Tr§tzdem - Justizvollzugsanstalt Oldenburg
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Tr§tzdem - Justizvollzugsanstalt Oldenburg
Tr§tzdem Gefangenenzeitung der JVA Oldenburg Nr. 36 April 2007 Tischtennisturnier S. 14 S. 6 Die Spinas S. 16 S. 18 Spinning S. 20 Top-Thema Geld S. 12 Jürgen Schikorra Volleyball S. 38 Entwurf NJVollzG Gesetze, Urteile S. 36 S. 21 S. 54 Humor S. 17 Inhalt Inhalt Seite JVA intern In eigener Sache (Redaktionsinfo) 4 Informationen & Veranstaltungen 4 Die Spinas „On Air“ 6 Die Orgel 6 Die GIV-Wahl 7 Humor 7 Fragebogen für Beamte 8 Fragebogen für Gefangene 9 Interview mit Herrn Schmidt 10 Weihnachten auf einer Station 11 Ein Leben für den Sport 12 Bildung — Sport — Gesundheit Tischtennisturnier 14 Weihnachtsturniere - Fußball der Stationen 15 - Badminton 16 - Tischtennis 16 - Volleyball 17 - Silvesterspinning 18 - Unihockey 18 - Sport für Junggebliebene 19 Der Computerführerschein 20 Schiedsrichterlehrgang 20 Elementarkurs 20 Recht — Soziales Zum neuen NJVollzG 21 Inhalt Seite Aus der Rechtsprechung, Urteile 32 Standpunkt 33 Grundrechte 34 Geld und Recht 34 Reform der Verbraucherinsolvenz 37 Top-Thema Geld - 38 Wie ist es geregelt bei: • Versicherungen 38 • Krankenversicherung 39 • Rentenversicherung 39 • Pflegeversicherung 40 • Arbeitslosenversicherung 40 • Unfallversicherung 41 • Das uneingelöste Versprechen41 • Täter-Opfer-Ausgleich 41 • Anwaltskosten 42 • Arbeitslosengeld 42 • Private Altersvorsorge 42 • Kontoführung bei Banken 43 • Beratungskosten 43 • Entlohnung in der JVA 44 • Konten 45 • Pfändungen 45 • Haftkosten 46 • Taschengeld 47 Kultur — Ausland — Medien Literatur & Co. Europäische Maßstäbe Auswahl neuer Paragraphen - Strafhaft - U-Haft - Die Anstalt Haftkosten Neue Sichtweisen Was steht nicht im Gesetz? Begleitmusik 23 23 23 27 29 30 31 31 32 Inhalt Seite Kuriositäten aus aller Welt Auslandsinfo: Palästina Gedichte Presseschau Autoreninfo Stanislaw Lem Literaturpreis für Gefangene Humor im Knast Knast in Dänemark Knast in den Niederlanden 62 - Überbelegung in deutschen … 62 - Notstand in dt. Gefängnissen 62 - Weniger Pakete für Gefangene 63 - FDP kritisiert Pläne… 63 - Jede vierte Zelle steht leer 63 - Harte Gangart 64 - Studie bestätigt Knastgewalt 64 - Gefängnis-Neubau 64 - Änderungen beim Opferschutz 64 - Weggeschlossen und vergessen65 - Höchststand bei Häftlingen 65 - Entlassene sind gefährlicher 65 - Kein Pardon für Straftaten im... 66 - Mutter Besuch …verwehrt 66 - Wahlkämpfe machen … 66 - Neuer Rekord 67 - Der Deal muss gesetzlich… 67 - Justizministerin informiert… 67 Mixed Backen hinter Gittern Schachrätsel und Sudoku Satiren Preisrätsel Adressen Leserbeitrag Was ist Kunst? - Buchtipps 59 60 61 68 69 69 70 71 72 73 48 52 53 54 56 58 Vorschau nächste Ausgabe Impressum Kunst hinter Gittern - 74 74 75 Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe ist der 10. August 2007 Spenden Auch wir sind auf Spenden angewiesen, um weiterhin das Erscheinen der “Tr§tzdem” in der gewohnten Qualität gewährleisten zu können. Wir bitten daher um Ihre Unterstützung und eine Spende auf das Konto der: JVA Oldenburg Verwendungszweck: Tr§tzdem Bank: BLZ: Konto-Nr.: Norddeutsche Landesbank, Hannover 25050000 106024813 Auf Wunsch wird gerne eine Spendenquittung übersandt. Tr§tzdem 2007 Nr. 36 3 JVA intern In eigener Sache Infos aus der Redaktion: Neu dazu gekommen sind Wolfgang Frank, Lasse Wilms, Ralph M. und Jochen Etzel. Heiko Rapp und Yilmas Yesildag waren nur kurz dabei, da sie, wie Bert Kloppenburg, verlegt wurden. Feridun Mercan hat sich anderen Interessensgebieten zugewandt und Hakan Sag hat einen Platz in einer anderen Einrichtung bekommen. Unser Top-Thema in dieser Ausgabe: Rund ums Geld. Ein Thema, das jeden Gefangenen tangiert. Oft kommt er schon mit der Bürde finanzieller Lasten in die JVA. Als Häftling in Untersuchungshaft muss er mit seinen mitgebrachten Mitteln haushalten dem und, sofern Tr§tinzformiert er ein Arbeitsangebot angenommen hat, möchte er wissen, was er hinzuverdienen kann. Der arbeitsverpflichtete Strafgefangene muss sich mit dem einrichten, was er an Entlohnung erhält, will vielleicht einen Täter-Opfer-Ausgleich herstellen, fragt sich, was er für seine Altersversorgung noch tun kann, wie er versichert ist usw. Viele Fragen, die täglich gestellt werden und hier in eine Übersicht gebracht werden sollen. Nicht realisierte Themen: Wir hatten uns vorgenommen, noch intensiver die Gesetzgebungsaktivitäten der Niedersächsischen Landesregierung zum StVollzG zu behandeln. Vorgesehen war in diesem Zusammenhang auch eine Informationsveranstaltung mit Politikern, Juristen, Vollzugspraktikern und Wissenschaftlern. Beim jetzigen S t a n d d e s G e s e t z g e b u n g sverfahrens hat sich dafür jedoch keine entsprechende Grundlage ergeben. Wir werden aber weiterhin über den neuesten Stand berichten. Wir wollten auch über den Neubau einer Produktionshalle für die 4 Holzbearbeitung berichten, werden das aber erst nach der Fertigstellung machen. Danke: Unser besonderer Dank gilt den verschiedenen Autoren unserer Beiträge, den Beamten, die Ihre Freizeit dafür geopfert haben, den externen Autoren für ihr Interesse an qualitativ guten Gefangenen-Zeitungen und den Gefangenen, die eine ungewohnte Tätigkeit auf sich genommen haben. An dieser Stelle bedanken wir uns bei Frau Barkemeyer, die der Tr§tzdem stets verbunden ist und jedes Mal viel Arbeit beim Korrektur lesen hat. Sie wurde unterstützt von unserem externen Redaktionsmitglied D K. Informationen & Veranstaltungen Alphabetisierungskurs Lerngruppe Herr Dannebaum Anmeldung mit VG 51 Sportlehrer Dienstags Freitags von 16:30 bis 18:15 von 13:15 bis 14:45 Migrationskurs Gefährdetenhilfe Für Gefangene mit Migrationshintergrund, die das Ziel und die Möglichkeit haben, in Deutschland zu bleiben. Seelsorgerisches Angebot in ehrenamtlichem Engagement aus christlicher Verantwortung von gläubigen Christen, die in der Gruppe Bibelarbeit und Gespräche anbieten und gemeinsam musizieren. Ziele dieser Maßnahme sind: Vorbereitung und Motivation für die Teilnahme an weiterführenden Bildungs– und Ausbildungsmaßnahmen, Verbesserung der Integration in die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland und Finden der eigenen Identität in der neuen gesellschaftlichen Umgebung. Herr Buß Frau Danilin Auf Antrag bei Vorlie- Dienstags von bis Jeweils für 6 Monate gen der Voraussetzungen und max. 10 Teilnehmer 13:30 16:00 Statt der Postkarten-Bilder sind diesmal die von Mitinhaftierten aus Oldenburg und Celle gezeichneten Bilder in einer Galerie aufgenommen worden. Den Künstlern danken wir für ihre Bereitschaft, ihre Werke den Lesern der Tr§tzdem vorzustellen. Große Unterstützung erhielten wir von vielen Buchverlagen, die uns mit vielen wertvollen Rezensionsexemplaren versorgt haben. Die Bücher der in der Zeitung enthaltenen Buchtipps sind wie immer auch in der Gefangenenbücherei erhältlich. UM Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Das Angebot richtet sich in erster Linie an Gefangene, die aus dem russischen Sprachraum kommen. Durchgeführt wird es von 8 Ehrenamtlichen in unterschiedlicher Besetzung. Frau Barkemeyer Anmeldung mit VG 51 Sozialdienst Team 1 Mittwochs von bis Behandlungsgruppe 18:00 19:30 Lockerung - Binnengruppe Lockerung* - Außengruppe Lockerung** Für Strafgefangene mit Lockerungen und solchen, die kurz vor der Gewährung von Lockerungen stehen. Auf Antrag bei Herr Vorliegen der VorKrügel Sozialdienst Team 4 aussetzungen * Donnerstags 1x im Monat ** 1x im Monat von *16:30 bis *18:00 Nach Absprache JVA intern Informationen & Veranstaltungen Gottesdienst Anonyme Alkoholiker Kirchengruppe „AA“ Gesprächsgruppe Gottesdienst in der Kapelle unabhängig von der Konfessionszugehörigkeit Frau Menz Herr Kisse Seelsorge Sonntags Anmeldung im Stationsbüro bis Donnerstag von 10:45 bis Herr Korn Sozialdienst Team 1 Montags Anmeldung mit VG 51 von bis 11:15 Gesprächsgruppe 17:45 19:15 Frau Menz Seelsorge Anmeldung mit VG 51 1. und 3. von 16:30 Montag bis 18:00 Musikgruppe Spielegruppe Literaturgruppe Gemeinsames Musizieren Brett-, Karten-, Gesellschaftsspiele und mehr Gruppe für Literaturinteressierte Abteilungshelfer Team 1 Anmeldung mit VG 51 Dienstags von 17:00 bis 19:00 Herr Wojtke Frau Barkemeyer Anmeldung mit VG 51 Herr Kisse von 1. und 3. Seelsorge Anmeldung mit VG 51 Sozialdienst Team 1 Dienstags bis 16:45 18:15 Mittwoch von 16:30 bis 18:00 AnstaltsleiterSprechstunde Chor Orientierungsgruppe für Drogenabhängige Einzelgespräch Gospelchor der JVA Elf Sitzungen im Gruppenraum des Suchtberatungsdienstes (SBD) bei Station D3 mit Herrn Höpken von der Caritas in Sögel Herr Zech Vollzugsleitung Anmeldung mit VG 51 Frau Menz Seelsorge Anmeldung mit VG 51 Herr Höpken externer Suchtberater Mittwochs von 16:00 bis 17:00 Donnerstags von 16:15 bis 18:00 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Donnerstags Antrag an den Suchtberatungsdienst von 16:30 bis 18:00 5 JVA intern Die Spinas „On Air“ Nachdem wir beim Konzert von „Fury in tne Slaughterhouse“ im November 2006 kurz Bühnenluft schnuppern durften, hatten wir natürlich Blut geleckt und waren erpicht darauf, unser eigenes Konzert stattfinden zu lassen. Motiviert studierten wir unser eigenes Programm ein und alles sah so aus, als könnte sich unser kleiner Traum am 29.12.06 verwirklichen lassen. Die Stücke waren geübt und die Organisation im Vorfeld lief schon, aber letztendlich musste das Konzert aufgrund zu wenig eingegangener Anträge wegen Besuchermangels abgesagt werden. Aber keine Sorge; als echte „Künstler“ legen wir das unseren Mitgefangenen nicht als Desinteresse aus, zumal wir wissen, dass wir selbst mehr die Werbetrommel hätten rühren müssen. Also was tun? – Ganz einfach, frei nach dem Motto: „Kommt der Prophet nicht zum Berg, dann geht es auch anders herum“, sind wir auf die Idee gekommen, trotzdem ein Konzert zu geben und dieses von einer Kamera mitschneiden zu lassen. Das Ergebnis könnt ihr euch dann ganz entspannt auf eurem 6 Knastsender „Gitternet TV“ anschauen. Was erwartet euch? – Klassiker, wie „Knocking on heavens door“ (Bob Dylon) oder „Get Back“ (Beatles), sind genauso dabei wie Songs aus der Kuschelrockfraktion, wie z. B. „Father and Son“ (Cat Stevens), und einige selbst komponierte Stücke. Was erwarten wir von euch? – Natürlich, dass ihr mitgroovt und kniend vor dem Fernseher das Spektakel genießt oder eventuell eure Unterwäsche gegen die Bildschirmscheibe schmeißt – wie es echte Groupies tun würden… Last-but-not-least möchten wir von den „Spinas“ uns bei Herrn Wojtke bedanken, der die Musikgruppe mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt und als volles Mitglied der Band zu zählen ist. Hakan Sag Die Orgel Eine Kapelle oder Kirche ohne Orgel ist kaum vorstellbar. Als Begleitung zum Gesang oder auch zum meditativen Solospiel mit ansprechendem Klang ist der Klang einer Orgel untrennbar mit allen kirchlichen Feiern verbunden. Jahrelang musste das hauseigene Digitalpiano dies so gut es ging ersetzen. Nun hat der Anstaltsleiter Herr Koop in Verbindung mit den Seelsorgern diesem Mangel abgeholfen. In der Kapelle steht eine nicht nur hübsche, sondern auch wohlklingende kleine Digitalorgel einer renommierten holländischen Orgelbaufirma, die sofort ihren Einsatz in der Messe und Begleitung des Kirchenchors gefunden hat. Das trifft sich insofern gut, als dass demnächst ein Inhaftierter eine Ausbildung zum Kirchenmusiker mit CExamen beginnen wird. Dem steht nun dieses schöne Instrument als Übungsmöglichkeit zur Verfügung. Sogar eine leibhaftige Orgellehrerin, die in der Nähe der JVA an einer Kirche als Organistin angestellt ist, wird (hoffentlich) bald Orgelunterricht in der Anstalt erteilen können. Zu Gute kommen wird dies besonders dem Gospelchor, der nun sein Repertoire um viele Kirchenlieder erweitern kann, die bisher auf dem Digitalpiano nicht umzusetzen waren. In Verbindung mit der zusätzlich möglichen Begleitung einer Trompete durch einen weiteren Gefangenen verspricht dies nun künftig angenehme und angemessene musikalische Gestaltung von Gottesdiensten und kirchlichen Feiern. Ein echte Weiterentwicklung, die den zur Kirche gehenden Gefangenen zu Gute kommen wird. Schnell und unbürokratisch ging die Aktion von statten, ein Kompliment an alle Beteiligten. Vielleicht wird dies künftig auch andere Gefangene zu mehr musikalischen Aktivitäten oder gar einer musikalischen Ausbildung animieren … Markus Lanfer Spruch Disce gaudere. Lerne, dich zu freuen. Seneca Tr§tzdem 2007 Nr. 36 JVA intern Mitgliedern des Wahlausschusses auf die Stationen an die Haftraumtür gebracht wird. § 11/2: Die Auszählung der Stimmen erfolgt im Beisein des zuständigen Bediensteten und der GIV sowie des gesamten Wahlausschusses und der zur Wahl stehenden Kandidaten. Die GIV-Wahl Kommentar Der Entwurf zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen sieht eine Interessenvertretung der Gefangenen und Sicherungsverwahrten in § 175 vor. Darin heißt es: Den Gefangenen und Sicherungsverwahrten soll ermöglicht werden, Vertretungen zu wählen. Diese können gemeinsame Interessen, die sich nach ihrer Eigenart und der Zweckbestimmung der Anstalt für eine Mitwirkung eignen, durch Vorschläge und Anregungen an die Anstaltsleitung herantragen. Diese sollen mit der Vertretung erörtert werden. Im bisherigen Strafvollzugsgesetz hieß es dazu in § 160 unter dem Titel Gefangenenmitverantwortung: Den Gefangenen und Untergebrachten soll ermöglicht werden, an der Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse teilzunehmen, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Anstalt nach für ihre Mitwirkung eignen. Aus der „Mitverantwortung“ ist also nun eine „Interessenvertretung“ geworden. Dies mag lediglich eine semantische Änderung bedeuten, ob sich inhaltlich etwas ändert, wird die Praxis zeigen. Bisher war durch die Satzung festgelegt, dass die Mitverantwortung sich auf • Mitwirkung bei Abgelegenheiten aus ihrer Möglichkeiten in einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung viele ihrer Vorstellungen verwirklichen können. UM Die Wahl Alles war gut vorbereitet. Gegen 12:30 Uhr traf sich der Wahlausschuss, bestehend aus den Bediensteten Frau Barkemeyer und Herrn Wojtke sowie den Inhaftierten Kolkwitz und Müller, um mit Stimmzetteln und Wahlurnen versehen die Wahl in der Einschlusszeit von 12:45 Uhr bis 14:15 Uhr beginnen zu können. Die für den Wahlvorgang vorgesehenen Regeln der Wahlordnung: So wurde gewählt! • • • • dem Bereich der Freizeitgestaltung (z.B. Auswahl der Film- bzw. VidioVorführungen, sowie die Durchführung kultureller, sportlicher & allgemein bildender oder ähnlicher Veranstaltungen), Mitwirkung bei Maßnahmen zur Förderung und Betreuung (z.B. Vorschlagsund Mitspracherecht bei der Ausstattung von Haft- und Gemeinschaftsräumen durch Gefangene), Mitwirkung bei Angelegenheiten der Hausordnung, Mitwirkungs- und Vorschlagsrecht bei allen Angelegenheiten hinsichtlich der Verpflegung der Gefangenen, Mitwirkung und Ermöglichung der Mithilfe bei allen Angelegenheiten, welche sich aus der Stellung ausländischer Mitgefangenen innerhalb des Vollzuges ergeben erstreckt. Es ist den neu gewählten Mitgliedern der GIV im Interesse der Gefangenen zu wünschen, dass sie im Rahmen § 9/1: Bei der Wahl hat jeder Gefangene „1“ (eine) Stimme, welche er seinem favorisierten Kandidaten geben kann. § 9/2: Werden auf einem Wahlzettel mehrere Kandidaten angekreuzt oder wird der Wahlzettel sonst verändert oder mit Zusätzen versehen, so wird dieser Wahlzettel für ungültig erklärt. § 9/3: Wird auf dem Wahlzettel kein Kandidat angekreuzt, so gilt das als Stimmenthaltung. § 10/1: Gewählt sind die „3“ (drei) – (bei Nachwahlen „1“ oder „2“ Kandidat(en))-, welche die meisten Stimmen erhalten. § 10/2: Die Nachrückliste wird aus den entsprechenden Kandidaten gebildet, welche nach den in das Gremium gewählten Kandidaten die meisten Stimmen erhalten haben. § 11/1: Die Wahl selbst erfolgt durch Stimmabgabe an der Wahlurne, welche von den Tr§tzdem 2007 Nr. 36 wurden nochmals in Erinnerung gebracht, und schon konnte es losgehen. Frau Barkemeyer und Herr Kolkwitz nahmen sich die Stationen in den Gebäudeabschnitten A und B vor, Herr Wojtke und Herr Müller die in C und D. Der Aufschluss und die Frage: “Möchten Sie an der GIV-Wahl teilnehmen?“ ging flott vonstatten. Wer sich schon eine Meinung gebildet hatte, hatte schnell sein „Kreuzchen“ gemacht und wer sich erst noch eine Meinung bilden wollte, wurde sanft zur Entscheidung gedrängt. Am Ende hatten 162 Stimmzettel bei 58 % Wahlbeteiligung den Weg in die Wahlurnen genommen, und schon kurz vor 14:00 Uhr konnte im Beisein der Kandidaten die Auszählung beginnen. Nachdem die Zettelhäufchen gebildet waren und zweimal die abgegebenen Stimmen ausgezählt waren, konnte das vorläufige Ergebnis um 14:15 Uhr festgestellt und protokolliert werden. Es fielen auf: • Bekir C. 72 Stimmen • Michael Witte 40 Stimmen • Klaus Horn 29 Stimmen • Christian Ockenga 19 Stimmen Damit waren Bekir, Michael und Klaus gewählt, sofern keine Anfechtung der Wahl erfolgt und durch die Anstaltsleitung die Feststellung des Ergebnisses stattfindet. Christian wird wahrscheinlich der erste Nachrücker sein. Inzwischen wurde Bekir C. zum Sprecher der GIV gewählt. UM 7 JVA intern Fragebogen für Beamte Name: Horst Tiemann Alter: 39 Im Dienst seit: 01.07.02 Team: 3 Frage 1: Warum wählten Sie den Beruf des Vollzugsbeamten und wie ist Ihr beruflicher Hintergrund? Ich war 13 Jahre als Technischer Zeichner im Bereich Maschinenbau tätig. Die Firma, in der ich arbeitete, stand kurz vor dem Konkurs und wollte Stellen abbauen. Zu der Zeit wurden für die JVA Rosdorf Beamte gesucht. Ich informierte mich umfassend über das Berufsfeld und bewarb mich schließlich daraufhin. Eine große Rolle spielte sicherlich die berufliche Sicherheit; schließlich war ich schon 34 Jahre alt und wollte nicht bei der nächsten Firma dasselbe erleben und nach 13 Jahren vor der Kündigung stehen. Frage 2: Wie beurteilen Sie den Vollzug in Oldenburg im Gegensatz zu anderen Anstalten? Es ist nicht leicht, Vergleiche zwischen den einzelnen Anstalten zu ziehen. Während meiner Ausbildung zum Justizvollzugsbeamten war ich hauptsächlich im offenen Jugendvollzug in Göttingen Leineberg tätig. Das Arbeitsklima dort war sehr angenehm, aber mit den Jugendlichen zum Teil auch sehr anstrengend. Auf dem Leineberg stand und steht der erzieherische Aspekt im Vordergrund. Seit dem 01.07.2004 bin ich nun in die JVA Oldenburg abgeordnet und ich finde die Art, wie hier der Strafvollzug durchgeführt und gestaltet wird, sehr gut. Jeder der Bediensteten hat die Möglichkeit, sich im Rahmen der Vollzugsgestaltung einzubringen. Für mich ist es wichtig, Werte wie Drogenfreiheit und Gewaltlosigkeit zu vermitteln. Die JVA Oldenburg ist in ihrer Art des Strafvollzuges recht neu und das Interesse an der Anstalt ist enorm, auch über die Landesgrenzen hinaus. Frage 3: Falls Sie die Frage beantworten möchten: Haben Sie Familie? Was haben Sie für Hobbys, was machen Sie in Ihrer Freizeit? Ja, ich habe hier eine Lebensgefährtin; meine familiären Wurzeln liegen allerdings in Südniedersachsen. In meiner Freizeit gehe ich regelmäßig ins Fitnessstudio und auch auf dem Gebiet des Kampfsports habe ich Interessen. Die übrige Freizeit verbringe ich mit meiner Lebensgefährtin mit gemeinsamen Spaziergängen und anderen Unternehmungen. Dies ist als Ausgleich zu den hohen psychologischen Belastungen in diesem Beruf wichtig für mich. Zurzeit belastet uns aber das Problem, dass meine Abordnungszeit Ende April 2007 ausläuft und ich zurück zur JVA Rosdorf müsste. Ich hoffe aber, dass die Möglichkeit besteht, weiterhin in der JVA Oldenburg zu bleiben, zumal ich mich hier beruflich und privat sehr wohl fühle. Frage 4: Können Sie das Private vom Beruf trennen? Ja, das ist eines der wichtigsten Kriterien, die man als erstes lernen sollte: die strikte Trennung von Beruf und Familie. Es würde die Familie belasten und man selber würde auch nicht zur Ruhe kommen, wenn man die Probleme und die einzelnen Schicksale (der Täter und der Opfer) mit nach Hause nimmt. Frage 5: Wie beurteilt Ihr privates Umfeld (Familie und Freundeskreis) ihre Arbeit in der JVA? Mein Umfeld akzeptiert meinen Beruf. Einige haben allerdings eine völlig falsche Vorstellung bezüglich der Inhaftierten. Dieses Bild wird wahrscheinlich viel von Funk und Fernsehen geprägt. Ich finde es wichtig, dies dann richtig zu stellen und klar zu machen, dass es unsere Aufgabe ist, die Inhaftierten auf den Weg ins „normale Leben“ zu begleiten und Werte und Normen ,wie eben z. B. Drogenfreiheit und Gewaltlosigkeit, zu vermitteln. Frage 6: Wo sehen Sie Kritikpunkte und/oder auch Lob am Verhalten der Inhaftierten hier in der JVA? Wichtig finde ich den Umgangston zwischen Bediensteten und Inhaftierten, er sollte auf beiden Seiten vernünftig und von Respekt geprägt sein. Einen Gruß beim Aufschluss sowie beim Einschluss sollte Normalität sein. Auch das miteinander Umgehen sollte so sein, dass ich nicht der Kerkermeister bin, sondern ein Ansprechpartner, der sich für die Belange der Inhaftierten einsetzt und ein offenes Ohr für deren Probleme hat. Sicherlich fällt es auch mir manchmal schwer, jemandem etwas zu vermitteln, der absolut abblockt; aber das ist ja dann sicher der Reiz an der Sache, diese harte Nuss zu knacken und ihm das Erlebnis zu geben: es geht ja auch anders und mit meiner vorherigen Art komme ich so nicht weiter. Positiv finde ich auch, dass die Inhaftierten die Arbeits- und Sportangebote nutzen, zumal es sicher nicht der Regelfall in den Anstalten ist, dass solche umfangreichen Möglichkeiten angeboten werden. Frage 7: Was würden Sie am Strafvollzug ändern, wenn Sie die Möglichkeiten dazu hätten bzw. welche Möglichkeiten haben Sie, auf den Vollzug einzuwirken? Ein schwieriges Thema ist es sicherlich und wird es immer sein, die U-Haft und die Strafhaft besser zu trennen, zumal eine Trennung ja auch einen besseren Behandlungsvollzug sichern würde. Ich würde auch das Personal aufstocken, damit der einzelne Bedienstete mehr Möglichkeiten hat, auf die Bedürfnisse und Probleme des einzelnen Inhaftierten einzugehen und mehr Zeit für Gespräche da ist. 8 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 JVA intern Fragebogen für Gefangene Name: Alter: In Haft seit: Station: Ken Harrison 22 November 2006 B3 Frage 1: Wie kommst Du mit Deiner Situation hier in der Haft zurecht? Ich komme hier einigermaßen okay zurecht. Ändern kann ich wenig, da ich bleiben muss und auf eine Verhandlung warte. Es ist schwierig, jeden Tag zu meistern. Frage 2: Wie findest Du den Vollzug hier, auch im Vergleich mit anderen Anstalten? Es ist ganz gut, besser als andere wegen länger geöffneter Türen, Freistunden und alles geht einigermaßen schnell. Die Beamten sind okay; wenn ich etwas nicht weiß, bekomme ich relativ schnell die richtigen Informationen. Die Anstalt ist sauber. Frage 3: Wie verbringst Du Deine Zeit hier? (Arbeit, Freizeit, Hobbys) Freistunden, arbeiten, kochen, lesen, Kirche und besonders gerne Kicker. Arbeiten ist die beste Zeit, da der Tag relativ schnell vergeht und ich diesen nicht auf der Station verbringen muss. Die Freistunde ist nur wichtig, weil ich sonst wenig frische Luft bekomme. Zum Sport gehe ich eher selten, da ich etwas Angst vor Verletzungen habe. Frage 4: Wie zufrieden bist Du mit Deiner Station? Die Mitinhaftierten und auch die Beamten sind in Ordnung. Allerdings habe ich keinen Vergleich, denn ich war bisher auf keiner anderen Station. Es gibt keinerlei Diskriminierung und alle helfen sich untereinander. Frage 5: Wie ist Dein Verhältnis zu Deinen Mitinhaftierten? Ich habe keine Probleme mit meinen Mitinhaftierten und verstehe mich mit den meisten sehr gut. Ich spreche mit ihnen über Musik, Politik; wir kickern gerne zusammen und machen ein wenig Musik. Frage 6: Bist Du mit den Sport- und Freizeitangeboten zufrieden, hast Du Verbesserungsvorschläge? Ich würde gerne afrikanische Musik machen. Das kenne ich aus Gefängnissen, in denen ich vorher war. Mit Musik & Kaffee und netten Leuten. Außerdem hätte ich gerne Gewichte zum Trainieren, ein Fitnessraum wäre toll, weil es dort viel mehr Möglichkeiten gibt, etwas für sich zu tun. Frage 7: Hast Du Anregungen und/oder Kritik hier am Haftalltag? Nein, alles ist einigermaßen okay. Wie gesagt, afrikanische Musik wäre gut, aber es gibt auch sehr wenige Farbige hier, mit denen ich die Möglichkeit dazu hätte. Frage 8: Hast Du Kontakt nach draußen, bekommst Du Besuch? Ja, ich bekomme regelmäßig Besuch. Meine Freundin kommt mich einmal in der Woche besuchen, wir schreiben uns auch regelmäßig; außerdem bekomme ich Besuch von meinem Anwalt. Frage 9: Hat Dir die Zeit im Knast bisher etwas gebracht? Vielleicht habe ich bislang gelernt, dass ich mein Leben ändern muss, zumindest würde ich gerne, wenn ich wieder „draußen“ bin. Ich vermisse meine Freunde, die Menschen, mit denen ich zusammenlebe. Aber ich denke auch lieber über mein Leben nach und wie es weitergehen kann. Frage 10: Was wirst Du nach Deiner Haftentlassung machen? Ich möchte mir einen Job suchen, um ein „vernünftiges“ Leben zu beginnen! Vielleicht könnte ich etwas mit Elektronik machen, das habe ich in Afrika vorher mal gemacht. Außerdem würde ich natürlich am liebsten später auch Musik machen, das mache ich schon mein Leben lang. Ich denke viel über meine Fehler nach; ich bin hier, weil ich Fehler gemacht habe, deshalb nehme ich mir vor, etwas zu ändern, denn ich möchte nicht wieder in diese Situation kommen. Tr§tzdem 2007 Nr. 36 9 JVA intern Das Interview mit Herrn Hans-Jürgen Schmidt (Personalratsvorsitzender) Tr§tzdem: Erzählen Sie uns vorab bitte etwas zu Ihrer Person, zu Ihrem beruflichen Werdegang und seit wann Sie im Personalrat der JVA sind. Herr Schmidt: Ich bin jetzt 56 Jahre alt, komme aus dem Friesischen und bin seit 1979 im Justizvollzugsdienst tätig. Nachdem ich einen Handwerks– und Kaufmannsberuf erlernt hatte, habe ich als Angestellter beim Amtsgericht in Jever gearbeitet, dem damals eine Jugendarrestanstalt angegliedert war. Das hat meine Neugier auf den Vollzugsdienst geweckt und ich habe mich um eine Stelle dort beworben. So konnte ich bis zur Schließung der Arrestanstalt dort in Jever im Stationsdienst meine Erfahrungen unter Herrn Anstaltsleiter Appel sammeln und habe dann noch von 1999 bis 2001 in der damaligen Untersuchungshaftanstalt Wilhelmshaven unter der Leitung von Herrn Dr. Große-Boes gearbeitet, bis sie als Abteilung für den offenen Vollzug der JVA Oldenburg angegliedert wurde. Seit 1999 bin ich im Personalrat, der neben der Hauptanstalt auch für die Abteilungen in Delmenhorst, Wilhelmshaven, Nordenham, Cuxhaven und der Gerichtsstraße zuständig ist. Tr§tzdem: Wie setzt sich der Personalrat zusammen und welche Arbeit fällt an. Sind die JVA-Mitarbeiter gewerkschaftlich organisiert? Herr Schmidt: Der Personalrat besteht aus 7 Mitgliedern, wobei 6 Mitglieder aus dem Beamtenbereich und ein Mitglied aus dem Arbeiter- und Angestelltenbereich kommen. (Hinzu kommen ein Jugend- und Auszubildetenvertreter und die Schwerbehinder- 10 D Pers er ona we lrat w oh i ß, er d Win er d weh t! tenvertretung, beide ohne Stimmrecht.) Arbeitsgrundlage für den Personalrat ist das Personalvertretungsgesetz. Die gewerkschaftlichen Organisationen Verdi, Beamtenbund und VNSB erreichen eine Organisationsquote von ca. 60 %, wobei der Personalrat seit der letzten Wahl von je 2 Mitgliedern der Wahllisten „VNSB“ und „Freie Liste Frischer Wind“ sowie 3 der „Freien Liste“ gestellt wird. Der Personalrat hat verschiedene Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte, die sich hauptsächlich auf personelle und organisatorische Angelegenheiten beziehen. Im Personalbereich wären Einstellungen, Abordnungen, Fortbildungsmaßnahmen, Beförderungen, Versetzungen oder Sozialpläne zu nennen, um nur die Wichtigsten anzusprechen. Getagt wird alle 14 Tage, im Bedarfsfall auch in den Abteilungen, in denen das gewünscht wird. Der Personalratsvorsitzende ist zu 50% von seinen sonstigen Dienstpflichten freigestellt und ist während dieser Zeit von allen Bediensteten ansprechbar. Tr§tzdem: Wo lieTr§tzdem 2007 Nr. 36 gen die Hauptprobleme für die Beschäftigten im Allgemeinen Vollzugsdienst? Herr Schmidt: Aktuell ist der Personalrat bei den besonderen Problemen mit eingebunden. Die Hauptprobleme der Beschäftigten sind sehr vielfältig: Durch die Schließung und Umorganisation einiger Justizvollzugsanstalten im Bereich der JVA Oldenburg haben viele Bedienstete einen sehr weiten Arbeitsweg. Teilweise beträgt dieser 1 Stunde. Älteren Kollegen macht der Wechselschichtdienst zu schaffen. Aus Kostengründen gibt es wenig Beförderungsstellen, was den Unmut der Kollegen nach sich zieht. Durch den vorgegebenen Stellenplan hat der Bedienstete wenig Zeit, auf die Probleme der Gefangenen einzugehen. Auch sind Versetzungen ein wichtiges Thema. Tr§tzdem: Ist die personelle Situation im AVD ausreichend? Herr Schmidt: Vor dem eben genannten Hintergrund ist der Personalrat der Meinung, dass die personelle Besetzung in Oldenburg nicht ausreichend ist, auch wenn vielleicht das durchschnittliche Beschäftigungsvolumen ausgeschöpft ist. Hinzu kommt, dass durch die Schichtarbeit und die psychischen Belastungen bei der Arbeit mit den Gefangenen sowie bei der inzwischen wieder auf 40 angewachsenen Wochenstunden eine Situation eingetreten ist, die einen höheren Krankenstand nach sich zieht. Tr§tzdem: Wie ist die Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung und erfahren Sie dort Unterstützung für die Arbeit des Personalrates? Herr Schmidt: Die Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung ist von Jahr zu Jahr besser geworden. Alle Beteilig- JVA intern ten sind bestrebt, Lösungen zu finden, die von beiden Seiten getragen werden können. Für unsere Anliegen haben wir immer die Möglichkeit, schnell zu einem Termin zu kommen. Tr§tzdem: Wie schätzen Sie die finanzielle Situation für die JVA Oldenburg ein? Herr Schmidt: Dadurch, dass es sich um eine relativ neue Anstalt handelt und in Oldenburg zukunftsweisende Vollzugskonzepte früh eingeführt werden, kann man noch aus dem Vollen schöpfen, auch wenn es z.B. gilt, dort wo es möglich ist, Energie zu sparen. Tr§tzdem: Gibt es Probleme im Umgang mit den Gefangenen, die den Personalrat beschäftigen? Herr Schmidt: Nein. Sollte es den Fall geben, dass ein Bediensteter bezüglich seines Umgangs mit Gefangenen disziplinarisch gewürdigt werden soll, würde der Personalrat wahrscheinlich involviert werden. Überprüfungen sind von der Anstalts- und Vollzugsleitung im Vorfeld durchzuführen. Grundsätzlich ist der Personalrat für Probleme der Gefangenen nicht zuständig. Tr§tzdem: Welche Auswirkungen werden aus der neuen Niedersächsischen Gesetzgebung erwartet? Herr Schmidt: Die JVA wird einen größeren Spielraum erhalten, Entscheidungen zu treffen, insbesondere bei Einzelfragen, die früher oft der Richter entschieden hat. Die Verfahrensveränderungen zu Gunsten der Anstalt halte ich für vernünftig. Ich gehe auch davon aus, dass zukünftig mehr Maßnahmen zur Resozialisierung angesetzt werden. Wichtig bleibt, dass im Behandlungsvollzug mit jedem einzelnen Gefangenen gearbeitet wird. Tr§tzdem: Herr Schmidt, wir danken Ihnen für das Gespräch. UM Sprüche Das Leben, es mag sein, wie es ist, ist ein Glück, das von keinem anderen übertroffen wird. Leo Tolstoi Ärgere dich nicht darüber, dass der Rosenstrauch Dornen trägt, sondern freue dich darüber, dass der Dornenstrauch Rosen trägt. Arabisches Sprichwort Das kleine Weihnachtsturnier Zwischen den Weihnachtfeiertagen wurde die triste und melancholische Stimmung auf der Station A3 durch ein Billardturnier aufgeheitert. TurnierAtmosphäre auf der A3 Trotz der eher besinnlichen Festtagszeit war die Stimmung sehr ausgelassen. Jeder der Teilnehmer ging mit viel Freude, aber auch dem nötigen Ehrgeiz an die Sache ran. Letztendlich konnte es nur einen (drei) Gewinner geben. Den 1. Platz belegte U. Eilermann, den 2. Platz J. Friedmann und den 3. Platz M. Paulsen. Nochmals einen herzlichen Glückwunsch an die Gewinner und natürlich ein herzliches Dankeschön an Herrn Kusak und das „DreierTeam“. Ulli Eilermann Der Initiative des Mitgefangenen Mercan war es zu verdanken, dass dieses Turnier überhaupt stattgefunden hat. Da er sich im Vorfeld mit Herrn Kusak kurzgeschlossen hatte und ihm seine Idee unterbreitete, erklärte sich Herr Kusak bereit, sowohl die Spiele wie auch diverse Gewinne bereitzustellen. Für den ersten Platz stiftete Herr Kusak 2 Pakete Tabak, für den 2. Platz gab es eine „Bombe“ Pulverkaffee und für den 3. Platz gab es ein Päckchen Tabak zu gewinnen. Das Turnier wurde im KO - System gespielt. Es wurden 2 Gruppen zu je 6 Spielern gebildet. Am ersten Spieltag mussten die Spieler der jeweiligen Mannschaften gegeneinander spielen. Der zweite Spieltag war so aufgebaut, dass die 3 Gewinner der jeweiligen Mannschaften gegeneinander antreten mussten. Um in die nächste Runde zu kommen, mussten mindestens 2 von 3 Spielen gewonnen werden. Am dritten Spieltag wurden dann die Plätze 1 bis 3 ausgespielt. Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Witze Ich habe heute einen Scheiß Tag; beim Zähneputzen bricht mir die Zahnbürste ab, beim Kämmen der Kamm und beim Kaffeetrinken der Henkel von der Tasse. Ich traue mich gar nicht, pinkeln zu gehen. ____________________ Mehrere Kinder spielen in der Sandkiste. Sagt das eine Kind: “Ich muss jetzt nach Hause, meine Mama hat zu mir gesagt, wenn ich noch einmal in die Windel mache, schneidet sie mir mein Ding ab“. Sagt ein anderes Kind: „Mache dir keine Sorgen, ich habe meine Schwester beim Duschen beobachtet, wenn das gut gemacht wird, sieht das gar nicht mal so schlecht aus.“ Lösungen der Aufgaben von Seite 69 11 JVA intern Ein Leben für den Sport Jürgen Schikorra blickt auf seine Dienstzeit zurück Es begann am 1. Mai 1976. Jürgen Schikorra, geboren 1947 im Südoldenburgischen, trat nach einer kaufmännischen Ausbildung und nach 8 Jahren als Zeitsoldat, bei der er die Sportübungsleiterlizenz für den Breitensport erwarb, der er später noch die Qualifizierung „Prävention und Rehabilitation (ÜL-C, P+R)“ an der Sportschule des LSB Niedersachsen hinzufügte, und nachdem er eine Prüfung abgelegt hatte, in den Vollzugsdienst der JVA Oldenburg ein; im Strafvollzug sollte systematisch mehr Sport angeboten werden. Er hatte inzwischen auch schon eine Familie gegründet und suchte einen sicheren Arbeitsplatz, der seiner Leidenschaft, dem Sport im Allgemeinen und dem Fußball im Besonderen, entgegen kam. Natürlich konnte der Start damals nur in den alten Mauern an der Gerichtstraße stattfinden, denn die neue Anstalt war ja noch nicht gebaut, und demzufolge fand das unter Bedingungen statt, wie man sich das jetzt kaum noch vorstellen kann. Ein großer Vorteil bestand aber darin, dass der Sportbereich sich noch durch das persönliche Engagement ausgestalten ließ, was aber bis 1984 nicht so leicht war, da es noch keine besonderen Räumlichkeiten für größere Sportaktivitäten gab. Viele Freiräume für den Sport mussten durch die jungen Bediensteten erst erworben werden und so mancher älterer Beamter mag auch seinen Kopf geschüttelt haben über die neuen Methoden im Vollzug. „Als dama ls 29jähriger habe ich mich aber unter den vielfach älteren Kollegen sehr wohl gefühlt und man lernte sich schnell kennen, denn das Team war kleiner, die Anstalt übersichtlich und 12 es herrschte fast schon eine familiäre Situation“, berichtete Herr Schikorra. Für die Gefangenen, damals nur Untersuchungshäftlinge, war es ein besonderes Erlebnis, Sport treiben zu können, auch wenn der Sportraum im Keller untergebracht war, wo zuvor noch Hafträume eingebaut waren und jetzt in dem Rundgewölbe die Kraftsportgeräte standen. Einen besonderen Eindruck vermit- telten die an den Decken geführten Heizungsrohre, die sich mit manch einem ungewohnten Geräusch bemerkbar machten. Einen Riesenschritt wurde getan, als die Sanierung der Heizung vorgenommen wurde und die Koksheizung durch eine Gasheizung ersetzt wurde, denn damit war auch die Möglichkeit verbunden, auf dem Kokslagerplatz im Hof nun einen kleinen Sportplatz einzurichten. Dies „Wunder von der Gerichtsstraße“ ermöglichte es nun, auf einem ca. 45 mal 25 Meter großen Platz nicht nur Gymnastik, Volleyball und Basketball anzubieten, sondern auch den Lieblingssport der Nation, den Fußball; auch wenn der Stacheldraht den frühzeitigen „Tod“ so manchen Balles brachte. Zudem war der Platz nun Schauplatz mancher Veranstaltung, in der Sport, Geselligkeit und Musik zusammenfanden und sich zudem viele Bedienstete dem sportlichen Wettbewerb stellten. Beim Sport wurden bei manchem Gefangenen Aggressionen abgebaut, der Körper gestärkt, eine größere Zufriedenheit hergestellt und ein entspannterer Umgang gepflegt. So lag der Gedanke auch nicht fern, zur Förderung des Gefangenensports und zur Wiederbelebung der Betriebssportgruppe für die Bediensteten einen Sportverein ins Leben zu rufen, was am 15.12.1988 zur Gründung des „FSV Trotzdem e.V.“ führte, dessen erster Vorsitzender Herr Schikorra wurde. Diese Aufgabe hat er bis heute inne und, so wie es aussieht, wird er dafür auch noch weiterhin zur Verfügung stehen. Das damals aufgeschriebene Motto hat in all den Jahren seine volle Gültigkeit Tr§tzdem 2007 Nr. 36 JVA intern Beschränkungen der Kontakte zu anderen Menschen, Einschränkung der Eigenverantwortlichkeit und Autonomie, Ortsgebundenheit, Monotonie des Tagesablaufs, Anpassung an die Gefangenensubkultur, bietet der Sport Chancen und Möglichkeiten, die Bedingungen ein klein wenig humaner zu gestalten und für den extrem eingeschränkten Bewegungs- und Selbstverwirklichungsdrang Freiräume zu schaffen.“ Dies hatte nicht nur 1988 Gültigkeit, sondern wird auch behalten, und heute hat der Verein ca. 60 Mitglieder. N a me n s p a t i n war unsere 1986 erstmals erschienene Gefangenenzeitung „Tr§tzdem“. Eine große Veränderung brachte der Umzug unter dem seit 1991 neuen AnNiedersachsens in Uelzen 2005, die Meisterschaft bei dem Turnier der Niedersächsischen Bediensteten mannsch aften i m „siebener“ Fußball in Berlin 2005 und die Erringung der Vizemeisterschaft der „elfer“ Mannschaft in Uelzen 2006. Waren früher der Fußball, staltsleiter Herrn Koop im Jahre 2001 in die neu gebaute JVA an der Cloppenburger Straße. Jetzt gab es nicht nur großzügige Außen-Sportanlagen, die Sporthalle erlaubte den Sport auch bei jedem Wetter. Für die Gefangenen brachte es gute und saubere Verhältnisse bei der Unterbringung. In all den Jahren der Dienstzeit gab es viele Sportveranstaltungen, die lebhaft in Erinnerung geblieben sind und von denen die vielen Wimpel und Pokale zeugen. Höhepunkte waren zweifelsohne die Meisterschaft der Oldenburger Mannschaft bei dem FußballTurnier der Gefangenenmannschaften der Langstreckenlauf, das Schwimmen und das Radfahren die sportlichen Hauptaktivitäten, sind es heute das Fahrradfahren, das Schwimmen und das Walking. Das Goldene Sportabzeichen wurde so nebenbei gemacht. Für die Zukunft erhofft sich Herr Schikorra, dass der Sport seinen Stellenwert behält und das Sportprogramm voll weitergeführt werden kann, damit das weiter getragen wird, was bei der Gründung des „FSV Trotzdem e.V.“ schon der Leitgedanke war: „sportliche Interessen zu wecken und vorhandene Bedürfnisse zu befriedigen. Gerade in der massiv eingeschränkten Situation einer Inhaftierung mit all den negativen Begleiterscheinungen, wie z.B. Bewegungsunterdrückung und Bewegungsarmut, Tr§tzdem 2007 Nr. 36 in Zukunft volle Gültigkeit behalten, denn die Mauer wird ewig stehen bleiben, auch wenn der Stacheldraht von „Außen“ nicht sichtbar ist, und der Einschluss wird nach dem Tagesablauf auch ewig bleiben. Herr Schikorra freut sich nun schon auf seinen „Un-Ruhestand“, bei dem ihm dann mehr Zeit für seine Enkel und seinen Garten bleibt. Den Gefangenen wird Herr Schikorra nicht nur als Sportübungsleiter fehlen, sondern auch sein offenes Wesen, seine Kontaktfreudigkeit und nicht zuletzt seine ordnende Hand und Bezugsnähe zu den Gefangenen bei den Einkaufsprozeduren am Freitag. Ab dem 01.Mai wird die markante Stimme unseres „Schiko“, wenn er zum Sport aufruft, auf den Fluren nicht mehr zu hören sein. Die Redaktion der „Tr§tzdem“ wünscht Herrn Schikorra alles Gute für seinen Ruhestand. UM Witze „Eben habe ich Ihre Tochter mit einem jungen Mann gesehen – das war bestimmt der Student. Aber gestern knutschte sie mit einem anderen.“ – „Na und? Noch nie was von Austausch-Stundenten gehört?“ 13 Sport — Bildung — Gesundheit Toller Tischtennistag Turnier der JVAen Celle, Lingen, Meppen, Oldenburg, Salinenmoor, Sehnde und Vechta am 02.12.06 Nach zwei Jahren, in denen kein Tischtennisturnier stattfand, luden dieses Jahr die Sportkollegen der JVA Oldenburg zum Wettstreit der Gefangenenmannschaften an den grünen Tischen ein. Gemeldet hatten sich Teams aus Vechta, Meppen, Celle (Trift), Salinenmoor und Sehnde. Drei Mannschaften der JVA schaft von Oldenburg 1 knapp mit 5:4, im zweiten setzte sich Salinenmoor 2 mit 5:1 gegen Salinenmoor 1 durch. Das Finale gewann Salinenmoor 2 gegen Lingen ebenfalls klar mit 5:1. Das gleiche Ergebnis erzielte Oldenburg im Kampf um den dritten Platz gegen Salinenmoor 1. Gruppe A 1 Oldenburg 1 5 Sätze Punkte Platz 5:1 5:0 5:3 5:0 15:4 8:0 1 5:0 2:5 5:0 8:10 4:4 3 0:5 5:1 5:16 2:6 4 5:0 18:7 6:2 2 1:15 0:8 5 Vechta 0:5 0:5 Salinenmoor 1 3:5 5:2 5:0 Oldenburg 3 0:5 0:5 1:5 0:5 1 2 3 4 5 Sätze Punkte Platz 5:2 0:5 5:3 5:1 15:11 6:2 2 3:5 3:5 5:1 13:16 2:6 4 5:0 5:0 15:3 8:0 1 5:1 13:14 4:4 3 3:15 0:8 5 Gruppe B Lingen Sehnde 2:5 Salinenmoor 2 5:0 5:3 Meppen 3:5 5:3 0:5 Oldenburg 2 1:5 1:5 0:5 Das Turnier war sehr gut organisiert, mit Mittagessen, Erfrischungspaket und allem drum und dran, lief absolut freundschaftlich und mit guten sportlichen Leistungen ab. Dank dafür an die Sportkollegen, die, wie immer, einen sehr guten Job gemacht haben. Aber auch an die Gefangenen, die sich 1:5 völlig beanstandungsfrei benommen und mit viel Engagement eingebracht haben. Es hat allen Beteiligten Freude bereitet und dazu beigetragen, den tristen Gefängnisalltag ein wenig aufzuhellen. Also: Rundherum gelungen, ein Die Oldenburger Mannschaft 14 4 1:5 Oldenburg übernahmen die Rolle der Gastgeber. So konnte ein Turnier in zwei Gruppen zu je 5 Mannschaften mit Halbfinale, Finale und dem Spiel um die Plätze 3 und 4 organisiert werden. 2 und 3 die Gäste vor und belegten den 9. und 10. Platz, Vechta wurde 8., Sehnde 7., Celle 6. und Meppen 5. Im ersten Halbfinale besiegte Lingen die Mann- 3 Celle Alles unter Kontrolle Als gute Gastgeber ließen die Mannschaften von Oldenburg 2 Ehrungen Tr§tzdem 2006 Nr. 36 Grund, es nächstes Jahr in einer anderen JVA fortzuführen und nicht wieder zwei Jahre Pause zu machen. Markus Lanfer Sport — Bildung — Gesundheit Weihnachtsturniere 27 .12 .06 im- „Männersport“ Fußball mer wieder mal vorkommen, Fußball der Stationen Wie zu erwarten, wurde das „Weihnachtsturnier“, wie auch im Jahr davor, wieder stark frequentiert. Im Gegensatz zum letzten Mal, als stationsweise gespielt wurde, entschied dieses Mal das Los über die Fußball, Konstellation der Mannschaften. Als einzige waren die Teilnehmer der Leistungsg r u p p e „gesetzt“ und alle übrigen Sportler wurden zu diesen gelost, um eine ausgeglichene Kombination zu ermöglichen. Gespielt wurde im Modus „Alle ge- Die stolzen Sieger der vielgeliebte „Männersport“! wurden alle Begegnungen hart, aber fair geführt. Der Spaß und der Enthusiasmus des gemeinsamen Sporterlebnisses standen zwar eindeutig im Vordergrund, aber wie bei jedem Turnier gab es auch hier einen Sieger. Und der hieß: „Mannschaft Öner“. 2. Sieger wurde die Mannschaft „Nansink“, 3. Mannschaft „Mitic„. Die weiteren Plätze belegten die Mannschaften: Koß, Alexander und Lürig. Hakan Sag gen alle“, und die Dauer eines Spiels betrug 10 Minuten. Um das gesamte Turnier über die Bühne zu bringen, reichte natürlich ein Vormittag nicht aus, und nach einer kurzen Mittagspause, in der die Spieler auf den jeweiligen Stationen ihr Essen zu sich nehmen konn- ten, wurde das Spielgeschehen am Nachmittag fortgesetzt. Abgesehen von einigen kleinen Reibereien, die ja beim Tr§tzdem 2007 Nr. 36 15 6 0 . 2 Sport — Bildung — Gesundheit .1 Badminton 8 2 Beim diesjährigen WeihnachtsBadmintonturnier in der Sporthalle der JVA Oldenburg trafen sich einige Teilnehmer, um den kleinen Feder- Satz hatte es den Anschein, als ob Markus das Feld als sicherer Sieger verlassen würde, doch konnte Sascha das Match in den folgenden Sätzen noch drehen und als strahlender Sieger den Court verlassen. bewerb gespielt, und das hieß: Jedergegen-jeden! Wer einen Antrag geschrieben hatte, konnte daran mitwirken, was aber wohl viele verschlafen oder ignoriert haben müssen, denn anders lässt sich die etwas enttäuschende Anzahl von 7 Personen, die letztlich teilnahmen, nicht erklären. Das hielt aber die Aktiven nicht davon ab, alles, was ihr Repertoire hergab, aufzubieten, um den Besten unter sich auszumachen. Die Plätze 1 bis 4 belegten: 1. Merten 2. Schölzel 3. Sag 4. P. Für alle, die die Teilnahmemöglichkeit nicht wahrnahmen, aus welchen Gründen auch imAuf den mer, sei hiermit Plätzen folgten nochmals gesagt, Toni und Madass solche Events thias. Die Sieden sonst so zähen ger erhielten Knastalltag ein weihre Preise und nig abwechslungsverließen – Alles in Ordnung reicher machen und „glücklich zum durchaus in die MittagseinSparte „Highlight des Monats“ eingeschluss“ – die Sporthalle, um auf die ordnet werden dürfen. Und wenn du Hafträume zurückzugehen. Ein netglaubst, du bist nicht gut genug, tes Turnier. Lasse Willms dann greift der Olympische Gedanke: „Dabei sein ist alles“. Tischtennis Badminton (nicht „Federball“) ball über das Netz zu fegen. Trotz großer Motivation der Teilnehmer herrschte während des gesamten Turniers eine entspannte Atmosphäre vor, die, obwohl es einige vernichtende Niederlagen zu bewundern gab, nie zu kippen drohte. Bei allem Einsatz und Kampfgeist wurde während der gesamten Zeit der Gedanke des „Fair-Play“ nicht vergessen. Dafür ein großes Dankeschön an alle Teilnehmer. Der Höhepunkt des Turniers war sicherlich das Finale zwischen Markus und Sascha, das auf hohem Niveau stattfand und von den bereits ausgeschiedenen zuschauenden Teilnehmern mit großem Applaus begleitet wurde. Nach dem ersten 16 Hakan Sag Wie in jedem Jahr um die Weihnachtzeit fand auch am Ende des Jahres 2006 ein Tischtennisturnier in unserer JVA statt. Im Gegensatz zu dem Mannschaftswettbewerb, der am Anfang Dezember a u s g e t r a g e n e n „Niedersachsenmeisterschaften“, wurde das interne Turnier als EinzelwettTr§tzdem 2006 Nr. 36 Volle Konzentration Sport — Bildung — Gesundheit Volleyball Im Aufgebot der Weihnachtsturniere stand auch 2006 wieder ein Volleyball-Event. Bei diesem sportlichen Aufeinandertreffen konnte man sich, im Gegensatz zum Fußball- oder Tischtennisturnier, als ganze Mannschaft bewerben, so dass im Vorfeld schon in Eigeninitiative ein Team organisiert werden musste, bei dem man als Spieler auftrat. Da das Volleyball-Angebot unter der Woche in den letzten Monaten vor Weihnachten nur dürftig genutzt wurde, war es umso erstaunlicher, dass sich ganze sechs Teams einfanden. Eine Mannschaft bestand aus fünf Spielern und es wurde im Modus „Alle-gegen-alle“ gespielt, wobei ein 6 Mannschaften kämpften um die Siegerehre Den Überblick behalten Satz bis 25 Punkte ausgetragen wurde. Wie zu erraten war, machten das Team Stöcker und das Team Plescan den Gesamtsieg unter sich aus, doch nach zähem Kampf hatte dann das Team Stöcker die Nase vorn. Aber auch die anderen Mannschaften waren mit sehr viel Elan und Begeisterung am Werk und es wurde sehr viel Dynamik und Spannung in den einzelnen Begegnungen geboten. Hakan Sag Volleyball im Knast Schön anzuschauen ist es meistens nicht, wenn Inhaftierte gemeinsam Volleyball spielen. Die Technik ist oft stark verbesserungswürdig und das „Drei-MalSpielen“ wird nicht immer beherzigt. Trotzdem habe ich als Übungsleiter manchmal das Gefühl, dass Volleyball aus manchen Charakteren ganz andere Tr§tzdem 2007 Nr. 36 29 .12 .06 Menschen macht. Spieler, die sich beim Fußballturnier die Köpfe heiß reden, aggressiv spielen und jede Niederlage als persönliche Schmach empfinden, sind beim Volleyball locker und entspannt. Beim Volleyball kann man über die eigenen Fehler lachen und über missratene Aktionen der Mitspieler hinwegsehen. Gibt es Meinungsverschiedenheiten, ob ein Ball im oder außerhalb des Feldes war, einigt man sich „erwachsen“. Schiedsrichter werden nur zum Zählen der Punkte benötigt. Beim Fußball ist der Schiedsrichter immer das „Feindbild Nr. 1“, der gerade mich und meine Mannschaft benachteiligt. Und wenn er gerade mal nicht zum Sündenbock taugt, dann gibt es ja schließlich noch Mit- und Gegenspieler, die für die eigene Unzulänglichkeit zur Verantwortung gezogen werden können. Beim Volleyballturnier ist davon nichts zu sehen oder zu hören. Der eine spielt gut, der andere schlecht – was soll’s… Der Ball geht knapp über das Netz oder bleibt darin hängen – es ist nur ein Punkt… Es gibt Gewinner und Verlierer – na und… Manchmal wünscht man sich als Übungsleiter diese Gelassenheit auch in anderen Situationen des Sports, nicht nur hier im Knast. Aber vielleicht wäre es auch schnell langweilig, wenn es jeden Tag so harmonisch wäre. Und immer nur Volleyball spielen kann man schließlich auch nicht… Wilfried Dannebaum 17 6 0 . 2 Sport — Bildung — Gesundheit 1 .„Silvester“-Spinning 0 3 Am 30. Dezember 2006 um 12:30 Uhr fiel der Startschuss zum zweiten (kleinen) Spinning-Marathon im Spinningraum der Sportabteilung. Es waren 3 Stunden angesetzt. Leider war die Resonanz nicht so groß wie von mir erhofft. Ostern waren es noch 20 Teilnehmer gewesen. Es meldeten sich diesmal nur 6 Gefangene und ein Be- Unihockey Alles im Takt Was ist Spinning? Ich glaub, ich spinn, Spinning ist Indoorcycling mit speziellen Rädern. Es die fahren freiwillig wird ausschließlich in der Gruppe gefahren und das drei Stunden Rad! bei toller Musik, so dass der diensteter (Herr Schöpp) an. Trotzdem tat es der Veranstaltung keinen Abbruch. Nach einem intensiven Aufwärmen ging es dann weiter über Berg und Tal. Ein anspruchsvoller Mix aus den verschiedenen IndoorcyclingTechniken verlangte den Teilnehmern alles ab. Jumps, Gegenwind und das Überholen am Berg gehörten genauso dazu, wie das Fahren im Stehen unter Körperspannung. Nicht umsonst heißt es in der Philosophie des Indoorcycling: „Höchsten individuellen Trainingserfolg bei maximalem Spaß mit größtmöglicher gesundheitlicher Orientierung“. Alle fuhren die gesamten 3 Stunden durch. Meine Anerkennung! Es war trotz der mäßigen Beteiligung ein toller und gelungener Jahresabschluss 2006. 18 Spaßfaktor garantiert ist. Toller Nebeneffekt: Es werden bis zu 900 kcal/ Stunde verbraucht. Vielleicht habe ich ja Ihr Interesse geweckt. Kommen Sie doch vorbei. Man muss keine Sportskanone sein, um Spinning auszuüben. Sie werden sehen, dass es eine sehr schöne Sportart ist für Jung und Alt. Das neue Sportangebot der JVA Oldenburg Fünf Spieler pro Team, ausgestattet mit leichten Hockeyschlägern aus Plastik, versuchen einen kleinen Ball durch gekonnte Kombinationen im gegnerische Tor unterzubringen. Ein Sportlehrer von „draußen“ konnte den Teilnehmern das Spiel ein wenig näher bringen; beim Unihockey handelt es sich um einen fairen, ohne Körperkontakt gespielten Sport. Der Ball darf mit dem Schläger gestoppt, weitergespielt und auf das Tor geschossen werden; auch ist es erlaubt, mit dem Fuß oder der Brust den Ball zu stoppen. Es gibt keinen festen Torhüter, denn die Tore sind ohnehin schon sehr klein. Allen fünf Spielern einer Mannschaft kommt daher die Aufgabe der Offensive und Defensive gleichermaßen zu. Da es sich um einen sehr laufintensiven Sport handelt, ist es sinnvoll zu versuchen, den Ball durch schnelle Kombinationen dem gegnerischen Tor näher zu bringen. Auch gibt es hinter dem Tor kein „Aus“, sondern es besteht dort die Möglichkeit, mit Hilfe der Bande den Ball auch hinter dem Tor zu spielen. Schnelles Ein- und R. Meyer, Sportübungsleiter Auswechseln der Spieler ist sinnvoll, da das laufintensive Spiel den einen oder anderen Spieler sicherlich schnell an seine körperlichen Grenzen stoßen lässt. Trotz allem, das neue Sportangebot ist sehr gut angekommen; die Teilnehmer haben eine Menge Spaß dabei, dem kleinen Ball hinterher zu jagen, und in Zukunft werden sicherlich auch verstärkt geschickte Kombinationen und Traumtore zu bewundern sein, denn es dauert schon ein paar Übungsstunden, bis ein Jeder sich in diese für uns neue Sportart eingespielt hat. Tr§tzdem 2006 Nr. 36 Sport — Bildung — Gesundheit aufbau und gemeinsamen Ballspielen, die sowohl der Kondition wie auch dem Teamgeist dienen, vorbei sind, hat sich der Donnerstag als fester Termin für die „Rentnergang“ eingespielt. Ich mit meinen 54 Jahren habe noch nie soviel Sport getrieben wie in den letzten Monaten und muss sagen, dass es mir sehr gut bekommt. Trotzdem warte ich mit Sehnsucht auf meinen Verhandlungstermin in 2 Wochen und hoffe, dass, wenn dieser Artikel erscheint, ich mich wieder außerhalb dieser Mauern befinde. Auf jeden Fall ist es durchaus eine Alternative zum Hallenfußball und sollte ru- Will hig auch von denen, die dem Hockey eher skeptisch gegenüberstehen, einmal versucht werden. Es lohnt sich! Lasse Willms Sport für Junggebliebene Ein neues Highlight in der JVA Oldenburg! Seit Mitte Januar wird in der JVA das neue „Alten-Sport-Programm“ angeboten. Hier treffen sich jung gebliebene Bodybuilder ab 40 und eingerostete 60jährige zum Spiel um den Sport. Herr Dannebaum als Sportlehrer hatte für die erste Stunde ein kleines Aufwärmprogramm mit gymnastischen Übungen vorbereitet, um danach in der Gruppe einige Spiele mit dem Ball zu absolvieren. Obwohl bei einigen der gestandenen Männer am Anfang ein leichtes Lächeln bezüglich der leicht anzuschauenden Übungen auf den Lippen lag, war es doch am Ende so, dass alle ein wenig oder mehr in Schweiß gekommen waren und der Eine oder Andere am nächsten Tag einen leichten Muskelkater verspürte. Einige der Teilnehmer stellten dabei auch fest, dass sie Muskeln besaßen, die sie noch gar nicht kannten. Zum Schluss der Stunde wurde in gemeinsamer Runde Resümee gezogen und Vorschläge und Anregungen für das nächste Mal besprochen. Nachdem jetzt die ersten Termine mit Gymnastik, Streckübungen, Muskel- Wer rastet, der rostet – unser „Altensport“ Im zunehmenden Alter ist es wichtig, den Körper sinnvoll fit zu halten. Aus dieser Überlegung heraus bietet die JVA Oldenburg als erweitertes Sportangebot seit geraumer Zeit allen Inhaftierten ab dem 40. Lebensjahr eine besonders altersgerechte Sportgruppe an. Bestehend aus ca. 12 Teilnehmern findet sie bisher regelmäßig einmal wöchentlich in den frühen Abendstunden statt. Unter der Leitung von Herrn Dan- Witze „Nur sieben Prozent haben die letzte Unterhaltungssendung gesehen.“ – „Fein“, reibt sich der Programmchef die Hände, „dann können wir sie ja schon im nächsten Monat wiederholen!“ ________________________________________ Fängt sich einer der Boxer einen gewaltigen Haken ein und geht zu Boden. „1! 2! 3! 4!“, zählt ihn der Ringrichter an. Da schreit eine Oma: „Sie brauchen nicht weiter zu zählen. Den kenne ich aus der Straßenbahn – der steht nie auf.“ übungen, die der Gruppendynamik dienen, gemacht. Dabei kommt es vor allem darauf an, Muskeln und Sehnen zu bewegen, die im alltäglichen Bewegungsablauf selten oder gar nicht aktiviert werden. Dies führt zu einer besseren Durchblutung und unterstützt den Kreislauf positiv. Diese eingerichtete Institution erfreut sich unter den Teilnehmern großer Beliebtheit und zeigt somit auch sportlich weniger Interessierten, wie wichtig und wohltuend eine solche Art Sport sein kann. Über weitere Teilnehmer würde sich die bestehende Gruppe sicherlich freuen. Jochen Etzel An der Größe des Balls hat es nicht gelegen, wenn... … es nicht mehr so elegant aussah. nebaum werden ca. 1½ Stunden gymnastische Übungen, aber auch Konditionstraining und TeamTr§tzdem 2007 Nr. 36 19 Sport — Bildung — Gesundheit Computerführerschein können. Sie dient als Maßnahme zur Entlassungsvorbereitung. Im Computerkurs ECDL werden grundlegende Computerkenntnisse vermittelt und er schließt nach einer externen Prüfung über Internet nach jedem Lernpaket (Modul) mit einem Zertifikat ab. Der Kursus gliedert sich in die folgenden 7 Module: 1. IT Grundlagen ECDL: European Computer Driving Licence Erstmals bietet die JVA Oldenburg mit dem „Europäischen ComputerFührerschein“ eine Bildungsmaßnahme an, die den Teilnehmern eine hochwertige Zusatzqualifizierung und eine Verbesserung der beruflichen Perspektiven bringt. Der Kursus wurde für diejenigen Gefangenen eingerichtet, die ansonsten einer regelmäßigen Arbeit in der Anstalt nachgehen, persönlich geeignet sind, aktiv an den Vollzugszielen mitarbeiten und mit einer Entlassung in absehbarer Zeit rechnen 2. 3. 4. 5. 6. 7. WIN XP Textverarbeitung Tabellenkalkulation Datenbank Präsentation Internet (während des Unterrichts als Simulation) Jedes Modul umfasst 40 Unterrichtseinheiten (UE) zu je 45 Minuten, die sich unterteilen in 15 UE Unterricht am Donnerstag und Freitag jeder Woche, in 2 UE gemeinsame Übungszeit im Unterrichtsraum und 3 UE in individueller Einteilung in der Woche im Haftraum, d.h. insgesamt werden 280 Unterrichtseinheiten über ca. 5 Monate Gesamtdauer angeboten. Geleitet wird der Computerkurs von einem externen Fachlehrer der Bildungseinrichtung „Fachwerk e.V.“ und seitens der Anstalt vom Bildungsbeauftragten Herrn Dannebaum betreut. Die Teilnehmer, die aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen der Anstalt kommen, erhalten anstatt der dort individuell geregelten Entlohnung eine Ausbildungsvergütung der Lohnstufe III. Der erste Kurs startete am 15. Februar 2007. Es ist vorgesehen, eine derartige Bildungsmaßnahme zweimal jährlich stattfinden zu lassen. UM 20 Tr§tzdem 2006 Nr. 36 Schiedsrichterlehrgang Chance genutzt Wer fußballinteressiert ist und den Ehrgeiz hatte, besser als Herr Schikorra, Herr Meyer oder Herr Dannebaum Bescheid zu wissen und einfach selbst Schiedsrichter werden wollte, konnte vom 17. bis 18. und vom 24. bis 25. März 2007 in der Zeit von 9:00 bis 16:00 Uhr in der JVA Oldenburg einen Schiedsrichterlehrgang für Inhaftierte belegen. 15 Gefangene und Bedienstete haben sich die Chance nicht entgehen lassen. Am Ende des Lehrgangs stand eine theoretische Prüfung, die die erfolgreichen Teilnehmer zu lizensierten Schiedsrichtern im Niedersächsischen Fußballverband (NFV) machte. UM Elementarkurs Berufliche Grundbildung Wer noch keinen anerkannten deutschen Schulabschluss hat, kann seit Anfang März 2007 an einem von der JVA Oldenburg in Zusammenarbeit mit der Bildungseinrichtung „Fachwerk e.V.“, einem Träger der freien Jugendhilfe, 5-monatigen Kursus zur beruflichen Grundbildung teilnehmen. Das Angebot vermittelt Grundqualifikationen für den beruflichen Start in der Haft bzw. nach der Haftentlassung und teilt sich auf in: • Mathematikgrundlagen • Deutsch in Wort und Schrift • Unfallverhütungsvorschriften • Grundlagen beruflicher Bildung • Soziale Kompetenzen • Praxisübungen in den Werkbetrieben der JVA • PC-Grundkenntnisse • Sport Weitere Voraussetzung zur Teilnahme ist die aktive Mitarbeit an den Vollzugszielen. Die Teilnehmerzahl ist auf 8 Gefangene beschränkt. UM Recht & Soziales Neues zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen Rechtsvielfalt und –zersplitterung im Strafvollzug Die Föderalismusreform in Aktion Am 5. Dezember 2006 hat die Justizministerin des Landes Niedersachsen den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen vorgelegt, welches gleichzeitig sowohl den Strafvollzug, die Sicherungsverwahrung, den Jugendstrafvollzug und die Untersuchungshaft regeln soll. Formal ist dies der bisher weitgehendste Regelungsversuch: während der Entwurf eines Bayerischen Strafvollzugsgesetzes den Strafvollzug, die Sicherungsverwahrung und den Jugendvollzug umfasst, beschränken sich alle anderen bisher vorliegenden Entwürfe auf den Jugendvollzug. Nur im letzten Punkt besteht Zeitdruck, da das Bundesverfassungsgericht dafür eine Frist bis Ende 2007 gesetzt hat. Einen eigenen Entwurf eines Jugendstrafvollzugsgesetzes (E BW) hat bisher nur Baden-Württemberg vorgelegt. Dagegen versuchen zehn Bundesländer (Berlin, Bremen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) sich in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe auf einen Musterentwurf für ein Jugendstrafvollzugsgesetz zu verständigen, an den die beteiligten Bundesländer jedoch nicht streng gebunden sein sollen. Johannes Feest Leitbestimmung des bisherigen Strafvollzugsgesetzes (§10 Abs.1, 1. Halbsatz): Ein Gefangener soll mit seiner Zustimmung in einer Anstalt oder Abteilung des untergebracht werden,… Leitbestimmung des Entwurfs zum Gesetz zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen (§ 13 Abs. 1, 1. Satz:): Die Gefangenen sind in der Regel im geschlossenen Vollzug unterzubringen. Der Entwurf zum Gesetz zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen enthält 195 Paragraphen. Hier soll allerdings nur auf die aus der Sicht von Strafgefangenen wesentlichsten Regelungen eingegangen werden. Entwurf Gesetz zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen Artikel 1 Niedersächsisches Justizvollzugsgesetz (NJVollzG) Inhaltsübersicht §§ Erster Teil. Gemeinsame Bestimmungen Anwendungsbereich 1 Allgemeine Begriffsbestimmungen 2 Allgemeine Gestaltungsgrundsätze 3 Rechtsstellung der Gefangenen und Sicherungsverwahrten 4 Zweiter Teil. Vollzug der Freiheitsstrafe Erstes Kapitel. Allgemeine Vorschriften, Grundsätze Vollzugsziele 5 Mitwirkung der Gefangenen 6 Vollzug der Freiheitsstrafe in Jugendanstalten oder Jugendabteilungen 7 Zweites Kapitel. Planung und Verlauf des Vollzuges Aufnahme in die Anstalt 8 Vollzugsplanung 9 Verlegung, Überstellung, Ausantwortung 10 Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung 11 Länderübergreifende Verlegungen 12 Geschlossener und offener Vollzug 13 Lockerungen des Vollzuges 14 Ausgang, Urlaub und Ausführungen aus wichtigem Anlass 15 Weisungen, Aufhebung von Lockerungen 16 Begutachtung, Untersuchung 17 Entlassungsvorbereitung 18 Drittes Kapitel. Unterbringung, Kleidung Verpflegung und Einkauf Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit 19 Unterbringung während der Ruhezeit 20 Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz 21 Kleidung 22 Anstaltsverpflegung 23 Einkauf 24 Viertes Kapitel. Besuche, Schriftwechsel, Tele- kommunikation und Pakete Recht auf Besuch 25 Besuchsverbot 26 Besuche zum Zwecke der rechtsanwaltlichen und notariellen Beratung und Vertretung 27 Überwachung der Besuche 28 Recht auf Schriftwechsel 29 Überwachung des Schriftwechsels 30 Weiterleitung von Schreiben, Aufbewahrung 31 Anhalten von Schreiben 32 Telekommunikation 33 Pakete 34 Fünftes Kapitel. Arbeit, Aus- und Weiterbildung, Taschengeld Zuweisung 35 Freies Beschäftigungsverhältnis 36 Abschlusszeugnis 37 Arbeitspflicht 38 Freistellung von der Arbeitspflicht 39 Anerkennung von Arbeit 40 Ausbildungsbeihilfe 41 Einbehaltung von Beitragsteilen 42 Taschengeld 43 Verordnungsermächtigung 44 Sechstes Kapitel. Gefangenengelder und Kostenbeteiligung Hausgeld 45 Überbrückungsgeld 46 Eigengeld 47 Ersatzleistungen 48 Pfändungsschutz 49 Kostenbeteiligung der Gefangenen 50 Inanspruchnahme von Gefangenengeldern 51 Siebte Kapitel. Gesundheitsfürsorge Seelsorge 52 Religiöse Veranstaltungen 53 Weltanschauungsgemeinschaften 54 Achtes Kapitel. Gesundheitsfürsorge Allgemeine Bestimmungen 55 Medizinische Leistungen 56 Krankenbehandlung bei Urlaub und Ausgang 57 Leistungen, Art und Umfang 58 Ruhen der Ansprüche 59 Ärztliche Behandlung zur sozialen Eingliederung 60 Aufenthalt im Freien 61 Überstellung, Verlegung 62 Neuntes Kapitel. Freizeit Sport 63 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 NJVollzG Zeitungen und Zeitschriften 64 Hörfunk und Fernsehen 65 Besitz von Gegenständen zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung 66 Zehntes Kapitel. Durchgängige Betreuung Soziale Hilfen 67 Hilfen im Vollzug 68 Entlassungsbeihilfe 69 Elftes Kapitel. Besondere Vorschriften für den Vollzug an weiblichen Gefangenen Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschutz 70 Geburtsanzeige 71 Mütter mit Kindern 72 Zwölftes Kapitel. Sicherheit und Ordnung Grundsatz 73 Verhaltensvorschriften 74 Persönlicher Gewahrsam 75 Durchsuchung 76 Feststellung der Drogenfreiheit 77 Erkennungsdienstliche Maßnahmen 78 Lichtbilder und biometrische Daten 79 Festnahmerecht 80 Besondere Sicherungsmaßnahmen 81 Einzelhaft 82 Fesselung 83 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen 84 Ärztliche Überwachung 85 13. Kapitel. Unmittelbarer Zwang Allgemeine Voraussetzungen 86 Begriffsbestimmungen 87 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 88 Handeln auf Anordnung 89 Androhung 90 Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch 91 Besondere Vorschriften für den Schusswaffengebrauch 92 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge 93 14. Kapitel. Disziplinarmaßnahmen Voraussetzungen 94 Arten der Disziplinarmaßnahmen 95 Vollzug der Disziplinarmaßnahmen, Aussetzung zur Fortsetzung auf Seite 22 21 Recht & Soziales Übertragung der Aufgabenwahrnehmung 171 Seelsorge 172 Ärztliche Versorgung 173 Zusammenarbeit 174 Interessenvertretung der Gefangenen und Sicherungsverwahrten 175 Hausordnung 176 Dritter Abschnitt. Aufsicht und Vollstreckungsplan Aufsicht 177 Vollstreckungsplan 178 Vierter Abschnitt. Anstaltsbeiräte Bildung der Beiräte 179 Aufgaben und Befugnisse der Beiräte 180 Pflicht zur Verschwiegenheit 181 Fünfter Abschnitt. Evaluation 182 Zweites Kapitel. Datenschutz Datenverarbeitung 183 Ergänzende Bestimmungen zur Verarbeitung 184 Einrichtung automatisierter Abrufverfahren 185 Zweckbindung 186 Schutz besonderer Daten 187 Schutz der Daten in Akten und Dateien 188 Berichtigung, Löschung, Sperrung 189 Auskunft an die Betroffenen, Akteneinsicht 190 Auskunft und Akteneinsicht für wissenschaftliche Zwecke 191 Anwendung sonstiger Vorschriften des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes 192 Drittes Kapitel. Übergangs- und Schlussbestimmungen Ersetzung von Bundesrecht, unberührte Vorschriften 193 Übergangsbestimmungen 194 Einschränkung von Grundrechten 195 Fortsetzung von Seite 21 Bewährung 96 Disziplinarbefugnis 97 Verfahren 98 Ärztliche Mitwirkung 99 15. Kapitel. Aufhebung von Verwaltungsakten, Beschwerderecht Aufhebung von Verwaltungsakten 100 Beschwerderecht 101 16. Kapitel. Besondere Vorschriften für sozialtherapeutische Einrichtungen Urlaub zur Vorbereitung der Entlassung 102 Aufnahme auf freiwilliger Grundlage 103 Nachgehende Betreuung 104 Dritter Teil. Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung Ziel und Aufgabe des Vollzuges 105 Ausstattung 106 Kleidung, Wäsche, Bettzeug 107 Beschäftigung, Taschengeld 108 Entlassungsvorbereitung 109 Ergänzende Anwendung der Vorschriften des Zweiten Teils 110 Vierter Teil. Vollzug der Jugendstrafe Erstes Kapitel. Allgemeine Vorschriften, Grundsätze Vollzugsziele 111 Gestaltung und Mitwirkung 112 Ausnahme vom Jugendstrafvollzug 113 Zweites Kapitel. Planung und Verlauf des Vollzuges Aufnahme in die Anstalt 114 Vollzugsplanung 115 Unterrichtung über Verlegung oder Überstellung 116 Entlassungsvorbereitung 117 Drittes Kapitel. Unterbringung und Kleidung Unterbringung 118 Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz 119 Kleidung 120 Viertes Kapitel. Besuche, Schriftwechsel, Telekommunikation und Pakete 121 Fünftes Kapitel. Arbeit, Aus- und Weiterbildung, Gesundheitsfürsorge und Freizeit Arbeit, Aus- und Weiterbildung 122 Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen im Jugendstrafvollzug auf freiwilliger Grundlage 123 Gesundheitsfürsorge 124 Freizeit 125 Sechstes Kapitel. Unmittelbarer Zwang und Maßnahmen bei Pflichtverstößen Unmittelbarer Zwang 126 Erzieherische Maßnahmen und Disziplinarmaßnahmen 127 Siebtes Kapitel. Ergänzende Anwendung von Vorschriften des Zweiten Teils und des Strafvollzugsgesetzes 128 Fünfter Teil. Vollzug der Untersuchungshaft Erstes Kapitel. Allgemeine Vorschriften, Grundsätze Zweck der Untersuchungshaft 129 Stellung der Gefangenen 130 Zuständigkeiten und Verfahren 131 Zweites Kapitel. Vollzugsverlauf Aufnahme in die Anstalt 132 Verlegung, Überstellung, Ausantwortung 133 Vorführung, Ausführung 134 Beendigung der Untersuchungshaft 135 Drittes Kapitel. Trennung, Unterbringung, Kleidung und Einkauf Trennung 136 Unterbringung 137 Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz, Kleidung und Einkauf 138 Viertes Kapitel. Besuche, Schriftwechsel, Telefongespräche und Pakete Recht auf Besuch, Zulassung 139 Überwachung von Besuchen 140 Recht auf Schriftwechsel 141 Überwachung des Schriftwechsels 142 Anhalten von Schreiben 143 Telefongespräche 144 Verkehr mit Verteidigerinnen und Verteidigern, der Führungsaufsichtsstelle, der Bewährungs- und 22 Gerichtshilfe sowie den Anstaltsbeiräten 145 Pakete und Gegenstände in Schreiben 146 Fünftes Kapitel. Beschäftigung, Bildungsmaßnahmen, Freizeit Beschäftigung, Bildungsmaßnahmen 147 Freizeit 148 Sechstes Kapitel. Gesundheitsfürsorge und soziale Hilfen Gesundheitsfürsorge 149 Soziale Hilfen 150 Siebtes Kapitel. Sicherheit und Ordnung der Anstalt, unmittelbarer Zwang, Disziplinarmaßnahmen 151 Achtes Kapitel. Junge Gefangene Anwendungsbereich 152 Gestaltung des Vollzuges 153 Unterbringung 154 Besuche, Schriftwechsel, Telefongespräche und Pakete 155 Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit 156 Gesundheitsfürsorge 157 Erzieherische Maßnahmen und Disziplinarmaßnahmen 158 Ergänzende Anwendung der übrigen Vorschriften des Fünften Teils 159 Neuntes Kapitel. Rechtsbehelfe Antrag auf gerichtliche Entscheidung 160 Anfechtung gerichtlicher Entscheidungen 161 Zehntes Kapitel. Ergänzende Anwendung von Vorschriften des Zweiten und Vierten Teils 162 Sechster Teil. Vollzugsorganisation, Datenschutz, Übergangs- und Schlussbestimmungen Erstes Kapitel. Vollzugsorganisation Erster Abschnitt. Allgemeine Zuständigkeiten, innere Gliederung und Ausstattung der Anstalten Allgemeine Zuständigkeiten 163 Zweckbestimmung der Anstalten 164 Trennung 165 Gestaltung, Differenzierung und Organisation der Anstalten 166 Belegungsfähigkeit und Ausstattung der Räume 167 Unternehmerbetriebe 168 Zweiter Abschnitt. Wahrnehmung der Aufgaben der Vollzugsbehörden Anstaltsleitung 169 Aufgabenwahrnehmung durch Vollzugsbedienstete 170 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Exkursion Europäische Maßstäbe für den Justizvollzug Johannes Feest (Auszugsweise entnommen aus ZfStrVo 5 / 06) Am 11.1.2006 hat das Ministerkomitee des Europarates eine Neufassung der European Prison Rules (Europäische Gefängnisregeln) beschlossen. Bei den Europäischen Gefängnisregeln handelt es sich um Empfehlungen ohne Rechtscharakter und sie sind in den 1970er-Jahren in einer ersten Fassung entstanden. In Deutschland wurden sie wenig zur Kenntnis genommen, da parallel dazu das nationale Strafvollzugsgesetz entstand. Außerhalb Deutschlands haben die Europäischen Gefängnisregeln von Anfang an größere Bedeutung gehabt, wenn und so lange keine nationalen Vollzugsgesetze vorhanden waren (etwa in Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden). Noch größer ist der Einfluss und Bekanntheitsgrad der Europäischen Gefängnisregeln in den neuen Mitgliedstaaten des Europarates, bei denen sie teilweise direkt in die neuen Strafvollzugsgesetze übernommen worden sind (z.B. Litauen). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist mittlerweile dazu übergegangen, sich auf die Europäischen Gefängnisregeln zu beziehen, wenn er das Folterverbot des Art. 3 Recht & Soziales EKMR näher bestimmen will. Ein Vergleich der aktuellen Neufassung der Europäischen Gefängnisregeln mit der vorhandenen Fassung des StVollzG (1987) zeigt einige bemerkenswerte Verbesserungen für die Gefangenen. Im Übrigen gehen die europäischen Mindeststandards jetzt in einigen Punkten deutlich über das StVollzG hinaus. Zu den Grundprinzipien der Empfehlungen zählen: R 4: Mittelknappheit ist keine Rechtfertigung für Vollzugsbedingungen, die gegen die Menschenrechte von Gefangenen verstoßen. R 5: „Das Leben in der Vollzugsanstalt ist den positiven Aspekten des Lebens in der Gesellschaft so weit als möglich anzugleichen.“ R 102.2: Verbot zusätzlicher Strafverschärfungen: „Die Freiheitsstrafe ist allein durch den Entzug der Freiheit eine Strafe an sich und der Vollzug für Strafgefangene darf daher die damit zwangsläufig verbundenen Leiden nicht verstärken.“ In der nachfolgenden Wiedergabe einzelner Bestimmungen des Entwurfes des Gesetzes zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen sind die zu den jeweiligen Bestimmungen vergleichbaren Europäischen Gefängnisregeln (sinngemäß, frei übersetzt) in den Vergleich gestellt worden. UM Die Paragraphen: eine Auswahl! § 5 Vollzugsziele Im Vollzug der Freiheitsstrafe sollen die Gefangenen fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Zugleich dient der Vollzug der Freiheitsstrafe dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. Die Strafhaft Anmerkung Tr§tzdem: Die gewählte Formulierung sollte dazu R 102.1: Vollzugsziel: „Darüber hinaus soll der Vollzug (regime) für Strafgefangne so gestaltet führen, dass der geschlossene Vollzug werden, dass diese in die Lage versetzt werden, ein verantwortliches und straffreies nach § 13 nur so lange aufrecht erhalten Leben zu führen.“ wird, wie das für die Resozialisierungsmaßnahmen unerlässlich ist. § 6 Mitwirkung der Gefangenen (1) Die Gefangenen sollen an der Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 mitwirken. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern. (2) Den Gefangenen sollen gezielt Maßnahmen angeboten werden, die ihnen die Chance eröffnen, sich nach Verbüßung der Strafe in der Gesellschaft einzugliedern, soweit sie solcher Maßnahmen bedürfen und diese für sich nutzen können. Kann der Zweck einer solchen Maßnahme nicht erreicht werden, insbesondere, weil die Gefangenen nicht hinreichend daran mitarbeiten, soll sie beendet werden. § 9 Vollzugsplanung (1) Für die Gefangenen ist eine Vollzugsplanung durchzuführen. Bei Gefangenen mit einer Vollzugsdauer von über einem Jahr sind Vollzugspläne mit individuellen vollzuglichen Maßnahmen zu erstellen. (2) Zur Vorbereitung des Vollzugsplanes werden nach der Aufnahme Daten zur Persönlichkeit und zu den Lebensverhältnissen der Gefangenen erhoben. Die Untersuchung erstreckt sich auf die Ursachen der Straftaten und andere Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Förderung der Gefangenen im Vollzug, insbesondere durch schulische oder berufliche Aus- und Weiterbildung oder verhaltensverändernde Maßnahmen und für die Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung notwendig ist. (3) Der Vollzugsplan ist mit der Entwicklung der Gefangenen und weiteren Erkenntnissen zu ihrer Persönlichkeit, insbesondere ihre Bereitschaft, an der Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 mitzuarbeiten, in Einklang zu halten und fortzuschreiben. Hierfür sind im Vollzugsplan angemessene Fristen vorzusehen. (4) Zur Aufstellung und Fortschreibung des Vollzugsplans werden Konferenzen mit den an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten durchgeführt. (5) Die Vollzugsplanung wird mit dem Gefangenen erörtert. Anmerkung Tr§tzdem: Dies ist die Kernbestimmung für den n i e d e r s ä c h s i s c h e n „Chancenvollzug“. Aus der bisherigen „Bringschuld“ der Vollzugsbehörde ist eine „Holschuld“ des Gefangenen geworden. Anmerkung Tr§tzdem: Im bisherigen StVollzG § 7 war aufgelistet, über welche Behandlungsmaßnahmen mindestens Angaben zu machen waren. Dies fehlt im Entwurf. So z.B. über: 1. die Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug, 2. die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt, 6. besondere Hilfs– und Behandlungsmaßnahmen, 7. Lockerungen des Vollzuges und 8. notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung Der Gesetzentwurf bleibt damit weit hinter den Intentionen des bestehenden R 103.2: Nach der Aufnahme in die Anstalt soll so bald wie möglich ein Vollzugsplan (sentense Gesetzes, das die Resozialisierung in den plan) erstellt werden; an dessen Erstellung und Fortschreibung sollen die Gefangenen Vordergrund stellt, zurück. beteiligt werden. Tr§tzdem 2007 Nr. 36 23 Recht & Soziales Anmerkung Tr§tzdem: Mit der Föderalisierung des Justizvollzuges ist hoffentlich kein zusätzliches Hemmnis für eine heimatnahe Verlegung geschaffen worden. § 12 Länderübergreifende Verlegungen (1) Gefangene können mit Zustimmung des Fachministeriums in eine Vollzugseinrichtung eines anderen Landes verlegt werden, wenn die in diesem Gesetz geregelten Voraussetzungen für eine Verlegung vorliegen und die zuständige Behörde des anderen Landes der Verlegung in die dortige Vollzugseinrichtung zustimmt. Dabei ist darauf hinzuwirken, dass die nach diesem Gesetz erworbenen Ansprüche der Gefangenen, die der Verwirklichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 dienen, in angemessener Weise entweder durch das Land abgegolten werden oder gewährleistet ist, dass in dem anderen Land eine angemessene Anerkennung erfolgt. (2) Gefangene aus einer Vollzugseinrichtung eines anderen Landes können mit Zustimmung des Fachministeriums in einer Vollzugseinrichtung des Landes aufgenommen werden. Ansprüche, die die Gefangenen im Geltungsbereich des anderen Landes erworben haben und die der Verwirklichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 dienen, sind angemessen anzuerkennen, soweit die Ansprüche nicht durch das andere Land abgegolten werden. R 17.1: Gefangene sollen heimatnah untergebracht werden § 13 Geschlossener und offener Vollzug Anmerkung Tr§tzdem: Mit dieser neuen Regelung im Gesetzent- (1) Die Gefangenen sind in der Regel im Geschlossenen Vollzug unterzubringen. § 178 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt. wurf wird der Paradigmenwechsel besonders deutlich. Im bisherigen Strafvollzugsgesetz (§ 10 Abs.1, 1. Halbsatz) stand: Ein Gefangener soll mit seiner Zustimmung in einer Anstalt oder Abteilung des offenen Vollzuges untergebracht werden,… (2) Gefangene sollen im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges genügen und namentlich nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeit des Vollzuges zu Straftaten missbrauchen werden. (3) Gefangene, die sich im offenen Vollzug befinden, sollen im geschlossenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie den Anforderungen nach Absatz 2 nicht genügen oder es zur Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Abs. 1 erforderlich ist. (lt. Duden: „Paradigmenwechsel“: Wechsel von einer Grundauffassung zur anderen) Anmerkung Tr§tzdem: Das Instrument der Lockerungen wurde in der Vergangenheit entgegen dem Wortlaut und der Intention des bestehenden Gesetzes durch exekutive Eingriffe sehr restriktiv gehandhabt. Mit der neuen Regelung ist eine weitere Begrenzungsmöglichkeit in die Hand der Vollzugsverwaltung gelegt. Die Einschränkungen, wie sie in Abs. 3 genannt sind, kennt das derzeit gültige StVollzG nicht. In Niedersachsen wurde allerdings schon nach den restriktiven Regelungen der NAV Nr. 1, 2 und 4 zu § 11 StVollzG verfahren. Positiv ist zu bewerten, dass jetzt die Lockerungsregeln für die Gefangenen mit lebenslanger Freiheitsstrafe im Gesetz stehen und nicht nur in VVs oder NAVs. § 14 Lockerungen des Vollzuges (1) Als Lockerungen des Vollzuges kann namentlich angeordnet werden, dass die Gefangenen 1. außerhalb der Anstalt regelmäßig einer Beschäftigung unter Aufsicht (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht Vollzugsbediensteter (Freigang) nachgehen dürfen, 2. für eine bestimmte Tageszeit die Anstalt unter Aufsicht (Ausführung) oder ohne Aufsicht Vollzugsbediensteter (Ausgang) verlassen dürfen oder 3. bis zu 21 Kalendertage im Vollstreckungsjahr beurlaubt werden. (2) Diese Lockerungen dürfen zur Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 mit Zustimmung der Gefangenen angeordnet werden, wenn nicht zu befürchten ist, dass die Gefangenen sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Lockerungen zu Straftaten missbrauchen werden. (3) Im geschlossenen Vollzug sollen Ausgang und Freigang erst angeordnet werden, wenn hinreichende Erkenntnisse über den Gefangenen vorliegen, auf Grund derer verlässlich beurteilt werden kann, ob die Voraussetzungen des Absatzes 2 im Einzelfall gegeben sind; dabei sind die Vollzugsdauer und die Länge des davon bereits verbüßten Teils zu berücksichtigen. Urlaub soll erst angeordnet werden, wenn sich die Gefangenen im Ausgang oder Freigang bewährt haben. (4) Zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Gefangene können beurlaubt werden, wenn sie sich einschließlich einer vorhergehenden Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung zehn Jahre im Vollzug befunden haben oder wenn sie in den offenen Vollzug verlegt worden sind; für Ausgang und Freigang gilt in der Regel eine Sperrfrist von acht Jahren. (5) Den Gefangenen, die sich für den offenen Vollzug eignen, aus besonderen Gründen aber in einer Einrichtung des geschlossenen Vollzuges untergebracht sind, können nach den für den offenen Vollzug geltenden Vorschriften Lockerungen gewährt werden. (6) Durch den Urlaub wird die Strafvollstreckung nicht unterbrochen. R 103.6: „Ein System von Lockerungen soll integraler Bestandteil des Vollzuges bei Strafgefangenen sein.“ 24 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Recht & Soziales § 18 Entlassungsvorbereitung (1) Um die Entlassung vorzubereiten, soll der Vollzug gelockert werden (§ 14). (2) Die Gefangenen können in eine Einrichtung des offenen Vollzuges verlegt werden, wenn dies der Vorbereitung der Entlassung dient. (3) Innerhalb von 3 Monaten vor der Entlassung kann zu deren Vorbereitung Sonderurlaub bis zu einer Woche gewährt werden. § 14 Abs. 2 und 6 sowie § 16 gelten entsprechend. (4) Freigängerinnen und Freigängern (§ 14 Abs. 1 Nr. 1) kann innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung Sonderurlaub bis zu sechs Tagen im Monat gewährt werden. § 14 Abs. 2 und 6 sowie § 16 gelten entsprechend. Absatz 3 Satz 1 findet keine Anwendung. Anmerkung Tr§tzdem: Spätestens zur Entlassungsvorbereitung sind Lockerungen unerlässlich. Wenn allerdings wenig für die Resozialisierung getan wurde, kann die mit Lockerungen verbundene Zielsetzung wenig Wirkung entfalten. R 107.1: „Strafgefangene (sollen) rechtzeitig vor der Entlassung durch spezielle Programme unterstützt werden, welche ihnen den Übergang aus dem Gefängnis zu einem straffreien Leben in der Gesellschaft ermöglichen“. § 20 Unterbringung während der Ruhezeit (1) Gefangene sollen während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht werden. Mit Zustimmung können Gefangene auch während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist. (2) Auch ohne Zustimmung der Gefangenen ist eine gemeinsame Unterbringung zulässig, sofern sie hilfsbedürftig sind, eine Gefahr für Leben und Gesundheit besteht oder die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern. Anmerkung Tr§tzdem: Es sollte zu einer Selbstverständlichkeit werden, dass jeder Gefangene ein Anrecht auf einen Einzelhaftraum hat. Dagegen könnten nur Gefahren für Leben und Gesundheit stehen. Mittelknappheit ist keine (darf keine) Rechtfertigung für R 18.5: Gefangene sollen „normalerweise während der Nacht in Einzelzellen untergeandere Vollzugsbebracht werden, es sei denn, sie ziehen es vor, gemeinsam untergebracht zu wer- dingungen (sein). den“ § 21 Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz Die Gefangenen dürfen ihren Haftraum mit Erlaubnis in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Die Erlaubnis kann versagt oder widerrufen werden, soweit Sachen die Übersicht des Haftraumes oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt beeinträchtigen. Anmerkung Tr§tzdem: Leider enthält der Gesetzentwurf keine Angaben über eine Mindestausstattung. § 22 Kleidung (1) Die Gefangenen dürfen eigene Kleidung tragen, wenn sie für Reinigung und Instandsetzung auf eigene Kosten sorgen. (2) Die Anstaltsleitung kann das Tragen von Anstaltskleidung allgemein oder im Einzelfall anordnen, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist. Anmerkung Tr§tzdem: Im nahen europäischen Ausland sind Regelungen vorhanden, nach denen auch für eigene Bekleidung eine unentgeltliche Nutzung der Reinigungseinrichtungen besteht. Auch Niedersachsen sollte sich dem europäischen Standard anpassen. R 20.1: Gefangene können grundsätzlich eigene Kleidung tragen und Anstaltskleidung wird nur gestellt, wenn sie über keine brauchbare Kleidung verfügen § 24 Einkauf (1) Die Gefangenen können sich aus einem von der Vollzugsbehörde vermittelten Angebot Nahrungs- und Genussmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen. Zusätzlich dürfen die Gefangenen dreimal jährlich in angemessenem Umfang einkaufen (Zusatzeinkauf); hierfür kann ein Höchstbetrag festgesetzt werden. Es soll für ein Angebot gesorgt werden, das auf die Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt. (2) Gegenstände, die die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährden, können vom Einkauf ausgeschlossen werden. In Krankenhäusern und Krankenabteilungen kann der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genussmittel auf ärztliche Anordnung allgemein untersagt oder eingeschränkt werden. Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Anmerkung Tr§tzdem: Der wöchentliche Einkauf ist der Höhepunkt der Gefangenenwoche. Die Unmittelbarkeit des direkten Einkaufs kann durch nichts ersetzt werden und gehört zu den nicht verlustig gehen dürfenden sozialen Kompetenzen, insbesondere für alle, die sich auf den Stationsküchen als Hobbyköche selbst versorgen. 25 Recht & Soziales Anmerkung Tr§tzdem: Wer eine Resozialisierung will, muss auch eine großzügige Besuchsregelung zulassen. Dies gilt insbesondere für Besuche von Familienangehörigen. § 25 Recht auf Besuch (1) Gefangene dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens eine Stunde im Monat. (2) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von den Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung der Gefangenen aufgeschoben werden können. (3) Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt können die Zulassung einer Person zum Besuch von ihrer Durchsuchung abhängig gemacht und die Anzahl der gleichzeitig zu einem Besuch zugelassenen Personen beschränkt werden. R 60.4: „Disziplinarmaßnahmen dürfen niemals zu einem totalen Verbot von Familienkontakten führen.“ Anmerkung Tr§tzdem: Die ständige Überwachung des Schriftwechsels bedeutet eine wesentliche Beeinträchtigung der freien Meinungsäußerung, die über die Sicherheitsbedürfnisse einer Haftanstalt oft weit hinaus geht. Es ist zu hoffen, dass die Verwaltungs– und Ausführungsvorschriften den unbelasteten Schriftwechsel zwischen Angehörigen nicht unmöglich machen. § 30 Überwachung des Schriftwechsels (1) Der Schriftwechsel der Gefangenen darf überwacht werden, soweit es zur Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist. (2) Nicht überwacht werden Schreiben der Gefangenen an Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie an deren Mitglieder, wenn die Schreiben an die Anschriften dieser Volksvertretungen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. Entsprechendes gilt für Schreiben an das Europäische Parlament und dessen Mitglieder, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die Europäische Kommission für Menschenrechte, den Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder. Schreiben der in den Sätzen 1 und 2 genannten Stellen, die an die Gefangenen gerichtet sind, werden nicht überwacht, wenn die Identität der Absender zweifelsfrei feststeht. Anmerkung Tr§tzdem: Ohne ständige und direkte Kommunikation kann eine soziale Beziehung nicht leben. Wer dies gravierend behindert, weil er Straf– und U-Haft zusammenlegen will, nimmt den Gefangenen nicht nur die Freiheit, sondern auch ihre Resoz i a l i s i e r u n g sfähigkeit. Der Blick ins nahe Ausland zu den dort praktizierten liberalen Regelungen täte Not. § 33 Telekommunikation (1) In dringenden Fällen kann den Gefangenen gestattet werden, Telefongespräche zu führen. Die Vorschriften über den Besuch gelten entsprechend. Ist die Überwachung der Unterhaltung erforderlich, ist die beabsichtigte Überwachung der anrufenden Person unmittelbar nach Herstellung der Verbindung durch die Vollzugsbehörde oder den Gefangenen mitzuteilen. Die Gefangenen sind rechtzeitig vor Beginn der Unterhaltung über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht nach Satz 3 zu unterrichten. Die Unterhaltung kann zeitversetzt überwacht und zu diesem Zweck gespeichert werden. (2) Den Gefangenen kann allgemein gestattet werden, Telefongespräche zu führen, wenn sie sich mit den Nutzungsbedingungen der Vollzugsbehörde einverstanden erklären. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend. (3) Mit Zustimmung des Fachministeriums kann die Vollzugsbehörde den Gefangenen auch die Nutzung anderer Formen der Telekommunikation gestatten, wenn sichergestellt ist, dass hierdurch nicht die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wird. Die Vorschriften über den Besuch oder den Schriftwechsel gelten entsprechend. Anmerkung Tr§tzdem: Pakete von Angehörigen dienen dem Gefangenen nicht nur zur Deckung seiner besonderen Bedürfnisse, sondern sind Ausdruck der Verbundenheit und der Wertschätzung unter Familienangehörigen. Mit der geplanten Regelung werden die sozialen Beziehungen weiter eingeschränkt. Die Regelung kann auch als Synonym für die mangelnde Unterstützungsbereitschaft der Gesetzentwurfsverfasser zur Resozialisierung von Gefangenen betrachtet werden. § 34 Pakete (1) Der Empfang von Paketen bedarf der Erlaubnis. Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln sowie mit Gegenständen, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, sind ausgeschlossen. (2) Eingehende Pakete sind in Gegenwart der Gefangenen zu öffnen. Ausgeschlossene Gegenstände sind zur Habe zu nehmen, zurückzusenden oder, wenn es erforderlich ist, zu vernichten. Die Maßnahmen werden den Gefangenen mitgeteilt. (3) Der Empfang von Paketen kann vorübergehend versagt werden, wenn dies wegen Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist. (4) Den Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Ihr Inhalt kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überprüft werden. X 26 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Recht & Soziales § 38 Arbeitspflicht (1) Die Gefangenen sind verpflichtet, eine ihren körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit oder arbeitstherapeutische Beschäftigung auszuüben, zu deren Verrichtung sie aufgrund ihres körperlichen Zustandes in der Lage sind. Sie können jährlich bis zu drei Monaten zu Hilfstätigkeiten in der Anstalt verpflichtet werden, mit ihrer Zustimmung auch darüber hinaus. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Gefangene, die über 65 Jahre alt sind. (2) Gefangene haben vorrangig zu arbeiten oder an schulischen oder beruflichen Maßnahmen teilzunehmen. Aus wichtigem Grund kann hiervon abgewichen werden. Anmerkung Tr§tzdem: Hier ändert sich die Gesetzeslage nicht. Bei Gefangenen besteht im Allgemeinen auch ein Arbeitsinteresse. Eine Arbeitspflicht geht aber über den mit der Freiheitsstrafe verbundenen Entzug der Freiheit hinaus und ist daher abzulehnen. Dem Gedanken sind andere europäische Staaten gefolgt. R 28.4: „Erziehung soll keinen geringeren Status im Gefängnis haben als Arbeit und die Gefangenen dafür weder finanzielle noch sonstige Nachteile erleiden, wenn sie an Erziehungsmaßnahmen teilnehmen.“ R 105.3: Wenn Strafgefangene zur Arbeit verpflichtet sind (was die Europäischen Gefängnisregeln nicht vorschreiben), müssen die Arbeitsbedingungen den Maßstäben und Kontrollen entsprechen, die außerhalb des Gefängnisses gelten. § 42 Einbehaltung von Beitragsteilen Soweit die Vollzugsbehörde Beiträge an die Bundesagentur für Arbeit zu entrichten hat, hat sie von dem Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe einen Betrag einzubehalten, der dem Anteil der Gefangenen am Beitrag entspräche, wenn sie diese Bezüge als Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer erhielten. Anmerkung Tr§tzdem: Durch die Nichtversicherung bei der Rentenversicherung erweist sich die R 27.17: Es wird empfohlen, die arbeitenden Gefangenen „soweit wie möglich in das Nichtzahlung der Beiträge als eine nationale Sozialversicherungssystem einzubeziehen“ „resozialisierungsfeindliche Spätfolge der Freiheitsstrafe“, denn diese fehlen bei der späteren Rentenberechnung. § 61 Aufenthalt im Freien Arbeiten die Gefangenen nicht im Freien, so wird ihnen täglich mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien ermöglicht, wenn die Witterung dies zu der festgesetzten Zeit zulässt. R 25.2: „Allen Gefangenen (wird) erlaubt, so viele Stunden pro Tag außerhalb ihrer Zelle zu verbringen, wie es für ein akzeptables Niveau menschlicher und sozialer Interaktion erforderlich ist.“ Anmerkung Tr§tzdem: Leider fehlt eine Regelung, wie sie die Europäischen Gefängnisregeln kennen. Zudem sind im nahen europäischen Ausland großzügigere Regeln üblich. Die U-Haft § 129 Zweck der Untersuchungshaft Der Vollzug der Untersuchungshaft dient dem Zweck, durch sichere Unterbringung der Beschuldigten die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und den in den gesetzlichen Haftgründen zum Ausdruck kommenden Gefahren zu begegnen. § 130 Stellung der Gefangenen (1) Die Gefangenen gelten als unschuldig. (2) Annehmlichkeiten und Beschäftigungen dürfen sie sich im Rahmen der Vorschriften dieses Teils auf ihre Kosten verschaffen. (3) Im Vollzug der Untersuchungshaft können den Gefangenen über § 4 Satz 2 hinaus Beschränkungen ihrer Freiheit auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft erfordert. (4) Absatz 3 gilt auch, wenn Untersuchungshaft zum Zwecke der Vollstreckung einer anderen freiheitsentziehenden Maßnahme unterbrochen oder gegen Gefangene oder Sicherheitsverwahrte in anderer Sache Untersuchungshaft abgeordnet wird. § 148 Abs. 2 und 148 a der Strafprozessordnung sind anzuwenden. Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Anmerkung Tr§tzdem: In § 4 Satz 2 heißt es: Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, können ihnen die Beschränkungen (den Gefangenen) auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich sind. Da Straf– und U-Häftlinge oft gemeinsam untergebracht sind, kumulieren vielfach die jeweiligen Beschränkungen 27 Recht & Soziales Anmerkung Tr§tzdem: Die gemeinsame Unterbringung von Untersuchungsgefangenen mit Strafgefangenen ist problematisch, da die für die jeweilige Gruppe geltenden Restriktionen kumulativ wirken können. § 136 Trennung Soweit es der Zweck der Untersuchungshaft erfordert, ist die Trennung von einzelnen Gefangenen anzuordnen, insbesondere solchen, die der Täterschaft, Teilnahme, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei bezüglich derselben Tat verdächtig oder bereits abgeurteilt sind oder als Zeuginnen oder Zeugen in Betracht kommen. § 165 bleibt unberührt. § 137 Unterbringung (1) Gefangene sollen während der Ruhezeit in ihren Hafträumen alleine untergebracht werden. Mit ihrer Zustimmung können sie mit Gefangenen, auch anderer Haftarten, gemeinsam untergebracht werden. Auch ohne ihre Zustimmung ist eine gemeinsame Zustimmung zulässig, sofern Gefangene hilfsbedürftig sind oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit Gefangener besteht oder die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern. (2) Den Gefangenen kann Gelegenheit gegeben werden, sich außerhalb der Ruhezeit in Gemeinschaft mit anderen Gefangenen, auch anderer Haftarten, aufzuhalten. (3) Vor einer Entscheidung nach Absatz 1 Sätze 2 und 3 oder Absatz 2 ist die Staatsanwaltschaft anzuhören. (4) Soweit es der Zweck der Untersuchungshaft oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordern, kann die gemeinschaftliche Unterbringung während der Ruhezeit und der gemeinschaftliche Aufenthalt außerhalb der Ruhezeit ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Anmerkung Tr§tzdem: Auch die unterschiedlichen Regeln für Ausstattung des Haftraumes, persönlichen Besitz, Kleidung und Einkauf führen zu Unverträglichkeiten bei gemeinsamer U n te r b r in g un g von Straf– und U-Haft. Nach dem derzeit gültigen Tagessatz beträgt der monatlich mögliche Einkaufsbetrag 176,40 Euro § 138 Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz, Kleidung und Einkauf (1) Die Gefangenen dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten, die ihnen mit Zustimmung oder auf Vermittlung der Vollzugsbehörde überlassen worden sind. (2) Die Gefangenen dürfen eigene Kleidung, eigenen Wäsche und eigenes Bettzeug benutzen, wenn Gründe der Sicherheit nicht entgegenstehen und sie für Reinigung und Instandsetzung auf eigene Kosten sorgen. (3) Die Gefangenen dürfen aus einem von der Vollzugsbehörde vermittelten Angebot regelmäßig in angemessenem Umfang Nahrungs- und Genussmittel sowie Gegenstände des persönlichen Bedarfs kaufen. Die Ausgaben für Einkäufe sollen monatlich den 30fachen Tagessatz der Eckvergütung (§ 147 Abs. 3 Satz 2) nicht übersteigen. Es soll für ein Einkaufsangebot gesorgt werden, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt. (4) Soweit es der Zweck der Untersuchungshaft oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert, können 1. die Rechte aus Absatz 2 ausgeschlossen oder eingeschränkt und 2. die in Absatz 1 und Absatz 3 Satz 1 genannten Rechte eingeschränkt werden. § 139 Recht auf Besuch, Zulassung Anmerkung Tr§tzdem: Es ist zu hoffen, dass das Genehmigungs- (1) Zum Besuch bei einzelnen Gefangenen wird nur zugelassen, wer über eine Besuchserlaubnis (Einzel- oder Dauerbesuchserlaubnis) verfügt; im Übrigen gilt für das verfahren nicht zu lange dauert. Recht der Gefangene auf Besuch § 25 entsprechend. (2) Über die Besuchserlaubnis entscheidet das Gericht. Es kann die Erlaubnis versagen oder von der Befolgung von Weisungen abhängig machen, wenn es der Zweck der Untersuchungshaft oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert. Bei nachträglichem Eintreten oder Bekanntwerden solcher Umstände kann die Erlaubnis aufgehoben oder beschränkt werden. Anmerkung Tr§tzdem: In der Vollzugspraxis besteht bei gemeinsamer Unterbringung die Neigung, die Überwachungsregeln auch auf die Strafgefangenen ausAnmerkung Tr§tzdem: Die Gefangenen sollten fast immer über das Anhalten von Schreiben informiert werden. 28 § 141 Recht auf Schriftwechsel (1) Die Gefangenen dürfen nach den Vorschriften dieses Teils Schreiben absenden und empfangen. (2) Die Kosten des Schriftverkehrs tragen die Gefangenen. Bei bedürftigen Gefangenen kann die Vollzugsbehörde auf Antrag Kosten in angemessenem Umfang übernehmen. § 143 Anhalten von Schreiben (1) Schreiben können angehalten werden, wenn es der Zweck der Untersuchungshaft oder die Sicherheit oder Ordnung einer Anstalt erfordert. Im Übrigen gilt § 32 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 entsprechend. Über das Anhalten von Schreiben entscheidet die für die Textkontrolle zuständige Stelle. (2) Entscheidungen nach Absatz 1 sind den betroffenen Gefangenen mitzuteilen. Hiervon kann vorübergehend abgesehen werden, wenn es der Zweck der Untersuchungshaft oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert. (3) Soweit angehaltene Schreiben nicht nach den §§ 94 und 98 der Strafprozessordnung beschlagnahmt werden, werden sie an die absendende Stelle zurückgegeben Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Recht & Soziales oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, bei der anhaltenden Stelle verwahrt. § 144 Telefongespräche (1) Den Gefangenen kann es mit Erlaubnis des Gerichts und der Vollzugsbehörde gestattet werden, über den Festnetzanschluss der Anstalt Telefongespräche zu führen. Das Gericht kann die Erlaubnis zur Abwehr einer Verdunkelungsgefahr versagen. Die Vollzugsbehörde kann die Erlaubnis versagen, soweit der Zweck der Untersuchungshaft im Übrigen, die Sicherheit, Ordnung oder die räumlichen, personellen oder organisatorischen Verhältnisse der Anstalt entgegenstehen. (2) § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 1 bis 4 und 6, § 141 Abs. 2 sowie § 33 Abs. 1 Sätze 3 und 4 gelten entsprechend. § 147 Beschäftigung, Bildungsmaßnahmen (1) Die Gefangenen sind nicht zur Arbeit verpflichtet. (2) Ihnen soll auf Nachfrage nach Möglichkeit Arbeit oder eine Hilfstätigkeit in der Anstalt angeboten werden. (3) Bei Ausübung einer angebotenen Arbeit oder Hilfstätigkeit erhalten die Gefangenen ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung sind fünf vom Hundert der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches zu Grunde zu legen (Eckvergütung). § 40 Abs. 3 und 5 sowie §§ 42 und 44 gelten entsprechend. (4) Geeigneten Gefangenen soll auf ihre Kosten Gelegenheit zum Erwerb oder zur Verbesserung schulischer oder beruflicher Kenntnisse gegeben werden, soweit es die Möglichkeiten der Vollzugsbehörde und die besonderen Bedingungen der Untersuchungshaft zulassen. Anmerkung Tr§tzdem: Die gemeinsame Unterbringung von Straf– und Untersuchungsgefangenen führt zu undifferenzierten Regelungen in der Haftanstalt. Es fehlen genauere Angaben. Anmerkung Tr§tzdem: Die Verbesserung der schulischen und beruflichen Ausbildung sollte für den Gefangenen kostenlos sein. Gerade die Ausbildungsdefizite begünstigen oft den Weg in die Kriminalität. Wer resozialisieren will, sollte intensiv ausbilden. § 148 Freizeit Für die Gestaltung der Freizeit der Gefangenen gelten die §§ 63 bis 66 entsprechend mit der Maßgabe, dass die sich daraus ergebenden Möglichkeiten und Rechte auch eingeschränkt und aufgehoben werden können, wenn der Zweck der Untersuchungshaft gefährdet wird. § 167 Belegungsfähigkeit und Ausstattung der Räume (1) Das Fachministerium setzt die Belegungsfähigkeit sowie die Zahl der Einzel- und Gemeinschaftsräume für die Anstalt fest. (2) Räume für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume müssen zweckentsprechend ausgestattet und für eine gesunde Lebensführung ausreichend mit Heizung, Lüftung, Boden- und Fensterfläche ausgestattet sein. Die Anstalt Anmerkung Tr§tzdem: Der Gesetzentwurf enthält leider keine Angaben über Mindestgrößen der Räume und deren Mindestausstattung. Die Fotos aus der JVA Oldenburg sind dem Bildband „Innenwelten“ von Robert Geipel entnommen. R 18.3: Die Mindestgröße der Räume muss im nationalen Recht festgelegt werden. R 19.3: „Gefangene sollen jederzeit Zugang zu Toiletten haben, welche hygienisch sind und die Privatheit respektieren“ § 179 Bildung der Beiräte (1) Bei den Anstalten sind Beiräte zu bilden. (2) Vollzugsbedienstete dürfen nicht Mitglied eines Beirates sein. Anmerkung Tr§tzdem: Leider haben die Beiräte bisher keinen Status, der dem nahe kommt, was die Europäischen Gefängnisregeln angeben. R 93.1: zusätzlich zu staatlicher Aufsicht wird die „Überwachung (monitoring) durch Dies ändert sich auch nicht durch den unabhängige Einrichtungen, deren Erkenntnisse veröffentlicht werden sollen“ Niedersächsischen Gesetzentwurf. gefordert. Weitere Europäische Gefängnisregeln (nicht vollständig): R 40.2: „Die Gesundheitspolitik des Gefängnisses soll in die allgemeine Gesundheitspolitik integriert und mit dieser kompatibel sein.“ R 56.2: Es wird empfohlen, wann immer möglich „Mechanismen der Wiedergutmachung und Mediation einzusetzen, um Konflikte mit und zwischen Gefangenen zu beheben“ R 78: „Vollzugsbedienstete sollen normalerweise auf Dauer und im Rahmen des öffentlichen Dienstes eingestellt werden…“ R 88: „Soweit private Gefängnisse bestehen, sollen alle Europäischen Gefängnisregeln gelten.“ Tr§tzdem 2007 Nr. 36 29 Recht & Soziales Haftkosten Strafvollzugsarchiv Die Merkblätter des Archivs von Johannes Feest Stand: Dezember 2006 Frage 1: Müssen Gefangene Haftkosten bezahlen? Antwort: Grundsätzlich ja (nach § 50 Abs. 1 StVollzG, in der seit 5.10.2002 geltenden Fassung). In erster Linie gilt dies allerdings für Gefangene, die als Freigänger auf der Grundlage eines normalen Beschäftigungsverhältnisses arbeiten. Allerdings auch für solche, die aus eigenem Verschulden ohne Arbeit sind („Arbeitsverweigerer“). Umgekehrt werden Haftkosten nicht erhoben bei Gefangenen, die Arbeitsentgelt nach § 43 StVollzG beziehen (§ 50 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG). Frage 2: Darf die Anstalt für die Haftkosten auch das Überbrückungsgeld in Anspruch nehmen? Antwort: Nein. Dies ist ausgeschlossen durch § 51 StVollzG, wonach das Überbrückungsgeld grundsätzlich nicht angetastet werden darf. Dagegen spricht auch nicht die neue Regelung das § 50 Abs. 2 Satz 5, wonach auch der unpfändbare Teil der Bezüge für die Haftkosten herangezogen werden darf, die sich nur auf das Eigengeld bezieht. In diesem Sinne haben sich neuerdings die Landesjustizverwaltungen verständigt. Frage 2: Kann es angehen, dass auch solche Gefangene Haftkosten zahlen müssen, die unverschuldet ohne Arbeit sind oder die zur Arbeit nicht verpflichtet sind? Antwort: Das kommt darauf an. Normalerweise dürfen Haftkosten bei solchen Gefangenen nicht erhoben werden (§ 50 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG). Das gilt jedoch nicht für solche Gefangene, welche für diesen Zeitraum andere Einkünfte (Renten u.ä.) haben. In diesem Fall können Haftkosten bis zur Höhe der Einkünfte erhoben werden (§ 50 Abs. 1 Satz 3 StVollzG). Dem Gefangenen muss jedoch ein Betrag verbleiben, der dem mittleren Arbeitsentgelt in den Jus30 tizvollzugsanstalten des betreffenden Landes entspricht (§ 50 Abs. 1 Satz 4 StVollzG). Frage 4: Muss man auch als Selbständiger (§ 39 Abs. 2 StVollzG) Haftkosten bezahlen? Antwort: Die Anstalt kann die Genehmigung der Selbstbeschäftigung davon abhängig machen, dass einem mindestens ein Betrag in Höhe des mittleren Arbeitsentgelts nach § 43 StVollzG verbleibt. Frage 5: Wie hoch ist der Haftkostenbeitrag? Antwort: Die Höhe wird am 1. Oktober jeden Jahres vom Bundesjustizministerium festgelegt, nach Regeln, die sich aus dem Sozialgesetzbuch ergeben. Dabei wird nach den alten und neuen Bundesländern unterschieden. Das Land Berlin wird dabei insgesamt zu den alten Bundesländern gerechnet. Der genaue Betrag sollte am besten in der Anstalt erfragt werden. Frage 6: Gilt dies alles auch für Maßregelpatienten und – patientinnen? Antwort: Ja. Dies ist jetzt in § 136 Abs. 2 StVollzG durch einen Verweis auf § 50 StVollzG ausdrücklich vorgesehen. Keine Haftkosten werden bei MaßregelpatientInnen berechnet, die eine „zugewiesene oder ermöglichte“ Arbeit verrichten. Darunter müssen vernünftigerweise alle Tätigkeiten verstanden werden, für welche ein Entgelt bezahlt wird. Soweit Haftkosten erhoben werden, muss den MaßregelpatientInnen mindestens der Betrag verbleiben, „der dem Barbetrag entspricht, den ein in einer Einrichtung lebender und einen Teil der Kosten seines Aufenthalts tragender Sozialhilfeempfänger zur persönlichen Verfügung erhält“ (§ 136 Abs. 2 Satz 1 am Ende). Frage 7: Wie steht es mit den Stromkosten? Antwort: Das ist umstritten. Die Meinung, wonach die Erhebung von Stromkosten im Widerspruch zu der Regelung der Haftkosten in § 50 StVollzG steht (Köhne/Feest ZfStrVo 2006, 74-76) wird von der Rechtssprechung bisher nicht geteilt (OLG Celle ZfStrVo 2005, 178; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 179; ähnlich OLG Bremen 28.06.2005 unveröffentlicht). Anerkannt ist jedoch, dass auch hier die Grundversorgung zu den Haftkosten gehört (Däubler/Spaniol in: AK Tr§tzdem 2007 Nr. 36 StVollzG § 50 Rz. 13 ff). Umstritten ist, wo die Grenze der Grundversorgung liegt, ferner, ob Pauschalbeträge erhoben werden dürfen, obwohl der Angleichungsgrundsatz für die Abrechnung des konkreten Verbrauchs spricht. Frage 8: Wie steht es mit den Gesundheitskosten? Antwort: Der Vollzug hat für die körperliche und geistige Gesundheit der Gefangenen zu sorgen (§ 56 StVollzG). Was darunter fällt, entscheidet der Anstaltsarzt (§ 158 StVollzG). Die anfallenden Kosten sind vom Staat zu tragen, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt (wie für den Zahnersatz in § 62 StVollzG). Dem entspricht es, wenn in manchen Anstalten eine „Praxisgebühr“ bzw. „Rezeptgebühr“ erhoben wird. Diese Auslegung wird bestätigt durch die Bundesratsinitiative der Länder Bayern und Baden-Württemberg, welche eine weitergehende Heranziehung zu den Gesundheitskosten ermöglichen soll. Humor Die Top 5 für Häftlinge: Woran erkennt ein Häftling nach seiner Entlassung, dass er zu lange im Knast war? • • • • • Man bittet seine Partnerin, vor dem zu Bett gehen „Einschluss“ zu rufen. Man gibt dem Kassierer im Supermarkt anstatt Bargeld einen Einkaufsschein. Jeden Freitag sammelt man Wäsche und wartet vor der Schlafzimmertür auf Wäschetausch. Man geht im Garten spazieren- im Kreis. Man schreibt seiner Frau Anträge, wenn man etwas von ihr möchte. Die Top 5 für Beamte: Woran erkennt ein JVA- Beamter, dass er überarbeitet ist? • • • • • Man schließt auch zuhause alle Türen ab. Im Garten sind Kameras installiert, um die Kinder beim Spielen zu beobachten. Vorm gemeinsamen Spaziergang mit der Familie ruft man „Freistunde“. Bringt eines der Kinder eine schlechte Zensur nach Hause, gibt es „Einschluss“. Beischlaf erfolgt nur nach einem genehmigten Antrag auf Langzeitbesuch. Feridun Mercan Recht & Soziales Behandlungsvollzug Neue Sichtweisen (Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung des Beitrags „Behandlungsvollzug – Abschied von einem überkommenen Begriff“ von Wolfgang Schriever aus der ZfStrVo 5/06) Für den Vollzug gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Konzepte: Verwahrvollzug und Behandlungsvollzug. Verwahrvollzug ist schnell definiert: Dabei wird der Gefangene während der Haftzeit im Rahmen der Wahrung seiner Grundrechte und –bedürfnisse betreut, ein „Eingriff“ in die Persönlichkeit erfolgt nicht, ist auch nicht geplant. Behandlungsvollzug wird gedeutet als „gezieltes systematisches Vorgehen zur dauerhaften Änderung von Verhalten“ – Pädagogik also. „Es geht um Besserung und Bekehrung.“ Dabei gibt es keinerlei Untersuchungen, gesicherte Erkenntnisse über erfolgreiche Konzepte, Mittel, Instrumente, Vorgehensweisen usw.; in der Praxis wird „aus dem Bauch“ heraus, vorwiegend gefühlsgeleitet gehandelt und vorgegangen. Die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse sind spärlich und geben keine eindeutigen Hinweise, selbst Interpretationen wie „Nothing works“ sind möglich und vielleicht berechtigt. Klar ist, dass „Behandlung“ kein irreversibler Prozess ist, man nicht sicher sein kann, dass eine „Behandlung“ dauerhaft erfolgreich sein wird. Wissenschaftliche Forschung kann möglicherweise nicht hinreichend funktionieren, zu groß ist die Zahl der zu berücksichtigenden Faktoren. Kann eine andere Sichtweise auf „den Kriminellen“ helfen? Herkömmliche Sozialisationstheorien behaupten die mangelhafte Erziehung „des Kriminellen“ als Ursache seiner Straffälligkeit. Hinzuzufügen ist sicherlich, dass er wohl auch aufgrund eigener Bedürfnisse handelt. Auch er sucht wie jeder andere Mensch seine Bedürfnisse nach „sicherer Umgebung“, sozialer Gemeinschaft, Status etc. zu befriedigen. „Für den Strafvollzug bedeutet dies: Die Bedürfnisse von Menschen, die straffällig geworden sind, müssen erkannt und eben auch in der Regel akzeptiert werden. Es gilt Mittel und Wege zu finden, damit diese legal befriedigt werden können.“ (In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Teufelskreis von mangelnden Bildungsabschlüssen, schlechter Qualifikation, Arbeitslosigkeit und Straffälligkeit hinweisen, siehe den Artikel zur Bildung in der Tr§tzdem Nr. 33 vom Mai 2006.) „Im Strafvollzug muss es also im Sinn einer Rückfallvermeidung in erster Linie darum gehen, Bedingungen zu schaffen oder zu erhalten, die sich rückfallhemmend auswirken.“ Das meint feste soziale Bindungen wie Partnerschaft/Ehe, berufliche Einbindung usw. Bemühungen, die sich lediglich auf den Charakter des Delinquenten ausrichten, können nicht funktionieren, da sie den Einfluss der Umgebung, in die der entlassene Straffällige zurück kommt, unterschätzen. Daher könne es im Strafvollzug nicht darum gehen, den Strafgefangenen zu missionieren; dies würde eher eine Abwehrreaktion als Erfolg versprechen. Deshalb ist der Begriff des Behandlungsvollzugs irreführend, da er suggeriert, dass lediglich der Mensch geändert werden müsse; als ob verurteilte Straftäter abnormale Persönlichkeiten wären und Kriminalität nicht durch alle Gesellschaftsschichten und Persönlichkeitsvarianten gehen würde. Vielmehr sollte akzeptiert werden, dass Kriminalität auch „vernünftig“ sein kann. „Solange wir es nicht schaffen, das Streben der Gefangenen nach Bedürfniserfüllung in andere Bahnen zu lenken, ist eine Rückfallvermeidung zum Scheitern verurteilt.“ Dabei ist selbstverständlich, dass jeder Straftäter anders ist und die Straffälligkeit individuell verschiedene Ursachen hat. „Bevor überhaupt daran zu denken ist, irgendwelche positiven Veränderungen bei einem Gefangenen hervorzurufen, müssen die schädlichen Folgen des Vollzuges vermieden werden. (Das gilt besonders für den Kurzstrafenvollzug bis zu 3 Jahren Haftstrafe.) Wenn es gelingt, die positiven Einflussfaktoren bei dem Gefangenen zu erhalten, ist viel gewonnen. Urlauben, Lockerungen, der Direktverlegung in den offenen Vollzug kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.“ Konsequenterweise sollte also von Rückfallvermeidung und nicht von „Behandlung“ gesprochen werden, professionelle Vollzugsarbeit habe verschleiernde Begriffe nicht nötig, meint der Autor Werner Schriever. Dazu sei angemerkt, dass auch der Begriff „professionell“ in keiner Hinsicht festgelegt ist. Was ist professionell: effektiv, sparsam, zeitsparend, rückfallverhindernd, angenehm, unfallfrei, transparent oder was? Professionell meint normalerweise nur „von Berufs wegen“. Wirklich professionell wäre wohl eine eindeutige Fest- und Offenlegung der Ziele des Vollzugs. Dann könnte man ihn danach auch einfacher ausrichten … Die neue Klarheit? Schafft das Gesetz zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen Klarheit über die zu erreichende Vollzugswirklichkeit? In den Vorbemerkungen zum Eckpunktepapier für ein Niedersächsisches Strafvollzugsgesetz hieß es: „Mit der Einführung des „Einheitlichen Niedersächsischen Vollzugskonzeptes“ hat Niedersachsen bereits auf die Vollzugswirklichkeit mit den Mitteln der Exekutive reagiert.“ Was steht nicht im Gesetz? Man möchte meinen, dass nunmehr mit dem Gesetzentwurf Regelungen beschrieben worden sind, die die zukünftige Vollzugswirklichkeit eindeutig und vollständig bestimmen werden und dass die Legislative Klarheit über die zu herrschenden Verhältnisse im Strafvollzug in Niedersachsen herstellt. Sieht man genauer hin, so ergeben sich Unklarheiten, verdeckte Absichten und offene Türen für exekutives Handeln nach politischer Mode. Dazu passt auch der folgende Beitrag: UM Niedersachsen schafft Anstaltsbüchereien ab Der Schäbigkeitswettbewerb hat begonnen von Johannes Feest Im Oktober 2006 erreichte uns die Nachricht, dass die JVA Hannover die Anstaltsbücherei geschlossen hat. Das widerspricht § 67 StVollzG, wonach der Gefangene Gelegenheit haben soll, “eine Bücherei zu nutzen“. Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen (Dezember 2006) zeigt jetzt, dass das Land sich generell aus der Verpflichtung zurückziehen will, eine Bücherei für die Gefangenen vorzuhalten. Weder im Erwachsenenstrafvollzug noch in der Untersuchungshaft ist dort eine gesetzliche Verpflichtung zum Vorhalten von Bibliotheken vorgesehen. Nur noch im Jugendvollzug sollen Gefangene „angehalten werden, eine Bücherei zu nutzen sowie den verantwortungsvollen Umgang mit Medien zu erlernen, soweit dies mit der Sicherheit der Anstalt vereinbar ist“ (§ 125 des nds. Entwurfs). Markus Lanfer Tr§tzdem 2007 Nr. 36 31 Recht & Soziales gefangenen wegen dessen Weigerung, zur Überprüfung auf einen Drogenkonsum eine Urinprobe abzugeben. Begleitmusik Niedersächsisches Justizministerium - Referat für Presse und Öffentlichkeitsarbeit - „Arbeit ist ein wichtiger Baustein für das Leben nach der Haft“ HANNOVER. Anlässlich der heutigen Diskussionsveranstaltung zur Zukunft des Justizvollzugs im Congress-Centrum Hannover betonte Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann die Bedeutung der Gefangenenarbeit. Der Gesetzentwurf der Landesregierung zum neuen Niedersächsischen Justizvollzugsgesetz (NJVollzG) sieht vor, Arbeit und Ausbildung stärker in den Mittelpunkt des Tagesablaufs der Inhaftierten zu stellen. Heister-Neumann: „Arbeit ist ein wichtiger Baustein für ein straffreies Leben nach der Haft. Wir wollen die Gefangenen noch besser darauf vorbereiten.“ Zudem forderte die Justizministerin in ihrer Rede, die Auskunftsansprüche für Opfer von schweren Straftätern zu erweitern. Im neuen NJVollzG müsse festgeschrieben sein, dass Opfern einer Sexual- oder Gewalttat auf Antrag mitzuteilen ist, ab wann der Vollzug für den Täter gelockert wird. Es solle vermieden werden, dass sich Täter und Opfer zufällig und unvorbereitet treffen. Heister-Neumann äußerte sich auch zur Löschungsfrist personenbezogener Daten ehemaliger Gefangener. „Diese sollten künftig fünf anstatt wie bisher für zwei Jahre gespeichert werden“, forderte die Ministerin. Eine längere Speicherung der Daten würde nach einer erneuten Inhaftierung das Sicherheitsrisiko minimieren. Pressemitteilung 09/07 vom 02.02.2007 Humor Opa und Enkel gehen in den Wald. Nach einer Weile sagt der Enkel: „Opa, hier ist es langweilig“. Opa bückt sich, pflückt Gras und Blumen und sagt zu seinem Enkel: „Das ist Natur!“ Der Enkel meint aber: „Ich sehe kein Kettcar.“ Opa, nun Gras und Blumen im Mund, sagt zu seinem Enkel: „Guck richtig hin, das ist Natur“. „Aber ich sehe kein Kettcar“, antwortet der Enkel. Der Opa fragt: „Was meinst Du eigentlich immer mit Kettcar?“. „Opa, das ist so, Papa hat gesagt, wenn Opa ins Gras beißt, bekomme ich ein Kettcar!“ 32 OLG Oldenburg, Besch. 14.06.2005 – 1 Ws 304/05 v. • Aus den Gründen: Die Beschwerde ist gem. §§ 304, 119 Abs. 3 StPO zulässig, in der Sache indessen unbegründet. Aus der Rechtssprechung Interessante Urteile Zur Verfügung gestellt von Anwaltskanzlei Joester pp, Bremen, RA Hübel, Quelle: „Strafverteidiger“ Nr. 2/2007 Täter-Opfer-Ausgleich (StGB §§ 46, 46a) Die bloße strafmildernde Berücksichtigung einer Schmerzensgeldzahlung im Rahmen einer Schlichtungsvereinbarung an das Opfer kann die gebotene prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 46 StGB nicht ersetzen. Fehlt eine solche Erörterung, stellt dies einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils dar. OLG Bremen, Beschl. v. 26.01.2006 – Ss 47/05 Widerruf eines Verschonungsbeschlusses (StPO §§ 116, 112) Zum mittelbaren Widerruf eines Haftverschonungsbeschlusses durch Erlass eines neuen Haftbefehls wegen neu hervorgetretener Umstände. BVerfG, 3. Kammer, Beschl. v. 29.11.2006 – 2 BvR 2342/06 • Aus den Gründen: Die Verfassungsbeschwerde betrifft den mittelbaren Widerruf eines Haftverschonungsbeschl. Durch Erlass eines neuen Haftbefehls wegen neu hervorgetretener Umstände i.S. v. § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO. Aufhebung eines Haftbefehls wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots (StPO § 120 Abs. 1) Verzögert sich der Abschluss eines Verfahrens um ca. fünf Monate, weil die Staatsanwaltschaft es unterlassen hat, vom Gericht angeforderte Akten rechtzeitig zur Verfügung zu stellen, führt dies zur Aufhebung eines Haftbefehls, wenn sich durch die Verzögerung die Dauer des gerichtlichen Verfahrens nach Anklageerhebung mehr als verdoppelt. OLG Koblenz, Beschl. v. 26.9.2006 – 1 Ws 601/06 Hauptverhandlungsdichte bei Untersuchungshaft (StPO § 120) In der Haftsache, die wegen ihres Umfangs oder wegen der schwierigen Beweislage nicht in wenigen Tagen erledigt werden kann, ist regelmäßig an 2 Tagen in der Woche zu verhandeln. Verhinderungen durch Urlaube, Krankheit o. ä. sind durch vor- oder nachgeholte Sitzungstage auszugleichen. Sogenannte Schiebetermine zählen nicht als Sitzungstage, denn sie sind offensichtlich nicht geeignet, die Erledigung der Sache zu fördern. Genügt eine Verfahrensgestaltung diesen Grundsätzen nicht, ist ein Haftbefehl (auch während laufender Hauptverhandlung) aufzuheben. OLG Düsseldorf, Beschl. 16.11.2006 – III – 1 Ws 437/06 v. Verweige- Aufhebung eines Haftbefehls wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots nach erstinstanzlichem Urteil (StPO § 120 Abs.1) Zur Zulässigkeit einer Disziplinarstrafe gegen einen Untersuchungs- Kommt es nach Verkündung eines erstinstanzlichen Urteils zu einer Disziplinarstrafe bei rung einer Urinprobe (+ StPO § 119) Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Recht & Soziales gravierenden Verfahrensverzögerung von ca. 4 ½ Monaten, die im Verantwortungsbereich der Justiz liegt und kann dadurch die Berufungsverhandlung erst über ein Jahr nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils durchgeführt werden, ist ein Haftbefehl aufzuheben. OLG Dresden, Beschl. v. 13.10.2006 – 1 Ws 207/06 Notwendige Verteidigung im Verfahren über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung (StPO §§ 454,140 Abs. 2; StGB § 57) Im Vollstreckungsverfahren ist bei einer schwierigen Sach- und Rechtslage in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 S. 1 StPO dem Verurteilten ein Pflichtverteidiger beizuordnen. Von einer schwierigen vollstreckungsrechtlichen Lage ist im Falle der Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung auszugehen, wenn die StVK ein umfangreiches psychiatrisch-neurologisches Gutachten zur Gefährlichkeitsprognose eingeholt hat, das rechtlich und medizinisch schwierige Fragestellungen aufwirft, und wenn im Anhörungstermin der Sachverständige gehört werden soll, so dass eine Auseinandersetzung mit seinem Gutachten und seinen ergänzenden mündlichen Ausführungen wesentlicher Gegenstand dieses Anhörungstermins sein werden. KG, Beschl. v. 10.2.2006 – 2 AR 26/06 – 5 Ws 61/06 Notwendige Verteidigung im Strafvollstreckungsverfahren (StPO §§ 140 Abs. 2; StGB § 57) Bei besonderen Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage im Vollstreckungsverfahren (hier: AuseinanderHumor Was ist der kleinste Dom? Der Kondom! Der ist so klein, da passt nur einer rein, und der muss auch noch stehn. setzung mit verschiedenen Prognosegutachten etc.) ist dem verurteilten ein Pflichtverteidiger beizuordnen. Brandenbg. OLG, Beschl. 27.12.2005 – 1 Ws 194/05 v. Beiordnung eines Verteidigers im Vollstreckungsverfahren (StPO §§ 140 Abs. 2, 147, 460; StGB § 56f) Wirft das Vollstreckungsverfahren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Fragen auf, die Aktenkenntnis erfordern und über die regelmäßig auftretende Probleme hinausgehen (hier: Zurücktreten des Widerrufs einer Strafaussetzung zur Bewährung im Hinblick auf den Vorrang einer nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe), ist die Beiordnung eines Pflichtverteidigers geboten. KG, Beschl. v. 2.8.2006 – 5 Ws 412/06 Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung (+ StPO §§ 141, 460) Zur Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung im Hauptverfahren für Nachtragsentscheidungen (hier: nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 460 StPO). ThürOLG, Beschl. v. 13.10.2006 – 1 Ws 378/05 Standpunkt Da will jemand nach 24 Jahren Butzbach, einer üblen Kiste in Hessen, begnadigt werden. Christian Klar, einer aus der Führungsriege der 2. RAF-Generation. In zwei Jahren würde er sowieso raus kommen, da dann seine Mindesthaftzeit abgelaufen wäre. Jetzt kann man trefflich darüber streiten, ob einer, der es zudem auch noch wagt seine eigene – wenn auch verquere - Weltanschauung zum Besten zu geben, begnadigt werden soll. Auch darüber, ob er vor seiner Entlassung auf Bewährung Lockerungen bekommen sollte, kann man geteilter Meinung sein. Allerdings reicht es nicht, angesichts der geistigen Blähungen, mit der Tr§tzdem 2007 Nr. 36 die politische Führungsriege aus Bayern die Luft verpestet, sich die Nase zuzuhalten. Da stellt sich dieser abgehalfterte Ministerpräsident Stoiber hin und schwadroniert: So einen solle man nie mehr raus lassen, zumindest nicht, bevor er zur Aufklärung der Morde der RAF beiträgt, sich bei den Familien der Opfer entschuldigt und und und…! Solche, vom Gesetz in keiner Weise als Voraussetzung für eine Entlassung auf Bewährung vorgesehenen Bedingungen, fordert einer, der Ehrenmitglied des Veteranenverbandes einer bayrischen Gebirgsjägerkompanie ist, die im 2. Weltkrieg Massaker an der italienischen Bevölkerung begangen und als Besatzer wahren Terror verbreitet hat. Ich habe auch nie etwas von Beckstein gehört, wenn einer von diesen Volksgenossen, die einen Menschen tot geprügelt haben, nur weil er eine andere Hautfarbe hatte, vorzeitig entlassen wurde, und dass, obwohl sich der Mordbube nie von der Gewalt distanzierte. Auch Söder, dieser wandelnde „Stoiber-Lautsprecher“, hat sich nie geäußert, wenn Minimalurteile über rechte Gewalttäter verhängt wurden, die in jedem normalen Menschen Ekelgefühle hervorrufen. Nein, diese ach so honorigen Volksvertreter aus Bayern stellen sich hin, nutzen das „gesunde Volksempfinden“ – eben dieses „gesunde Volksempfinden“, das die Nazis vorgeschoben haben, um Millionen von Menschen zu ermorden – um Stimmung zu machen für die Verschärfung der Gesetze. Lebenslang solle eben auch wirklich lebenslang bedeuten, Führungsaufsicht nicht nur auf fünf Jahre begrenzt sein und ähnliche Dinge mehr. Natürlich, all das nur beschränkt auf Triebtäter – und so. Da fragt man sich dann allerdings, wie lange es dauern würde, bis sich das „und so“ auf alle Straftäter bezieht. Fortsetzung auf Seite 37 33 Recht & Soziales Grundrechte Verlegung von Gefangenen oftmals verfassungswidrig Die Verlegung von Gefangenen gehört in den Justizvollzugsanstalten zum Tagesgeschäft. Vielleicht gerade deshalb hat sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einer ganzen Reihe von Beschlüssen zur Verlegung von Inhaftierten in andere Justizvollzugsanstalten geäußert und in einigen Fällen auch die Verfassungswidrigkeit festgestellt. Die Beschäftigung des BVerfG mit diesem Teilgebiet das Strafvollzuges ist aus der Sicht der Gefangenen umso mehr zu begrüßen, als die anwaltliche Tätigkeit auf diesem Gebiet noch wenig verbreitet ist. So wurde zum Beispiel ein Strafgefangener in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt und verlor dadurch seinen Arbeitsplatz, den er bereits seit fünf Jahre innehatte. Die Verlegung wurde damit gerechtfertigt, dass begründet Zweifel an der notwendigen Distanz der Bediensteten zum Gefangenen vorlägen. Mit Beschluss vom 26.9.2005 (BVerfG, BeckRS 2005,31123) hielt das BVerfG diese Maßnahme für verfassungswidrig. Das BVerfG stellte zunächst fest, dass die Verlegung eines Inhaftierten gegen seinen Willen in dessen Grundrecht aus Artikel 2 GG eingreift. Denn die Verlegung kann mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein, beispielsweise 34 können die innerhalb der Anstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch abgebrochen werden, oder der Kontakt zu den Angehörigen kann durch eine entsprechende Entfernung zu der neuen Anstalt erheblich erschwert werden. Dieses kann auch die Resozialisierung des Strafgefangenen beeinträchtigen. In einem ähnlichen Fall hielt das BVerfG mit Beschluss vom 27.6.2006 – 2 BvR 1295/05 – NJW 2006, 2683 – drr betroffenen Anstalt vor, dass sie eine ganze Reihe von milderen Maßnahmen hätte ergreifen können, so anstaltsinterne Verlegung, Aufklärung der vorliegenden Problematik und konfliktschlichtende Einwirkung oder sogar Absonderung oder disziplinarische Maßnahmen. Geht mit der Verlegung auch noch ohne konkrete Pflichtverletzung des Gefangenen ein Verlust von einer bereits gewährten Lockerung einher, so liegt eine Rechts- und Verfassungswidrigkeit vor. Werner Brauer Grünbuch über die Unschuldsvermutung Die EU-Kommission hat jetzt mit den EU-Mitgliedsstaaten Konsultationen zur Auslegung der Unschuldsvermutung gestartet. Die Kommission hat aus der Rechtssprechung des EGMR und des EuGH Mindestrechte destilliert, die Bestandteil der Unschuldsvermutung, wie sie sich aus Art. 6 II EMRK ergibt, sind. Es sind das Schweigerecht, der Schutz vor Selbstbelastung (Nemo-teneturGrundsatz) und die grundsätzliche Beweislast für die Schuld bei der Strafjustiz. Diese Rechte werden in einem sehr lesenswerten Grünbuch näher untersucht. Vom Deutschen Anwaltsverein war allerdings zu hören, dass ausweislich der Darstellung der Sache im Grünbuch und der gestellten Fragen befürchtet werden muss, dass ein Standard auf EU-Ebene formuliert werden soll, der auf wesentlichen Feldern hinter dem praktizierten deutschen Niveau zurückbleibt. Für zukünftige Angeschuldigte und Straftatverdächtige ein sehr schlechtes Omen. Viele Strafrechtler befürchten, das die deutsche Strafjustiz es nach Festlegung der EU-Standards hinsichtlich der Unschuldsvermutung zukünftig Tr§tzdem 2007 Nr. 36 noch weniger mit der ihr obliegenden Beweislast für die Schuld ernst nehmen wird. Werner Brauer Kein „Opa-Rabatt“ für ältere Straftäter Im Rahmen einer Strafmaßrevision hat jetzt der Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit einem Urteil vom 27.4.2006 – 4 StR 572/05 = NJW 2006, 2129 – Hinweise zur Strafzumessung bei sehr alten Straftätern gegeben. Danach stellt der BGH fest, dass es keinen Rechtssatz des Inhalts gibt, dass jeder Straftäter schon nach dem Maß der verhängten Strafe die Gewissheit haben muss, im Anschluss an die Strafverbüßung in Freiheit entlassen zu werden. Der BGH hebt indes hervor, dass dem Verurteilten unter Vollstreckungsgesichtpunkten grundsätzlich eine Chance verbleiben muss, wieder der Freiheit teilhaftig zu werden. In dem vorliegenden Fall hatte das zuständige Landgericht aus diesen Gesichtspunkten auf die Verhängung der Sicherungsverwahrung gegen drei erheblich vorbestrafte Täter im Alter von 65, 74 und 75 Jahren verzichtet. Die sog. „Opa-Räuber“ hatten in einer Vielzahl von Banküberfällen eine Beute von insgesamt 1 Million Euro gemacht. Fazit: “Alter schützt vor Strafe nicht“. Werner Brauer Geld und Recht Neuregelung von Überbrückungsgeld und „Ich-AG“ Für viele Strafgefangene war die Gründung einer sog. „Ich-AG“ durchaus eine akzeptable Beschäftigungsmöglichkeit. In Zukunft wird dieses in der bekannten Art und Weise nicht mehr möglich sein. Ab dem 1.8.2006 werden die bisherige Förderung der „Ich-AG“ sowie das Überbrückungsgeld durch einen neuen Gründungszuschuss ersetzt. Die Neuregelung ist Teil des Gesetzes zur Optimierung der Grundsicherung für Arbeitssuchende (BGBl. I 1706). Künftig können nur noch Arbeitslose, die Arbeitslosengeld I (nicht: Arbeitslosengeld II) beziehen, einen Existenzgründungszuschuss Recht & Soziales beantragen. Der Übergang von einer angestellten Tätigkeit in die bezuschusste Selbständigkeit ist nicht mehr möglich. Die Förderdauer beträgt insgesamt 15 Monate; sie gliedert sich in zwei Phasen. In den ersten neun Monaten erhält der Arbeitslose zusätzlich zu dem Arbeitslosengeld einen Pauschalbetrag von 300 Euro monatlich. Danach kann sich noch eine Phase von sechs Monaten anschließen, in der nur noch die Pauschale (300 Euro) gezahlt wird. In dieser Phase müssen die geschäftlichen Aktivitäten konkret nachgewiesen werden. Da in der Justizvollzugsanstalt arbeitende Strafgefangene monatliche Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlen, werden in vielen Fällen Ansprüche auf Arbeitslosengeld I entstehen, so dass eine Existenzgründungsbezuschussung möglich ist. Interessierte Gefangene sollten sich deshalb frühzeitig vor der Entlassung an die zuständige Agentur für Arbeit wenden. Werner Brauer Bezahlung des Anwalts durch Autoverkauf Allen Strafgefangenen, die ihre Anwaltskosten nicht aus eigener Tasche bezahlen können, bläst zukünftig ein eisiger Wind ins Gesicht. Obwohl die u. a. von Niedersachsen initiierte Verschärfung der Prozesskostenhilfe noch nicht in trockenen Tüchern ist, ziehen die Gerichte offensichtlich bei der Gewährung der Prozesskostenhilfe (PKH) die Daumenschrauben an. So entschied kürzlich das Amtsgericht Koblenz (Az.: 40 NR II a 192/05), dass ein Antragsteller notfalls sein Anwaltshonorar dadurch bezahlen muss, indem er sein Privatauto verkauft. Die Staatskasse leistet nach dem Beschluss dann keine Prozesskostenhilfe, wenn der Wagen nicht für berufliche Zwecke gebraucht wird. Da ein Strafgefangener in der Regel im geschlossenen Vollzug keinen PKW benötigt, wird er deshalb vermutlich sein Privatauto verkaufen müssen, bevor ihm darüber hinaus Prozesskostenhilfe gewährt wird. Wie aus Presseberichten zu entnehmen ist, stehen die Länderkassen aufgrund der bisherigen Praxis der Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe vor dem Kollaps, so dass mit einer weiteren Verschärfung zu rechnen ist. Werner Brauer Kostenlast gefährdet Wiedereingliederung! Die Wiedereingliederung verurteilter Straftäter kann gefährdet sein, wenn ihm zu hohe Verfahrenskosten aufgebürdet werden, mit diesen mahnenden Worten fassten die Richter des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe vor kurzem einen für alle Gefangenen bemerkenswerten Beschluss (Az.: 2 BvR 1392/02). Das Verfassungsgericht führte weiter aus, dass es gegen das aus dem Grundgesetz abgeleitete Resozialisierungsgebot verstoße, wenn ein Strafgefangener keine Chance hat, die Kosten in absehbarer Zeit zu begleichen. Sind bei einem Gefangenen bereits sehr hohe Kosten festgesetzt, die er nicht in absehbarer Zeit zahlen kann, und lässt sich die Vollstreckungsstelle (i.d.R.: das Nds. Landesamt für Bezüge und Versorgung (NLBV) in Aurich) nicht auf eine vertretbare Ratenzahlung ein, so kann der Strafgefangene unter Berufung auf das o.g. Bundesverfassungsgerichtsurteil direkt beim zuständigen Amtsgericht – Vollstreckungsgericht - gegen die Art und Weise der Vollstreckung nach § 766 Abs. 1 ZPO klagen. Wie komme ich zu meinem Recht, wenn ich selbst ohne Einkommen bin? Auch wenn heutzutage fast alle öffentlichen Kassen leer sind, muss man ohne eigenes Einkommen (z.B. als Gefangener) nicht rechtlos sein. Die Erläuterung folgender Begriffe soll dazu einen Überblick geben: Prozesskostenhilfe: Nach den Vorschriften des § 114 ZPO (Zivilprozessordnung) können Personen, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung (Zivil-, Arbeits-, Sozial-, Verwaltungs-, Finanzgerichtsverfahren) nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können, auf Antrag beim zuständigen Gericht Prozesskostenhilfe erhalten, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gilt diese Vorschrift entsprechend. Wenn das einzusetzende Einkommen bestimmte Grenzen übersteigt, werden durch die Prozesskostenhilfe die Gerichts- und die eigenen Anwaltskosten erstattet. Die Prozess- und Anwaltskosten können dann, sofern der Prozess Fortsetzung auf Seite 36 Sprüche Zufriedenheit ist unser bestes Gut. William Shakespeare Die Schönheit ist da, man muss nur ein Auge dafür haben oder es wenigstens nicht absichtlich verschließen. Theodor Fontane Dem Fröhlichen ist jedes Unkraut eine Blume, dem Betrübten jede Blume ein Unkraut. Ralph Waldo Emerson Werner Brauer Tr§tzdem 2007 Nr. 36 35 Recht & Soziales Fortsetzung von Seite 35 verloren geht, in bestimmten Fällen über Ratenzahlungen getilgt werden. In Strafrechtsachen wird allerdings keine Prozesskostenhilfe gewährt ( s i e h e h i e r z u „Pflichtverteidigung“). Bei allen Streitigkeiten in Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsangelegenheiten (z.B. Anträgen auf gerichtliche Entscheidung) kann wiederum Prozesskostenhilfe zur angemessenen Wahrnehmung von Rechten gewährt werden. Den Antrag auf Prozesskostenhilfe kann man sowohl selbst stellen als auch durch einen Anwalt stellen lassen. Für die Antragstellung müssen auf jeden Fall Unterlagen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorhanden sein. Beratungshilfe: Sofern man nicht einen Gerichtsprozess führen, sondern lediglich eine einmalige Rechtsberatung durch einen fachkundigen Anwalt oder Rechtsbeistand, der Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sein muss, in Anspruch nehmen möchte, so bietet das Beratungshilfegesetz (BerHG) vom 18. Juni 1980 eine finanzielle Hilfe, wenn 1. der Rechtssuchende die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann, 2. nicht andere Möglichkeiten für die Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtssuchenden zuzumuten ist, 3. die Wahrnehmung der Rechte nicht mutwillig ist. Die Beratungshilfe besteht in Beratung und, soweit erforderlich, in Vertretung. Die Beratungshilfe wird für folgende Rechtsgebiete gewährt: • Zivil- und Arbeitsrecht, • Verwaltungs- und Verfassungsrecht, • Sozial-, Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, wobei in Angelegenheiten des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts nur Beratung gewährt wird. Ist es im Gesamtzusammenhang notwendig, auf andere Rechtsgebiete auszuweichen, wird auch insoweit Beratungshilfe gewährt. Über den Antrag auf Beratungshilfe entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Ratsuchende wohnt, bzw. soweit er nicht im Inland wohnt, das 36 Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Bedürfnis der Beratungshilfe auftritt (z.B. ein Ausländer ohne Wohnung sitzt in der JVA Oldenburg ein, so ist das Amtsgericht Oldenburg zuständig). Der Antrag kann mündlich oder schriftlich unter Darlegung des Beratungshilfesachverhalts und der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gestellt werden. Sind die Voraussetzungen für die Hilfegewährung erfüllt, so erhält der Antragsteller einen so genannten Berechtigungsschein für die Beratungshilfegewährung durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl, sofern die Angelegenheit nicht durch das Amtsgericht selbst erledigt werden konnte , was auch möglich ist (z.B. durch Auskunftserteilung, Aufnahme von Anträgen und Erklärungen). Der Rechtsanwalt wird für die Beratung sodann aus der Staatskasse bezahlt; Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen zwischen Anwalt und dem Hilfesuchenden sind nichtig. Der Hilfesuchende hat lediglich dem Anwalt einen Selbstkostenanteil von 10,00 Euro zu zahlen, wobei dieser Selbstkostenanteil unter besonderen Umständen auch erlassen werden kann. Nach den Richtlinien der Europäischen Union (EU) wird Beratungshilfe auch für grenzüberschreitende Streitsachen gewährt, sofern der Sachverhalt eine direkte Beziehung zum Inland hat. Wird jemand, der mittellos ist, der Begehung einer Straftat beschuldigt, hat er in der Regel einen Anspruch auf die Beiordnung eines Pflichtverteidigers. Dieser Rechtsanspruch ergibt sich aus §§ 140, 141 ff StPO. Mit der Gewährung der notwendigen Verteidigung und mit der Bestellung eines Verteidigers ohne Rücksicht auf die Einkommensverhältnisse und Vermögensverhältnisse sichert der Gesetzgeber das Interesse, das der Rechtsstaat an einem prozessordnungsgemäßen Strafverfahren und zu diesem Zweck nicht zuletzt an einer wirksamen Verteidigung des Beschuldigten hat. Die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist u.a. notwendig, wenn • die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht oder dem Landgericht stattfindet; • dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird; • das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann; • der Beschuldigte sich mindestens drei Monate in Haft befindet und nicht mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird; • zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten eine Unterbringung in Frage kommt; • ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird; • usw. Aber auch in anderen Verfahren vor den Amtsgerichten und vor dem Landgericht im Berufungsrechtszug ist eine Pflichtverteidigerbestellung möglich. Sie ermöglicht die Pflichtverteidigerbestellung insbesondere, wenn sie unter Abwägung der Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich erscheint. Die Bestellung des Pflichtverteidigers erfolgt in der Regel von Amts wegen durch den zuständigen Gerichtsvorsitzenden, wobei der Beschuldigte einen Anwalt seines Vertrauens vorschlagen kann. Die Pflichtverteidigerbestellung endet grundsätzlich mit der Rechtskraft des Urteils. Aber auch nach Rechtskraft des Urteils ist ein Verurteilter nicht schutzlos, zumal die Pflichtverteidigerbestellung auf Antrag auch für das Strafvollstreckungsverfahren möglich ist. Insbesondere ist eine Verteidigerbestellung auf Staatskosten möglich, wenn es um Verfahren der Strafaussetzung bzw. um den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung geht. Fasst man die Möglichkeiten der Gewährung von Prozesskostenhilfe, Beratungshilfe und die Möglichkeiten der Pflichtverteidigerbestellung zusammen, so darf man darauf vertrauen, dass man als Mittelloser (z.B. Gefangener) nicht „rechtlos“ sein muss. Wer dennoch Zweifel hat und sich nicht zu helfen weiß, kann sich jederzeit auch an die zuständige Rechtsantragstelle beim Amtsgericht wenden. Der zuständige Rechtspfleger, der ggf. auch in die Justizvollzugsanstalt kommt, wird in solchen Fällen kostenlos eine Auskunft erteilen bzw. die erforderlichen Schritte einleiten. Werner Brauer Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Recht & Soziales Reform der Verbraucherinsolvenz Eckpunkte des vereinfachten Entschuldungsverfahrens bei völlig mittellosen Schuldnern 1. Gang des Verfahrens Das vereinfachte Entschuldungsverfahren passt sich nahtlos in das geltende Insolvenzverfahren ein. Da keine die Verfahrenskosten deckende Masse vorhanden ist, erfolgt entsprechend § 26 InsO eine Abweisung mangels Masse. Damit ist das Verfahren für den Schuldner jedoch nicht beendet, sondern es wird lediglich die Stufe des eröffneten Insolvenzverfahrens übersprungen und unmittelbar in das Restschuldbefreiungsverfahren übergeleitet. Bereits das geltende Recht schreibt vor, dass der Schuldner mit seinem Eröffnungsantrag eine Bescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle vorzulegen hat. Aus dieser Bescheinigung soll sich ergeben, dass eine Einigung mit den Gläubigern entweder ergebnislos versucht oder – so im künftigen Recht – eine solche offensichtlich aussichtslos war. Im Rahmen dieses Bescheinigungsverfahrens wird der Schuldner das umfangreiche Formular, das detailliert seine Vermögensverhältnisse abfragt, gemeinsam mit der geeigneten Person oder Stelle ausfüllen. „Geeignete Personen“ für die Beratung der Schuldner sind etwa Rechtsanwälte, Notare oder Steuerberater. Wer als „geeignete Stelle“ in Betracht kommt, legt jedes Bundesland selbst fest. Staatliche Schuldnerberatungsstellen sind ein Beispiel, in Berlin etwa der Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. Wird der Eröffnungsantrag nun mangels Masse abgewiesen, muss der Schuldner die Formulare mit dem Gerichtsvollzieher erörtern und an Eides statt die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben versichern. Das Gericht kündigt danach die 6-jährige Wohlverhaltensperiode an. In dieser treffen den Schuldner die gleichen Obliegenheiten wie in einem normalen Restschuldbefreiungsverfahren. Gleichzeitig wird der Treuhänder bestellt – etwa ein Rechtsanwalt oder Steuerberater. An ihn muss der Schuldner den pfändbaren Teil seines Einkommens abtreten. Gläubiger können der Restschuldbefreiung widersprechen. Macht dies ein Gläubiger nicht, kann er nach Ablauf der 6 Jahre seine Forderungen nicht mehr gegen den Schuldner durchsetzen. 2. Neues Vermögen des Schuldners In dieser 6-jährigen Wohlverhaltensperiode kann es nur dazu kommen, dass der Schuldner etwa durch Erbschaften zu neuem, unvorhergesehenem Vermögen kommt, das bei der Verteilung zu berücksichtigen ist. Dann gilt folgendes Prozedere: • Erzielt der Schuldner während der Wohlverhaltensperiode pfändbare Einkünfte, die an den Treuhänder abgetreten wurden, so erfolgt die Verteilung an die Gläubiger bei Beträgen unter 1.000 € gemäß dem Forderungsverzeichnis, das gemeinsam mit der geeigneten Person oder Stelle aufgestellt wurde. • Bei Beträgen über 1.000 € hat der Treuhänder dies öffentlich bekannt zu machen und die Gläubiger aufzufordern, ihre Forderungen anzumelden. Anhand dieses ergänzten Forderungsverzeichnisses erfolgt, sofern kein Widerspruch erhoben wird, die Verteilung. 3. Kostenbeteiligung des Schuldners Es ist geboten und gerechtfertigt, den Schuldner, der die Rechtswohltat einer umfassenden Schuldbefreiung erhalten will, in einem bescheidenen Umfang an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Gedacht ist hier an eine Größenordnung von 13 € pro Monat. Damit sollen ein Teil der Verfahrenskosten und die Kosten für den Treuhänder abgedeckt werden. 4. Vorteile dieses Verfahrens Gegenüber alternativen Entschuldungsmodellen und gegenüber dem geltenden Recht, das eine Stundung der Verfahrenskosten kennt, hat dieses vereinfachte Entschuldungsverfahren erhebliche Vorteile: • Das Verfahren ist in das geltende Recht einzubetten, ohne dass ein zusätzliches Sonderverfahren vorgesehen werden muss. Der regelungstechnische Aufwand ist deshalb überTr§tzdem 2007 Nr. 36 • schaubar und löst keine neue Bürokratie aus. Über eine Kostenbeteiligung wird dem Schuldner deutlich gemacht, dass er nur über gewisse Eigenanstrengungen eine Entschuldung erreichen kann. Eine Entschuldung zum Nulltarif soll es künftig nicht mehr geben. Dafür erhält der Schuldner • Den Schutz vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. • Eine umfassende Entschuldung auch hinsichtlich der nicht genannten Forderungen. Die gleiche Laufzeit von 6 Jahren wie beim sonstigen Restschuldbefreiungsverfahren. (Auf die Wiedergabe der Abschnitte „Ausgangslage“ und „Warum brauchen wir ein vereinfachtes Entschuldungsverfahren“ wurde aus redaktionellen Gründen verzichtet) Bundesministerium der Justiz Informationen für die Presse Berlin, 14. November 2006 UM Fortsetzung von Seite 33 Abschließend möchte ich noch eines klarstellen. Ich lehne jedwede Form von Gewalt ab, egal, ob sie von linken, einer abstrusen Gesellschaftsphilosophie hinterher hechelnden Gruppierungen verübt wird oder von, wie bezeichnete doch ein Richter aus den neuen Ländern in einem Urteil die rechten Totschläger so schön: „…armen, verführten und durch ihre dauernde Trunkenheit nicht mehr Herr ihrer Sinne seiende, aber ansonsten brave Menschen…!“ (sic!). (Die drei Angeklagten bekamen übrigens 3 ½ - 4 Jahre dafür, dass sie einen Menschen erschlugen). Ich schäme mich auch nicht, Deutscher zu sein, weil dieses Volk knapp 15 Jahre lang einem österreichischen Gefreiten und Anstreicher hinterhergelaufen ist und in seinem Namen die abscheulichsten Verbrechen begangen hat. Allerdings kriege ich das große Kotzen, wenn ich in der heutigen Zeit an einem jüdischen Gemeindezentrum vorbei gehe und dort Polizisten sehe, die zum Schutz der sich dort versammelten Menschen abgestellt werden müssen. Ich finde es auch traurig, wenn sich ein Bürgermeister genötigt sieht, sich hinzusetzen, um einigen Ordnungshütern aus dem Tagebuch der Anne Frank vorzulesen, da diese nichts mit dem Buch anzufangen wussten, das halbverbrannt aus einem Scheiterhaufen gezogen wurde, wie es vor ein paar Tagen geschah. Dieter Schacht 37 Recht & Soziales Das Top-Thema Rund ums Geld Oftmals stand das „große Geld“ im Fokus des Interesses von Menschen, die straffällig wurden. Im Leben eines Gefangenen gewinnt das Thema „Geld“ einen anderen Stellenwert und ist mehr auf die soziale Sicherung ausgerichtet. In dieser Ausgabe möchten wir daher unter dem Top-Thema „Rund ums Geld“ die Teil-Themen behandeln, mit denen ein Gefangener bei seiner Inhaftierung hinsichtlich seiner finanziellen Verpflichtungen und seinen dann geltenden Erwerbsbedingungen oft zu tun bekommt, sowie den dann für ihn eventuell möglichen finanziellen Unterstützungen, also um das „kleine Geld“. Neben Fragen zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, zu den Kosten für (oft weiterlaufende) Miete, Energieversorgung und zum Geldverkehr sind die Fragen zu den finanziellen Lasten/Kosten, die in Folge einer Straftat hinzugekommen sind, von großem Interesse. Hier soll nicht ein guter „Tipp“, sondern ein Überblick über die den Gefangenen betreffenden finanziellen und sozialen Themen gegeben werden, um die er sich bei seiner Inhaftierung zu kümmern hat. UM Wie ist es geregelt bei Versicherungen? Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung Gefangene unterliegen während ihrer Haftzeit, auch wenn sie in der Anstalt ihrer Arbeitspflicht nachkommen, nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kran- Nein!? ken- und Pflegeversicherung. Die Vollzugsbehörde entrichtet für den Gefangenen keine Beiträge zu den o.g. Versicherungen. Der Gefangene 38 ist selbst für eine Aufrechterhaltung der Versicherung verantwortlich. Dies empfiehlt sich hinsichtlich der Krankenversicherung insbesondere für Gefangene mit Familienangehörigen, die nicht anderweitig gegen Krankheit versichert sind. Für den Gefangenen selbst ruht der Anspruch auf Leistungen aber trotz freiwilliger Weiterversicherung (§ 16 SGB V). Ihm steht ausschließlich ein Anspruch auf Gesundheitsfürsorge (§§ 56 ff StVollzG) seitens der Vollzugsbehörde zu. Die Absicht der freiwilligen Weiterversicherung muss innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung der Versicherungspflicht der Krankenkasse angezeigt werden. Arbeitslosenversicherung Ein Gefangener, der Arbeitsentgelt oder Ausbildungshilfe erhält, ist nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III Tr§tzdem 2007 Nr. 36 grundsätzlich versicherungspflichtig. Die Beiträge des Gefangenen trägt das für die JVA zuständige Land. Auf der Grundlage von § 195 StVollzG behält die JVA von dem Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe des Gefangenen einen Betrag ein, der dem Anteil des Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn er diese Bezüge als Arbeitnehmer erhielte. Unfallversicherung Geht ein Gefangener im Vollzug einer Arbeit nach, ist er gem. § 2 Abs. 2 S. 2 SGB II unfallversichert. Bei Arbeitsunfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls erhält er ein Verletzungsgeld, wenn wegen der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsentgelt nicht gezahlt wird. Sonstiges Geht der Gefangene im Rahmen eines freien Beschäftigungsverhältnisses einer Arbeit oder beruflichen Bildungsmaßnahme außerhalb der Anstalt nach, unterliegt er der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung und ist aufgrund allgemeiner Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) unfallversichert. Rzepucha-Sobotta Recht & Soziales Aus dem Merkblatt über die Sozialversicherung und die Arbeitslosenversicherung der Gefangenen (Stand: 01.01.2005) Gefangenen wird empfohlen, Zweifelsfragen, die im Zusammenhang mit seiner sozialen Sicherheit auftreten, - ggf. durch Vermittlung der Vollzugsanstalt – durch Rückfrage bei den zuständigen Stellen (z.B. Versicherungsamt, Gemeinde-/Stadtverwaltung, Deutsche Rentenversicherung Bund oder Land, Bundesknappschaft, Krankenkasse, Pflegekasse, Agentur für Arbeit) zu klären. Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung Besteht gesetzliche Versicherungspflicht durch den Gefangenen? a) bei Strafhaft und Maßregelvollzug nein Werden Beiträge durch die Vollzugsbehörde geleistet? nein Werden Beiträge durch die Vollzugsbehörde geleistet, wenn Arbeitspflicht besteht? nein Kann der Gefangene seine Versicherung durch freiwillige Leistungen aufrechterhalten? ja Kann das Überbrückungsgeld für die freiwilligen Leistungen in Anspruch genommen werden? ja Trägt die Justizbehörde die Krankheitskosten während der Haftzeit? ja Wird die Haftzeit in der Rentenversicherung als Ersatz- oder Anrechnungszeit gewertet? nein Wem eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses gestattet ist, unterliegt der gesetzlichen Versicherungspflicht mit vollem Leistungsanspruch. Die freie Heilfürsorge durch die Justizbehörde entfällt dann. b) bei Untersuchungshaft ja Werden Beiträge durch die Vollzugsbehörde geleistet, wenn freiwillig gearbeitet wird? nein Kann der Gefangene seine Versicherungen durch freiwillige Leistungen aufrechterhalten? ja Trägt die Justizbehörde die Krankheitskosten während der Haftzeit? ja Wird die Haftzeit in der Rentenversicherung als Ersatz- oder Anrechnungszeit gewertet? nein Besteht die Möglichkeit, die private Krankenversicherung weiter zu führen? a) b) bei Strafhaft und Maßregelvollzug bei Untersuchungshaft Ja (*Kleinstbeitrag erforderlich) Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten? Die vertraglichen Kann der Gefangene das Versicherungsverhältnis ruhen lassen (auf Antrag)? ja* Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten? Die vertraglichen Kann der Gefangene das Versicherungsverhältnis ruhen lassen (auf Antrag)? ja* ja Ergänzendes zur Rentenversicherung Besteht die Möglichkeit, freiwillig die Rentenversicherung bei der Deutschen Rente Bund/Land weiter zu führen? a) b) bei Strafhaft und Maßregelvollzug bei Untersuchungshaft ja ja (§ 7 Sozialgesetzbuch V) Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten? der Mindestbeitrag Kann die Mindestversicherungsdauer dadurch erreicht werden? Kann der Rentenanspruch dadurch erhöht werden? Kann der Gefangene das Versicherungsverhältnis auch ruhen lassen ? (§ 7 Sozialgesetzbuch V) Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten? der Mindestbeitrag Kann der Gefangene das Versicherungsverhältnis auch ruhen lassen (auf Antrag)? ja ja ja ja (ausgenommen Pflichtversicherte in der Krankenversicherung der Rentner) Ergänzendes zur Krankenversicherung Besteht die Möglichkeit, freiwillig die gesetzliche Krankenversicherung weiter zu führen? a) b) bei Strafhaft und Maßregelvollzug bei Untersuchungshaft ja (§ 9 Sozialgesetzbuch VI) ja Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten? Der Beitrag gemäß Einkommen Können dadurch Familienangehörige, die nicht anderweitig versichert sind, mitversichert ja* werden? Hat der Gefangene dadurch selbst einen Anspruch erworben? nein (§ 9 Sozialgesetzbuch VI) (*Kleinstbeitrag erforderlich) Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten? Der Beitrag gemäß Einkommen Können dadurch Familienangehörige, die nicht anderweitig versichert sind, mitversichert werden? Hat der Gefangene dadurch selbst einen Anspruch erworben? Tr§tzdem 2007 Nr. 36 ja* nein 39 Recht & Soziales (ausgenommen Pflichtversicherte in der Krankenversicherung der Rentner) Ergänzendes zur Pflegeversicherung Besteht die Möglichkeit, die gesetzliche Pflegeversicherung weiter zu führen? a) bei Strafhaft und Maßregelvollzug ja ja b) bei Untersuchungshaft ja ja als Pflichtversicherter aber nur, wenn der Gefangene freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung ist. als freiwillig Versicherter, wenn ein Antrag auf Weiterversicherung gestellt wird (§ 26 Sozialgesetzbuch XI). Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten? der Beitrag gemäß Einkommen Können dadurch Familienangehörige, die nicht anderweitig versichert sind, mitversichert ja werden? Hat der Gefangene dadurch selbst einen Anspruch erworben? nein als Pflichtversicherter aber nur, wenn der Gefangene freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung ist. als freiwillig Versicherter, wenn ein Antrag auf Weiterversicherung gestellt wird (§ 26 Sozialgesetzbuch XI). Welche Beiträge sind vom Gefangenen zu leisten? der Beitrag gemäß Einkommen Können dadurch Familienangehörige, die nicht anderweitig versichert sind, mitversichert ja werden? Hat der Gefangene dadurch selbst einen Anspruch erworben? nein Besteht die Möglichkeit, die Pflegeversicherung bei privater Krankenversicherung weiter zu führen? a) bei Strafhaft und Maßregelvollzug ja Es kann wie bei der priv. Krankenversicherung auf eine Ruhensversicherung ohne Leistungsberechtigung zu einem reduzierten Beitrag umgestellt werden. b) bei Untersuchungshaft ja Es kann wie bei der priv. Krankenversicherung auf eine Ruhensversicherung ohne Leistungsberechtigung zu einem reduzierten Beitrag umgestellt werden Arbeitslosenversicherung Besteht eine Arbeitslosenversicherung bei Gefangenen? a) bei Strafhaft und Maßregelvollzug ja (§ 26 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch III) Sofern Sie Arbeitsentgelt oder Ausbildungshilfe erhalten! Trägt die Beiträge der Gefangenen das Land? Behält die Vollzugsbehörde einen Betrag vom Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe ein (z. Z. 3,25 % des Arbeitsentgeltes)? Erstellt die JVA bei der Entlassung eine Bescheinigung über die Zeiten der letzten 7 Jahre, in denen Versicherungspflicht bestand (§ 312 Abs. 4 Sozialgesetzbuch III)? Sind Gefangene, die Verletzungsgeld erhalten, auch versicherungspflichtig, wenn sie vorher versicherungspflichtig waren? Trägt der Gefangene die Hälfte der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung? ja ja ja ja ja ja Gibt es einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung während der Haft- nein zeit? Gelten die gleichen Anwartszeiten für die Gefangenen wie für die Arbeitnehmer? ja Besteht unter Umständen ein Anspruch auf Grundsicherung, wenn die Anwartszeiten nicht ja erfüllt sind? Wem eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses gestattet ist, unterliegt der gesetzlichen Versicherungspflicht mit vollem Leistungsanspruch. b) bei Untersuchungshaft ja (§ 26 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch III) 40 Sofern Sie Arbeitsentgelt oder Ausbildungshilfe erhalten! Trägt die Beiträge der Gefangenen das Land? Behält die Vollzugsbehörde einen Betrag vom Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe ein? Erstellt die JVA bei der Entlassung eine Bescheinigung über die Zeiten der letzten 7 Jahre, in denen Versicherungspflicht bestand (§ 312 Abs. 4 Sozialgesetzbuch III)? Sind Gefangene, die Verletzungsgeld erhalten, auch versicherungspflichtig, wenn sie vorher versicherungspflichtig waren? Trägt der Gefangene die Hälfte der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung? ja ja ja Gibt es einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung während der Haftzeit? Gelten die gleichen Anwartszeiten für die Gefangenen wie für die Arbeitnehmer? nein Besteht unter Umständen ein Anspruch auf Grundsicherung, wenn die Anwartszeiten nicht erfüllt sind? ja Tr§tzdem 2007 Nr. 36 ja ja ja ja Recht & Soziales Unfallversicherung Besteht eine Unfallversicherung bei Gefangenen? a) b) bei Strafhaft und Maßregelvollzug bei Untersuchungshaft ja ja (§ 2 Sozialgesetzbuch VII) Sofern sie wie Beschäftigte tätig werden ja Gibt es bei Arbeitsunfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls Verletzungsgeld (statt Arbeitsentgelt)? ja (§ 2 Sozialgesetzbuch VII) Sofern sie wie Beschäftigte tätig werden Gibt es bei Arbeitsunfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls Verletzungsgeld (statt Arbeitsentgelt)? Das uneingelöste Versprechen Täter - Opfer - Ausgleich (TOA) Eine Einbeziehung der Inhaftierten in die Krankenversicherung und in die Rentenversicherung hat der Gesetzgeber zunächst in §§ 190 bis 193 StVollzG mit Modifizierungen vorgesehen. Das In-Kraft-Treten von § 190 Nr. 1-10 und Nr. 13-18 sowie §§ 191-193 StVollzG bleibt aber bis zum Erlass eines entsprechenden Bundesgesetzes suspendiert (§ 198 Abs. 3 StVollzG). Eine Erfüllung dieser Selbstverpflichtung des Gesetzgebers ist bisher wegen der finanziellen Belastungen am Einspruch der Bundesländer gescheitert. Diese legislatorische Zurückhaltung führt nicht nur zu Beeinträchtigungen der aus den eigenen Rechten unversicherten Familienangehörigen bei der Krankenversicherung, deren Beiträge regelmäßig vom Sozialhilfeträger zu leisten sind, und bei der Rentenversicherung erweist sich die Nichtzahlung der B e i t r ä g e a l s e i n e „resozialisierungsfeindliche Spätfolge der Freiheitsstrafe“, denn diese fehlen bei der späteren Rentenberechnung. Die Nichteinbeziehung vieler arbeitender Strafgefangener in die Kranken- und Rentenversicherung steht daher im Widerspruch zur Vollzugsbestimmung des § 2 S.1 StVollzG. Die Lasten aus dem uneingelösten Versprechen haben später dann oft die Träger der Grundsicherung zu tragen. In der Privatwirtschaft könnte sich kein Arbeitgeber seiner Beitragspflicht zur Sozialversicherung entziehen, er würde sich strafbar machen. Die Gefangenenzeitung „Tr§tzdem“ hatte sich im Rahmen der Recherchen zum Top-Thema „Rund ums Geld“ an die Konfliktschlichtung e.V. gewandt und wollte mehr hinsichtlich der TäterOpfer-Ausgleichs-Chancen und – Bemühungen von Gefangenen wissen. Es ist dabei von großem Interesse, welche institutionellen Rahmenbedingungen gegeben sind und welche praktischen Regelungsansätze den Vorzug genießen. Zwar werden direkte Kontakte und Vereinbarungen zwischen Tätern und Opfern auch wahrgenommen, oft besteht aber eine tatsächliche oder vermeintliche Überforderung des Täters in seiner (Haft-) Situation. Der Wille zum Ausgleich ist oft durch Unkenntnisse über den gangbaren Weg geschwächt. (Teilweise im Auszug aus Laubenthal, Strafvollzug, Seite 224) UM Konfliktschlichtung e.V. Gespräch mit Frau Elke Kleinhans, Mediatorin BM und Mediatorin in Strafsachen ja ja TOA-Verfahrens, und ein erfolgreicher TOA ist in der Regel mit einer Strafmilderung verbunden. Im Erwachsenenbereich wird es nebst Gerichten, Staatsanwaltschaften, Selbstmeldern, der Opferhilfe oder auch der JVA (2 %) durch Aktenzuweisung seitens der Amtsanwaltschaften in hohem Maße in Anspruch genommen. Der Verfahrensablauf ist freiwillig und für die Betroffenen kostenlos und gestaltet sich meist folgendermaßen: • Die Betroffenen oder die oben genannten Stellen melden sich beim Verein. • Täter und Opfer erklären sich, oft nach getrennten Erstgesprächen, bereit, einen Ausgleich zu suchen. • Die Tat wird in einem gemeinsamen Gespräch oder in Einzelgesprächen aufgearbeitet und eine Wiedergutmachung des Schadens ausgehandelt, wobei der Verein z.B. prüft, was als Ausgleichssumme realistisch ist; dabei hat eine Therapie bei Drogendelikten Vorrang vor dem TOA. • Die häufigsten Wiedergutmachungsleistungen sind: Entschuldigung, Geldzahlung (auch Ratenzahlungen), Arbeitsleistung, Einladung oder G e schenk. • Ein Vertrag wird abgeschlossen. • Der Verein überprüft die Einhaltung. Der Täter-Opfer-Ausgleich bietet Chancen für beide Seiten Der Verein Konfliktschlichtung ist ein gemeinnütziger anerkannter freier sozialer Träger und führt seit 1987 den TäterOpfer-Ausgleich (TOA) mit jugendlichen und heranwachsenden Geschädigten und Beschuldigten von Straftaten in Oldenburg durch, seit 1999 auch im allgemeinen Strafrecht mit erwachsenen Beschuldigten und deren Geschädigten im gesamten Landgerichtsbezirk Oldenburg. Er finanziert sich aus Geldern vom Land, von der Stadt, aus Spenden und Bußgeldern, die ihm zugesprochen werden. Ziel des Vereins ist es, Verfahren (und Haft) zu vermeiden. Daher ruht ein juristisches Verfahren auch während des Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Fortsetzung auf Seite 42 41 Recht & Soziales III zur Förderung der Berufsausbildung nicht erhalten.“ Fortsetzung von Seite 41 • Die Amts-/Staatsanwaltschaft und das Gericht werden durch den Verein über das Ergebnis informiert. In seltenen Fällen kann auch ein zinsloses Darlehen aus einem Opferfond gewährt werden. Der Täter-Opfer-Ausgleich bietet Chancen für beide Seiten: Die Opfer erhalten die Gelegenheit, • Ihre Verletztheit, Wut oder Trauer zum Ausdruck zu bringen, • Ihre Vorstellungen und Wünsche zur Lösung des Konflikts vorzubringen, • Über mögliche Schadensersatzansprüche informiert zu werden, • Gegebenenfalls direkt und unbürokratisch Schadenswiedergutmachung zu erhalten, • Ein zeit- und kostenaufwendiges Zivilverfahren zu vermeiden. Die Täter erhalten die Möglichkeit: • Sich mit den Folgen für das Opfer auseinanderzusetzen und sich für ihr Verhalten zu entschuldigen, • Den Schaden aktiv nach ihren Möglichkeiten wieder gutzumachen, • Die Verantwortung für die Tat zu übernehmen, • Die Hintergründe für ihr Verhalten zu schildern, • Gegebenenfalls eine gerichtliche Bestrafung zu vermeiden bzw. abzumildern. Die Mitarbeiter der Konfliktschlichtung unterliegen der Schweigepflicht und haben eine Ausbildung im Sozialpädagogischen Bereich und als Mediatoren in Strafsachen. UM Anwaltskosten In Folge einer Straftat können die Anwaltskosten einen nicht geringen Anteil einnehmen. Das gilt sowohl für die Zeit bis zur Verurteilung als auch für die Zeit der Inhaftierung. Oft sind die Gefangenen mittellos geworden und verfügen auch bei ausgeübter Arbeit in der Anstalt nicht über nenneswerte Mittel. Die „Tr§tzdem“ hat dazu eine namhafte Bremer Anwaltskanzlei befragt, ob es evtl. Beihilfen für Anwaltskosten oder eine eingeübte Handhabungspraxis im Bereich der Anwälte gibt. Dazu erhielten wir folgende Antwort, die die herrschende Praxis wiedergeben dürfte: „Soweit Anwaltskosten vor der Inhaftierung angefallen sind, bleibt es bei der alten Regelung, entweder Prozesskostenhilfe oder Pflichtverteidigergebühr oder aber, die Kostentragung bleibt beim Mandanten. Für all die Fälle, die wäh42 Anmerkung Tr§tzdem: Die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich nicht nach dem im Gefängnis verdienten Lohn, sondern basiert auf einer Einstufung des Betroffenen in vier Qualifikationsgruppen. Dabei geht es rend der Inhaftierung einen Anwalt benötigen, gibt es an staatlichen Beihilfen nur die Fälle der Pflichtverteidigung oder der Prozesskostenhilfe. In Strafvollstreckungsverfahren (im wesentlichen Fragen der Entlassung) ist eine Pflichtverteidigung nur bei gravierenden Verfahren möglich und anerkannt. Bei Verfahren gegen Maßnahmen des Strafvollzuges gibt es die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe. Durch die Anwaltskammer gibt es keine Regelung, auch keine generelle in der Kanzlei. Wir entscheiden die Sachen von Fall zu Fall“. Die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich nicht nach dem im Gefängnis verdienten Lohn. darum zu ermitteln, welchen Lohn der Gefangene bei einer aktuellen Vermittlung entsprechend seiner persönlichen Qualifikation und bisherigen Berufslaufbahn auf dem Arbeitsmarkt erhalten würde. UM UM Die private Altersvorsorge Das Arbeitslosengeld Nach der Zeit der Inhaftierung entsteht für einen Gefangenen oft die Frage: Was geschieht, wenn ich nicht sofort Arbeit finde, habe ich eventuell einen Anspruch auf Arbeitslosengeld durch meine Arbeit in der JVA erworben, und wie hoch wäre dann das Arbeitslosengeld? Die „Tr§tzdem“ hat dazu die Bundesagentur für Arbeit befragt und erhielten folgende Antwort: „Eine detaillierte Auskunft ist aufgrund der Vielschichtigkeit zu dem Themenkomplex so nicht möglich. Grundsätzlich ist festzustellen, dass eine Benachteiligung von Gefangenen dann nicht eintritt, wenn diese in der JVA eine Tätigkeit ausüben und dadurch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben. Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht u.a. dann, wenn innerhalb einer zweijährigen Rahmenfrist (Beginn vor dem Tag, an dem alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind) 360 versicherungspflichtige Kalendertage nachgewiesen werden. Besondere Bestimmungen für Inhaftierte gelten insoweit, dass Versicherungspflicht für diejenigen unterstellt wird, die Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung (§§ 43 bis 45, 176 und 177 StVollzG) erhalten oder Ausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs der Leistungen des SGB Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Während der Zeit der Inhaftierung besteht keine gesetzliche Rentenversicherung. Daher ist vielfach von großem Interesse, welche Leistungsverluste ggf. bei der Altersrente durch die Zeit der Inhaftierung eintreten und welche Ausgleichsmöglichkeiten bestehen. Da zudem aus den durch Arbeit erworbenen Beträgen nur in geringem Umfang Beiträge für eine private Altersvorsorge geleistet werden können, beschränkt sich die Ausgleichsmöglichkeit deutlich. Dennoch sollte es im Interesse jedes Gefangenen liegen, trotz aller Widrigkeiten für seine Altersicherung etwas zu tun. Wir haben dazu einen namhaften Finanzdienstleister befragt, ob die staatlich geförderten Modelle „Riesterrente“ oder das „Rürup-Modell“ für einen Gefangenen zugänglich sind und folgende Antwort (zusammengefasst) erhalten: „Die Nutzung der Riesterrente ist als so genannter mittelbar Förderberechtigter möglich. Das bedeutet, sofern die Recht & Soziales Minijobber können Rentenbeiträge selbst aufstocken Ehefrau einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht, darf der Ehemann ebenfalls einen Riestervertrag für sich nutzen. Auch eine Nutzung des Rürup-Modells ist ebenfalls möglich. Wichtig hierbei ist allerdings, dass die Beträge vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden. Eine Entscheidung für das Rürup-Modell macht also nur Sinn, sofern steuerpflichtiges Einkommen erzielt wird. Voraussetzung ist aber jeweils eine Kontoverbindung und eine Meldeadresse außerhalb der JVA. Eine weitere Möglichkeit wäre noch eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der aktuelle Mindestbeitrag beläuft sich auf 79,60 €. Die daraus resultierenden Vorteile sind (bei Verzicht auf die Versicherungsfreiheit): • Erwerb vollwertiger Beitragszeiten mit einem relativ niedrigen eigenen Beitragsanteil • Erwerb des Anspruchs auf Rehabilitationsleistungen • Beanspruchung der staatlichen Förderung für private Altersvorsorge • Versicherungsschutz für Erwerbsminderung kann aufrechterhalten oder wieder erworben werden Laut Mitteilung der Rentenversicherungsträger können so genannte Minijobber ihre gesetzlichen Rentenversicherungsbeiträge selbst aus eigenen Mitteln aufstocken. Muss z.B. ein Strafgefangener nach seiner Entlassung einen Minijob annehmen, so kann er auf dies Weise aus dem Pauschalbeitrag des Arbeitgebers, mit dem er nur minimale Ansprüche auf Altersrente erwirbt, vollwertige Pflichtbeiträge machen. Damit der normale Beitrag zur Rentenversicherung eingezahlt wird, müssen Minijobber den Pauschalbeitrag des Arbeitgebers um monatlich 18 Euro aus eigener Tasche ergänzen. Nach einem halben Jahr haben Minijobber dann Ansprüche auf das volle Leistungsspektrum der gesetzlichen Rentenversicherung, wie Rente wegen Erwerbsminderung, vorgezogene Altersrente und Rehabilitationskuren. Werner Brauer Das Bankkonto Nach einer Inhaftierung entstehen oft ungeordnete Verhältnisse im finanziellen Bereich, die auch zu Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung des Haushaltskontos beim Finanzinstitut führen können. Wir haben dazu einige Banken befragt und von einer namhaften Bank aus Oldenburg folgende Antwort (zusammengefasst) erhalten: „Die Beziehung von Kunde zu Bank ist in besonderem Maße von individuellen Vorstellungen und persönlichen Möglichkeiten geprägt. Wir empfehlen in allen Fällen eine persönliche Beratung.“ In den Empfehlungen des Zentralen Kreditausschusses „Girokonto für jedermann“ heißt es: Wichtig hierbei ist noch, dass dann eine Nutzung des RiesterModells auch unmittelbar möglich ist, d.h. die Möglichkeit der Nutzung ohne Berücksichtigung der Ehefrau bzw. die Nutzbarkeit für Alleinstehende. UM „Alle Kreditinstitute, die Girokonten für alle Bevölkerungsgruppen führen, halten für jede/n Bürgerin/Bürger in ihrem jeweiligen Geschäftsgebiet auf Wunsch ein Girokonto bereit. Der Kunde erhält dadurch die Möglichkeit zur Entgegennahme von Gutschriften, zu Bareinund auszahlungen und zur Teilnahme am Überweisungsverkehr. Überziehungen braucht das Kreditinstitut nicht zuzulassen. Jedem Institut ist es freigestellt, darüber hinausgehende Bankdienstleistungen anzubieten. Die Bereitschaft zur Kontoführung ist grundsätzlich gegeben, unabhängig von Art und Höhe der Einkünfte, z.B. Arbeitslosengeld, Sozialhilfe. Eintragungen bei der SCHUFA, die auf schlechte wirtschaftliche Verhältnisse des Kunden hindeuten, sind allein kein Grund, die Führung eines Girokontos zu verweigern. Das Kreditinstitut ist nicht verpflichtet, ein Girokonto für den Antragsteller zu führen, wenn dies unzumutbar ist. In diesem Fall darf die Bank auch ein bestehendes Konto kündigen. Unzumutbar ist die Eröffnung oder Fortführung einer Kontoverbindung insbesondere, wenn • die bezweckte Nutzung des Kontos zur Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht gegeben ist, weil z.B. das Konto durch Handlungen vollstreckender Gläubiger blockiert ist oder ein Jahr lang umsatzlos geführt wird • nicht sichergestellt ist, dass das Institut die für die Kontoführung und – nutzung vereinbarten üblichen Entgelte erhält.“ (Aufzählung nicht vollständig) UM Beratungskosten Die „Tr§tzdem“ hatte den Verein Bremische Straffälligenbetreuung wegen eventueller weiterer Hilfen bei den Anwaltskosten angeschrieben und erhielt dazu von deren Vorstandsmitglied Prof. Dr. Johannes Feest vom Strafvollzugsarchiv der Universität Bremen folgende Antwort: „Bei den Beihilfen für Anwaltskosten kommt es darauf an: • Soweit es um Strafverfahren geht, gibt er nur die Möglichkeit der „notwendigen Verteidigung“, das heißt des Pflichtverteidigers, der vom Staat bezahlt wird, wenn die in § 140 StPO aufgeführten Voraussetzungen vorliegen. Wird man trotz Pflichtverteidiger verurteilt, dann muss man auch diese Fortsetzung auf Seite 44 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 43 Recht & Soziales Fortsetzung von Seite 43 Kosten als Teil der Gerichtskosten tragen. • Gleiches gilt auch für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes im Vollstreckungsverfahren, insbesondere bei der vorzeitigen Entlassung. • In allen anderen Verfahrensarten (Zivilverfahren, Verwaltungsverfahren, Strafvollzugsverfahren nach §§ 109 ff StVollzG) gibt es dagegen ausschließlich die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe (§ 120 Abs. 2 StVollzG), soweit es den Strafvollzug betrifft. Dies muss man speziell auf einem dafür vorgesehenen Formblatt beantragen, wenn man einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellt. Voraussetzung ist, §§ dass man nur geringes Einkommen hat und, dass die Sache eine gewisse Aussicht auf Erfolg hat. • Dies alles gilt nur für gerichtliche Verfahren, nicht aber für das Wi- derspruchsverfahren oder andere verwaltungsinterne Verfahren. Hierfür gibt es die Möglichkeit der Beratungshilfe. Diese kann mittellosen Antragstellern gewährt werden, wenn sie vor einem gerichtlichen Verfahren mit einem Anwalt sprechen wollen. Gesetzliche Grundlage ist das Beratungshilfegesetz, welches alle Rechtsanwälte zur Beratungshilfe verpflichtet. Man muss einen entsprechenden Antrag beim örtlichen Amtsgericht stellen, erhält dann einen Anwalt zugeordnet, dessen Beratungskosten dann die Landeskasse übernimmt (zu Einzelfragen und Hilfe bei der Antragstellung sollte man den Sozialen Dienst fragen). UM Arbeitsentgelt für Straf- und Untersuchungsgefangene Das Arbeitsentgelt für Strafgefangene beträgt in der Vergütungsstufe III 9/100 der Eckvergütung (§ 200 StVollzG / § 18 SGB IV), und der Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung (§ 43 StVollzG). Das Arbeitsentgelt für Untersuchungsgefangene beträgt in der Vergütungsstufe III 5/100 der Eckvergütung (§ 177 StVollzG / § 18 SGB IV). Eckvergütung: Duchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr (§ 18 SGB IV). Festsetzung des Arbeitsentgelts / der Ausbildungsbeihilfe für Gefangene im Jahre 2007 I. Gefangene einschließlich der jugendlichen / heranwachsenden Untersuchungsgefangenen (§§ 200, 176 Abs. 1 StVollzG) Vergütungsstufe § 1 StVollzVergO Vom-HundertSatz § 1 StVollzVergO Tagessatz EUR Tagessatz EUR (manuell auf 2 Stellen nach Komma abgerundet – wie in Basis) Stundensatz EUR (39,75 Std.) Minutensatz Cent 39,75 WoStd. I 75 v. H. 7,9380 7,94 1,00 1,665 II 88 v. H. 9,3139 9,31 1,17 1,952 III 100 v. H. 10,5840 10,58 1,33 2,218 IV 112 v. H. 11,8541 11,85 1,49 2,484 V 125 v. H. 13,2300 13,23 1,66 2,774 Hausgeld/Überbrückungsgeld Das Arbeitsentgelt wird zu 3/7 Hausgeld und zu 4/7 Überbrückungsgeld aufgeteilt. Diese Regelung gilt nur für Strafgefangene. II. Erwachsene Untersuchungsgefangene (§ 177 S. 2 StVollzG) 44 Vergütungsstufe § 1 StVollzVergO Vom-HundertSatz § 1 StVollzVergO Tagessatz Euro Tagessatz EUR (manuell auf 2 Stellen nach Komma abgerundet – wie in Basis) Stundensatz EUR (39,75 Std.) Minutensatz Cent 39,75 WoStd. I 75 v. H. 4,4100 4,41 0,55 0,925 II 88 v. H. 5,1744 4,17 0,65 1,084 III 100 v. H. 5,8800 5,88 0,74 1,233 IV 112 v. H. 6,5856 6,59 0,83 1,382 V 125 v. H. 7,3500 7,35 0,92 1,541 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Recht & Soziales Gelder der Gefangenen (Strafhaft) 1. Konten: a) Hausgeld b) Eigengeld c) Überbrückungsgeld 1.1 Pfändungen a) 47 StVollzG – Der Gefangene darf von seinen in diesem Gesetz geregelten Bezügen drei Siebtel monatlich (Hausgeld) und das Taschengeld (§ 46) für den Einkauf oder anderweitig verwenden. Das Hausgeld ist nicht pfändbar*. (* siehe aber § 93 und § 121 StVollzG) Der Einkauf ist ein von der Anstalt vermitteltes Angebot an Nahrungs- und Genussmitteln sowie von Mitteln zur Körperpflege. Andere Dinge können ebenfalls vom Hausgeld finanziert werden. b) § 52 StVollzG – Bezüge des Gefangenen, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag, Unterhaltsbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, sind dem Gefangenen zum Eigengeld gutzuschreiben. Am häufigsten kommt Eigengeld zustande durch Einzahlung von außen und wenn das Überbrückungsgeld voll angespart ist. Die 4/7 der Bezüge werden dann dem Eigengeld gutgeschrieben. Erreicht das Überbrückungsgeld nicht die festgesetzte Höhe gem. § 51 Abs. 1 StVollzG, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrages auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unpfändbar. c) § 51 StVollzG – Aus den in diesem Gesetz geregelten Beträgen … ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll. 4/7 der Bezüge werden dem Überbrückungsgeld gutgeschrieben. Das Überbrückungsgeld ist ohne Rücksicht auf die Anzahl der Unterhaltsberechtigten der Gefangenen nach dem Vierfachen des Mindestbetrages des Regelsatzes zu bestimmen, der jährlich festgesetzt wird. Zurzeit beträgt die Höhe des anzusparenden Überbrückungsgeldes 1.380,00 €. Das Überbrückungsgeld ist nicht pfändbar für die Dauer von vier Wochen nach der Entlassung. Beispiel: Kontostand: HG: 120,00 € EG: 200,00 € ÜG: 1300,00 € Es liegt ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des NLBV* in Höhe von 3.000,00 Euro vor. Folgerung: Das Hausgeld bleibt dem Inhaftierten in voller Höhe zur Verfügung. Das Überbrückungsgeld bleibt ebenfalls in voller Höhe bestehen. Vom Eigengeld kann gepfändet werden: Es fehlen noch 80,00 Euro, um das ÜG voll angespart zu haben. Das Eigengeld wird in der Höhe, die noch für das ÜG fehlt, als ÜG gewertet, d. h. es ist in der Höhe ebenfalls nicht pfändbar: ÜG – Soll: 1.380,00 € - ÜG – Ist: 1.300,00 € = 80,00 € 80,00 € = 120,00 € EG: 200,00 € - unpfändbares EG: (* Niedersächsisches Landesamt für Bezüge und Versorgung, Aurich) 120,00 € werden vom NLBV* gepfändet. 1.2 Verwendung a) Das Hausgeld dient insbesondere dem Einkauf von Nahrungs- und Genussmitteln. Es kann aber auch für sämtliche anderen Ausgaben verwendet werden. Einschränkungen ergeben sich lediglich aus Gründen der Sicherheit und Ordnung (z.B. Alkohol, Waffen). b) Eigengeld, das für einen Gefangenen zu einer bestimmten Verwendung eingezahlt wird, wird nicht als Überbrückungsgeld behandelt, wenn der Verwendungszweck der Eingliederung dient. Eigengeld kann nur dann zum Einkauf eingesetzt werden, wenn der Inhaftierte unverschuldet nicht über Haus- oder Taschengeld verfügt. Also dann, wenn er unverschuldet ohne Arbeit ist und kein Taschengeld empfangen hat. Das Eigengeld kann in dem Fall jedoch nicht grenzenlos eingesetzt werden, sondern lediglich in einem angemessenen Umfang. Im Regelfall ist der angemessene Umfang der 4-fache Tagessatz der Eckvergütung (42,32 €), nach sechs Monaten der 6-fache Tagessatz (63,48 €). Beispiele für die Eingliederung der Gefangenen: Kosten für Vollzugslockerungen und Urlaub Schrift- und Paketverkehr Ferngespräche und Telegramme Schulische oder berufliche aus- und weiterbildende Maßnahmen, einschl. Hilfsmittel Erwerb von Gegenständen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung Bezug von Zeitschriften und Zeitungen Beschaffung, Überprüfung, notwendige Änderungen, Reparaturen und Betrieb eines Hörfunk- oder Fernsehgerätes c) Das Überbrückungsgeld und das als Überbrückungsgeld notwendige Eigengeld können bei einem von der Anstalt zu bestimmenden Geldinstitut bis zur Entlassung verzinslich angelegt werden. Voraussetzung ist, dass die Ersteinlage mindestens 50,00 € beträgt und der voraussichtlich noch zu verbüßende Strafrest mindestens 1 Jahr beträgt. Weitere Spareinlagen müssen mindestens 50,00 € betragen. (Anmerkung Tr§tzdem: Gemäß dem Entwurf zum Gesetz zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen ist in § 46 Abs. 1, Satz 2 vorgesehen: „Wird die Befugnis, über das Hausgeld zu verfügen, disziplinarisch beschränkt oder entzogen (§ 95 Abs. 1 Nr. 2), ist das in dieser Zeit anfallende Hausgeld dem Überbrückungsgeld hinzuzurechnen.“) Tr§tzdem 2007 Nr. 36 45 Recht & Soziales 1.3 Sparraten Um die Verfügungsbefugnis der Inhaftierten über das eigene Geld nicht unverhältnismäßig einzuschränken, besteht bei Langstrafigen die Möglichkeit der Sparratenbildung. Bei Gefangenen mit langer Freiheitsstrafe, deren Bezüge ein vorzeitiges Erreichen des ÜG-Solls ermöglichen, können Sparraten gebildet werden, durch die das Überbrückungsgeld bis zum voraussichtlichen Ende des Vollzuges planmäßig aufgestockt wird. Sind die Raten niedriger, als die zur Verfügung stehenden 4/7 der Arbeitsbezüge, wird der verbleibende Teil dem Eigengeld gutgeschrieben. Der Gläubigerschutz ist in jedem Fall zu beachten. 2. Haftkosten 2.1 Grundlagen: Gemäß § 50 StVollzG wird von der JVA ein Haftkostenbeitrag erhoben. Die Haftkosten sind Teil der Kosten der Vollstreckung der Rechtsfolgen einer Tat. Ein Haftkostenbeitrag wird nicht erhoben, wenn der Gefangene a) Bezüge nach diesem Gesetz (StVollzG) erhält, b) ohne sein Verschulden nicht arbeiten kann oder c) nicht arbeitet, weil er nicht zur Arbeit verpflichtet ist. Inhaftierte, die unter die Buchstaben b) und c) anzusiedeln sind, zahlen Haftkosten, wenn sie während der arbeitslosen Zeit (über 1 Monat) Einkünfte (z.B. Mieteinnahmen, Rente) erhalten. Das bedeutet, dass u. U. auch Untersuchungsgefangene, Kranke pp. Haftkosten zu entrichten haben. Grundsätzlich zahlt aber niemand Haftkosten, der in der JVA arbeitet. 2.2 Berechnung der Haftkosten: 1) Haftkosten für den Abrechnungsmonat a) Unterkunft Vom _______ bis zum ________ / am _________ □ Einzelbelegung (mtl. 167,02 €) ______ Tag(e) x 5,57 € = __________ € □ Doppelbelegung (mtl. 88,42 €) ______ Tag(e) x 2,95 € = __________ € □ Doppelbelegung (mtl. 88,42 €) ______ Tag(e) x 2,29 € = __________ € JVA Vom _______ bis zum ________ / am _________ □ Einzelbelegung (mtl. s. o.) ______ Tag(e) x 5,57 € = __________ € □ Doppelbelegung (mtl. s. o.) ______ Tag(e) x 2,95 € = __________ € □ Doppelbelegung (mtl. s. o.) ______ Tag(e) x 2,29 € = __________ € Vom _______ bis zum ________ / am _________ □ Einzelbelegung (mtl. s. o.) ______ Tag(e) x 5,57 € = __________ € □ Doppelbelegung (mtl. s. o.) ______ Tag(e) x 2,95 € = __________ € □ Doppelbelegung (mtl. s. o.) ______ Tag(e) x 2,29 € = __________ € Insgesamt a) __________ € Verpflegung ________ Tag(e) x Frühstück (1,48 €/Tag; 44,30 €/Monat) = __________ € ________ Tag(e) x Mittagessen (2,64 €/Tag; 79,20 €/Monat) = __________ € ________ Tag(e) x Abendessen (2,64 €/Tag; 79,20 €/Monat) = __________ € Insgesamt b) __________ € Haftkosten ( a) + b)) __________ € 2) dem Gefangenen für einen Haftkostenbeitrag im Abrechnungsmonat zur Verfügung stehende Gelder Einkünfte i.S.d. § 50 StVollzG im Abrechnungsmonat (von HK 1 zu übernehmen) __________ € ./. mittleres Arbeitsentgelt im Abrechnungsmonat (Eckvergütung gem. §§ 43 II, 200 StVollzG): 10,58 € x ______ (max. 21) Arbeitstage = __________€ = Verbleiben für Haftkostenbeitrag __________€ ./. Betrag, der im Abrechnungsmonat zur Wiedereingliederung notwendig ist __________€ Begründung: Wiedereingliederung gefährdet, da □ Gefangener in Aus- und Weiterbildung und Gewährung von Bezügen nach öffentlich- rechtlichen Bestimmungen (z.B. Arbeitsförderungsgesetz, „kleines Unterhaltsgeld“) vom Verzicht auf Erhebung von Haftkostenbeiträgen abhängig, □ Unterhaltsleistungen i.H.v. _________ € ermöglicht werden sollen, □ Opferentschädigungen i.H.v. _________ € ermöglicht werden sollen, □ Gelder zum Erhalt der alsbald wieder zu beziehenden Wohnung i.H.v. _________ € notwendig sind □ sonstige Gründe ____________________________________ (siehe Bl. _______) = Verbleiben für Haftkostenbeitrag ___________ € 3) vom Gefangenen für den Abrechnungsmonat tatsächlich zu entrichtender Haftkostenbeitrag ___________ € Der Haftkostenbeitrag beträgt maximal 369,72 €. (Anmerkung Tr§tzdem: siehe auch Beitrag aus den Märkblättern des Strafvollzugsarchiv von Johannes Feest zum Thema Haftkosten) 46 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Recht & Soziales 2.3 Beispiele: a) Ein Strafgefangener legt seine Arbeit nieder, da er keine Lust mehr hat zu arbeiten. Haftkosten werden ab dem 1. Tag berechnet und sind von ihm zu zahlen. b) Ein Strafgefangener erhält Mieteinnahmen i.H.v. 500,00 Euro. Er ist zur Arbeit eingesetzt. Aufgrund von Arbeitsmangel verliert er seinen Arbeitsplatz am 01.01.2007. Am 20.01.2007 kann ihm wieder ein Arbeitsplatz zugewiesen werden. Es sind keine Haftkosten zu zahlen. c) Ein Untersuchungsgefangener erhält Mieteinnahmen i.H.v. 500,00 Euro. Seit dem 01.01.2007 ist er ohne Beschäftigung. Am 10.02.2007 fängt er wieder an zu arbeiten. Es sind für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 09.02.2007 Haftkosten zu zahlen. 3. Taschengeld 3.1 Grundlagen: a) Strafhaft b) unverschuldet kein Arbeitsentgelt und keine Ausbildungsbeihilfe c) bedürftig 3.2 Berechnung Das Taschengeld beträgt 14 % der Eckvergütung. Im Jahr 2007 ist dies ein Betrag von 1,48 € pro Tag. Bei der Berechnung sind Arbeitstage zugrunde zu legen. Der Antrag wird immer rückwirkend gestellt. Das bedeutet, wenn ein Inhaftierter im Monat Januar unverschuldet ohne Arbeit war, stellt er den Antrag auf Taschengeld im Februar. Bedürftig ist ein Gefangener, soweit ihm im laufenden Monat aus Hausgeld und Eigengeld nicht ein Betrag bis zur Höhe des Taschengeldes zur Verfügung steht. Der laufende Monat ist der Zeitraum zwischen der letzten Hausgeldauszahlung und der aktuellen Entscheidung. 3.2.1 Anzurechnende Gelder Alle „Einkünfte“ seit der Taschengeldentscheidung und vorhandenes Geld. Externe gelder sind zu berücksichtigen, sofern der Inhaftierte darüber verfügen könnte. 3.2.2 Nicht anzurechnende Gelder - gespartes Taschengeld - im Vormonat verbrauchtes Hausgeld - zum Einkauf eingesetztes Eigengeld - für Beileistungen zu den Kosten einer zahnprothetischen Behandlung eingegangenes Geld - für Vollzugslockerungen und Urlaub eingegangenes Geld - Eigengeld, das zur Verwendung für den Schrift- und Paketverkehr und für Ferngespräche bestimmt ist, kann bis zur Höhe des 1½ fachen Tagessatzes der Eckvergütung in begründeten Fällen unberücksichtigt bleiben - Ein Geldbetrag, der für einen Gefangenen statt eines Paketes zum Einkauf eingezahlt wird, bis zu dem für den Ersatzeinkauf festgesetzten Höchstbetrag (7-facher Tagessatz der Eckvergütung, beim Weihnachtspaket der 9-fache Tagessatz der Eckvergütung) 3.3 Beispiele: a) Der Strafgefangene Peter P. ist seit dem 01.06.2006 unverschuldet ohne Arbeit. Im August 2006 stellt er einen Taschengeldantrag für den Monat Juli 2006. In den vergangenen Monaten hat er lediglich Taschengeld erhalten. Zum Zeitpunkt der Bearbeitung des Antrages hat er keinen Cent auf seinem Konto. Der Antrag wird entsprechend genehmigt. Peter P. erhält den vollen Tagessatz. b) Nach der Taschengeldzahlung bekommt Peter von seiner Frau 200 Euro für eine notwendige zahnprothetische Behandlung eingezahlt. Das Taschengeld für August 2006 wird ebenfalls in voller Höhe gewährt. c) Am 05.09.2006 bekommt Peter das Taschengeld für den Monat August gutgeschrieben. Der August hatte 23 Arbeitstage, sodass ihm insgesamt 34,04 Euro ausgezahlt wurden. Am 07.09.2006 werden ihm nochmals 200 Euro von seiner Frau eingezahlt. Peter soll von diesen 200 Euro für die Zahnbehandlung 120 Euro verwenden. Für einen Ausgang soll er 30 Euro für eine Zugfahrkarte benutzen. Für Briefmarken sind von der Ehefrau 20 Euro vorgesehen und die Telefonkarte soll ebenfalls um 20 Euro aufgefüllt werden. Die restlichen 10 Euro soll er für den Einkauf verwenden. Peter stellt im Oktober einen Taschengeldantrag für September. Das Geld hat er so ausgegeben, wie es von seiner Frau gewünscht war. Dennoch wird bei der Berechnung einiges berücksichtigt: 10 Euro für den Einkauf müssen berücksichtigt werden. Da keine weiteren Informationen vorliegen, müssen auch die 40 Euro für Telefon- und Briefverkehr berücksichtigt werden. Insgesamt sind also 50 Euro bei der Taschengeldberechnung zu berücksichtigen. Dieser Betrag liegt über dem Taschengeldsatz, und es wird für September kein Taschengeld gewährt. d) Am 27.12.2006 wird Peter ein Arbeitsplatz zugewiesen. Er arbeitet 2 Tage und am 29.12. ist er krank. Im Januar stellt Peter einen Antrag für Dezember. Am 05.01.2007 bekommt Peter seinen Lohn für die 2 Arbeitstage im Dezember: 9 Euro Hausgeld und 12 Euro Überbrückungsgeld. Der Dezember 2006 hatte 19 Arbeitstage. Daraus ergibt sich ein max. Taschengeldanspruch von 19 x 1,48 = 28,12 Euro. Im laufenden Monat hat Peter Lohn erhalten (9 Euro). Dieser Lohn ist anzurechnen. 19,12 Euro Taschengeld. Der Krankentag ist unerheblich. Thomas Siggelkow Tr§tzdem 2007 Nr. 36 47 Kultur — Ausland — Medien Literatur & Co. Das Pandora Projekt (James Patterson) Ein Labor – mitten im Nirgendwo, auf keiner Karte verzeichnet. Ein Experiment – das zur Folge 6 Menschenkinder hat, die nur zu 98 % menschlich sind. Die anderen 2 % jedoch haben eine so gewaltige Wirkung, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Die sechs „Geschwister“ entfliehen dem Labor und ihrer Gefangenschaft und leben eine Zeitlang idyllisch in einem versteckten Haus. Jedoch findet ihr ruhiges Dasein ein jähes Ende, als die Eraser, die das Produkt eines anderen Experimentes sind und sich in Wölfe verwandeln können, das jüngste Mitglied der Familie entführen und zu neuen Versuchen ins Labor zurückbringen. Mutig entschließen sich die übrigen 5, die Kleine zu befreien. Eines sei noch gesagt: Wenn Du es wagst, diese Geschichte zu lesen, wirst Du zu einem Teil des Experiments – das klingt etwas mysteriös, aber mehr können wir Dir im Augenblick nicht sagen. Ehrenwirth, 2006, ISBN-10: 3-431-03696-1, ISBN-13: 978-3-431-03696-1, € 18,00. Entscheidungen, Mein Leben in der Politik (Gerhard Schröder) „Entscheidungen“ ist kein literarisches Meisterwerk, es ist nicht voller Poesie, nicht lyrisch, nichts von alledem, es ist sachlich, trocken, unumwunden, kurz, so wie sich der angelernte Mittelstürmer Schröder auch auf dem Fußballplatz verhalten hätte. Mal kurz, nach einer vergebenen Chance zur Linken oder – wenn es denn sein musste – auch rechten Seite blickend, aber ansonsten immer gerade weiter, genau so, wie er Politik gemacht hat, so verfasst er sein Buch. Nicht ansatzweise mit geistigem Esprit, keine Anekdötchen, mal launisch - an sich nichts, was einen reizen würde, die nächste Seite auch noch zu lesen – wenn Schröder da nicht eine gewisse Spannung aufbauen würde, die einen veranlasst, doch weiter zu lesen, und sei es nur, um zu erfahren, wie er glaubt, dass das Spiel weitergeht. Hoffmann und Campe, 2006, ISBN-10: 3-455-50014-5, ISBN-13: 978-3-455-50014-1, € 25,00. Studs meets music – Studs Terkel im Gespräch mit großen Musikern des 20. Jahrhunderts (Studs Terkel) Pulitzerpreisträger Studs Terkel war Radio-DJ und interviewte im Lauf seiner langen Tätigkeit für einen Radiosender in Chicago einige der größten Musiker des 20. Jahrhunderts. Seit 1945 (!) machte er Radio, eine bemerkenswert lange Karriere. In dem Buch sind 25 Interviews zusammengefasst, unter anderem mit Bob Dylan, Leonard Bernstein, Louis Armstrong, Janis Joplin, Elisabeth Schwarzkopf, Ravi Shankar, Alfred Brendel. Besonders interessant ist, dass einige Gäste im Lauf der Zeit mehrmals interviewt wurden und dies in die Interviewniederschrift eingearbeitet ist, zum Beispiel bei Alfred Brendel, Lotte Lehmann oder Tito Gobbi. Aufschlussreiche Einsichten in die Entwicklung der verschiedenen Musikstile im letzten Jahrhundert gibt dieses Buch. Studs gewährt uns einen Einblick in die zutiefst amerikanische Art der Musikrezeption, mit viel Verständnis, Kompetenz und hintergründigem Witz, auch über die „guten, alten Zeiten“. Verlag Antje Kunstmann, München 2006, 237 S., ISBN: 3-88897-453-4, 19,90 € No Drugs, No Future (Günter Amendt) zwei Bände Wer bei diesem Titel eine Verherrlichung von legalen oder illegalen Genussmitteln erwartet (oder erhofft), wird enttäuscht oder sollte vom Lesen des Buches Abstand nehmen. Wer aber daran interessiert ist, die Meinung des Autors über politische Hintergründe, Gesellschaft und Psyche des Individuums im Zusammenhang mit Drogen zu erfahren, dem sei diese Lektüre wärmstens empfohlen. Amendt, der dieses Thema seit drei Jahrzehnten immer wieder aufgreift, gibt Einblick über den Umgang mit Rauschmitteln in der Öffentlichkeit, informiert über die Risiken von Drogen ohne Verbotsdrohung und zeigt Wege auf, Überlebenshilfen bereitzustellen für Menschen, die in einen Suchtkreislauf geraten sind. Am Beispiel von Doping zeigt der Autor auf, dass Drogen als Mittel zur Steuerung und Selbststeuerung des Menschen schon jetzt aus dem Alltagsbewusstsein nicht mehr wegzudenken sind und ruft dazu auf, sich von der Illusion einer drogenfreien Gesellschaft zu verabschieden. No Drugs, No Future untersucht nicht zuletzt, wer sich aus welchen Gründen diesem Gebot widersetzt. Zweitausendeins, 2006, ISBN-10: 3-86150-625-4 48 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Kultur — Ausland — Medien Literatur & Co. Das Gesetz der Hydra (Paul Kirchhof) Paul Kirchhof, ehemaliger Landesminister und Richter am Bundesverfassungsgericht, designierter Finanzminister und „der Professor aus Heidelberg“ im Bundestagswahlkampf 2005, versteht es, mit geschliffener, zum Teil blumiger Sprache, die gesellschaftliche/politische Wirklichkeit im Spiegel der grundgesetzlich verfassten Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland darzustellen. Seine 12-köpfige „Hydra“ steht für die nicht nur von ihm ausgemachten Problemfelder des Staates und seiner Gesellschaft. Wer ein politisch interessierter Zeitgenosse ist, sollte sich die mit der Sorgfalt und Genauigkeit eines Juristen niedergelegten gesellschaftspolitischen Analysen und Rezepte für eine Erneuerung nicht entgehen lassen. Wer mitsprechen will, dem sollte es eine Pflichtlektüre sein. Droemer Verlag, 2006, ISBN-10: 3-426-27407-8, ISBN-13: 978-3-426-27407-1, € 19,90. Der Geschichtenerzähler (Patricia Highsmith) Sydney und Alicia Bartleby sind ein Künstlerehepaar und leben zurückgezogen, um besser arbeiten zu können, in Blycom Heath, einem kleinen Dorf in der Grafschaft Suffolk in Groß-Britannien. Sie ist Malerin und er ist Autor von Drehbüchern und Kriminalromanen. Jedoch sind ihre Werke wenig von Erfolg gekrönt, genauso wie der Verlauf ihrer Ehe. Sydney Bartleby, der seine Frau in Gedanken schon dutzende Male ermordet hat, nutzt die Gelegenheit, als Alicia unverhofft verreist, seine künstlerischen Methoden zu perfektionieren und versetzt sich imaginär in die Rolle des Mörders. Doch dann kommt Alicia nicht zurück und Sydney verhält sich – streng nach Drehbuch – höchst verräterisch. Doch bald verschwimmen die Grenzen zwischen seiner Fantasie und der Realität, und was anfangs für ihn so inspirierend begann, droht in einem Drama zu enden. „Der Geschichtenerzähler“ lässt sich als „schwarze Komödie“ bezeichnen, steht aber einem spannenden Thriller an Dramatik in nichts nach. Diogenes, 2006, ISBN-10: 3-257-06411-x, ISBN-13: 978-3-257-06411-7, € 21,90. Die Jesus Formel (Didier van Cauwelaert) Das Turiner Grabtuch – in dem einst Jesus zu Grabe getragen worden sein soll – ist seit langem ein Objekt der Verehrung von Millionen von Menschen und gleichzeitig eines der interessantesten Rätsel der Neuzeit. Der Autor, der zusammen mit zwei Fernsehjournalisten recherchiert hat, versucht dem Mysterium näher zu kommen und stößt dabei auf einige offene Fragen. Warum leugnet der Vatikan die Authentizität des Leintuches; sind Blut- oder DNA-Spuren noch vorhanden, und wenn ja, verwertbar; wie alt ist das Tuch genau? Bei der letzten Frage kreuzen sich Pfade der modernen Wissenschaft mit denen der Theologie, wobei beide Parteien aus ihrer jeweiligen Sicht versuchen, die Widersprüche um das heilige Tuch zu erklären. Dieses Buch liest sich wie ein spannungsgeladener Kriminalroman, und man muss sich als Leser immer wieder vor Augen halten, dass dies keine fiktive Geschichte ist angesichts der unglaublichen Theorien, die aufgeworfen werden. Rütten & Loening, 2006, ISBN-10: 3-352-00660-1, ISBN-13: 978-3-352-00660-9, € 16,90. Nylon Road (Parsua Bashi) Ein ganz ungewöhnliches und sehr persönliches Buch legt die iranische Autorin Parsua Bashi vor: Die Geschichte ihrer Emigration aus dem Iran in die Schweiz. Als Frau in den Zeiten des Iran – Irak-Krieges und des aufkommenden fundamental-islamischen Mullah-Regimes im Iran in einem „liberalen“ Elternhaus groß geworden, schildert sie ihre Entwicklung, die Emigration und die Zeit danach im neuen Land in Form einer „graphischen Novelle“, also eines anspruchsvollen Comics, und lässt uns dabei teilhaben an ihren persönlichen Gefühlen und Eindrücken. Ein interessanter und gelungener Versuch, durchaus mit Humor und einem Schuss Selbstironie, gewährt sie uns dabei auch einen Blick von außen auf unsere europäische Welt des Luxus‘ und Überflusses hier in der Extremform der Schweiz. Mit Zuversicht zeichnet sie für uns den Weg von der Seidenstrasse zur „Nylonroad“ … Parsua Bashi: Nylon Road, Kein & Aber Verlag, Zürich 2006, 127 S., ISBN: 3-0369-5238-1 Die Bücher der in der Zeitung enthaltenen Buchtipps sind wie immer auch in der Gefangenenbücherei erhältlich. Tr§tzdem 2007 Nr. 36 49 Kultur — Ausland — Medien Literatur & Co. Segelzeit (Wilfried Erdmann) Wer sich wie Wilfried Erdmann seiner Passion so verschrieben hat, hat viel zu erzählen. Seine kompakten Erlebnisberichte aus den kleinen und großen Segelrevieren der Welt müssen jeden ansprechen, der schon einmal Wind und Wasser auf einem Boot genossen hat. Ob in der Karibik, dem Stillen Ozean, der Ostsee, dem nordfriesischen Wattenmeer, den großen Seen in Nordamerika oder im sibirischen Eishafen, immer sind es die kleinen Dinge des Alltags mit dem Schiff und die Landgänge, die der Weltumsegler mit genauer Beobachtungsgabe, Wohlwollen und manchmal auch mit Wehmut so beschreibt, dass der Leser geneigt sein kann, sich selbst in ein solches Abenteuer zu begeben. Der Autor hat eine gute Auswahl aus seinen vielen „Törn-Geschichten“ getroffen. Delius Klasing, 2006, ISBN-10: 3-7688-1852-7, ISBN-13: 978-3-7688-1852-0, € 22,90. Abscheuliche Angewohnheiten (Philip Ardagh, Deutsch von Harry Rowohlt) Für diejenigen, die Philip Ardagh schon kennen, ist der neue Band (der mittlerweile Fünfte der vierbändigen Trilogie) die Erfüllung ihres sehnsüchtigen Wartens. Mit gewohnt britischem und skurrilem Humor werden die Abenteuer so lustiger Menschen wie der „Noch wahnsinnigeren Tante Maud“ oder „Fandango Jones“ auf äußerst lustige Art beschrieben, in Szene gesetzt und gleichzeitig vom Autor kommentiert. Ein erfrischendes Buch abseits von Schreibstilen des Mainstreams, wieder einmal kongenial übersetzt von Harry Rowohlt. Herzerfreuend und lesenswert oder wie der Autor selbst am Schluss des Buches schreibt: Ende bis zum letzten weiteren Abenteuer. cbj Random House 2006, ISBN-10: 3-570-12859-8, ISBN-13: 978-3-570-12859-6, € 9,95. Woraus wir gemacht sind (Thomas Hettche) Niklas Kalf reist zusammen mit seiner Frau Liz zum ersten Mal nach New York. Er, von Beruf Biograph, arbeitet gerade an einer Biographie über den jüdischen Emigranten Eugen Meerkaz. Doch schon am dritten Tag verschwindet Liz auf mysteriöse Weise, und ein erpressirischer Anruf lässt den furchtbaren Verdacht zur Gewissheit werden: Sie ist entführt worden, und Kalf wird gezwungen, Material zu beschaffen, das mit einem dunklen Geheimnis im Leben von Eugen Meerkaz zu tun hat. Verzweifelt begibt sich Niklas auf die Suche, doch daraus entwickelt sich ein Trip ins Innere der USA, und die Befreiung von Liz zieht sich, genauso wie Niklas’ Nervenkostüm, in die Länge. Ein bis zur letzten Seite spannendes Buch, das sich nicht sofort in die klassischen Genre einordnen lässt. Kiepenheuer & Witsch 2006, ISBN-10: 3-462-03711-0, ISBN-13: 978-3-462-03711-1, € 19,90. Resturlaub (Tommy Jaud) Mit dem Roman „Resturlaub – Das Zweitbuch“ hat der Autor Tommy Jaud nahtlos an den Erfolg seines Bestsellers „Vollidiot“ angeknüpft. Mit bissiger Ironie und oft sehr grausamem Realismus schildert er, wie ein 37-jähriger Brauerei-Manager die weit verbreitete Midlife-Crisis eines ruhelosen, suchenden Mannes durchlebt und exakt das wagt, wovon seine Leidensgenossen im wahren Leben nur träumen können – den totalen Ausbruch aus seinem augenblicklich sehr tristen Leben. Auf der Suche nach einer neuen, perfekten Zukunft und dem ultimativen Kick im Leben muss jedoch auch Tommy Jauds Romanfigur Pitschi Greulich erkennen, was tatsächlich die wahren Werte im Leben eines Mannes sind und dass das Glück meist unerkannt schon lange in Reichweite liegt… „Resturlaub“ ist ein Roman, der nicht nur für Krämpfe in den Lachmuskeln sorgt, sondern auch einen Anstoß gibt, über das eigene Leben und dessen wahre Werte nachzudenken. Ein empfehlenswerter Lesegenuss! Scherz, 2006, ISBN-10: 3-502-11004-2, ISBN-13: 978-3-502-11004-0, € 12,90. Rehe am Meer (Ralf Rothmann) Ralf Rothmann schafft es, den Leser mit scheinbar alltäglichen Situationen aus dem Leben zu fesseln. Mit Eleganz schärft er uns die Sinne für die Mystik des Alltags – und, wenn er uns nach einer scheinbar gewöhnlichen Zugfahrt Richtung Glücksburg oder beim Betrachten zweier Spatzen den Boden unter den Füßen wegzieht, fühlen wir deutlich, dass ein Leben ohne Poesie und Leidenschaft nur das Halbe wäre. Er schreibt spannend und auf hohem literarischen Niveau, zugleich geheimnisvoll und irgendwie wunderbar. Suhrkamp, 2006, ISBN-10: 3-518-41825-4, ISBN-13: 978-3-518-41825-3, € 19,80. 50 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Kultur — Ausland — Medien Literatur & Co. Das Wetter vor 15 Jahren (Wolf Haas) Wolf Haas schreibt einen Liebesroman in einem ungewöhnlichen Erzählstil. Er schreibt in der Form eines Interviews und lässt uns so den Figuren sehr nahe kommen. Vittorio Kowalski, der Wetterexperte, und Anni, die Tochter der Zimmervermieter, verbindet sehr viel mehr, als es zu Beginn den Anschein hat. Anni erkennt Vittorio bei der Show „Wetten, dass…“ nach über 15 Jahren wieder, und Stück für Stück schafft es Wolf Haas, dem Leser die Geschichte dieser beiden Figuren näher zu bringen; er schafft dies auf eine ruhige, liebevolle Weise, so dass schnell klar wird, dass dieser Liebesroman eigentlich ein Happy End kennen kann, oder …? Wer nun also wissen möchte, ob Vittorio und Anni nach 15 Jahren ein Happy End erleben, sollte sich ruhig trauen, auch mal einen Liebesroman im harten Knastalltag zu lesen. Hoffmann und Campe, 2006, ISBN-10: 3-455-40004-3, ISBN-13: 978-3-455-40004-5, € 18,95. Love (Stephen King) Stephen Kings neuestes Meisterwerk ist vielleicht der persönlichste Roman, den er verfasst hat. Dabei geht es nicht nur um die Geheimsprache der Liebe, sondern auch um die Allgegenwart des Wahnsinns. Lisey Landon, die Witwe eines erfolgreichen Romanautors, stößt zwei Jahre nach seinem Tod auf eine Spur von Hinweisen, die ihr Mann noch zu Lebzeiten hinterlassen hat. Diese führt immer tiefer in ihre gemeinsame Vergangenheit und weckt Erinnerungen, die sie schon sorgsam verdrängt hatte, bis hin zu einer von Dämonen bevölkerten Welt, die sie einst zusammen mit Scott besucht hat. Doch plötzlich tritt der Psychopath Zack McCool in ihr Leben, der es auf den schriftstellerischen Nachlass von Scott abgesehen hat und versucht, auf brutale Art an diese zu gelangen. Für Stephen King Fans ein absolutes Muss. Heyne Verlag 2006, ISBN-10: 3-453-26532-7; ISBN-13: 978-3-453-26532-5, € 22,95. Die Macht der Familie (David Landes) Dass Professoren nicht nur trocken über ein Thema referieren können, beweist der Autor nachdrücklich in diesem Buch. Mit feinen Seitenhieben auf die kleinen „Macken“ der Mächtigen, ihr menscheln, gelingt es ihm auf sympathische Art, ein Bild der Dynastien zu zeichnen. Auf der anderen Seite spart er aber mit zum Teil harscher Kritik, wenn die harte Linie eines Patriarchen die ganze Familie zu entzweien droht. Zudem schafft es Landes geschickt, Wissen über die weltwirtschaftlichen Zusammenhänge der Zeitgeschichte zu vermitteln, ohne ins Dozieren zu verfallen. Auf diese Weise ist ein „Pageturner“ entstanden, der auf diesem Gebiet seines gleichen suchen dürfte. Siedler, 2006, ISBN-10: 3-88680-676-6, ISBN-13: 978-3-88680-676-8, € 24,95. Strauß, Aufstieg und Fall einer Familie (Werner Biermann) Mit F.-J. Strauß hat sich Werner Biermann ein Schwergewicht der deutschen Nachkriegspolitik vorgenommen – und das auf lobenswerte Art und Weise. Einen polarisierenden Mann, dessen Wirken und Handeln zu polemischen Ausrutschern geradezu einlädt, weitestgehend objektiv zu beschreiben, das verdient Anerkennung. Nüchtern bilanziert der Autor, zählt Erfolge und Niederlagen auf – und da liegt vielleicht der Punkt, der ansatzweise zu bemängeln wäre. Biermann ist stellenweise zu dröge, ihm entgeht zuweilen der Wesenszug, den die Bayern mit der Wendung „…aber a Hund issa scho gwäh“ bezeichnen. Aber dies sei ihm nachgesehen, denn dafür muss man wohl ein Bayer sein. Rowohlt Berlin Verlag, 2006, ISBN-10: 3-87134-542-3, ISBN-13: 978-3-87134-542-5, € 19,90. Nachrichten aus einem unbekannten Universum (Frank Schätzing) Als er für seinen Roman „Der Schwarm“ recherchierte, trug Schätzing so viele wissenschaftliche Informationen zusammen, dass er nur einen kleinen Teil verwendete. Angeregt durch einen Bekannten schuf er aus dem Rest in einer Art literarischen Recyclings ein eigenes Werk. Erzählt wird darin von der Entstehung des Universums, die Entwicklungsgeschichte der Erde und die Theorie über die Entstehung des Lebens auf unserem Planeten auf dem Boden der Meere. Frank Schätzing bedient sich dabei einer Sprache, die weniger wie trockene Wissenschaft klingt, sondern auf sympathische Art uns plastisch veranschaulicht, wie alles begonnen haben könnte, wie es jetzt ist und vielleicht einmal sein wird. Kiepenheuer & Witsch, 2006, ISBN-10: 3-462-03690-4, ISBN-13: 978-3-462-03690-9, € 19,90. Tr§tzdem 2007 Nr. 36 51 Kultur — Ausland — Medien Autoreninfo Stanislaw Lem Buchtipp Lem war Sohn eines Arztes, begann während des zweiten Weltkriegs ein Medizinstudium in Lemberg (Polen). Er verschleierte seine jüdische Herkunft mit falschen Papieren, war Mitglied des polnischen Widerstands. Er schloss sein Studium ab, fiel aber absichtlich durch die letzte Prüfung, um nicht Militärarzt werden zu müssen. Zunächst arbeitete er in der medizinischen Forschung, verlegte sich aber mehr und mehr aufs Schreiben. 1951 veröffentlichte er seinen ersten Roman (Planet des Todes/Die Astronauten). Es folgten unter anderem „Eden“, „Solaris“, „Robotermärchen“, „Der futurologische Kongress“, „Frieden auf Erden“ und die „Technologiefalle“. Er erhielt viele Auszeichnungen für sein Werk, aber auch für seine Person. Am 27.3.2006 starb er im Alter von 84 Jahren. „Verlage, die mich in einer mit Science-Fiction etikettierten Schublade eingeschlossen haben, taten dies hauptsächlich aus merkantilen und kommerziellen Gründen, denn ich war ein hausbackener und heimwerkender Philosoph, der die zukünftigen technischen Werke der Zivilisation vorauszuerkennen versuchte, bis an die Grenzen des von mir genannten Begriffshorizontes“ (Lem in ‚Riskante Konzepte’). Lem schrieb Rezensionen fiktiver Bücher, solcher, die seiner Meinung nach geschrieben werden sollten oder eben besser nicht. „Lem war Satiriker und Philosoph, er war ein erzfröhlicher Pessimist“ (Die Welt, 28.3.2006). „Intelligenz ist ein Rasiermesser: Man kann sie sinnvoll nutzen, sich aber ebenso gut auch die Gurgel durchThomas Klein schneiden. Im Rechtsanwalt Grunde ihres WeFachanwalt für Strafrecht sens ist sie ungeJoë Thérond sund“, so Lem in Rechtsanwalt seinem letzten InFachanwalt für Strafrecht terview vom Fachanwalt für Steuerrecht 15.11.2005 für die „Solaris“, „Der schweigende Stern“, „Planet des Todes“, „Die Astronauten“, alles Werke eines der Urväter, wenn nicht sogar des Begründers der modernen ScienceFiction-Literatur: des polnischen Schriftstellers Stanislaw Lem. Mehr als 45 Millionen Exemplare verkauften die Verlage von seinen Büchern, bevor dieser geniale und großartige Autor im März letzten Jahres 84-jährig verstarb. Das Besondere an seinem Werk war neben dem stellenweise unbändigen und überaus kreativen Humor die Verbindung von Philosophie mit den technischen Seiten der ScienceFiction zu Zeiten, in denen andere Schriftsteller noch weit davon entfernt waren. Die Hauptwerke Lems entstanden in den 50er und 60er Jahren, als Kybernetik, Künstliche Intelligenz, Biogenetik und Kommunikation als neuen Wissenschaftsfeldern erstmals größere Bedeutung zugemessen wurde. Schon damals stand Lem persönlich mit vielen Wissenschaftlern in Kontakt, interdisziplinär, wie es heutzutage heißt. Dadurch war es ihm möglich, seinen Büchern einen fundierten wissenschaftlichen Hintergrund zu geben, neue wissenschaftliche Erkenntnisse und aktuelle Ideen fiktiv und visionär zu verarbeiten. Erstaunlich ist, wie zutreffend er viele Entwicklungen vorhergesagt hat. Er hat Science-Fiction-Literatur als ernsthafte Literaturgattung möglich gemacht, indem er mit ihrer Hilfe auf hohem literarischen Niveau aktuelle Wirklichkeiten und Entwicklungen über den Umweg Zukunft kritisch hinterfragt hat. Jens Meggers Rechtsanwalt Fachanwalt für Strafrecht Thorsten Diekmeyer Rechtsanwalt Fachanwalt für Strafrecht Seminarstr. 13/14 49074 Osnabrück Tel.: 0541/27030 Fax 0541/27128 52 Fortsetzung auf Seite 53 unten Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Heldenfriedhof (Thomas Harlan) Selten hat ein Buch so eine Diskussion in unserer Redaktion ausgelöst. Gleich drei Redakteure haben sich für dieses Buch interessiert und an einer Rezension versucht. Die Reaktionen gingen von „Total bescheuert, kann ich nicht lesen“ bis zum Vergleich mit Kunstwerken von Joseph Beuys. Unstrittig ist der Respekt vor der Person des Autors als einem engagierten und unermüdlichen Aufklärer in Bezug auf die Verbrechen der Nazis. Als Sohn eines ehemaligen Mitglieds des Naziregimes hat er in seiner frühen Kindheit bei Goebbels und Hitler auf dem Schoß gesessen. Nach dem Ende des Kriegs und der Erkenntnis der damit verbundenen Verbrechen hat Harlan sein Leben konsequent der Aufklärung verschiedener Untaten gewidmet. Dafür ist er von zwei Staaten zum Staatsfeind erklärt und ausgewiesen worden. Im „Heldenfriedhof“ beschreibt er das „Einsatzkommando Reinhard“, das sich in weiten Teilen direkt mit der Konzeption, Planung und Durchführung der Judenvernichtung befasste. Sowohl in Auszügen aus Zeitdokumenten als auch in romanhaften Phasen werden die Mitglieder der Gruppe und Geschehnisse der Zeit dargestellt und dabei die Frage nach dem Menschsein aufgeworfen. Wie können Menschen so etwas so kaltblütig planen und durchführen, was könnten ihre Gedanken sein, was ihre Gefühle oder Interessen? Das stellt uns Thomas Harlan in stellenweise sehr schwer zu lesenden Sätzen vor. Teilweise gehen seine Sätze über eine gesamte Buchseite, was das Lesen nicht erleichtert. Und genau das war der Streitpunkt innerhalb der Redaktion. Muss so eine engagierte Literatur diese stilistischen Mittel nutzen oder sollte sie es dem Leser einfacher machen, einen Zugang zu finden? Hier muss sich jeder selber ein Bild machen. Eichborn Berlin, 2006, ISBN-10: 3-8218-07646, ISBN-13: 978-3-8218-0764-5, € 24,90. Kultur — Ausland — Medien Aufruf zur Teilnahme Das Strafvollzugsarchiv gehört zu den Trägern des renommierten IngeborgDrewitz-Literaturpreises für Gefangene, der im Jahre 2007 zum siebten Mal verliehen wird. Einsendungen sind nur bis zum 31.Mai 2007 möglich. Witze Mein Kollege fragte mich, was ich meiner Frau zur Silberhochzeit schenke? Ich antwortete: “Eine Afrikareise“. „Was, soviel“, meinte mein Kollege, „was schenkst Du ihr dann erst zur Goldenen Hochzeit?“ „Gar nichts, da hole ich sie wieder ab!“ _________________________________________ Zwei Kinder sprechen in der Schule über ihre Eltern. Sagt das eine: „Meine Eltern sind streng religiös, jeden Abend höre ich aus dem Schlafzimmer: oh Gott ja, ja oh Gott ja.“ _________________________________________ Mercedes-Fahrer und MofaFahrer tanken zur gleichen Zeit. Der Mercedes-Fahrer fährt von der Tankstelle. Nach 10 Minuten auf der Autobahn, bei Tempo 100 km/h guckt der Mercedes-Fahrer nach rechts – der Mofa-Fahrer immer noch neben ihm. Er gibt Gas: 150 km/h - der MofaFahrer immer noch neben ihm. Das ist dem Mercedes-Fahrer zu viel, er biegt ab, rauf auf die nächste Tankstelle – Mofa-Fahrer immer noch neben ihm. Der Mercedes-Fahrer dreht das rechte Fenster runter und fragt den Mofa-Fahrer: „Na, Tiger im Tank?“. „Nein, Jacke in der Tür.“ _____________________________________________ Krabbeln zwei Eichhörnchen mein Hosenbein hoch. Sagt das eine: „Die beiden Nüsse essen wir gleich, den Zapfen nehmen wir mit!“ aufgeschrieben von Holger Lürig WELT. Lem selber galt mit einem IQ von 180 als intelligentestes Kind Südpolens. Gegen Ende seines Lebens wollt er keine Science-Fiction mehr schreiben, sondern widmete sich seinen philosophischen Werken und wurde zu einem großen Fortschrittskritiker. „Weil sich ein absolut gesetzter Fortschritt in Regress verwandelt. Auf allen Ebenen – ethisch, technisch, politisch. Sie als Einzelner können soviel schreiben, wie sie wollen. Sie werden nicht einmal gehört. Nichts können Sie mehr ausrichten!“ (Lem im Interview vom 15.11.2005 für Die Welt). In der Gefangenenbücherei sind etwa 10 verschiedene Titel ausleihbar. Spruch Nicht das, was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus. Marie von Ebner-Eschenbach Markus Lanfer Tr§tzdem 2007 Nr. 36 53 Kultur — Ausland — Medien Humor ist, wenn (man) Tr§tzdem lacht! Spricht man das Thema an, so ist oft zu hören: „Äh, spinnst Du, hier gibt es doch keinen Grund zu lachen“. Falsch, lachen hängt nicht davon ab, wo man ist, sondern welche Einstellung man zum Leben hat. Wer hier drin nur mit `nem langen Gesicht rum rennt, der verhält sich draußen genau so, denn einen Grund, verbiestert zu sein, findet man immer, sei es die Frau/Freundin, der Job, der Mangel an Kohle. Zu deren Entschuldigung muss allerdings gesagt sein, es ist oft in der Natur der Menschen festgelegt, ob jemand eine Frohnatur, ein Lebensunglücklicher oder einfach jemand ist, der sich mit einem permanenten „Leck-mich-am-ArschGefühl“ vor aller Unbill des Lebens schützt. Nur eines ist mit statistischer Sicherheit erwiesen, wer öfter lacht, der lebt länger. Klar, jetzt können sich die Lacher natürlich glücklich schätzen; so ein Glück, der Miesepeter kratzt vor mir ab. Doch Vorsicht, Schadenfreude gehört zu den Freuden, die nicht lebensverlängernd wirken. Nun gibt es allerdings auch Leute, bei denen muss man fast davon ausgehen, dass sie morgens vor dem Spiegel stehen und den „bösen Blick“ üben. Dabei handelt es sich um eine ganz besondere Art Mensch. Sie haben richtige Panik, dass, wenn sie nicht mit finsterer Mine durch das Leben laufen, sie nicht ernst genommen werden. Wehe dem, der solchen Wesen mit guter Laune über den Weg läuft, augenblicklich fühlen sie sich nicht ernst genommen, ja sogar verspottet. Wut und gar Hass zeichnen augenblicklich die Minen solcher bedauernswerter Menschen. Solchen möchte ich ein kleines Gedicht zum Nachdenken mitgeben: Du weißt nicht, wie schön ein Lachen ist, weil Du nur dauernd sauer bist. So vergehen all Deine Jahre und plötzlich liegst Du auf der Bahre, hinter Deinem Kopf da steht der Tod totgeärgert, Du Idiot. Dieter Schacht Empfehlung des Bücherwartes Diesmal möchte ich einen deutschen Dichter vorstellen, den die meisten schon nicht mehr kennen dürften – Eugen Roth. Er wurde 1895 in München geboren und starb dort 1976. Nach dem Studium der Germanistik, Philosophie, Kunstgeschichte und Geschichte arbeitete er von 1927 bis 1933 zunächst als Lokalredakteur der Münchener Neuesten Nachrichten, bevor er sich 1933 als freier Schriftsteller niederließ. Er verstand es wie kaum ein Zweiter seiner Zeit, den Menschen „aufs Maul“ zu schauen. Seine Gedichte und Anekdoten sind voller Lebensweisheit und Witz – und manchmal auch voll bitterer Ironie. Ein Mensch meint, gläubig wie ein Kind, Dass alle Menschen Menschen sind. In unserer Bücherei haben wir zwei Bücher von ihm: - Das große Eugen Roth Buch, Buchnummer: 2334-90 - Genau besehen, Buchnummer 2335-90 Treffliches von Eugen Roth Der erste Zorn Der Mensch in seinem ersten Zorn, Wirft leicht die Flinte in das Korn. Und wenn ihm dann der Zorn verfliegt, Die Flinte wo im Korne liegt. Der Mensch bedarf gar mancher Finte, Zu kriegen eine neue Flinte. Fünftagewoche Wie wär geblieben alles gut, Hätt Gott am sechsten Tag geruht! Er wär nur gekommen bis zum Affen, Der Mensch wär blieben unerschaffen. Umgekehrt Ein Mensch wird „Pessimist“ geschmäht, Der düster in die Zukunft späht: Doch scheint dies Urteil wohl zu hart: Die Zukunft ists, die böse starrt. Nur Sprüche Ein Mensch erklärt voll Edelsinn, Er gäbe notfalls alles hin. Doch eilt es ihm damit nicht sehr – Denn vorerst gibt er gar nichts her. Viel Spaß beim Lesen! 54 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Stoß-Seufzer Man sollte nur leisen Rassen Und nicht die lauten reisen lassen. Kultur — Ausland — Medien Die Moritat vom betrogenen Beamten Finster wird’s – das Licht entweicht, ein Beamter durch die Gänge schleicht. Er pfeift bei jedem Schritt und führt `nen Ring voll Schlüssel mit. Die Schlüssel, sie geben ihm Macht, sodass er über häuslichen Ärger lacht. Und während er so geht und leise singt, sich ein böser Gedanke bei ihm einschwingt. Seiner Frau, die ihn oft hat betrogen, könnte er im hohen Bogen, die Schlüssel auf den Kopfe schlagen für ihr Fehlbetragen. Und weil er nun so finster träumt, schreitet er ganz aufgeräumt und mit wahrlich festem Schritt an der langen Kette schwingen klingend die Schlüssel mit. Hat er doch nun `nen Entschluss gefasst, der ihm gut in seine Stimmung passt. Beendet sein Dienst jetzt ist, seinen mörderischen Vorsatz er nicht vergisst. Auf dem Weg ins traute Heim, fällt ihm dann ganz sieden ein: Bevor er sich kann an seiner Rache laben, müsste er überhaupt erst eine Frau zu Hause haben. Dieter Schacht Das Kartenspiel Zwei befreundete Ehepaare spielten an einem Abend zusammen Karten. Horst fiel zwischendurch eine Karte zu Boden. Als er sich danach bückte, bemerkte er, dass Dagmar, Antons Frau, die Beine weit gespreizt hatte und keine Unterwäsche trug! Horst ließ sich natürlich nichts anmerken. Später, als Horst in die Küche ging, um Getränke zu holen, folgte ihm Dagmar und fragte: „Hast Du vorhin unterm Tisch etwas gesehen, das Dir gefallen hat?“ Horst, überrascht von der Offenheit, bejahte, und sie sagte: „Du kannst es haben. Es kostet allerdings 500 Euro.“ Nachdem Horst seine finanzielle Situation geprüft und alle moralischen Bedenken abgelegt hatte, ging er auf den Deal ein. Dagmar erklärte ihm, dass ihr Ehemann Anton freitags immer etwas länger arbeiten würde und Horst um 14:00 Uhr bei ihr vorbeischauen sollte. Natürlich war Horst pünktlich, gab ihr 500 Euro und die beiden vögelten etwa eine Stunde lang. Um 15:30 Uhr war Horst wieder weg. Anton kam wie üblich um 18:00 Uhr nach Hause und fragte seine Frau: „War Horst heute Nachmittag hier?“ Dagmar war geschockt, aber antwortete ruhig: „Ja, er war heute Nachmittag für ein paar Minuten hier.“ Ihr Herz raste wie verrückt, als Anton nachfragte: „Und hat er Dir 500 Euro gegeben?“ Dagmar dachte, das ist das Ende, setzte ein Pokerface auf und sagte: „Ja, er hat mir 500 Euro gegeben.“ Anton lächelte zufrieden und sagte: „Gut. Horst kam nämlich heute Morgen zu mir ins Büro, um sich 500 Euro bei mir zu leihen. Er versprach, dass er heute Nachmittag bei mir vorbeischauen würde, um das Geld zurückzubezahlen.“ gefunden von WD Ein Erlebnis Im Sommer 1945 war ich Stadtrat – keine vierzehn Tage, dann war ich „abgeschossen“. Ich kam gerade, nach Ablieferung meiner Amtskette, nach Hause – es hieß, ein Herr warte auf mich. Ein mir völlig Unbekannter streckte mir strahlend beide Hände entgegen; mit vor Rührung bebender Stimme sprach er: „So sehe ich Sie glücklich wieder, lieber verehrter Freund, nach all Tr§tzdem 2007 Nr. 36 den Jahren…“ „Ehe Sie weiter sprechen“, sagte ich ahnungsvoll, „möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich seit heute nicht mehr Stadtrat bin!“ „So!“ rief er zornig, „und da laufe ich den weiten Weg bis zu Ihnen heraus bei der Hitze!“ Und verließ, ohne mich noch eines weiteren Blickes zu würdigen, das Zimmer. Eugen Roth Witze Mein Bekannter hat mich zum Taubenessen eingeladen; er behauptete auch noch, dass sie ganz frisch wären. Nach ein paar Minuten kauen hatte ich auf einmal einen Ring, den normalerweise Wildtauben tragen, im Mund. Ich nahm ihn aus dem Mund und, oh Schreck, was stand darauf: „Greife an im Morgengrauen, Napoleon!“ ________________________________________ Meine Frau sagte zu mir: „Schatz, ich möchte irgendwo hin, wo ich noch nie war“. Ich antwortete: “Versuche es mal mit der Küche!“ aufgeschrieben von Holger Lürig weiter mit „Treffliches von Eugen Roth“ Zweierlei Ein Mensch – man sieht, er ärgert sich – Schreit wild: Das ist ja lächerlich! Der andre, gar nicht aufgebracht, Zieht draus die Folgerung und – lacht! Vergebliche Einsicht Ein Mensch, der hinnahm Streich um Streich, Sprach zu sich selbst: „Ich bin zu weich! Ab heut entfalt ich Kraft und Witz: Ich werde hart, ich werde spitz!“ Doch musst er an sich selbst verzagen: Schon war er wieder breitgeschlagen! Feststellung Ein Mensch wird laut, wenn er was will; Wenn er’s erst hat, dann wird er still; Das „Danke“ ist, nach alter Sitte, Weit seltener als das „Bitte, bitte!“ Fortsetzung auf Seite 69 55 Kultur — Ausland — Medien Erfahrungsbericht: Knast in Dänemark von Heiko Rapp Persönliches: Ich bin 34 Jahre alt, in Reutlingen geboren, mit einer Ungarin verheiratet, jedoch getrennt lebend, und habe 2 eheliche Kinder und ein Kind aus einer anderen Verbindung. Als ich meine Frau 1992 am Starnberger See kennen lernte, sprach sie kein Deutsch und ich kein Ungarisch. Inzwischen spreche ich allerdings neben dem Englischen Ungarisch fließend. Am 18.02.05 wurde ich auf einer Kurierfahrt von Holland nach Dänemark in Dänemark wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verhaftet und im September 2005 zu 2 ½ Jahren verurteilt. Für das mir zur Last gelegte Delikt besteht in Dänemark eine Höchststrafe von 3 Jahren. In Dänemark ist es üblich, dass Ausländer schon nach der Verbüßung der Hälfte der Haftzeit abgeschoben werden, sodass ich nur bis Mitte 2006 in Dänemark blieb. Da mir allerdings meine Frau aus Ungarn ein Unterhaltsversäumnis vorwarf, bin ich im Juni 2006 nicht nach Deutschland, sondern nach Debrecen in Ostungarn ausgeliefert worden. Es lag aber ein Rechtsirrtum vor, sodass ich schon nach 3 Tagen Aufenthalt im dortigen Gefängnis am 22.06.06 nach Deutschland reisen konnte. Hier wurde ich dann, nachdem ich zuvor als Schweißer Arbeit gefunden hatte, am 14.08.06 wegen eines Vorwurfs erneut verhaftet, der im Zusammenhang mit dem Delikt steht, für das ich in Dänemark verurteilt wurde. Nun befinde ich mich in der JVA in Oldenburg*. Während der Zeit in Dänemark habe ich die Bekanntschaft mit mehreren dortigen Haftanstalten gemacht. So wurde ich als Erstes in Kopenhagen als Untersuchungshäftling in Isolationshaft genommen. Dabei ist nur Kontakt zu den Beamten möglich. Währenddessen lernte ich für 2 Monate das große Gefängnis „Venstre“ kennen, einem älteren Bau mit ca. 600 Gefangenen, und anschließend für 7 Monate das aus 1930 s t a m me n d e k l e in e r e G e f ä n g n i s „Blegdamesvaj“ mit ca. 90 Insassen. 56 Nach der Verurteilung ging es dann zur Insel Lolland, wo ich im 1882 gebauten Gefängnis in Maribo mit 12 Mitgefangenen 3 Wochen zubrachte, und anschließend war ich bis zu meiner Auslieferung am 10.06.06 in Nyborg im „Statsfængsel“, einem Gefängnis aus 1912 mit ca. 350 Gefangenen. Ich habe also einige Einblicke in dänische Gefängnisse gewonnen. Meine Eindrücke möchte ich folgendermaßen beschreiben: Die Wohnverhältnisse: Die Gefängnisbauten sind zwar alle schon etwas älter, wurden aber den Bedürfnissen der heutigen Zeit entsprechend angepasst. Auf den Stationen mit ca. 24 Hafträumen war es stets sauber, da immer 2 Hausarbeiter für Ordnung und Sauberkeit sorgten. Die abschließbaren, in der Größe mit den hiesigen Verhältnissen vergleichbaren ausschließlich einzeln belegten Hafträume waren mit Bett, Schrank, Schreibtisch, Stuhl, Kühlschrank, Fernseher mit DVD-Schacht, Schreibtischlampe und Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Kaffeemaschine ausgestattet; ein Waschbecken befand sich im Raum, und die Toiletten sowie die Duschen befanden sich separat auf der Station. Erwähnenswert ist, dass der TV-Empfang kostenlos war und auf 46 Kanälen neben den dänischen Programmen 16 deutsche, 2 türkische, 2 französische, ein holländisches und ein arabisches gesendet wurden und ein regionaler Minderheiten- Kanal empfangen werden konnte. Zudem wurden 3 Erwachsenen-Programme angeboten. Eine mietbare Playstation wurde allerdings mit 25,- dkr (ca. 3,50 Euro) pro Woche berechnet. Gekocht werden konnte in der großzügigen Küche mit 4 Herden und weiteren Küchenausstattungen, deren Reinigung den Häftlingen oblag. Auf den Stationen befand sich auch ein Sportstudio, das unter anderem Hanteln, Laufband, SpinningRad, Sprossenwand und Gymnastikbälle enthielt. Zudem gab es einen Gemeinschaftsraum mit TV, in dem einmal im Monat Sitzungen abgehalten wurden, und einen weiteren Raum mit Spielgeräten, wie Billard und Kicker, für deren Nutzung keine Gebühren abverlangt wurde. Anstaltsbekleidung gab es nicht. Die eigene Wäsche konnte man auf der Station mit der Waschmaschine und dem Wäschetrockner unentgeltlich pflegen. Die Arbeitswelt: Es bestand keine Arbeitspflicht. Wer jedoch seine Arbeitsbereitschaft erklärte, stieß auf ein großes Arbeitsangebot und erhielt unabhängig von der tatsächlichen Beschäftigung einen Grundlohn von (umgerechnet) ca. 35,00 Euro pro Woche. In den großen Anstalten gab es z.B. Betriebe für die Schlosserei, Autoschlosserei, Schneiderei, Druckerei, Buchbinderei und Montage. Dort konnte ich auch einer beruflichen Aus- und Weiterbildung nachgehen, sodass ich mich als Schweißer für das MIG- und MAG- Schweißen habe ausbilden lassen und eine Prüfung in den Kultur — Ausland — Medien Fertigkeitsstufen 1 bis 9 ablegen konnte. Das ist mir später bei der Arbeitsaufnahme in Deutschland sehr zugute gekommen. Die Ausbildungsmöglichkeit ist in den Gefängnissen ähnlich wie sonst in der dänischen Wirtschaft, da die Ausbil- auch Pfeffer und Hefe. Zudem war an jedem Tag, außer am Wochenende, ein Paketempfang ohne Paketmarke möglich, und von 7:00 bis 21:30 Uhr konnte mit einer normalen Telefonkarte ohne Zeit- und Teilnehmerbeschränkungen telefoniert werden. Die Verpflegung durch die anstaltseigene Küche war abwechslungsreich, und wer sich selbst verpflegte, erhielt eine Kostenbeteiligung von 297,- dkr (ca. 40,- Euro) pro Woche. Großzügig waren die Besuche geregelt, da jeden Tag Besuch empfangen werden konnte. Für Nicht-Dänen allerdings nur von 7:30 bis 20:00 Uhr, und für Langzeitbesuche standen in einem besonderen Gebäude mehrere „Kleinwohnungen“ zu Verfügung. Im Sommer fanden die Besuche oft draußen statt und es wurde gegrillt. Die Anstaltsorganisation: Die Verantwortung für ein Gefängnis ist in Dänemark aufgeteilt in die „Kriminalforsorge“, die für die Gefangenen zuständig ist und die Anstaltsleitung, die eher die Funktion der Verwaltungsleitung mit der Zuständigkeit für das Haus und dessen Personal innehat. Pro Station verrichten zwei staatliche Angestellte ihren Dienst und sind Ansprechpartner für die Gefangenen, wenngleich eine ständige Präsenz im Stationsbüro nicht üblich ist. Die Flure sind videoüberwacht. In den Häusern, in denen Gefangene mit hohen Sicherheitsanforderungen („Bandidos“, „Hells Angels“) untergebracht sind, gelten noch gesonderte Regeln; für sie ist die Freizügigkeit auch deutlich eingeschränkt. Jede Station hat einen Gefangenensprecher und jedes Haus hat einen Haussprecher. Die Haussprecher sind auch Gesprächspartner für die „Kriminalforsorge“ und die Anstaltsleitung. Die Gesundheitsversorgung ist in der Anstalt als Vollversorgung organisiert und wird in der Regel durch Bedienstete eines Staatshospitals sichergestellt; der Gefangene kann die Arztbesu- „In Dänemark wird nur die Freiheit genommen“ dung von den Industrie- und Handelskammern organisiert wird. Die Verdienstmöglichkeiten lagen bei entsprechender Tätigkeit bei ca. 110,- bis 120,Euro pro Woche; ich selbst kam nach meiner Schweißerausbildung mit den dann möglichen Zulagen auf ca. 250,Euro pro Woche, die freitags bar ausgezahlt wurden. Die Freizeitgestaltung: Vielfältig war auch das Beschäftigungsangebot in der Freizeit. So konnten z.B. Arbeiten mit Leder durchgeführt werden, um Gürtel anzufertigen, oder Silberarbeiten unter Aufsicht eines externen Goldschmieds durchgeführt werden oder die Nutzung eines Computers mit Internetzugang war möglich. In der Zeit der Strafhaft gab es zudem die Möglichkeit, E-Mails abzurufen und zu versenden. Die Freistunde war unterschiedlich geregelt: in den kleinen Anstalten konnte man morgens und mittags eine Stunde rausgehen, in den großen dann, wann man möchte. Dazu gab es kleinere Höfe. Für sportliche Aktivitäten stand eine Sporthalle zur Verfügung. Zeitschriften/ Zeitungen konnten an drei Tagen pro Woche frei bezogen werden und Bücher waren aus der Bibliothek auszuleihen. Die Verwaltung der Bücherei oblag einem Bibliothekar, der Angestellter der staatlichen Bibliothek war und von dort die Bücher besorgte, die nicht vorrätig waren. Ein reichhaltiges Angebot stand am Dienstag und am Freitag beim Einkauf im „Interspar“-Laden zur Verfügung, Tr§tzdem 2007 Nr. 36 che selbstständig durchführen. Der Sozialdienst bestand aus zwei Sozialarbeiter, die zum Sozialamt gehören. Die Seelsorge besorgten ein protestantischer Pfarrer und ein Imam. Obligatorisch waren der sonntägliche Gottesdienst und das Freitagsgebet. Für Gebete stand auch im Arbeitsbereich ein Gebetsraum zur Verfügung. Soweit ich das vernommen habe, bestehen spezielle Therapieangebote für bestimmte Gefangene. Die Handhabung von Lockerungen ist sehr großzügig, dänische Staatsbürger können von Freitag 12:00 Uhr bis Montag 6:00 Uhr die Anstalt verlassen; bei ausländischen Gefangenen ist das nicht möglich. Die Lockerungen werden auch geeigneten Langzeithäftlingen gewährt, auch denen, die Tötungsdelikte begangen haben. Die Eingangskontrollen sind allerdings streng; Entkleidungen und Drogentests sind durchaus üblich. Der offene Vollzug wird nur gewährt, wenn soziale Bindungen in Dänemark bestehen; dazu unterhält Dänemark aber auch gesonderte Anstalten. Für Ausländer besteht eine besondere Reststrafenregelung, d.h. schon nach der Hälfte der Haftzeit erfolgt eine Abschiebung. Gefangenentransporte werden mit Zivilfahrzeugen der Polizei vorgenommen, und es ist nicht üblich, gefesselt zu werden. Allerdings besteht eine Begleitung durch 3 Beamte. Dem Vernehmen nach gibt es in Dänemark ca. 10 000 Häftlinge, während noch ca. 8.000 Personen auf einen Haftplatz warten. Damit liegt die Gefangenen-Quote deutlich über der der Bundesrepublik Deutschland. Alles in Allem kann gesagt werden, dass in Dänemark einem Gefangenen nur die Freiheit genommen wird, nicht jedoch andere Persönlichkeitsrechte. (*Heiko R. wurde nach seiner Verurteilung nach Ulm verlegt.) UM 57 Kultur — Ausland — Medien Erfahrungsbericht: Knast in den Niederlanden von Johannes und Richard Persönliches: Johannes, 41 Jahre alt, und Richard, 39 Jahre alt, können aus persönlichem Erleben von den Verhältnissen in den niederländischen Haftanstalten berichten. Beide warten als Untersuchungsgefangene in der JVA Oldenburg auf Entscheidungen deutscher Gerichte. Johannes hat seine Erfahrungen im Jahre 1997 über einen Zeitraum von einem Jahr in einem Gefängnis in Rotterdam, einem Gebäude aus den 1920er Jahren mit ca. 400 Insassen und Richard in Hoorn, einer mittelgroßen Stadt am Markermeer, mit einem Gefängnis aus dem Jahre 1950 mit ca. 500 Häftlingen in 2006 während eines Monats gemacht. Da ihre Eindrücke ähnlich waren, lassen sich mit ihren Berichten die Knastverhältnisse in den Niederlanden in einer gemeinsamen Darstellung abfassen und folgendermaßen beschreiben: Die Wohnverhältnisse: Trotz des Alters waren die Anlagen sauber, die Hafträume mit ein oder zwei Personen belegt, und auf den Stationen befanden sich 40 bis 50 Personen auf 3 Ebenen. Jeder Haftraum, ähnlich groß wie in Oldenburg, hatte eine zweckmäßige Ausstattung mit ein oder zwei Betten, einem Schrank, einer an der Wand befestigten Tischplatte, einem Stuhl, einem Fernsehbord, einem TVGerät und einem Kühlschrank. In einem separaten Raum waren Waschbecken und WC untergebracht, teilweise befand sich auch eine Dusche darin. Anstaltsbekleidung gab es nicht. Jeder, der die Möglichkeiten dazu hatte, ließ sich jede Woche frische Bekleidung schicken oder beim Besuch aushändigen; dazu benötigte man auch keinen Wäscheschein. Auf den Stationen gab es Fitnessräume mit Sport- und Spielgeräten. Wer selbst kochen wollte, konnte die gut ausgestattete Küche benutzen (wie in Oldenburg). Ansonsten wurden die gut schmeckenden warmen Mittagsmahlzeiten von außen vakuumverpackt angeliefert. Zum Frühstuck und zum Abendbrot wurden jeweils halbe Brote ausgeteilt. 58 Die Arbeitswelt: Jeder, der wollte, konnte arbeiten; es gab aber keinen Zwang zu arbeiten, auch nicht für Strafhäftlinge. Die Arbeitszeiten erlaubten ein hohes Maß an Freizeit, denn in einer Woche wurde morgens drei Stunden lang gearbeitet und in der nächsten nachmittags 3 Stunden; dafür erhielt man 12,50 Euro pro Woche, die wöchentlich auf das eigene Konto ausgezahlt wurden - jeweils rechzeitig vor dem Einkauf, der immer am Montag oder Dienstag stattfand. Die Arbeit bestand z. B. aus verpacken und etikettieren von Klamotten, der Herstellung von Metallbügeln für Heizkörper, Taue zuschneiden, für die Automobilindustrie Metallarbeiten durchführen und Arbeit in der Holzwerkstatt. Die Freizeitgestaltung: Als U-Häftling gab es 1½ Stunden pro Tag Freizeit, während in der Strafhaft tagsüber die Türen offen standen. In dieser Zeit konnte man die Fitnesseinrichtungen benutzen oder in Begleitung zur Sporthalle gehen. Dafür stand den UHäftlingen allerdings nur eine Stunde pro Tag zur Verfügung, während die Strafgefangenen mehrere Stunden Sport betreiben konnten. Wer sich jedoch krank gemeldet hatte, musste auf Tr§tzdem 2007 Nr. 36 der Zelle verbleiben, konnte auch keine Freistunde in Anspruch nehmen. Das Weiterbildungsangebot war umfangreich: man konnte den Führerschein machen, Französisch, Englisch, Spanisch oder Deutsch lernen, einen Computerkurs besuchen oder einer handwerklichen Ausbildung nachgehen, die mit einer Prüfung vor der IHK abschloss. Die „Freistunde“ betrug im Sommer 6 Stunden und im Winter 1½ Stunden, wurde im Hof mit Sportfeldern, Tischtennisplatte, Tischfußballgerät und Tischen und Bänken abgehalten und richtete sich nach den Arbeitszeiten. Bücher und Zeitschriften waren in einer Bibliothek vorhanden, zu der man gehen konnte, wenn man einen Beamten dazu befragt hatte. Einkaufen konnte man für maximal 1.000,00 Euro pro Woche; die Ware wurde bestellt und auf die Zelle geliefert. Besondere Wünsche wurden auch erfüllt, dafür gab es keinen gesonderten Paketempfang. Wer telefonieren wollte, benutzte dazu seine aufladbare Telefonkarte mit freier Gesprächsteilnehmerwahl. Besuch konnte außerhalb der Arbeitszeiten empfangen werden, und zwar einmal pro Woche für zwei Stunden ohne besonderen Antrag und einmal im Monat zwei Stunden extra auf Anfrage; nach drei Monaten gab es einen Langzeitbesuch für vier Stunden. Die Anstaltsorganisation: Auf jeder Station hatten vier freundliche und zuvorkommende Beamte ihren Dienst zu verrichten, und die Anstaltsleitung bot jede Woche eine Sprechstunde an. Gesichert waren alle Gänge mit Videoanlagen; daher gab es keinen gesonderten Aufschluss und keine Begleitung durch Beamte bei den notwendigen Gängen. In den Hochsicherheitsabteilungen sah das allerdings anders aus. Die ärztliche Versorgung, die Seelsorge und der Soziale Dienst sind ähnlich organisiert wie in Oldenburg. Therapieangebote bestanden für Alkoholkranke und Drogenabhängige. Für Gefangene, die nicht zu lebenslänglicher Haft oder Sicherungsverwahrung verurteilt wurden und die in gesonderten Anstalten untergebracht sind und dort auch die volle Zeit verbringen müs- Kultur — Ausland — Medien sen, sieht das Gesetz vor, dass nur 2/3 der Strafzeit im Vollzug verbracht werden muss. Zudem gibt es, ebenso wie in Deutschland, den offenen Vollzug für 12 Monate, bei dem man jedes Wochenende frei bekommt, daneben den halboffenen Vollzug für 18 Monate, in denen man jeden Monat 2 bis 3 Tage Urlaub bekommen kann, und dann den geschlossenen Vollzug für LL und SV. Hier in Oldenburg wird von Johannes und Richard als angenehm empfunden, dass niederländische Staatsbürger eine Gefangenenzeitung von einer niederländischen Stiftung monatlich zugesandt bekommen. UM Kriminelles aus aller Welt Kuriositäten Italien: Geistliches Rauschgift ist nicht straffrei Ermittelt wird jetzt auch gegen einen 43-jährigen Mann aus der italienischen Stadt Perugia. In seiner Wohnung wurden insgesamt ein halbes Kilo Kokain und Marihuana gefunden. Die Drogen seinen von guter Qualität und vermutlich aus dem Ausland eingeführt worden, berichtete die italienische Nachrichtenagentur ANSA. Ob das Rauschgift zum Verkauf oder für den Eigenbedarf bestimmt war, wird das Gericht klären müssen, denn beruflich hat der Täter nichts mit Drogen zu tun: Er ist Priester – und geistliches Rauschgift ist nicht straffrei! Indien: Rosarote Farbe senkt die Kriminalitätsrate In der indischen Stadt Aurangabad ist die Kriminalitätsrate extrem hoch: Erpressung, Entführung, Mord und Kämpfe zwischen den Kasten gehören dort zum Alltag. Um die Menschen friedlicher und gesetzestreuer zu machen, sind alle Verwaltungs- und Regierungsgebäude und an die 90 Prozent aller Privathäuser rosarot angestrichen worden. Ob die zarte Farbgebung tatsächlich beruhigend wirkt und die Kriminalitätsrate sinkt, muss sich noch zeigen. Der Blick durch die rosarote Brille ist schließlich nicht jedermanns Sache; der Versuch sei es jedoch wert, so der indische Bürgermeister. Russland: Vorsicht bei dem Genuss von russischen Teigtaschen Gesammelt von Werner Brauer Großbritannien: Hände weg von den Hunden! Neuerdings haben sich bereits Hilfsorganisationen gebildet, um einem stark zunehmenden Straftatbestand in Großbritannien Einhalt zu gebieten: dem „Dognapping“. Immer mehr Hunde, aber auch andere Haustiere werden laut Polizeiinformationen entführt und nur gegen Zahlung eines Lösegeldes wieder zurückgegeben. Den Entführern ist schwer auf die Schliche zu kommen, so die Ermittlungsbeamten. Vielfach handele es sich um Landstreicher, die gepflegte Haustiere quasi auf Vorrat stehlen würden. Nach dem Erscheinen der Vermisstenanzeigen in den Tageszeitungen nehmen die Tierdiebe dann Kontakt mit den Besitzern auf und vereinbaren ein als Finderlohn getarntes Lösegeld, das oft mehr als 1000 Pfund (1.450,00 Euro) beträgt. Nach Deutschland ist diese „Straftatwelle“ Gott sei Dank offensichtlich noch nicht übergeschwappt. Ein Drogenkurier hatte Piroggen, die typisch russischen Teigtaschen, in Haschischöl frittiert und die so getarnte Droge dann Bekannten mitgegeben, die nach St. Petersburg reisen wollten. Da sich die Abfahrt verzögerte, machten die duftenden Piroggen der 60-jährigen Hausfrau Appetit. Eine Pirogge aß sie selbst, eine zweite fütterte sie ihrem Hund: Der Hund lag einen Tag im Koma, die Frau brachte drei Tage mit schweren Halluzinationen auf der Intensivstation eines Krankenhauses zu. Der backende Drogenschmuggler wurde inzwischen festgenommen. Polen: Auch in Polen müssen die dritten Zähne bezahlt werden Der Dritten Zähne wegen machte eine 50-jährige Kölnerin Bekanntschaft mit dem Bundesgrenzschutz. Sie hatte sich in Krakau in einer privaten Zahnarztpraxis als Gesundheitstouristin die Zähne richten lassen und weigerte sich dann, die Rechnung sofort in bar zu bezahlen. Die Rechnungssumme betrug 6.000 Zloty (1.500 Euro). Die Frau floh aus der Praxis und wollte sodann von Kattowitz zurück noch Köln fliegen. Polizei und Bundesgrenzschutz waren aber Tr§tzdem 2007 Nr. 36 bereits informiert, und der BGS nahm die säumige Zahlerin vorübergehend fest. Jetzt kosten die Zähne aus Polen die Kölnerin mehr, als die Gebisskorrektur in Deutschland je gekostet hätte. Schweiz: Nobel bettet man sich Gute Manieren bewies ein Betrunkener, der sich in einer schweizerischen Kleinstadt nach einer ausgiebigen Zechtour in einem städtischen Blumenkübel schlafen gelegt hatte. Akkurat standen seine Schuhe neben dem Kübel, seine Geldbörse lag obenauf und das vorsichtshalber herausgenommene Gebiss hielt der selig Schlafende gut geschützt in der Hand. Die Hilfe der von den Passanten herbeigerufenen Polizeibeamten, die ihm sein Taxi für die Heimfahrt bestellten, nahm der ordnungsliebende Zecher gerne an. Frankreich: Wenn ein amouröses Abenteuer tödlich endet Fitness-Sport kann ganz schön gefährlich sein. Das musste eine 71 Jahre alte Walkerin in der Nähe des westfranzösischen Dorfes Vienne erfahren. Bei ihrem täglichen Training wurde die Dame von einem wilden Rehbock angegriffen, der ihr Verletzungen mit dem Geweih zufügte, als er von hinten auf die mit Dehnübungen gebückt stehende Frau aufsprang. Der Rehbock, dessen Aggressivität der örtliche Revierförster auf seine Brünstigkeit zurückführte, wurde sofort zum Abschuss freigegeben. Österreich: Auch im Rückwärtsgang gilt die Geschwindigkeitsbegrenzung Einen Rekord der besonderen Art hat ein deutscher Autofahrer in Bludenz (Österreich) aufgestellt. Der Mann brauste mit 56 km/h in eine Radarfalle der Polizei, und zwar rückwärts. Die Beamten waren davon so überrascht, dass sie einen Test machten. Dabei stellten sie fest, dass der vom Verkehrssünder gefahrene Wagentyp nur mit Automatikgetriebe so schnell rückwärts zu bewegen ist. Der Deutsche war übrigens der erste Fahrer, der es geschafft hatte, rückwärts ins Radar zu fahren. Erlaubt waren 40 km/h; die Strafe: 29 Euro. 59 Kultur — Ausland — Medien Auslandsinfo: Palästina Palästina, historisch „Land der Philister“, Landschaft an der Ostküste des Mittelmeers mit vielen dem Christentum, Judentum und Islam heiligen Orten, daher auch „Gelobtes Land, Heiliges Land“ genannt. Palästina reicht von der flachen, fast buchtenlosen Mittelmeerküste über ein etwa 1000 m hohes Bergland bis zur Jordansenke und vom Libanongebirge im Norden bis zum Saum der Negev im Süden. Größter Fluss ist der Jordan. Es herrscht ein Mittelmeerklima mit spärlichen Niederschlägen im Landesinneren. Nach der Eroberung Babyloniens durch die Perser kehrten Israeliten aus der babylonischen Gefangenschaft im 6. Jahrhundert vor Christus nach Palästina zurück. Seitdem gehörte Palästina zum Perserreich, danach, seit 332 vor Christus, zum Reich Alexander des Großen. Es schlossen sich der Ptolemäerstaat, die Zugehörigkeit zum Seleukidenreich und ab 63 vor Christus zum Römischen Reich an, ab 395 zu Ostro m (Byzantinisches Reich). Seit 634 steht Palästina unter dem Einfluss des Islam, die Hauptstadt Jerusalem wurde 1099 von den Kreuzfahrern erobert, die dort bis 1291 das christliche Königreich Jerusalem unterhielten, und von 1517 bis 1918 war Palästina türkisch, von 1920 bis 1948 britisches Mandatsgebiet. Ab 1882 kam es als Folge von Pogromen in Russland zu einer verstärkten jüdische Besiedlung. 1948 wurde der Staat Israel ausgerufen, nachdem es zwischen den arabischen Staaten und Israel um Palästina zum Kampf gekommen war. Der östliche Teil Palästinas fiel danach an Jordanien, wurde aber 1967 von Israel besetzt. Die palästinensischen Araber, die 1948/49 weitgehend vor den israelischen Truppen geflohen waren oder von diesen vertrieben waren, wurden in den 60 arabischen Nachbarländern in Lagern angesiedelt. Seitdem kam es zu Guerillakrieg, Aufständen und Terrorismus, und auch auf diplomatischen Weg suchen die Palästinenser einen eigenen Staat in Palästina zu erkämpfen. Als Palästinenser bezeichnen sich die arabischen Bewohner des früheren britischen Mandatsgebietes; sie sind vorwiegend sunnitische Muslime, aber auch Christen. Die über 5 Millionen Palästinenser leben in Israel (ca. 800000), in den Autonomiegebieten und in den von Israel besetzten Gebieten (rd. 2 Mio.) sowie in Jordanien. Über 2 Mio. leben als wenig integrierte Flüchtlinge in Lagern in Ägypten, Libanon und Syrien. Seit 1994 trat im Mai die vorläufige palästinensische Teilautonomie im Gazastreifen und im Gebiet von Jericho in Kraft, das sich 1995 auf weitere Gebiete im Westjordanland ausdehnte. Bei der Wahl des Palästinensischen Autonomierats 1996 siegte die PLO (Palestine Liberation Organization) mit Präsident J. Arafat. Nach seinem Tod 2005 stellt die Fatah (Kern der PLO) den Staatspräsidenten und seit jüngster Zeit nach freien Wahlen die Hamas den Ministerpräsidenten. Dass die Region noch nicht ihren Frieden gefunden hat, können wir fast täglich in den Zeitungen nachlesen. Vor diesem Hintergrund und der hohen Arbeitslosigkeit in Palästina hat es auch Issam Abuzarifa nach Deutschland verschlagen, der sich seit Juli 2006 in der JVA Oldenburg aufhält und einer Haftstrafe entgegen sieht. Heute ist Issam 32 Jahre alt, geboren in Constantin im Osten Algeriens, wohin seine Familie 1964 gezogen war. Sein Vater arbeitete als Lehrer für arabische Geschichte und Religion an einem Gymnasium, lebt jetzt aber in Libyen. Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Die Mutter verzog es nach Palästina, nach Khanyunis, einer Stadt mit ca. 10.000 Einwohnern im Gaza-Streifen, wo sie ihre 5 Kinder aufzog. Issam machte 1992 in Gaza sein Abitur und schloss sich 1994 einer der Spezialeinheiten an, die Personen- und Objektschutzaufgaben von der Autonomiebehörde zugeteilt bekamen. In einer 2½jährigen Ausbildungszeit war er bis 1997 Teil der Präsidentenschutztruppe „Force 17“, einer Einheit mit ca. 3500 Männern in Gaza und Ramallah. Bis 1998 arbeitete er als Angestellter für Personen- und Objektschutz, wo er, da er neben dem arabischen Französisch Hebräisch, etwas Italienisch und Englisch und heute auch Deutsch spricht, auch die Ehefrau von Präsident Arafat, Suha, kennen lernte, von der er nur Gutes zu berichten weiß. Im Januar 1999 fährt er dann zur Tante nach Deutschland, nachdem sein Bruder verletzt worden war. Die Mutter will, dass er in Deutschland bleibt, und so stellt er einen Asylantrag in Hamburg. Er wird dann als Asylsuchender nach Oldenburg geschickt, wo er seine deutsche Frau kennen lernt. Nachdem im Jahr 2000 die erste Tochter geboren wird, heiratet er 2001 in Oldenburg, und 2003 erblickt eine zweite Tochter das Licht der Welt. Arbeit findet Issam für einige Monate in einem Restaurant, über eine Verleihfirma bei einer Spedition und bei einem Sicherheitsdienst. Ab 2003 verdient er sein Geld als selbstständiger Unternehmer mit der Verteilung von Mülltonnen und als Raumausstatter und Fliesenleger, mit nun schon 3 bis 4 Angestellten. Ab März 2004 versucht er es mit einem Bistro, was aber in einer Insolvenz endet. Im Jahr 2004 holt ihn auch eine Schlägerei im Jahr 2002 ein und er wird zu 10 Monaten auf Bewährung verurteilt. Neue Arbeit findet er bei einem namhaften Versicherungsunternehmen, die er aber bald aufgibt, was zu einer unregelmäßigen Beschäftigung führt, bis er 2006 bei einer Isoliertechnikfirma anfängt. Eine Schlägerei unter Alkoholeinwirkung führt dann im Juli 2006 zu einer Verhaftung wegen versuchten Totschlags. Nun sieht er nach einer Verurteilung mit Ungewissheit seinem weiteren Lebensweg entgegen. Ein Trost ist ihm, dass er oft Besuch von seiner Familie bekommt. UM Kultur — Ausland — Medien Gedichte Worten wäre nichts gesagt Ohne Dich Ohne Dich ist die Welt nicht mehr dieselbe ohne Dich ist der Sonnenuntergang nicht mehr wunderschön ohne Dich gibt es keine fröhlichen Momente mehr ohne Dich finde ich den Nachhauseweg nicht mehr ohne Dich habe ich kein Zuhause mehr ohne Dich ist der Sommer nicht mehr heiß ohne Dich sind die Kerzen nicht mehr romantisch ohne Dich sind Filme nicht mehr spannend ohne Dich gibt es keinen schönen Tag mehr ohne Dich will ich am Morgen nicht mehr aufstehen ohne Dich will ich am Abend nicht mehr schlafen gehen ohne Dich ist alles bloß scheiße ohne Dich ist die Welt nicht mehr dieselbe. Issam Abuzarifa Was ist Liebe? Wenn ich Dich sehe, kribbelt’s in mir. Glaube mir, ich sehne mich nach Dir. Du bist für mich das Licht, das momentan schwer zu erreichen ist. Die große Liebe bist Du für mich. Ich sage Dir, ich liebe Dich. Issam Abuzarifa An Dich denken! So wie jetzt, Dich weit weg lächeln sehen. Im Schlaf, die Hand durch die Nacht in Dein Haar schicken und einen Kuss wie eine Sternschnuppe durch Deinen Traum. Die Ferne aufrollen Wie eine Schnur, an deren Ende Deine Wärme ist. ICH VERMISSE DICH! Einfach Verstehen! Ich will Dich halten Und Dich niemals missen. Ich möchte in Deine Arme fallen Und mit Dir träumen, mit Dir zusammen sein und Dich niemals verlieren. Verstehst Du mich? Ich liebe Dich! Patrick Schöndorf Es ist vorbei! Mit 100000 Worten wäre nichts gesagt. Mit 100000 Fragen wäre nichts gefragt. Was ich durch Deine Liebe tief drinnen in mir fühl. Ein Wort und eine Frage wären schon zu viel. Mit 100000 Worten wäre nichts gesagt. Mit 100000 Fragen wäre nichts gefragt. Als ich Dich zum ersten Mal sah, war ich wie elektrisiert. Ja, wie ein Blitz durchfuhr es mich und ich fühlte, dass hier etwas passiert. Die Nächte, die danach kamen, lag ich wach und träumte von Dir. Jede Nacht einen anderen Traum, und ich wünschte, ich wäre nah bei Dir. Mit 100000 Worten wäre nichts gesagt. Mit 100000 Fragen wäre nichts gefragt. Das ist jetzt schon einige Zeit her, wir sind schon lange ein Paar. Du hast in mir mein Herz berührt. Du bist mein Superstar! Ich möchte immer bei Dir sein und küsse Dein Gesicht Du bist die schönste Frau der Welt, mein Schatz, ich liebe Dich. Issam Abuzarifa Ich sitze hier in meiner Ungewissheit, schaue aus meinem Fenster, es schneit. Hier allein in Einsamkeit, denk ich zurück an unsere gemeinsame Zeit. Weißt Du noch, als wir über die Wiesen gingen Und bei Sonnenuntergang spazieren gingen. Wo wir beide noch glücklich waren Und nirgends etwas Schlechtes sahen. Nun steh ich hier und mein Herz ist leer. All die schönen Momente, die wir verbrachten zu zweit, werden mir in Erinnerung bleiben, in ewiger Zeit. Ich fühl mich einsam und weine, denn den Fehler machte ich, doch der Schaden traf nicht nur mich. Ich hab einfach Schluss gemacht Und nicht nachgedacht. Ich vermisse Dich so sehr, denn ohne Dich ist mein Leben so leer! Zwangspause Jede Zwangspause im Leben Ist ein Vorzeichen dafür, dass du auf eine (Weg-)Gabelung zugehst, wo du dich entscheiden musst, in welche Richtung du weiterziehen willst. Nutze den Rastplatz davor Nicht ausschließlich dazu, Kräfte zu sammeln Für die dir gewohnte Richtung, sondern auch zur Besinnung darauf, welcher Weg der bessere ist. Klaus Huber unbekannt Patrick Schöndorf Freunde! Nicht wer mit Dir lacht, nicht wer mit Dir weint, nur wer mit Dir fühlt, ist Dein wahrer Freund! unbekannt Mit 100000 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 61 Kultur — Ausland — Medien Presseschau © „Die Welt“ vom 25. 11. 06 Foto: Robert Geipel aus dem Bildband „Innen welten“ © Die Welt vom 25.11.06 62 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Kultur — Ausland — Medien Presseschau © NWZ vom 06.12.06 © Die Welt vom 17.02.07 Foto: Robert Geipel aus dem Bildband „Innenwelten“ © Die Welt vom 06.12.06 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 63 Kultur — Ausland — Medien Presseschau © NWZ vom 06.12.06 © NWZ vom 02.01.07 © Die Welt vom 23.12.06 64 © Das Parlament vom 04.12.06 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Kultur — Ausland — Medien Presseschau © Die Welt vom 23.12.06 Sprüche Jede Menschengestalt belebt einen individuellen Keim im Betrachtenden. Dadurch wird diese Anschauung unendlich, sie ist mit dem Gefühl einer unerschöpflichen Kraft verbunden, und darum so absolut belebend. Indem wir uns selbst betrachten, beleben wir uns selbst. Novalis Es ist nicht groß, was nicht gut ist. Mathias Claudius © Delmenhorster Kreisblatt vom 09.12.06 © Delmenhorster Kreisblatt vom 09.12.06 © NWZ vom 05.02.07 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 65 Kultur — Ausland — Medien Presseschau © Das Parlament vom 22./29.01.07 © Die Tageszeitung taz vom 02.01.07, auszugsweise wiedergegeben © NWZ vom 30.01.07 Humor © NWZ vom 29.12.06 66 Der Pilot funkt kurz vor dem Landeanflug an den Flughafentower: „Na, ratet mal, wer jetzt kommt?“ Darauf schaltet der Fluglotse die Beleuchtung der Landebahn aus und funkt zurück: „Na, rate mal, wo du jetzt bist!“ Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Kultur — Ausland — Medien Presseschau insbesondere gegen eine möglicherweise ausufernde Absprachenpraxis zu setzen, ist eine gesetzliche Regelung unverzichtbar.“ Auch der Bundesgerichtshof hat dies gefordert. Der von Niedersachsen vorgelegte Gesetzentwurf schreibt im Kern die bisherigen Anforderungen des Bundesgerichtshofs an Verfahrensabsprachen fest. Zentral sind unter anderem folgende Punkte: • Zulässiger Gegenstand von Verfahrensabsprachen können nur die Rechtsfolgen sein. Eine Vereinbarung über den Schuldspruch ist unzulässig. • Die Absprache ist in des Hauptverhandlungsprotokoll aufzunehmen. • Die Vereinbarung steht unter dem Vorbehalt eines nachprüfbaren Geständnisses. • © AFP/NWZ vom 16.02.07 Aus erster Hand Niedersächsisches Justizministerium - Referat für Presse und Öffentlichkeitsarbeit - Niedersächsischer Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Absprachen im Strafverfahren BERLIN/HANNOVER. Der „Deal“ ist ein seit Jahrzehnten gängiges Instrument des Strafprozesses. In großen Wirtschaftsverfahren oder in Verfahren der Organisierten Kriminalität hat sich die verfahrensbeendende Absprache zum Alltag entwickelt. Angesichts der qualitativ immer komplexer werdenden Strafverfahren ist die Absprache ein nicht Die Bindung des erkennenden Gerichts an die vereinbarte Strafober- und Strafuntergrenze entfällt, wenn eine erhebliche Änderung der Sach- und Rechtslage offenbar wird. Auch dann bleibt aber ein Geständnis verwertbar. • Bremervörde, um sich das Gelände der geplanten Justizvollzugsanstalt (JVA) anzusehen und die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig vor Ort über das Projekt zu informieren. Von 15 Uhr an besichtigt HeisterNeumann die ehemalige Kaserne Vörde, auf deren Gelände die neue Anstalt entstehen wird. Um 19 Uhr nimmt die Justizministerin an einer öffentlichen Informationsveranstaltung der Stadt Bremervörde im Hotel Daub teil und wird dort der Bevölkerung Rede und Antwort stehen. Modernes PPP-Projekt: Planung, Bau, Finanzierung und Teile des Betriebs der Haftanstalt sollen im Rahmen eines Public-Private-Partnership (PPP) einem privaten Investor übertragen werden. Sicherheit und Verantwortung: Die vollständige Verantwortung für die Justizvollzugsanstalt liegt beim Land. Haftplätze: 300 Personal: ~150 Geplanter Baubeginn: 2009 Geplante Inbetriebnahme: 2012 Pressemitteilung 07/07 vom 31.01.2007 Eine erneute Überprüfung der Tatsachenfeststellung mit dem Rechtsmittel der Berufung ist nicht mehr möglich, wenn ein Urteil auf einer Absprache beruht. • Über die genannten Folgen einer Urteilsabsprache ist der Angeklagte vor seinem etwaigen Geständnis zu belehren, so dass ein faires, transparentes Verfahren gewährleistet ist, und • die Nebenkläger, also die Opfer, erhalten ein ausdrückliches Beteiligungsrecht. Wir nutzen damit die Chance, die Rechte der Nebenkläger zu verbessern. Nach unserem Entwurf muss sich die Staatsanwaltschaft ausdrücklich mit etwaigen Bedenken der Nebenklage gegen eine vom Gericht vorgeschlagene Vereinbarung auseinandersetzen. Schon so wird der Stimme des Nebenklägers deutlich mehr Gehör verschafft, als dies seiner sonstigen Position im Strafverfahren und auch der bisher üblichen Verständigungspraxis entspricht. Sprüche Nur der Denkende erlebt sein Leben, am Gedankenlosen zieht es vorbei. Marie von Ebner-Eschenbach Wer wenig denkt, irrt sich oft. Leonarde da Vinci Das Leben ist voll alltäglicher Wunder. Martin Luther Heister-Neumann: “Der Deal muss gesetzlich geregelt werden“ mehr wegzudenkendes Instrument der Praxis. Verfahrensabsprachen entbinden nicht von den zentralen Vorgaben des Strafgesetzbuches einer stets tat- uns schuldangemessenen Strafe. Außerdem können Urteilsabsprachen Opfern helfen, wenn ihnen dadurch die Aussage vor Gericht erspart bleibt. „Es ist wichtig, dass wir die Herausforderung annehmen und endlich eine gesetzliche Regelung schaffen“ erklärte Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann am Freitag im Bundesrat. „Um einen rechtstaatlich einwandfreien und akzeptablen Rahmen, Pressemitteilung 65/06 vom 15.12.2006 Justizministerin informiert Bürger in Bremervörde Heister-Neumann besucht Gelände für neue Haftanstalt. HANNOVER/BREMERVÖRDE. Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann ist heute zu Gast in Tr§tzdem 2007 Nr. 36 67 Mixed Backen hinter Gittern Apfelstreuselkuchen Zutaten für den Mürbeteigboden: Zubereitung: 750 g Mehl 1 großer Kaffeepott Zucker 2 Päckchen Vanillezucker 250 g Margarine 6 Eier 75 ml Kaffeesahne mit 7,5 % Fett 12 Äpfel für den Belag Zucker, Vanillezucker, Kaffeesahne und Margarine gut mit einander verrühren. Sechs Eier zugeben und ebenfalls verrühren. Die so erhaltene Masse mit dem Mehl vermischen und verkneten. Den Teig auf das eingefettete Backblech (tief) verteilen und rundherum einen Rand hochformen. Die Äpfel waschen und ungeschält reiben. Wenn keine Reibe vorhandenden ist, die Äpfel in kleine Stücke schneiden. Das so erhaltene Apfelmus gleichmäßig über den Teigboden verteilen. Zutaten für die Streuseldecke: 250 g Margarine 1 großer Kaffeepott Zucker 2 Päckchen Vanillezucker 75 ml Kaffeesahne mit 7,5 % Fett ca. 200 g Mehl Zubereitung: Margarine, Zucker und Vanillezucker in einem Kochtopf auf ca. 80° C erwärmen und zu einer einheitlichen Masse verrühren. Bleibt Margarine oben auf der Masse zurück, noch etwas mehr Zucker zugeben. Anschließend Kaffeesahne in die Masse hineinrühren und alles abkühlen lassen. In die erkaltete Masse ca. 100 bis 150 g Mehl hineinkneten, bis die Masse anfängt, leicht bröckelig zu werden. Nun das restliche Mehl auf den Tisch streuen, die Streuselmasse zerbröckeln und im Mehl auf dem Tisch wälzen. Die so erhaltenen Streusel über das Apfelmus streuen und leicht andrücken. Backzeit: Das Blech nun in den auf 250° C vorgeheizten Backofen schieben und Unterhitze / Oberhitze auf 190° C einstellen. Bei dieser Temperatur 30 bis 35 Minuten lang backen lassen. Danach die Hitze auf 225° C hochdrehen, damit die Streusel Farbe bekommen und unter der größeren Hitze auskaramellisieren können. Dabei den Kuchen im Auge behalten, damit er nicht zu dunkel wird. Nach spätestens zehn Minuten unter 225° C dürfte er fertig sein und muss aus dem Ofen. Schmeckt heiß am besten, kann aber auch gut in einem Plastikbeutel gelagert werden. Beim Bäcker würde ein Stück dieses edlen Produkts gut 1,50 Euro kosten; das macht bei 18 Stücken satte 27 Euro! Die Zutaten kosten ca. 3 Euro, dazu kommen noch die Äpfel. Also: Reinbeißen und wohlfühlen! Werner (Motto: so backen Linksextremisten) 68 Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Mixed Die Lösungen für das Schachproblem und Sudoku stehen auf Seite 13 Humor Fortsetzung von Seite 55 weiter mit „Treffliches von Eugen Roth“ Vergebliche Freiheit Ein Mensch vom Alltag schier bezwungen, Hat sich zur Freiheit durchgerungen Und gibt sich heilig das versprechen, Wohin er will, jetzt aufzubrechen. Er sitzt noch heute zuhause still: Er weiß ja nicht, wohin er will! Das Böse Ein Mensch – was noch ganz ungefährlich – Erklärt die Quanten (schwer erklärlich!). Ein zweiter, der das All durchspäht, Erforscht die Relativität. Ein dritter nimmt, noch harmlos, an, Geheimnis stecke im Uran. Ein vierter ist nicht fernzuhalten Von dem Gedanken, kernzuspalten. Ein fünfter – reine Wissenschaft – Entfesselt der Atome Kraft. Ein sechster, auch noch bonafidlich, Will die verwerten, doch nur friedlich Unschuldig wirken sie zusammen: Wen dürften wir – einzeln – denn verdammen? Ists nicht der siebte, erst der achte, Der Bomben dachte und dann machte? Ists nicht der Böseste der Bösen, Ders dann gewagt, sie auszulösen? Den Teufel wird man nie erwischen: Er steckt von Anfang an dazwischen. Der Mahner Ein Mensch, der lange schon, bevor Das Unglück kam, die Welt beschwor, Blieb leider völlig ungehört… Jetzt kommts! Und jeder schreit empört: Schlagt doch zuerst den Burschen tot – Er hat schon lang damit gedroht. Ausnahme Ein Schurke, sein Ziel zu erreichen, Ging, so sagt man, über Leichen. Doch als eine Katz Lag tot auf dem Platz, Zog doch er vor, auszuweichen. Schwaches Gedächtnis Ich weiß zwar nicht mehr, was ich las Doch von dem Dichter las ich was. Eugen Roth Humor Das Leben kommt auf alle Fälle Aus einer Zelle – Doch manchmal endet’s auch – bei Strolchen In einer Solchen. Heinz Erhard ______________ Die Ameisen In Hamburg lebten zwei Ameisen, Die wollten nach Australien reisen. Bei Altona, auf der Chaussee Da taten ihnen die Beine weh, Und da verzichteten sie weise Denn auf den letzten Teil der Reise. Joachim Ringelnatz ______________ „Humor ist ein Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt“ Joachim Ringelnatz Witze Ich treffe eine Frau an der Ampel und will ein bisschen flirten. Sie sagt: „Ich habe keine Zeit, ich muss zum Optiker, ich bekomme drei neue Kontaktlinsen.“ „Wie?“ frage ich, „Warum drei?“ Sie antwortet: „Zwei für oben, eine für unten, da habe ich ja auch lange nichts mehr gesehen.“ ____________________ Es klingelt an der Tür und ein Mann fragt mich: „Sind Sie Jehowas Zeuge?“ „Nein, Entschuldigung, ich habe den Unfall gar nicht gesehen.“ Tr§tzdem 2007 Nr. 36 69 Mixed Rätselecke Die Gewinner des Preisrätsels der letzten Ausgabe sind: 1. Preis: 2. Preis: 3. Preis: Stephan L. C 1 Arne A. C4 Matthias P. A 3 Wir bedanken uns für die Teilnahme und wünschen viel Spaß mit den Preisen. Lesen hilft lösen! 1. Wer scheidet aus der JVA Oldenburg aus und geht in den wohlverdienten Ruhestand? o) Herr Meyer p) Herr Schikorra q) Herr Koop 2. Welche Mannschaft gewann das Tischtennis-Turnier am 02.12.2006 in der JVA Oldenburg? q) Lingen r) Oldenburg 1 s) Salinenmoor 2 3. Wie heißt die (berühmte) Knastband der JVA Oldenburg? s) Fury in the Slaughterhouse t) Die Spinas u) Die Musikgruppe 4. Für welche Sozialversicherung zahlt ein arbeitender Gefangener einen Beitrag in einer Justizvollzugsanstalt? p) Krankenversicherung q) Unfallversicherung r) Arbeitslosenversicherung 5. Wie viele Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln sollen zukünftig nach dem Entwurf des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes jährlich von den Gefangenen empfangen werden dürfen? m) beliebig viele n) 3 Pakete o) keines Die Buchstaben der richtigen Antworten ergeben, in die richtige Reihenfolge gebracht, das Lösungswort. Viel Spaß beim Lesen und Sortieren! Einsendeschluss ist der 17. August 2007 Teilnahmeberechtigt ist jeder Inhaftierte der JVA Oldenburg und ihrer Abteilungen! Lösungswort: _ _ _ _ _ Name: _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Station: _ _ Die nachfolgenden Preise werden von der Firma Knefelkamp aus Herford gestiftet. Dafür vielen Dank! Das Lösungswort sendet bitte an die Redaktion Tr§tzdem, JVA Oldenburg. Die genaue Adresse entnehmt bitte dem Impressum. 1. Preis: 2. Preis: 3. Preis: 70 1 x eine Torte (freie Wahl) 1 x Kaffee (freie Wahl) 1 x Tabak + Blättchen (freie Wahl) Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Mixed Nützliche Adressen Adresse Anlaufstelle Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige Kirchdorferstraße 43 a 26603 Aurich CURA e.V. - Verein für Straffälligenhilfe Münzstraße 5 38100 Braunschweig Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige Jägerstraße 25 a 29221 Celle Gefangenenfürsorgeverein Cuxhaven Mariestr. 50 27472 Cuxhaven Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige Düsternortstraße 51 27755 Delmenhorst Anlaufstelle für Straffällige Königsallee 254 37073 Göttingen Anlaufstelle für Straffällige Ostertorwall 7 31785 Hameln Diakonie, Beratungsstelle für Straffällige Hagenstraße 36 30161 Hannover Telefon 04941 62828 0531 16166 05141 9461620 04721 38483 04221 96200 0551 632977 05151 43820 0511 9904020 Adresse Anlaufstelle Straffälligenhilfe e. V. Roonstraße 10 31141 Hildesheim Anlaufstelle für Straffällige Rheiner Str. 32 49809 Lingen Anlaufstelle für Straffällige Auf dem Meere 3 21335 Lüneburg Anlaufstelle für Strafffällige Dobbenstraße 26 26122 Oldenburg Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige Parkstraße 19 49080 Osnabrück Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige Am Schwingedeich 4 21680 Stade Gefangenenfürsorgeverein Vechta Blumenstr. 8 49377 Vechta Diakonie, Anlaufstelle für Straffällige Weserstraße 192 26382 Wilhelmshaven Telefon 05121 33348 0591 9124722 04131 244470 0441 9709313/ 14 0541 83077 04141 3013 04441 2503 04421 926528 Wohnmöglichkeiten Institution Adresse Diakonisches Werk der ev.-luth. Kirchenkreise Delmenhorst und Ganderkesee Lutherstraße 4, 27749 Delmenhorst Übernachtungsstelle für Obdachlose Kolpingstraße 254, 37079 Göttingen Göttinger Verein für Sozialberatung Betreutes Wohnen e.V. Königsallee 254, 37079 Göttingen Aktiv b+w e.V. Alte Marktstraße 34, 31785 Hameln KWABSOS o.V. Immengarten 49, 31134 Hameln Kath. Verein für soziale Dienste in Lingen e.V. Bögenstraße 8, 49808 Lingen Diakonisches Werk der ev.-luth. Kirche in Oldenburg e.V. (nur Vermittlung, kein eigenes Wohnangebot) Dobbenstraße 26, 26122 Oldenburg Ev.-luth. Gesamtverband Osnabrück Arndtstraße 19, 49008 Osnabrück Laurentius - Haus Berghoffstraße 15, 49090 Osnabrück Arbeitskreis Schule Rhauderfehn e.V. Am Heidacker 2, 26817 Rhauderfehn - Burlage Ev.-luth. Kirchenkreis Stade Ritterstraße 15, 21459 Stade Oftmals bieten auch die Anlaufstellen für Straffällige, wie z.B. in Oldenburg und Wilhelmshaven, Wohnmöglichkeiten. Fragt dort einfach mal nach. Tr§tzdem 2007 Nr. 36 71 Mixed Adressen der Agentur für Arbeit Agentur für Arbeit Wilhelmstraße 7 26160 Bad Zwischenahn Agentur für Arbeit Weserstr. 2 26919 Brake Agentur für Arbeit Konrad-Adenauer-Allee 1 27471 Cuxhaven Agentur für Arbeit Pingel-Anton-Platz 5 49661 Cloppenburg Agentur für Arbeit Friedrich-Ebert-Allee 11 27749 Delmenhorst Agentur für Arbeit Thüler Straße 3 26169 Friesoythe Leserbeitrag Hallo Leute, wie Ihr aus meiner Anschrift ersehen könnt, verbringe ich zurzeit meinen Tagesablauf in der JVA Sehnde. Ich habe heute Eure Zeitung Ausgabe Nr. 35 erhalten und möchte dafür im Vorfeld schon einmal ein großes Lob aussprechen. Unter der Rubrik „Sport-Bildung-Gesundheit“ habt Ihr einen Bericht über die Umschulungsmaßnahme zum Koch gebracht. Diesen Artikel habe ich mit großem Interesse gelesen und möchte Euch in einem Bereich ergänzen. Auch die JVA Sehnde bietet die Möglichkeit, an einer Umschulungsmaßnahme zum Koch teilzunehmen. Es gibt hier eine Ausbildungsküche, in der bis zu 13 Leute gleichzeitig umgeschult werden können. Augenblicklich sind wir 5 Umschüler und 7 Kompaktschüler (die belegen einzelne Schwerpunktkurse). Zwei Ausbilder geben sich viel Mühe, uns etwas Sinnvolles beizubringen. Das ist manchmal nicht ganz einfach, da nicht jeder Inhaftierte den notwendigen Ehrgeiz hat, auch was lernen zu wollen. Die notwendige Berufsschule wird ebenfalls hier im Haus durchgeführt und auch dort kommen Berufsschullehrer in die Anstalt. Da es die komplette Umschulung erst seit dem 1.3.2006 gibt, sind leider noch nicht alle Abläufe endgültig geklärt. So muss ich als Umschüler an einem dreimonatigen externen 72 Telefon 04403 9388 0 04401 9387 0 04721 664660 04471 9489 0 04221 9800 0 04491 9241 0 Adressen der Agentur für Arbeit Agentur für Arbeit Marktstraße 12c 26954 Nordenham Agentur für Arbeit Stau 70 26122 Oldenburg Agentur für Arbeit Neuer Markt 30/32 49377 Vechta Agentur für Arbeit Mühlendamm 1 27793 Wildeshausen Agentur für Arbeit Schillerstr. 43-49 26382 Wilhelmshaven Praktikum teilnehmen, und da sind noch manche Fragen offen, wie es im Einzelnen ablaufen soll. Grundsätzlich gebe ich Euch Recht, dass eine Umschulung immer positiv für eine Entlassung ist. Ihr habt doch bestimmt schon mitbekommen, dass es in der JVA Sehnde nicht immer einfach ist und dass der Vollzug hier neu erfunden werden soll. Dadurch ist die Haftsituation hier mehr als bescheiden! Jetzt fragt Ihr Euch bestimmt, warum ich dann von der Umschulung so gut schreibe!? Nun ja, da die JVA Sehnde die gleiche Sicherheitsstufe hat wie Oldenburg, so kann auch ein „länger Ortsgebundener“ hier an einer Umschulung teilnehmen. E- Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Telefon 04731 9498 0 0441 228 0 04441 946 0 04431 9371 0 04421 298 0 ventuell ist das für Euch von Interesse. Ansprechpartner für die Umschulung zum Koch ist: 1) Frau Pinkert (Bildungsbeauftragte der JVA Sehnde) 2) Herr Becker (Küchenmeister) Neben „Koch“ kann man hier übrigens auch Logistiker, Teilezurichter im Metallbereich und Konstruktionsmechaniker lernen. Abschließend bedanke ich mich nochmals für die vielen Infos aus Eurer Zeitung. Viel Spaß noch! Jörg Bauche Kochumschüler GMV-Delegierter Mixed Was ist Kunst? Was ist Kunst? Eine scheinbar einfache Frage, auf die es aber eintausend und mehr Antworten gibt. Am naheliegendsten ist es, Kunst als Ausdrucksform mit bildnerischen Mitteln, als sinnlich erfahrbares Ergebnis eines freien Gestaltungswillens zu verstehen. Sicherlich eine richtige Antwort, die allerdings auf Grund ihrer Allgemeinheit denkbar wenig besagt. Es empfiehlt sich, die Frage einzugrenzen. Zum Beispiel die Person mit einzubeziehen, die die Kunst macht. In unserem Fall würde die Frage lauten: Was bedeutet Kunst für einen Gefangenen einer JVA? Bezogen auf diese Frage wird das Feld der Antworten schon etwas überschaubarer. Als erstes trifft auf Kunst das zu, was für jede sinnorientierte Betätigung in einer Gefangenschaft gilt: Mit ihr kann man sich die Zeit, dieses zähe klebrige Monstrum, für eine Weile vertreiben. Wer ein Bild malt, ist in ein Thema vertieft, jongliert mit Gedanken und Gefühlen, kniet sich in den kreativen Akt der körperlichen Hervorbringung hinein. All das trägt dazu bei, tern. Was im regulären Alltag bereits eine prickelnde Erfahrung sein kann, das vermag in Gefangenschaft ein Erlebnis markieren. An einem Ort, an dem man jenseits von Unterhaltungsschablonen vom Stummsein umlauert wird, ist das Finden und Ertasten einer beredten „Zeichensprache“ ein abenteuerliches Geschenk. Zumal, wenn es um eine Sprache geht, deren Glaubwürdigkeit nicht in Zweifel gezogen wird, einfach weil ihre Gültigkeit unabhängig besteht. Die insgesamt ihre eigenen Regeln in sich trägt, autonom ist gegenüber dem Urteil des Wahrnehmenden, auch wenn dieser gerne eingeladen wird, das „Gesprächsangebot“ aufzugreifen. Ein Kunstschaffender ist stets auch ein Weltenschöpfer, und sei diese Welt noch so winzig klein. Mit diesem Ernst im Rücken wird für einen Gefangenen aus dem gestalterischen Spiel der Fantasie schnell ein existentieller Akt, der seine Spannung und Faszination unter anderem aus dem unvermittelten Aufeinanderprallen von persönlicher Unfreiheit und kategorischer Freiheit der Kunst gewinnt. Damit wächst Kunst für den Gefangenen weit über eine interessante Freizeitbeschäftigung hinaus. So still jemand vor der Leinwand auch hocken mag, auf der Leinwand ereignet sich eine bildnerische Zwiesprache mit sich selbst, durchstreift die formende Hand Bedrohungen und Einsamkeiten, lehnt sich der Pinsel gegen das Bewusstsein der Entmündigung auf, fügen sich die unterschiedlichsten Gefühle ineinander, um einen Rückzugsort des eigenen Ichs zu behaupten, von wo aus visuelle Echolote Ein Akt der Selbstbehauptung Witze Die meisten Raucher sterben nicht an Lungenkrebs, sondern erfrieren auf dem Balkon. Babyschlange fragt die Mama: „Sind wir eigentlich giftig?“ „Ja, klar sind wir giftig!“ „Oh Mist, ich habe mir gerade auf die Zunge gebissen.“ dass die Zeit in den Hintergrund tritt. Das mag auf den ersten Blick wenig, wenn nicht banal klingen, aber niemand wird dieses Phänomen unterschätzen, der den Würgegriff leerer oder metallener Zeit am eigenen Leib zu spüren bekommen hat. Ernst wird es, wenn wir die Kunst in ihrer Eigenschaft als universelle Sprache betrachten, eine Sprache, gesprochen mit den Händen, statt Wörter und Sätze Farben und Formen benutzend, wahrgenommen mit den Augen. In der Unterschiedlichkeit des „Vokabulars“ liegt eine große Chance. Wenn einem bedrängten Menschen an bestimmten neuralgischen Punkten die geeigneten Worte fehlen, könnte es doch sein, dass er stattdessen treffende Bilder findet? Kunst bietet also die mit den Händen ergreifbare Möglichkeit, das Betrachten der Welt und dessen Ausdruck zu erwei- Tr§tzdem 2007 Nr. 36 möglicherweise noch bewahrte Sehnsüchte und Wünsche anpeilen und lebendig erhalten können. Kunst wird so zum Verbündeten des „Künstlers“, zu einem verlässlichen, wenn auch eigenwilligen Partner an einem Ort, wo die vertrauensvolle Gemeinschaft mit Menschen lediglich in der Erinnerung oder in der Hoffnung aufrechterhalten wird. Wem aber ein solches Potential an Hilfe zur Seite steht, dem sollte man wie selbstverständlich verzeihen, wenn die künstlerischen Ergebnisse weder von der Mona Lisa Grüße bestellen noch Picassos moderne Klassikerruhe aufscheuchen. Das Malen eines Bildes ist in Gefangenschaft ein Akt der Selbstbehauptung, weniger das Bild selbst. RM Gedicht Lichtumflutet warm und voller Leben stehst Du hier vor mir, ich schweig obwohl ich rede, weil ich Dich so innig spür. Ich höre Deine Stimme und sehe in Deinen Augen mich, ich fühle Deine Nähe und ich weiß, es gibt nur Dich. Ich bin verwirrt und habe Angst in all dem Glück, dass Du ein Traum nur bist in einem Meisterstück. Ich berühre Dich, Du bist so warm, so zärtlich und so weich, ich umarme Dich ganz fest und spür, ich halte heut das Himmelreich. Ich schweige, finde keine Worte, die Sekunden sind so endlos tief, es ist wie in einem Märchen, bei dem als Kind ich doch so gern einschlief. Ich will nicht gehen wieder raus ins Leben ohne Dich, ich sage nichts, doch mein Herz schreit laut, vergiss mich nicht. Patrick Schöndorf 73 Tr§tzdem Themen der nächsten Ausgabe (voraussichtlich) Sportturniere • Berichte, Informationen und Impressum Herausgeberin JVA Oldenburg Cloppenburger Straße 400 26133 Oldenburg Tel: 0441-4859 380 Fax:0441-4859 33 380 mit vielen Fotos Redaktionsteam Udo Müller (UM) • Bildung - z. B.: ECDL-Erfahrungsbericht (hauptamtlicher Redakteur) Werner Brauer (WB) Jochen Etzel (JE) (ab Februar 2007) Wolfgang Frank (WF) (ab Dezember 2006) DK Markus Lanfer (ML) Ralph M. (ab Februar 2007) Die bewährten und neuen Bildungsangebote • Der Behandlungsatlas Veranstaltungen in der JVA • Andreas Veiel: „Der Kick“, ein Filmprojekt • „Woyzeck“, mit Ulf Goerges eine Theaterstück Neues aus der Bücherei Die künstlerische Kreativität von Menschen hinter Gittern braucht ihren Raum. [email protected] Kontakt über Wilfried Dannebaum Top-Thema: Neue Vollzugsschwerpunkte in Oldenburg Kunst hinter Gittern: Gittern Gefangene stellen aus Heiko Rapp (Februar 2007) Hakan Sag (HS) Dazu hatte die „Tr§tzdem“ alle Gefangenen aufgefordert, ihre selbst gezeichneten oder gemalten Bilder, ob farbig oder schwarz/weiß, zur Veröffentlichung einzusenden. Eine Auswahl zeigen wir jetzt in unserer Galerie auf den beiden nächsten Seiten. Wir möchten aber auch zukünftig in dieser Zeitung weitere Bilder präsentieren und rufen alle Künstler auf: (bis Ende Februar 2007) Mitmachen! Dieter Schacht (DS) Lasse Wilms (LW) (ab Dezember 2006) Auflage 750 Exemplare Layout UM Druck Medienhaus Rösemeier Alte Dorfstr. 42 26160 Bad Zwischenahn-Ofen Internet http://www.jva-oldenburg.de Es stellen aus: Jochen Etzel (1) Jochen Etzel / Firat Bal (2) Thomas Goldenstein (3) Christian Harms (4) Patrick (5) Pepe (6) Nicolae Popesco (7) Hinweis Die “Tr§tzdem” ist vorlagepflichtig. Hörbuch-Verleih Neues zur Strafvollzugsgesetzgebung Und vieles mehr über das, was Leib und Seele zusammen hält. 74 Wir sind dankbar über jeden Artikel, jede Geschichte oder einen Leserbrief. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Tr§tzdem 2007 Nr. 36 Die präsentierten Formate entsprechen nicht den Originalformaten (7) (1) (5) (3) (3) (5) (2) (1) (5) (6) (1) (2) (4) (4) (1) (4) (6) (1) (6) (4) (1) (4) (1)