Canzone della Strada
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Canzone della Strada
34 quadro nuevo – grand voyage Canzone della Strada Straßenmusik im Süden 35 36 canzone della strada von Mulo „La melodia non c‘è più!“ – Es gibt sie nicht mehr, die Melodie. So sprach der alte sizilianische Musikalien händler in Palermo mit einem wehmütigen Lächeln. Für unser viertes Album Canzone della Strada wünschten wir uns so sehr einen Mandolinenspieler als Gast. Das war nicht leicht, denn in unserer globalisierten Mu sikwelt, die seit vielen Jahren von anglo amerikanischen Stilen dominiert wird, gehen alte regionale Spieltraditionen bis weilen verloren. Wieder und wieder führen uns unsere Reisen in die Welt des Mittelmeeres, nach Italien, das wir unzählige Male durchquer ten. Vom nördlichen Teil, den eleganten Orten Venetiens und der Toskana, bis tief in den lichtdurchfluteten Süden, den Mezzo giorno, wo das glitzernde Meer vom Zauber der archaischen Frühzeit zu erzählen weiß und die klingenden Namen der Städte die Mythen der Antike besingen: Napoli, Posi tano, Palinuro, Siracusa, Agrigento. Sommer für Sommer spielen wir un sere Musik auf ihren Straßen, deren Pflas tersteine spät nachts noch die glühende Hitze des Tages verströmen. Unsere Reise gleicht oft mehr einer Durchquerung der Zeit denn der Landschaften, immer auf der Suche nach den Melodien eines fast schon verklungenen Italiens. Aus der uralten Tra dition der canzone napoletana trugen einige wenige den canto melodico sentimentale bis in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts – so bezaubernde, wenn auch lange schon vergessene Sänger wie Carlo Buti, Oscar Carboni, Narciso Parigi, Nilla Pizzi oder der frühe Claudio Villa. In ihrem lyrischen Gesang und ihren Liedern erwachen die Traumbilder des Südens, die seit jeher die sehnsüchtig schwermütige Phantasie des Nord- und Mitteleuropäers beflügeln. Eben diese Italiensehnsucht, von der bereits un ser Schriftstellerkollege Herr Goethe zu berichten wusste, stachelt uns an. Außerdem sind wir von einem der artigen Spieltrieb besessen, dass wir uns neben den gut organisierten Konzert-En gagements auch die Stadt- und Dorfplätze als Bühne erschließen wollen. So ein Stra ßenmusik-Überfall sieht etwa folgender maßen aus: In dem traumhaften Städtchen San Gimignano bekommen wir den Strom für unsere kleinen Bass- und Gitarren-Ver stärker von der Eisdiele Due Torri. Wir po sitionieren uns auf dem offenen Plätzchen zwischen dieser und der breiten Treppe zum Dom. Wir legen immer mit einigen italienischen Canzoni wie Luna Rossa oder Chitarra Romana los, um uns in einem ers ten Schritt die Gunst der Einheimischen zu erwerben. Bald bilden sich zwei Scharen von Zuhörern: eine auf den Stufen sitzend, die andere belagert die Tische vor der Gela teria. Durch spontane Drehungen können wir mal die einen, mal die anderen direkt anspielen. Der Wirt, unsere Dreistigkeit als umsatzsteigernd erkennend, bringt uns eine Flasche Rotwein. Alle sechs bis sieben Lieder legen wir kleine Pausen ein, um zu trinken, ein paar CDs zu verkaufen und mit den Leuten zu plaudern. Wir finden die Zusammenset zung des bunten Zuhörervölkchens sehr inspirierend. Italiener stellen uns Fragen wie „Di dove siete?“ oder „Mamma mia, perché suonate queste vecchie canzoni?“ Oben: San Gimignano, August 2000 Vorige Seite: Casale Marittimo, Toskana 2007 Unten: Florenz träumt. Carlo Buti singt Firenze Sogna, 30er Jahre