Edmund Kern.

Transcription

Edmund Kern.
... als wäre es Gestern,
und doch sind es schon so viele Jahre
von Ralf Oschmann
Es war 1977 als meine Frau Angelika und ich, Horst
Glowinski, einen Sportkameraden meines alten JudoClubs trafen, der begeistert von der Entwicklung des
Aikido im Verein schwärmte. Als wir kurz danach mein
altes Dojo besuchten, trafen wir den ersten Aikido DanTräger im Verein, es war Edmund Kern. Nun gehen wir
mit Edmund seit einem Vierteljahrhundert diesen Weg
gemeinsam, und ich habe die Ehre seinen persönlichen
Weg zu beschreiben. Obwohl wir viele Jahre miteinander
verbunden sind und etliche Stunden zusammen
verbracht, diskutiert und philosophiert haben, spüre ich,
dennoch, dass ich viele Lebensabschnitte meines
Lehrers nicht kenne, und nun soll ich seine Biographie
schreiben.
Edmund Kern in seiner Fechtausrüstung
Edmund Kern in Castrop-Rauxel 2001
Edmund Kern wurde am 23. Dezember 1932 in
Rosenheim / Obb. als zweites Kind geboren. Er wuchs in
den Kriegswirren auf und die väterlichen Vorstellungen
eines „vorbildlichen“ Sohnes unterschieden sich oft von
seinen eigenen Interessen und riefen bei ihm inneren
Wiederstand hervor. Als Kind hundert Meter im
Wettkampf rennen zu müssen um zu siegen, mochte er
nicht. Andere Sachen fand er viel interessanter und
diesen widmete er sich mit Hingabe. Die Eltern zogen
nach dem Krieg nach Heidelberg, hier begann er eine
Lehre als Elektro- und Fernmeldetechniker.
1953 mit 21 Jahren interessiert er sich fürs Fechten,
Florett und Säbel und wird diese Sportart bis 1967
betreiben. Hier erlebt er mit Freunden eine intensive
Phase. Das Fechten mit seinen unterschiedlich
anwendbaren Taktiken fasziniert ihn, selbst im Urlaub mit
Zelt und Motorroller ist die Sportausrüstung dabei und es
wird ständig geübt.
Edmund bei einer Säbel-Demonstration
Edmund Kern in seinem Beruf
Da ihm zu diesem Zeitpunkt das Fechten nicht reicht,
fängt er ebenfalls 1953 mit Judo in Heidelberg an, später
wird er aus beruflichen Gründen im Karlsruher Judo-Club
sein Üben fortsetzen.
Hier, in Karlsruhe engagiert er sich lange Jahre bei der
telefonischen Seelsorge. Die Auseinandersetzung mit
den vielfältigen Nöten der Menschen geben ihm
umfassende Erfahrung für die Lebenswirklichkeit. Seine
Empfindsamkeit
gegenüber
unharmonischen
Verhaltensweisen
wurde durch diese Erfahrungen
geprägt und trotz der Möglichkeit einen Ehepartner zu
finden, traf er letztendlich die Entscheidung, alleine ohne
eine Familie zu gründen, seinen Weg zu gehen.
Edmund Kern beim Üben von Sankyo 60er
Edmund mit Partnerin beim Tanzball
In den 50er Jahren hat er Kontakte zu den
Benediktinern,
er
interessiert
sich
für
ihre
Lebensauffassung,
religiöse
Lebensgemeinschaft,
Spiritualität und Meditation, es gibt In dieser Zeit längere
Klosteraufenthalte in verschiedenen Benediktinerabteien,
in denen er sich zurückzieht. Hier erfährt er die
vielfältigen Aspekte des Lebens und heute bilden seine
Aikido-Gruppen so etwas wie seine Großfamilie.
Als Edmund im August 1967 aus Italien zurück kehrt,
sieht er im Karlsruher Judo-Club zum ersten Mal Aikido.
Was ihn überraschte war die identische Fußstellung vom
Fechten und die Aspekte Irimi und Tenkan gab es auch,
nur sprach man hier vom Fechten in der ersten und
zweiten Intension. Obwohl die damaligen Aikido-Lehrer
noch niedere Kyu-Grade waren (4.Kyu), war es die
lockere aber doch konsequente Art der Techniken die ihn
ansprachen. Die Angriffsenergie voll zu beherrschen,
war für ihn ein faszinierender Aspekt, unter diesen
Eindrücken begann er mit Aikido.
Anfang der 60er Jahre lernte er die Bewegung des
Fokolare kennen. Diese Bewegung ist in der Kath. Kirche
eingebettet und versucht in einer unkomplizierten Weise
religiöse Inhalte konkret in den gesamten Lebensvollzug
einzubauen. So entschloss er sich von 1966 bis 1967 an
der Hochschule dieser Gemeinschaft in Lubiano/Italien
Soziologie, Philosophie und Theologie zu studieren. Er
praktiziert Zen bei dem Jesuitenpater Lassalle und bei
Graf Dürckheim.
1963 fährt er das erste Mal nach Japan um Judo zu
studieren, bei dieser Reise stellt er mit Verblüffung fest,
dass die allgemeinen, manifestierten Vorstellungen über
Judo in Japan doch nicht so stimmten. Japaner, die er
trifft, finden Judo sehr hart und praktizieren es nicht, die
erste Rolle auf einer japanischen Reisstrohmatte war für
ihn „bretterhart“. Er ging in das Kodokan in Tokyo, in
dieser Zeit bekam er seinen 2. Dan Judo. Bei einer
Budo-Demonstration sah er zum Ersten Mal den
Begründer des Aikido, Morihei Ueshiba und war damals
überrascht, wie dieser Mann seine Angreifer nach einer
Technik am Boden fixieren konnte. Edmund stellt fest,
dass im Ursprungsland des Budo, anders gelehrt wird
und die Akzente nicht so sehr sportlich ausgeprägt sind.
Diese Beobachtung hat ihn dann ab 1973 ingesamt 22
Mal nach Japan geführt.
Edmund mit Rolf Brand auf dem Herzogenhorn
Sein wichtigster Lehrer für viele Jahre war Erhard
Altenbrand aus Heidenheim. Später kam Meister André
Nocquet dazu, hier prägte ihn die Auffassung und das
tiefe Verständnis dieses Lehrers zum Aikido von O
Sensei. 1975 legt er seine Prüfung zum 1. Dan in der
Aikido-Sektion des Deutschen-Judo-Bundes ab.
Edmund beim Iaido-Training
Edmund demonstriert Kumi Tachi mit Hubert Luhmann Hamm 1982
1976 geht Edmund Kern aus beruflichen Gründen nach
Dortmund. Hier schließt er sich dem 1. Judo-Club in
Castrop-Rauxel an und wird dort Trainer der AikidoAbteilung. 1977 treten viele Aikido-Abteilungen und
Vereine aus dem DJB aus und es wird der DeutscheAikido-Bund (DAB) gegründet. Er war Gründungsmitglied, 1. Vorsitzender und Regionaltrainer in NRW.
Schon in den Anfangsjahren seines Budo-Trainings hatte
er immer nach entsprechender Literatur
Ausschau
gehalten, und so besaß er auch das Buch von Prof.
Herrigel "Zen in der Kunst des Bogenschießens". Der
Inhalt hatte für ihn eine ungeheuere Faszination. Hier in
Rottweil hatte er nun die Möglichkeit sich dem Studium
des Kyudo und Iaido zu widmen, in diesen beiden
Disziplinen wird er später seine 1. Dan-Graduierungen
erreichen.
Edmund Kern mit Angela Fürst in der Benediktinerabtei St. Ottilien 80er
Edmund auf einem NRW-Lehrgang in Oerlinghausen 1982
1978 zieht es ihn aus beruflichen Gründen nach Wien,
hier trifft er auf Iwamoto-Sensei (5.Dan), der viel über
das alte Aikido von O Sensei zu berichten wusste. 1989
kehrt er jedoch wieder nach Deutschland zurück und er
trainiert im Budo-Club Rottweil.
Edmund übt Kyudo
Bedingt durch seinen Beruf, muss Edmund sehr viel
durch Deutschland reisen.
Das wiederum ist ein
Glücksfall für seine alten Dojos, in denen er regelmäßig
vorbei schaut und Lehrgänge abhält. In dieser Zeit ist er
bereits mehrmals in Japan und das Verständnis für die
Kultur und das "wie und warum" in diesem Land
beeindruckt ihn. In dieser Zeit ist Meister André Nocquet
Präsident der UEA und bei vielen Lehrgängen wird das
Aikido weiter vertieft.
André Nocquet mit Edmund Kern auf dem Herzogenhorn 1982
Edmund bei einem Treffen mit Takeji Tomita Mitte der 80er
Edmund Kern mit Paolo Coralini im Iwama Dojo 90er
Von Rottweil geht es beruflich nach Nürnberg weiter, wo
Edmund Kern bei seinem Arbeitgeber (Quelle) neue
Aufgaben in der Zentrale übernimmt. Hier kehrt er in den
Nürnberger Postsportverein zurück in dem er schon
längere Jahre Mitglied ist. Hier in Bayern wird er
Verbandsvorsitzender und Regionaltrainer. In dieser Zeit
findet schon ein Lehrgang mit Takeji Tomita, der Heute
ebenfalls wie Edmund Kern Mitglied der IMAF ist.
Er sah 1983 bei der Embukai in Tokyo plötzlich Paolo
Coralini, den er von internationalen Lehrgängen der UEA
kannte. Paolo Coralini war zu diesem Zeitpunkt bereits
ein Schüler von Saito Sensei. Als Saito Sensei 1984 das
erste Aikido Seminar in Europa (Turin/Italien) abhielt, war
Edmund Kern der einzige Deutsche bei diesem Ereignis.
Für seinen weiteren Weg war dieses Treffen
entscheidend, von da an war Saito Sensei sein Lehrer.
Saito Senseis erster Besuch in Europa (Turin) 1984
Edmund Kern in Castrop-Rauxel 1989
Edmund Kern hatte das Bestreben so dicht wie möglich
an die Quelle des Aikido zu gelangen. Bei der All
japanischen Aikido Embukai in Tokyo hat ihn die klare
Technikausführung von Morihiro Saito Sensei sehr
beeindruckt, durch eine Buchreihe und Super 8 Filme
hatte er schon vorher Eindrücke von diesem AikidoMeister und seinem umfassenden Waffenprogramm
gewonnen. Einem glücklichen Umstand verdankte
Edmund Kern dann, Kontakt zu Saito Sensei
herzustellen.
Edmund Kern Gast bei einer japanischen Familie
Edmund Kern war mittlerweile 4. Dan im DAB und
Mitglied in der Technischen Kommission. Edmund Kern
pflegte intensiv die Kontakte zu seinen Schülern und so
bekam er immer mehr Einladungen von befreundeten
Dojos. Die neuen Kontakte nach Japan waren allerdings
bei dem Präsidium des DAB nicht erwünscht und man
legte Edmund Kern nahe den Verband zu verlassen.
Dieses wurde noch dadurch verstärkt, dass man die
Dan-Prüfungshoheit ausnutzte um Schüler unter Druck
zu setzen und sogar durchfallen ließ. Als Folge davon
verließen bundesweit im laufe der Zeit 45 Dojos den
Verband und Edmund Kern gründete 1988 in Fürth ein
neues Dojo, dem noch weitere 7 folgen sollten.
Saito Sensei mit Edmund Kern und weiteren Uchi Deshi in Iwama
Saito Sensei lehrt Edmund Kern Kumi Tachi in Iwama
Edmund Kern war 1987 dann das erste mal als Uchi
Deshi bei Saito Sensei in Iwama. Für ihn war es eine
große Auszeichnung im dem Dojo trainieren zu können,
in dem O Sensei Aikido entwickelte und in dem so viele
der heutigen Shihans ihre wichtigsten Aikidoerfahrungen
machen konnten. Zudem war mit dem Aikischrein ein
geistiges Zentrum für das Aikido hier in Iwama
geschaffen worden. Für ihn war es immer ein gutes
Gefühl morgens beim Waffentraining, vor diesem
Schrein, weitere Aikidoerfahrungen zu sammeln.
Edmund mit seinem Schüler Ralf Oschmann vor dem Aiki- Schrein
Edmund mit Hitohiro Sensei ,Reinhard Meier und Schülern in Iwama 1993
Edmund übt die 1. Kumi Tachi vor dem Aikidoschrein in Iwama 90er
Edmund Kern geht ab dieser Zeit elfmal jeweils für
mehrere Wochen nach Iwama und lädt seinen Lehrer
Morihiro Saito und seinen Sohn Hitohiro Saito zu
insgesamt
4
internationalen
Lehrgängen
nach
Deutschland ein. In dieser Zeit bekommt er von seinem
Lehrer den 5.Dan verliehen.
Edmund mit dem Herausgeber der „Aiki News“, Stanley Pranin 90er
In Bayern ist er Mitbegründer und 1. Vorsitzender des
Fachverbandes Aikido, den er wesentlich mitgestaltete
und zu dessen Ehrenpräsident er für diese Verdienste
ernannt wurde. Edmund Kern pflegt auch weiter seine
Kontakte zu anderen Budo-Disziplinen so kommt es zu
über 15 Karate-Aikido Seminaren mit dem Karateka
Viktor v. d. Wijngarden.
Edmund Kern mit Saito Sensei in der Schweiz
Edmund Kern mit seinen Fürther Schülern 1996
Durch seine Kontakte zu den anderen BudoDisziplinen wird er auf die Kokusai-Budoin BudoRenmei-IMAF aufmerksam, eine Stiftung des
japanischen Kaiserhauses, die die Aufgabe erhielt,
die traditionellen Werte des Budo zu pflegen. Hier
wird er Mitglied und arbeitet mit den japanischen
Großmeistern und dem Chairman für Europa H.D.
Rauscher zusammen.
Sato Sensei verleiht an Edmund Kern den Titel des Kyoshi 2000
1997 erhält er den Budo-Titel Renshi. Im Jahr 2000 wird
er von der IMAF zum Bundestrainer-Aikido benannt,
außerdem wird ihm in Tokyo der hohe Titel des Kyoshi
durch Sato Sensei (9.Dan) verliehen.
Edmund mit Fürst Y. Tokugawa, Präsident der IMAF 2001
1997 feiert Edmund Kern in Fürth sein 30jähriges Aikido-Jubiläum
1998 gründet er untern Dach in dem Haus wo er
wohnt sein eigenes Dojo. Er nennt es "Dojo des
goldenen Drachen. Hier trifft er sich mit seinen
engsten Schülern um die verschiedensten BudoDisziplinen zu vertiefen, aber auch um zu meditieren.
Als er 2001 wieder zu einem IMAF-Treffen nach Tokyo
kommt, erfährt ihn eine besondere Ehre, durch eine
persönliche Einladung des Präsidenten Y: Tokugawa
durfte er an einer Kirschblütenpartie im Kaiserpalast in
Tokyo teilnehmen, an der auch die Kronprinzessin
zugegen war.
Edmund Kern in seinem Dojo 1998
Edmund Aikido-Demonstration 2002 in Tokio / Uke Michael Krause
Die IMAF wird heute durch den Präsidenten Yasuhisa
Tokugawa geleitet, dessen Familie über 260 Jahre
die Geschicke Japans geleitet und das Bild des
heutigen Japans geformt hat.
Als die IMAF im Jahr 2002 ihr 50 jähriges Jubiläum in
Tokyo feiert, wird er aufgefordert Aikido auf dieser BudoGala im Otakuni Palast in Tokyo zu demonstrieren. Im
Anschluss unterzieht er sich dem Test zum 7. Dan .