar und löst keine neue Bürokratie aus.
Über eine Kostenbeteiligung wird
dem Schuldner deutlich gemacht,
dass er nur über gewisse Eigenanstrengungen eine Entschuldung erreichen kann. Eine Entschuldung
zum Nulltarif soll es künftig nicht
mehr geben.
Dafür erhält der Schuldner
• Den Schutz vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
• Eine umfassende Entschuldung auch
hinsichtlich der nicht genannten Forderungen.
Die gleiche Laufzeit von 6 Jahren
wie beim sonstigen Restschuldbefreiungsverfahren.
(Auf die Wiedergabe der Abschnitte „Ausgangslage“
und „Warum brauchen wir ein vereinfachtes Entschuldungsverfahren“ wurde aus redaktionellen
Gründen verzichtet)
Bundesministerium der Justiz
Informationen für die Presse
Berlin, 14. November 2006
UM
Fortsetzung von Seite 33
Abschließend möchte ich noch eines
klarstellen. Ich lehne jedwede Form von
Gewalt ab, egal, ob sie von linken, einer
abstrusen Gesellschaftsphilosophie hinterher hechelnden Gruppierungen verübt
wird oder von, wie bezeichnete doch ein
Richter aus den neuen Ländern in einem
Urteil die rechten Totschläger so schön:
„…armen, verführten und durch ihre
dauernde Trunkenheit nicht mehr Herr
ihrer Sinne seiende, aber ansonsten brave
Menschen…!“ (sic!). (Die drei Angeklagten bekamen übrigens 3 ½ - 4 Jahre
dafür, dass sie einen Menschen erschlugen).
Ich schäme mich auch nicht, Deutscher zu sein, weil dieses Volk knapp 15
Jahre lang einem österreichischen Gefreiten und Anstreicher hinterhergelaufen ist
und in seinem Namen die abscheulichsten Verbrechen begangen hat.
Allerdings kriege ich das große Kotzen, wenn ich in der heutigen Zeit an
einem jüdischen Gemeindezentrum vorbei gehe und dort Polizisten sehe, die
zum Schutz der sich dort versammelten
Menschen abgestellt werden müssen. Ich
finde es auch traurig, wenn sich ein Bürgermeister genötigt sieht, sich hinzusetzen, um einigen Ordnungshütern aus dem
Tagebuch der Anne Frank vorzulesen, da
diese nichts mit dem Buch anzufangen
wussten, das halbverbrannt aus einem
Scheiterhaufen gezogen wurde, wie es
vor ein paar Tagen geschah.
Dieter Schacht
37
Recht & Soziales
Das Top-Thema
Rund ums Geld
Oftmals stand das „große Geld“ im Fokus des Interesses von Menschen, die straffällig wurden.
Im Leben eines Gefangenen gewinnt das Thema „Geld“ einen anderen Stellenwert und ist mehr auf die soziale
Sicherung ausgerichtet.
In dieser Ausgabe möchten wir daher unter dem Top-Thema „Rund ums Geld“ die Teil-Themen behandeln, mit
denen ein Gefangener bei seiner Inhaftierung hinsichtlich seiner finanziellen Verpflichtungen und seinen dann
geltenden Erwerbsbedingungen oft zu tun bekommt, sowie den dann für ihn eventuell möglichen finanziellen
Unterstützungen, also um das „kleine Geld“.
Neben Fragen zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, zu den Kosten
für (oft weiterlaufende) Miete, Energieversorgung und zum Geldverkehr sind die Fragen zu den finanziellen Lasten/Kosten, die in Folge einer Straftat hinzugekommen
sind, von großem Interesse.
Hier soll nicht ein guter „Tipp“, sondern ein Überblick über die den Gefangenen
betreffenden finanziellen und sozialen Themen gegeben werden, um die er sich bei seiner Inhaftierung zu kümmern hat.
UM
Wie ist es geregelt bei
Versicherungen?
Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung
Gefangene unterliegen während
ihrer Haftzeit, auch wenn sie in der
Anstalt ihrer Arbeitspflicht nachkommen, nicht der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Renten-, Kran-
Nein!?
ken- und Pflegeversicherung. Die
Vollzugsbehörde entrichtet für den
Gefangenen keine Beiträge zu den
o.g. Versicherungen. Der Gefangene
38
ist selbst für eine Aufrechterhaltung
der Versicherung verantwortlich.
Dies empfiehlt sich hinsichtlich der
Krankenversicherung insbesondere
für Gefangene mit Familienangehörigen, die nicht anderweitig gegen
Krankheit versichert sind. Für den
Gefangenen selbst ruht der Anspruch auf Leistungen aber trotz
freiwilliger Weiterversicherung (§ 16
SGB V). Ihm
steht
ausschließlich ein
Anspruch auf
Gesundheitsfürsorge (§§ 56
ff
StVollzG)
seitens
der
Vollzugsbehörde zu. Die Absicht der freiwilligen Weiterversicherung muss
innerhalb von 3
Monaten nach
Beendigung
der Versicherungspflicht der
Krankenkasse
angezeigt werden.
Arbeitslosenversicherung
Ein Gefangener, der Arbeitsentgelt oder Ausbildungshilfe erhält, ist
nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
grundsätzlich versicherungspflichtig.
Die Beiträge des Gefangenen trägt
das für die JVA zuständige Land.
Auf der Grundlage von § 195
StVollzG behält die JVA von dem
Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe des Gefangenen einen Betrag ein, der dem Anteil des Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn er diese Bezüge als Arbeitnehmer erhielte.
Unfallversicherung
Geht ein Gefangener im Vollzug
einer Arbeit nach, ist er gem. § 2
Abs. 2 S. 2 SGB II unfallversichert.
Bei Arbeitsunfähigkeit infolge eines
Arbeitsunfalls erhält er ein Verletzungsgeld, wenn wegen der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsentgelt nicht gezahlt wird.
Sonstiges
Geht der Gefangene im Rahmen
eines freien Beschäftigungsverhältnisses einer Arbeit oder beruflichen
Bildungsmaßnahme außerhalb der
Anstalt nach, unterliegt er der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht in der
Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung und ist aufgrund allgemeiner Vorschriften (§ 2
Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) unfallversichert.
Rzepucha-Sobotta
Recht & Soziales
Aus dem Merkblatt über die Sozialversicherung und die Arbeitslosenversicherung der Gefangenen (Stand: 01.01.2005)
Gefangenen wird empfohlen, Zweifelsfragen, die im Zusammenhang mit seiner sozialen Sicherheit auftreten, - ggf. durch Vermittlung
der Vollzugsanstalt – durch Rückfrage bei den zuständigen Stellen (z.B. Versicherungsamt, Gemeinde-/Stadtverwaltung, Deutsche
Rentenversicherung Bund oder Land, Bundesknappschaft, Krankenkasse, Pflegekasse, Agentur für Arbeit) zu klären.
Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung
Besteht gesetzliche Versicherungspflicht durch den Gefangenen?
a)
bei Strafhaft und Maßregelvollzug
nein
Werden Beiträge durch die Vollzugsbehörde geleistet?
nein
Werden Beiträge durch die Vollzugsbehörde geleistet, wenn Arbeitspflicht besteht?
nein
Kann der Gefangene seine Versicherung durch freiwillige Leistungen aufrechterhalten?
ja
Kann das Überbrückungsgeld für die freiwilligen Leistungen in Anspruch genommen werden?
ja
Trägt die Justizbehörde die Krankheitskosten während der Haftzeit?
ja
Wird die Haftzeit in der Rentenversicherung als Ersatz- oder Anrechnungszeit gewertet?
nein
Wem eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses gestattet ist, unterliegt der gesetzlichen Versicherungspflicht mit vollem Leistungsanspruch. Die freie Heilfürsorge durch die Justizbehörde entfällt dann.
b)
bei Untersuchungshaft
ja
Werden Beiträge durch die Vollzugsbehörde geleistet, wenn freiwillig gearbeitet wird?
nein
Kann der Gefangene seine Versicherungen durch freiwillige Leistungen aufrechterhalten?
ja
Trägt die Justizbehörde die Krankheitskosten während der Haftzeit?
ja
Wird die Haftzeit in der Rentenversicherung als Ersatz- oder Anrechnungszeit gewertet?
nein
Besteht die Möglichkeit, die private Krankenversicherung weiter zu führen?
a)
b)
bei Strafhaft und Maßregelvollzug
bei Untersuchungshaft
Ja
(*Kleinstbeitrag erforderlich)
Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten?
Die vertraglichen
Kann der Gefangene das Versicherungsverhältnis ruhen lassen (auf Antrag)?
ja*
Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten?
Die vertraglichen
Kann der Gefangene das Versicherungsverhältnis ruhen lassen (auf Antrag)?
ja*
ja
Ergänzendes zur Rentenversicherung
Besteht die Möglichkeit, freiwillig die Rentenversicherung bei der Deutschen Rente Bund/Land weiter zu führen?
a)
b)
bei Strafhaft und Maßregelvollzug
bei Untersuchungshaft
ja
ja
(§ 7 Sozialgesetzbuch V)
Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten?
der Mindestbeitrag
Kann die Mindestversicherungsdauer dadurch erreicht werden?
Kann der Rentenanspruch dadurch erhöht werden?
Kann der Gefangene das Versicherungsverhältnis auch ruhen lassen ?
(§ 7 Sozialgesetzbuch V)
Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten?
der Mindestbeitrag
Kann der Gefangene das Versicherungsverhältnis auch ruhen lassen (auf Antrag)?
ja
ja
ja
ja
(ausgenommen Pflichtversicherte in der Krankenversicherung der Rentner)
Ergänzendes zur Krankenversicherung
Besteht die Möglichkeit, freiwillig die gesetzliche Krankenversicherung weiter zu führen?
a)
b)
bei Strafhaft und Maßregelvollzug
bei Untersuchungshaft
ja
(§ 9 Sozialgesetzbuch VI)
ja
Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten?
Der Beitrag gemäß Einkommen
Können dadurch Familienangehörige, die nicht anderweitig versichert sind, mitversichert ja*
werden?
Hat der Gefangene dadurch selbst einen Anspruch erworben?
nein
(§ 9 Sozialgesetzbuch VI)
(*Kleinstbeitrag erforderlich)
Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten?
Der Beitrag gemäß Einkommen
Können dadurch Familienangehörige, die nicht anderweitig versichert sind, mitversichert
werden?
Hat der Gefangene dadurch selbst einen Anspruch erworben?
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
ja*
nein
39
Recht & Soziales
(ausgenommen Pflichtversicherte in der Krankenversicherung der Rentner)
Ergänzendes zur Pflegeversicherung
Besteht die Möglichkeit, die gesetzliche Pflegeversicherung weiter zu führen?
a)
bei Strafhaft und Maßregelvollzug
ja
ja
b)
bei Untersuchungshaft
ja
ja
als Pflichtversicherter aber nur, wenn der Gefangene freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung ist.
als freiwillig Versicherter, wenn ein Antrag auf Weiterversicherung gestellt wird (§ 26 Sozialgesetzbuch XI).
Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten?
der Beitrag gemäß Einkommen
Können dadurch Familienangehörige, die nicht anderweitig versichert sind, mitversichert ja
werden?
Hat der Gefangene dadurch selbst einen Anspruch erworben?
nein
als Pflichtversicherter aber nur, wenn der Gefangene freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung ist.
als freiwillig Versicherter, wenn ein Antrag auf Weiterversicherung gestellt wird (§ 26 Sozialgesetzbuch XI).
Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten?
der Beitrag gemäß Einkommen
Können dadurch Familienangehörige, die nicht anderweitig versichert sind, mitversichert ja
werden?
Hat der Gefangene dadurch selbst einen Anspruch erworben?
nein
Besteht die Möglichkeit, die Pflegeversicherung bei privater Krankenversicherung weiter zu führen?
a)
bei Strafhaft und Maßregelvollzug
ja
Es kann wie bei der priv. Krankenversicherung auf eine Ruhensversicherung ohne Leistungsberechtigung zu einem reduzierten Beitrag umgestellt werden.
b)
bei Untersuchungshaft
ja
Es kann wie bei der priv. Krankenversicherung auf eine Ruhensversicherung ohne Leistungsberechtigung zu einem reduzierten Beitrag umgestellt werden
Arbeitslosenversicherung
Besteht eine Arbeitslosenversicherung bei Gefangenen?
a)
bei Strafhaft und Maßregelvollzug
ja
(§ 26 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch III)
Sofern Sie Arbeitsentgelt oder Ausbildungshilfe erhalten!
Trägt die Beiträge der Gefangenen das Land?
Behält die Vollzugsbehörde einen Betrag vom Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe ein
(z. Z. 3,25 % des Arbeitsentgeltes)?
Erstellt die JVA bei der Entlassung eine Bescheinigung über die Zeiten der letzten 7 Jahre, in
denen Versicherungspflicht bestand
(§ 312 Abs. 4 Sozialgesetzbuch III)?
Sind Gefangene, die Verletzungsgeld erhalten, auch versicherungspflichtig, wenn sie vorher
versicherungspflichtig waren?
Trägt der Gefangene die Hälfte der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung?
ja
ja
ja
ja
ja
ja
Gibt es einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung während der Haft- nein
zeit?
Gelten die gleichen Anwartszeiten für die Gefangenen wie für die Arbeitnehmer?
ja
Besteht unter Umständen ein Anspruch auf Grundsicherung, wenn die Anwartszeiten nicht ja
erfüllt sind?
Wem eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses gestattet ist, unterliegt der gesetzlichen Versicherungspflicht mit vollem Leistungsanspruch.
b)
bei Untersuchungshaft
ja
(§ 26 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch III)
40
Sofern Sie Arbeitsentgelt oder Ausbildungshilfe erhalten!
Trägt die Beiträge der Gefangenen das Land?
Behält die Vollzugsbehörde einen Betrag vom Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe
ein?
Erstellt die JVA bei der Entlassung eine Bescheinigung über die Zeiten der letzten 7 Jahre, in
denen Versicherungspflicht bestand
(§ 312 Abs. 4 Sozialgesetzbuch III)?
Sind Gefangene, die Verletzungsgeld erhalten, auch versicherungspflichtig, wenn sie vorher
versicherungspflichtig waren?
Trägt der Gefangene die Hälfte der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung?
ja
ja
ja
Gibt es einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung während der Haftzeit?
Gelten die gleichen Anwartszeiten für die Gefangenen wie für die Arbeitnehmer?
nein
Besteht unter Umständen ein Anspruch auf Grundsicherung, wenn die Anwartszeiten nicht
erfüllt sind?
ja
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
ja
ja
ja
ja
Recht & Soziales
Unfallversicherung
Besteht eine Unfallversicherung bei Gefangenen?
a)
b)
bei Strafhaft und Maßregelvollzug
bei Untersuchungshaft
ja
ja
(§ 2 Sozialgesetzbuch VII)
Sofern sie wie Beschäftigte tätig werden
ja
Gibt es bei Arbeitsunfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls Verletzungsgeld (statt Arbeitsentgelt)?
ja
(§ 2 Sozialgesetzbuch VII)
Sofern sie wie Beschäftigte tätig werden
Gibt es bei Arbeitsunfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls Verletzungsgeld (statt Arbeitsentgelt)?
Das uneingelöste Versprechen
Täter - Opfer - Ausgleich (TOA)
Eine Einbeziehung der Inhaftierten in
die Krankenversicherung und in die
Rentenversicherung hat der Gesetzgeber
zunächst in §§ 190 bis 193 StVollzG mit
Modifizierungen vorgesehen.
Das In-Kraft-Treten von § 190 Nr.
1-10 und Nr. 13-18 sowie §§ 191-193
StVollzG bleibt aber bis zum Erlass
eines entsprechenden Bundesgesetzes
suspendiert (§ 198 Abs. 3 StVollzG).
Eine Erfüllung dieser Selbstverpflichtung des Gesetzgebers ist bisher wegen
der finanziellen Belastungen am Einspruch der Bundesländer gescheitert.
Diese legislatorische Zurückhaltung
führt nicht nur zu Beeinträchtigungen
der aus den eigenen Rechten unversicherten Familienangehörigen bei der
Krankenversicherung, deren Beiträge
regelmäßig vom Sozialhilfeträger zu
leisten sind, und bei der Rentenversicherung erweist sich die Nichtzahlung der
B e i t r ä g e
a l s
e i n e
„resozialisierungsfeindliche Spätfolge
der Freiheitsstrafe“, denn diese fehlen
bei der späteren Rentenberechnung. Die
Nichteinbeziehung vieler arbeitender
Strafgefangener in die Kranken- und
Rentenversicherung steht daher im Widerspruch zur Vollzugsbestimmung des
§ 2 S.1 StVollzG.
Die Lasten aus dem uneingelösten
Versprechen haben später dann oft die
Träger der Grundsicherung zu tragen. In
der Privatwirtschaft könnte sich kein
Arbeitgeber seiner Beitragspflicht zur
Sozialversicherung entziehen, er würde
sich strafbar machen.
Die Gefangenenzeitung „Tr§tzdem“
hatte sich im Rahmen der Recherchen
zum Top-Thema „Rund ums Geld“ an
die Konfliktschlichtung e.V. gewandt
und wollte mehr hinsichtlich der TäterOpfer-Ausgleichs-Chancen und –
Bemühungen von Gefangenen wissen.
Es ist dabei von großem Interesse, welche institutionellen Rahmenbedingungen
gegeben sind und welche praktischen
Regelungsansätze den Vorzug genießen.
Zwar werden direkte Kontakte und Vereinbarungen zwischen Tätern und Opfern auch wahrgenommen, oft besteht
aber eine tatsächliche oder vermeintliche
Überforderung des Täters in seiner
(Haft-) Situation. Der Wille zum Ausgleich ist oft durch Unkenntnisse über
den gangbaren Weg geschwächt.
(Teilweise im Auszug aus Laubenthal, Strafvollzug, Seite 224)
UM
Konfliktschlichtung e.V.
Gespräch mit Frau Elke Kleinhans,
Mediatorin BM und Mediatorin in Strafsachen
ja
ja
TOA-Verfahrens, und ein erfolgreicher
TOA ist in der Regel mit einer Strafmilderung verbunden.
Im Erwachsenenbereich wird es
nebst Gerichten, Staatsanwaltschaften,
Selbstmeldern, der Opferhilfe oder auch
der JVA (2 %) durch Aktenzuweisung
seitens der Amtsanwaltschaften in hohem Maße in Anspruch genommen.
Der Verfahrensablauf ist freiwillig
und für die Betroffenen kostenlos und
gestaltet sich meist folgendermaßen:
• Die Betroffenen oder die oben genannten Stellen melden sich beim
Verein.
• Täter und Opfer erklären sich, oft
nach getrennten Erstgesprächen, bereit, einen
Ausgleich zu suchen.
• Die Tat wird in einem
gemeinsamen Gespräch
oder in Einzelgesprächen aufgearbeitet und eine Wiedergutmachung des
Schadens ausgehandelt, wobei der
Verein z.B. prüft, was als Ausgleichssumme realistisch ist; dabei hat eine
Therapie bei Drogendelikten Vorrang
vor dem TOA.
• Die häufigsten Wiedergutmachungsleistungen sind: Entschuldigung,
Geldzahlung (auch Ratenzahlungen),
Arbeitsleistung, Einladung oder G e schenk.
• Ein Vertrag wird abgeschlossen.
• Der Verein überprüft die Einhaltung.
Der Täter-Opfer-Ausgleich bietet
Chancen für beide Seiten
Der Verein Konfliktschlichtung ist ein
gemeinnütziger anerkannter freier sozialer Träger und führt seit 1987 den TäterOpfer-Ausgleich (TOA) mit jugendlichen
und heranwachsenden Geschädigten
und Beschuldigten von Straftaten in Oldenburg durch, seit 1999 auch im allgemeinen Strafrecht mit erwachsenen Beschuldigten und deren Geschädigten im
gesamten Landgerichtsbezirk Oldenburg. Er finanziert sich aus Geldern vom
Land, von der Stadt, aus Spenden und
Bußgeldern, die ihm zugesprochen werden.
Ziel des Vereins ist es, Verfahren
(und Haft) zu vermeiden. Daher ruht ein
juristisches Verfahren auch während des
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Fortsetzung auf Seite 42
41
Recht & Soziales
III zur Förderung der Berufsausbildung
nicht erhalten.“
Fortsetzung von Seite 41
• Die
Amts-/Staatsanwaltschaft und
das Gericht werden durch den Verein
über das Ergebnis informiert.
In seltenen Fällen kann auch ein zinsloses Darlehen aus einem Opferfond gewährt werden.
Der Täter-Opfer-Ausgleich bietet
Chancen für beide Seiten:
Die Opfer erhalten die Gelegenheit,
• Ihre Verletztheit, Wut oder Trauer
zum Ausdruck zu bringen,
• Ihre Vorstellungen und Wünsche zur
Lösung des Konflikts vorzubringen,
• Über mögliche Schadensersatzansprüche informiert zu werden,
• Gegebenenfalls direkt und unbürokratisch Schadenswiedergutmachung
zu erhalten,
• Ein zeit- und kostenaufwendiges
Zivilverfahren zu vermeiden.
Die Täter erhalten die Möglichkeit:
• Sich mit den Folgen für das Opfer
auseinanderzusetzen und sich für ihr
Verhalten zu entschuldigen,
• Den Schaden aktiv nach ihren Möglichkeiten wieder gutzumachen,
• Die Verantwortung für die Tat zu
übernehmen,
• Die Hintergründe für ihr Verhalten zu
schildern,
• Gegebenenfalls eine gerichtliche
Bestrafung zu vermeiden bzw. abzumildern.
Die Mitarbeiter der Konfliktschlichtung
unterliegen der Schweigepflicht und haben eine Ausbildung im Sozialpädagogischen Bereich und als Mediatoren in
Strafsachen.
UM
Anwaltskosten
In Folge einer Straftat können die Anwaltskosten einen nicht geringen Anteil
einnehmen. Das gilt sowohl für die Zeit
bis zur Verurteilung als auch für die Zeit
der Inhaftierung. Oft sind die Gefangenen mittellos geworden und verfügen
auch bei ausgeübter Arbeit in der Anstalt nicht über nenneswerte Mittel. Die
„Tr§tzdem“ hat dazu eine namhafte
Bremer Anwaltskanzlei befragt, ob es
evtl. Beihilfen für Anwaltskosten oder
eine eingeübte Handhabungspraxis im
Bereich der Anwälte gibt. Dazu erhielten wir folgende Antwort, die die herrschende Praxis wiedergeben dürfte:
„Soweit Anwaltskosten vor der Inhaftierung angefallen sind, bleibt es bei
der alten Regelung, entweder Prozesskostenhilfe oder Pflichtverteidigergebühr
oder aber, die Kostentragung bleibt beim
Mandanten. Für all die Fälle, die wäh42
Anmerkung Tr§tzdem:
Die Höhe des Arbeitslosengeldes
richtet sich nicht nach dem im Gefängnis verdienten Lohn, sondern basiert auf
einer Einstufung des Betroffenen in vier
Qualifikationsgruppen. Dabei geht es
rend der Inhaftierung einen Anwalt benötigen, gibt es an staatlichen Beihilfen nur
die Fälle der Pflichtverteidigung oder der
Prozesskostenhilfe. In Strafvollstreckungsverfahren (im wesentlichen Fragen der Entlassung) ist eine Pflichtverteidigung nur bei gravierenden Verfahren
möglich und anerkannt. Bei Verfahren
gegen Maßnahmen des Strafvollzuges
gibt es die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe. Durch die Anwaltskammer gibt
es keine Regelung, auch keine generelle
in der Kanzlei. Wir entscheiden die Sachen von Fall zu Fall“.
Die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich
nicht nach dem im Gefängnis verdienten Lohn.
darum zu ermitteln, welchen Lohn der
Gefangene bei einer aktuellen Vermittlung entsprechend seiner persönlichen
Qualifikation und bisherigen Berufslaufbahn auf dem Arbeitsmarkt erhalten
würde.
UM
UM
Die private Altersvorsorge
Das Arbeitslosengeld
Nach der Zeit der Inhaftierung entsteht
für einen Gefangenen oft die Frage: Was
geschieht, wenn ich nicht sofort Arbeit
finde, habe ich eventuell einen Anspruch
auf Arbeitslosengeld durch meine Arbeit
in der JVA erworben, und wie hoch wäre dann das Arbeitslosengeld? Die
„Tr§tzdem“ hat dazu die Bundesagentur für Arbeit befragt und erhielten
folgende Antwort:
„Eine detaillierte Auskunft ist aufgrund der Vielschichtigkeit zu dem Themenkomplex so nicht
möglich. Grundsätzlich ist festzustellen,
dass eine Benachteiligung von Gefangenen dann nicht eintritt, wenn diese in der JVA eine Tätigkeit
ausüben und dadurch einen Anspruch
auf Arbeitslosengeld erwerben.
Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht u.a. dann, wenn innerhalb einer
zweijährigen Rahmenfrist (Beginn vor
dem Tag, an dem alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind) 360
versicherungspflichtige Kalendertage nachgewiesen werden.
Besondere Bestimmungen
für Inhaftierte gelten insoweit,
dass Versicherungspflicht für
diejenigen unterstellt wird, die
Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung
(§§ 43 bis 45, 176 und 177
StVollzG) erhalten oder Ausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs der Leistungen des SGB
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Während der Zeit der Inhaftierung besteht keine gesetzliche Rentenversicherung. Daher ist vielfach von großem
Interesse, welche Leistungsverluste ggf.
bei der Altersrente durch die Zeit der
Inhaftierung eintreten und welche Ausgleichsmöglichkeiten bestehen. Da zudem aus den durch Arbeit erworbenen
Beträgen nur in geringem Umfang Beiträge für eine private Altersvorsorge
geleistet werden können, beschränkt
sich die Ausgleichsmöglichkeit deutlich.
Dennoch sollte es im Interesse jedes
Gefangenen liegen, trotz aller Widrigkeiten für seine Altersicherung etwas zu
tun. Wir haben dazu einen namhaften
Finanzdienstleister befragt, ob die
staatlich geförderten Modelle
„Riesterrente“ oder das „Rürup-Modell“
für einen Gefangenen zugänglich sind
und folgende Antwort
(zusammengefasst) erhalten:
„Die Nutzung der Riesterrente ist als
so genannter mittelbar Förderberechtigter möglich. Das bedeutet, sofern die
Recht & Soziales
Minijobber können Rentenbeiträge selbst aufstocken
Ehefrau einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht, darf der
Ehemann ebenfalls einen Riestervertrag
für sich nutzen. Auch eine Nutzung des
Rürup-Modells ist ebenfalls möglich.
Wichtig hierbei ist allerdings, dass die
Beträge vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden. Eine Entscheidung für das Rürup-Modell macht also
nur Sinn, sofern steuerpflichtiges Einkommen erzielt wird. Voraussetzung ist
aber jeweils eine Kontoverbindung und
eine Meldeadresse außerhalb der JVA.
Eine weitere Möglichkeit wäre noch
eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der aktuelle Mindestbeitrag beläuft sich auf
79,60 €. Die daraus resultierenden Vorteile sind (bei Verzicht auf die Versicherungsfreiheit):
• Erwerb vollwertiger Beitragszeiten
mit einem relativ niedrigen eigenen
Beitragsanteil
• Erwerb des Anspruchs auf Rehabilitationsleistungen
• Beanspruchung der staatlichen Förderung für private Altersvorsorge
• Versicherungsschutz für Erwerbsminderung kann aufrechterhalten
oder wieder erworben werden
Laut Mitteilung der Rentenversicherungsträger können so genannte Minijobber ihre gesetzlichen Rentenversicherungsbeiträge selbst aus eigenen Mitteln
aufstocken. Muss z.B. ein Strafgefangener nach seiner Entlassung einen Minijob annehmen, so kann er auf dies Weise
aus dem Pauschalbeitrag des Arbeitgebers, mit dem er nur minimale Ansprüche auf Altersrente erwirbt, vollwertige
Pflichtbeiträge machen.
Damit der normale Beitrag zur Rentenversicherung eingezahlt wird, müssen
Minijobber den Pauschalbeitrag des
Arbeitgebers um monatlich 18 Euro aus
eigener Tasche ergänzen. Nach einem
halben Jahr haben Minijobber dann Ansprüche auf das volle Leistungsspektrum
der gesetzlichen Rentenversicherung,
wie Rente wegen Erwerbsminderung,
vorgezogene Altersrente und Rehabilitationskuren.
Werner Brauer
Das Bankkonto
Nach einer Inhaftierung entstehen
oft ungeordnete Verhältnisse im finanziellen Bereich, die auch zu Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung des
Haushaltskontos beim Finanzinstitut
führen können. Wir haben dazu einige
Banken befragt und von einer namhaften Bank aus Oldenburg folgende Antwort (zusammengefasst) erhalten:
„Die Beziehung von Kunde zu Bank
ist in besonderem Maße von individuellen Vorstellungen und persönlichen Möglichkeiten geprägt. Wir empfehlen in allen Fällen eine persönliche Beratung.“
In den Empfehlungen des Zentralen
Kreditausschusses „Girokonto für jedermann“ heißt es:
Wichtig hierbei ist noch, dass
dann eine Nutzung des RiesterModells auch unmittelbar möglich
ist, d.h. die Möglichkeit der Nutzung
ohne Berücksichtigung der Ehefrau
bzw. die Nutzbarkeit für Alleinstehende.
UM
„Alle Kreditinstitute, die Girokonten
für alle Bevölkerungsgruppen führen,
halten für jede/n Bürgerin/Bürger in ihrem jeweiligen Geschäftsgebiet auf
Wunsch ein Girokonto bereit. Der Kunde
erhält dadurch die Möglichkeit zur Entgegennahme von Gutschriften, zu Bareinund auszahlungen und zur Teilnahme
am Überweisungsverkehr. Überziehungen braucht das Kreditinstitut nicht zuzulassen. Jedem Institut ist es freigestellt,
darüber hinausgehende Bankdienstleistungen anzubieten.
Die Bereitschaft zur Kontoführung
ist grundsätzlich gegeben, unabhängig
von Art und Höhe der Einkünfte, z.B.
Arbeitslosengeld, Sozialhilfe. Eintragungen bei der SCHUFA, die auf schlechte
wirtschaftliche Verhältnisse des Kunden
hindeuten, sind allein kein Grund, die
Führung eines Girokontos zu verweigern.
Das Kreditinstitut ist nicht verpflichtet, ein Girokonto für den Antragsteller
zu führen, wenn dies unzumutbar ist. In
diesem Fall darf die Bank auch ein bestehendes Konto kündigen. Unzumutbar
ist die Eröffnung oder Fortführung einer
Kontoverbindung insbesondere, wenn
• die bezweckte Nutzung des Kontos
zur Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht gegeben ist, weil
z.B. das Konto durch Handlungen
vollstreckender Gläubiger blockiert
ist oder ein Jahr lang umsatzlos geführt wird
• nicht sichergestellt ist, dass das Institut die für die Kontoführung und –
nutzung vereinbarten üblichen Entgelte erhält.“
(Aufzählung nicht vollständig)
UM
Beratungskosten
Die „Tr§tzdem“ hatte den Verein Bremische Straffälligenbetreuung wegen
eventueller weiterer Hilfen bei den Anwaltskosten angeschrieben und erhielt
dazu von deren Vorstandsmitglied Prof.
Dr. Johannes Feest vom Strafvollzugsarchiv der Universität Bremen folgende
Antwort:
„Bei den Beihilfen für Anwaltskosten kommt es darauf an:
• Soweit es um Strafverfahren
geht, gibt er nur die Möglichkeit
der „notwendigen Verteidigung“,
das heißt des Pflichtverteidigers,
der vom Staat bezahlt wird, wenn
die in § 140 StPO aufgeführten
Voraussetzungen vorliegen. Wird
man trotz Pflichtverteidiger verurteilt, dann muss man auch diese
Fortsetzung auf Seite 44
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
43
Recht & Soziales
Fortsetzung von Seite 43
Kosten als Teil der Gerichtskosten tragen.
• Gleiches gilt auch für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes im Vollstreckungsverfahren, insbesondere bei der vorzeitigen Entlassung.
• In allen anderen Verfahrensarten
(Zivilverfahren, Verwaltungsverfahren, Strafvollzugsverfahren
nach §§ 109 ff StVollzG) gibt es
dagegen ausschließlich die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe (§
120 Abs. 2 StVollzG), soweit es
den Strafvollzug betrifft. Dies
muss man speziell auf einem
dafür vorgesehenen Formblatt
beantragen, wenn man einen
Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellt. Voraussetzung ist,
§§
dass man nur geringes Einkommen hat und, dass die Sache
eine gewisse Aussicht auf Erfolg
hat.
• Dies alles gilt nur für gerichtliche
Verfahren, nicht aber für das Wi-
derspruchsverfahren oder andere
verwaltungsinterne Verfahren.
Hierfür gibt es die Möglichkeit der
Beratungshilfe. Diese kann mittellosen Antragstellern gewährt werden, wenn sie vor einem gerichtlichen Verfahren mit einem Anwalt
sprechen wollen. Gesetzliche
Grundlage ist das Beratungshilfegesetz, welches alle Rechtsanwälte zur Beratungshilfe verpflichtet. Man muss einen entsprechenden Antrag beim örtlichen Amtsgericht stellen, erhält
dann einen Anwalt zugeordnet,
dessen Beratungskosten dann
die Landeskasse übernimmt (zu
Einzelfragen und Hilfe bei der
Antragstellung sollte man den
Sozialen Dienst fragen).
UM
Arbeitsentgelt für Straf- und Untersuchungsgefangene
Das Arbeitsentgelt für Strafgefangene beträgt in der Vergütungsstufe III 9/100 der Eckvergütung (§ 200 StVollzG / § 18 SGB IV), und
der Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung (§ 43 StVollzG).
Das Arbeitsentgelt für Untersuchungsgefangene beträgt in der Vergütungsstufe III 5/100 der Eckvergütung (§ 177 StVollzG / § 18
SGB IV).
Eckvergütung: Duchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr (§ 18 SGB IV).
Festsetzung des Arbeitsentgelts / der Ausbildungsbeihilfe für Gefangene im Jahre 2007
I. Gefangene einschließlich der jugendlichen / heranwachsenden Untersuchungsgefangenen
(§§ 200, 176 Abs. 1 StVollzG)
Vergütungsstufe
§ 1 StVollzVergO
Vom-HundertSatz
§ 1 StVollzVergO
Tagessatz
EUR
Tagessatz EUR (manuell
auf 2 Stellen nach Komma
abgerundet – wie in Basis)
Stundensatz
EUR (39,75
Std.)
Minutensatz
Cent 39,75
WoStd.
I
75 v. H.
7,9380
7,94
1,00
1,665
II
88 v. H.
9,3139
9,31
1,17
1,952
III
100 v. H.
10,5840
10,58
1,33
2,218
IV
112 v. H.
11,8541
11,85
1,49
2,484
V
125 v. H.
13,2300
13,23
1,66
2,774
Hausgeld/Überbrückungsgeld
Das Arbeitsentgelt wird zu 3/7 Hausgeld und zu 4/7 Überbrückungsgeld aufgeteilt. Diese Regelung gilt nur für
Strafgefangene.
II. Erwachsene Untersuchungsgefangene (§ 177 S. 2 StVollzG)
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Vergütungsstufe
§ 1 StVollzVergO
Vom-HundertSatz
§ 1 StVollzVergO
Tagessatz
Euro
Tagessatz EUR (manuell
auf 2 Stellen nach Komma
abgerundet – wie in Basis)
Stundensatz
EUR (39,75
Std.)
Minutensatz
Cent 39,75
WoStd.
I
75 v. H.
4,4100
4,41
0,55
0,925
II
88 v. H.
5,1744
4,17
0,65
1,084
III
100 v. H.
5,8800
5,88
0,74
1,233
IV
112 v. H.
6,5856
6,59
0,83
1,382
V
125 v. H.
7,3500
7,35
0,92
1,541
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Recht & Soziales
Gelder der Gefangenen (Strafhaft)
1. Konten:
a) Hausgeld
b) Eigengeld
c) Überbrückungsgeld
1.1 Pfändungen
a) 47 StVollzG – Der Gefangene darf von seinen in diesem Gesetz geregelten Bezügen drei Siebtel monatlich (Hausgeld) und das Taschengeld (§ 46) für den Einkauf oder anderweitig verwenden.
Das Hausgeld ist nicht pfändbar*.
(* siehe aber § 93 und § 121 StVollzG)
Der Einkauf ist ein von der Anstalt vermitteltes Angebot an Nahrungs- und Genussmitteln
sowie von Mitteln zur Körperpflege. Andere Dinge können ebenfalls vom Hausgeld finanziert
werden.
b) § 52 StVollzG – Bezüge des Gefangenen, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag, Unterhaltsbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch
genommen werden, sind dem Gefangenen zum Eigengeld gutzuschreiben.
Am häufigsten kommt Eigengeld zustande durch Einzahlung von außen und wenn das Überbrückungsgeld voll angespart ist. Die 4/7 der
Bezüge werden dann dem Eigengeld gutgeschrieben.
Erreicht das Überbrückungsgeld nicht die festgesetzte Höhe gem. § 51 Abs. 1 StVollzG, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrages auch der
Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unpfändbar.
c) § 51 StVollzG – Aus den in diesem Gesetz geregelten Beträgen … ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll.
4/7 der Bezüge werden dem Überbrückungsgeld gutgeschrieben. Das Überbrückungsgeld ist ohne Rücksicht auf die Anzahl der Unterhaltsberechtigten der Gefangenen nach dem Vierfachen des Mindestbetrages des Regelsatzes zu bestimmen, der jährlich festgesetzt wird. Zurzeit beträgt die Höhe des anzusparenden Überbrückungsgeldes 1.380,00 €.
Das Überbrückungsgeld ist nicht pfändbar für die Dauer von vier Wochen nach der Entlassung.
Beispiel:
Kontostand: HG: 120,00 €
EG: 200,00 €
ÜG: 1300,00 €
Es liegt ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des NLBV* in Höhe von 3.000,00 Euro vor.
Folgerung:
Das Hausgeld bleibt dem Inhaftierten in voller Höhe zur Verfügung.
Das Überbrückungsgeld bleibt ebenfalls in voller Höhe bestehen.
Vom Eigengeld kann gepfändet werden:
Es fehlen noch 80,00 Euro, um das ÜG voll angespart zu haben.
Das Eigengeld wird in der Höhe, die noch für das ÜG fehlt, als ÜG gewertet, d. h. es ist in der Höhe ebenfalls nicht pfändbar:
ÜG – Soll: 1.380,00 €
- ÜG – Ist: 1.300,00 € = 80,00 €
80,00 € = 120,00 €
EG: 200,00 €
- unpfändbares EG:
(* Niedersächsisches Landesamt für Bezüge und Versorgung, Aurich)
120,00 € werden vom NLBV* gepfändet.
1.2 Verwendung
a) Das Hausgeld dient insbesondere dem Einkauf von Nahrungs- und Genussmitteln. Es kann aber auch für sämtliche anderen Ausgaben verwendet werden. Einschränkungen ergeben sich lediglich aus Gründen der Sicherheit und Ordnung (z.B. Alkohol, Waffen).
b) Eigengeld, das für einen Gefangenen zu einer bestimmten Verwendung eingezahlt wird, wird nicht als Überbrückungsgeld behandelt, wenn
der Verwendungszweck der Eingliederung dient. Eigengeld kann nur dann zum Einkauf eingesetzt werden, wenn der Inhaftierte unverschuldet nicht über Haus- oder Taschengeld verfügt. Also dann, wenn er unverschuldet ohne Arbeit ist und kein Taschengeld empfangen
hat. Das Eigengeld kann in dem Fall jedoch nicht grenzenlos eingesetzt werden, sondern lediglich in einem angemessenen Umfang. Im
Regelfall ist der angemessene Umfang der 4-fache Tagessatz der Eckvergütung (42,32 €), nach sechs Monaten der 6-fache Tagessatz
(63,48 €).
Beispiele für die Eingliederung der Gefangenen:
Kosten für Vollzugslockerungen und Urlaub
Schrift- und Paketverkehr
Ferngespräche und Telegramme
Schulische oder berufliche aus- und weiterbildende Maßnahmen, einschl. Hilfsmittel
Erwerb von Gegenständen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung
Bezug von Zeitschriften und Zeitungen
Beschaffung, Überprüfung, notwendige Änderungen, Reparaturen und Betrieb eines Hörfunk- oder Fernsehgerätes
c) Das Überbrückungsgeld und das als Überbrückungsgeld notwendige Eigengeld können bei einem von der Anstalt zu bestimmenden Geldinstitut bis zur Entlassung verzinslich angelegt werden. Voraussetzung ist, dass die Ersteinlage mindestens 50,00 € beträgt und der voraussichtlich noch zu verbüßende Strafrest mindestens 1 Jahr beträgt. Weitere Spareinlagen müssen mindestens 50,00 € betragen.
(Anmerkung Tr§tzdem: Gemäß dem Entwurf zum Gesetz zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen ist in § 46 Abs. 1, Satz 2 vorgesehen: „Wird die Befugnis, über das Hausgeld zu verfügen, disziplinarisch beschränkt oder entzogen (§ 95 Abs. 1 Nr. 2), ist das in dieser Zeit
anfallende Hausgeld dem Überbrückungsgeld hinzuzurechnen.“)
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
45
Recht & Soziales
1.3 Sparraten
Um die Verfügungsbefugnis der Inhaftierten über das eigene Geld nicht unverhältnismäßig einzuschränken, besteht bei
Langstrafigen die Möglichkeit der Sparratenbildung. Bei Gefangenen mit langer Freiheitsstrafe, deren Bezüge ein vorzeitiges Erreichen des ÜG-Solls ermöglichen, können Sparraten gebildet werden, durch die das Überbrückungsgeld bis zum
voraussichtlichen Ende des Vollzuges planmäßig aufgestockt wird. Sind die Raten niedriger, als die zur Verfügung stehenden 4/7 der Arbeitsbezüge, wird der verbleibende Teil dem Eigengeld gutgeschrieben. Der Gläubigerschutz ist in jedem
Fall zu beachten.
2. Haftkosten
2.1 Grundlagen:
Gemäß § 50 StVollzG wird von der JVA ein Haftkostenbeitrag erhoben. Die Haftkosten sind Teil der Kosten der Vollstreckung der Rechtsfolgen einer Tat. Ein Haftkostenbeitrag wird nicht erhoben, wenn der Gefangene
a) Bezüge nach diesem Gesetz (StVollzG) erhält,
b) ohne sein Verschulden nicht arbeiten kann oder
c) nicht arbeitet, weil er nicht zur Arbeit verpflichtet ist.
Inhaftierte, die unter die Buchstaben b) und c) anzusiedeln sind, zahlen Haftkosten, wenn sie während der arbeitslosen Zeit (über 1 Monat)
Einkünfte (z.B. Mieteinnahmen, Rente) erhalten. Das bedeutet, dass u. U. auch Untersuchungsgefangene, Kranke pp. Haftkosten zu entrichten haben. Grundsätzlich zahlt aber niemand Haftkosten, der in der JVA arbeitet.
2.2 Berechnung der Haftkosten:
1) Haftkosten für den Abrechnungsmonat
a) Unterkunft
Vom _______ bis zum ________ / am _________
□ Einzelbelegung (mtl. 167,02 €)
______ Tag(e) x 5,57 € = __________ €
□ Doppelbelegung (mtl. 88,42 €)
______ Tag(e) x 2,95 € = __________ €
□ Doppelbelegung (mtl. 88,42 €)
______ Tag(e) x 2,29 € = __________ €
JVA
Vom _______ bis zum ________ / am _________
□ Einzelbelegung (mtl. s. o.)
______ Tag(e) x 5,57 € = __________ €
□ Doppelbelegung (mtl. s. o.)
______ Tag(e) x 2,95 € = __________ €
□ Doppelbelegung (mtl. s. o.)
______ Tag(e) x 2,29 € = __________ €
Vom _______ bis zum ________ / am _________
□ Einzelbelegung (mtl. s. o.)
______ Tag(e) x 5,57 € = __________ €
□ Doppelbelegung (mtl. s. o.)
______ Tag(e) x 2,95 € = __________ €
□ Doppelbelegung (mtl. s. o.)
______ Tag(e) x 2,29 € = __________ €
Insgesamt a)
__________ €
Verpflegung
________ Tag(e) x Frühstück (1,48 €/Tag; 44,30 €/Monat) = __________ €
________ Tag(e) x Mittagessen (2,64 €/Tag; 79,20 €/Monat) = __________ €
________ Tag(e) x Abendessen (2,64 €/Tag; 79,20 €/Monat) = __________ €
Insgesamt b)
__________ €
Haftkosten ( a) + b))
__________ €
2) dem Gefangenen für einen Haftkostenbeitrag im Abrechnungsmonat zur Verfügung stehende Gelder
Einkünfte i.S.d. § 50 StVollzG im Abrechnungsmonat
(von HK 1 zu übernehmen)
__________ €
./. mittleres Arbeitsentgelt im Abrechnungsmonat
(Eckvergütung gem. §§ 43 II, 200 StVollzG):
10,58 € x ______ (max. 21) Arbeitstage = __________€
= Verbleiben für Haftkostenbeitrag
__________€
./. Betrag, der im Abrechnungsmonat zur Wiedereingliederung
notwendig ist
__________€
Begründung:
Wiedereingliederung gefährdet, da
□ Gefangener in Aus- und Weiterbildung und Gewährung von Bezügen nach öffentlich- rechtlichen Bestimmungen (z.B. Arbeitsförderungsgesetz, „kleines Unterhaltsgeld“) vom Verzicht auf Erhebung von Haftkostenbeiträgen abhängig,
□ Unterhaltsleistungen
i.H.v. _________ € ermöglicht werden sollen,
□ Opferentschädigungen
i.H.v. _________ € ermöglicht werden sollen,
□ Gelder zum Erhalt der alsbald wieder zu beziehenden Wohnung
i.H.v. _________ € notwendig sind
□ sonstige Gründe
____________________________________
(siehe Bl. _______)
= Verbleiben für Haftkostenbeitrag
___________ €
3) vom Gefangenen für den Abrechnungsmonat tatsächlich zu entrichtender Haftkostenbeitrag
___________ €
Der Haftkostenbeitrag beträgt maximal 369,72 €.
(Anmerkung Tr§tzdem: siehe auch Beitrag aus den Märkblättern des Strafvollzugsarchiv von Johannes Feest zum Thema Haftkosten)
46
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Recht & Soziales
2.3
Beispiele:
a) Ein Strafgefangener legt seine Arbeit nieder, da er keine Lust mehr hat zu arbeiten.
Haftkosten werden ab dem 1. Tag berechnet und sind von ihm zu zahlen.
b) Ein Strafgefangener erhält Mieteinnahmen i.H.v. 500,00 Euro. Er ist zur Arbeit eingesetzt. Aufgrund von Arbeitsmangel verliert er seinen
Arbeitsplatz am 01.01.2007. Am 20.01.2007 kann ihm wieder ein Arbeitsplatz zugewiesen werden.
Es sind keine Haftkosten zu zahlen.
c) Ein Untersuchungsgefangener erhält Mieteinnahmen i.H.v. 500,00 Euro. Seit dem 01.01.2007 ist er ohne Beschäftigung. Am 10.02.2007
fängt er wieder an zu arbeiten.
Es sind für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 09.02.2007 Haftkosten zu zahlen.
3. Taschengeld
3.1 Grundlagen:
a) Strafhaft
b) unverschuldet kein Arbeitsentgelt und keine Ausbildungsbeihilfe
c) bedürftig
3.2 Berechnung
Das Taschengeld beträgt 14 % der Eckvergütung. Im Jahr 2007 ist dies ein Betrag von 1,48 € pro Tag. Bei der Berechnung sind Arbeitstage zugrunde zu legen. Der Antrag wird immer rückwirkend gestellt. Das bedeutet, wenn ein
Inhaftierter im Monat Januar unverschuldet ohne Arbeit war, stellt er den Antrag auf Taschengeld im Februar. Bedürftig ist ein Gefangener, soweit ihm im laufenden Monat aus Hausgeld und Eigengeld nicht ein Betrag bis zur Höhe
des Taschengeldes zur Verfügung steht. Der laufende Monat ist der Zeitraum zwischen der letzten Hausgeldauszahlung und der aktuellen Entscheidung.
3.2.1 Anzurechnende Gelder
Alle „Einkünfte“ seit der Taschengeldentscheidung und vorhandenes Geld. Externe gelder sind zu berücksichtigen, sofern der Inhaftierte darüber verfügen könnte.
3.2.2 Nicht anzurechnende Gelder
- gespartes Taschengeld
- im Vormonat verbrauchtes Hausgeld
- zum Einkauf eingesetztes Eigengeld
- für Beileistungen zu den Kosten einer zahnprothetischen Behandlung eingegangenes Geld
- für Vollzugslockerungen und Urlaub eingegangenes Geld
- Eigengeld, das zur Verwendung für den Schrift- und Paketverkehr und für Ferngespräche bestimmt ist, kann bis zur Höhe des 1½ fachen
Tagessatzes der Eckvergütung in begründeten Fällen unberücksichtigt bleiben
- Ein Geldbetrag, der für einen Gefangenen statt eines Paketes zum Einkauf eingezahlt wird, bis zu dem für den Ersatzeinkauf festgesetzten
Höchstbetrag (7-facher Tagessatz der Eckvergütung, beim Weihnachtspaket der 9-fache Tagessatz der Eckvergütung)
3.3 Beispiele:
a) Der Strafgefangene Peter P. ist seit dem 01.06.2006 unverschuldet ohne Arbeit. Im August 2006 stellt er einen Taschengeldantrag für den
Monat Juli 2006. In den vergangenen Monaten hat er lediglich Taschengeld erhalten. Zum Zeitpunkt der Bearbeitung des Antrages hat er keinen Cent auf seinem Konto. Der Antrag wird entsprechend genehmigt. Peter P. erhält den vollen Tagessatz.
b) Nach der Taschengeldzahlung bekommt Peter von seiner Frau 200 Euro für eine notwendige zahnprothetische
Behandlung eingezahlt.
Das Taschengeld für August 2006 wird ebenfalls in voller Höhe gewährt.
c) Am 05.09.2006 bekommt Peter das Taschengeld für den Monat August gutgeschrieben. Der August hatte 23
Arbeitstage, sodass ihm insgesamt 34,04 Euro ausgezahlt wurden. Am 07.09.2006 werden ihm nochmals 200 Euro
von seiner Frau eingezahlt. Peter soll von diesen 200 Euro für die Zahnbehandlung 120 Euro verwenden. Für einen
Ausgang soll er 30 Euro für eine Zugfahrkarte benutzen. Für Briefmarken sind von der Ehefrau 20 Euro vorgesehen
und die Telefonkarte soll ebenfalls um 20 Euro aufgefüllt werden. Die restlichen 10 Euro soll er für den Einkauf verwenden.
Peter stellt im Oktober einen Taschengeldantrag für September.
Das Geld hat er so ausgegeben, wie es von seiner Frau gewünscht war.
Dennoch wird bei der Berechnung einiges berücksichtigt:
10 Euro für den Einkauf müssen berücksichtigt werden. Da keine weiteren Informationen vorliegen, müssen auch die 40 Euro für Telefon- und
Briefverkehr berücksichtigt werden. Insgesamt sind also 50 Euro bei der Taschengeldberechnung zu berücksichtigen. Dieser Betrag liegt über
dem Taschengeldsatz, und es wird für September kein Taschengeld gewährt.
d) Am 27.12.2006 wird Peter ein Arbeitsplatz zugewiesen. Er arbeitet 2 Tage und am 29.12. ist er krank.
Im Januar stellt Peter einen Antrag für Dezember.
Am 05.01.2007 bekommt Peter seinen Lohn für die 2 Arbeitstage im Dezember: 9 Euro Hausgeld und 12 Euro Überbrückungsgeld. Der Dezember 2006 hatte 19 Arbeitstage. Daraus ergibt sich ein max. Taschengeldanspruch von 19 x 1,48 = 28,12 Euro. Im laufenden Monat hat Peter Lohn
erhalten (9 Euro). Dieser Lohn ist anzurechnen. 19,12 Euro Taschengeld.
Der Krankentag ist unerheblich.
Thomas Siggelkow
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Kultur — Ausland — Medien
Literatur & Co.
Das Pandora Projekt (James Patterson)
Ein Labor – mitten im Nirgendwo, auf keiner Karte verzeichnet. Ein Experiment – das zur Folge 6 Menschenkinder hat, die nur zu 98 % menschlich sind. Die anderen 2 % jedoch haben eine so gewaltige Wirkung, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Die sechs „Geschwister“ entfliehen dem Labor und ihrer
Gefangenschaft und leben eine Zeitlang idyllisch in einem versteckten Haus. Jedoch findet ihr ruhiges
Dasein ein jähes Ende, als die Eraser, die das Produkt eines anderen Experimentes sind und sich in Wölfe verwandeln können, das jüngste Mitglied der Familie entführen und zu neuen Versuchen ins Labor zurückbringen. Mutig entschließen sich die übrigen 5, die Kleine zu befreien. Eines sei noch gesagt: Wenn
Du es wagst, diese Geschichte zu lesen, wirst Du zu einem Teil des Experiments – das klingt etwas mysteriös, aber mehr können wir Dir im Augenblick nicht sagen.
Ehrenwirth, 2006, ISBN-10: 3-431-03696-1, ISBN-13: 978-3-431-03696-1, € 18,00.
Entscheidungen, Mein Leben in der Politik (Gerhard Schröder)
„Entscheidungen“ ist kein literarisches Meisterwerk, es ist nicht voller Poesie, nicht lyrisch, nichts von alledem, es ist sachlich, trocken, unumwunden, kurz, so wie sich der angelernte Mittelstürmer Schröder auch
auf dem Fußballplatz verhalten hätte. Mal kurz, nach einer vergebenen Chance zur Linken oder – wenn
es denn sein musste – auch rechten Seite blickend, aber ansonsten immer gerade weiter, genau so, wie
er Politik gemacht hat, so verfasst er sein Buch. Nicht ansatzweise mit geistigem Esprit, keine Anekdötchen, mal launisch - an sich nichts, was einen reizen würde, die nächste Seite auch noch zu lesen – wenn
Schröder da nicht eine gewisse Spannung aufbauen würde, die einen veranlasst, doch weiter zu lesen,
und sei es nur, um zu erfahren, wie er glaubt, dass das Spiel weitergeht.
Hoffmann und Campe, 2006, ISBN-10: 3-455-50014-5, ISBN-13: 978-3-455-50014-1, € 25,00.
Studs meets music – Studs Terkel im Gespräch mit großen Musikern des 20. Jahrhunderts
(Studs Terkel)
Pulitzerpreisträger Studs Terkel war Radio-DJ und interviewte im Lauf seiner langen Tätigkeit für einen
Radiosender in Chicago einige der größten Musiker des 20. Jahrhunderts. Seit 1945 (!) machte er Radio,
eine bemerkenswert lange Karriere. In dem Buch sind 25 Interviews zusammengefasst, unter anderem mit
Bob Dylan, Leonard Bernstein, Louis Armstrong, Janis Joplin, Elisabeth Schwarzkopf, Ravi Shankar, Alfred Brendel. Besonders interessant ist, dass einige Gäste im Lauf der Zeit mehrmals interviewt wurden
und dies in die Interviewniederschrift eingearbeitet ist, zum Beispiel bei Alfred Brendel, Lotte Lehmann
oder Tito Gobbi. Aufschlussreiche Einsichten in die Entwicklung der verschiedenen Musikstile im letzten Jahrhundert
gibt dieses Buch. Studs gewährt uns einen Einblick in die zutiefst amerikanische Art der Musikrezeption, mit viel Verständnis, Kompetenz und hintergründigem Witz, auch über die „guten, alten Zeiten“.
Verlag Antje Kunstmann, München 2006, 237 S., ISBN: 3-88897-453-4, 19,90 €
No Drugs, No Future (Günter Amendt) zwei Bände
Wer bei diesem Titel eine Verherrlichung von legalen oder illegalen Genussmitteln erwartet (oder erhofft),
wird enttäuscht oder sollte vom Lesen des Buches Abstand nehmen. Wer aber daran interessiert ist, die
Meinung des Autors über politische Hintergründe, Gesellschaft und Psyche des Individuums im Zusammenhang mit Drogen zu erfahren, dem sei diese Lektüre wärmstens empfohlen. Amendt, der dieses Thema seit drei Jahrzehnten immer wieder aufgreift, gibt Einblick über den Umgang mit Rauschmitteln in der
Öffentlichkeit, informiert über die Risiken von Drogen ohne Verbotsdrohung und zeigt Wege auf, Überlebenshilfen bereitzustellen für Menschen, die in einen Suchtkreislauf geraten sind. Am Beispiel von Doping
zeigt der Autor auf, dass Drogen als Mittel zur Steuerung und Selbststeuerung des Menschen schon jetzt
aus dem Alltagsbewusstsein nicht mehr wegzudenken sind und ruft dazu auf, sich von der Illusion einer drogenfreien
Gesellschaft zu verabschieden. No Drugs, No Future untersucht nicht zuletzt, wer sich aus welchen Gründen diesem
Gebot widersetzt.
Zweitausendeins, 2006, ISBN-10: 3-86150-625-4
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Literatur & Co.
Das Gesetz der Hydra (Paul Kirchhof)
Paul Kirchhof, ehemaliger Landesminister und Richter am Bundesverfassungsgericht, designierter Finanzminister und „der Professor aus Heidelberg“ im Bundestagswahlkampf 2005, versteht es, mit geschliffener, zum Teil blumiger Sprache, die gesellschaftliche/politische Wirklichkeit im Spiegel der grundgesetzlich verfassten Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland darzustellen. Seine 12-köpfige
„Hydra“ steht für die nicht nur von ihm ausgemachten Problemfelder des Staates und seiner Gesellschaft.
Wer ein politisch interessierter Zeitgenosse ist, sollte sich die mit der Sorgfalt und Genauigkeit eines Juristen niedergelegten gesellschaftspolitischen Analysen und Rezepte für eine Erneuerung nicht entgehen
lassen. Wer mitsprechen will, dem sollte es eine Pflichtlektüre sein.
Droemer Verlag, 2006, ISBN-10: 3-426-27407-8, ISBN-13: 978-3-426-27407-1, € 19,90.
Der Geschichtenerzähler (Patricia Highsmith)
Sydney und Alicia Bartleby sind ein Künstlerehepaar und leben zurückgezogen, um besser arbeiten zu
können, in Blycom Heath, einem kleinen Dorf in der Grafschaft Suffolk in Groß-Britannien. Sie ist Malerin
und er ist Autor von Drehbüchern und Kriminalromanen. Jedoch sind ihre Werke wenig von Erfolg gekrönt, genauso wie der Verlauf ihrer Ehe. Sydney Bartleby, der seine Frau in Gedanken schon dutzende
Male ermordet hat, nutzt die Gelegenheit, als Alicia unverhofft verreist, seine künstlerischen Methoden zu
perfektionieren und versetzt sich imaginär in die Rolle des Mörders. Doch dann kommt Alicia nicht zurück
und Sydney verhält sich – streng nach Drehbuch – höchst verräterisch. Doch bald verschwimmen die
Grenzen zwischen seiner Fantasie und der Realität, und was anfangs für ihn so inspirierend begann,
droht in einem Drama zu enden. „Der Geschichtenerzähler“ lässt sich als „schwarze Komödie“ bezeichnen, steht aber
einem spannenden Thriller an Dramatik in nichts nach.
Diogenes, 2006, ISBN-10: 3-257-06411-x, ISBN-13: 978-3-257-06411-7, € 21,90.
Die Jesus Formel (Didier van Cauwelaert)
Das Turiner Grabtuch – in dem einst Jesus zu Grabe getragen worden sein soll – ist seit langem ein Objekt der Verehrung von Millionen von Menschen und gleichzeitig eines der interessantesten Rätsel der
Neuzeit. Der Autor, der zusammen mit zwei Fernsehjournalisten recherchiert hat, versucht dem Mysterium näher zu kommen und stößt dabei auf einige offene Fragen. Warum leugnet der Vatikan die Authentizität des Leintuches; sind Blut- oder DNA-Spuren noch vorhanden, und wenn ja, verwertbar; wie alt ist
das Tuch genau? Bei der letzten Frage kreuzen sich Pfade der modernen Wissenschaft mit denen der
Theologie, wobei beide Parteien aus ihrer jeweiligen Sicht versuchen, die Widersprüche um das heilige
Tuch zu erklären. Dieses Buch liest sich wie ein spannungsgeladener Kriminalroman, und man muss sich
als Leser immer wieder vor Augen halten, dass dies keine fiktive Geschichte ist angesichts der unglaublichen Theorien,
die aufgeworfen werden.
Rütten & Loening, 2006, ISBN-10: 3-352-00660-1, ISBN-13: 978-3-352-00660-9, € 16,90.
Nylon Road (Parsua Bashi)
Ein ganz ungewöhnliches und sehr persönliches Buch legt die iranische Autorin Parsua Bashi vor: Die
Geschichte ihrer Emigration aus dem Iran in die Schweiz. Als Frau in den Zeiten des Iran – Irak-Krieges
und des aufkommenden fundamental-islamischen Mullah-Regimes im Iran in einem „liberalen“ Elternhaus
groß geworden, schildert sie ihre Entwicklung, die Emigration und die Zeit danach im neuen Land in Form
einer „graphischen Novelle“, also eines anspruchsvollen Comics, und lässt uns dabei teilhaben an ihren
persönlichen Gefühlen und Eindrücken. Ein interessanter und gelungener Versuch, durchaus mit Humor
und einem Schuss Selbstironie, gewährt sie uns dabei auch einen Blick von außen auf unsere europäische Welt des Luxus‘ und Überflusses hier in der Extremform der Schweiz. Mit Zuversicht zeichnet sie für uns den Weg
von der Seidenstrasse zur „Nylonroad“ …
Parsua Bashi: Nylon Road, Kein & Aber Verlag, Zürich 2006, 127 S., ISBN: 3-0369-5238-1
Die Bücher der in
der Zeitung enthaltenen
Buchtipps sind wie
immer auch in der
Gefangenenbücherei erhältlich.
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Kultur — Ausland — Medien
Literatur & Co.
Segelzeit (Wilfried Erdmann)
Wer sich wie Wilfried Erdmann seiner Passion so verschrieben hat, hat viel zu erzählen. Seine kompakten
Erlebnisberichte aus den kleinen und großen Segelrevieren der Welt müssen jeden ansprechen, der
schon einmal Wind und Wasser auf einem Boot genossen hat. Ob in der Karibik, dem Stillen Ozean, der
Ostsee, dem nordfriesischen Wattenmeer, den großen Seen in Nordamerika oder im sibirischen Eishafen,
immer sind es die kleinen Dinge des Alltags mit dem Schiff und die Landgänge, die der Weltumsegler mit
genauer Beobachtungsgabe, Wohlwollen und manchmal auch mit Wehmut so beschreibt, dass der Leser
geneigt sein kann, sich selbst in ein solches Abenteuer zu begeben. Der Autor hat eine gute Auswahl aus
seinen vielen „Törn-Geschichten“ getroffen.
Delius Klasing, 2006, ISBN-10: 3-7688-1852-7, ISBN-13: 978-3-7688-1852-0, € 22,90.
Abscheuliche Angewohnheiten (Philip Ardagh, Deutsch von Harry Rowohlt)
Für diejenigen, die Philip Ardagh schon kennen, ist der neue Band (der mittlerweile Fünfte der vierbändigen Trilogie) die Erfüllung ihres sehnsüchtigen Wartens. Mit gewohnt britischem und skurrilem Humor
werden die Abenteuer so lustiger Menschen wie der „Noch wahnsinnigeren Tante Maud“ oder „Fandango
Jones“ auf äußerst lustige Art beschrieben, in Szene gesetzt und gleichzeitig vom Autor kommentiert. Ein
erfrischendes Buch abseits von Schreibstilen des Mainstreams, wieder einmal kongenial übersetzt von
Harry Rowohlt. Herzerfreuend und lesenswert oder wie der Autor selbst am Schluss des Buches schreibt:
Ende bis zum letzten weiteren Abenteuer.
cbj Random House 2006, ISBN-10: 3-570-12859-8, ISBN-13: 978-3-570-12859-6, € 9,95.
Woraus wir gemacht sind (Thomas Hettche)
Niklas Kalf reist zusammen mit seiner Frau Liz zum ersten Mal nach New York. Er, von Beruf Biograph,
arbeitet gerade an einer Biographie über den jüdischen Emigranten Eugen Meerkaz. Doch schon am dritten Tag verschwindet Liz auf mysteriöse Weise, und ein erpressirischer Anruf lässt den furchtbaren Verdacht zur Gewissheit werden: Sie ist entführt worden, und Kalf wird gezwungen, Material zu beschaffen,
das mit einem dunklen Geheimnis im Leben von Eugen Meerkaz zu tun hat.
Verzweifelt begibt sich Niklas auf die Suche, doch daraus entwickelt sich ein Trip ins Innere der USA, und
die Befreiung von Liz zieht sich, genauso wie Niklas’ Nervenkostüm, in die Länge. Ein bis zur letzten Seite
spannendes Buch, das sich nicht sofort in die klassischen Genre einordnen lässt.
Kiepenheuer & Witsch 2006, ISBN-10: 3-462-03711-0, ISBN-13: 978-3-462-03711-1, € 19,90.
Resturlaub (Tommy Jaud)
Mit dem Roman „Resturlaub – Das Zweitbuch“ hat der Autor Tommy Jaud nahtlos an den Erfolg seines
Bestsellers „Vollidiot“ angeknüpft. Mit bissiger Ironie und oft sehr grausamem Realismus schildert er, wie
ein 37-jähriger Brauerei-Manager die weit verbreitete Midlife-Crisis eines ruhelosen, suchenden Mannes
durchlebt und exakt das wagt, wovon seine Leidensgenossen im wahren Leben nur träumen können –
den totalen Ausbruch aus seinem augenblicklich sehr tristen Leben. Auf der Suche nach einer neuen, perfekten Zukunft und dem ultimativen Kick im Leben muss jedoch auch Tommy Jauds Romanfigur Pitschi
Greulich erkennen, was tatsächlich die wahren Werte im Leben eines Mannes sind und dass das Glück
meist unerkannt schon lange in Reichweite liegt…
„Resturlaub“ ist ein Roman, der nicht nur für Krämpfe in den Lachmuskeln sorgt, sondern auch einen Anstoß gibt, über
das eigene Leben und dessen wahre Werte nachzudenken. Ein empfehlenswerter Lesegenuss!
Scherz, 2006, ISBN-10: 3-502-11004-2, ISBN-13: 978-3-502-11004-0, € 12,90.
Rehe am Meer (Ralf Rothmann)
Ralf Rothmann schafft es, den Leser mit scheinbar alltäglichen Situationen aus dem Leben zu fesseln. Mit
Eleganz schärft er uns die Sinne für die Mystik des Alltags – und, wenn er uns nach einer scheinbar gewöhnlichen Zugfahrt Richtung Glücksburg oder beim Betrachten zweier Spatzen den Boden unter den
Füßen wegzieht, fühlen wir deutlich, dass ein Leben ohne Poesie und Leidenschaft nur das Halbe wäre.
Er schreibt spannend und auf hohem literarischen Niveau, zugleich geheimnisvoll und irgendwie wunderbar.
Suhrkamp, 2006, ISBN-10: 3-518-41825-4, ISBN-13: 978-3-518-41825-3, € 19,80.
50
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Kultur — Ausland — Medien
Literatur & Co.
Das Wetter vor 15 Jahren (Wolf Haas)
Wolf Haas schreibt einen Liebesroman in einem ungewöhnlichen Erzählstil. Er schreibt in der Form eines
Interviews und lässt uns so den Figuren sehr nahe kommen. Vittorio Kowalski, der Wetterexperte, und
Anni, die Tochter der Zimmervermieter, verbindet sehr viel mehr, als es zu Beginn den Anschein hat.
Anni erkennt Vittorio bei der Show „Wetten, dass…“ nach über 15 Jahren wieder, und Stück für Stück
schafft es Wolf Haas, dem Leser die Geschichte dieser beiden Figuren näher zu bringen; er schafft dies
auf eine ruhige, liebevolle Weise, so dass schnell klar wird, dass dieser Liebesroman eigentlich ein Happy
End kennen kann, oder …?
Wer nun also wissen möchte, ob Vittorio und Anni nach 15 Jahren ein Happy End erleben, sollte sich ruhig trauen, auch mal einen Liebesroman im harten Knastalltag zu lesen.
Hoffmann und Campe, 2006, ISBN-10: 3-455-40004-3, ISBN-13: 978-3-455-40004-5, € 18,95.
Love (Stephen King)
Stephen Kings neuestes Meisterwerk ist vielleicht der persönlichste Roman, den er verfasst hat. Dabei
geht es nicht nur um die Geheimsprache der Liebe, sondern auch um die Allgegenwart des Wahnsinns.
Lisey Landon, die Witwe eines erfolgreichen Romanautors, stößt zwei Jahre nach seinem Tod auf eine
Spur von Hinweisen, die ihr Mann noch zu Lebzeiten hinterlassen hat. Diese führt immer tiefer in ihre gemeinsame Vergangenheit und weckt Erinnerungen, die sie schon sorgsam verdrängt hatte, bis hin zu einer von Dämonen bevölkerten Welt, die sie einst zusammen mit Scott besucht hat.
Doch plötzlich tritt der Psychopath Zack McCool in ihr Leben, der es auf den schriftstellerischen Nachlass
von Scott abgesehen hat und versucht, auf brutale Art an diese zu gelangen.
Für Stephen King Fans ein absolutes Muss.
Heyne Verlag 2006, ISBN-10: 3-453-26532-7; ISBN-13: 978-3-453-26532-5, € 22,95.
Die Macht der Familie (David Landes)
Dass Professoren nicht nur trocken über ein Thema referieren können, beweist der Autor nachdrücklich in
diesem Buch. Mit feinen Seitenhieben auf die kleinen „Macken“ der Mächtigen, ihr menscheln, gelingt es
ihm auf sympathische Art, ein Bild der Dynastien zu zeichnen. Auf der anderen Seite spart er aber mit
zum Teil harscher Kritik, wenn die harte Linie eines Patriarchen die ganze Familie zu entzweien droht.
Zudem schafft es Landes geschickt, Wissen über die weltwirtschaftlichen Zusammenhänge der Zeitgeschichte zu vermitteln, ohne ins Dozieren zu verfallen. Auf diese Weise ist ein „Pageturner“ entstanden,
der auf diesem Gebiet seines gleichen suchen dürfte.
Siedler, 2006, ISBN-10: 3-88680-676-6, ISBN-13: 978-3-88680-676-8, € 24,95.
Strauß, Aufstieg und Fall einer Familie (Werner Biermann)
Mit F.-J. Strauß hat sich Werner Biermann ein Schwergewicht der deutschen Nachkriegspolitik vorgenommen – und das auf lobenswerte Art und Weise. Einen polarisierenden Mann, dessen Wirken und Handeln
zu polemischen Ausrutschern geradezu einlädt, weitestgehend objektiv zu beschreiben, das verdient Anerkennung. Nüchtern bilanziert der Autor, zählt Erfolge und Niederlagen auf – und da liegt vielleicht der
Punkt, der ansatzweise zu bemängeln wäre. Biermann ist stellenweise zu dröge, ihm entgeht zuweilen
der Wesenszug, den die Bayern mit der Wendung „…aber a Hund issa scho gwäh“ bezeichnen. Aber dies
sei ihm nachgesehen, denn dafür muss man wohl ein Bayer sein.
Rowohlt Berlin Verlag, 2006, ISBN-10: 3-87134-542-3, ISBN-13: 978-3-87134-542-5, € 19,90.
Nachrichten aus einem unbekannten Universum (Frank Schätzing)
Als er für seinen Roman „Der Schwarm“ recherchierte, trug Schätzing so viele wissenschaftliche Informationen zusammen, dass er nur einen kleinen Teil verwendete. Angeregt durch einen Bekannten schuf er
aus dem Rest in einer Art literarischen Recyclings ein eigenes Werk.
Erzählt wird darin von der Entstehung des Universums, die Entwicklungsgeschichte der Erde und die Theorie über die Entstehung des Lebens auf unserem Planeten auf dem Boden der Meere. Frank Schätzing
bedient sich dabei einer Sprache, die weniger wie trockene Wissenschaft klingt, sondern auf sympathische Art uns plastisch veranschaulicht, wie alles begonnen haben könnte, wie es jetzt ist und vielleicht
einmal sein wird.
Kiepenheuer & Witsch, 2006, ISBN-10: 3-462-03690-4, ISBN-13: 978-3-462-03690-9, € 19,90.
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
51
Kultur — Ausland — Medien
Autoreninfo Stanislaw Lem
Buchtipp
Lem war Sohn eines
Arztes, begann während des zweiten Weltkriegs ein Medizinstudium in Lemberg
(Polen). Er verschleierte seine jüdische Herkunft mit falschen Papieren, war Mitglied
des polnischen Widerstands. Er schloss sein
Studium ab, fiel aber
absichtlich durch die
letzte Prüfung, um
nicht Militärarzt werden zu müssen. Zunächst arbeitete er in
der medizinischen Forschung, verlegte sich
aber mehr und mehr aufs Schreiben.
1951 veröffentlichte er seinen ersten
Roman (Planet des Todes/Die Astronauten). Es folgten unter anderem „Eden“,
„Solaris“, „Robotermärchen“, „Der futurologische Kongress“, „Frieden auf Erden“ und die „Technologiefalle“.
Er erhielt viele Auszeichnungen für
sein Werk, aber auch für seine Person.
Am 27.3.2006 starb er im Alter von 84
Jahren.
„Verlage, die mich in einer mit
Science-Fiction etikettierten Schublade
eingeschlossen haben, taten dies hauptsächlich aus merkantilen und kommerziellen Gründen, denn ich war ein hausbackener und heimwerkender Philosoph,
der die zukünftigen technischen Werke
der Zivilisation vorauszuerkennen versuchte, bis an die Grenzen des von mir
genannten Begriffshorizontes“ (Lem in
‚Riskante Konzepte’). Lem schrieb Rezensionen fiktiver Bücher, solcher, die
seiner Meinung nach geschrieben werden sollten oder eben besser nicht. „Lem
war Satiriker und Philosoph, er war ein
erzfröhlicher Pessimist“ (Die Welt,
28.3.2006).
„Intelligenz ist ein Rasiermesser:
Man kann sie sinnvoll nutzen, sich aber
ebenso gut auch
die Gurgel durchThomas Klein
schneiden.
Im
Rechtsanwalt
Grunde
ihres
WeFachanwalt für Strafrecht
sens ist sie ungeJoë Thérond
sund“, so Lem in
Rechtsanwalt
seinem letzten InFachanwalt für Strafrecht
terview
vom
Fachanwalt für Steuerrecht
15.11.2005 für die
„Solaris“,
„Der
schweigende Stern“,
„Planet des Todes“,
„Die Astronauten“,
alles Werke eines der
Urväter, wenn nicht
sogar des Begründers
der modernen ScienceFiction-Literatur: des
polnischen Schriftstellers Stanislaw Lem.
Mehr als 45 Millionen
Exemplare verkauften
die Verlage von seinen
Büchern, bevor dieser
geniale und großartige
Autor im März letzten
Jahres 84-jährig verstarb. Das Besondere
an seinem Werk war neben dem stellenweise unbändigen und überaus kreativen
Humor die Verbindung von Philosophie
mit den technischen Seiten der ScienceFiction zu Zeiten, in denen andere
Schriftsteller noch weit davon entfernt
waren.
Die Hauptwerke Lems entstanden
in den 50er und 60er Jahren, als Kybernetik, Künstliche Intelligenz, Biogenetik
und Kommunikation als neuen Wissenschaftsfeldern erstmals größere Bedeutung zugemessen wurde. Schon damals
stand Lem persönlich mit vielen Wissenschaftlern in Kontakt, interdisziplinär, wie es heutzutage heißt. Dadurch
war es ihm möglich, seinen Büchern
einen fundierten wissenschaftlichen
Hintergrund zu geben, neue wissenschaftliche Erkenntnisse und aktuelle
Ideen fiktiv und visionär zu verarbeiten.
Erstaunlich ist, wie zutreffend er viele
Entwicklungen vorhergesagt hat. Er hat
Science-Fiction-Literatur als ernsthafte
Literaturgattung möglich gemacht, indem er mit ihrer Hilfe auf hohem literarischen Niveau aktuelle Wirklichkeiten
und Entwicklungen über den Umweg
Zukunft kritisch hinterfragt hat.
Jens Meggers
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Thorsten Diekmeyer
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Seminarstr. 13/14 49074 Osnabrück Tel.: 0541/27030 Fax 0541/27128
52
Fortsetzung auf
Seite 53 unten
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Heldenfriedhof
(Thomas Harlan)
Selten hat ein Buch so
eine Diskussion in unserer Redaktion ausgelöst. Gleich drei Redakteure haben sich
für dieses Buch interessiert und an einer
Rezension versucht. Die Reaktionen
gingen von „Total bescheuert, kann
ich nicht lesen“ bis zum Vergleich mit
Kunstwerken von Joseph Beuys.
Unstrittig ist der Respekt vor der Person des Autors als einem engagierten und unermüdlichen Aufklärer in
Bezug auf die Verbrechen der Nazis.
Als Sohn eines ehemaligen Mitglieds
des Naziregimes hat er in seiner frühen Kindheit bei Goebbels und Hitler
auf dem Schoß gesessen. Nach dem
Ende des Kriegs und der Erkenntnis
der damit verbundenen Verbrechen
hat Harlan sein Leben konsequent
der Aufklärung verschiedener Untaten gewidmet. Dafür ist er von zwei
Staaten zum Staatsfeind erklärt und
ausgewiesen worden.
Im „Heldenfriedhof“ beschreibt er
das „Einsatzkommando Reinhard“,
das sich in weiten Teilen direkt mit
der Konzeption, Planung und Durchführung der Judenvernichtung befasste. Sowohl in Auszügen aus Zeitdokumenten als auch in romanhaften
Phasen werden die Mitglieder der
Gruppe und Geschehnisse der Zeit
dargestellt und dabei die Frage nach
dem Menschsein aufgeworfen. Wie
können Menschen so etwas so kaltblütig planen und durchführen, was
könnten ihre Gedanken sein, was
ihre Gefühle oder Interessen? Das
stellt uns Thomas Harlan in stellenweise sehr schwer zu lesenden Sätzen vor. Teilweise gehen seine Sätze über eine gesamte Buchseite,
was das Lesen nicht erleichtert. Und
genau das war der Streitpunkt innerhalb der Redaktion. Muss so eine
engagierte Literatur diese stilistischen Mittel nutzen oder sollte sie es
dem Leser einfacher machen, einen
Zugang zu finden? Hier muss sich
jeder selber ein Bild machen.
Eichborn Berlin, 2006, ISBN-10: 3-8218-07646, ISBN-13: 978-3-8218-0764-5, € 24,90.
Kultur — Ausland — Medien
Aufruf zur Teilnahme
Das Strafvollzugsarchiv gehört zu den Trägern des renommierten IngeborgDrewitz-Literaturpreises für Gefangene, der im Jahre 2007 zum siebten Mal
verliehen wird. Einsendungen sind nur bis zum 31.Mai 2007 möglich.
Witze
Mein Kollege fragte mich, was ich
meiner Frau zur Silberhochzeit
schenke? Ich antwortete: “Eine Afrikareise“. „Was, soviel“, meinte mein
Kollege, „was schenkst Du ihr dann
erst zur Goldenen Hochzeit?“ „Gar
nichts, da hole ich sie wieder ab!“
_________________________________________
Zwei Kinder sprechen in der
Schule über ihre Eltern. Sagt das eine: „Meine Eltern sind streng religiös,
jeden Abend höre ich aus dem
Schlafzimmer: oh Gott ja, ja oh Gott
ja.“
_________________________________________
Mercedes-Fahrer und MofaFahrer tanken zur gleichen Zeit. Der
Mercedes-Fahrer fährt von der Tankstelle. Nach 10 Minuten auf der Autobahn, bei Tempo 100 km/h guckt der
Mercedes-Fahrer nach rechts – der
Mofa-Fahrer immer noch neben ihm.
Er gibt Gas: 150 km/h - der MofaFahrer immer noch neben ihm. Das
ist dem Mercedes-Fahrer zu viel, er
biegt ab, rauf auf die nächste Tankstelle – Mofa-Fahrer immer noch neben ihm. Der Mercedes-Fahrer dreht
das rechte Fenster runter und fragt
den Mofa-Fahrer: „Na, Tiger im
Tank?“. „Nein, Jacke in der Tür.“
_____________________________________________
Krabbeln zwei Eichhörnchen
mein Hosenbein hoch. Sagt das eine:
„Die beiden Nüsse essen wir gleich,
den Zapfen nehmen wir mit!“
aufgeschrieben von Holger Lürig
WELT. Lem selber galt mit einem IQ
von 180 als intelligentestes Kind Südpolens. Gegen Ende seines Lebens wollt er
keine Science-Fiction mehr schreiben,
sondern widmete sich seinen philosophischen Werken und wurde zu einem großen Fortschrittskritiker. „Weil sich ein
absolut gesetzter Fortschritt in Regress
verwandelt. Auf allen Ebenen – ethisch,
technisch, politisch. Sie als Einzelner
können soviel schreiben, wie sie wollen.
Sie werden nicht einmal gehört. Nichts
können Sie mehr ausrichten!“ (Lem im
Interview vom 15.11.2005 für Die
Welt).
In der Gefangenenbücherei sind
etwa 10 verschiedene Titel ausleihbar.
Spruch
Nicht das, was wir erleben, sondern
wie wir empfinden, was wir erleben,
macht unser Schicksal aus.
Marie von Ebner-Eschenbach
Markus Lanfer
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
53
Kultur — Ausland — Medien
Humor ist, wenn (man) Tr§tzdem lacht!
Spricht man das Thema an, so ist oft zu hören: „Äh, spinnst Du, hier gibt es doch keinen Grund zu lachen“.
Falsch, lachen hängt nicht davon ab, wo man ist, sondern welche Einstellung man zum Leben hat. Wer hier drin nur mit
`nem langen Gesicht rum rennt, der verhält sich draußen genau so, denn einen Grund, verbiestert zu sein, findet man
immer, sei es die Frau/Freundin, der Job, der Mangel an Kohle.
Zu deren Entschuldigung muss allerdings gesagt sein, es ist oft in der Natur der Menschen festgelegt, ob jemand eine
Frohnatur, ein Lebensunglücklicher oder einfach jemand ist, der sich mit einem permanenten „Leck-mich-am-ArschGefühl“ vor aller Unbill des Lebens schützt.
Nur eines ist mit statistischer Sicherheit erwiesen, wer öfter lacht, der lebt länger.
Klar, jetzt können sich die Lacher natürlich glücklich schätzen; so ein Glück, der Miesepeter kratzt vor mir ab. Doch Vorsicht, Schadenfreude gehört zu den Freuden, die nicht lebensverlängernd wirken.
Nun gibt es allerdings auch Leute, bei denen muss man fast davon ausgehen, dass sie morgens vor dem Spiegel stehen und den „bösen Blick“ üben. Dabei handelt es sich um eine ganz besondere Art Mensch. Sie haben richtige Panik,
dass, wenn sie nicht mit finsterer Mine durch das Leben laufen, sie nicht ernst genommen werden. Wehe dem, der solchen Wesen mit guter Laune über den Weg läuft, augenblicklich fühlen sie sich nicht ernst genommen, ja sogar verspottet. Wut und gar Hass zeichnen augenblicklich die Minen solcher bedauernswerter Menschen.
Solchen möchte ich ein kleines Gedicht zum Nachdenken mitgeben:
Du weißt nicht, wie schön ein Lachen ist,
weil Du nur dauernd sauer bist.
So vergehen all Deine Jahre
und plötzlich liegst Du auf der Bahre,
hinter Deinem Kopf da steht der Tod
totgeärgert, Du Idiot.
Dieter Schacht
Empfehlung des Bücherwartes
Diesmal möchte ich einen deutschen
Dichter vorstellen, den die meisten
schon nicht mehr kennen dürften –
Eugen Roth.
Er wurde 1895 in München geboren
und starb dort 1976. Nach dem Studium
der Germanistik, Philosophie, Kunstgeschichte und Geschichte arbeitete er von
1927 bis 1933 zunächst als Lokalredakteur der Münchener Neuesten Nachrichten, bevor er sich 1933 als freier Schriftsteller niederließ.
Er verstand es wie kaum ein Zweiter seiner Zeit, den Menschen „aufs
Maul“ zu schauen. Seine Gedichte und
Anekdoten sind voller Lebensweisheit
und Witz – und manchmal auch voll
bitterer Ironie.
Ein Mensch meint, gläubig wie ein
Kind,
Dass alle Menschen Menschen sind.
In unserer Bücherei haben wir zwei Bücher
von ihm:
- Das große Eugen Roth Buch, Buchnummer: 2334-90
- Genau besehen, Buchnummer 2335-90
Treffliches von Eugen Roth
Der erste Zorn
Der Mensch in seinem ersten Zorn,
Wirft leicht die Flinte in das Korn.
Und wenn ihm dann der Zorn verfliegt,
Die Flinte wo im Korne liegt.
Der Mensch bedarf gar mancher Finte,
Zu kriegen eine neue Flinte.
Fünftagewoche
Wie wär geblieben alles gut,
Hätt Gott am sechsten Tag geruht!
Er wär nur gekommen bis zum Affen,
Der Mensch wär blieben unerschaffen.
Umgekehrt
Ein Mensch wird „Pessimist“ geschmäht,
Der düster in die Zukunft späht:
Doch scheint dies Urteil wohl zu hart:
Die Zukunft ists, die böse starrt.
Nur Sprüche
Ein Mensch erklärt voll Edelsinn,
Er gäbe notfalls alles hin.
Doch eilt es ihm damit nicht sehr –
Denn vorerst gibt er gar nichts her.
Viel Spaß beim Lesen!
54
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Stoß-Seufzer
Man sollte nur leisen Rassen
Und nicht die lauten reisen lassen.
Kultur — Ausland — Medien
Die Moritat vom betrogenen
Beamten
Finster wird’s – das Licht entweicht,
ein Beamter durch die Gänge schleicht.
Er pfeift bei jedem Schritt
und führt `nen Ring voll Schlüssel mit.
Die Schlüssel, sie geben ihm Macht,
sodass er über häuslichen Ärger lacht.
Und während er so geht und leise singt,
sich ein böser Gedanke bei ihm
einschwingt.
Seiner Frau, die ihn oft hat betrogen,
könnte er im hohen Bogen,
die Schlüssel auf den Kopfe schlagen
für ihr Fehlbetragen.
Und weil er nun so finster träumt,
schreitet er ganz aufgeräumt
und mit wahrlich festem Schritt
an der langen Kette schwingen klingend
die Schlüssel mit.
Hat er doch nun `nen Entschluss
gefasst,
der ihm gut in seine Stimmung passt.
Beendet sein Dienst jetzt ist,
seinen mörderischen Vorsatz er nicht
vergisst.
Auf dem Weg ins traute Heim,
fällt ihm dann ganz sieden ein:
Bevor er sich kann an seiner Rache
laben,
müsste er überhaupt erst eine Frau zu
Hause haben.
Dieter Schacht
Das Kartenspiel
Zwei befreundete Ehepaare spielten an
einem Abend zusammen Karten. Horst
fiel zwischendurch eine Karte zu Boden.
Als er sich danach bückte, bemerkte er,
dass Dagmar, Antons Frau, die Beine
weit gespreizt hatte und keine Unterwäsche trug!
Horst ließ sich natürlich nichts anmerken.
Später, als Horst in die Küche ging,
um Getränke zu holen, folgte ihm Dagmar und fragte: „Hast Du vorhin unterm
Tisch etwas gesehen, das Dir gefallen
hat?“ Horst, überrascht von der Offenheit, bejahte, und sie sagte: „Du kannst
es haben. Es kostet allerdings 500 Euro.“
Nachdem Horst seine finanzielle
Situation geprüft und alle moralischen
Bedenken abgelegt hatte, ging er auf den
Deal ein. Dagmar erklärte ihm, dass ihr
Ehemann Anton freitags immer etwas
länger arbeiten würde und Horst um
14:00 Uhr bei ihr vorbeischauen sollte.
Natürlich war Horst pünktlich, gab
ihr 500 Euro und die beiden vögelten
etwa eine Stunde lang. Um 15:30 Uhr
war Horst wieder weg.
Anton kam wie üblich um 18:00
Uhr nach Hause und fragte seine Frau:
„War Horst heute Nachmittag hier?“
Dagmar war geschockt, aber antwortete ruhig: „Ja, er war heute Nachmittag für ein paar Minuten hier.“ Ihr
Herz raste wie verrückt, als Anton nachfragte:
„Und hat er Dir 500 Euro gegeben?“ Dagmar dachte, das ist das Ende,
setzte ein Pokerface auf und sagte: „Ja,
er hat mir 500 Euro gegeben.“ Anton
lächelte zufrieden und sagte:
„Gut. Horst kam nämlich heute
Morgen zu mir ins Büro, um sich 500
Euro bei mir zu leihen. Er versprach,
dass er heute Nachmittag bei mir vorbeischauen würde, um das Geld zurückzubezahlen.“
gefunden von WD
Ein Erlebnis
Im Sommer 1945 war ich Stadtrat –
keine vierzehn Tage, dann war ich
„abgeschossen“. Ich kam gerade, nach
Ablieferung meiner Amtskette, nach
Hause – es hieß, ein Herr warte auf
mich. Ein mir völlig Unbekannter
streckte mir strahlend beide Hände entgegen; mit vor Rührung bebender Stimme sprach er: „So sehe ich Sie glücklich
wieder, lieber verehrter Freund, nach all
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
den Jahren…“ „Ehe Sie weiter sprechen“, sagte ich ahnungsvoll, „möchte
ich Ihnen mitteilen, dass ich seit heute
nicht mehr Stadtrat bin!“ „So!“ rief er
zornig, „und da laufe ich den weiten
Weg bis zu Ihnen heraus bei der Hitze!“
Und verließ, ohne mich noch eines weiteren Blickes zu würdigen, das Zimmer.
Eugen Roth
Witze
Mein Bekannter hat mich zum Taubenessen eingeladen; er behauptete
auch noch, dass sie ganz frisch wären. Nach ein paar Minuten kauen
hatte ich auf einmal einen Ring, den
normalerweise Wildtauben tragen, im
Mund. Ich nahm ihn aus dem Mund
und, oh Schreck, was stand darauf:
„Greife an im Morgengrauen, Napoleon!“
________________________________________
Meine Frau sagte zu mir: „Schatz,
ich möchte irgendwo hin, wo ich noch
nie war“. Ich antwortete: “Versuche es
mal mit der Küche!“
aufgeschrieben von Holger Lürig
weiter mit „Treffliches von Eugen Roth“
Zweierlei
Ein Mensch – man sieht, er ärgert sich –
Schreit wild: Das ist ja lächerlich!
Der andre, gar nicht aufgebracht,
Zieht draus die Folgerung und – lacht!
Vergebliche Einsicht
Ein Mensch, der hinnahm Streich um
Streich,
Sprach zu sich selbst: „Ich bin zu weich!
Ab heut entfalt ich Kraft und Witz:
Ich werde hart, ich werde spitz!“
Doch musst er an sich selbst verzagen:
Schon war er wieder breitgeschlagen!
Feststellung
Ein Mensch wird laut,
wenn er was will;
Wenn er’s erst hat, dann
wird er still;
Das „Danke“ ist, nach
alter Sitte,
Weit seltener als das
„Bitte, bitte!“
Fortsetzung auf Seite 69
55
Kultur — Ausland — Medien
Erfahrungsbericht: Knast in Dänemark
von Heiko Rapp
Persönliches:
Ich bin 34 Jahre alt, in Reutlingen geboren, mit einer Ungarin
verheiratet, jedoch getrennt
lebend, und habe 2 eheliche
Kinder und ein Kind aus einer
anderen Verbindung. Als ich
meine Frau 1992 am Starnberger See kennen lernte, sprach
sie kein Deutsch und ich kein
Ungarisch. Inzwischen spreche
ich allerdings neben dem Englischen Ungarisch fließend.
Am 18.02.05 wurde ich
auf einer Kurierfahrt von Holland nach Dänemark in Dänemark wegen eines Verstoßes
gegen das Betäubungsmittelgesetz verhaftet und im September 2005 zu 2 ½ Jahren verurteilt. Für das mir zur Last gelegte Delikt besteht in Dänemark eine Höchststrafe von 3
Jahren. In Dänemark ist es üblich, dass Ausländer schon
nach der Verbüßung der Hälfte
der Haftzeit abgeschoben werden, sodass ich nur bis Mitte
2006 in Dänemark blieb. Da
mir allerdings meine Frau aus
Ungarn ein Unterhaltsversäumnis vorwarf, bin ich im Juni
2006 nicht nach Deutschland,
sondern nach Debrecen in Ostungarn
ausgeliefert worden. Es lag aber ein
Rechtsirrtum vor, sodass ich schon nach
3 Tagen Aufenthalt im dortigen Gefängnis am 22.06.06 nach Deutschland reisen konnte. Hier wurde ich dann, nachdem ich zuvor als Schweißer Arbeit
gefunden hatte, am 14.08.06 wegen eines Vorwurfs erneut verhaftet, der im
Zusammenhang mit dem Delikt steht,
für das ich in Dänemark verurteilt wurde. Nun befinde ich mich in der JVA in
Oldenburg*.
Während der Zeit in Dänemark
habe ich die Bekanntschaft mit mehreren dortigen Haftanstalten gemacht. So
wurde ich als Erstes in Kopenhagen als
Untersuchungshäftling in Isolationshaft
genommen. Dabei ist nur Kontakt zu
den Beamten möglich. Währenddessen
lernte ich für 2 Monate das große Gefängnis „Venstre“ kennen, einem älteren
Bau mit ca. 600 Gefangenen, und anschließend für 7 Monate das aus 1930
s t a m me n d e k l e in e r e G e f ä n g n i s
„Blegdamesvaj“ mit ca. 90 Insassen.
56
Nach der Verurteilung ging es dann zur
Insel Lolland, wo ich im 1882 gebauten
Gefängnis in Maribo mit 12 Mitgefangenen 3 Wochen zubrachte, und anschließend war ich bis zu meiner Auslieferung
am 10.06.06 in Nyborg im
„Statsfængsel“, einem Gefängnis aus
1912 mit ca. 350 Gefangenen. Ich habe
also einige Einblicke in dänische Gefängnisse gewonnen.
Meine Eindrücke möchte ich folgendermaßen beschreiben:
Die Wohnverhältnisse:
Die Gefängnisbauten sind zwar alle
schon etwas älter, wurden aber den Bedürfnissen der heutigen Zeit entsprechend angepasst. Auf den Stationen mit
ca. 24 Hafträumen war es stets sauber,
da immer 2 Hausarbeiter für Ordnung
und Sauberkeit sorgten. Die abschließbaren, in der Größe mit den hiesigen
Verhältnissen vergleichbaren ausschließlich einzeln belegten Hafträume
waren mit Bett, Schrank, Schreibtisch,
Stuhl, Kühlschrank, Fernseher mit
DVD-Schacht, Schreibtischlampe und
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Kaffeemaschine ausgestattet;
ein Waschbecken befand sich
im Raum, und die Toiletten
sowie die Duschen befanden
sich separat auf der Station.
Erwähnenswert ist, dass der
TV-Empfang kostenlos war
und auf 46 Kanälen neben
den dänischen Programmen
16 deutsche, 2 türkische, 2
französische, ein holländisches und ein arabisches gesendet wurden und ein regionaler Minderheiten- Kanal
empfangen werden konnte.
Zudem wurden 3 Erwachsenen-Programme angeboten.
Eine mietbare Playstation
wurde allerdings mit 25,- dkr
(ca. 3,50 Euro) pro Woche
berechnet.
Gekocht werden konnte in
der großzügigen Küche mit 4
Herden und weiteren Küchenausstattungen, deren
Reinigung den Häftlingen
oblag. Auf den Stationen
befand sich auch ein Sportstudio, das unter anderem
Hanteln, Laufband, SpinningRad, Sprossenwand und
Gymnastikbälle enthielt. Zudem gab es einen Gemeinschaftsraum mit TV, in dem
einmal im Monat Sitzungen abgehalten
wurden, und einen weiteren Raum mit
Spielgeräten, wie Billard und Kicker, für
deren Nutzung keine Gebühren abverlangt wurde.
Anstaltsbekleidung gab es nicht.
Die eigene Wäsche konnte man auf der
Station mit der Waschmaschine und
dem Wäschetrockner unentgeltlich pflegen.
Die Arbeitswelt:
Es bestand keine Arbeitspflicht.
Wer jedoch seine Arbeitsbereitschaft
erklärte, stieß auf ein großes Arbeitsangebot und erhielt unabhängig von der
tatsächlichen Beschäftigung einen
Grundlohn von (umgerechnet) ca.
35,00 Euro pro Woche. In den großen
Anstalten gab es z.B. Betriebe für die
Schlosserei, Autoschlosserei, Schneiderei, Druckerei, Buchbinderei und Montage. Dort konnte ich auch einer beruflichen Aus- und Weiterbildung nachgehen, sodass ich mich als Schweißer für
das MIG- und MAG- Schweißen habe
ausbilden lassen und eine Prüfung in den
Kultur — Ausland — Medien
Fertigkeitsstufen 1 bis 9 ablegen konnte.
Das ist mir später bei der Arbeitsaufnahme in Deutschland sehr zugute gekommen.
Die Ausbildungsmöglichkeit ist in
den Gefängnissen ähnlich wie sonst in
der dänischen Wirtschaft, da die Ausbil-
auch Pfeffer und Hefe. Zudem war an
jedem Tag, außer am Wochenende, ein
Paketempfang ohne Paketmarke möglich, und von 7:00 bis 21:30 Uhr konnte
mit einer normalen Telefonkarte ohne
Zeit- und Teilnehmerbeschränkungen
telefoniert werden.
Die Verpflegung
durch die anstaltseigene Küche war abwechslungsreich, und
wer sich selbst verpflegte, erhielt eine
Kostenbeteiligung
von 297,- dkr (ca. 40,- Euro) pro Woche.
Großzügig waren die Besuche geregelt, da jeden Tag Besuch empfangen
werden konnte. Für Nicht-Dänen allerdings nur von 7:30 bis 20:00 Uhr, und
für Langzeitbesuche standen in einem
besonderen Gebäude mehrere
„Kleinwohnungen“ zu Verfügung. Im
Sommer fanden die Besuche oft draußen
statt und es wurde gegrillt.
Die Anstaltsorganisation:
Die Verantwortung für ein Gefängnis ist in Dänemark aufgeteilt in die
„Kriminalforsorge“, die für die Gefangenen zuständig ist und die
Anstaltsleitung, die eher die
Funktion der Verwaltungsleitung mit der Zuständigkeit für
das Haus und dessen Personal
innehat.
Pro Station verrichten zwei
staatliche Angestellte ihren
Dienst und sind Ansprechpartner für die Gefangenen, wenngleich eine ständige Präsenz
im Stationsbüro nicht üblich
ist. Die Flure sind videoüberwacht. In den Häusern, in denen Gefangene mit hohen Sicherheitsanforderungen
(„Bandidos“, „Hells Angels“)
untergebracht sind, gelten
noch gesonderte Regeln; für
sie ist die Freizügigkeit auch
deutlich eingeschränkt. Jede
Station hat einen Gefangenensprecher und jedes Haus hat
einen Haussprecher. Die
Haussprecher sind auch Gesprächspartner für die
„Kriminalforsorge“ und die
Anstaltsleitung.
Die Gesundheitsversorgung ist in
der Anstalt als Vollversorgung organisiert und wird in der Regel durch Bedienstete eines Staatshospitals sichergestellt; der Gefangene kann die Arztbesu-
„In Dänemark wird nur
die Freiheit genommen“
dung von den Industrie- und Handelskammern organisiert wird. Die Verdienstmöglichkeiten lagen bei entsprechender Tätigkeit bei ca. 110,- bis 120,Euro pro Woche; ich selbst kam nach
meiner Schweißerausbildung mit den
dann möglichen Zulagen auf ca. 250,Euro pro Woche, die freitags bar ausgezahlt wurden.
Die Freizeitgestaltung:
Vielfältig war auch das Beschäftigungsangebot in der Freizeit. So konnten z.B. Arbeiten mit Leder durchgeführt werden, um Gürtel anzufertigen,
oder Silberarbeiten unter Aufsicht eines
externen Goldschmieds
durchgeführt werden oder die
Nutzung eines Computers
mit Internetzugang war möglich. In der Zeit der Strafhaft
gab es zudem die Möglichkeit, E-Mails abzurufen und
zu versenden.
Die Freistunde war
unterschiedlich geregelt: in
den kleinen Anstalten konnte
man morgens und mittags
eine Stunde rausgehen, in
den großen dann, wann man
möchte. Dazu gab es kleinere
Höfe.
Für sportliche Aktivitäten stand eine Sporthalle zur
Verfügung.
Zeitschriften/
Zeitungen konnten an drei
Tagen pro Woche frei bezogen werden und Bücher waren aus der Bibliothek auszuleihen. Die Verwaltung der
Bücherei oblag einem Bibliothekar, der Angestellter
der staatlichen Bibliothek war und von
dort die Bücher besorgte, die nicht vorrätig waren.
Ein reichhaltiges Angebot stand am
Dienstag und am Freitag beim Einkauf
im „Interspar“-Laden zur Verfügung,
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
che selbstständig durchführen. Der Sozialdienst bestand aus zwei Sozialarbeiter, die zum Sozialamt gehören. Die
Seelsorge besorgten ein protestantischer
Pfarrer und ein Imam. Obligatorisch
waren der sonntägliche Gottesdienst und
das Freitagsgebet. Für Gebete stand
auch im Arbeitsbereich ein Gebetsraum
zur Verfügung.
Soweit ich das vernommen habe,
bestehen spezielle Therapieangebote
für bestimmte Gefangene.
Die Handhabung von Lockerungen
ist sehr großzügig, dänische Staatsbürger können von Freitag 12:00 Uhr bis
Montag 6:00 Uhr die Anstalt verlassen;
bei ausländischen Gefangenen ist das
nicht möglich. Die Lockerungen werden
auch geeigneten Langzeithäftlingen gewährt, auch denen, die Tötungsdelikte
begangen haben. Die Eingangskontrollen sind allerdings streng; Entkleidungen
und Drogentests sind durchaus üblich.
Der offene Vollzug wird nur gewährt,
wenn soziale Bindungen in Dänemark
bestehen; dazu unterhält Dänemark aber
auch gesonderte Anstalten. Für Ausländer besteht eine besondere Reststrafenregelung, d.h. schon nach der Hälfte der
Haftzeit erfolgt eine Abschiebung. Gefangenentransporte werden mit Zivilfahrzeugen der Polizei vorgenommen,
und es ist nicht üblich, gefesselt zu werden. Allerdings besteht eine Begleitung
durch 3 Beamte.
Dem Vernehmen nach gibt es in
Dänemark ca. 10 000 Häftlinge, während noch ca. 8.000 Personen auf einen
Haftplatz warten. Damit liegt die Gefangenen-Quote deutlich über der der Bundesrepublik Deutschland.
Alles in Allem kann gesagt werden,
dass in Dänemark einem Gefangenen
nur die Freiheit genommen wird, nicht
jedoch andere Persönlichkeitsrechte.
(*Heiko R. wurde nach seiner Verurteilung nach Ulm
verlegt.)
UM
57
Kultur — Ausland — Medien
Erfahrungsbericht: Knast in den Niederlanden
von Johannes und Richard
Persönliches:
Johannes, 41 Jahre alt, und Richard, 39 Jahre alt, können aus persönlichem Erleben von den Verhältnissen in den niederländischen Haftanstalten berichten. Beide warten als
Untersuchungsgefangene in der JVA
Oldenburg auf Entscheidungen deutscher Gerichte. Johannes hat seine
Erfahrungen im Jahre 1997 über
einen Zeitraum von einem Jahr in
einem Gefängnis in Rotterdam, einem Gebäude aus den 1920er Jahren
mit ca. 400 Insassen und Richard in
Hoorn, einer mittelgroßen Stadt am
Markermeer, mit einem Gefängnis
aus dem Jahre 1950 mit ca. 500
Häftlingen in 2006 während eines
Monats gemacht. Da ihre Eindrücke
ähnlich waren, lassen sich mit ihren
Berichten die Knastverhältnisse in
den Niederlanden in einer gemeinsamen Darstellung abfassen und folgendermaßen beschreiben:
Die Wohnverhältnisse:
Trotz des Alters waren die Anlagen
sauber, die Hafträume mit ein oder zwei
Personen belegt, und auf den Stationen
befanden sich 40 bis 50 Personen auf 3
Ebenen. Jeder Haftraum, ähnlich groß
wie in Oldenburg, hatte eine zweckmäßige Ausstattung mit ein oder
zwei Betten, einem Schrank,
einer an der Wand befestigten
Tischplatte, einem Stuhl, einem Fernsehbord, einem TVGerät und einem Kühlschrank.
In einem separaten Raum waren Waschbecken und WC
untergebracht, teilweise befand sich auch eine Dusche
darin. Anstaltsbekleidung
gab es nicht. Jeder, der die
Möglichkeiten dazu hatte, ließ
sich jede Woche frische Bekleidung schicken oder beim
Besuch aushändigen; dazu
benötigte man auch keinen
Wäscheschein. Auf den Stationen gab es Fitnessräume mit
Sport- und Spielgeräten. Wer
selbst kochen wollte, konnte
die gut ausgestattete Küche
benutzen (wie in Oldenburg).
Ansonsten wurden die gut
schmeckenden warmen Mittagsmahlzeiten von außen vakuumverpackt angeliefert. Zum Frühstuck und zum Abendbrot
wurden jeweils halbe Brote ausgeteilt.
58
Die Arbeitswelt:
Jeder, der wollte, konnte arbeiten;
es gab aber keinen Zwang zu arbeiten,
auch nicht für Strafhäftlinge. Die Arbeitszeiten erlaubten ein hohes Maß an
Freizeit, denn in einer Woche wurde
morgens drei Stunden lang gearbeitet
und in der nächsten nachmittags 3 Stunden; dafür erhielt man 12,50
Euro pro Woche, die wöchentlich auf das eigene Konto ausgezahlt wurden - jeweils rechzeitig vor dem Einkauf, der
immer am Montag oder Dienstag stattfand. Die Arbeit bestand z. B. aus verpacken und
etikettieren von Klamotten, der
Herstellung von Metallbügeln
für Heizkörper, Taue zuschneiden, für die Automobilindustrie
Metallarbeiten durchführen und
Arbeit in der Holzwerkstatt.
Die Freizeitgestaltung:
Als U-Häftling gab es 1½ Stunden pro Tag Freizeit, während
in der Strafhaft tagsüber die
Türen offen standen. In dieser
Zeit konnte man die Fitnesseinrichtungen benutzen oder in
Begleitung zur Sporthalle gehen. Dafür stand den UHäftlingen allerdings nur eine
Stunde pro Tag zur Verfügung, während
die Strafgefangenen mehrere Stunden
Sport betreiben konnten. Wer sich jedoch krank gemeldet hatte, musste auf
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
der Zelle verbleiben, konnte auch
keine Freistunde in Anspruch nehmen.
Das Weiterbildungsangebot war
umfangreich: man konnte den Führerschein machen, Französisch, Englisch, Spanisch oder Deutsch lernen,
einen Computerkurs besuchen oder
einer handwerklichen Ausbildung
nachgehen, die mit einer Prüfung vor
der IHK abschloss.
Die „Freistunde“ betrug im Sommer 6 Stunden und im Winter 1½
Stunden, wurde im Hof mit Sportfeldern, Tischtennisplatte, Tischfußballgerät und Tischen und Bänken abgehalten und richtete sich nach den
Arbeitszeiten. Bücher und Zeitschriften waren in einer Bibliothek vorhanden, zu der man gehen konnte,
wenn man einen Beamten dazu befragt hatte.
Einkaufen konnte man für maximal 1.000,00 Euro pro Woche; die
Ware wurde bestellt und auf die Zelle
geliefert. Besondere Wünsche wurden
auch erfüllt, dafür gab es keinen gesonderten Paketempfang. Wer telefonieren
wollte, benutzte dazu seine aufladbare
Telefonkarte mit freier Gesprächsteilnehmerwahl.
Besuch konnte außerhalb der Arbeitszeiten empfangen werden, und zwar
einmal pro Woche für zwei Stunden
ohne besonderen Antrag und einmal im
Monat zwei Stunden extra auf Anfrage;
nach drei Monaten gab es einen Langzeitbesuch für vier Stunden.
Die Anstaltsorganisation:
Auf jeder Station hatten vier
freundliche und zuvorkommende Beamte ihren Dienst zu verrichten, und die
Anstaltsleitung bot jede Woche eine
Sprechstunde an. Gesichert waren alle
Gänge mit Videoanlagen; daher gab es
keinen gesonderten Aufschluss und keine Begleitung durch Beamte bei den
notwendigen Gängen. In den Hochsicherheitsabteilungen sah das allerdings
anders aus.
Die ärztliche Versorgung, die Seelsorge und der Soziale Dienst sind ähnlich organisiert wie in Oldenburg. Therapieangebote bestanden für Alkoholkranke und Drogenabhängige.
Für Gefangene, die nicht zu lebenslänglicher Haft oder Sicherungsverwahrung verurteilt wurden und die in gesonderten Anstalten untergebracht sind und
dort auch die volle Zeit verbringen müs-
Kultur — Ausland — Medien
sen, sieht das Gesetz vor, dass nur 2/3
der Strafzeit im Vollzug verbracht werden muss. Zudem gibt es, ebenso wie in
Deutschland, den offenen Vollzug für
12 Monate, bei dem man jedes Wochenende frei bekommt, daneben den halboffenen Vollzug für 18 Monate, in denen
man jeden Monat 2 bis 3 Tage Urlaub
bekommen kann, und dann den geschlossenen Vollzug für LL und SV.
Hier in Oldenburg wird von Johannes und Richard
als
angenehm
empfunden, dass
niederländische
Staatsbürger eine
Gefangenenzeitung von einer
niederländischen
Stiftung monatlich
zugesandt
bekommen.
UM
Kriminelles aus aller Welt
Kuriositäten
Italien: Geistliches Rauschgift ist
nicht straffrei
Ermittelt wird jetzt auch gegen einen
43-jährigen Mann aus der italienischen
Stadt Perugia. In seiner Wohnung wurden insgesamt ein halbes Kilo Kokain
und Marihuana gefunden. Die Drogen
seinen von guter Qualität und vermutlich
aus dem Ausland eingeführt worden,
berichtete die italienische Nachrichtenagentur ANSA. Ob das Rauschgift zum
Verkauf oder für den Eigenbedarf bestimmt war, wird das Gericht klären müssen, denn beruflich hat der Täter nichts
mit Drogen zu tun: Er ist Priester – und
geistliches Rauschgift ist nicht straffrei!
Indien: Rosarote Farbe senkt die Kriminalitätsrate
In der indischen Stadt Aurangabad
ist die Kriminalitätsrate extrem hoch:
Erpressung, Entführung, Mord und
Kämpfe zwischen den Kasten gehören
dort zum Alltag. Um die Menschen friedlicher und gesetzestreuer zu machen,
sind alle Verwaltungs- und Regierungsgebäude und an die 90 Prozent aller
Privathäuser rosarot angestrichen worden. Ob die zarte Farbgebung tatsächlich beruhigend wirkt und die Kriminalitätsrate sinkt, muss sich noch zeigen.
Der Blick durch die rosarote Brille ist
schließlich nicht jedermanns Sache; der
Versuch sei es jedoch wert, so der indische Bürgermeister.
Russland: Vorsicht bei dem Genuss von russischen Teigtaschen
Gesammelt von Werner Brauer
Großbritannien: Hände weg von
den Hunden!
Neuerdings haben sich bereits Hilfsorganisationen gebildet, um einem stark
zunehmenden Straftatbestand in Großbritannien Einhalt zu gebieten: dem
„Dognapping“. Immer mehr Hunde, aber
auch andere Haustiere werden laut Polizeiinformationen entführt und nur gegen
Zahlung eines Lösegeldes wieder zurückgegeben.
Den Entführern ist schwer
auf die Schliche zu kommen,
so die Ermittlungsbeamten.
Vielfach handele es sich um
Landstreicher, die gepflegte
Haustiere quasi auf Vorrat stehlen würden. Nach dem Erscheinen der Vermisstenanzeigen in den Tageszeitungen nehmen die Tierdiebe dann Kontakt mit den
Besitzern auf und vereinbaren ein als
Finderlohn getarntes Lösegeld, das oft
mehr als 1000 Pfund (1.450,00 Euro)
beträgt. Nach Deutschland ist diese
„Straftatwelle“ Gott sei Dank offensichtlich noch nicht übergeschwappt.
Ein Drogenkurier hatte Piroggen,
die typisch russischen Teigtaschen, in
Haschischöl frittiert und die so getarnte
Droge dann Bekannten mitgegeben, die
nach St. Petersburg reisen wollten. Da
sich die Abfahrt verzögerte, machten die
duftenden Piroggen der 60-jährigen
Hausfrau Appetit. Eine Pirogge aß sie
selbst, eine zweite fütterte sie ihrem
Hund: Der Hund lag einen Tag im Koma,
die Frau brachte drei Tage mit schweren
Halluzinationen auf der Intensivstation
eines Krankenhauses zu. Der backende
Drogenschmuggler wurde inzwischen
festgenommen.
Polen: Auch in Polen müssen die
dritten Zähne bezahlt werden
Der Dritten Zähne wegen machte
eine 50-jährige Kölnerin Bekanntschaft
mit dem Bundesgrenzschutz. Sie hatte
sich in Krakau in einer privaten Zahnarztpraxis als Gesundheitstouristin die
Zähne richten lassen und weigerte sich
dann, die Rechnung sofort in bar zu bezahlen. Die Rechnungssumme betrug
6.000 Zloty (1.500 Euro). Die Frau floh
aus der Praxis und wollte sodann von
Kattowitz zurück noch Köln fliegen. Polizei und Bundesgrenzschutz waren aber
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
bereits informiert, und der
BGS nahm die säumige
Zahlerin vorübergehend
fest. Jetzt kosten die Zähne aus Polen die Kölnerin
mehr, als die Gebisskorrektur in Deutschland je gekostet hätte.
Schweiz: Nobel bettet man sich
Gute Manieren bewies ein Betrunkener, der sich in einer schweizerischen
Kleinstadt nach einer ausgiebigen Zechtour in einem städtischen Blumenkübel
schlafen gelegt hatte. Akkurat standen
seine Schuhe neben dem Kübel, seine
Geldbörse lag obenauf und das vorsichtshalber herausgenommene Gebiss
hielt der selig Schlafende gut geschützt
in der Hand. Die Hilfe der von den Passanten herbeigerufenen Polizeibeamten,
die ihm sein Taxi für die Heimfahrt bestellten, nahm der ordnungsliebende
Zecher gerne an.
Frankreich: Wenn ein amouröses
Abenteuer tödlich endet
Fitness-Sport kann ganz schön gefährlich sein. Das musste eine 71 Jahre
alte Walkerin in der Nähe des westfranzösischen Dorfes Vienne erfahren. Bei
ihrem täglichen Training wurde die Dame von einem wilden Rehbock angegriffen, der ihr Verletzungen mit dem Geweih zufügte, als er von
hinten auf die mit Dehnübungen gebückt stehende Frau aufsprang.
Der Rehbock, dessen
Aggressivität der örtliche Revierförster auf
seine Brünstigkeit zurückführte, wurde sofort
zum Abschuss freigegeben.
Österreich: Auch im Rückwärtsgang gilt die Geschwindigkeitsbegrenzung
Einen Rekord der besonderen Art hat ein
deutscher
Autofahrer
in
Bludenz
(Österreich) aufgestellt. Der Mann brauste mit 56 km/h in eine Radarfalle der
Polizei, und zwar rückwärts. Die Beamten waren davon so überrascht, dass sie
einen Test machten. Dabei stellten sie
fest, dass der vom Verkehrssünder gefahrene Wagentyp nur mit Automatikgetriebe so schnell rückwärts zu bewegen
ist. Der Deutsche war übrigens der erste
Fahrer, der es
geschafft hatte,
rückwärts ins
Radar zu fahren.
Erlaubt
waren 40 km/h;
die Strafe: 29
Euro.
59
Kultur — Ausland — Medien
Auslandsinfo: Palästina
Palästina, historisch
„Land der Philister“,
Landschaft an der Ostküste des Mittelmeers
mit vielen dem Christentum, Judentum und Islam
heiligen Orten, daher
auch „Gelobtes Land,
Heiliges Land“ genannt.
Palästina reicht von der
flachen, fast buchtenlosen Mittelmeerküste über
ein etwa 1000 m hohes
Bergland bis zur Jordansenke und vom Libanongebirge im Norden bis
zum Saum der Negev im
Süden. Größter Fluss ist
der Jordan. Es herrscht
ein Mittelmeerklima mit
spärlichen Niederschlägen im Landesinneren.
Nach der Eroberung
Babyloniens durch die
Perser kehrten Israeliten
aus der babylonischen
Gefangenschaft im 6.
Jahrhundert vor Christus
nach Palästina zurück.
Seitdem gehörte Palästina zum Perserreich, danach, seit 332 vor Christus, zum Reich Alexander des Großen. Es
schlossen sich der Ptolemäerstaat, die
Zugehörigkeit zum Seleukidenreich und
ab 63 vor Christus zum Römischen
Reich an, ab 395 zu Ostro m
(Byzantinisches Reich). Seit 634 steht
Palästina unter dem Einfluss des Islam,
die Hauptstadt Jerusalem wurde 1099
von den Kreuzfahrern erobert, die dort
bis 1291 das christliche Königreich Jerusalem unterhielten, und von 1517 bis
1918 war Palästina türkisch, von 1920
bis 1948 britisches Mandatsgebiet. Ab
1882 kam es als Folge von Pogromen in
Russland zu einer verstärkten jüdische
Besiedlung.
1948 wurde der Staat Israel ausgerufen, nachdem es zwischen den arabischen Staaten und Israel um Palästina
zum Kampf gekommen war. Der östliche Teil Palästinas fiel danach an Jordanien, wurde aber 1967 von Israel besetzt.
Die palästinensischen Araber, die
1948/49 weitgehend vor den israelischen
Truppen geflohen waren oder von diesen vertrieben waren, wurden in den
60
arabischen Nachbarländern in Lagern angesiedelt. Seitdem kam es zu
Guerillakrieg, Aufständen und Terrorismus,
und auch auf diplomatischen Weg suchen die
Palästinenser einen eigenen Staat in Palästina zu
erkämpfen.
Als Palästinenser bezeichnen sich die arabischen Bewohner des
früheren britischen Mandatsgebietes; sie sind
vorwiegend sunnitische
Muslime, aber auch
Christen. Die über 5
Millionen Palästinenser
leben in Israel (ca.
800000), in den Autonomiegebieten und in den
von Israel besetzten Gebieten (rd. 2 Mio.) sowie
in Jordanien. Über 2
Mio. leben als wenig
integrierte Flüchtlinge in
Lagern in Ägypten, Libanon und Syrien.
Seit 1994 trat im Mai die
vorläufige palästinensische Teilautonomie im
Gazastreifen und im Gebiet von Jericho in
Kraft, das sich 1995 auf weitere
Gebiete im Westjordanland ausdehnte. Bei der Wahl des Palästinensischen Autonomierats 1996
siegte die PLO (Palestine Liberation Organization) mit Präsident J.
Arafat. Nach seinem Tod 2005
stellt die Fatah (Kern der PLO)
den Staatspräsidenten und seit jüngster
Zeit nach freien Wahlen die Hamas den
Ministerpräsidenten.
Dass die Region noch nicht ihren
Frieden gefunden hat, können wir fast
täglich in den Zeitungen nachlesen.
Vor diesem Hintergrund und der
hohen Arbeitslosigkeit in Palästina hat
es auch Issam Abuzarifa nach Deutschland verschlagen, der sich seit Juli 2006
in der JVA Oldenburg aufhält und einer
Haftstrafe entgegen sieht.
Heute ist Issam 32 Jahre alt, geboren in Constantin im Osten Algeriens,
wohin seine Familie 1964 gezogen war.
Sein Vater arbeitete als Lehrer für arabische Geschichte und Religion an einem
Gymnasium, lebt jetzt aber in Libyen.
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Die Mutter verzog es nach Palästina,
nach Khanyunis, einer Stadt mit ca.
10.000 Einwohnern im Gaza-Streifen,
wo sie ihre 5 Kinder aufzog. Issam
machte 1992 in Gaza sein Abitur und
schloss sich 1994 einer der Spezialeinheiten an, die Personen- und Objektschutzaufgaben von der Autonomiebehörde zugeteilt bekamen. In einer 2½jährigen Ausbildungszeit war er bis
1997 Teil der Präsidentenschutztruppe
„Force 17“, einer Einheit mit ca. 3500
Männern in Gaza und Ramallah.
Bis 1998 arbeitete er als Angestellter für Personen- und Objektschutz, wo
er, da er neben dem arabischen Französisch Hebräisch, etwas Italienisch und
Englisch und heute auch Deutsch
spricht, auch die Ehefrau von Präsident
Arafat, Suha, kennen lernte, von der er
nur Gutes zu berichten weiß.
Im Januar 1999 fährt er dann zur
Tante nach Deutschland, nachdem sein
Bruder verletzt worden war. Die Mutter
will, dass er in Deutschland bleibt, und
so stellt er einen Asylantrag in Hamburg. Er wird dann als Asylsuchender
nach Oldenburg geschickt, wo er seine
deutsche Frau kennen lernt. Nachdem
im Jahr 2000 die erste Tochter geboren
wird, heiratet er 2001 in Oldenburg, und
2003 erblickt eine zweite Tochter das
Licht der Welt.
Arbeit findet Issam für einige Monate in einem Restaurant, über eine
Verleihfirma bei einer Spedition
und bei einem Sicherheitsdienst.
Ab 2003 verdient er sein Geld als
selbstständiger Unternehmer mit
der Verteilung von Mülltonnen und
als Raumausstatter und Fliesenleger, mit nun schon 3 bis 4 Angestellten. Ab März 2004 versucht er es
mit einem Bistro, was aber in einer Insolvenz endet. Im Jahr 2004 holt ihn
auch eine Schlägerei im Jahr 2002 ein
und er wird zu 10 Monaten auf Bewährung verurteilt. Neue Arbeit findet er bei
einem namhaften Versicherungsunternehmen, die er aber bald aufgibt, was zu
einer unregelmäßigen Beschäftigung
führt, bis er 2006 bei einer Isoliertechnikfirma anfängt. Eine Schlägerei unter
Alkoholeinwirkung führt dann im Juli
2006 zu einer Verhaftung wegen versuchten Totschlags. Nun sieht er nach
einer Verurteilung mit Ungewissheit
seinem weiteren Lebensweg entgegen.
Ein Trost ist ihm, dass er oft Besuch von
seiner Familie bekommt.
UM
Kultur — Ausland — Medien
Gedichte
Worten wäre nichts gesagt
Ohne Dich
Ohne Dich
ist die Welt nicht mehr dieselbe
ohne Dich
ist der Sonnenuntergang nicht mehr
wunderschön
ohne Dich
gibt es keine fröhlichen Momente mehr
ohne Dich
finde ich den Nachhauseweg nicht mehr
ohne Dich
habe ich kein Zuhause mehr
ohne Dich
ist der Sommer nicht mehr heiß
ohne Dich
sind die Kerzen nicht mehr romantisch
ohne Dich
sind Filme nicht mehr spannend
ohne Dich
gibt es keinen schönen Tag mehr
ohne Dich
will ich am Morgen nicht mehr aufstehen
ohne Dich
will ich am Abend nicht mehr schlafen
gehen
ohne Dich
ist alles bloß scheiße
ohne Dich
ist die Welt nicht mehr dieselbe.
Issam Abuzarifa
Was ist Liebe?
Wenn ich Dich sehe, kribbelt’s in mir.
Glaube mir, ich sehne mich nach Dir.
Du bist für mich das Licht,
das momentan schwer zu erreichen ist.
Die große Liebe bist Du für mich.
Ich sage Dir,
ich liebe Dich.
Issam Abuzarifa
An Dich denken!
So wie jetzt,
Dich weit weg lächeln sehen.
Im Schlaf,
die Hand durch die Nacht
in Dein Haar schicken
und einen Kuss
wie eine Sternschnuppe
durch Deinen Traum.
Die Ferne aufrollen
Wie eine Schnur,
an deren Ende
Deine Wärme ist.
ICH VERMISSE DICH!
Einfach Verstehen!
Ich will Dich halten
Und Dich niemals missen.
Ich möchte in Deine Arme fallen
Und mit Dir träumen,
mit Dir zusammen sein
und Dich niemals verlieren.
Verstehst Du mich?
Ich liebe Dich!
Patrick Schöndorf
Es ist vorbei!
Mit 100000 Worten wäre nichts gesagt.
Mit 100000 Fragen wäre nichts gefragt.
Was ich durch Deine Liebe
tief drinnen in mir fühl.
Ein Wort und eine Frage wären schon zu
viel.
Mit 100000 Worten wäre nichts gesagt.
Mit 100000 Fragen wäre nichts gefragt.
Als ich Dich zum ersten Mal sah,
war ich wie elektrisiert.
Ja, wie ein Blitz durchfuhr es mich
und ich fühlte, dass hier etwas passiert.
Die Nächte, die danach kamen,
lag ich wach und träumte von Dir.
Jede Nacht einen anderen Traum,
und ich wünschte, ich wäre nah bei Dir.
Mit 100000 Worten wäre nichts gesagt.
Mit 100000 Fragen wäre nichts gefragt.
Das ist jetzt schon einige Zeit her,
wir sind schon lange ein Paar.
Du hast in mir mein Herz berührt.
Du bist mein Superstar!
Ich möchte immer bei Dir sein
und küsse Dein Gesicht
Du bist die schönste Frau der Welt,
mein Schatz, ich liebe Dich.
Issam Abuzarifa
Ich sitze hier in meiner Ungewissheit,
schaue aus meinem Fenster, es schneit.
Hier allein in Einsamkeit,
denk ich zurück an unsere gemeinsame
Zeit.
Weißt Du noch, als wir über die Wiesen
gingen
Und bei Sonnenuntergang spazieren
gingen.
Wo wir beide noch glücklich waren
Und nirgends etwas Schlechtes sahen.
Nun steh ich hier
und mein Herz ist leer.
All die schönen Momente,
die wir verbrachten zu zweit,
werden mir in Erinnerung bleiben,
in ewiger Zeit.
Ich fühl mich einsam und weine,
denn den Fehler machte ich,
doch der Schaden traf nicht nur mich.
Ich hab einfach Schluss gemacht
Und nicht nachgedacht.
Ich vermisse Dich so sehr,
denn ohne Dich ist mein Leben so leer!
Zwangspause
Jede Zwangspause im Leben
Ist ein Vorzeichen dafür,
dass du auf eine
(Weg-)Gabelung zugehst,
wo du dich entscheiden musst,
in welche Richtung
du weiterziehen willst.
Nutze den Rastplatz davor
Nicht ausschließlich dazu,
Kräfte zu sammeln
Für die dir gewohnte Richtung,
sondern auch zur Besinnung darauf,
welcher Weg der bessere ist.
Klaus Huber
unbekannt
Patrick Schöndorf
Freunde!
Nicht wer mit Dir lacht,
nicht wer mit Dir weint,
nur wer mit Dir fühlt,
ist Dein wahrer Freund!
unbekannt
Mit 100000
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
61
Kultur — Ausland — Medien
Presseschau
© „Die
Welt“
vom
25.
11.
06
Foto:
Robert
Geipel
aus
dem
Bildband
„Innen
welten“
© Die Welt vom 25.11.06
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Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Kultur — Ausland — Medien
Presseschau
© NWZ vom
06.12.06
© Die Welt
vom 17.02.07
Foto: Robert Geipel aus dem Bildband „Innenwelten“
© Die Welt vom
06.12.06
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
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Kultur — Ausland — Medien
Presseschau
© NWZ vom 06.12.06
© NWZ vom 02.01.07
© Die Welt vom 23.12.06
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© Das Parlament vom 04.12.06
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Kultur — Ausland — Medien
Presseschau
© Die Welt vom 23.12.06
Sprüche
Jede Menschengestalt belebt einen
individuellen Keim im Betrachtenden.
Dadurch wird diese Anschauung unendlich, sie ist mit dem Gefühl einer
unerschöpflichen Kraft verbunden,
und darum so absolut belebend. Indem wir uns selbst betrachten, beleben wir uns selbst.
Novalis
Es ist nicht groß, was nicht gut ist.
Mathias Claudius
© Delmenhorster Kreisblatt vom 09.12.06
© Delmenhorster
Kreisblatt vom 09.12.06
© NWZ vom
05.02.07
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
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Kultur — Ausland — Medien
Presseschau
© Das Parlament vom 22./29.01.07
© Die Tageszeitung taz vom 02.01.07,
auszugsweise wiedergegeben
© NWZ vom 30.01.07
Humor
© NWZ vom
29.12.06
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Der Pilot funkt kurz vor dem Landeanflug
an den Flughafentower: „Na, ratet mal,
wer jetzt kommt?“ Darauf schaltet der
Fluglotse die Beleuchtung der Landebahn
aus und funkt zurück: „Na, rate mal, wo
du jetzt bist!“
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
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Presseschau
insbesondere gegen eine möglicherweise ausufernde Absprachenpraxis zu
setzen, ist eine gesetzliche Regelung
unverzichtbar.“ Auch der Bundesgerichtshof hat dies gefordert.
Der von Niedersachsen vorgelegte
Gesetzentwurf schreibt im Kern die bisherigen Anforderungen des Bundesgerichtshofs an Verfahrensabsprachen
fest. Zentral sind unter anderem folgende Punkte:
•
Zulässiger Gegenstand von Verfahrensabsprachen können nur die Rechtsfolgen sein. Eine Vereinbarung über den
Schuldspruch ist unzulässig.
•
Die Absprache ist in des Hauptverhandlungsprotokoll aufzunehmen.
•
Die Vereinbarung steht unter dem
Vorbehalt eines nachprüfbaren Geständnisses.
•
© AFP/NWZ vom 16.02.07
Aus erster Hand
Niedersächsisches Justizministerium
- Referat für Presse und Öffentlichkeitsarbeit -
Niedersächsischer Entwurf eines
Gesetzes zur Regelung von Absprachen im Strafverfahren
BERLIN/HANNOVER. Der „Deal“ ist ein
seit Jahrzehnten gängiges Instrument
des Strafprozesses. In großen Wirtschaftsverfahren oder in Verfahren der
Organisierten Kriminalität hat sich die
verfahrensbeendende Absprache zum
Alltag entwickelt. Angesichts der qualitativ immer komplexer werdenden Strafverfahren ist die Absprache ein nicht
Die Bindung des erkennenden Gerichts an die vereinbarte Strafober- und
Strafuntergrenze entfällt, wenn eine erhebliche Änderung der Sach- und
Rechtslage offenbar wird. Auch dann
bleibt aber ein Geständnis verwertbar.
•
Bremervörde, um sich das Gelände der
geplanten Justizvollzugsanstalt (JVA)
anzusehen und die Bürgerinnen und
Bürger frühzeitig vor Ort über das Projekt zu informieren.
Von 15 Uhr an besichtigt HeisterNeumann die ehemalige Kaserne Vörde,
auf deren Gelände die neue Anstalt entstehen wird. Um 19 Uhr nimmt die Justizministerin an einer öffentlichen Informationsveranstaltung der Stadt Bremervörde im Hotel Daub teil und wird dort
der Bevölkerung Rede und Antwort stehen.
Modernes PPP-Projekt: Planung, Bau,
Finanzierung und Teile des Betriebs der
Haftanstalt sollen im Rahmen eines Public-Private-Partnership (PPP) einem privaten Investor übertragen werden.
Sicherheit und Verantwortung: Die
vollständige Verantwortung für die Justizvollzugsanstalt liegt beim Land.
Haftplätze: 300
Personal: ~150
Geplanter Baubeginn: 2009
Geplante Inbetriebnahme: 2012
Pressemitteilung 07/07 vom 31.01.2007
Eine erneute Überprüfung der Tatsachenfeststellung mit dem Rechtsmittel
der Berufung ist nicht mehr möglich,
wenn ein Urteil auf einer Absprache beruht.
•
Über die genannten Folgen einer
Urteilsabsprache ist der Angeklagte vor
seinem etwaigen Geständnis zu belehren, so dass ein faires, transparentes
Verfahren gewährleistet ist, und
•
die Nebenkläger, also die Opfer,
erhalten ein ausdrückliches Beteiligungsrecht. Wir nutzen damit die Chance, die
Rechte der Nebenkläger zu verbessern.
Nach unserem Entwurf muss sich die
Staatsanwaltschaft ausdrücklich mit etwaigen Bedenken der Nebenklage gegen eine vom Gericht vorgeschlagene
Vereinbarung auseinandersetzen. Schon
so wird der Stimme
des
Nebenklägers
deutlich mehr Gehör
verschafft, als dies seiner sonstigen Position im Strafverfahren und auch der
bisher üblichen Verständigungspraxis
entspricht.
Sprüche
Nur der Denkende erlebt sein Leben,
am Gedankenlosen zieht es vorbei.
Marie von Ebner-Eschenbach
Wer wenig denkt, irrt sich oft.
Leonarde da Vinci
Das Leben ist voll alltäglicher Wunder.
Martin Luther
Heister-Neumann: “Der Deal muss
gesetzlich geregelt werden“
mehr wegzudenkendes Instrument der
Praxis. Verfahrensabsprachen entbinden
nicht von den zentralen Vorgaben des
Strafgesetzbuches einer stets tat- uns
schuldangemessenen Strafe. Außerdem
können Urteilsabsprachen Opfern helfen, wenn ihnen dadurch die Aussage
vor Gericht erspart bleibt.
„Es ist wichtig, dass wir die Herausforderung annehmen und endlich eine
gesetzliche Regelung schaffen“ erklärte
Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann am Freitag im
Bundesrat. „Um einen rechtstaatlich einwandfreien und akzeptablen Rahmen,
Pressemitteilung 65/06 vom 15.12.2006
Justizministerin informiert Bürger
in Bremervörde
Heister-Neumann besucht Gelände für
neue Haftanstalt.
HANNOVER/BREMERVÖRDE. Niedersachsens Justizministerin Elisabeth
Heister-Neumann ist heute zu Gast in
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
67
Mixed
Backen hinter Gittern
Apfelstreuselkuchen
Zutaten für den
Mürbeteigboden:
Zubereitung:
750 g Mehl
1 großer Kaffeepott Zucker
2 Päckchen Vanillezucker
250 g Margarine
6 Eier
75 ml Kaffeesahne mit 7,5 % Fett
12 Äpfel für den Belag
Zucker, Vanillezucker, Kaffeesahne und Margarine gut mit einander verrühren. Sechs Eier zugeben
und ebenfalls verrühren. Die so erhaltene Masse mit dem Mehl vermischen und verkneten. Den
Teig auf das eingefettete Backblech (tief) verteilen und rundherum einen Rand hochformen.
Die Äpfel waschen und ungeschält reiben. Wenn keine Reibe vorhandenden ist, die Äpfel in kleine
Stücke schneiden. Das so erhaltene Apfelmus gleichmäßig über den Teigboden verteilen.
Zutaten für die
Streuseldecke:
250 g Margarine
1 großer Kaffeepott Zucker
2 Päckchen Vanillezucker
75 ml Kaffeesahne mit 7,5 % Fett
ca. 200 g Mehl
Zubereitung:
Margarine, Zucker und Vanillezucker in einem Kochtopf auf ca. 80° C erwärmen und zu einer einheitlichen Masse verrühren. Bleibt Margarine oben auf der Masse zurück, noch etwas mehr Zucker
zugeben. Anschließend Kaffeesahne in die Masse hineinrühren und alles abkühlen lassen. In die
erkaltete Masse ca. 100 bis 150 g Mehl hineinkneten, bis die Masse anfängt, leicht bröckelig zu
werden.
Nun das restliche Mehl auf den Tisch streuen, die Streuselmasse zerbröckeln und im Mehl auf dem
Tisch wälzen. Die so erhaltenen Streusel über das Apfelmus streuen und leicht andrücken.
Backzeit:
Das Blech nun in den auf 250° C vorgeheizten Backofen schieben und Unterhitze / Oberhitze auf
190° C einstellen. Bei dieser Temperatur 30 bis 35 Minuten lang backen lassen. Danach die Hitze
auf 225° C hochdrehen, damit die Streusel Farbe bekommen und unter der größeren Hitze auskaramellisieren können. Dabei den Kuchen im Auge behalten, damit er nicht zu dunkel wird. Nach
spätestens zehn Minuten unter 225° C dürfte er fertig sein und muss aus dem Ofen.
Schmeckt heiß am besten, kann aber auch gut in einem Plastikbeutel gelagert werden. Beim Bäcker würde ein Stück dieses edlen Produkts gut 1,50 Euro kosten; das macht bei 18 Stücken satte
27 Euro! Die Zutaten kosten ca. 3 Euro, dazu kommen noch die Äpfel.
Also: Reinbeißen und wohlfühlen!
Werner (Motto: so backen Linksextremisten)
68
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Mixed
Die Lösungen für das Schachproblem und Sudoku stehen auf
Seite 13
Humor
Fortsetzung von Seite 55
weiter mit „Treffliches von Eugen Roth“
Vergebliche Freiheit
Ein Mensch vom Alltag
schier bezwungen,
Hat sich zur Freiheit
durchgerungen
Und gibt sich heilig das
versprechen,
Wohin er will, jetzt aufzubrechen.
Er sitzt noch heute zuhause still:
Er weiß ja nicht, wohin er will!
Das Böse
Ein Mensch – was noch ganz ungefährlich –
Erklärt die Quanten (schwer erklärlich!).
Ein zweiter, der das All durchspäht,
Erforscht die Relativität.
Ein dritter nimmt, noch harmlos, an,
Geheimnis stecke im Uran.
Ein vierter ist nicht fernzuhalten
Von dem Gedanken, kernzuspalten.
Ein fünfter – reine Wissenschaft –
Entfesselt der Atome Kraft.
Ein sechster, auch noch bonafidlich,
Will die verwerten, doch nur friedlich
Unschuldig wirken sie zusammen:
Wen dürften wir – einzeln – denn verdammen?
Ists nicht der siebte, erst der achte,
Der Bomben dachte und dann machte?
Ists nicht der Böseste der Bösen,
Ders dann gewagt, sie auszulösen?
Den Teufel wird man nie erwischen:
Er steckt von Anfang an dazwischen.
Der Mahner
Ein Mensch, der lange schon, bevor
Das Unglück kam, die Welt beschwor,
Blieb leider völlig ungehört…
Jetzt kommts! Und jeder schreit empört:
Schlagt doch zuerst den Burschen tot –
Er hat schon lang damit gedroht.
Ausnahme
Ein Schurke, sein Ziel zu erreichen,
Ging, so sagt man, über Leichen.
Doch als eine Katz
Lag tot auf dem Platz,
Zog doch er vor, auszuweichen.
Schwaches Gedächtnis
Ich weiß zwar nicht mehr, was ich las
Doch von dem Dichter las ich was.
Eugen Roth
Humor
Das Leben kommt auf alle Fälle
Aus einer Zelle –
Doch manchmal endet’s auch –
bei Strolchen
In einer Solchen.
Heinz Erhard
______________
Die Ameisen
In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona, auf der Chaussee
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Denn auf den letzten Teil der Reise.
Joachim Ringelnatz
______________
„Humor ist ein Knopf,
der verhindert,
dass uns der Kragen platzt“
Joachim Ringelnatz
Witze
Ich treffe eine Frau an der Ampel und
will ein bisschen flirten. Sie sagt: „Ich
habe keine Zeit, ich muss zum Optiker, ich bekomme drei neue Kontaktlinsen.“ „Wie?“ frage ich, „Warum
drei?“ Sie antwortet: „Zwei für oben,
eine für unten, da habe ich ja auch
lange nichts mehr gesehen.“
____________________
Es klingelt an der Tür und ein Mann
fragt mich: „Sind Sie Jehowas Zeuge?“ „Nein, Entschuldigung, ich habe
den Unfall gar nicht gesehen.“
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
69
Mixed
Rätselecke
Die Gewinner des Preisrätsels der letzten Ausgabe sind:
1. Preis:
2. Preis:
3. Preis:
Stephan L. C 1
Arne A.
C4
Matthias P. A 3
Wir bedanken uns für die Teilnahme und wünschen viel Spaß mit den Preisen.
Lesen hilft lösen!
1.
Wer scheidet aus der JVA Oldenburg aus und geht in den wohlverdienten Ruhestand?
o)
Herr Meyer
p)
Herr Schikorra
q)
Herr Koop
2.
Welche Mannschaft gewann das Tischtennis-Turnier am 02.12.2006 in der JVA Oldenburg?
q)
Lingen
r)
Oldenburg 1
s)
Salinenmoor 2
3.
Wie heißt die (berühmte) Knastband der JVA Oldenburg?
s)
Fury in the Slaughterhouse
t)
Die Spinas
u)
Die Musikgruppe
4.
Für welche Sozialversicherung zahlt ein arbeitender Gefangener einen Beitrag in einer Justizvollzugsanstalt?
p)
Krankenversicherung
q)
Unfallversicherung
r)
Arbeitslosenversicherung
5.
Wie viele Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln sollen zukünftig nach dem Entwurf des
Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes jährlich von den Gefangenen empfangen werden
dürfen?
m)
beliebig viele
n)
3 Pakete
o)
keines
Die Buchstaben der richtigen Antworten ergeben, in die richtige Reihenfolge gebracht, das Lösungswort.
Viel Spaß beim Lesen und Sortieren!
Einsendeschluss ist der 17. August 2007
Teilnahmeberechtigt ist jeder Inhaftierte der JVA Oldenburg und ihrer Abteilungen!
Lösungswort: _ _ _ _ _ Name: _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Station: _ _
Die nachfolgenden Preise werden von der Firma Knefelkamp aus Herford gestiftet. Dafür vielen Dank!
Das Lösungswort sendet bitte an die Redaktion Tr§tzdem, JVA Oldenburg.
Die genaue Adresse entnehmt bitte dem Impressum.
1. Preis:
2. Preis:
3. Preis:
70
1 x eine Torte (freie Wahl)
1 x Kaffee (freie Wahl)
1 x Tabak + Blättchen (freie Wahl)
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Mixed
Nützliche Adressen
Adresse Anlaufstelle
Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige
Kirchdorferstraße 43 a
26603 Aurich
CURA e.V. - Verein für Straffälligenhilfe
Münzstraße 5
38100 Braunschweig
Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige
Jägerstraße 25 a
29221 Celle
Gefangenenfürsorgeverein Cuxhaven
Mariestr. 50
27472 Cuxhaven
Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige
Düsternortstraße 51
27755 Delmenhorst
Anlaufstelle für Straffällige
Königsallee 254
37073 Göttingen
Anlaufstelle für Straffällige
Ostertorwall 7
31785 Hameln
Diakonie, Beratungsstelle für Straffällige
Hagenstraße 36
30161 Hannover
Telefon
04941
62828
0531
16166
05141
9461620
04721
38483
04221
96200
0551
632977
05151
43820
0511
9904020
Adresse Anlaufstelle
Straffälligenhilfe e. V.
Roonstraße 10
31141 Hildesheim
Anlaufstelle für Straffällige
Rheiner Str. 32
49809 Lingen
Anlaufstelle für Straffällige
Auf dem Meere 3
21335 Lüneburg
Anlaufstelle für Strafffällige
Dobbenstraße 26
26122 Oldenburg
Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige
Parkstraße 19
49080 Osnabrück
Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige
Am Schwingedeich 4
21680 Stade
Gefangenenfürsorgeverein Vechta
Blumenstr. 8
49377 Vechta
Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige
Weserstraße 192
26382 Wilhelmshaven
Telefon
05121
33348
0591
9124722
04131
244470
0441
9709313/
14
0541
83077
04141
3013
04441
2503
04421
926528
Wohnmöglichkeiten
Institution
Adresse
Diakonisches Werk der ev.-luth. Kirchenkreise
Delmenhorst und Ganderkesee
Lutherstraße 4, 27749 Delmenhorst
Übernachtungsstelle für Obdachlose
Kolpingstraße 254, 37079 Göttingen
Göttinger Verein für Sozialberatung Betreutes Wohnen e.V.
Königsallee 254, 37079 Göttingen
Aktiv b+w e.V.
Alte Marktstraße 34, 31785 Hameln
KWABSOS o.V.
Immengarten 49, 31134 Hameln
Kath. Verein für soziale Dienste in Lingen e.V.
Bögenstraße 8, 49808 Lingen
Diakonisches Werk der ev.-luth. Kirche in Oldenburg e.V.
(nur Vermittlung, kein eigenes Wohnangebot)
Dobbenstraße 26, 26122 Oldenburg
Ev.-luth. Gesamtverband Osnabrück
Arndtstraße 19, 49008 Osnabrück
Laurentius - Haus
Berghoffstraße 15, 49090 Osnabrück
Arbeitskreis Schule Rhauderfehn e.V.
Am Heidacker 2, 26817 Rhauderfehn - Burlage
Ev.-luth. Kirchenkreis Stade
Ritterstraße 15, 21459 Stade
Oftmals bieten auch die Anlaufstellen für Straffällige, wie z.B. in Oldenburg und Wilhelmshaven,
Wohnmöglichkeiten. Fragt dort einfach mal nach.
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
71
Mixed
Adressen der Agentur für Arbeit
Agentur für Arbeit
Wilhelmstraße 7
26160 Bad Zwischenahn
Agentur für Arbeit
Weserstr. 2
26919 Brake
Agentur für Arbeit
Konrad-Adenauer-Allee 1
27471 Cuxhaven
Agentur für Arbeit
Pingel-Anton-Platz 5
49661 Cloppenburg
Agentur für Arbeit
Friedrich-Ebert-Allee 11
27749 Delmenhorst
Agentur für Arbeit
Thüler Straße 3
26169 Friesoythe
Leserbeitrag
Hallo Leute,
wie Ihr aus meiner Anschrift
ersehen könnt, verbringe ich zurzeit
meinen Tagesablauf in der JVA
Sehnde. Ich habe heute Eure Zeitung
Ausgabe Nr. 35 erhalten und möchte
dafür im Vorfeld schon einmal ein
großes Lob aussprechen. Unter der
Rubrik „Sport-Bildung-Gesundheit“
habt Ihr einen Bericht über die Umschulungsmaßnahme zum Koch gebracht. Diesen Artikel habe ich mit
großem Interesse gelesen und möchte Euch in einem Bereich ergänzen.
Auch die JVA Sehnde bietet die
Möglichkeit, an einer Umschulungsmaßnahme zum Koch teilzunehmen.
Es gibt hier eine Ausbildungsküche,
in der bis zu 13 Leute gleichzeitig
umgeschult werden können. Augenblicklich sind wir 5 Umschüler und 7
Kompaktschüler (die belegen einzelne Schwerpunktkurse). Zwei Ausbilder geben sich viel Mühe, uns etwas
Sinnvolles beizubringen. Das ist
manchmal nicht ganz einfach, da
nicht jeder Inhaftierte den notwendigen Ehrgeiz hat, auch was lernen zu
wollen. Die notwendige Berufsschule wird ebenfalls hier im Haus
durchgeführt und auch dort kommen
Berufsschullehrer in die Anstalt. Da
es die komplette Umschulung erst
seit dem 1.3.2006 gibt, sind leider
noch nicht alle Abläufe endgültig
geklärt. So muss ich als Umschüler
an einem dreimonatigen externen
72
Telefon
04403
9388 0
04401
9387 0
04721
664660
04471
9489 0
04221
9800 0
04491
9241 0
Adressen der Agentur für Arbeit
Agentur für Arbeit
Marktstraße 12c
26954 Nordenham
Agentur für Arbeit
Stau 70
26122 Oldenburg
Agentur für Arbeit
Neuer Markt 30/32
49377 Vechta
Agentur für Arbeit
Mühlendamm 1
27793 Wildeshausen
Agentur für Arbeit
Schillerstr. 43-49
26382 Wilhelmshaven
Praktikum teilnehmen, und da sind
noch manche Fragen offen, wie es
im Einzelnen ablaufen soll. Grundsätzlich gebe ich Euch Recht, dass
eine Umschulung immer positiv für
eine Entlassung ist.
Ihr habt doch bestimmt schon
mitbekommen, dass es in der JVA
Sehnde nicht immer einfach ist und
dass der Vollzug hier neu erfunden
werden soll. Dadurch ist die Haftsituation hier mehr als bescheiden!
Jetzt fragt Ihr Euch bestimmt, warum ich dann von der Umschulung
so gut schreibe!? Nun ja, da die JVA
Sehnde die gleiche Sicherheitsstufe
hat wie Oldenburg, so kann auch ein
„länger Ortsgebundener“ hier an
einer Umschulung teilnehmen. E-
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Telefon
04731
9498 0
0441
228 0
04441
946 0
04431
9371 0
04421
298 0
ventuell ist das für Euch von Interesse.
Ansprechpartner für die Umschulung zum Koch ist:
1) Frau Pinkert (Bildungsbeauftragte
der JVA Sehnde)
2) Herr Becker (Küchenmeister)
Neben „Koch“ kann man hier
übrigens auch Logistiker, Teilezurichter im Metallbereich und Konstruktionsmechaniker lernen.
Abschließend bedanke ich mich
nochmals für die vielen Infos aus
Eurer Zeitung.
Viel Spaß noch!
Jörg Bauche
Kochumschüler
GMV-Delegierter
Mixed
Was ist Kunst?
Was ist Kunst? Eine scheinbar einfache
Frage, auf die es aber eintausend und
mehr Antworten gibt. Am naheliegendsten ist es, Kunst als Ausdrucksform mit
bildnerischen Mitteln, als sinnlich erfahrbares Ergebnis eines freien Gestaltungswillens zu verstehen. Sicherlich
eine richtige Antwort, die allerdings auf
Grund ihrer Allgemeinheit denkbar wenig besagt. Es empfiehlt sich, die Frage
einzugrenzen. Zum Beispiel die Person
mit einzubeziehen, die die Kunst macht.
In unserem Fall würde die Frage lauten:
Was bedeutet Kunst für einen Gefangenen einer JVA?
Bezogen auf
diese Frage wird
das Feld der Antworten schon etwas
überschaubarer. Als erstes trifft auf
Kunst das zu, was für jede sinnorientierte Betätigung in einer Gefangenschaft
gilt: Mit ihr kann man sich die Zeit, dieses zähe klebrige Monstrum, für eine
Weile vertreiben. Wer ein Bild malt, ist
in ein Thema vertieft, jongliert mit Gedanken und Gefühlen, kniet sich in den
kreativen Akt der körperlichen Hervorbringung hinein. All das trägt dazu bei,
tern. Was im regulären Alltag bereits
eine prickelnde Erfahrung sein kann, das
vermag in Gefangenschaft ein Erlebnis markieren. An
einem Ort, an dem
man jenseits von
Unterhaltungsschablonen vom Stummsein umlauert wird, ist das Finden und
Ertasten einer beredten
„Zeichensprache“ ein abenteuerliches
Geschenk. Zumal, wenn es um eine
Sprache geht, deren Glaubwürdigkeit
nicht in Zweifel gezogen wird, einfach
weil ihre Gültigkeit unabhängig besteht.
Die insgesamt ihre eigenen Regeln in
sich trägt, autonom ist gegenüber dem
Urteil des Wahrnehmenden, auch wenn
dieser gerne eingeladen wird, das
„Gesprächsangebot“ aufzugreifen. Ein
Kunstschaffender ist stets auch ein Weltenschöpfer, und sei diese Welt noch so
winzig klein. Mit diesem Ernst im Rücken wird für einen Gefangenen aus
dem gestalterischen Spiel der Fantasie
schnell ein existentieller Akt, der seine
Spannung und Faszination unter anderem aus dem unvermittelten Aufeinanderprallen von persönlicher Unfreiheit
und kategorischer Freiheit der Kunst
gewinnt. Damit wächst Kunst für den
Gefangenen weit über eine interessante
Freizeitbeschäftigung hinaus. So still
jemand vor der Leinwand auch hocken
mag, auf der Leinwand ereignet sich
eine bildnerische Zwiesprache mit sich
selbst, durchstreift die
formende Hand Bedrohungen und Einsamkeiten, lehnt sich der Pinsel
gegen das Bewusstsein
der Entmündigung auf,
fügen sich die unterschiedlichsten Gefühle
ineinander, um einen
Rückzugsort des eigenen
Ichs zu behaupten, von
wo aus visuelle Echolote
Ein Akt der
Selbstbehauptung
Witze
Die meisten Raucher sterben nicht an
Lungenkrebs, sondern erfrieren auf dem
Balkon.
Babyschlange fragt die Mama: „Sind
wir eigentlich giftig?“ „Ja, klar sind wir giftig!“ „Oh Mist, ich habe mir gerade auf die
Zunge gebissen.“
dass die Zeit in den Hintergrund tritt.
Das mag auf den ersten Blick wenig,
wenn nicht banal klingen, aber niemand
wird dieses Phänomen unterschätzen,
der den Würgegriff leerer oder metallener Zeit am eigenen Leib zu spüren bekommen hat.
Ernst wird es, wenn wir die Kunst
in ihrer Eigenschaft als universelle Sprache betrachten, eine Sprache, gesprochen mit den Händen, statt Wörter und
Sätze Farben und Formen benutzend,
wahrgenommen mit den Augen. In der
Unterschiedlichkeit des „Vokabulars“
liegt eine große Chance. Wenn einem
bedrängten Menschen an bestimmten
neuralgischen Punkten die geeigneten
Worte fehlen, könnte es doch sein, dass
er stattdessen treffende Bilder findet?
Kunst bietet also die mit den Händen
ergreifbare Möglichkeit, das Betrachten
der Welt und dessen Ausdruck zu erwei-
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
möglicherweise noch bewahrte Sehnsüchte und Wünsche anpeilen und lebendig erhalten können. Kunst wird so
zum Verbündeten des „Künstlers“, zu
einem verlässlichen, wenn auch eigenwilligen Partner an einem Ort, wo die
vertrauensvolle Gemeinschaft mit Menschen lediglich in der Erinnerung oder in
der Hoffnung aufrechterhalten wird.
Wem aber ein solches Potential an Hilfe
zur Seite steht, dem sollte man wie
selbstverständlich verzeihen, wenn die
künstlerischen Ergebnisse weder von der
Mona Lisa Grüße bestellen noch Picassos moderne Klassikerruhe aufscheuchen. Das Malen eines Bildes ist in Gefangenschaft ein Akt der Selbstbehauptung, weniger das Bild selbst.
RM
Gedicht
Lichtumflutet warm und voller Leben
stehst Du hier vor mir,
ich schweig obwohl ich rede, weil ich
Dich so innig spür.
Ich höre Deine Stimme und sehe in
Deinen Augen mich,
ich fühle Deine Nähe und ich weiß,
es gibt nur Dich.
Ich bin verwirrt und habe Angst in all
dem Glück,
dass Du ein Traum nur bist in einem
Meisterstück.
Ich berühre Dich, Du bist so warm,
so zärtlich und so weich,
ich umarme Dich ganz fest und spür,
ich halte heut das Himmelreich.
Ich schweige, finde keine Worte, die
Sekunden sind so endlos tief,
es ist wie in einem Märchen, bei
dem als Kind ich doch so gern einschlief.
Ich will nicht gehen wieder raus ins
Leben ohne Dich,
ich sage nichts, doch mein Herz
schreit laut,
vergiss mich nicht.
Patrick Schöndorf
73
Tr§tzdem
Themen der nächsten Ausgabe
(voraussichtlich)
Sportturniere
• Berichte, Informationen und
Impressum
Herausgeberin
JVA Oldenburg
Cloppenburger Straße 400
26133 Oldenburg
Tel: 0441-4859 380
Fax:0441-4859 33 380
mit vielen Fotos
Redaktionsteam
Udo Müller (UM)
• Bildung
- z. B.: ECDL-Erfahrungsbericht
(hauptamtlicher Redakteur)
Werner Brauer (WB)
Jochen Etzel (JE)
(ab Februar 2007)
Wolfgang Frank (WF)
(ab Dezember 2006)
DK
Markus Lanfer (ML)
Ralph M.
(ab Februar 2007)
Die bewährten
und neuen
Bildungsangebote
• Der Behandlungsatlas
Veranstaltungen in der JVA
• Andreas Veiel: „Der Kick“,
ein Filmprojekt
• „Woyzeck“, mit Ulf Goerges
eine Theaterstück
Neues aus der Bücherei
Die künstlerische Kreativität
von Menschen hinter Gittern
braucht ihren Raum.
[email protected]
Kontakt
über Wilfried Dannebaum
Top-Thema: Neue Vollzugsschwerpunkte in Oldenburg
Kunst hinter Gittern:
Gittern
Gefangene stellen aus
Heiko Rapp
(Februar 2007)
Hakan Sag (HS)
Dazu hatte die „Tr§tzdem“
alle Gefangenen aufgefordert,
ihre selbst gezeichneten oder
gemalten Bilder, ob farbig
oder schwarz/weiß, zur Veröffentlichung einzusenden.
Eine Auswahl zeigen wir jetzt
in unserer Galerie auf den
beiden nächsten Seiten.
Wir möchten aber auch zukünftig in dieser Zeitung weitere Bilder präsentieren und
rufen alle Künstler auf:
(bis Ende Februar 2007)
Mitmachen!
Dieter Schacht (DS)
Lasse Wilms (LW)
(ab Dezember 2006)
Auflage
750 Exemplare
Layout
UM
Druck
Medienhaus Rösemeier
Alte Dorfstr. 42
26160 Bad Zwischenahn-Ofen
Internet
http://www.jva-oldenburg.de
Es stellen aus:
Jochen Etzel
(1)
Jochen Etzel / Firat Bal
(2)
Thomas Goldenstein
(3)
Christian Harms
(4)
Patrick
(5)
Pepe
(6)
Nicolae Popesco
(7)
Hinweis
Die “Tr§tzdem” ist vorlagepflichtig.
Hörbuch-Verleih
Neues zur Strafvollzugsgesetzgebung
Und vieles mehr über das, was Leib
und Seele zusammen hält.
74
Wir sind dankbar über jeden
Artikel, jede Geschichte oder
einen Leserbrief. Namentlich
gekennzeichnete Artikel geben
nicht unbedingt die Meinung
der Redaktion wieder.
Tr§tzdem 2007 Nr. 36
Die präsentierten Formate entsprechen nicht
den Originalformaten
(7)
(1)
(5)
(3)
(3)
(5)
(2)
(1)
(5)
(6)
(1)
(2)
(4)
(4)
(1)
(4)
(6)
(1)
(6)
(4)
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(1)