das Magazin - Hamburger Theater Festival

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das Magazin - Hamburger Theater Festival
CHRONOVOYAGER UTC
: H a m b u r g e r T h e at e r f e s t i va l
MONTBLANC TIMEWALKER
das Magazin Eine zweite, mit der koordinierten Weltzeit (UTC) synchronisierte
Zeitzone macht diesen automatischen Chronographen zum perfekten
Begleiter für alle Vielreisenden. Der Chronograph verfügt über eine
zweite Zeitzone mit Tages- und Nachtanzeige. Gefertigt in der Montblanc
Manufaktur im schweizerischen Le Locle.
d a s m a g a z i n N o 4 o k t o b e r – n o v e m b e r 2 0 1 3
: Hamburger Theater fe stival _ Da s fünf te Jahr _ ok tober | November 2013 _ w w w.hamburgerthe aterfe stival .de
DER KÖNIG DER BÜHNE: Gert Voss in Hamburg
LE AR IM SAUS TALL Die Leiden des André Jung
TAR TUFFE Johanna Wokalek in Bestform
CAROLINE PE TER S Theaterschauspielerin aus Leidenschaft
EIN KOMIS CHER ONKEL WANJA Matthias Hartmann im Gespräch
Gert Voss
fotografiert von Georg Soulek
© Karin Rocholl
Liebe Leser,
Z
um fünften Mal eröffnen wir nun das Ham­
burger Theater Festival als private Bürgeriniti­
ative, die ohne staatliche Hilfe herausragende Produk­
tionen des deutschsprachigen Theaters nach Hamburg
holt. In kaum einer Stadt ist Theater so lebendig wie in
Hamburg, das Publikum so wach, neugierig, kritisch
und begeisterungsfähig. Aus dem traditionell hambur­
gischen Engagement für die Schauspielkunst ist vor
fünf Jahren die Idee für dieses Festival entstanden.
Bürger, Stifter, Mäzene und Unternehmen haben ei­
ne Menge Geld in die Hand genommen, um die Idee
zu verwirklichen: Bisher haben wir 39 Produktionen
eingeladen, rund 75 000 Zuschauer sind in 68 Vor­
stellungen gekommen, sehr viel mehr, als im Volks­
park­­stadion Platz hätten. Ich danke allen, die dieses
wunderbare Theaterfest mit ins Leben gerufen haben.
Sie haben mit ihrer Unterstützung eine große Erfolgs­
geschichte geschrieben.
Wir freuen uns, dass wieder das Burgtheater (mit
drei Produktionen) und das Deutsche Theater Berlin
(mit zwei Produktionen) zu uns kommen, dass die
Münchner Kammerspiele, das Schauspiel Frankfurt
und zum ersten Mal auch ein Juwel der Brechtfest­i­
val in Augsburg dabei sind, und Bühnenautoren wie
Aischylos, Shakespeare und Molière, Tschechow, Ödön von Hor­
váth, Hans Fallada und Bertolt Brecht. Wir begrüßen Schauspie­
lerinnen wie Sarah Viktoria Frick, Caroline Peters, Catrin Strie­beck
oder Johanna Wokalek, und Schauspieler wie André Jung, Tho­
mas Thieme und Gert Voss, den wir in unserem Magazin mit ei­
nem Bilderbogen porträtieren.
Im Magazin finden Sie das vollständige Programm, Porträts
und Reportagen. Das Deutsche Theater Berlin gestattet u
­ nserem
Reporter tiefe Blicke hinter den Eisernen Vorhang. Außerdem er­
fahren Sie, warum Burgtheater-Intendant Matthias Hart­mann so
gern nach Hamburg kommt, wie aktuell Ödön von Horváths vor
mehr als 80 Jahren geschriebene Geschichten aus dem Wiener
Wald heute noch sind und was die Schauspielerin Caro­line Peters
an ihrer Kollegin Johanna Wokalek bewundert. Viel Spaß beim
Lesen und viel Freude beim Hamburger Theater Festival 2013!
Herzlich
Ihr Nikolaus Besch
Niko l au s Besch
ist Intendant des Hamburger Theater Festivals
3
FÜNF JAHRe HAMBuRgeR THeATeR FesTIVAL
DANKE
den Schauspielerinnen und Schauspielern, den Bühnenautoren, den
Intendanten und regisseuren, den Bühnenbildnern und Dramaturgen, den gastierenden Theatern aus Augsburg, Berlin, Frankfurt und
Köln, aus Mannheim, München, recklinghausen, Wien und Zürich, den gastgebenen Theatern in Hamburg, dem Intendanten und den
Machern unseres Festivals, den Autoren und Fotografen unseres Magazins, den Spendern und Sponsoren, der Anstifterin, dem Stif­
tungsverwalter, den Mitgliedern des Vorstandes und des Kuratoriums der Stiftung Hamburger Theater Festival:
aBschieDsBriefe: lieBesBriefe, adolf Weber kg, Therese affolter, air Berlin Plc & co. luftverkehrs kg, aischylos, mieczyslav antoniak, elias arens, aug. Bolten Wm. miller’s Nachfolger,
elisabeth augustin, Thomas aurin, Baal, Peter Bandl, isabelle Barth, susanne Barth, silvia Bauer,
christian Baumbach, frank Baumbauer, harald Baumgartner, Peter Baur, sven-erik Bechtolf,
constanze Becker, samuel Beckett, lina Beckmann, karin Beier, hermann Beil, michael Benthin,
Prof. carl Bergengruen, BerliNer eNsemBle, BerNarDa alBas haus, Thomas Bernhard, Nikolaus Besch, marlis und franz-hartwig Betz, ole von Beust, gábor Biedermann, calixto Bieito,
Bernd Birkhahn, frank Bittermann, sebastian Blomberg, Jan Bluthardt, BmW Niederlassung hamburg, ludwig Boettger, sebastian Bolesch, luc Bondy, Prof. michael Börgerding, David Bösch, Jan
Bosse, kristof van Boven, Johannes Brahms, klaus maria Brandauer, Bertolt Brecht, BrechTfesTival augsBurg, gottfried Breitfuss, margarita Broich, Peter Brombacher, klaus Brömmelmeier, ingoh Brux, annegret und claus-g. Budelmann, matthias Bundschuh, BurgTheaTer WieN,
abdul candao, capital intermodal gmbh, margit carstensen, gerda cerne, rahul chakraborty,
Jappe claes, christine claussen, edith clever, Thomas collien, christoph corazolla, creatives at
work, edwin crossley-mercer, franz csencsits, Das iNTervieW, Das WeiTe laND, Das Werk /
im Bus / eiN sTurz, Thomas Dashuber, arno Declair, kirsten Dene, Diana Deniz, Der ParasiT,
Der Prozess, Der WeiBsTeufel, Der zerBrochNe krug, amelie Deuflhard, DeuTsches
schausPielhaus, DeuTsches TheaTer BerliN, Prof. sabina Dhein, heribert Diehl, Die leiDeN
Des JuNgeN WerThers, Die möWe, andreas Döhler, Dr. klaus von Dohnanyi, sven Dolinski, ursula Doll, Dr. karl-Joachim Dreyer, meike Droste, sibylle Dudek, stefanie Dvorak, Nikolai eberth,
gunther eckes, emanuel eckardt, Detlef eckstein, edelweiß publish, adrian ehrat, stefanie eidt,
elBPhilharmoNie koNzerTe, eNDsPiel, Tina engel, anke engelsmann, iris erdmann, euripides,
exspect gmbh, fabricius, hans fallada, fritz fenne, silvia fenz, Prof. Jürgen flimm, alfons flores,
Nora frank, christoph franken, iko freese / Drama BerliN, christine frenzl, freundeskreis elbphilharmonie + laeiszhalle e. v., Barbara frey, sarah viktoria frick, susanne frömel, larissa fuchs,
Brigitta furgler, sabine fürst, federico garcía lorca, gebr. heinemann se & co. kg, michael gempart, Wolfgang georgsdorf, michael gerber, geschichTeN aus Dem WieNer WalD, Toni gisler,
lydia gless, felix goeser, Johann Wolfgang von goethe, Theo van gogh, Jörg gollasch, Jürgen
gosch, markus graf, graf von Westphalen, christian grashof, claus grasmeder, Thomas gräßle,
lucas gregorowicz, greTcheNs fausT, moritz grewenig, inge und Dr. gerhard groh, groothuis.
gesellschaft der ideen und Passionen mbh hamburg Berlin, moritz grove, amelie und Dr. Thomas
guth, amely Joana haag, fritzi haberlandt, katja hagedorn, simon halsey, hamBurg Team gesellschaft für Projektentwicklung mbh, hamburger abendblatt, hamburger sparkasse, hamBurgische sTaaTsoPer, lambert hamel, Britta hammelstein, maria happel, sachiko hara, rosemary
hardy, corinna harfouch, friederike harmsen, matthias hartmann, Jens harzer, sabine haupt,
Philipp hauß, Nicole heesters, gunnar heinemann, oliver heissner, hartmut hellner, herBsTakaDemie, markus hering, irm hermann, falko herold, cornelia herz, Walter hess, matthias
heyde, Thorsten hierse, hochschule fÜr musik uND TheaTer hamBurg, hochtief, friedhelm
hoffmann, Nico holonics, lukas holzhausen, helge hopp, Bettina hoppe, matthias horn, clemens
horvath, ödön von horváth, Nina hoss, sebastian huber, Thomas huber, humaN reQuiem, stefan hunstein, Birgit hupfeld, Jürgen huth, iPhigeNie auf Tauris, carina-roxana isima, Jonica
Jahr-goedhart und Jan P. goedhart, markus Jans, gerrit Jansen, yvon Jansen, elfriede Jelinek,
Daniel Jesch, Dr. kay Jeß, Thomas Jonigk, Peter Jordan, henrike Johanna Jörissen, andré Jung,
marie Jung, franz kafka, kamPNagel, roman kanonik, Jürgen kapitein, Barbara und ian k. karan,
heide kastler, ursula keller, alexander khuon, ulrich khuon, lynne kieran, stephan kimmig, kiNDer Der soNNe, michael kinke, ignaz kirchner, simon kirsch, Prof. Barbara kisseler, michaela
klamminger, katrin klein, kleiNer maNN – Was NuN?, heinrich von kleist, Peter knaack, Joachim knuth, roland koberg, Wolfram koch, Walter kogler, karin kohlberg, Juliane köhler, Niklas
kohrt, ernst P. komrowski, köNig lear, Burkhard kosminski, sylvana krappatsch, Jan krause,
Julia kreusch, krieg uND frieDeN, andreas kriegenburg, Johannes krisch, franz xaver kroetz,
fabian krüger, ronald kukulies, rainer küng, Jack kurfess, martin kušej, Birgit lahann, Prof. Dr.
manfred lahnstein, Brigitte landes, sabine und Dr. klaus landry, langebartels Druck, georgia
lautner, lena lauzemis, monika lawrenz, klaus lefebvre, sven lehmann, christoph lieben-seutter, Dr. cornelius liedtke, marie löcker, Thomas loibl, katharina lorenz, hans löw, inka löwen-
4
dorf, Joachim lux, Dörte lyssewski, franziska machens, felicitas madl, michael maertens, miriam
maertens, Thomas magold, oliver mallison, Paulus manker, max milan marsalek, iN maskeN gehT
Die zeiT, michael masula, martha Pulvermacher stiftung, oliver masucci, eva mattes, ulrich matthes, Juergen maurer, maxim gorki TheaTer BerliN, Philip mayers, mea culPa eine readymadeoper, meDea, Detlef meierjohann, rudolf melichar, sunnyi melles, Barbara melzl, andré
meyer, Bettina meyer, Joachim meyerhoff, Wolfgang michal, anja michalke, hans Jörg michel,
myorah B. middleton, Birgit minichmayr, molière, Phillip moll, freya von moltke, helmuth James
von moltke, Peter moltzen, Tobias moretti, kathleen morgeneyer, Bernd moss, heiner müller, charlotte müller Perrier, mÜNchNer kammersPiele, Bettina munzer, museum fÜr kuNsT uND geWerBe, lasse myhr, NaTioNalTheaTer maNNheim, NDr 90,3, NDr hamburg Journal, NDr kultur,
monika Nellissen, michael Neuenschwander, Dirk Nocker, öDiPus sTaDT, Johann adam oest, Nicholas ofczarek, oNkel WaNJa, elisabeth orth, Joseph Damian ortiz garcia, ludwig von otting,
otto Wulff Bauunternehmung gmbh, Peter Pagel, agnes Palmisano, mercè Paloma, christina
Papst, mira Partecke, annette Paulmann, gerhard Peilstein, stepan Persch, caroline Peters, armin
Petras, Barbara Petritsch, claus Peymann, Julia Pfaller, PhÄDra, katharina Pichler, Jörg Pilawa,
ragna Pitoll, PlaToNoW, Josefin Platt, christiane von Poelnitz, klaus Pohl, ulrike Posche, Wolfgang Pregler, max Pulver, QuarTeTT, Jean racine, krzysztof raczkowski, radialsystem v, guido
radschiner, susanne-marie rage, Jim rakete, ewa rataj, Prof. Dr. hermann rauhe, reederei Blue
star, oliver reese, hans-michael rehberg, martin rentzsch, gitte reppin, resiDeNzTheaTer
mÜNcheN, elfriede rezabek, richarD iii, Bertram rickmers, rickmers reederei gmbh & cie. kg,
karsten riedel, Peter rigaud, gudrun ritter, riTTer, DeNe, voss, andré rival, valentí rocamora i Torà, karin rocholl, Julian roeder, sylvie rohrer, Nicolas rosat, Janina rudenska, ruhrfesTsPiele reckliNghauseN, rundfunkchor Berlin, andreas salzbrunn, Branko samarovski, udo samel, Jochen sandig, erik santer, schausPiel fraNkfurT, schausPiel kölN, schausPielhaus
zÜrich, hermann scheidleder, markus scheumann, gisela und georg schiefler, friedrich schiller,
christiane schindler, anne schirmacher, friedrich schirmer, christoph schlingensief, Wolfgang
schlögl, Tomas schmauser, Petra schnitt, arthur schnitzler, Barbara schnitzler, olaf scholz, stefan schomann, karl schönherr, christian schoppe, christine schorn, Peter schröder, anke schubert, katharina marie schubert, christa und Nikolaus W. schües, marc oliver schulze, hans-Dieter
schütt, katharina schüttler, Johannes schütz, gabriele schwartzkopff, Johanna schwertfeger,
yohanna schwertfeger, siggi schwientek, edgar selge, William shakespeare, Johan simons, sophokles, georg soulek, susanne spahn, ulf spethmann, Dr. Bernd-georg spies, sT. Pauli TheaTer,
luisa stachowiak, sTallerhof, Ninja stangenberg, Jette steckel, Peter stein, gesa steinrück,
Bernd stempel, anna stöcher, oliver stokowski, Bettina stöß, ernst stötzner, catrin striebeck,
studio hamburg gmbh, sTurm, Barbara sukowa, laura sundermann, yuko suzuki, TarTuffe,
hamid reza Tavakoli, Pudel Taxi, edmund Telgenkämper, michael Thalheimer, Thalia TheaTer,
TheaTer NeumarkT zÜrich, Theaterakademie hamburg, rita Thiele, arthur Thieme, Thomas
Thieme, leo Tolstoi, alfred Toepfer stiftung f.v.s., alex Trebus, viktor Tremmel, harald Trittner,
TroJa, anton Tschechow, elke Twiesselmann, Peter uhan, andreas uhse, Wolfgang utzt, Dr. Jörg
vestl, adina vetter, moritz vierboom, florian vogel, Dr. harald vogelsang, henning vogt, eva-maria
voigtländer, gesine völlm, gert voss, friederike Wagner, ulrich Waller, franziska Walser, sasha
Waltz & guests, ruth Walz, Was ihr WollT, arno Waschk, merle Wasmuth, margot Weber, michael
Weber, kathrin Wehlisch, Thomas Weinhappel, Till Weinheimer, Wim Wenders, cornelia Werner,
reinhard Werner, katrin Wichmann, WieNer fesTWocheN, Julia Wieninger, elisabeth Wies-campagner, Jeroen Willems, Dr. martin Willich, angela Winkler, karin Witt, susanne und Dirk martin
Wogart, Johanna Wokalek, Werner Wölbern, hildegard und franz-günter Wolf, susanne Wolff, stefan Wulff, carsten Wüster, martin Wuttke, kathrin younes, simone young, Bernd zander, sarah
zangeneh, manfred zapatka, zauberflöten e. v., martin zehetgruber, zeit-stiftung ebelin und gerd
Bucerius, Jirka zett, simone von zglinicki, almut zilcher, rebekka zimlich, august zirner, leonard
zubler und ganz besonders: dANke ihnen, unserem großartigen und treuen Theaterpublikum!
PeTer schWarTzkoPff
Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Hamburger Theater Festival
INHALT
Seite 3
Seite 20
Seite 36
: eD iTorial
: caroliNe PeTers
LI EBE LE SEr
DEr HELL STE STErN
DEr KÖNIG I M SAUSTALL
Von Nikolaus Besch
I N JEDEr NACHT
Die Münchner Kammerspiele zeigen
Lear auf dem Bauernhof.
regie: Johan Simons
Von Margot Weber
Seite 5
Im Fernsehen ist sie Kommissarin, aber
ihre Leidenschaft gilt dem Theater
Von Emanuel Eckardt
: aNDré J uNg
: DaNke
5 JAHrE HAMBUrGEr
T HE ATEr FE ST I VAL
Seite 20
Von Peter Schwartzkopff
Seite 9
: hiNTer D eN kulisseN
Seite 22
: Joha NNa Wo ka le k
BA AL
HU T AB, JOHANNA!
Brechts Meisterwerk als konzertante
Aufführung von Vater und Sohn
Von Monika Nellissen
Caroline Peters über ihre Kollegin
als Elmire in Molières Tartuffe.
regie: Luc Bondy
Von Caroline Peters
EI N TAG I M DEU T SCHEN T HE ATEr
Die im Dunkeln sieht man nicht.
Aus der Arbeitswelt der Hauptstadtbühne
Von Stefan Schomann
Seite 15
Seite 24
Seite 38
Seite 15
: gerT voss
Seite 38
: Thom as Thiem e
Seite 24
: öD öN voN horv áTh
Seite 40
PANIK I M MI T TEL STAND
: Das P ro g ra mm
Geschichten aus dem Wiener Wald
und aus der Weltwirtschaftskrise
Von Wolfgang Michal
DA S HAMBUrGEr T HE ATEr
FE ST I VAL 2013
Acht Produktionen im Überblick
DEr KÖNIG DEr BÜHNE
Der Meister aller Klassen in Tschechows
Onkel Wanja und Molières Tartuffe
Von Ursula Keller
Klartext. Der Intendant des
Wiener Burgtheaters im Gespräch
Seite 40
Seite 22
6
Seite 34
Seite 44
FÖrDErEr UND SPONSOrEN
DEr HErr DEr BUrG
Seite 29
Seite 36
Seite 29
: m aTThias harTm aNN
Linke Seite:
Katrin Wichmann; Foto Arno Declair.
Caroline Peters mit Zigarre; Foto Jim
Rakete. Johanna Wokalek; Foto Peter
Rigaud. gert Voss als Shylock 1988;
Foto Gisela Scheidler. susanne Wolff
als Kreon; Foto Arno Declair. Ländliche
szene aus König Lear; Foto Julian
Roeder. Intendant Matthias Hartmann;
Foto Burgtheater. Thomas und Arthur
Thieme; Foto Diana Deniz. Henrike
Johanna Jörissen und Nico Holonics;
Foto Birgit Hupfeld
Seite 45
: fesT iva la ka D e mie
WA S KANN T HE ATEr ?
Seite 34
: kleiNer m aNN – Was NuN?
BLOSS NICHT ArBEI T SLOS
Seite 46
WErDEN!
K UrATOr IUM UND ST I F TUNG
Das Schauspiel Frankfurt bringt
Fallada nach Hamburg.
regie: Michael Thalheimer
Von Ursula Keller
Impressum
Bild­ und Copyright­Nachweis
7
Ein Tag im
Deutschen Theater
Das Leben – eine Bühne.
»Sie ist schön, weil sie
von innen schön ist. Sie
strahlt eine wahnsinnige Freiheit und Gelassenheit aus.«
lena meyer-landrut über
eveline hall
E VELINE HALL
MIT KIRS TEN GLEINIG
U N D H I LT R U D B O N T R U P
MEINE LEBEN
»Die Piaf –
ein Wunder.«
»Jürgen schnitt uns die
Haare, und so entstand
die Beatlesfrisur.«
»Nein, kein Wirbelsturm
war da über die Bühne
gefegt. Da waren
Menschen aufgetreten,
die sich anders bewegten, und die mich
anders bewegten.«
charles aznavour
paul mccartney
wim wenders über pina bausch
CHARLES DUMONT
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Format 24 × 31 cm, € 36,–
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JÜRGEN VOLLMER
WIE ICH JOHN LENNON
D I E H A A R E S C H N I T T,
VOR ROMY SCHNEIDER
D AV O N L I E F U N D
C ATHERINE DENEU V E
ZUM L ACHEN BR ACHTE
Das Deutsche Theater Berlin kommt nun schon zum vierten Mal mit gefeierten Produk­
tionen zum Hamburger Theater Festival. Anlass genug für einen neugierigen Hausbesuch
bei den Theatermachern in Berlin Mitte. Was ist das Geheimnis dieser Ideenschmiede?
Spukt da etwa noch der Geist des großen Max Reinhardt?
: Text_Stefan Schom ann | Fotos_Arno D eclair
ANNE LINSEL
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8
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7:00: Mit dem Abbau von Demokratie kann man
nicht früh genug beginnen. Was weg ist, ist weg, sagt
sich der Bühnenarbeiter. Rollt die Teppiche zusam­
men, hängt die Vorhänge ab, alles, was eben zur Deko­
ration der Demokratie gehört, eines Politstücks über
den Sturz von Willy Brandt. Bühnenarbeiter wis­sen,
wie schnell man in der Versenkung verschwinden
kann. Vielleicht tragen sie deshalb diese verwegene
Ge­lassenheit zur Schau und stapfen wie Revolver­
helden über die Bretter, den Akkuschrauber in der
Rechten, Hammer und Zange am Gürtel.
Wie eine Arena rahmt der Rundhorizont drei
Viertel der Drehbühne ein. Max Reinhardt hat ihn
einst einbauen lassen, um das Kulissentheater alten
Stils zu überwinden. Diese gipserne Ringmauer konn­
te nach Belieben bemalt oder bestrahlt werden. Sie
steht unter Denkmalschutz, mitsamt den Löchlein für
die Glühlampen, mit denen der Meister den Sternen­
himmel funkeln ließ.
9:00: Zwei Stücke müssen aneinander vorbei.
Während sie hinten noch Demokratie demontieren,
steht vorne schon die Bauprobe fürs nächste Stück an.
Der Entwurf wird in groben Zügen auf die Bühne
übertragen. Es bimmelt wie an einem Bahnübergang,
der Eiserne Vorhang senkt sich, um als Rückwand ei­
nes Metallkäfigs auf der Vorbühne zu dienen. Die Aus­
statter rascheln mit den Konstruktionszeichnungen
und zücken ihre Meterstäbe. Alle Gewerke sind vertre­
ten – ein Mischwort aus Handwerk und Gewerbe, das
Metiers vom Schlosser bis zur Requisite umfasst.
Theater ist Gesamtkunstwerk, und mehr noch Ge­
samthandwerk. Nicht nur Autoren und Schauspieler
sind schließlich Meister ihres Fachs – ihnen stehen
Malermeister, Bühnenmeister, Tonmeister zur Seite.
Und oben im Steuerraum noch die Beleuchtungs­
meister. Sechs Rechner fungieren dort als Schaltstellen eines Su­
perhirns aus Datenleitungen und Regelkreisen. Ich steuere das
Licht, sagt sich der Beleuchter. Doch eigentlich steuert das Licht
ihn. »Computer haben unsere Arbeit revolutioniert. Wer nur mal
Verfolgungsfahrer beim Weihnachtsspiel war, wird sich hier wun­
dern.« Daran verwundert allein schon, dass selbst zu Weihnach­
ten Verfolger unterwegs sind. Kommt die Welt denn nie zur
Ruhe? Aber das mit den Computern lässt sich nicht leugnen.
Schalter und Schieberegler gibt es kaum noch, dafür umso mehr
Tastfelder auf den Bildschirmen. Nur das Saallicht und die Not­
fallscheinwerfer werden noch per Knopfdruck aktiviert. Wenn
etwa der Quasar versagt, diese Atombombe im Arsenal der Licht­
artillerie, dann zündet im Nu ein Ersatzgerät. Der Meister nennt
das eine »Havarie«. Überhaupt kursiert allerhand Seemanns­
sprache, so ein Theater ist organisiert wie ein Schiff.
Maßschuhe im Kostümfundus.
Sie hatten alle schon ihren großen Auftritt
Eine skurrile Welt: Matratzen schweben im Bühnenhaus. Nummerierte
Kleiderbügel schaffen Ordnung im Chaos rascher Kostümwechsel.
Und bei der Regiebesprechung mit Dimiter Gotscheff am Bühnenrand
sind auch die Scheinwerfer nah am Geschehen
»ICH DANKE DEN VI ELEN UNSICHTBArEN I N DEN VEr­
SENK UNGEN, AUF DEM SCHNÜrBODEN, I N DEN MA­
11:00: Kaum schließt die Kassendame auf, schrillt
auch schon das Telefon. Je weniger Karten übrig sind,
desto mehr Leute rufen an, desto früher formiert sich
die Schlange. »Ich freue mich, Geld einzunehmen,
auch wenn es nicht für mich bestimmt ist.« Das rech­
nen übernimmt der Computer, sie selbst hat eher be­
ratende Funktion. Unentschlossene warten gern auf
einen Wink des Schicksals, und so winkt sie eben. Das
Vorwissen hat allgemein abgenommen, die Ausdauer
auch. »Früher waren drei Stunden fast Pflicht. Heute
ziehen sie ein Gesicht, wenn sie zwei Stunden absit­
zen müssen.« Das Deutsche Theater galt als National­
theater der DDR. Künstler wie Publikum verstanden
sich als Elite. Es sei »ein schlaues Theater« gewesen,
lobt die Kassendame, aufmüpfig und hintersinnig. Die
Schlaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet.
Das Ensemble war enorm, selbst kleine rollen wur­
den mit ganz großen Schauspielern besetzt. Auch
wenn das Haus noch von diesem Mythos zehrt, es hat
sich »ins Normale verschoben«.
10
SCH I NENrÄUMEN, WErK STÄT TEN, SCHNEI DErEI EN
UND GArDErOBEN, DEN MALErN, MUSIKErN UND
DENEN, DI E SONNE , MOND UND STErNE AUF ­ UND
NI EDErGEHEN LI E SSEN NACH UNSErEM GEHEISS . SI E
TATEN E S NICHT, WEIL SI E DAFÜr BE Z AHLT WUrDEN,
SONDErN WEIL SI E VEr STr ICK T WArEN I N DI E SE
VI ELGE STALT IGE UND SO WUNDErVOLL ÜBErFLÜSSI­
GE WELT.«
Max reinhardt
12:00: Die hausgemachten Bouletten sind wieder da. »Die
kriegen wir nicht weg von der Karte«, feixen die Wirtsleute, die
einfach mal was anderes anbieten wollten. So, wie der Intendant
den Spielplan festlegt, so bestimmen sie zu Beginn der Saison die
Standardgerichte – Klassiker wie Spaghetti Bolognese oder Gu­
lasch mit Spirelli laufen dann en suite. Im Kasino herrscht Arbei­
ter­ und Bauernessen vor, im restaurant labt sich die Bourgeoisie:
gratinierter Ziegenkäse im Pumpernickelmantel, Duo vom Zan­
der und rotbarsch. Die Arbeit im Kasino verlangt
Feingefühl. Schauspieler sind die dankbarsten Gäste,
und die schwierigsten zugleich. Wenn einer Frust
schiebt, weil ein Kritiker ihn gerade zerfleischt hat,
dann geben sie ihm schon mal ein Bier aus. So gesehen
ist die Theaterkantine eine humanitäre Einrichtung.
15:00: Der Letzte macht das Licht aus, meist also
der regieassistent. Sechs Stunden zuvor hat er es ein­
geschaltet und die Probebühne vorbereitet. Sie ver­
birgt sich im dritten Untergeschoss eines Hotels vis­à­vis. An glei­
cher Stelle stand sie schon zu reinhardts Zeiten, nur damals
oberirdisch, mit Stallungen für seinen Zirkus.
Fest am Haus engagiert, ist der Assistent der ruhende Pol jeder
Produktion. Er disponiert die Termine von der ersten Leseprobe
bis zu letzten Endprobe und hält alle per SMS auf dem Laufenden.
Jede Aktion, jede Bewegung, jeden Blick vermerkt er im regie­
buch. Am Abend überprüft er dann die Vorstellung. Er fängt die
Schauspieler auf, wenn sie nach einem Hänger zerknirscht sind,
aber er heizt ihnen auch ein, wenn sie das Tempo schleifen lassen.
Wir müssen immer wieder die Magie herstellen, sagt er sich. Sein
Zauberwort lautet: »Premierentreue«.
18:00: Vorbei die Zeiten, als die Theaterpolizei noch für Ord­
nung sorgte. Heute müssen die Einlassdamen selbst mit dem Pu­
blikum fertigwerden. Die Lenkung ist nicht weiter schwer, sie we­
deln tüchtig mit den Armen, Toilette hier lang, zweiter rang da
lang. Die Exekutive aber verlangt Autorität. Jüngeren Besuchern
ist der Unterschied zum Kino nicht bewusst, sie laufen mit Chips
und Getränken in den Saal. Sie verstehen auch nicht, warum sie
nicht eingelassen werden, wenn sie zu spät kommen.
Die meisten Mitarbeiter im Abenddienst sind selbst junge
Leute. Sie verdienen nicht übermäßig viel, haben dafür aber ei­
11
Rüstkammer und Märchenschlafsaal. Im Kostümfundus gibt es
Brustpanzer, ein weißes Kamel und Garderobe von der Stange.
Strahlend hell: der Saal vor Beginn der Vorstellung und
die Bühne beim Aufbau für die Produktion stallerhof/3D
nen glamourösen Arbeitsplatz und zwischendurch
Zeit zum Lesen. Fast täglich gehen Bewerbungen ein,
für jede Spielzeit findet dann ein regelrechtes Casting
statt. Die Kandidaten sollten freundlich und gedul­
dig sein; Arroganz gilt als Ausschlusskriterium. Auch
wenn jemand unbedingt Schauspieler werden will,
schicken sie ihn weg. Mit zu viel Ambition kommt
man sich selbst nur in die Quere.
In einer Nische breitet der Buchhändler seine
Schätze aus: die Werke der gespielten Autoren, Mate­
rialien, Memoiren, DVDs. Und zwischendrin ein paar
Bücher seiner Wahl. »Ich war begeistert, vielleicht
sind Sie es auch.« Noch stärker wirkt: »Das ist das Lieb­
lingsbuch von Ulrich Matthes.« Aus Sicht der Welt­
literatur ist es bedauerlich, dass Ulrich Matthes nicht
gleich tausend Lieblingstitel hat. An regentagen stö­
bern die Besucher gerne in den Büchern. Im Sommer
aber bleiben sie bis zur letzten Minute draußen auf
dem lauschigen Vorplatz, bevor sie dann ins Haus
hineingesogen werden wie Eisenfeilspäne von einem
mächtigen Magneten.
18:30: »Frau Doktor, mir is schwummrig.« Ob ein
Besucher Kreislaufschwäche hat oder ein Bühnenar­
beiter sich einen Finger einzwickt – die Theaterärztin
12
ist zur Stelle. Vom Amtsarzt eingeteilt, kommt sie
etwa achtmal im Monat ins Haus, öfter als manche
Kritiker. Den Notfallkoffer deponiert sie an der Gar­
derobe und begibt sich dann zu ihrem Platz im ersten
rang. Außen, versteht sich. Wenn Unruhe aufkommt
oder sich mittendrin eine Tür öffnet, dann geht sie in
Habachtstellung. Doch gottlob passiert aus ihrer Sicht
nicht allzu viel Dramatisches im Theater.
19:00: Das Wichtigste am Inspizienten ist die
Dose mit den Pfefferminzbonbons. Fast jeder Schau­
spieler klaubt im Vorbeigehen eines raus. Es sind die
Hostien des Theaterkults, und der Inspizient ist des­
sen Zeremoniar. Es hängt ja alles zusammen, sagt er
sich. Weshalb sein Metier, wiewohl seit 1779 verbürgt,
eher eine Berufung als einen Beruf darstellt. Man kann
es nicht lernen, aber man lernt, es zu können. Eine hal­
be Stunde vor Beginn ertönt die erste Durchsage: »Ich
begrüße die Damen und Herren zur zehnten Vorstel­
lung von Hedda Gabler. Sie ist ausverkauft.« Überall
im rückgebäude sind Lautsprecher installiert, auch in
den Toiletten. Dennoch muss er gelegentlich einen
Schauspieler aus der Kantine holen, weil der sich ver­
quatscht hat. Vor Beginn geht er noch einmal alles
durch. Wo sitzt die Feuerwehr, wo die Souffleuse?
War der Klavierstimmer da? Er vergewissert sich, dass
keine Schrauben auf der Bühne liegen und keine ver­
fänglichen Kabel in der Auftrittsgasse.
»Ich bitte die Damen und Herren zur Bühne und
wünsche eine störungsfreie Vorstellung.« Der Inspi­
zient ist Diener und Dirigent zugleich. Obwohl er in
seinem Verschlag unmittelbar am Geschehen teilhat, verfolgt er es
nicht mit eigenen Augen, sondern auf zwei Monitoren. Er ist die
Verkörperung des Brecht’schen Verfremdungseffektes. Er durch­
schaut die Maschinerie und ist gegen jegliches Illusionstheater
immun.
Oben auf dem Schnürboden werkeln die Maschinisten. Ur­
sprünglich handelte es sich dabei um Seeleute, weil die am besten
Seile spleißen und Knoten knüpfen konnten. Noch vor ein paar
Jahren tummelten sich acht Mann auf dem Schnürboden. Heute
steht einer am Steuerpult und einer in reserve. Den rest hat auch
hier Kollege Computer übernommen.
»Noch fünf Minuten bis zum Stückschluss«, gibt der Inspi­
zient nach draußen durch. Dann fällt der Vorhang. raus für den
Gruppenapplaus, raus für den Einzelapplaus. Abschließend wie­
der Gruppenapplaus, dann letzter Gruppenapplaus, dann endgül­
tig letzter Gruppenapplaus. Hinterher trägt er besondere Vor­
kommnisse noch in den Spielbericht ein. Er ist der Einzige, der
kein Pfefferminzbonbon genommen hat.
22:30: Der Barmann überlegt einen Moment, dann kommt es
ihm: »Die Brezen! Die Brezen machen uns zur Theaterbar. Und
der starke Kaffee.« Ansonsten aber will und soll es eine richtige
Bar sein. Dafür kann man auch nach Vorstellungsbeginn ins
Haus kommen. Hinterher geht das Theater hier noch weiter, und
manchmal legen die Schauspieler Musik auf. Auch vor dem Haus
herrscht lange noch Hochbetrieb, mit Grill, Bierausschank und
Laternenschein. Erlebnisgastronomie mit rückwärtigem Theater­
betrieb. Tatsächlich hat das Haus anno 1842 so angefangen – als
Kasino mit Possentheater und Lustspielen. Köstliches Wort übri­
gens: Lustspiele. Damit kann man gar nicht spät genug aufhören.
13
Mehr gesundheit
thomas Bernhard:
einfach kompliziert (2011).
Burgschauspieler Gert Voss im
Selbstgespräch auf der Bühne
DEr KÖNIG DEr BÜHNE
tartuffe unD onkel WanJa. Der Burgschauspieler Gert Voss kommt dieses Jahr gleich in zwei
Produktionen zum Theaterfestival nach Hamburg. Anlass für ein Porträt dieses großen, von der Kritik
und vom Publikum gefeierten Verwandlungskünstlers – und für die Zwischenbilanz einer königlichen
Bühnenlaufbahn.
: TexT_ursula keller
E
r hat sie alle gespielt, Bösewichte und tragische
Helden, Krieger und Könige, charmante Zyni­
ker und sperrige Melancholiker, all die Verliebten, Ver­
rückten und Vereinsamten, die wir seit langem zu
kennen glauben.
Doch wenn Gert Voss sich ihrer annimmt, dann
begegnen wir ihnen, als sähen wir sie zum ersten Mal –
staunend, verzaubert, hingerissen.
Als hätte er seinen Lear und seinen Othello, seinen
Mephisto und seinen Iwanov, Macbeth und Wallen­
stein, die an der Grenze zur Verrücktheit balancie­
renden Altersnarren Thomas Bernhards und die ko­
misch­verzweifelten Geschöpfe Becketts noch einmal
ganz neu erfunden. Als hätte er sie zu einem reiche­
ren Leben erweckt, sie einer rücksichtsloseren Wahr­
haftigkeit ausgesetzt und mit neuer Verführungskraft
ausgestattet, wagt er sich vor in das unwegsame Ge­
lände der menschlichen Seele, um in waghalsigen Ver­
suchen die Abgründe, Paradoxien und Widersprüche
www.hansemerkur.de
seiner Figuren freizulegen, ohne ihnen ihr Geheimnis zu nehmen.
Dieser geniale Menschendarsteller ist ein Geheimnisträger von
rang, einer, der uns neugierig macht auf uns selbst.
Was ihn antreibt, ist leidenschaftliche Lust an der Verwand­
lung, die Lust, seine Figuren neu zu erfinden, sie kraft seiner Phan­
tasie gleichsam von innen heraus zu modellieren, einen eigenen
Körper, einen Gang, Gesten und Tonfälle, ja sogar eine eigene
Stimme zu entwickeln. Für jede Figur kreiert er einen Gesamtlook
mit spezieller Frisur (Perücken lehnt er ab) und Schminke. Sein
Einfallsreichtum bei den Proben, heißt es, sei beeindruckend.
Doch bevor er probiert, hält er seine rolle bewusst auf Dis­
tanz. Er will nicht, dass sie »an ihm klebt«; weil er davon über­
zeugt ist, dass »man nur etwas spielen kann, was man nicht ist«,
muss seine Figur zuerst zu »etwas Fremdem« werden. Erst dann
kann er sie sich ganz zu eigen machen, zu einem Geschöpf seiner
Phantasie.
Seinem liebeskranken Othello, »dem abgründigsten, verrück­
testen und unvergesslichsten aller Othellos« (FAZ) hat er eine
dunkle, raue, beschädigte Stimme gegeben und den Gang »eines
15
© Herwig Prammer
Fit bleiben – mit der besten Krankenversicherung für mich
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Gert Voss als Verwandlungskünstler:
1 Macbeth 1992; Foto: Deutsches Theatermuseum München,
Archiv Abisag Tüllmann. 2 Richard III. 1987; Foto: Burgtheater Wien. 3 König Lear 2007; Foto: Ruth Walz.
4 Jedermann 1995; Foto: Oskar Anrather. 5 Mephisto
2009; Foto: Hans Klaus Techt. 6 Othello 1990; Video Still.
7 Porträt 1975; Foto Peter Gauhe. 8 gert Voss (rechts) mit
Ignaz Kirchner (links) und Regisseur George Tabori (1990);
Foto: Oliver Herrmann. 9 Porträt Foto: Peter Rigaud.
10 Wallenstein 2010; Foto: Georg Soulek. 11 einfach kompliziert 2011; Foto: Herwig Prammer. 12 Wallenstein 2010;
Foto: Georg Soulek
16
12
17
Anton Tschechow: Onkel Wanja (2013). Gert Voss als Professor
Serebrjakow in der Inszenierung von Matthias Hartmann
sehr schönen Tiers«. Hermann der Cherusker, mit
an den Seiten soldatisch hoch rasiertem Kopf und
schwarzer Che­Guevara­Mütze, wird zum Intellektu­
ellen, ein zynischer Machtmensch, der mit Menschen
spielt, ein elegantes Monster.
Für den verkrüppelten richard III., ein böses, ver­
zogenes Kind von eiskaltem Charme, hat er sich einen
Stein in den Schuh gesteckt, um das Humpeln nicht
spielen zu müssen. In Onkel Wanja ist sein Profes­
sor Serebrjakow ein hypochondrischer Tyrann, der alle
anderen an seinen Fäden zappeln lässt. Sein Lear hat
ein Vogelnest im wirren weißen Greisenhaar. Nackt
unter dem königlich wallenden Nachtgewand geistert
er über die Bühne, eine von ihrer Eigenliebe zerstörte
Kreatur, der am Ende nichts geblieben ist als die ele­
mentare Sprache des Schmerzes.
Sein Shylock ist ein smarter Geschäftsmann mit
gegeltem Haar im coolen Look der Vierziger, kein Op­
fer, ein angriffslustiger Gegner von boxerhafter Leich­
tigkeit. Sein Mephisto, für Voss ein »gefallener Engel«,
schwankt als dark knight mit rot geschminktem Mund
über die Bühne. Ein Kritiker hat gleich vier Teufel in
einem ausgemacht: die »cholerische Tunte, den tölpe­
ligen Clown, den melancholisch am Lolli lutschenden
Schöngeist und den charmanten Wahlkämpfer«. Als
Wallenstein gibt er sich abwechselnd »bezaubernd
zynisch, unangenehm jovial, berückend selbstgerecht
und mit Dämonie sympathisch«.
Was Voss auf der Bühne macht, ist subtile, wag­
halsige Verkörperungskunst. Und doch ist dieser vir­
tuose Verwandler immer auch ganz unverkennbar er
selbst, zu klug und zu wahrhaftig, um seine Figuren zu
erklären oder auszudeuten. Einer, der es vorzieht, uns
unvermittelt mit ihnen zu konfrontieren. Ob ihm,
dem »Einsamkeitsvirtuosen«, die Bühne einen Abend
lang allein gehört, ob er lässig auf ihr herumstreunt,
­schlurft oder ­tänzelt, ob er finster brütet oder dem
Wahn verfällt – er kann sicher sein, dass ihn das Pu­
blikum nicht aus den Augen lässt. Und doch sagt der
Bühnenmagier, der uns so mühelos zu verführen und
zu verzaubern vermag: »Man soll sich mit dem Publikum nicht ge­
mein machen. Das Publikum ist kein Partner, sondern ein Gegner,
ich darf mich und meine Phantasie durch das Publikum nie kor­
rumpieren lassen.«
So groß wie seine Lust an der Verwandlung ist wohl die an der
Herausforderung. An jeder neuen rolle arbeitet der große, inzwi­
schen siebzigjährige Voss mit einer für seine Kollegen oft strapa­
ziösen Intensität und risikobereitschaft, oft auch mit großer Här­
te gegen sich selbst. »Kein Theaterschauspieler, ein Theatermensch«
war er für Peter Zadek, einen seiner beiden regie­»Leuchttürme«.
Der andere war George Tabori. Bei ihm hat er gelernt zu fliegen,
völlig frei zu probieren und waghalsig zu spielen. Was er spielt,
soll aussehen, als sei es »nicht gespielt« – sondern völlig natürlich,
wie absichtslos, als sei es eben erfunden. Das gibt selbst den dun­
kelsten und sperrigsten seiner Figuren eine gewisse Anmut. Seine
geschmeidige, federnde, sprunghafte Spielweise erlaubt diesem
Bühnenproteus schnelle Verwandlung. Dieser leichtfüßige Schau­
spieler ist ein Virtuose der Gleichzeitigkeit. Mühelos entfacht er
ein atemberaubendes Neben­ und Nacheinander der verschie­
densten Tonfälle und Gefühlslagen und überrascht mit abrupten
Stimmungswechseln. Subtil spielt er auf der Klaviatur der Ambi­
valenzen, der Brüche und Widersprüche einer Figur. Er kann dem
Ungeheuerlichen ein menschliches Antlitz geben und dem Bösen
Charme; er kann dem Gebrechen Grazie verleihen und der Ver­
führung eisige Kälte; er kann aus der Schwäche Überlebenskraft
destillieren und aus der Macht pure Angst; er kann die Lebensgier
im Moralisten durchscheinen lassen und die Mordlust im Welt­
verbesserer.
Die wohl größte Herausforderung sind für ihn die großen, un­
ergründlichen Shakespeare­Figuren. »Man müsste versuchen«,
sagt er, »ihren Schatten gewachsen zu sein.« Und spielt sie im­
mer wieder. Wie die Verrückten unter seinen Figuren: den Voss
in Thomas Bernhards Ritter, Dene, Voss als an den Grenzen des
Irrsinns agierenden Philosophen Ludwig (Wittgenstein) oder den
vereinsamten greisen Schauspielkönig in Bernhards einfach kom­
pliziert, so mitreißend, als beträte er vertrautes Gelände. Sind die­
se Figuren doch in ebendem Maße verrückt, »wie alle guten Schau­
spieler und regisseure verrückt sind, weil man sie nicht abmessen
kann« (Voss).
Am Ende seines grandiosen Solos blickt der Schauspielkönig
zufrieden ins Publikum und sagt: »Begeistert sie offensichtlich.«
Der Satz könnte von Voss sein.
Tragende Rollen
werden oft auch hinter
den Kulissen gespielt.
gerT voss
geboren am 10. Oktober 1941 in Schanghai, nahm privat Schauspielunterricht, spielte in Konstanz, Braunschweig, im Residenztheater München und
in Stuttgart. Er ging zu Claus Peymann nach Bochum und spielt seit 1986
am Burgtheater (abgesehen von den Jahren 1994–1996 beim Berliner Ensemble und an der Schaubühne Berlin). Gert Voss spielte praktisch alle
großen männlichen Rollen der Theaterliteratur. Thomas Bernhard widmete
ihm und seinen Kolleginnen Ilse Ritter und Kirsten Dene das Stück Ritter,
Dene, Voss. In Hamburg und Wien war er in vielen Inszenierungen Peter
Zadeks zu sehen. In Salzburg spielte er vier Sommer lang den Jedermann.
1995 ernannte ihn die Times zum besten Schauspieler Europas.
www.jungheinrich.de
18
1
19
Burgschauspielerin Caroline Peters
als gedemütigte Gattin Jeléna in
Onkel Wanja (Foto Reinhard
Werner / Burgtheater) und in dramatischem Schwarz (Foto: Jim Rakete)
: TexT_em aNuel eckarDT
W
ir treffen uns im Café Schmitz in der
Aachener Straße in Köln. Caroline Peters
hat viel zu erzählen. Onkel Wanja, das Stück ist für sie
so schrecklich wie Weihnachten bei der Familie zu
Hause, purer Komödienstoff. »Alle haben kein Geld
und müssen sich das Haus teilen. Das ist doch der
Horror. Ich finde es super, wie die miteinander umge­
hen.« Auch wenn Gert Voss als Professor sie mit dem
Gesicht brutal auf den Boden drückt? »Na klar. Der
Professor behandelt mich als Elena, seine Frau, wie
einen Putzlappen. Ein alter Zausel, der seine Frau er­
niedrigt, damit er irgendwie klarkommt. Das hat echt
Größe und Komik.«
Sie hatte Tschechow noch nie gespielt und hat es
mit großem Spaß getan. »Der hat viele Spielfilme, die
ich liebe, vorweggenommen. Kein Wunder, dass Fass­
binder, Haneke, Woody Allen und Ingmar Bergman
zugeben, beim ihm abgeschrieben zu haben. Tsche­
chow ist gefundenes Schauspielertheaterfressen.«
Gibt es einen Trend zum Schauspielertheater? »Es
wäre schön. Wir hatten zwanzig Jahre lang regiethea­
ter und jetzt den Performer­Trend. Der Schauspieler
kommt mir immer vor wie der Letzte in der Futter­
kette. Aber Zuschauer lieben Schauspieler! Sie lieben
Leute, die sich für sie zum Affen machen. Die stehen
da drauf! Deshalb frage ich mich immer, was spricht
gegen Schauspieler?«
Hamburg ist ihr aus ihrer Zeit am Schauspielhaus
vertraut. »Die Hamburger waren begeisterungsfähig
und rückenstärkend! Die haben uns mit den frühen
Pollesch­Stücken mit offenen Armen empfangen. Ich
hab Hamburg als meine schönste Theaterzeit abge­
bucht.« Als sie 2004 zum Wiener Burgtheater wech­
selte, sorgte die Hamburger Punkband TempEau für
eine solidarische Bugwelle: »Hier kommt Caroline Pe­
ters! Der hellste Stern in jeder Nacht! Ein Superstar
mit Sex­Appeal, jeder will ein Kind von ihr, Wodka
trinken, tanzen gehen, mit ihr um die Häuser ziehn.«
»Dass sich Hamburg jetzt dieses Theater Festival
leistet, ist eine enorme Leistung des Bürgertums, wie
aus einer anderen Zeit kommt mir das vor«, findet sie.
DEr HELLSTE STErN
IN JEDEr NACHT
Die Burgschauspielerin Caroline Peters hat gerade die Dreharbeiten zu einer neuen Staffel
der Fernsehserie Mord mit Aussicht hinter sich, die pro Folge bis zu 6 Millionen Menschen
Tschechows Onkel Wanja nach Hamburg.
20
© Georg Soulek
vor dem Bildschirm versammelte. Aber ihr Herz gehört dem Theater. Jetzt kommt sie mit
»Es ist längst eine veritable Konkurrenz zum Theatertreffen in
Berlin, die mir jedenfalls viel mehr Spaß macht.« Warum das?
»Weil es nicht so eine verklemmte Leistungsschau ist, die alle nur
stresst. Weil die Auswahl der Produktionen nach persönlichem,
subjektivem Urteil besser funktioniert als die Gremienentschei­
dung einer Jury, die in scheinbarer Objektivität urteilt. Und weil
Hamburg trotz der hohen Qualitätsmaßstäbe immer auch das
Publikum im Blick hat.«
Sie redet sich in Brass, die Augen schleudern gefährliche Blit­
ze. Was regt sie auf? »Die Zukunft des Theaters, wie ich es kenne,
ist so gefährdet, weil die Mittel immer mehr gekürzt werden. Es
interessiert sich in Deutschland natürlich auch nur ein verschwin­
dend geringer Teil der Bevölkerung dafür. Hat sich das Theater zu
weit vom Publikum entfernt? Oder das Publikum vom Theater?
Wir predigen von oben herab: ›Wir haben das beste Sprechthea­
ter in der Welt.‹« Stimmt das denn nicht?
»Doch! Damit haben wir sogar recht. Aber welche Haltung
steht dahinter? Oft erscheint Theater als auf eine Ebene gehoben,
die eher intellektuelle Distanzierung zeigt: Theater als hoch ange­
siedelte Kunst, vor der wir uns alle verneigen müssen. Auch das
beste Theater der Welt ist gefährdet, wenn niemand Lust hat, hin­
einzugehen. Kunst, die sich für niemanden interessiert, interes­
siert niemanden. Und warum soll sie gerade dann besonders wert­
voll sein?«
caroliNe PeTers
Caroline Peters, geboren am 7. September 1971 in Mainz, hatte nach ihrer
Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Theater Saarbrücken 1995 ihr erstes Engagement an der Berliner Schaubühne am Lehniner
Platz. Seit 1999 spielte sie im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, an
der Volksbühne Berlin und am Schauspielhaus Zürich. Seit 2004 gehört
sie zum Ensemble des Burgtheaters Wien. Seit 1998 steht sie auch im Fernsehen vor der Kamera. Sie wurde mit dem Adolf-Grimme-Preis (2007), dem
Ulrich-Wildgruber-Preis (2012) und dem Bayerischen Fernsehpreis (2013)
ausgezeichnet. Seit 2008 spielt sie als Kriminalkommissarin Sophie Haas
die Hauptrolle in der Krimiserie Mord mit Aussicht, von der bisher 26 Folgen produziert wurden.
21
BAAL
bekannt durch Kinofilme, Fernsehserien
und ungezählte Theaterereignisse. Und immer wieder als Baal, den er jetzt beim Hamburger
Theater Festival präsentiert, als Schauspieler und Regisseur einer konzertanten Aufführung
an der Seite seines Sohnes Arthur (Bassgitarre).
thomas thieme ist ein grosser schausPieler,
: T e xT _m oN i k a N elli ss eN | foTo _ D i aN a D eN i z
B
aal, groß, dick und fett in der Mitte, und
drum herum Figuren.« So schnörkellos führt
Schauspieler Thomas Thieme, selbst ein körperliches
Schwergewicht, das Publikum in seine Version von
Bert Brechts Drama Baal ein. Es sei nicht das, was die
Zuschauer jeden Tag zu sehen bekämen, klärt er auf.
Nein, es ist eine kongenial von seinem Sohn Arthur
auf der Bassgitarre begleitete und kommentierte kon­
zertante Aufführung. Baal sei »ein Stationendrama,
in dem diese hochemotionale Figur durch ihr Leben
wandert«, erläutert Thieme. Er ist das Kraftzentrum,
das lesend, tänzelnd und singend, mit erstaunlich zar­
ten Händen den massigen Schädel umflatternd, schnau­
bend, tobend, wimmernd und flüsternd dem Lebens­
kannibalen Baal, dem Mörder, Dichter, Zuchthäusler
und Liebhaber, nebst allen Personen um ihn herum
Stimmen gibt, ohne die seine wesentlich zu verstellen.
Damit wiederholt er eigentlich, was einst der
schmächtige Bert Brecht tat: Der las seiner Jugendlie­
be Bi seinen noch unveröffentlichten Dramenerstling
mit allen rollen komplett vor. Dieser Ur­Baal des
Zwanzigjährigen – er entstand 1918 in Brechts Ge­
22
burtsstadt Augsburg – wurde vom Dramatiker allerdings noch
fünfmal umgearbeitet, weil er meinte, es fehle ihm an Weisheit.
Thieme aber wählte aus allen Fassungen in Personalunion als
Dramaturg, regisseur und Schauspieler die, wie er sagt, »geilsten
Szenen« aus, um diese sehr persönliche Version erstmals im
rahmen des Augsburger Brechtfestivals im Februar dieses Jahres
aufzuführen.
LEBENSKANNI BALE , MÖrDEr , DICHTEr ,
ZUCHT HÄUSLEr UND LI EBHABEr
Doch noch ist Thieme während der Einführung, auf dem run­
den Schädel eine rote Baseballmütze, er selbst. Und er wird es blei­
ben, auch ohne Mütze, als Baal und seine Wegbegleiter. Er sei kein
Verwandlungskünstler, hat er einmal gesagt, er spiele immer nur
sich selbst. Was nichts mit dem Egotrip eines manisch um sich
selbst Kreisenden zu tun hat, sondern mit einer großen Ehrlich­
keit und der Selbsteinschätzung, dass diejenigen Momente, die ei­
nen Schauspieler buchstäblich aus sich selbst heraustreten lassen,
äußerst selten sind. Thieme bleibt, selbst wenn er sich eine Figur
wie den Baal mit geradezu verschwenderischer Intensität einver­
leibt, Thieme. »Meine künstlerische Heimat bin ich
selbst«, sagte er in einem Interview. Die freilich ist
groß, reich und vielfältig.
LEISE GI TArrEN TÖNE TrANSFOrMI ErEN
DEN HÖLLENSTUrZ ZUr HI MMELFAHrT
In Baal sind es Stimmungen, Emotionen, rhyth­
men, Farben, Poesie und explosive Spannungen, die
der Schauspieler und sein Sohn erzeugen, bis zum
Schluss. Leise Gitarrentöne haben im zarten Ausklang
den Höllensturz des berserkerhaften Baal in eine Him­
melfahrt transformiert. »Und sie ritten in die junge
Heide«, endet Thomas Thieme. Nicht mit jenem pa­
thetischen Ton, der Helden in Mythen verklärt. Baal
verreckt, aber er wird erlöst.
Es ist nicht die erste Auseinandersetzung des
Schauspielers mit Brechts Baal. Thieme und Brecht
sind nicht nur Brüder im Geiste, Baal könnte als Le­
bensbegleiter des Schauspielers bezeichnet werden.
Schon 1991 hat er unter der regie von Manfred Karge
den Baal am Wiener Burgtheater gespielt. Zehn Jahre
später hat er ihn selbst in Weimar inszeniert, mit Ben Becker in
der Titelrolle.
Doch die ersten Begegnungen zwischen Baal und Thieme rei­
chen bis in dessen Anfängerjahre als Schauspieler zurück. Baal
habe ihn sein Leben lang begleitet, erinnert er sich, er sei mit Baal
erwachsen geworden. Weil er physisch diesem Typ entsprochen
habe, sei er sogar als Schauspielschüler in Berlin an der Staatlichen
Hochschule für Schauspiel Ernst Busch in diese rolle getrieben
worden. Thieme hat an allen großen deutschsprachigen Bühnen
und im Film mit wuchtigen, vielschichtigen Charakteren brilliert,
die er nicht selten mit wundersamer Leichtigkeit verkörperte. Wie
Baal.
Thomas Thieme
Thomas Thieme, am 29. Oktober 1948 in Weimar geboren, studierte an der
Staatlichen Schauspielschule in Ostberlin, und spielte in Magdeburg und
Halle, ehe es ihm 1984 gelang, mit einem Ausreiseantrag die DDR zu verlassen. Er spielte am Schauspiel Frankfurt, am Burgtheater in Wien, an der
Schaubühne am Lehniner Platz, im Kasino am Schwartzenbergplatz und
am Deutschen Nationaltheater in Weimar. Für seine Rolle als Richard III. in
dem Stück schlachten! am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg wurde
er im Jahr 2000 Schauspieler des Jahres. Er spielte in Kinofilmen und im
Fernsehen in Serien wie Tatort oder Wolffs Revier. In der ZDF-Produktion
Der Mann aus der Pfalz gab er den Kanzler Helmut Kohl.
23
Schlussbild mit Pappmasken und Konfetti:
Michael Gerber, Zauberkönig, und Moritz Grove
als Erich, der Nazi-Jurist von morgen
Panik im Mittelstand
Wie aktuell ist Ödön von Horváth? Eine Antwort darauf gibt das Deutsche Theater Berlin mit seiner
Inszenierung der Geschichten aus dem Wiener Wald, dem inzwischen 80 Jahre alten Stück, das in ­
einer Zeit der Weltwirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit entstanden ist. Regie führt Michael Thalheimer.
: T e xt _Wo lfga n g M i cha l | Foto _A rn o D ecla i r
A
nfang Juli veröffentlichte die Süddeutsche
Zeitung eine Reportage über die prekäre Lage
der vermeintlich Gutsituierten: »Sie arbeiten, zahlen
Steuern und stützen das Land. Nur: Sie können es sich
kaum noch leisten.« Der Kassensturz der Befragten
­ergab, dass sie am Monatsende keinen Euro mehr üb­
rig haben. Darunter ein geschiedener Lehrer mit fünf
­K indern, ein Marketing-Direktor eines IT-Unterneh­
mens, ein Hochschulprofessor, dessen Frau zur Auf­
besserung der Haushaltskasse Musikunterricht erteilt,
und ein Lehrer-Architekten-Ehepaar. Trotz guter Ge­
hälter müssen sie auf Fernreisen, neue Autos, eigene
Häuser verzichten. Was ist da los?
Kurz zuvor, im Dezember 2012, hatte das Deut­
sche Institut für Wirtschaftsforschung gemeinsam
mit der Bertelsmann-Stiftung eine Studie publiziert,
die ein gewaltiges Presseecho auslöste: »Die Mittel­
schicht schrumpft«, lautete die Alarm-Schlagzeile. Seit
1997 sei der Anteil der Mittelschicht an der Gesamtbe­
völkerung um fünfeinhalb Millionen Menschen zu­
rückgegangen. Vier Millionen waren in die Gruppe der
Geringverdiener abgerutscht. Selbst gute Ausbildung
konnte sie nicht vor dem Absturz bewahren. Heute
befürchtet jeder Vierte aus der Mittelschicht, den eige­
nen Status nicht mehr lange halten zu können. Es
herrscht »Panik im Mittelstand«.
Achtzig Jahre zuvor, auf dem Höhepunkt der
Weltwirtschaftskrise, hatte die gleiche Schlagzeile die
Mittelschichten in Angst und Schrecken versetzt. 1932
erschien das Buch Die soziale Schichtung des deutschen
Volkes, in dem der Soziologe Theodor Geiger nüch­
tern vorrechnete, dass Weltkrieg, Inflation und Wirt­
schaftskrise weite Teile der alten und neuen Mittel­
schichten in »proletaroide« Existenzen verwandelt
24
hätten. Handwerksmeister, selbstständige Gewerbetreibende und
Einzelhändler, die alten Mittelschichten, seien davon stärker be­
troffen als die Angestellten, die den Kern des »neuen Mittelstan­
des« ausmachten. Der Abstiegskampf dieser Schichten – auch das
stellte Geiger damals schon fest – verschärfe sich noch durch die
Dynamik von Globalisierung und Modernisierung, durch die ge­
burtenstarken Jahrgänge der nach 1900 Geborenen und die erst­
mals in großer Zahl in den Arbeitsmarkt drängenden Frauen.
­Allein von 1929 bis 1932 fielen die Löhne und Gehälter um 30 bis
40 Prozent, die Zahl der Arbeitslosen schnellte auf sechs Millio­
nen.
Ödön von Horváth, 1901 geboren, hätte also – in der Lesart des
Sozialhistorikers Hans-Ulrich Wehler – zu jenen »überflüssigen
Jahrgängen« gehören müssen, die »das Weimarer System« als »ab­
weisend, spröde, unzugänglich, ja feindlich« empfanden. Horváth
war unmittelbar betroffen vom Absturz der Mittelschichten – und
stenographierte als »treuer Chronist seiner Zeit« (Horváth über
T HALHEI MER S SPAR SAMKEI T:
KEI N PLÜSCH, KEI NE WAL ZER SELIGKEI T
Horváth) den Alltag zwischen Wien und Berlin, München und
Murnau gewissenhaft wie ein Reporter mit. Nicht selten verarbei­
tete er authentische Fälle, doch meist ging seiner dramatischen Ar­
beit eine soziologische Gesellschaftsanalyse voraus. Er konnte sich
quasi ausrechnen, was passieren würde.
Im Herbst 1930, als die NSDAP in den Reichstagswahlen von
zwei auf 18 Prozent hochschnellte, skizzierte Horváth ein neues
Romanprojekt, Arbeitstitel: »Der Mittelstand«. Das lediglich vier
Seiten umfassende Notizenfragment, das sich im Nachlass des
Schriftstellers fand, zeigt Horváth als hellsichtigen Analytiker,
der chronologisch und stichpunktartig die Statusveränderungen
seiner Protagonisten festhielt, bevor er ihnen Leben einhauchte.
Horváth wollte den Abstieg der Familie Qu. über vier Generatio­
25
Zauberkönig Michael Gerber und Almut Zilcher als Valerie
nen verfolgen. Daraus wäre wohl die Fortsetzungs­
geschichte der Buddenbrooks geworden, freilich nicht
als Tragödie, sondern als Farce.
Der Zeitkritiker Horváth arbeitete wie ein Kon­
strukteur. Er entwickelte seine Geschichten am reiß­
brett. Montierte Bilder, Bilderbögen, Skizzen und
Geschichten zu reigen und Totentänzen. Sein Stamm­
personal arrangierte er dabei immer wieder neu, nahm
Figuren aus älteren Stücken oder Entwürfen, benann­
te sie um, wechselte die Schauplätze, variierte die
Handlung. An den 1931 erschienenen Geschichten aus
dem Wiener Wald arbeitete er schon seit 1928, doch
noch im Frühjahr 1931 sah Marianne, die Tochter des
Zauberkönigs, unter dem Titel Die Schönheit aus der
Schellingstraße ganz anders aus. Die Handlung spielte
nicht in Wien, sondern in München, und sie themati­
sierte den Mädchenhandel.
Das »Produktions­Studio Horváth« verfügte über
ein festes Ensemble, dessen flexibel einsetzbare Mit­
26
glieder der Konstrukteur auf immer neue Stücke durchpausen
konnte. Seine Figuren – von regisseur Michael Thalheimer auf ei­
ner leeren Bühne kongenial zur Geltung gebracht – fungieren als
reine Sprachrohre und Sprechwerkzeuge. Ihre Texte verkörpern
die Bewusstseins­ und Unterbewusstseinszustände des Volkes.
Dieses Volk besteht nach Horváth »zu 90 Prozent aus vollendeten
oder verhinderten Kleinbürgern«, nämlich a) aus dem abgestiege­
nen Bürgertum, »das in seinem Seelenleben ausgelaugt, in seiner
Moral korrumpiert ist«, und b) aus den aufstiegswilligen Schich­
ten, die partout in das Kleinbürgerleben hineinwollen.
Als äußere Form benutzte Horváth das Genre des Volksstücks,
das ebenfalls festes Personal bevorzugte, aber hoffnungslos ver­
logen war. Das alte Volksstück, so Horváth, »zerstörte ich … mit
vollem Bewusstsein … formal und ethisch – und versuchte als
dramatischer Chronist die neue Form des Volksstücks zu finden«.
Welche Gratwanderung das war, vermittelt die Laudatio zur
Verleihung des Kleist­Preises, die der Schriftsteller Carl Zuckmay­
er am 30. Oktober 1931, nur drei Tage vor der Uraufführung der
Geschichten aus dem Wiener Wald, auf Horváth hielt: »Horváth«,
so Zuckmayer, »scheint mir unter den jüngeren Dramatikern die
stärkste Begabung, darüber hinaus der hellste Kopf und die präg­
nanteste Persönlichkeit zu sein. Seine Stücke sind ungleichwertig,
manchmal sprunghaft und ohne Schwerpunkt. Aber niemals wird
sein Ausdruck mittelmäßig, was er macht, hat Format, und sein
Blick ist eigenwillig, ehrlich, rücksichtslos … Es wäre ein Missver­
ständnis, ihn für einen Satiriker zu halten …«
Horváths komplizierte Doppelbödigkeit, seine gleichzeitige
Zertrümmerungs­ und Erneuerungsarbeit, analysierte der Satiri­
ker Erich Kästner am Beispiel der Berliner Uraufführung: Zwar
habe Horváth »ein Wiener Volksstück gegen das Wiener Volks­
stück« verfasst. »Er übernahm die aus Filmen, Operetten und Dra­
men bekannten pensionierten rittmeister, die süßen Mädel, die
nichtsnutzigen Hallodri, die familiensüchtigen Kleinbürger; er
übernahm den Plüsch, aber er klopfte ihn aus, dass die Motten
aufflogen und die zerfressenen Stellen sichtbar wurden …« Trotz­
dem, so Kästner, sei es »sehr schwer, eine derartige Komödie mit
HOrVÁT HS MOT I V: DI E UNENDLICHE DUMMHEI T
ANSCHAULICH MACHEN
doppeltem Boden sinngemäß zu inszenieren und dem Publikum,
soweit es einfältig ist, den Doppelcharakter des Ganzen anschau­
lich zu machen.«
Kästner hatte erkannt, dass die Zerstörung der Erwartungs­
haltungen durch die Malträtierung der gewohnten Gestaltungs­
elemente – Liebe, Schmerz, Versöhnung, Idylle, Feste, Walzermu­
sik – bei einem ungeschulten Publikum auch nach hinten losgehen
kann oder von übereifrigen regisseuren durch üppigen Einsatz
von Bühnen­ und Walzerkitsch ins Groteske übersteigert wird.
Thalheimer entgeht dieser Gefahr durch äußerste
Sparsamkeit: Kein Plüsch, aber auch kein ausgeklopf­
ter Plüsch. Keine Walzerseligkeit, aber auch keine
Kontrapunkte. 2013, nach Stromberg und Mad Men,
muss niemand mehr »in der alten Form die Ideologie
des Inhalts zerfetzen« oder, um Adorno abzuwandeln:
Die alten Volksstückfiguren müssen nicht mehr in Salz
gelegt und gebeizt werden, »bis die Zunge schmerzt«.
Die »Kleinhölle des Kleinbürgertums« ist so über­
reichlich karikiert und entlarvt worden wie keine an­
dere Schicht.
Thalheimer vermeidet daher das Naheliegende: die
Satire, die Parodie, die Posse, den Klamauk (nur Os­
kars Clownsnummer mit der Bonbonschachtel erlaubt
er sich). Thalheimer macht weder eine hundsgemeine
»Wiener Stimmungssoubrette« aus Horváths Stück
noch eine Qualtinger­Nummer oder einen Georg­
Kreisler­Song. Er verzichtet auf Anklänge an G.W.
Pabsts Freudlose Gasse und entgeht auch dem Nes­
troy­, Schnitzler­ und Strindberg­Verschnitt. Thalhei­
mer konzentriert sich stur auf die Horváth’schen
Sprechrollen. Allenfalls kitzelt er eine Prise Brecht und
eine Spur Büchner heraus, denn sowohl Sinnlichkeit
als auch Verfremdungseffekt stecken bei Horváth in
der Sprache – und in den Pausen zwischen den Sätzen.
Seine Figuren sprechen »Bildungsjargon«, aber den
Phrasen und »Kalendersprüchen« fehlt jeder eigene
Ausdruck, jede eigene Erkenntnis. Sie sind das falsche
Bewusstsein des Mittelstands. Sein Bildungsjargon
bleibt auch immer der gleiche, nur die Figuren, die ihn
benutzen, wechseln. Die »Bildung« besteht aus geflü­
gelten Worten, die zu nichts inspirieren, sondern un­
terdrückte, gemeinere Gefühle kaschieren, was oft zu
aberwitzigen Dialogen und hirnverbrannten Assozia­
tionen führt.
Besonders penetrant wird das Aneinandervorbei­
Gerede immer dann, wenn Horváth mitten im Dialog
»Stille« anordnet. Dann kippt die Situation für einen
Moment, und etwas Verstecktes lugt durch das Ge­
plapper hindurch. Mit diesen abrupten »Breaks« mar­
kiert Horváth den »Kampf zwischen Bewusstsein und
Unterbewusstsein«. In seiner »Gebrauchsanweisung«
schreibt er dazu: »Bitte achten Sie genau auf die Pau­
sen im Dialog, die ich mit ›Stille‹ bezeichne – hier
kämpft das Bewusstsein oder Unterbewusstsein mit­
einander, und das muss sichtbar werden.« Die Stille
soll den Inhalt des Gesprochenen umkehren, und die
Pause hat gerade so lange zu dauern, bis die Umkeh­
rung deutlich geworden ist. Nur wenn die Mittel­
Rechts:
Peter Moltzen (Oskar)
mit Katrin Wichmann
(Marianne). Im Hintergrund Moritz Grove
(Erich) und Michael
Gerber
Unten:
Flintenweib und
Student. Almut Zilcher
mit Moritz Grove
rianne kann der Liebe Oskars (und der Liebe der Nazis) eben nicht
entgehen. Die zirkuläre Struktur des Stücks verweist auf Horváths
zentrales Schaffensmotiv: Er will die unendliche Dummheit und
die dumme Unendlichkeit des Mittelstands anschaulich machen.
Der Mittelstand, so Horváths bittere Bilanz, rettet sich in Gefahr
und höchster Not immer in die Irrationalität. Er ergibt sich in sein
Schicksal und bleibt aufreizend passiv gegenüber allen politischen
Möglichkeiten.
Horváth hat dieses befremdliche Verhalten in immer neuen
Varianten verdichtet. Es nützte nichts. Der ängstliche Standes­
dünkel des sich bedroht fühlenden Mittelstands verhinderte jede
Selbsterkenntnis. Je stärker der Abwärtssog spürbar wurde, desto
erbitterter wurde das alte Denken verteidigt, denn es diente der
verbissenen Abgrenzung gegen die da unten.
Horváth, von den Nazis immer stärker bedrängt, musste
schließlich emigrieren, seine Stücke wurden verboten, den Welt­
krieg erlebte er nicht mehr. Am 1. Juni 1938 wurde er in Paris wäh­
rend eines Gewitters von einem herabfallenden Ast erschlagen.
PS: Zehn Jahre später, nur drei Jahre nach dem Untergang des
»Dritten reichs«, entfachte sein Stück in Wien einen der größten
Theaterskandale der Nachkriegszeit. Aufgebrachte Besucher aus
der Mittelschicht pfiffen, schrien, trampelten und fühlten sich von
Horváth zu gefühllosen »Bestien« erniedrigt. Es sei eine Unver­
frorenheit, ja eine bodenlose Frechheit, »diese Verunglimpfung
Wiens gerade den Wienern vorzusetzen«. – »Das Stück gehört ab­
gesetzt!«
© Peter Rigaud
schicht nicht plappert, kommt sie für einen Moment
zu Bewusstsein.
Um den ständigen Kampf zwischen Schein und
Sein auf der Bühne noch sichtbarer zu machen, schafft
Horváth für seine Protagonisten Alter­Ego­Figuren:
Der Fleischhauer Oskar z. B. trägt den brutalen Gehil­
fen Havlitschek in sich. Der Zauberkönig könnte eben­
so gut ein nobler rittmeister geworden sein, die real­
schülerin repräsentiert eine jüngere Marianne, und der
glücklose Alfred wäre als Hierlinger dem Eheschicksal
entkommen. Valerie verkörpert die spätere Marianne,
Erich einen gewendeten Alfred und der Zauberkönig
einen altersstarrsinnig gewordenen Oskar. Luder und
Engel sind eben eins – wie Oskar an seiner Marianne
feststellt. Alles ist möglich. Jeder kann sich in jeden
verwandeln. Die verunsicherte, durch die Krise ihrer
Identität beraubte Mittelschicht erscheint so doppel­
gesichtig wie austauschbar. Der im gleichen Jahr wie
Horváths »Geschichten« entstandene Film Dr. Jekyll
und Mister Hyde treibt dieses Motiv auf die Spitze.
Thalheimer greift es auf, wenn er die Schauspieler in
der Schlussszene nahezu identische Masken aufsetzen
lässt.
Am Ende ist Horváths Marianne wieder dort ange­
langt, wo ihre Auflehnung begonnen hat: Sie wird von
den vereinten Männern zurück an den Herd dirigiert –
wie Millionen andere Frauen, die in den dreißiger Jah­
ren ihre Emanzipation wieder aufgeben mussten. Ma­
DEr HErr DEr BUrG
Intendant des Burgtheaters Wien, Bühnenautor und produktiver
Theaterregisseur mit rund 70 regiearbeiten, plaudert aus der Schule, spricht über den
Kosmos, in dem er verschwindet, über schlecht gelaunte Theaterregisseure und über das
große Missverständnis des politischen Theaters.
matthias hartmann,
Trostlos im schneegestöber: Katrin Wichmann als Marianne
: i NT e rvi e W_e m a Nue l ecka rDT
Herr Hartmann, Sie sind Intendant des Burgtheaters und ein sehr produktiver Regisseur. Wie
kriegen Sie das alles nur auf die Reihe?
Ich arbeite gern.
Arbeiten Sie schwer?
Ja. Aber solange mir so ein Spielzeug wie das Burg­
theater zur Verfügung steht, solange ich Dinge ma­
chen kann, die ich vorher nicht kalkulieren kann, son­
dern die ich täglich neu erfahre, solange ich – und das
ist am Ende das Entscheidende – immer wieder ein
Lernender bin, so lange habe ich keinen Grund, mich
über die Arbeit, die ich mache, zu beklagen.
Halten Sie sich für privilegiert?
Ich genieße das Privileg, in Bereiche zu kommen, von
denen ich höchstens Ahnung, aber kein Wissen habe,
und in dieser Phase der Arbeit, in diesen neun, zehn Wochen, tau­
che ich in einen Kosmos, in dem ich Tag für Tag komplett ver­
schwinde, in dem sich mir ein völlig neues Leben auftut, in dem
ich Erfahrungen mache, die ich sonst nie bekommen hätte. Ich
gehe in eine neue Welt hinein, mit neuen Erfahrungen, Neuorien­
tierungen.
Bleibt Ihnen bei so viel Arbeit noch Zeit fürs Privatleben?
Ich tanze auf einer schmalen Linie zwischen bürgerlicher Existenz
und Künstlerdasein. Ich habe Familie und den Wunsch, am Mitt­
wochnachmittag nach Hause zu kommen und mit meinen Kin­
dern am Klavierunterricht teilzunehmen. Auf der anderen Seite
muss ich mich mit aller radikalität diesen Abgründen des Theaters
aussetzen, mich in diesen Schründen wundschürfen, den Anstren­
gungen, die notwendig sind, um dann gelegentlich mal wieder ein
Kunstwerk zu schaffen.
29
© Reinhard Werner / Burgtheater
© Reinhard Werner / Burgtheater
Auch mit alten, immer wieder gespielten
Stücken?
Wir proben jetzt einen Österreicher, Johann Nestroy.
Der böse Geist Lumpazivagabundus oder das Lieder­
liche Kleeblatt. Ein 180 Jahre altes Stück, und trotzdem
etwas völlig Neues.
LOR IOT S SATZ »FRAUEN HABEN AUCH IHR GU TE S«
IST NICHT ZU ÜBERTREFFEN
DI E MEISTEN H ISTOR ISCHEN T HE ATERREGISSEURE
WAREN SCHLECHT GELAUN T UND HAT TEN EI N
REFLUX-PROBLEM
Ich weiß, dass mir die eine oder andere Sache ganz gut
gelungen ist. Dass wir es in den letzten Jahren beim
Hamburger Theater Festival geschafft haben, die Men­
schen in solche Euphorie zu bringen, ist etwas sehr
Tröstliches und widerspricht allem Geraune von der
Vergeblichkeit des Theaters. Es ist sicher eine span­
nende Erfahrung, mit Onkel Wanja und Troja nach
Hamburg zu gehen.
Sind die Wiener verwöhnt?
Wir sind verwöhnt, weil die Wiener ihr Theater so
sehr lieben! Das ist keine Selbstverständlichkeit.
Wir erleben einen Generationenwechsel bei
den Regisseuren und neue Sehweisen. Was hat
sich verändert?
Die meisten historischen Theaterregisseure, die ich
kenne, waren schlecht gelaunt und hatten ein RefluxProblem. Sie erzählen den Menschen von ihren ver­
gangenen Erfolgen. Dafür ist die Kunst zu flüchtig,
und es geht alles zu schnell vorbei. Seitdem die Söhne
der Nazis nicht mehr Regie führen, wird das Theater
lebendiger. Es gab ein großes Missverständnis im The­
ater der siebziger Jahre. Es sah sich als ein Theater der
zweifelsfreien Gewissheiten. Die wussten noch, was
gut und böse ist.
30
Wissen wir das nicht mehr?
Nicht mehr in dieser einfachen Zuordnung. Dramatischer Diskurs
entsteht, wenn zwei Dinge einander unvereinbar begegnen und
beide haben recht. Wenn nur einer recht hat, ist es nicht mehr
spannend. Spannend wird es, wenn beide gut und beide böse sind.
Das Leben ist nie eindeutig. Das Leben ist ambivalent, und deswe­
gen weise ich Schuld auf der Bühne niemals zu, sondern ich zeige
den Abgrund aller Menschen.
Was spricht gegen politisches Theater?
Das politische Theater, das man sich ersehnt, wenn man über po­
litisches Theater spricht, ist nach meiner Auffassung ein großes
Missverständnis. Büchner hat gefragt: »Was ist das, was in uns
lügt, mordet, stiehlt?« Das ist eine spannende Frage. Ich muss mit
Fragen aus dem Theater herauskommen, die mich nicht mehr in
Ruhe lassen. Ich muss das Mögliche und Unmögliche erschrocken
wahrnehmen.
Welches politische Thema sollte das Theater aufgreifen?
Die Erosion von Demokratie. Wir stellen fest, dass Demokratie
ein Auslaufmodell wird, weil junge Leute sich nicht mehr dafür
interessieren, sie wollen nicht beteiligt werden am politischen
Entscheidungsprozess, sie sind der Diskussion müde. Das ist ein
Medienphänomen. Die ständige Suche nach der richtigen Wähler­
stimme, der passenden Talkshow, die ständige Orientierung an
Umfragewerten führen zu populistischer Anbiederung, zu Cha­
rakteren, die täglich ihre Meinung ändern und möglichst offen­
halten, weil sie Angst haben müssen, dass sie durch den Rost
­r utschen, sobald sie Position beziehen. Sie suchen Strömungen
abzugreifen. Und so spielen sich Medien und Politik ständig in die
Hand, und die Demokratie geht den Bach runter.
Was folgt daraus?
Das Theater muss sich um das Thema Demokratie kümmern.
Was macht Ihnen Angst? Was ist Ihnen unheimlich?
Routine! Was jeder Herzchirurg braucht und jeder Rechtsanwalt,
ist beim Theater eine Todesstrafe. Ich habe die Erfahrung ge­
macht: Immer wenn man denkt, man weiß, wie etwas geht, miss­
lingt es sofort. Und deswegen bin ich dankbar, dass mir das Burg­
theater eine Infrastruktur stellt, die es möglich macht, sich immer
neuen Erfahrungen zu öffnen.
Linke Seite:
Burgtheater in Hamburg: Troja, mit
Lucas Gregorowicz und Adina Vetter,
Onkel Wanja mit Nicholas Ofczarek,
Gert Voss und Caroline Peters
Bild rechts:
Matthias Hartmann, beredt argumentierend
© Reinhard Werner
Was treibt Sie an?
Dass ich mit jeder neuen Arbeit eine neue Chance be­
komme, das, was mir misslungen ist, wiedergutzu­
machen. Und so befinde ich mich in einer Art Hams­
terrad.
Jetzt sind sie entweder sehr selbstkritisch
oder kokett. Das Publikum nimmt Ihre Arbeit
doch begeistert auf …
Sie riskieren wie nur sehr wenige deutsche
Regisseure den Umgang mit Humor. Warum?
Wenn ich die Chance habe, mit so sensationellen Ko­
mikern wie Joachim Meyerhoff, Michael Maertens,
Maria Happel, Nicholas Ofczarek Was ihr wollt auf­
zuführen, bleibt mir doch gar nichts anderes übrig.
Das Leichte ist schwer, oder?
Dieser Destillierungsprozess, in dem wir gemeinsam
die Pointen raffiniert haben, ist tatsächlich harte Ar­
beit. Wenn man sich gegenseitig auf Augenhöhe be­
gegnet und sagt: »Pass auf, da ist noch was drin, doch
… An dieser Sache ist noch was, und da … Noch eine
Drehung, denn da sitzt überhaupt erst die Pointe …
Ach nee, da ist noch eine zweite Stufe, die können wir
auch noch zünden …« Wenn man so arbeitet, das ist
dann schon eine Freude. Ich lach halt gern und tröste
mich auch gern durch das Lachen über alle möglichen
anderen Dinge hinweg.
Bei Loriot lernt man, wie wichtig das Timing
im Handwerk der Komik ist. Gilt das auch fürs
Theater?
Timing ist ungeheuer wichtig. Loriot ist einer der Größten über­
haupt. Ich seziere sein Werk sehr gern und immer wieder. Vor­
­allem sein Satz »Frauen haben auch ihr Gutes« ist nicht zu über­
treffen.
Wie wach ist das Publikum? Kann man es hinters Licht
führen?
In den letzten Jahren gab es im Theater viele Strömungen, das Pu­
blikum zu verarschen. Ich bin grundsätzlich Verführer des Publi­
kums, ich will sie haben, die Menschen da draußen. Ich möchte
mich nie vor einem halb leeren Saal darüber trösten, dass ich ein
missverstandener Künstler bin, und will mich trotzdem nicht bil­
lig verkaufen. Die These, dass RTL der bessere Sender sei als arte,
weil er mehr Publikum hat, gilt im Umkehrschluss auch nicht.
Also erst mal volles Haus, und dann sehen wir weiter?
In Wien können wir sicher sein: Da draußen gibt es das Publikum,
das sich für Theater interessiert und das auch nicht unter Niveau
entertained werden will. Es hat ein starkes Qualitätsempfinden,
vor allem was Schauspielerei anlangt. Schauspielerei steht hier in
Wien über allem, und das wird sehr honoriert. Wenn ein guter
Schauspieler auf der Bühne steht, dann wird viel verziehen.
Auch wenn man ein Stück gar nicht wiedererkennt?
In der Musik steht Werktreue hoch im Kurs. Läuft es beim
Theater genau andersherum, bloß weit weg vom Originaltext?
Ich sehe viele große Regisseure, die versuchen, schauspielerisch
und textkonform zu arbeiten, und das respektiere ich total. Ich
finde auch diese Sehnsucht sehr verständlich. Aber im Theater
darf grundsätzlich nichts verboten sein. Theater muss einfach gut
sein. Und gut ist, was zwingend ist, was einleuchtend ist. Es darf
schockierend sein. Es muss um Himmels willen nicht leicht­gängig
und gelenkig sein. Es muss sich nicht flüssig meinem Geschmack
l­einengewandete Menschen zwischen Birken herum
und regen sich auf über die furchtbare Unbill des
­Lebens. In Wahrheit sind diese Stücke schroffer, bö­
ser, monströser und vor allem auch viel komischer,
viel grotesker. Es sind Satiren von unbeschreiblicher
Schärfe.
Hatte Stanislawski keinen Humor?
Stanislawski hatte eine Mission. Er verlangte die Ar­
beit des Schauspielers an sich selbst und hat damit eine
eigene Aufführungstradition entwickelt. Wenn man
weiß, dass Tschechow nach jeder Aufführung Stanis­
lawskis geschworen hat, er wolle nie wieder etwas mit
ihm zu tun haben, versteht man, dass dieses große
Missverständnis eigentlich hätte aufgelöst werden
müssen.
In Hamburg ist Stanislawski ein großer
Name, allerdings mit dem Vornamen Holger, als
langjähriger Trainer des FC St. Pauli …
»WENN ALLE GEMEI NSAM RATLOS SI ND,
© Peter Rigaud
IST DA S EI NE SEHR KONSTRUK T I VE PHA SE«
Vor der Burg: Matthias Hartmann im Café Landtmann
anbiedern. Es kann mich herausfordern und aufs Ärgs­
te schockieren, wie ein Stück von Roland Schimmel­
pfennig, das ich gerade lese, ein Stück, wo ich beim
­Lesen rote Ohren kriege vor lauter Ergiffensein, Be­
wegtsein.
E S IST EI NE KONZESSION AN DI E MEDI ENZEI T,
DA SS REGISSEURE ZUNEHMEND EI NE ART MARKEN­
ZEICHENK UNST MACHEN
Was geschieht, wenn das Schockierende als
erwartbare Bühnenpraxis überhandnimmt?
Diejenigen, die sagen, es gibt zurzeit eine Vereinheit­
lichung des Theatergeschmacks, haben recht. Es ist
mehr eine Konzession an das Medienzeitalter, dass
Regisseure um der Lesbarkeit ihrer Handschrift willen
so eine Art Markenzeichenkunst machen. Das ist in
Wahrheit nicht notwendig. Es gab in letzter Zeit auch
einen Trend zum Tendenztheater, und das ist tatsäch­
32
lich und zu Recht vom Publikum nicht gewollt. Es möchte keine
Schulung durchmachen, sondern einfach offen bleiben.
Was bedeutet das für Ihre Arbeit?
Wir haben in Wien die Pflicht, das Theater in allen Ausdehnun­
gen zu ermöglichen, und da kommt jemand wie Andrea Breth ge­
nauso zum Zug wie Antú Romero Nunes. Da stehen sich diamet­
ral zwei Galaxien gegenüber, so wie ich im Museum die Alten
Meister genauso bewundere wie ein avantgardistisches Kunst­
werk. Wir kommen ja dieses Jahr mit zwei völlig unterschied­
lichen Stücken nach Hamburg. Das eine, Anton Tschechows On­
kel Wanja, ist ein Stück, bei dem ich mich tatsächlich sehr auf den
Text konzentriert habe.
Ein oft gespielter Klassiker …?
Oft gespielt, und voll daneben. In der Aufführungstradition von
Onkel Wanja gibt es ein großes Missverständnis. Ursache ist die
Zusammenarbeit des Theatermachers Stanislawski mit Tsche­
chow. Stanislawski hatte eine sehr rigide Theaterdoktrin, durch
ihn kam dieses Missverständnis vom Befindlichkeitstheater in die
Welt. Deswegen laufen im Deutschsprachigen bei Tschechow
Da ging es ja wohl auch um Spielwitz, denke ich. Da­
mit sind wir gar nicht so weit voneinander entfernt.
An Tschechow interessiert mich die Radikalität, die
Härte, die da drin steckt, und die haben wir versucht
herauszuarbeiten, und dafür haben wir auch die rich­
tigen Schauspieler. Sie sind von einer Unverblümtheit
und Boshaftigkeit, die dem Stück Rechnung trägt. So,
wie die sich auf der Bühne beschimpfen, möchte man
mit keinem Menschen auf der Welt reden.
Wie steht es mit der Texttreue beim »Trojanischen Pferd«?
Da sind wir polygam. Bevor wir einen Text hatten, ha­
ben wir uns alle an einen Tisch gesetzt und uns auf den
Zeitraum geeinigt, in dem das Drama stattfinden soll.
Es beginnt damit, dass die Trojaner glauben, die Grie­
chen seien abgefahren und hätten nur dieses große
Pferd dagelassen, und es endet damit, dass der Krieg
endet. Über diesen Moment gibt es wenig Literatur,
außer einem Essay von Peter von Matt, Die Intrige,
Theorie und Praxis der Hinterlist.
Wo haben Sie noch gegraben?
Überall. Bei Raoul Schrott, Peter von Matt, Christa
Wolf, Walter Jens, Gustav Schwab und auch bei Wiki­
pedia. Wir haben alles genommen, was wir finden
konnten. Für die Figur des Paris haben wir Rudolf Ha­
gelstanges Spielball der Götter gefunden. Ein Dichter
der fünfziger Jahre. Der ist wirklich toll. Er macht sich
zum Anwalt der Paris-Figur, bei uns gespielt von ­Lucas
Gregorowicz. Text und Schauspieler passen hervorra­
gend zusammen.
Wie funktioniert das Verhältnis zwischen Schauspieler
und Regisseur? Sagen Sie als Regisseur, was Sie wollen, wo
es langgeht?
Das Verhältnis ist geprägt von gegenseitiger Abhängigkeit, von
Respekt und von Vertrauen. Früher hatte meine Arbeit mehr Kon­
turen, ich hatte Vorstellungen, wie etwas laufen könnte, ich bin
mehr von mir ausgegangen, wie ich es sehen möchte. Inzwischen
glaube ich, die fruchtbarste Zusammenarbeit entsteht, wenn man
Schauspielern zuschaut, wo ihre Möglichkeiten oder ihre Begren­
zungen sind, und indem man versucht, die Figur und den Schau­
spieler deckungsgleich zu bekommen.
Erzählen Sie mal, wie das funktioniert?
Man hat seine Vorstellungen, aber man ist oft ratlos, weil man
nicht weiß, wie man so was erzählen soll, und dann sind alle ge­
meinsam ratlos. In Wahrheit ist das eine sehr konstruktive Phase.
Man greift nach einem Strohhalm, dann probiert man was aus,
und dann bricht das ganze Kartengebäude wieder zusammen,
man hangelt sich hoch, versucht irgendwie Luft zu kriegen, und
plötzlich ist dann doch was da, und ich bin dann sehr überrascht.
Manchmal kontrolliere ich jeden Fingerzeig, jeden Blick, und
manchmal lass ich auch rennen und laufen, um die ganze Bau­stelle
überhaupt erst einmal zu sehen.
Ist die Bühne Teil der Baustelle?
Wir bewegen uns in einem Portal von vierzehn mal sechs Metern.
Das bringt lauter spannende Fragen: Wie schaffe ich es, die Kon­
zentration der Menschen auf eine Figur lenken, wie schaffe ich es,
eine gewisse Brüchigkeit oder Kompaktheit, wie schaffe ich es,
Aufmerksamkeit zu erzielen? Was muss geschehen, um Neugier
zu erwecken? Das sind sehr schwierige Mechanismen, mit denen
wir umgehen können.
Welche Instrumente nutzen Sie?
Alle Komponenten, die kompositorische Kraft haben. Laut, leise,
schnell und langsam, hell und dunkel, vorn und hinten oder die
Seiten, das sind alles kompositorische Elemente, mit denen man
Spannung erzeugen kann. Und dann lernt man: Das Spannende
ist auch psychologisch richtig, man kann auch feststellen, dass
man selber zum Medium wird und dass die Dinge in ihrer kom­
positorischen Energie eine psychologische Szene erklären können.
Das bedeutet: Am Ende steht die künstlerische Wahrheit über der
psychologischen Wahrheit.
Matthias Hartmann
Der Theaterregisseur Matthias Hartmann, geboren am 27. Juni 1963 in
Osnabrück, führte nach dem Schauspielstudium in Stuttgart Regie im
Schillertheater Berlin, in Kiel, Mainz und Wiesbaden, am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, am Staatsschauspiel in München und am Zürcher
Schauspielhaus. Er war künstlerischer Leiter am Niedersächsischen Staatstheater in Hannover, Intendant am Schauspielhaus Bochum und am Schauspielhaus Zürich und leitet seit 2009 das Burgtheater in Wien. Er inszeniert seit 2003 auch an großen Opernhäusern und war als Regisseur mit
den Burgtheater-Produktionen Amphitryon (2009), Phädra (2010), Der
Parasit, Krieg und Frieden (2011) und Was ihr wollt (2012) beim Hamburger
Theater Festival zu Gast.
33
Die Schatten werden länger, Henrike Johanna Jörissen als »Lämmchen«
und Nico Holonics als Johannes Pinneberg. Im Hintergrund Peter Schröder
als Mutter und Michael Benthin als Vater Mörschel
»BLOSS NICHT ArBEITSLOS
WErDEN«
michael thalheimer kommt mit einem romanstoff zum hamBurger theater festival.
Im Schauspiel Frankfurt hat er in Koproduktion mit den ruhrfestspielen recklinghausen
Hans Falladas Kleiner Mann – was nun? inszeniert und macht den kleinen Mann zum
zerbrechlichen Helden einer (griechischen) Tragödie.
: T e xT _ u r s u l a k el l er | foTos_ Bi rgi T h u Pfel D
G
rößer könnte der Sprung nicht sein. Michael
Thalheimer, der Minimalist unter den gro­
ßen regisseuren, bringt nach seiner atemberauben­
den, archaisch­wuchtigen Medea vom letzten Jahr zum
ersten Mal einen roman auf die Bühne, Falladas wirk­
lichkeitssatten Gesellschaftsroman Kleiner Mann –
was nun? von 1932.
Mitten in der großen Wirtschaftskrise erschienen,
hat sich dieses luzide Epochenpanorama heute von
neuem aufgeladen mit Gegenwart. Es ist der roman
der Stunde. Schnoddrig, humorvoll und voller Empa­
34
thie für seine Figuren führt Fallada uns schmerzhaft vor Augen,
wie es zugeht zwischen den Menschen, wenn die große Krise ihre
Kinder frisst.
Ein idealer Stoff fürs Theater und eine formale Herausforde­
rung. Thalheimer, Meister der reduktion, der Verdichtung und
der strengen Form, nimmt sie an und begegnet ihr mit den ihm
eigenen ästhetischen Mitteln.
Fern von allem szenischen realismus komprimiert er das
weiträumige Geschehen, streicht alles Atmosphärische und er­
setzt den epischen Gestus durch blitzschnelle Szenenwechsel. In
den Fokus unseres Interesses rückt er ein junges Paar, den Buch­
halter Johannes Pinneberg und sein lebenskluges
»Lämmchen«. Hautnah lässt er uns ihren verzweifelten
Kampf um Würde inmitten einer aus den Fugen gera­
tenen Welt miterleben.
Der Bühnenraum wie immer bei Thalheimer
denkbar minimalistisch und doch ein starkes Zeichen:
ein riesiger rahmen, vorne eine Art Laufsteg, das Ter­
rain der beiden Hauptdarsteller, hinter ihnen eine gro­
ße schwarze Schräge. An ihrem Ende stehen im dunk­
len Hintergrund aufgereiht und zunächst nur als
Silhouetten erkennbar die übrigen Figuren: der Chor.
Er feuert an, er warnt, brüllt oder flüstert bedrohlich.
Dann und wann löst sich eine der Figuren aus dem
Kollektiv und nimmt Gestalt an, um hämisch oder
hilfreich, intrigant oder autoritär, mitfühlend oder ge­
walttätig in das Leben der beiden einzugreifen: Pinne­
bergs halbseidene Mutter, ihr schmieriger Liebhaber,
der tyrannische Chef, der kommunistische Vater, die
gespenstische Vermieterin – in virtuosen Kurzauftrit­
ten grotesk überzeichnete Charaktermasken, die Ab­
gesandten der feindlichen Außenwelt, gegen die sich
Pinneberg und Lämmchen allein auf sich gestellt zu
behaupten versuchen. Und das, ohne sich zu verbie­
gen. Sie sind jung und verliebt und voller Zuversicht,
es gemeinsam zu schaffen. Wenn Pinneberg die Ner­
ven verliert, sein panisches Mantra »Nur nicht arbeits­
los werden!« intoniert, macht ihm sein unerschütter­
liches Lämmchen Mut. Beide sind sie weder fähig noch
bereit, die »Verhaltenslehren der Kälte«, die die Zeit
für sie bereithält, zu lernen.
Und so, sehr naiv und wenig gewappnet, geraten sie unver­
schuldet in die große kapitalistische Entwertungsmaschine, die
Weltwirtschaftskrise. Ein Mahlwerk, das nicht mehr wie einst
von Göttern angetrieben wird, aber so grausam und unerbittlich
wie diese Schicksal spielt, indem es massenweise Menschen aus­
spuckt. Wie ein unausweichliches Verhängnis vollzieht sich der
Niedergang des jungen Pinneberg, und so atemlos folgt das Pub­
likum den Stationen dieses sozialen Abstiegs, als gäbe man ihm da
ein Bild seiner eignen Ängste.
Anders als Fallada lässt Thalheimer seinen zerbrechlichen Hel­
den am Ende kein tröstliches »Wir haben ja uns«. Zu weit voran­
getrieben ist die Auslöschung an Leib und Seele, als dass da an­
deres bliebe als Schweigen und Dunkelheit.
Seine formal strenge, aber hochemotionale Inszenierung gibt
dieser sukzessiven Auslöschung des kleinen Angestellten Pinne­
berg die Würde einer Tragödie. Eingebettet in ein sehr heutiges
Sozialdrama erzählt Thalheimer eine zutiefst anrührende und
tragische Liebesgeschichte.
michael Thalheimer
Michael Thalheimer, geboren am 28. Mai 1965 in Frankfurt, studierte
Schauspiel in der Hochschule der Künste Bern, stand acht Jahre als Schauspieler auf der Bühne und arbeitet seit seinem Debüt als Theaterregisseur
in Chemnitz (1997) mit dem Bühnenbildner Olaf Altmann zusammen. Er inszenierte in Basel, Leipzig und Dresden, am Thalia Theater in Hamburg und
am Deutschen Theater Berlin und ist einer der erfolgreichsten Theaterregisseure. Im vergangenen Jahr kam er schon mit dem Schauspiel Frankfurt und Medea zum Hamburger Theater Festival. In diesem Jahr zeigt er
neben Kleiner Mann – was nun? auch Ödön von Horváths geschichten aus
dem Wiener Wald, eine Inszenierung am Deutschen Theater Berlin.
35
Der König im Saustall
Die Hamburger haben André Jung als fulminanten schauspieler kennen­
Jetzt kommt er zum Staatsbesuch, als König Lear, und zeigt tragische Größe
in einer Inszenierung der Münchner Kammerspiele, die Shakespeares Königsdrama in
einen Bauernhof verlegt. Wahnsinn: Zur Komparserie zählen echte Schweine.
gelernt.
: T e xt _M a rg ot W eb er | Fotos _ J uli an R ö d er
S
ein Unglück kann der Mensch überall finden,
im Palast wie im Schweinestall. Auch in einer
lächerlichen roten Strumpfhose und mit einer Blech­
krone auf dem Kopf. Deshalb erzählen die besten Dra­
men der Weltliteratur vom Schicksal der Verlierer und
Außenseiter, der Grenzgänger und der Wahnsinnigen.
Das wiederum ist das Glück des André Jung. Denn
keiner spielt die Gescheiterten so wie er: herzanrüh­
rend und hauchzart. Sein Lear ist weder Tyrann noch
Berserker, sondern eine verlorene, irrende Gestalt.
Großer Mann ganz klein.
In der Inszenierung von Johan Simons – Regisseur und NochIntendant der Münchner Kammerspiele –, die nun beim Ham­
burger Theater Festival zu sehen ist, sinniert und promeniert er
dreieinhalb Stunden lang als Bauer zwischen Borstenvieh. Seine
Welt: ein Saustall. Schmutzig, hässlich, stinkend. Weiter weg vom
Schiller’schen Ideal des Schönen, Wahren, Guten kann ein Abend
kaum sein – und ist genau deshalb, in all seiner Grobschlächtigkeit
und Derbheit, sehr nah dran am Shakespeare-Theater des 17. Jahr­
hunderts.
Zehn Übersetzungen habe man erwogen, sich schließlich für
die Version des vielfach preisgekrönten Poetik-Professors Frank
Lear (André Jung) im Netz der Intrigen. Links Annette Paulmann (Goneril),
vorn Oliver Mallison (Herzog von Albany) und rechts Thomas Schmauser (Narr)
36
Bild oben: Dialog mit einer Rampensau
Rechts: Lear mit Wolfgang Pregler
als Graf von Kent (links), Kristof van
Boven als Edgar (im Hintergrund) und
Thomas Schmauser als Narr (rechts)
Günther entschieden, erzählt André Jung beim Ge­
spräch im Café: »Er hat einen Ton gefunden, der
schnod­
drig, aber trotzdem präzise ist.« Der nicht
wörtlich, sondern poetisch übersetzt.
Der 59-jährige Luxemburger hat seine Engage­
ments mit Bedacht gewählt, fühlte sich immer aufge­
hoben in »künstlerischen Nestern«, wie er es nennt.
Ein Ensembleschauspieler ist er bis heute geblieben.
»Das hat mit meiner künstlerischen Überzeugung zu
tun. Mit der Frage, wie Kunst eigentlich entsteht.
Spannend wird eine Zusammenarbeit doch erst nach
dem dritten Mal«, sagt er und schaut einen mit diesem
typischen André-Jung-Blick an: ein bisschen humor­
voll, ein bisschen melancholisch.
Sieben Jahre war er am Deutschen Schauspielhaus,
die legendären Marthaler-Inszenierungen Stunde Null
und Kasimir und Karoline sind in Hamburg unverges­
sen. Seit 2004 ist er Ensemblemitglied der Münchner
Kammerspiele, drei Jahrzehnte spielt Jung nun in der
Champions League des deutschsprachigen Theaters.
Was sich seit dem ersten Engagement geändert
hat? Die Haltung zum Beruf, antwortet er. »Als junger
Schauspieler hat man – neben dem Spieltrieb und dem
Versuch, Karriere zu machen – ja auch noch den Trieb,
das Spiel öffentlich zu machen.« Das wandle sich. Die
Beschäftigung mit den Stoffen werde wichtiger. »Heute
geht es nicht mehr darum, wie ich etwas mache, son­
dern was ich mache – und was das mit mir zu tun hat.«
Der sprachlich wie formal polystilistische Tragö­
dienstadl, der bei seiner Premiere am 9. März das Pub­
likum begeisterte, spaltete die Kritik. König Lear auf dem Bauern­
hof, Shakespeare auf der Schlachtbank – die radikale Lesart
überzeugte nicht jeden. Er selbst fuhr für seine Darstellung aus­
schließlich Hymnen ein; die Verrisse sind André Jung trotzdem
nahegegangen. »Nach Premieren lese ich erst einmal gar nichts«,
sagt er. »Da bin ich noch viel zu verletzlich.« Eine Woche später
greife er dann vielleicht zu ausgewählten Rezensionen. Wie alle
großen Schauspieler geht er ohne Schutzhülle durch die Welt.
Auch im Repertoire bleibt eine Inszenierung für ihn ein work
in progress. »Beim Lear bin ich noch lange nicht fertig.« Die inne­
re Ruhe fehle noch. »Ich habe noch zu viel Druck. Das muss alles
noch viel leichter aus mir herauskommen.« Warum er so hart an
sich arbeitet – und das in Dimensionen, die sein Publikum ver­
mutlich kaum noch merkt? »Sonst würde es ja keinen Spaß mehr
machen«, sagt er.
Künstler eben. Die eigenen Maßstäbe sind immer die höchs­
ten.
André Jung
André Jung, geboren am 13. Dezember 1953 in Luxemburg, studierte
Schauspiel an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart, spielte am Theater Basel (1988–1993), in der Ära von Frank Baum­
bauer am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg (1993–2000) und ging
dann ans Schauspielhaus Zürich (Intendant Christoph Marthaler). Seither
gehört er zum Ensemble der Münchner Kammerspiele, das bis 2009 von
Frank Baumbauer und seither von Johan Simons geleitet wird. Jung wurde
zweimal von der Zeitschrift theater heute zum Schauspieler des Jahres
gewählt (1981 und 2002), mit dem Hamburger Schauspielpreis (2000) und
dem Wiener Nestroy Theaterpreis (2009) ausgezeichnet und hat in über
50 Hörspielen mitgespielt.
37
Linke Seite: Johanna Wokalek als Porträt für Sammler, im Großformat 2,52 x 1,49 m auf Barytpapier geprintet und kaschiert,
limitierte Auflage, zu beziehen über über www.klemenshorvath.com
Foto: © Klemens Horvath
: T e xt _Ca ro li n e P e t e rs
Hut ab,
Johanna!
Ich sitze mit einem Journalisten aus Hamburg im CafÉ Schmitz in der Aachener Strasse
in Köln. Es gibt heißen Kaffee, einen enormen Regenschauer und ein Gespräch. Wir reden und
reden und reden über Theater. Irgendwann sind wir bei Tartuffe, bei Luc Bondy, bei den Wiener
Festwochen und bei Johanna Wokalek.
38
© Ruth Walza
W
ie sie eine Art Menschen im Hotel-Time
Warp für mich hergestellt hat, eine Er­
scheinung wie aus dem Kostümkoffer von Greta Gar­
bo. Unglaublich. Das Gespräch bleibt in dieser Johan­
na-Wokalek-Rille hängen, der Journalist fragt, ob ich
das alles nicht aufschreiben wolle.
Ein ungewöhnlicher Gedanke. Während ich selbst
porträtiert werde, soll ich eine Kollegin porträtieren.
Ich bin mir nicht sicher, ob Kollegen über Kollegen
schreiben sollten. Oder überhaupt können. Schließ­
lich sind wir Schauspieler alle so voll von uns selbst;
hat man da überhaupt ein Auge für die anderen?
Im Tartuffe habe ich bei Johanna etwas gesehen,
was ich vorher nur geahnt hatte – in Don Carlos, in der
Katze auf dem heißen Blechdach, in den Rosenkriegen:
eine Art Upper-Class-Noblesse, die sich nicht spielen
lässt. Man kann sie nur haben oder sein. Und da inter­
essieren mich Schauspieler am meisten: Wo sie »sind«
und nicht mehr »herstellen« müssen. Wo ein kluger
Regisseur sie abholt und laufen lässt.
Da steht diese Art Noblesse, diese Herablassung,
diese Souveränität im Wiener Akademie-Theater zwi­
schen Tischen und Stühlen, in einem wundervollen
Dekor, das an Truffauts Film La sirène du Mississippi
erinnert: Dort zwingt Catherine Deneuve den ihr heil­
los verfallenen Jean-Paul Belmondo in grausame Situ­
ationen, bei denen sehr viele Menschen zu Schaden
kommen und er selbst ruiniert wird.
Hier zwingt Frau Wokalek Herrn Voss unter den
Tisch, aus Hochmut seinem Hochmut gegenüber.
Herr Orgon, der Gatte, wagt es, ihrer gnadenlosen
Einschätzung des von ihm bewunderten Tartuffe zu
misstrauen. Das wird er sehr bald bereuen. Bevor der
Hausherr unter den Tisch gezwungen wird, hat sie in
einer Art gemurmeltem Zwischenspiel ihre Angestell­
ten um sich versammelt, sie bemuttert und sich von
ihnen an die Rampe tragen lassen. Bildlich gespro­
chen. Mit einer natürlichen Autorität, mit beiläufiger
Souveränität hebt sie die Teetasse an den Mund und
wird von ihrem Regisseur Luc Bondy, auf diese Art ge­
stärkt, in ihre großen Szenen geschickt, den kommen­
den Triumph über die Männer fest im Blick.
In einer Sekunde der Ruhe, die entsteht, weil Herr
Orgon es zu anstrengend findet, sich auf Knien unter
dem Tisch zu verbergen, frage ich mich kurz – warum
ist ihr Mann so viel älter als sie? Aber wie hat schon
Agnelli gesagt: Die Liebe ist was für Dienstboten. Die
Herrschaften haben tiefgreifendere Gründe, eine Ehe
einzugehen.
Die Kunst der Verführung. Tartuffe (Joachim
Meyerhoff) baggert, Elmire (Johanna Wokalek)
hält ihn auf Distanz
Dann geht es los.
Tartuffe wird von ihr gereizt, geschmeichelt und bedrängt.
Endlich fällt er auf sie rein, bedrängt sie, zu gierig, um zu bemer­
ken, wie er sich durch den Ring führen lässt.
Orgon, der feine Hausherr, muss unterliegen. Statt mit der
Faust auf den Tisch zu hauen, schnappt er darunterkauernd nach
den Enden der Tischdecke wie ein Kind nach den Rockzipfeln der
Mama.
Die gelassene Überlegenheit, die Johanna Wokalek – scheinbar
in der Klemme zwischen Voss/Versteck/Tisch und zudringli­
chem Meyerhoff/Tartuffe – ausstrahlt, das ist, was man nicht dar­
stellen kann: Klasse. Klasse, die man haben oder sein kann. Wo
auch immer Johanna Wokalek die entwickelt hat in den letzten
Jahren auf ihrer Reise durch Klassik und Kino, von Emilia Galotti
im Burgtheater über Gudrun Ensslin und die Päpstin im Film und
bis hierher: Was ihr gelingt, ist weibliche Souveränität ohne sicht­
bare Pose. Hier steht eine Dame auf der Bühne, beherrscht die
Lage, die Situation, ihre Gefühle. Und sie beherrscht die Männer,
denen die Gefühle durchgehen, zusammen mit den Nerven.
Für solche Frauen morden Männer und wissen nicht mehr,
was sie tun. Weil sie endlich frei sind und nicht mehr führen müs­
sen, denn sie werden geführt. An der Nase durch den Ring.
Hut ab, Johanna!
Johanna Wokalek
geboren am 3. März 1975 in Freiburg, studierte Schauspiel am Max-Reinhardt-Seminar in Wien, debütierte 1996 bei den Wiener Festwochen, ging
ans Theater Bonn und ist seit 1999 Burgschauspielerin. Sie spielte in zahlreichen Filmen wie Der Baader-Meinhof-Komplex, Nordwand oder Die
Päpstin und Fernsehserien wie Der Laden und Bella Block. Sie wurde unter
anderem mit dem Alfred-Kerr-Darstellerpreis, dem Nestroy-Theaterpreis,
dem Bayerischen Filmpreis und dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet.
Beim Hamburger Theater Festival ist sie als Elmire Orgon in Molières
­Tartuffe zu sehen, einer Koproduktion der Wiener Festwochen mit dem
Burgtheater unter der Regie von Luc Bondy.
39
Das Programm
© Arno Declair
Die Geschichte vom Geschlecht der
Labdakiden ist einer der zentralen
­Mythen der griechischen Antike und
damit der Erfindung des Theaters. Die
»Großen Drei« der antiken Dramatik –
Sophokles, Aischylos und Euripides –
haben mit ihren Stücken König Ödipus,
Sieben gegen Theben, Die Phönizierin­
nen und Antigone die dramatische
Chronik einer Generationenfolge ge­
schaffen. Sie erzählt die Saga einer
­Königsfamilie um Ödipus, seiner riva­
lisierenden Söhne Eteokles und Poly­
neikes und seiner Töchter Antigone
und Ismene. Zentrum ist die Stadt The­
ben, deren machtpolitisches Überleben
mit dieser Familie eng verzahnt ist.
­Prägende Muster von Störung und Zer­
störung zeigen sich in der Geschichte
dieses Königshauses, in dem Gewalt
Gewalt gebiert, Macht Gegenmacht
­herausfordert und Angst Angst provo­
ziert. Selbst der Staatsmann und Ver­
nunftkönig Kreon, der am Ende des
Mordens an die Macht kommt, ver­
sucht seine vermeintliche Schwäche
durch Überhärte wettzumachen – und
zerstört so die Stadt, für deren Erhalt
er angetreten war.
Ödipus Stadt, die Geschichte The­
bens und ihrer Herrscher, führt im
Dreischritt in die Katastrophe. Der
Blick hebt sich über die großen Einzel­
helden hinaus auf die Zusammenhänge
von Mensch, Macht und Mythos.
40
»Ein wahnsinnstolles Stück Spiel.«
Neues Deutschland
Ödipus: Ulrich Matthes
Kreon: Susanne Wolff
Iokaste: Barbara Schnitzler
Teiresias: Felix Goeser
Eteokles: Elias Arens
Polyneikes: Moritz Grove
Antigone: Katrin Wichmann
Ismene: Felicitas Madl
Menoikeus/Haimon: Thorsten Hierse
Bote aus Korinth: Elias Arens
Hirte: Moritz Grove
Knappe von Eteokles: Felicitas Madl
Wächter: Moritz Grove
Kinderstimmen: Selma-Lou Haß, Tilly
Barnes
Regie: Stephan Kimmig
Bühne: Katja Haß
Kostüme: Johanna Pfau
Musik: Michael Verhovec
Übersetzung: Gregor Schreiner
Dramaturgie: John von Düffel
Eine Produktion des Deutschen Theaters Berlin
Eine Produktion des Burgtheaters Wien
Eine Produktion des Schauspiels Frankfurt, eine Koproduktion mit
den Ruhrfestspielen Recklinghausen. Eine Kooperation mit Kampnagel
© Birgit Hupfeld
»In einem […] vehementen Minimalis­
mus werden Worte, Blicke, Gesten wie
Schwerter gekreuzt, die Emotionen
schlagen Funken. Ulrich Matthes als
Ödipus etwa baut seine Reden zu Hör­
spielen voller Hochmut, Panik und
Grauen aus. […] Susanne Wolff zeigt
diesen bald aufsteigenden Politprofi
[Kreon] aus der zweiten Reihe mit famo­
ser Lust an der eitlen Raserei, die sich bis
zur selbstzerstörerischen Egomanie
hochschaukelt.« FAZ
»Wenn sich Matthes/Ödipus an den Tot­
schlag erinnert, fiebert er sich in einen
Gewaltrausch, der seinen ganzen Aske­
tenleib zum Beben bringt. Und wenn er
sich ob der endlich erkannten Tragik die
Augen aussticht, bricht aus seinem auf­
gerissenen Mund ein stummer Schrei
aus, höhlenhaft grässlich und leer wie
bei Edvard Munch. Bei allem Jähzorn
hier, bei allem Wimmern da – nie unter­
läuft Matthes auch nur ein falscher Ton,
immer beglaubigt er mit allen Fasern
das unermessliche Leid, dessen er sich
gerade innewird.«
Stuttgarter Zeitung
: Ödö n vo n H o rvá t h
GESCHICHTEN AUS DEM WIENER WALD
Fr., 25. Oktober 2013, Beginn 20 Uhr
Aufführungsdauer ca. 2 Stunden, 10 Minuten, keine Pause
Im Thalia Theater, Alstertor, 20095 Hamburg
: Anto n Tschechow
ONKEL WANJA
Mo., 21. Oktober 2013, Beginn 19 Uhr,
Di., 22. Oktober 2013, Beginn 18 Uhr
Aufführungsdauer ca. 2 Stunden, 45 Minuten, eine Pause
Im Thalia Theater, Alstertor, 20095 Hamburg
Unerschrocken und scheinbar uner­
müdlich verteidigt die junge Emma,
genannt Lämmchen, die Liebe zu ihrem
Mann gegen alle äußeren Widrigkeiten.
Doch Pinneberg, ein einfacher An­
gestellter, rutscht immer tiefer in die
Arbeitslosigkeit, der soziale Abstieg
scheint unentrinnbar.
Die Weltwirtschaft läuft aus dem
Ruder, der Konkurrenzdruck am Ar­
beitsplatz steigt, Menschen entwickeln
sich zu Raubtieren, die Gesellschaft
­radikalisiert sich. Falladas Roman aus
dem Jahr 1932 fragt nach Möglichkeiten
von Solidarität und individuellem
Glück angesichts einer Gesellschaft,
die von ökonomischen Zwängen be­
herrscht wird.
»Für zwei Stunden hat das Theater die
Zeit aufgehoben – und damit die Wahr­
heit vor aller Augen gestellt.« FAZ
»… mit radikalster Nüchternheit in
­Szene gesetzt und in den beiden Haupt­
figuren großartig besetzt und hinrei­
ßend gespielt.«
Süddeutsche Zeitung
»Ein packender, zutiefst bewegender
Theaterabend, der Entscheidendes
­besitzt: Relevanz.«
Frankfurter Neue Presse
Nico Holonics: Johannes Pinneberg
Henrike Johanna Jörissen: Emma
M­örschel, genannt Lämmchen
Peter Schröder: Mutter Mörschel /
Jänecke
Michael Benthin: Vater Mörschel /
Jachmann
Andreas Uhse: Witwe Scharrenhöfer /
Kessler
Thomas Huber: Emil Kleinholz
Martin Rentzsch: Lauterbach/Heilbutt
Till Weinheimer: Schulz/Lehmann/
Emil
Anne Schirmacher: Marie Kleinholz
Stephanie Eidt: Mia Pinneberg
Josefin Platt: Seifenfrau / Frau Rusch
Regie: Michael Thalheimer
Bühne: Olaf Altmann
Kostüme: Nehle Balkhausen
Musik: Bert Wrede (unter Verwendung
des Motivs aus »Le vent, le cri« von
­Ennio Morricone)
Chorleitung: Marcus Crome
Licht: Johan Delaere
Dramaturgie: Sibylle Baschung
© a Declair
Eine Produktion des Deutschen Theaters Berlin.
Eine Kooperation mit Kampnagel
: Hans Fallada in einer Fassung von Michael Thalheimer
und Sibylle Baschung
KLEINER MANN – WA S NUN?
Sa., 19. Oktober 2013,
So., 20. Oktober 2013
Beginn jeweils 19:30 Uhr
Aufführungsdauer: ca. 2 Stunden, keine Pause
Auf Kampnagel, K6, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg
© Reinhard Werner / Burgtheater
: So p ho kl es, E u r i p i d es, Ai schy los
ÖDIPUS STADT
Sa, 12. Oktober 2013,
So., 13. Oktober 2013
Beginn jeweils 19.30 Uhr
Aufführungsdauer: ca. 2 Stunden, 30 Minuten, keine Pause
Auf Kampnagel, K6, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg
Seit 25 Jahren verwaltet Iwan Petro­
witsch Wojnizkij den Besitz seiner
Schwester Vera. In der Zwischenzeit
starb die geliebte Schwester, und das
Erbe fiel an ihre Tochter Sofja Alexand­
rowna. Der tatsächliche Nutznießer
von Wojnizkijs Arbeit aber ist Sofjas
Vater, Professor Serebrjakow. Seit er
nach dem Tod seiner ersten Frau eine
andere, dreißig Jahre jüngere geheiratet
hat, die auch Onkel Wojnizkij aus­
nehmend gut gefällt, sind diesem die
Augen aufgegangen: Der Professor ist
ein Hochstapler und Betrüger. Auch
Wojnizkijs bester Freund ist ein ent­
täuschter Idealist: Der Arzt Astrow
kam einst in die Provinz, um hier das
Leben der Menschen zu verbessern und
die Wälder zu beschützen – auch nicht
einfach …
»Hier wird großes, lautes Theater ge­
zeigt, und zugleich gelingt es, die Ver­
hältnisse feinsinnig sichtbar zu machen.
Alle Akteure tänzeln virtuos auf dem
Grat zwischen Tragik und Komik.«
Salzburger Nachrichten
»[Eine] aberwitzige, zum Lachen
schreckliche, tieftraurige HochtempoKomödie, die Hartmann in Tschechows
Text freilegte.« Kurier
Alexander Wladimirowitsch Serebrja­
kow, Professor im Ruhestand: Gert
Voss
Elena Andrejewna, seine junge Frau:
Caroline Peters
Sofja Alexandrowna, seine Tochter aus
erster Ehe: Sarah Viktoria Frick
Marja Wassiljewna Wojnizkaja, Mutter
der ersten Frau des Professors: Barbara
Petritsch
Iwan Petrowitsch Wojnizkij, ihr Sohn:
Nicholas Ofczarek
Michail Ljwowitsch Astrow, Arzt:
Michael Maertens
Ilja Iljitsch Telegin, ehemaliger Gutsbe­
sitzer: Branko Samarovski
Marina Timofejewna, eine alte Kinder­
frau: Elisabeth Orth
Regie: Matthias Hartmann
Bühnenbild: Stéphane Laimé
Kostüme: Tina Kloempken
Licht: Peter Bandl
Dramaturgie: Andreas Erdmann,
Ursula Voss
Marianne soll den Fleischhauer Oskar
heiraten, einen wohlhabenden, an­
ständigen Mann. Doch es zieht sie zu
Al­f red, der sich bisher mithilfe von
Frauen und Pferdewetten über Wasser
hielt. Gegen alle Widerstände werden
die beiden ein Paar. Ein Jahr später
müssen sie erkennen, dass sich ihr
Traum von Liebe und Zusammenhalt
nicht erfüllt …
Mit dem Volksstück Geschichten aus
dem Wiener Wald, 1931 am Deutschen
Theater Berlin uraufgeführt, hat Hor­
váth höchste Anerkennung sowie
­heftigste Ablehnung erfahren. Düster
und böse sind seine Menschenzeich­
nungen, wenngleich süßliche Lieder
die Szene bestimmen, schäbig der Kern,
der hervortritt, wenn den Figuren ihre
Masken heruntergerissen werden. Die
Horváth’schen Menschen sind Verlore­
ne in einer ordnungslosen Zeit.
»Es ist – mir zumindest – kein Abend er­
innerlich, an dem Thalheimer, der große
Schwerkraftfinder des deutschen Regie­
theaters, einen derart leichten, schillern­
den, komödiantischen Reigen inszeniert
hätte.« nachtkritik.de, Chris­
tian Rakow
fulminanten Katrin Wichmann wahn­
witzig hoffnungsfroh und grandios
scheiternd als ein von sämtlichen Mühl­
steinen der Erde zermalmtes Sternen­
talermädchen gespielt …« FAZ
»… schlichtweg großartig.«
Der TagesspiegEL
Marianne: Katrin Wichmann
Alfred: Andreas Döhler
Zauberkönig: Michael Gerber
Valerie: Almut Zilcher
Oskar: Peter Moltzen
Die Großmutter: Simone von Zglinicki
Die Mutter: Katrin Klein
Rittmeister: Harald Baumgartner
Erich: Moritz Grove
Havlitschek: Henning Vogt
Der Mister: Jürgen Huth
Ida: Georgia Lautner
Regie: Michael Thalheimer
Kostüme: Katrin Lea Tag
Musik: Bert Wrede
Dramaturgie: Sonja Anders
Licht: Robert Grauel
Ton: Wolfgang Ritter
»… Marianne, deren Glück schon zer­
fällt, während sie danach greift, von der
41
Das Programm
: Mo li è re , n e ue Üb e rs e tzun g und Be a rb e i t un g vo n
Luc Bo ndy und P e t e r St e p ha n Jun g k
TARTUFFE
Di., 5. November 2013,
Mi., 6. November 2013
Beginn jeweils 20 Uhr
Aufführungsdauer ca. 2 Stunden, 15 Minuten, keine Pause
Auf Kampnagel, K6, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg
: Bertolt Brecht
BA AL
Do., 31. Oktober 2013,
Fr., 1. November 2013
Beginn jeweils 20 Uhr
Aufführungsdauer ca. 1 Stunde, 10 Minuten, keine Pause
Im St. Pauli Theater, Spielbudenplatz 29–30, 20359 Hamburg
: Wi lli a m S h a k es p e a r e
KÖNIG LE AR
Mo., 28. Oktober 2013, Beginn 19 Uhr
Aufführungsauer ca. 3 Stunden, 45 Minuten, eine Pause
Im Thalia Theater, Alstertor, 20095 Hamburg
Eine Produktion der Münchner Kammerspiele
Eine Produktion des Brechtfestivals Augsburg
: T e xt fass un g vo n A m e ly Joa n a H aag u nd M atth ias H art mann
TROJA
Sa., 9. November 2013,
So., 10. November 2013
Beginn jeweils 18 Uhr
Aufführungsdauer: ca. 4 Stunden, 30 Minuten, zwei Pausen
Auf Kampnagel, K6, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg
Eine Produktion des Burgtheaters Wien. Eine Kooperation mit Kampnagel
Eine Koproduktion der Wiener Festwochen mit dem Burgtheater Wien.
Eine Kooperation mit Kampnagel
konkrete und gesellschaftlich bekannte
Personen, Gruppen und Konföderatio­
nen porträtierte. Das Publikum wusste,
wer da gemeint war.
König Lear ist alt und des Regierens
müde. Er hat beschlossen, sein Reich
unter seinen drei Töchtern aufzuteilen.
Aber der alte Monarch macht aus der
Verteilung einen Liebestest: Wer
mich am meisten liebt, bekommt das
größte Stück Land. Zweimal läuft es
gut, aber dann verweigert sich die
jüngste Tochter – wahre Liebe ist kein
Tauschhandel.
König Lear ist die vielleicht dunkels­te
Tragödie Shakespeares. In ihr ergrün­
det er auf grausame Weise das Leiden;
das Leiden des einzelnen Menschen,
das Leid der Welt. Ecce Homo. Seht
den Menschen, wie er ist. Mit seiner
Gewalt, Macht und Zerstörung – aber
auch mit seiner enormen Kraft, seinen
Mitmenschen zu vergeben. Um sie zu
retten vor zu viel Selbsthass.
»So simpel und klar kann Theater sein –
und so bewegend.« dpa
»Wer Johan Simons’ Arbeiten kennt,
weiß: Dieser Mann kennt kein Pardon,
fürchtet weder Pathos noch Gefühl.
Empathie kommt bei ihm vor Distanzie­
rung und Analyse. Im Zweifel immer
für den Angeklagten.«
Frankfurter Rundschau
42
»Da gibt es Pathos, Witz, Tragik,
große Gesten, kurz: Menschen, Tiere,
Sensationen.«
Bayerische Staatszeitung
Lear: André Jung
König von Frankreich / Herzog von
Albany: Oliver Mallison
Herzog von Cornwall / Oswald /
Hauptmann: Lasse Myhr
Graf von Kent: Wolfgang Pregler
Graf von Gloucester: Peter Brombacher
Edgar: Kristof van Boven
Edmund: Stefan Hunstein
Narr: Thomas Schmauser
Goneril: Annette Paulmann
Regan: Sylvana Krappatsch
Cordelia: Marie Jung
Regie: Johan Simons
Bühne: Bert Neumann
Kostüme: Nina von Mechow
Licht: Lothar Baumgarte
Dramaturgie: Koen Tachelet
Thomas Thieme spielt Brecht. Ausge­
sucht dazu hat er sich das Drama, das
Brecht über Jahrzehnte begleitet hat:
Baal. In dessen Zentrum steht der ego­
manische Künstler, der auf Kosten der
Gesellschaft lebt – hemmungslos,
­gierig, (selbst-)zerstörerisch. Warum
schreibt ein Großer wie Bertolt Brecht
fünf Fassungen dieses Stoffes? Was än­
dert er von Mal zu Mal, was ergänzt er,
was lässt er weg? Warum kann er gera­
de sein Jugendwerk nie loslassen? Es ist
eine theatralisch-musikalische Spuren­
suche, auf die Thomas Thieme von
­seinem Sohn Arthur und dessen Bass­
gitarre begleitet wird. Die dicken Öl­
farben bleiben dabei in der Kiste, der
Stift und das weiße Blatt Papier sind
Arbeitsmaterial. Leicht muss es wer­
den, melancholisch, anarchisch – musi­
kalisch. Von der Bühne in den Saal und
zurück wird gerufen: »Glotzt nicht so
romantisch!«
»Jeder Atemzug, jedes Wispern, jede
Pause trafen so exakt wie jeder Gitar­
renton auf Worte, Stimmung und Bilder.
[…] Ein großer, viel beklatschter Abend
für Brecht und ein Abend, der zeigt, was
Theater wirklich sein kann.«
Donaukurier
»Das ist von einer großen, betörenden
Schwermut ebenso wie von schlagender
Wucht […] Ein berührender Abend, eine
große ›Baallade‹.«
Süddeutsche Zeitung
Mit Thomas Thieme
Musik: Arthur Thieme
Regie: Thomas Thieme
Tartuffe, Molières begabter Verfüh­
rungs- und Verstellungskünstler,
macht sich im Haus des vermögenden
Orgon vollkommen unentbehrlich, in­
dem er vorgibt, dessen Defizit an Le­
benssinn mit Religion zu füllen. Der
Hausherr und mancher andere sind
ihm sofort verfallen. Mit dem hypnoti­
schen Bann eines Sektenführers dringt
Tartuffe ein in alle Geheimnisse der Pa­
riser Bürgerfamilie, deren Oberhaupt
ihm in kompletter, lächerlicher Selbst­
verleugnung folgt, sogar Haus und Ver­
mögen überschreibt.
Womit wirbt ein heutiger Tartuffe,
wie macht er die Orgons von heute von
sich abhängig? Ziele und Eigenschaften
sind sicher gleich geblieben, teilweise
auch die Methoden, dem Narzissmus
des anderen zu schmeicheln, allerdings
mit schickeren Sinnstiftungen als der
Religion. Die heutigen Tartuffes sind
keine Einzelgänger mehr, die Schmei­
chelei, der Opportunismus, die Heu­
chelei sind akzeptierte Schmiermittel
eines jeden Karrieristen, wenn auch
selten so perfekt geplant und durch­ge­
führt wie in der Komödie aus dem
17. Jahrhundert.
Fast alle Komödien von Molière lös­
ten bei ihrer Uraufführung Skandale
aus, weil ihr Autor nicht nur unange­
nehme Eigenschaften wie hier die reli­
giöse Heuchelei attackierte, sondern
»Luc Bondy ist ein Meister der Men­
schenbeobachtung und, in der Um­
setzung auf der Bühne, ein Verfechter
der kleinen Geste. Mit dem bis in die
kleinsten Nebenrollen ausgesucht
­exzellenten Ensemble gelingt ihm mit
diesem ›Tartuffe‹ ein Schauspielerfest.«
­T iroler Tageszeitung
Orgon: Gert Voss
Elmire, seine Frau: Johanna Wokalek
Damis, sein Sohn: Peter Knaack
Marianne, seine Tochter: Adina Vetter
Madame Pernelle, seine Mutter: Ger­
traud Jesserer
Cléante, sein Schwager: Philipp Hauß
Valère, verlobt mit Marianne: Peter
Miklusz
Tartuffe: Joachim Meyerhoff
Dorine, Mariannes Zofe: Edith Clever
Loyal, ein Gerichtsvollzieher: Klaus
Pohl
Ein Polizeibeamter: Michael König
Flipote, Dienerin von Madame Per­
nelle: Coco König
Dienstmädchen bei Orgon: Ulrike
Hübl
Diener von Tartuffe: Bernhard Mendel,
Tobias Margiol
Regie: Luc Bondy
Bühne: Richard Peduzzi
Kostüme: Eva Dessecker
Licht: Dominique Brugière
Dramturgie: Andrea Vilter
© Reinhard Werner/Burgtheater
»Bondy […] macht aus dem ›Tartuffe‹
nicht Politik, sondern Psychologie: ein
Kammerspiel aus Lüge und Wahrheit.«
Die Welt
© Ruth Walz
© Diana Deniz
© Julian Röder
»Voss hält die Tragödie groß, einsam und
unnachahmlich, berstend sozusagen vor
Hirnriss-Virtuosität, als gigantisches
Verzweiflungssolo aus. Er trägt sie.« FAZ
Endlich Frieden in Troja. Nach 10 Jah­
ren. Kein Grieche mehr weit und breit.
Kein Schiff mehr am Horizont. Nur
noch ein gigantisches, hölzernes Pferd
am Strand: Gottesgeschenk oder
Kriegsmaschine? Doch da bewegt sich
etwas, ein zurückgelassener Grieche
sitzt zusammengekauert an einem Fuß
des Pferdes, zitternd. Er wird den Tro­
janern eine atemberaubende Version
seiner Geschichte erzählen.
An diesem Theaterabend kommen ver­
schiedenste Stimmen zu Wort. Sie alle
erinnern an Fragmente des ältesten
verschriftlichten europäischen Mythos.
Sinon, Hekabe, Priamos, Paris, Hera,
Athene, Aphrodite, Kassandra, Helena,
Menelaos, Iphigenie, Agamemnon,
Klytämnestra, Hektor, Andromache,
Odysseus, Zeus, Archilles, Patroklos …
Stimmen von 660 vor Christus treffen
auf Stimmen unserer Gegenwart. Sie
erzählen, kollektiv und dennoch kon­
trovers, davon, dass die Menschen – so
scheint es – Spielbälle der Götter sind
und in einer nicht enden wollenden
Verkettung von Zerstörung und Selbst­
zerstörung verstrickt sind.
»Matthias Hartmann und sein hoch motiviertes Ensemble machen viereinhalb
Stunden lang ganz großes Theater: ›Das
Trojanische Pferd‹ ist Bühnenspiel pur. Die
Dramaturgin Amely Joana Haag warf ein
Treibnetz über die enorme Literatur zum
Thema. [...] Aus dieser Collage entstand
ein zauberhafter Theaterabend voller
Tragödien, machistischer Rituale, Blut,
Geschlechter-Weisheit und auch voll
Witz.«
Kleine Zeitung
»Aber dann geht dieses ungeheuer bilder­
reiche, aus vielen verschiedenen Perspek­
tiven und Textfragmenten zusammenge­
setzte Hartmann-Theater los [...]
17 virtuose Schauspieler spielen 33 Rol­
len, das heißt: Sie schlüpfen (scheinbar)
improvisatorisch in die Rollen hinein und
ebenso selbstverständlich wieder heraus.«
Deutschlandradio
»›Das Trojanische Pferd‹ ist als Stück
grausam, wild, maßlos, zart und auch
sehr komisch. Und es ist vor allem eine
Hommage an den Zauber des Theaters.«
Kurier
»So klar und plausibel wird die Geschichte
um den elendslangen, nur mit einer List
beendeten Krieg selten erzählt.« Der
Standard
mit
Therese Affolter, Bernd Birkhahn, Franz
J. Csencsits, Sven Dolinski, Stefanie
Dvorak, Lucas Gregorowicz, Sabine
Haupt, Philipp Hauß, Daniel Jesch,
­Fabian Krüger, Oliver Masucci, Juergen
Maurer, Christiane von Poelnitz, Sylvie
Rohrer, Catrin Striebeck, Adina Vetter,
Sara Zangeneh
Regie: Matthias Hartmann
Bühnenbild: Jan Lauwers
Kostüme: Victoria Behr
Musik: Joeri Cnapelinckx, Karsten Riedel
Video: Moritz Grewenig, Hamid Reza
Tavakoli
Licht: Peter Bandl
Dramaturgie: Amely Joana Haag
43
Die Dichterin, Theaterregisseurin und Schauspielerin
Emine Sevgi Özdamar
DI E FÖrDErEr:
DI E SPONSOrEN:
Hildegard und Franz Günter Wolf
Gebr. Heinemann SE & Co. KG
Annegret und Claus­G. Budelmann
Otto Wulff Bauunternehmung GmbH
Martha Pulvermacher Stiftung
Hamburg Team Gesellschaft für Projekt­
entwicklung mbH
Bertram rickmers, Hamburg
Aug. Bolten Wm. Miller’s Nachfolger
ZEIT­Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius
BMW Niederlassung Hamburg
Barbara und Ian K. Karan
© Thilo Rückeis/Tagesspiegel
DAS HAMBUrGEr T HEATEr FEST IVAL DANK T
DEN FÖrDErErN UND SPONSOrEN
WAS KANN
THEATEr ?
Die festivalakademie des hamburger theater festivals bietet, dank großzügiger Unterstützung
durch die ZEIT­Stiftung, Studierenden der Theaterakademie Hamburg und der interessierten Öffent­
lichkeit die Gelegenheit, Künstler abseits der Bühne kennenzulernen, von ihnen zu lernen, mit ihnen
zu diskutieren.
Ernst Komrowski reederei KG
Christa und Nikolaus W. Schües, Hamburg
Hamburger Sparkasse AG
Marlies und Franz­Hartwig Betz
Die haspa macht’s möglich: schüler,
studierende und Jugendliche zahlen 10,– €
für eine eintrittskarte. mit dem haspaJoker
intro oder unicus sparen sie noch einmal.
Susanne und Dirk Martin Wogart
Cornelia Herz
Sabine und Dr. Klaus Landry
MEDI ENPArTNEr
DE S FE ST I VAL S:
Inge und Dr. Gerhard Groh
NDR Hamburg Journal
Studio Hamburg GmbH
NDR 90,3
NDR Kultur
Adolf Weber KG
Heribert Diehl
»freuNDe Des fesTivals «
Alfred Toepfer Stiftung F. V. S
Amelie und Dr. Thomas Guth
Dr. Cornelius Liedtke
Familie Dammann, Hamburg
Groothuis.
Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH
Hamburg Berlin | www.groothuis.de
sowie drei weitere anonyme Spender
44
Werden Sie ein Freund des Hamburger Theater Festivals und helfen Sie so, die
Theaterlandschaft unserer Hansestadt noch abwechslungsreicher zu gestalten.
Als Freund unterstützen Sie den Fortbestand des Hamburger Theater Festivals
und werden Teil dieser einmaligen Initiative – und sichern sich so gleichzeitig
garantiert beste Karten.
Die »ersten Freunde des Festivals« sind (Stand August 2013):
Gil und Dr. Martin Buchholz
Dr. Anne Holtwick und Johann Schwenn
Dagmar Schmeding
Karl-L. Widow
sowie zwei weitere anonyme »Freunde des Festivals«
Mit einem Mindest-Förderbetrag von 500 € können Sie
»Freund des Festivals« werden.
Für weitere Informationen kontaktieren Sie uns bitte unter
Tel.: + 49 (0)40 . 360 98 434
oder per E-Mail an: [email protected]
Z
wischen den Welten« lautet der Titel, den Emine Sevgi
Özdamar ihrem Auftritt gegeben hat, Lesung und Ge­
spräch zum schöpferischen Umgang mit Fremdheit. Die Dichte­
rin, Theaterregisseurin und Schauspielerin türkischer Herkunft
gilt als Mutter migrantischer und postmigrantischer Kunst in
Deutschland. Am 10. August 1946 in Malatya geboren, kam sie
mit 19 Jahren zum ersten Mal nach Deutschland, ohne die Sprache
zu kennen. Sie arbeitete in einer Fabrik in Westberlin, studierte
Schauspiel in Istanbul und begann, beeindruckt von Heinrich
Heine und Bert Brecht, in Ostberlin an der Volksbühne erste The­
atertexte zu schreiben. Bald folgt ihr erster roman Karriere einer
Putzfrau – erinnerungen an Deutschland. Sie geht als Doktorandin
an die Pariser Universität 8 Vincennes­St.­Denis, war als Schau­
spielerin Mitglied des berühmten Bochumer Ensembles unter
Claus Peymann und spielte an den Münchner Kammerspielen. Sie
stand in Spielfilmen wie Doris Dörries Happy Birthday, Türke!
und Hark Bohms yasemin vor der Kamera, schreibt romane und
Erzählungen. Als Schriftstellerin wurde sie unter anderem 1991
mit dem Ingeborg­Bachmann­Preis, 2005 mit dem Heinrich­von­
Kleist­Preis und 2009 mit dem Fontane­Preis ausgezeichnet. Sie
ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
Ihr vorerst letztes Theaterstück Perikizi über ein türkisches Mäd­
chen auf der Flucht nach Europa hatte 2010 im rahmen der Kul­
turhauptstadt Europas im ruhrgebiet Premiere und wurde seit­
dem oft nachgespielt.
Zu den Gästen der Festivalakademie zählt auch André Jung,
der Darsteller des Lear in Johan Simons Inszenierung der Münch­
ner Kammerspiele (siehe auch Seite 36), der über seine Erfah­
rungen mit diesem vielleicht Schwierigsten unter Shakespeares
Königsdramen berichten wird.
Von den »world wide web slums« des rené Pollesch im Ham­
burger Schauspielhaus über die Kommissarin in Mord mit Aussicht,
von der Berliner Volksbühne bis zum Wiener Burgtheater reicht das
Spektrum der Schauspielerin Caroline Peters, die als Jelena in Onkel
Wanja in Hamburg zu sehen sein wird (siehe auch Seite 20). Die Fes­
tivalakademie lädt zu einem Vortrag und Gespräch mit der Künstle­
rin.
TErMI NE 2013
Festivalakademie in der Hochschule für Musik und Theater |
Harvestehuder Weg 12, 20148 Hamburg | Eingang Milchstraße
23. Oktober, 11.00 Uhr
Caroline Peters – Vortrag und Gespräch zu Schauspielformen:
Performance oder Figur?
26. Oktober, 19.30 Uhr
27. Oktober, 11.00 Uhr
Zwischen den Welten. Emine Sevgi Özdamar liest aus ihrem
dramatischen und epischen Werk und diskutiert mit dem Publikum
über Literatur und Theater im Spannungsfeld zweier Kulturen
29. Oktober, 11.00 Uhr
André Jung – Gespräch und Diskussion mit dem Lear­Darsteller
zum Thema: Beruf und Berufung: Schauspieler
Eintritt:
Nur die Lesung von Özdamar am Samstagabend kostet Eintritt!
Karten an der Abendkasse – Eintritt 10,– € | ermäßigt 5,– €
45
Kuratorium und Stiftung
SCHIRMHERRin des hamburger theater festivals
Prof. Barbara Kisseler, Kultursenatorin der Freien und Hansestadt Hamburg
Das Festival wird getragen von der Stiftung Hamburger Theater Festival. Die Mitglieder des Kuratoriums
und des Vorstandes der Stiftung unterstützen das Festival nachhaltig und begleiten seine weitere Entwicklung.
Sie setzen sich in ihrem jeweiligen Umfeld als »Botschafter« für die Idee des Festivals ein.
Die Mitglieder des Kuratoriums:
Peter Schwartzkopff (Vorsitzender), Franz Günter Wolf (Stellv. Vorsitzender), Prof. Carl Bergengruen,
Claus-G. Budelmann, Christine Claussen, Dr. Klaus von Dohnanyi, Dr. Karl-Joachim Dreyer,
Prof. Jürgen Flimm, Gunnar Heinemann, Ian K. Karan, Joachim Knuth, Ernst P. Komrowski,
Prof. Dr. Manfred Lahnstein, Jörg Pilawa, Prof. Dr. Hermann Rauhe, Bertram Rickmers, Erik Santer,
Dr. Harald Vogelsang, Stefan Wulff
DER VORSTAND DER STIFTUNG
Dr. Jörg Verstl, Partner in der Kanzlei Asche Stein Glockemann Verstl Wiezoreck, Hamburg
Dr. Kay Jeß, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Partner in der Kanzlei GGV Grützmacher,
Gravert, Viegener
INTENDANZ UND BÜRO
Hamburger Theater Festival
Börsenbrücke 5 – 7, 20457 Hamburg
Tel.: 040 . 360 98 434
Fax: 040 . 360 98 435
Mail: [email protected]
www.hamburgertheaterfestival.de
Intendant: Dr. Nikolaus Besch
Kultur braucht Unterstützung:
Sie können die Entwicklung des Festivals mit Spenden unterstützen. Jeder Betrag hilft!
Selbstverständlich erhalten Sie für Ihre Spende eine Spendenbescheinigung.
Die Kontoverbindung der Stiftung lautet:
Hamburger Sparkasse
Kontonummer: 1280 / 319 318
BLZ: 200 505 50
Kontoinhaber: Andreas Völker, Treuhänder für die Stiftung Hamburger Theater Festival
Impressum
Autoren dieses Heftes: Emanuel Eckardt, Ursula Keller, Wolf­
Herausgeber: Theater Festival Besch GmbH
gang Michal, Anja Michalke, Monika Nellissen, Caroline Peters,
Lithografie: edelweiß publish, Hamburg
Nikolaus Besch (V. i. S. d. P.)
Stefan Schomann, Margot Weber, Eva-Maria Voigtländer
Gesamtherstellung: optimal media GmbH, Röbel
Fotografen: Oskar Anrather, Arno Declair, Peter Gauhe, Oliver
Abb. vermerkt.
Bild- und Copyrightnachweis: wie bei Cover und
Redaktion: Emanuel Eckardt (verantw.), Anja Michalke,
Nora Frank
Konzeption, Gestaltung, Herstellung:
Herrmann, Diana Deniz, Klemens Horvath, Birgit Hupfeld,
Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH
Peter Rigaud, Julian Röder, Herwig Prammer, Jim Rakete, Thilo
Hamburg Berlin | groothuis.de
Rückeis, Gisela Scheidler, Georg Soulek, Hans Klaus Techt,
Rainer Groothuis, Lars Hammer, Carolin Beck
Abisag Tüllman, Ruth Walz, Reinhard Werner
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Titel: Georg Soulek
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BMW i3 mit reinem Elektroantrieb eDrive. Energieverbrauch129 kWh/100 km; Co₂ Emissionen, die bei der Entwicklung/Produktion
des kraftstoffes bzw. anderer Energieträger entstehen, wurden bei der Ermittlung der Co₂ Emissionen nicht berücksichtigt.
Abbildung zeigt Sonderausstattung.