Ueli Frei - Bundesamt für Energie BFE

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Ueli Frei - Bundesamt für Energie BFE
CO2 – EFFIZIENTER KALKSCHUTZ BEI SOLARANLAGEN
PHYSIKALISCHER KALKSCHUTZ: HOKUSPOKUS ODER REALITÄT;
ERFAHRUNGEN AUS EINEM FORSCHUNGSPROJEKT
Ueli Frei
Institut für Solartechnik SPF
Hochschule Rapperswil HSR
Oberseestrasse 10, CH-8640 Rapperswil
E-Mail: [email protected]
1 Einleitung
Insbesondere bei grösseren Solaranlagen sind Plattenwärmetauscher zur Wärmeabgabe an das Brauchwasser eine effiziente und preiswerte Lösung. Ab einer Kollektorfeldgrösse von ca. 100 m2 sind interne Rohrbündeltauscher in der Regel nicht
mehr sinnvoll. Sobald aber die Erwärmung von Brauchwarmwasser das Ziel der Anlage ist, spielt der Härtegrad des Wasser eine grosse Rolle. Steigt der Kalkgehalt
über 10° - 15° französische Härte an, wird der Wärmetauscher über kurz oder lang
verkalken. Die Folge sind eine reduzierte Wärmeübertragung und damit eine dementsprechende Minderleistung der Anlage oder im Extremfall der Ausfall der Anlage.
Es stehen eine Reihe von mehr oder minder wirksamen Massnahmen zur Verhinderung des Kalkproblems zur Verfügung. Die chemische Wasseraufbereitung, mit dem
Ziel die Härte des Wassers zu reduzieren, ist sehr kostenintensiv. Demgegenüber
stehen 2 weitere Methoden zur Verfügung. Die eine, der Einsatz von Kohlensäure
funktioniert zweifelsfrei, ist aber ebenfalls – wenn auch mit vergleichsweise geringen
– laufenden Kosten verbunden. Die andere, die sogen. physikalische Methode wird
seit längerem von einer Vielzahl von Anbietern angepriesen. Deren Wirksamkeit ist
umstritten. Nachfolgend werden die beiden preisgünstigen Varianten bezüglich ihrer
Funktionsweise und ihrem Potential vorgestellt.
2 Entstehung der Wasserhärte, prinzipielle Prozesse
Wenn Niederschlag auf die Erdoberfläche fällt, enthält das Regenwasser erst wasserlösliche Stoffe aus der Atmosphäre (Gase, Säuren, Schwebeteilchen). Bei der
Infiltration in den Boden gelangt das Wasser zuerst in die Humusschicht. Dort wird es
mit Kohlensäure (CO2), die aus dem mikrobiellen Abbau stammt, angereichert. In
grösseren Tiefen schliesslich führt die im Wasser gelöste Kohlensäure zu einer Auflösung kalkhaltiger Bodenschichten. Die mineralischen Bestandteile aus der
Kalkauflösung bilden die „Wasserhärte“. Wenn das Grundwasser gefasst wird, werden die physikalischen Bedingungen (Druck, Temperatur) verändert. Die Veränderungen haben auch eine Auswirkung auf das chemische Gleichgewicht.
Warum fällt Kalk aus
Beim Übergang vom Trinkwassernetz ins Haussystem (Wassererwärmer, Waschmaschine ...) finden verschiedene Reaktionen statt: der Druck wird reduziert, das Wasser kommt in Kontakt mit der Atmosphäre. Ein Teil der gelösten Kohlensäure entweicht und das chemische Gleichgewicht verschiebt sich in Richtung eines Ausfällens der gelösten mineralischen Bestandteile (Kalk).
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Ca+2 + 2 HCO3- ⇔ CaCO3 + CO2 + H2O
(Calciumionen plus Bicarbonat (Kohlensäure) geht über in Calciumcarbonat (Kalkstein) plus Kohlenstoffdioxid plus Wasser)
Bei einer Temperaturänderung verschieben sich die Gleichgewichtskonstanten (Löslichkeitskonstanten), was ebenfalls eine Verschiebung des chemischen Gleichgewichts zur Folge hat. Im Fall von Kalk führt eine Erhöhung der Temperatur zu einer
geringeren Löslichkeit. Kalk fällt aus.
Ca+2 + CO32- ⇔ CaCO3
3 Verfahren zur Verhinderung von Kalksteinbildung in Trinkwasseranlagen
Die mineralischen Ausfällungen (Kesselstein) führen in Trinkwasseranlagen zu einer
Reihe von Problemen:
• Wärmetauscher, insbesondere Plattenwärmetauscher: Reduktion der Wärmeübertragungsleistung, Zunahme der Druckverluste bis hin zum Ausfall der Anlage.
• Elektroheizeinsätze: Kalksteinschichten verschlechtern die Wärmeübertragung
ans Wasser. Weil aber die Leistung konstant bleibt, muss der Heizstab wärmer
werden um die Wärme trotz Kalkschichten abzugeben. Die erhöhte Belastung des
Heizstabs verkürzt massgeblich dessen Lebensdauer.
• Rohrleitungen: Zunahme des Druckverlusts bis zur vollständigen Verstopfung der
Leitung
Eine Verbesserung der Situation bei hartem Wasser wird durch den Einsatz verschiedener Methoden erreicht. Diese sind:
• Ionentauscher als Voll- oder Teilentsalzung (teuer, aufwändig, bakterielle Gefährdung, erhöhte Korrosivität des Wassers erfordert Phosphatnachdosierung
• Einspritzung von Kohlensäure (siehe Kapitel 4)
• Membrantechniken wie beispielsweise die Umkehrosmose (teuer, hoher Energiebedarf, erhöhte Korrosivität des Wassers, mengenmässig limitiert)
• Elektrische / magnetische Felder (siehe Kapitel 5)
4 Kohlendioxid, mit Effizienz gegen Kalk /1/
Das nachfolgend vorgestellte Verfahren wird seit vielen Jahren durch die Firma
Guldager vermarktet. Insbesondere bei grossen Solaranlagen zur Brauchwassererwärmung in Kombination mit Plattenwärmetauschern hat es sich bestens bewährt.
Das Prinzip ist denkbar einfach. Durch Zudosierung von CO2 im Verhältnis zum
Wasserverbrauch und in Abhängigkeit von der Temperatur und Härte des Wassers,
kann das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht bis 90°C eingestellt werden.
Kohlenstoffdioxid (CO2) kommt im Wasser in unterschiedlich gebundenen Formen
vor:
•
Gebundenes CO2: Carbonat CO32- und als Bicarbonat HCO32
•
Freies CO2 unterschieden nach:
-
-
zugehörigem CO2, nicht aggressiv und notwendig zum in Lösung halten
des Kalks
überschüssiges CO2, aggressiv und kann Korrosionsangriffe verursachen,
deshalb besteht eine CO2-Kalkschutzanlage immer aus einer Kombination
von CO2-Einspritzung und einer Electrolyse-Anlage zum Korrosionsschutz.
Anwendungsbeispiel Kaserne /2/
Die bestehende Anlage wurde mit einer Solaranlage ausgerüstet, mit dem Ziel mindestens 50 % der notwendigen Energie für die Wassererwärmung durch Sonnenenergie zu substituieren. Die bestehenden Speicher (2 Stück à 8500 l) wurden in die
neue Anlage integriert. Die gesamte Anlage wurde konsequent nach den Vorgaben
der Low-Flow-Technik geplant und realisiert. Zum Einsatz kommen evakuierte Röhrenkollektoren mit einer Absorberfläche von 94 m2. Die Energie der Kollektoren wird
via Plattenwärmetauscher an das Brauchwasser übertragen. Die Speicherschichtung
erfolgt über jeweils 2 Ladelanzen pro Speicher über dessen gesamte Höhe von rund
4 m. Das Regelkonzept beinhaltet auch die Veränderung der Durchflussraten des
Kollektor- und des Ladekreislaufs, in Abhängigkeit von Einstrahlung und Ladezustand des Speichers. In diesem Konzept treten häufig Abgabetemperaturen über
60°C auf. Ein effizienter Kalkschutz ist bei der vorhandenen harten Wasserqualität (>
30°fH) eine Grundvoraussetzung. Die Anlage ist jetzt seit 6 Jahren ohne Probleme in
Betrieb.
Die Kosten für den Betrieb der Kalkschutzanlage sind vergleichsweise bescheiden.
Für die Grössenordnung der Kaserne Aarau mit jährlich 2000 bis 3000 m3 Warmwasserbedarf (entspricht einem Mehrfamilienhaus mit ca. 50 Wohnungen à 3 Personen) beträgt der Preis 0,40 Euro / m3 (inkl. Abschreibung und Wartung).
5 Physikalischer Kalkschutz /3/
5.1 Einführung
Unter dem Sammelbegriff physikalische Wasserbehandler sind eine grosse Zahl unterschiedlicher Geräte im Handel. Die Zeitschrift „Stiftung Warentest“ hat in ihrer Januar Ausgabe 2000, eine Auswahl von 12 Geräten untersucht. In Anlehnung an eine
österreichische (ÖVGW W35) und eine deutsche (DVGW W 512) Richtlinie wurden
die Geräte während 3 Monaten betrieben. Nur bei 2 der 12 Geräte konnte ein befriedigendes Ergebnis gefunden werden. Allerdings lassen sich daraus noch keinerlei
Rückschlüsse auf das Verhalten solcher Geräte in thermischen Solaranlagen ziehen.
Grundsätzlich wären funktionierende physikalische Kalkschutzgeräte für den Einsatz
in der Solartechnik prädestiniert. Der geringe Wartungsaufwand, keinerlei Eingriff in
die Trinkwasserqualität und nicht zuletzt die vergleichsweise geringen Kosten würden
für den Einsatz in Solaranlagen sprechen. Ein typisches Einsatzgebiet wären Plattentauscher im Lade- und Entladesystem für Brauchwarmwasseranlagen vom Einfamilienhaus bis zum Mehrfamilienhaus.
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5.2 Wirkungsweise
In der Literatur fehlte lange Zeit eine systematische Erarbeitung der Zusammenhänge zwischen chemisch-mineralogischen Phänomenen und physikalisch-elektrotechnischen Bedingungen. Damit waren letztlich auch die Funktionsweise der Geräte weder verstanden noch theoretisch bewiesen.
Erstmals detailliert aufgearbeitet wurden die Phänomene im Rahmen einer Dissertation an der ETH Zürich /4/. Vereinfacht kann die Wirkung von elektromagnetischen
Feldern auf die Kesselsteinbildung als Entstehung von Impfkeimen (von denen aus
die Ausfällung startet), als veränderte Kristallwachstumsrate oder als veränderte Beweglichkeit der beteiligten Reaktionspartner interpretiert werden.
Verschiedene Gerätebautypen
Die vielen Konstruktionsweisen lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten
einteilen. Nachfolgend wird die Einteilung nach den physikalischen Bedingungen der
Felder vorgenommen:
A. Permanentmagnete produzieren ein statisches Magnetfeld. Auch Elektromagnete
können zur Erzeugung von statischen Magnetfeldern eingesetzt werden. Ein
Magnetfeld übt auf im Wasser gelöste Ladungsträger aber nur dann eine Kraft
aus, wenn die Ladungsträger relativ zum Feld bewegt werden.
B. Elektrische Felder: Eine an Elektroden angelegte Spannung erzeugt ein elektrisches Feld. Dieses übt sowohl auf ruhende als auch auf bewegte Ladungsträger
eine Kraft aus.
C. Wechselstromgeräte: Ein Strom der durch eine Spule fliesst, erzeugt ein
Magnetfeld. Mittels Wechselstrom lässt sich das Feld zeitlich verändern und es
entsteht ein elektromagnetisches Feld. Dessen Variation wirkt auf bewegte und
unbewegte Ladungsträger im Wasser ein.
Das im nachfolgend beschriebenen Forschungsprojekt eingesetzte Gerät, gehört zur
Gruppe C der Wechselstromgeräte.
5.3 Ergebnisse aus einem aktuellen Forschungsprojekt
Das Projekt ist aufgeteilt in Phasen. In Phase 1 wurden eine Reihe von Versuchen
gefahren, welche die grundsätzliche Eignung der physikalischen Wasserbehandlung
zur Verhinderung von Kalkausscheidung in Plattentauschern aufzeigen soll. Phase 2
soll in Zusammenarbeit mit einem Industriepartner die Erkenntnisse aus Phase 1
verfeinern und umsetzen. Phase 1 wird zur Zeit abgeschlossen, und deren Ergebnisse nachfolgend in Kurzform aufgezeigt.
Ziel des Projekts in Phase 1 ist, die physikalische Wasserbehandlung als Massnahme zur Verhinderung bzw. Reduktion von Kalkausfällung in solarspezifischer
Umgebung zu beurteilen. Wichtige Einflussgrössen auf die Funktionsweise der physikalischen Wasserbehandlung sollen untersucht und verstanden werden. Im Vordergrund stand die Variation der Gerätekonfiguration also beispielsweise die Anordnung der Spulen oder die elektrischen Bedingungen des Wechselfelds.
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Der Prüfstand
Der Prüfstand besteht aus 2 Kreisläufen, dem Heizkreislauf und dem Kühlkreislauf.
Die Wärme des Heizkreises wird mittels einem Plattentauscher an den Kühlkreislauf
übertragen. Die Auswahl, Auslegung und Dimensionierung des Plattentauschers erfolgte in Zusammenarbeit mit einem massgebenden Hersteller, nach dem aktuellen
Stand der Technik und repräsentiert eine typische Anwendung.
Wärmetauscher
Abscheider
5 kW
dP
Durchflussmesser
KW Ein- und Austritt
Abb. 1 Schema Prüfstand
Prüfbedingungen
Qualität Kaltwasser Eintritt Kühlkreis:
Eintritt Wärmetauscher Heizkreis
Austritt Wärmetauscher Kühlkreis
Dauer einer Prüfsequenz
ca. 30°fH
98°C
95°C
ca. 1000 h
Resultate
Es wurden 2 Referenzversuche gefahren, um den Prüfstand kennenzulernen, allfällige Schwachpunkte zu eliminieren und insbesondere um die Reproduzierbarkeit des
Resultats zu prüfen. Unter diesen extremen Bedingungen bezüglich Wasserhärte
und Temperaturen dauerte es in den Referenzversuchen rund 1000 Stunden den
Wärmetauscher durch Kalkausfällungen praktisch zu verstopfen. Es bildeten sich
dicke zusammenhängende Kalkplatten (Abb. 2). Anschliessend erfolgte die Installation des Geräts mit den dazugehörigen Spulen. Das Gerät arbeitet mit Wechselstrom. Das daraus an den Spulen entstehende elektromagnetische Feld wird variiert.
Im darauffolgenden ersten Versuchslauf mit einer geringen Stromstärke und einem
einfachen Gerätearrangement zeigte sich nur ein minimaler Effekt. Demgegenüber
konnte im zweiten Versuchslauf durch Verbesserungen und eine höhere Stromstärke
ein erster Erfolg verbucht werden. Die Ausfällungen waren deutlich reduziert und der
Weg für eine weitere Verbesserung auf Grund der Resultate vorgegeben. Der dritte,
und im Rahmen des Projekts letzte Versuch, brachte den erhofften Durchbruch (Abb.
3). Weniger als 1/6 der ursprünglichen Kalkmenge wurde ausgefällt. Noch wichtiger
ist, die Anlage funktionierte auch nach Ablauf der Testzeit einwandfrei. Durch den
noch vorhandenen Kalkausfall wurden sowohl der Druckverlust des Wärmetauschers
als auch die Wärmeübertragungsrate nur minim beeinflusst. Die Auswertungen sind
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noch nicht abgeschlossen und das Projektteam ist zuversichtlich, die Wirkungsweise
weiter zu verbessern.
Abb. 2 Kalkausfällung Referenz
Abb. 3 Kalkausfällung mit phys. Behandlung
6 Schlussfolgerungen
Kalkausfällungen sind bei hartem Wasser kaum zu vermeiden und können ohne Gegenmassnahmen, insbesondere in Solartechnikanwendungen, zu grossen Problemen führen.
Die Zugabe von Kohlenstoffdioxid zum Verhindern von Kalkausfällungen in Plattenwärmetauschern für die Brauchwassererwärmung grosser Solaranlagen ist effizient,
bewährt und kostengünstig.
Physikalische Wasserbehandlung ist kein Hokuspokus sondern eine realistische Zukunftsperspektive für den effektiven, kostengünstigen Schutz vor Kalkausfällung. Allerdings sind dafür Geräte notwendig, die den jeweiligen Randbedingungen angepasst und ins System integriert werden.
7 Literatur
/1/ Guldager (Schweiz) AG, technische Unterlagen zu „Calc Free“, Infos via Internet:
www.guldager.ch
/2/ F. Stohler, Rekruten in der Kaserne Aarau duschen mit solar aufgeheiztem
Warmwasser, Anwendungsbeispiel „Calc Free“-Anlage, Fa. Guldager AG, 1994
/3/ R. Müller, Elektromagnetische Wasserbehandlung, Fallstudien in Abwasseranlagen und Trinkwasseranwendungen , Mitteilungen zum Gewässerschutz Nr. 30,
Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal), Bern, 1999
/4/ R. Müller, Dissertation mit dem Thema: Einfluss elektromagnetischer Felder auf
Kristallisationsvorgänge, ETH Zürich, 1998
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