Privatkonkurs in Österreich

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Privatkonkurs in Österreich
Privatkonkurs
in Österreich
Schuldenregulierungsverfahren 2012
Der umgangssprachliche Ausdruck „Privatkonkurs“ wird im Gesetz als „Schuldenregulierungsverfahren“ (SRV) bezeichnet. Ziel des Verfahrens ist es, redlichen
und motivierten SchuldnerInnen die realistische Chance auf einen wirtschaftlichen Neubeginn zu geben. Zu den Voraussetzungen zählen die tatsächliche
Zahlungsunfähigkeit, regelmäßiges Einkommen, die Verpflichtung, keine neuen
Schulden zu machen sowie die Möglichkeit, monatlich einen bestimmten Betrag
zur Rückzahlung zur Verfügung stellen zu können. In dieser Zeit der Rückzahlung
soll nur eine „bescheidene, aber menschenwürdige“ Lebensführung möglich sein.
Im Gegenzug stoppen die Exekutionen und der Zinsenlauf. Die SchuldnerInnen
sind bei Einhaltung der vereinbarten Zahlungen und Erfüllung gesetzlicher Kriterien wieder schuldenfrei. Gläubiger erhalten einen Teil ihrer Forderungen zurück.
Auch wenn das SRV derzeit für viele überschuldete Personen die Möglichkeit der
Schuldenregulierung bietet, gibt es Verbesserungsbedarf vor allem in Hinblick
auf bestehende Schwierigkeiten für Personen mit sehr geringem Einkommen. Die
wiederaufgenommenen Gespräche über Reformvorhaben zum Privatkonkurs
führten bisher zu keiner politischen Einigung.
Kernpunkte der Diskussion sind Anreize zur frühzeitigen Rückzahlung von Schulden und eine Erweiterung der Gründe für eine sachliche Rechtfertigung der Restschuldbefreiung. Schuldenberatungen begrüßen die Reformvorhaben grundsätzlich, lehnen eine Verkürzung der Verfahrensdauer jedoch ohne gleichzeitige
Reduktion oder Flexibilisierung der Quote ab.
10.770 Insolvenzanträge1
- 1,8% gegenüber
20112
38%
62%
1
2
9.676 Insolvenzeröffnungen1
+0,4% gegenüber
20112
§
57,8% von einer Schuldenberatung im SRV bei
Gericht begleitet oder
vertreten
Insolvenzdaten BMJ, Abfragedatum 3.1.2013.
Insolvenzdaten BMJ, Abfragedatum 4.1.2012.
Die häufigsten Regulierungen im Rahmen des Privatkonkurses
Zahlungsplan: Den Gläubigern ist eine Quote anzubieten, die der Einkommenslage der nächsten fünf Jahre entspricht. Hier ist die Zustimmung einer Gläubigermehrheit notwendig. Die Schulden erlöschen mit Erfüllung der vereinbarten Quote. Dauer und Quote sind flexibel innerhalb gesetzlicher Vorgaben verhandelbar.
Abschöpfungsverfahren: Unter strengen Auflagen für die nächsten sieben Jahre
kommt es zur „Pfändung“ auf das Existenzminimum. Die „pfändbaren“ Beträge erhält ein gerichtlich bestellter Treuhänder, der sie jährlich an die Gläubiger verteilt.
Eine Zustimmung der Gläubiger ist nicht erforderlich. Nach Ablauf des Verfahrens
kommt es bei Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen zur Restschuldbefreiung.
Zahlungsplan
2011
2012
71,7%
70,4%
Abschöpfungsverfahren
%
2011 27,0
%
2012 28,0
Quelle: asb schuldenreport 2013 | Grafik: asb
Erfolgsquote im Abschöpfungsverfahren
Zum Erreichen der Restschuldbefreiung im Abschöpfungsverfahren
müssen nach sieben Jahren mindestens 10% der Schulden an die
Gläubiger zurückgezahlt worden sein. Eine vorzeitige Restschuldbefreiung ist möglich, wenn nach mindestens drei Jahren Laufzeit
50% zurückgezahlt sind. Wird nach sieben Jahren die 10%-Quote
nicht erreicht, kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen
dennoch die Restschuldbefreiung (nach Billigkeit) aussprechen.
Im Jahr 2012 endete bei 709 Verfahren, in denen die ASB Schuldnerberatungen GmbH als Treuhänder bestellt war, die siebenjährige
Abschöpfungsfrist. In 70,9% der Fälle wurde eine Restschuldbefreiung erteilt (503 Fälle). Davon wurden 60 Verfahren vorzeitig beendet (mindestens drei Jahre Laufzeit und 50%-Quote) und 407 Verfahren nach Ablauf der Abtretungserklärung (sieben Jahre Laufzeit
und mind. 10%-Quote). In 24 Fällen wurde trotz Nichterreichens
der Mindestquote eine Restschuldbefreiung nach Billigkeit erteilt.
In 7 Verfahren wurde die Restschuldbefreiung nach Verlängerung
des Verfahrens erteilt. Mit Einverständnis der Gläubiger wurde das
Abschöpfungsverfahren in 5 Fällen beendet.
Keine bzw. keine unmittelbare Restschuldbefreiung konnte nach
sieben Jahren bei 29,1% der Fälle erteilt werden. In 11% der Fälle
ist die Restschuldbefreiung offen, weil noch keine Entscheidung des
Gerichts vorliegt und das Verfahren verlängert oder eine Ergänzungszahlung auferlegt wurde. In 12,4% der Verfahren wurde
die Restschuldbefreiung wegen Nichterreichens der Mindestquote
endgültig versagt. 5,6% der Fälle wurden vorzeitig, hauptsächlich
wegen Obliegenheitsverletzungen, eingestellt.
Restschuldbefreiung
Keine bzw. keine unmittelbare Restschuldbefreiung
nach 7 Jahren
Außergerichtlicher Ausgleich
Zustimmung aller Gläubiger erforderlich
Insolvenzeröffnung
Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens,
Veröffentlichung, Exekutions- und Zinsenstopp
Vermögensverwertung
z.B. Haus, Auto
Zahlungsplan
Mindestangebot entsprechend dem voraussichtlich pfändbaren Einkommen
der nächsten 5 Jahre; Teilzahlungen für maximal 7 Jahre; Zustimmung der
Gläubigermehrheit erforderlich
bei Ablehnung
bei Annahme
Abschöpfungsverfahren
Restschuldbefreiung
7 Jahre Leben am Existenzminimum; mind.
10% der Schulden müssen nach 7 Jahren
Abschöpfung bezahlt sein; Zustimmung der
Gläubiger NICHT erforderlich!
Restschuldbefreiung
oder wenn Abschöpfung scheitert: Alle Schulden und Zinsen leben wieder auf!
Zur Bereinigung der Insolvenzsituation sollten SchuldnerInnen noch vor dem gerichtlichen Insolvenzverfahren versuchen, sich durch Abschluss eines außergerichtlichen Ausgleichs wieder wirtschaftlich zu sanieren. Dabei verzichten ALLE Gläubiger auf einen Teil der Forderungen.
Die SchuldnerInnen bezahlen eine vereinbarte Rate und werden von den restlichen Schulden
befreit. Nur ein Viertel der vorgeschlagenen außergerichtlichen Ausgleiche werden tatsächlich
von den Gläubigern angenommen.
Der Antrags- und Verfahrensablauf eines Privatkonkurses ist in der Insolvenzordnung geregelt. Zuständig sind zumeist die Bezirksgerichte. Ein Schuldenregulierungsverfahren kann mit
einem Zahlungsplan oder einem Abschöpfungsverfahren mit Restschuldbefreiung enden.
29,1%
70,9%
Verfahrensablauf im Privatkonkurs
Zeitraum der Eröffnung:
1.10.2004 bis 30.9.2005
Quelle: asb schuldenreport 2013 | Grafik: asb | Foto: fotolia