Berlin, Auf der Suche nach dem verlorenen Zentrum
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Berlin, Auf der Suche nach dem verlorenen Zentrum
1 BERLIN AUF DER SUCHE NACH DEM VERLORENEN ZENTRUM Harald Bodenschatz mit Hans-Joachim Engstfeld und Carsten Seifert Herausgegeben von der Architektenkammer Berlin Junius Verlag Hamburg 1995 ISBN 3-88506-255-0 Keine andere Stadt in Deutschland zeigt die Probleme der Wiedervereinigung so unmittelbar wie das ehemals geteilte Berlin. Vor allem der Umbau des historischen Zentrums, der früheren Mitte der Hauptstadt der DDR, ist Ausdruck wie Gradmesser des Zusammenwachsens von Ost und West. Es ist daher nicht verwunderlich, daß gerade der Zentrumsumbau Gegenstand heftigen Streites geworden ist. Dieser Streit konzentriert sich auf einzelne, isolierte Projekte. Das greift zu kurz. Was bislang fehlt, ist eine zusammenfassende Auseinandersetzung mit dem geplanten Zentrumsumbau seit der Wende. Worauf kann und muß sich eine solche Auseinandersetzung stützen? In erster Linie auf die Kenntnis der historischen Besonderheiten des Berliner Zentrums, seiner Vor- und Nachteile, der bisherigen Versuche, das Zentrum zu erneuern, des Erfolgs oder Scheiterns dieser Versuche. Zahlreiche Orte, das zeigt der Blick in die Vergangenheit, waren bereits früher Gegenstand von Umbauplanungen, aber die Erfahrungen mit diesen Prozessen sind weitgehend verschüttet. Daher ist es wichtig, die bedeutendsten Entwicklungsstränge und Planungen in Wort und Bild nachzuzeichnen, um eine Interpretationsfolie für die heutigen Planungen und Projekte zu gewinnen. Das vorliegende Buch will einen Beitrag dazu leisten, das historische Zentrum von gestern, heute und morgen zu verstehen. Damit ist zugleich die Hoffnung verbunden, den Zentrumsumbau selbst zu verändern. Inhalt (ursprüngliche Textfassung, ohne Abbildungen, Stand Juni/Juli 1995) Vorwort von Bruno Flierl 3 Einleitung 5 1. Westwanderung des Zentrums: Zwei Schritte vorwärts, ein Schritt zurück 10 2. Ein städtebauliches Dauerproblem: Die (ehemalige) Altstadt Berlin 44 3. Die alte und neue City: Dorotheenstadt und Friedrichstadt 81 4. Vom Windschatten in den Sturm: Spandauer Vorstadt und Königstadt 116 5. Versuch um Versuch: Zentrumserweiterung West 126 6. Der Kampf um ein Leitbild für das Zentrum von Berlin 147 7. Perspektiven 155 Literatur 174 2 Vorwort von Bruno Flierl Dies ist ein Buch über das historische Zentrum von Berlin, das im Bombenkrieg und danach in der Zeit des Kalten Krieges in großen Bereichen verloren ging, das im geteilten Berlin fast vollständig vierzig Jahre lang Stadtzentrum der Hauptstadt der DDR war und zu diesem Zweck eingreifend verändert wurde und das nun seit der Vereinigung Berlins unter neuen Zielsetzungen umgestaltet wird zum Zentrum der Bundeshauptstadt im vereinten Deutschland. Keine andere Stadt und kein anderes Zentrum einer Stadt in Deutschland tragen die Spuren der deutschen Teilung und offenbaren zugleich die Probleme der deutschen Vereinigung derart unmittelbar wie gerade Berlin und sein Zentrum. Die Autoren - Harald Bodenschatz und seine Mitarbeiter Hans- Joachim Engstfeld und Carsten Seifert - sind sich dessen zutiefst bewußt. Ihrer Auffassung nach kann es und darf es nicht darum gehen, das verlorene Berliner Zentrum durch Rückbau in die Vergangenheit vor dem Krieg und damit auch vor der DDR wiedergewinnen zu wollen. Vielmehr gehe es darum, nach Lösungen zu suchen, die es gestatten, die Resultate der jüngsten Geschichte beim Weiterbau der Stadt in die Zukunft kritisch-kreativ zu verkraften. Folgerichtig werden - entgegen der bisherigen Praxis der Stadtentwicklung Berlins in den zurückliegenden Jahrhunderten, die immer wieder auf partielle Zerstörung vorhandener baulicher Substanz und städtischer Identität hinauslief - Anforderungen an ein Zentrum mit Zukunft formuliert, die auf einen ausgewogenen Umgang mit dem baulichen Erbe und den daran geknüpften Erinnerungen, einschließlich denen der DDR, orientieren, damit Geschichte ablesbar und verständlich bleibt. Klare Worte werden daher gesprochen gegen die Tendenzen einer anti-ost gerichteten Abrißideologie, gegen eine Politik einseitiger westlicher Dominanz bei der Herausbildung und Durchsetzung städtebaulicher und architektonischer Konzeptionen, wie besonders zu sehen bei den Konzeptionen der sogenannten 'kritischen Rekonstruktion' und der 'Berlinischen Architektur', sowie gegen die - trotz Stadtforum und Architekturgesprächen - von den Senatsverwaltungen geübte Geringschätzung einer breiten fachlichen und öffentlichen Diskussion über Grundfragen der Funktion, Struktur und Gestalt der Stadt, nicht zuletzt über die künftige Rolle Berlins in Deutschland und Europa. Die Haltung der Autoren zur notwendigen Verständigung von Politikern, Fachleuten und Bürgern aus Ost und West über die Einheit in Berlin zeigt sich ganz besonders in ihren Vorschlägen zum Umgang mit dem Zentrumsband, das heißt mit jenem zentralen Stadtinnenraum von der Spreeinsel bis zum Alexanderplatz, den die DDR als Kette linear gereihter räumlicher Bereiche zwischen den auf die Stadtmitte achsial gerichteten Straßen Unter den Linden und Karl-Marx-Allee/Frankfurter Allee geschaffen hat. Die Autoren sehen in diesem Zentrumsband heute das reale Symbol für die innerstädtische Vereinigung von Ost und West in Berlin. In der Tat: Mit der Herausbildung des großen zusammenhängenden und mehrfach gegliederten Raumes von der Spreeinsel bis zum Alexanderplatz hat die DDR auf ihre Art eine Entwicklung vollzogen, die seit Beginn der Kaiserzeit immer wieder geplant, aber nicht verwirklicht worden war, nämlich die Herstellung einer verkehrstechnisch leistungsstarken und zugleich auch räumlich attraktiven Ost-West-Verbindung durch die historische Stadtmitte von Westen her, bekannt geworden als 'Ost-West-Achse'. Die DDR verwirklichte diese Idee auf der Grundlage der Kriegszerstörungen und der veränderten Eigentumsverhältnisse hinsichtlich Grund und Boden sowie mit dem erklärten Ziel, den Berliner Osten mit der Stadtmitte, der Spreeinsel und der Straße Unter den Linden zu verbinden: praktisch und symbolisch. So baute sie die als 'Zentrale Achse' begriffene Ost-West-Achse von Osten her - entlang der Frankfurter Allee, die in den 50er Jahren als Stalinallee im Aufbau war - in die Stadtmitte. Bei allem Verlust an historischer Substanz und Erinnerung, der durch diesen städtebaulichen Umgestaltungsprozeß in der Ruinenlandschaft des 3 Krieges tatsächlich eingetreten ist - Verlust des Schlosses und fast der gesamten mittelalterlichen Altstadt - so ist doch auch der sinnstiftende Gewinn zu erkennen und zu behaupten, der darin besteht, die aus der Stadtentwicklung Berlins herrührende einseitige Ausrichtung der Stadt vom Schloß in Richtung Westen - stets mit der Bürgerstadt Berlin und dem Berliner Osten im Rücken des Schlosses - endlich überwunden und eine räumliche Verbindung zwischen Ost und West am `Drehpunkt' der Stadt hergestellt zu haben, die gerade heute für die Vereinigung von Ost und West in Berlin weit bedeutsamer und auch wirkungsvoller ist als die baukörperlich monumentale, räumlich aber nicht erlebbare Spange der Regierungsbauten im Spreebogen-Areal. Gerade mit seinen Darlegungen zur stadträumlichen Dimension der realen gesellschaftlichen Vereinigung von Ost und West in Berlin kann das hier vorliegende Buch einheitsstiftend wirken, sofern seine Leser sich dazu anregen lassen, den wechselwirkenden Zusammenhang von gesellschaftlicher und stadträumlicher Entwicklung historisch konkret zu begreifen. Das wäre auch ganz im Sinne des Herausgebers, der Architektenkammer Berlin. 4 Einleitung Wo ist das historische Zentrum von Berlin, der magische Ort, an dem sich Berlin symbolisch verdichtet, der Fixpunkt der Identität der Stadt? Berlin, so die verbreitete Klage, habe kein Zentrum, das Zentrum müsse erst wieder neu bestimmt werden, insbesondere der zentrale Punkt des Zentrums. Vielleicht am Potsdamer Platz, vielleicht am wiedererrichteten Stadtschloß, am Alexanderplatz, am Fernsehturm oder gar am Reichstag? Oder aber am U-Bahnhof mit dem beschwörenden Namen "Stadtmitte"? Die Schwierigkeiten, das Zentrum der Stadt auszumachen, sind nicht neu. Die Geschichte der Berliner Städtebaus hat die Fixierung des Zentrums außerordentlich erschwert. Die Folge war die Beschwörung mehr oder weniger eingebildeter zentraler Punkte, die symbolische bzw. planerische Aufladung isolierter Orte. Die Versuche, das historische Zentrum nach der Vereinigung Berlins wieder neu zu bestimmen, zu bauen und zu nutzen, waren und sind mit einer mehrfachen Hürde konfrontiert: Durch die flächenhafte Abwicklung zentraler Funktionen der DDR war eine funktionale Leere entstanden, deren Gefüge, Bedeutung und Preis nicht mehr kalkulierbar waren. Diese Unsicherheiten wurden durch eine partielle bauliche Leere des Zentrums verstärkt. Zudem war das gesellschaftliche Wissen um die Städtebaugeschichte des Zentrums und dessen Besonderheiten weitgehend verlorengegangen. Vor diesem Hintergrund war seit 1989 eine deutliche "Ostwanderung" der Aufmerksamkeiten und Aktivitäten festzustellen: Während kurz nach dem Fall der Mauer der Potsdamer Platz im Zentrum der Aufgeregtheiten stand, rückten bald die Dorotheen- und die nördliche Friedrichstadt ins Rampenlicht, dann das ehemalige Schloßareal und schließlich der Alexanderplatz. Natürlich hatte die erste "Station", der Potsdamer Platz, auch eine solide materielle Basis: Dort war eine baufähige Brache, dort waren die Eigentumsverhältnisse relativ klar. Die "Ostwanderung" der Aufmerksamkeiten verdeutlichte die Dominanz einer "westlichen" Sicht- und Handlungsweise, die sich langsam in Richtung Osten vorantastete. Die Diskussionen und Aktivitäten zur Erneuerung des historischen Zentrums sind allerdings bis heute seltsam fragmentiert und isoliert geblieben. Städtebauliche Ideen- und bauliche Realisierungswettbewerbe für private wie öffentliche Projekte haben einen planerischen Flickenteppich hervorgebracht, dessen Gebrauchsfähigkeit höchst fragwürdig erscheint. Die möglichen Stolperstellen können aber nur wahrgenommen werden, wenn das Zentrum in seiner Vernetzung nach innen wie außen thematisiert wird. Diese Vernetzung ist nicht technokratisch zeitlos zu bestimmen, sondern Ausdruck einer jahrhundertelangen Entwicklung. Was aber bringt der Blick zurück für eine zukunftsgewandte Planungspolitik überhaupt? Ein Mißverständnis wird immer wieder neu geboren: Der Blick zurück diene dazu, die baulichen Verhältnisse von gestern wiederherzustellen. Schon die Frage nach dem "Wann" des "Gestern" zeigt die Schwierigkeiten. Ein solches Verständnis greift zu kurz und ignoriert den Reichtum des städtebauhistorischen Erbes. Es geht um viel mehr, zuallererst um das Verständnis des Zentrums mit seinen Besonderheiten, um das Wissen seiner Vorzüge und Mängel, der unterschiedlichen Definitionen dieser Vorzüge und Mängel, der Versuche, an solchen "Mängeln" und "Vorzügen" zu arbeiten, der Ergebnisse dieser Versuche und deren Folgen, kurz: Es geht um das Verständnis des Zentrums von heute. Ohne eine Rekonstruktion der Städtebaugeschichte, der Deutungsgeschichte und der Planungsgeschichte des Berliner Zentrums wird jeder Versuch, ein leistungsfähiges neues Zentrum aufzubauen, ein Lotteriespiel bleiben. Erst das Wissen um die Struktur des Berliner Zentrums ermöglicht Vorschläge zu dessen Weiterentwicklung, die über die oberflächliche Form hinausgehen. Solche Vorschläge können die kritische Rekonstruktion zum Beispiel der 5 stadträumlichen Verhältnisse vor 1945 wie auch die Beachtung der Verhältnisse nach 1949 nahelegen. Es gibt keine deterministische Schlußfolgerung aus der Beschäftigung mit der Geschichte. Der Blick zurück dient aber zu einer Strukturierung der Debatte, zur Reduzierung der gestalterischen Möglichkeiten, zur Findung von Leitlinien und Rahmensetzungen, die aber immer auch die Erfordernisse an ein Zentrum heute reflektieren müssen. Doch was sind die historischen Besonderheiten des Berliner Zentrums, und was bedeuten sie für den Prozeß der Zentrumserneuerung von heute und morgen? Dieser Fragenkomplex ist der Gegenstand dieses Buches. Dabei spielen folgende Thesen eine Schlüsselrolle: Seit dem Dreißigjährigen Krieg läßt sich eine "Westwanderung des Zentrums" beobachten. Wichtigstes Ergebnis war der Gegensatz zwischen der östlichen "Altstadt" und der eigentlichen City im Bereich der Dorotheen-/Friedrichstadt. Die Überwindung dieses Gegensatzes hat die Planungsdiskussion seit der Erhebung Berlins zur Reichshauptstadt bis in die DDR-Zeit hinein geprägt. Den Strategien gegen die "Westwanderung" seit 1871 war vor allem nach der Spaltung der Stadt ein gewisser Erfolg beschieden. Heute muß das Gesamtzentrum wieder neu ausbalanciert werden, ohne den östlichen Bereich erneut zu benachteiligen. Die historische Stadt bzw. das historische Zentrum hatte - zumindest bis 1945 - keinen eindeutigen "zentralen Punkt". Diese nicht-zentralistische Tradition war ein Vorteil und kein Nachteil. Sie sollte nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt, sondern unbedingt fortgeführt werden. Das Rückgrat des Zentrums bildet bis heute ein System von Ost-West-Hauptstraßen, die Straßenzüge Potsdamer Platz - Alexanderplatz und Pariser Platz - Alexanderplatz. Dieses System war historisch keineswegs stabil und planerisch akzeptiert. Der Zentrumsumbau der DDR-Zeit kann nicht schlicht als "sozialistisch" definiert, isoliert und damit der Diskussion entzogen werden, er ist eine mögliche, wenn auch nicht notwendige Fortsetzung der Planungen seit 1871. Seine Ergebnisse müssen nüchtern beurteilt und weitmöglichst in den Zentrumsumbau eingebunden werden. Die Vereinigung der Stadt darf nicht als archaische städtebauliche Entsorgung ungeliebter DDR-Geschichte erfolgen. Der Umbau des Berliner Zentrums wurde in erster Linie durch die realen wie eingebildeten Erfordernisse des Ost-West-Massenverkehrs vorangetrieben. Dabei spielte seit den späten zwanziger Jahren die Orientierung an der autogerechten Stadt eine Schlüsselrolle. Diese Orientierung führte zur weitgehenden Zerstörung der überkommenen städtebaulichen Figur der "Passage mit Halte-Plätzen" zugunsten einer zentrumsunverträglichen "Transitzone ohne HaltePlätze". Diese Orientierung ist heute grundsätzlich zu hinterfragen. Zur Diskussion der strukturellen Besonderheiten des historischen Zentrums sollten - vor dem Hintergrund der Geschichte wie der Situation heute - mehr oder minder klar abgrenzbare Teilzentren unterschieden werden: Das "eigentliche" Zentrum von Berlin, die "City", konzentrierte sich seit der Kaiserzeit bis 1945 im Bereich der Dorotheen-/Friedrichstadt. Dagegen blieb die Altstadt bis 1945 ein zweitklassiges Zentrum. Sie wurde in der veröffentlichten Wahrnehmung in der Regel mit dem Teil des historischen Zentrums identifiziert, der durch die Memhardtschen Befestigungsanlagen des 17. Jahrhunderts eingeschlossen war: also mit der auf das Mittelalter zurückgehenden Doppelstadt Berlin/Cölln, der an diese angrenzenden Schloßlandschaft sowie den ersten Stadterweiterungen nach dem Dreißigjährigen Krieg, dem Friedrichswerder und dem Stadtteil Neucölln am Wasser. Diese (ehemalige) Altstadt wurde im Krieg weitgehend zerstört 6 und seit den sechziger Jahren auf neuem Stadtgrundriß zum erstklassigen Zentrum der Hauptstadt der DDR ausgebaut. Es ist zu vermuten, daß der Bereich der ehemaligen Altstadt in Zukunft wieder hinter die Dorotheen-/Friedrichstadt zurücktreten wird. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg zeigten sich die ersten Ansätze eines neuen Zentrums weit im Westen im Dunstkreis der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, in der damals noch selbständigen Stadt Charlottenburg. Dieser in der Weimarer Republik weiter aufstrebende Bereich wurde nach der Spaltung Berlins als "West-City" inszeniert. Nach der Zerstörung der Altstadt durch Krieg und Neuaufbauplanung blieb vom nichtherrschaftlichen Berlin nur mehr ein Stadtteil übrig: die Spandauer Vorstadt. Zusammen mit den Resten der in der Kaiserzeit erneuerten östlichen Königstadt wird dieser Stadtraum zwischen Alexanderplatz und nördlicher Friedrichstraße in Zukunft die Rolle der verschwundenen Altstadt übernehmen. Wichtig sind weiter die zahlreichen Versuche zur Stabilisierung einer Zentrumserweiterung westlich der Dorotheen-/Friedrichstadt, die seit der Kaiserzeit vor allem durch die Planungen für den Bereich um den Potsdamer Platz, den Spreebogen und den Bereich am Lehrter Bahnhof sowie durch umfassende Projekte für Nord-Süd-Achsen und die zentralistische Neuordnung des Berliner Bahnhofssystems gekennzeichnet waren. Schließlich müssen noch die Subzentren Berlins Erwähnung finden, die eine der bedeutendsten Errungenschaften des Berliner Städtebaus zum Ausdruck bringen: die polyzentrische Struktur der Gesamtstadt. Bis heute erinnern zahlreiche Rathäuser aus der Kaiserzeit an diese Tradition. Auch nach der Bildung der Gemeinde "Groß-Berlin" am 1. Oktober 1920 brach diese Tradition nicht ab: Einige Subzentren erlebten selbst in der Weimarer Republik einen neuerlichen Entwicklungsschub etwa durch den Bau großer Kaufhäuser und Kulturbauten. In der Nachkriegszeit wurde die polyzentrische Struktur vor allem im Westteil der Stadt weiter gestärkt. Die folgende Darstellung konzentriert sich auf das historische Zentrum von Berlin. Damit soll keineswegs die Bedeutung des Charlottenburger Zentrums sowie der Subzentren für die Zukunft Gesamt-Berlins in Frage gestellt werden. Die Darstellung wird durch einen Überblick über die Gesamtentwicklung des historischen Zentrums seit der Kaiserzeit eröffnet, es folgen vertiefende Abschnitte über die wesentlichen Bausteine des historischen Zentrums - die Altstadt, die Dorotheen- und Friedrichstadt, die Spandauer Vorstadt und Königstadt sowie die Ansätze für eine Zentrumserweiterung West. Quer zu diesen stadträumlichen Bausteinen steht der Abschnitt über das städtebauliche Regelwerk. Er leitet zu den abschließenden "Perspektiven" über, die ein zusammenfassendes Resümee mit Vorschlägen für die weitere Entwicklung wagen. Mit Ausnahme der "Perspektiven" folgen alle Abschnitte einer doppelten Logik: Sie sind als Bausteine Teile einer Gesamtargumentation, können aber jeweils auch für sich gelesen werden. Zur leichteren Orientierung im Gefüge des Berliner Zentrumsgrundrisses werden im Anhang Karten dokumentiert, die den Zustand des Zentrums 1748, um 1910, um 1940 und um 1990 darstellen. Der Blick zurück zeigt, daß es im wesentlichen immer wieder die gleichen Orte sind, die Gegenstand von Umbauplanungen waren und es oft heute wieder sind. Das sind natürlich keine beliebigen Orte, sondern Räume, die aufgrund ihrer strukturellen Bedeutung als Hindernisse oder Motoren der Zentrumsentwicklung wahrgenommen wurden. Als flächenhafte Hindernisse galten etwa der Fischerkietz, die Spandauer Vorstadt/Königstadt, Alt-Berlin insgesamt, die "Linse" zwischen S-Bahntrasse und Spree westlich der Museumsinsel. Als verkehrliches Nadelöhr wurden die Königstraße, der Alexanderplatz, der Spittelmarkt, der Mühlendamm, die Gertraudenstraße mit Petriplatz und Cöllnischem Fischmarkt, der Potsdamer Platz sowie diverse Brücken im Zentrum 7 betrachtet. Als neue Entwicklungspole des Zentrums galten - neben den flächenhaften Hindernissen und einigen Nadelöhren - noch das Gebiet um den Bahnhof Friedrichstraße, das Gebiet um den Lehrter Bahnhof, der Platz der Republik, das Gebiet westlich des Potsdamer Platzes und der Mehringplatz. Als ständig neu zu gestaltende Plätze bzw. Freiräume wären - neben den verkehrlichen Nadelöhren und einigen Entwicklungspolen - auch der Lustgarten, der Schloßplatz, der Werdersche Markt, der Westteil der Straße Unter den Linden, der Pariser Platz und der Gendarmenmarkt zu nennen. Eine Auseinandersetzung mit der Planungs- und Städtebaugeschichte der Schlüsselorte des Berliner Zentrums führt zu den historischen Strategen des Zentrumsumbaus, zu den herausragenden Architekten und Planern, deren Namen mit denen der heute gehandelten Heroen einer dogmatisch verstandenen "Berlinischen Architektur" nur partiell übereinstimmen. Dazu gehört zuallererst der Begründer der uns heute geläufigen Figur der Berliner Altstadt: Johann Gregor Memhardt, der bedeutendste Architekt des "Großen Kurfürsten" Friedrich Wilhelm; dann sein Schüler Joachim Ernst Blesendorf sowie Johann Arnold Nering; Heinrich Behr, Andreas Schlüter, Jean Baptiste Broebes und Jean de Bodt, Architekten des Kurfürsten Friedrich III. und späteren Königs Friedrich I.; Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, Architekt Friedrichs II.; Karl Friedrich Schinkel, Architekt unter Friedrich Wilhelm III.; August Friedrich Wilhelm Orth, der bedeutendste Planer der frühen Kaiserzeit; Hermann Jansen, der große Planer am Ende der Kaiserzeit; Bruno Möhring und Otto Kohtz, die Streiter für ein Zentrum mit Hochhäusern zu Beginn der Weimarer Republik; Ludwig Hilberseimer, der Vordenker eines radikal modernisierten Zentrums gegen Ende der zwanziger Jahre; Martin Wagner und Martin Mächler, die Strategen des Zentrumsumbaus in der späten Weimarer Republik; Richard Ermisch, der Planer einer Umgestaltung der Altstadt, und Albert Speer, der Planer eines neuen Superzentrums im Westen des historischen Zentrums, in der nationalsozialistischen Ära; Richard Paulick, Hermann Henselmann, Gerhard Kosel und Joachim Näther in der DDR-Zeit. Das vorliegende Buch versteht sich als Beitrag zur Diskussion um den Zentrumsumbau seit 1989. Nicht die Städtebaugeschichte, sondern die Besonderheiten des historischen Zentrums vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen stehen daher im Vordergrund der Darstellung. Es geht nicht so sehr um Einzelheiten, sondern um Strukturen, deren Kenntnis für die heutige Diskussion und Praxis unverzichtbar ist. Die einzelnen Teilgebiete des historischen Zentrums können dabei in keiner Weise so detailliert präsentiert werden, wie das bei den vorliegenden, sehr lesenswerten Gebietsmonographien möglich war. Erwähnt seien beispielsweise die Darstellungen zum Nikolaiviertel (Günter Stahn 1991), zur Museumsinsel (Renate Petras 1987), zum Bereich des Stadtschlosses (Förderverein Berliner Stadtschloß 1993), zum Friedrichswerder (Eva Schachinger 1993), zum Gendarmenmarkt (Laurenz Demps 1987, Peter Goralczyk 1987), zur Wilhelmstraße (Laurenz Demps 1994), zum Platz der Republik (Platz der Republik 1992) und zum zentralen Bereich (Pitz u. a. 1984). Das gleiche gilt für die Darstellung der Wettbewerbe (neben den offiziellen Publikationen zur Ausschreibung und zu den Ergebnissen der Wettbewerbe unter anderem folgende Bücher: Verein "Entwicklungsgemeinschaft Alexanderplatz": Alexanderplatz Städtebaulicher Ideenwettbewerb, 1994; Bundesbaudirektion Berlin: Museumsinsel Berlin Wettbewerb zum Neuen Museum, 1994; Felix Zwoch: Hauptstadt Berlin - Stadtmitte Spreeinsel Internationaler Städtebaulicher Ideenwettbewerb 1994, 1994). Schließlich muß noch auf die sorgfältige Dokumentation der Projekte für Büro- und Geschäftshäuser von Annegret Burg (herausgegeben von Senatsbaudirektor Hans Stimmann) hingewiesen werden, die unter dem etwas irreführenden Titel "Berlin Mitte - Die Entstehung einer urbanen Architektur/Downtown Berlin Building the Metropolitan Mix" (1995) erschienen ist. Vorwiegend dokumentarischen Charakter haben ebenfalls das Sonderheft "Berlin" der Zeitschrift Domus (1995) sowie das in der Reihe "World Cities" von Alan Balfour herausgegebene Buch "Berlin" (1995). 8 Die Betonung der strukturellen Besonderheiten des Berliner Zentrums ist natürlich nicht neu. Erinnert sei nur an die grundlegenden Arbeiten von Hermann Schmidt (1909), Willy Lesser (1915), Hans Borstorff (1948) und Alfred Schinz (1964). In neuerer Zeit haben sich vor allem Bruno Flierl und Dieter Hoffmann-Axthelm dieses Gegenstandes immer wieder angenommen. Die Diskussion um die Besonderheiten des Berliner Zentrums und um die Konsequenzen für die Planung heute und morgen kann nicht im Monolog, sondern nur im Dialog, im konstruktiven Streit erfolgen. Das vorliegende Buch versteht sich als Beitrag zu diesem notwendigen Streit. Schließlich bleibt eine weitere Einschränkung zu machen: Das Buch spiegelt auch das Herantasten der Autoren an das historische Zentrum wider. Bereits in meinem 1987 erschienenen Buch "Platz frei für das neue Berlin!" habe ich mich mit dem Zentrum beschäftigt - allerdings räumlich und fachlich fragmentiert und auf den Zeitraum 1871 bis 1945 beschränkt. Die publizierten Arbeiten seit der Wende sind in der Literaturliste verzeichnet. Diese "Vorarbeiten" werden im vorliegenden Buch erstmals in einen größeren Zusammenhang gestellt sowie mit tatkräftiger Hilfe meiner Kollegen und Mitstreiter Hans-Joachim Engstfeld und Carsten Seifert korrigiert, aktualisiert und bereichert. Carsten Seifert hat vor allem das Kapitel über die Dorotheen-/Friedrichstadt ausgearbeitet, HansJoachim Engstfeld das Kapitel über die Westerweiterung des Zentrums und - in Teilen - das Kapitel über die Spandauer Vorstadt/Königstadt. Daß im Buch ein Schwerpunkt auf die (ehemalige) Altstadt gelegt wird, ist keine Schrulle: Dieser Teil des historischen Zentrums ist seit 1871 in einer besonderen Weise Gegenstand der Diskussion und Planung des Zentrumsumbaus gewesen, und dieser Teil stellt die schwierigsten Aufgaben für den Zentrumsumbau von morgen, Aufgaben, die noch nicht einmal ansatzweise mit der notwendigen Sorgfalt in Angriff genommen worden sind. Die Autoren selbst sind natürlich keineswegs frei von der berlintypischen Hektik und den Veränderungen, Neuentdeckungen und Neubewertungen, die Berlin seit 1989 in Atem halten und manches Detail schnell veralten lassen. Man denke nur an die Verortung des Außenministeriums und die Debatte um das ehemalige Staatsratsgebäude. Das folgende Buch demonstriert daher auch den erzwungenen Mut zur Lücke, zu Positionen, die nicht völlig abgesichert sind, zu Darstellungen, die durch weitere Kurswechsel der Akteure eine überraschende neue Wendung erfahren können. Dennoch kommt es - wie die meisten wissenschaftlichen Publikationen - eigentlich "zu spät" - zu spät angesichts der bereits erfolgten Entscheidungen und Aktivitäten. Nichtsdestoweniger bleibt es dem Prinzip Hoffnung verpflichtet, daß zumindest noch Kurskorrekturen möglich sind. Für Kritik, Anregungen, Unterstützung und Ermunterung danken die Autoren Ursula Bodenschatz, Jörn Dargel, Hartwig Dieser, Dorothee Dubrau, Fatih Erkut, Friedhelm Fischer, Bruno Flierl, Johannes Geisenhof, Ulrike Griebener, Hartmut Häußermann, Simone Hain, Christine Hannemann, Almut Jirku, Lothar Juckel, Erich Konter, Engelbert Lütke Daldrup, Andreas Matschens, Gertrud Napiontek, Birgit Nikoleit, Mike Petersen, Anja Pfaff, Erhart Pfotenhauer, Gisbert Preuß, Dieter Radicke, Wolfgang Schäche, Bernhard Schneider, Annalie Schoen, Klaus Dieter Schulz, Werner Sewing, Achim Sichter, Hans Stimmann, Dorothea Tscheschner, Max Welch Guerra und Andreas Wilke. Besonderer Dank gilt Nicolette Baumeister, ohne deren engagierten Einsatz das Buch nicht hätte erscheinen können. Harald Bodenschatz, im Juni 1995 9 1. Westwanderungen des Zentrums: Zwei Schritte vorwärts, ein Schritt zurück Das Berliner Zentrum ist wesentlich ein Produkt der Kaiserzeit, der Transformation der historischen Stadt in ein historisches Zentrum vor allem im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Zentrum lediglich modifiziert, nicht aber umgewälzt. Revolutioniert wurde seine Struktur erst nach der Spaltung der Stadt, die der weitgehenden baulichen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg folgte. Diese Revolution war eine künstliche, politische, Ausdruck der Teilung Berlins, nicht Ausdruck eines städtebaulichen Entwicklungsprozesses. Nach der Überwindung der Spaltung stellt sich die Frage wieder neu: Wo ist das Zentrum von Berlin, und wie ist es strukturiert? 1.1. Die Herausbildung des Zentrums in der Kaiserzeit Nachdem Berlin im Gefolge des "gewonnenen" deutsch-französischen Krieges 1871 zur deutschen Hauptstadt proklamiert wurde, schien der preußischen Residenzstadt eine große Zukunft bevorzustehen. Berlin, so meinte schon 1870 Ernst Bruch, der bedeutendste Berliner Stadtplaner der frühen Kaiserzeit nach August Orth, "ist dazu berufen, soweit es überhaupt die deutsche Art zuläßt, der Zentralisations- und Krystallisationspunkt des deutschen Wesens zu werden, was Paris in hervorragenderer Weise, als es hier möglich scheint, für Frankreich geworden ist." (S. 20) Tatsächlich erlebte die neue Reichshauptstadt nicht nur eine gewaltige Ausdehnung der bebauten Flächen, sondern auch einen "Tertiärisierungsschub": eine bis dahin lediglich in London bekannte Transformation einer historischen Stadt in eine moderne Großstadtcity mit Büro-, Waren und Kaufhäusern, Hotels, Banken usw. Träger dieser Entwicklung waren vor allem private Investoren, aber auch Einrichtungen des Deutschen Reiches, Preußens und der Stadt Berlin. Willy Lesser fixierte in seiner klassischen Studie "Die baulichen und wirtschaftlichen Grundlagen der Geschäftsstadt Berlin" (1915) folgende "Geschäftsplätze", deren Verbindungslinien die Geschäftsstraßen darstellten und die zugleich die Grenzpunkte der Geschäftsstadt markierten: Alexanderplatz, Belle-Alliance-Platz, Leipziger Platz und - als vierten "Platz" - den Bahnhof Friedrichstraße (S. 25). "Die Geschäftsstadt Berlin ist ein ungefähres Fünfeck, das mit seinem Inhalt von 450 ha mehr als 1/15 des Stadtgebietes von Berlin (6.300 ha) ausmacht." (S. 26) Innerhalb der Geschäftsstadt waren "bestimmte Interessensphären" (S. 28) zu unterscheiden, so das Regierungs- und Gesandtschaftsviertel, das Hotelviertel, das eigentliche Geschäftsviertel, das Bankenviertel, das Viertel der Lebens- und Feuerversicherungen, das Konfektionsviertel, das neuere Viertel der Büro- und Geschäftshäuser mit dem Ausläufer des Zeitungsviertels. Deutlich wird bei dieser Aufzählung, daß die "Geschäftsstadt" sich in erster Linie innerhalb der barocken Stadterweiterung entfaltet hatte, im Rahmen des Gittergrundrisses der Dorotheen/Friedrichstadt. Ganz anders war die Situation in der Altstadt: "Östlich des Schlosses kann man schwer Geschäftsviertel bestimmten Charakters unterscheiden. Da sich hier das älteste Berlin befindet, sind die ursprünglichen Gelände klein und die Straßen eng, wodurch moderne Geschäftsgründungen erheblich erschwert werden." (Lesser 1915, S. 30) Abseits der traditionellen Hauptstraße der Altstadt (der Königstraße) dominierten enge, krumme Gassen mit niedrigen Gebäuden auf schmalen Parzellen, in denen eher arme Bürger wohnten und arbeiteten. Diese Gassen wurden seit der Kaiserzeit als "rückständig" und nicht modern verteufelt. Wie in vielen anderen Städten war daher auch in Berlin die barocke "Neustadt" aufgrund ihres flexiblen, kleinteiligen und leistungsfähigen Straßengrundrisses Ausgangspunkt der Citybildung, während die vorbarocke "Altstadt" in Teilen zu einem vernachlässigten Problemgebiet herabsank. 10 Die Widersprüchlichkeit des städtischen Zentrums ließ sich auch am Spektrum der städtischen Bodenwerte ablesen. So unterschied etwa die 1905 erschienene "Große Spezial-Karte zur Berechnung des Grund- u. Bodenwertes in Berlin, Innere Stadt", die als "Ratgeber für Bauunternehmer, Hypothekenbanken, Kapitalisten, Spekulanten und Grundbesitzer bei Kauf, Verkauf und Beleihung der Grundstücke" dienen sollte, insgesamt 25 Preiskategorien. Die höchste Preiskategorie war nur im Westen, dem besseren Teilzentrum, zu verzeichnen, und zwar an einigen Partien der Straße Unter den Linden, der Friedrichstraße und der Leipziger Straße. Diese drei Straßenabschnitte bildeten das charakteristische H-förmige Rückgrat der Berliner City. An den genannten Straßen waren auch die meisten Grundstücke der zweithöchsten Preiskategorie zu finden, die im östlichen, zweitklassigen Zentrum nur bei einem kurzen Trakt der Königstraße, der Hauptstraße von Alt-Berlin, vermerkt war. Im östlichen Teilzentrum war das Preisgefüge insgesamt bei weitem zerklüfteter, widersprüchlicher, als im westlichen Teilzentrum. So waren dort Grundstücke von der 2. bis hin zur 19. Preiskategorie zu finden. Die relativ niedrigen Bodenwerte insbesondere an den schmalen, alten Gassen bedeuteten natürlich nicht, daß sich dort keine Geschäfte mehr machen ließen. Unterlassene Instandhaltung und Überbelegung mit ärmeren Mietern vergoldeten auch dieses Eigentum - ein Hindernis für jeden Zentrumsumbau. Etwas großräumiger betrachtet müssen daher zwei Bereiche des Zentrums unterschieden werden, denen eine jeweils dominante, spezifische Entwicklung zuzuschreiben ist: erstens die eigentliche, im Kern auf das Mittelalter zurückgehende Altstadt mit den beiden historischen Städten Berlin und Cölln (zur Altstadt wurden in der Regel auch der Friedrichswerder und Neucölln am Wasser gerechnet), und zweitens die regelmäßigen, durch ein rechtwinkliges Straßensystem gekennzeichneten barocken Erweiterungen Berlins in Richtung Westen und Südwesten, die seit 1673 angelegte Dorotheenstadt und die seit 1688 angelegte Friedrichstadt. Oder mit anderen Worten: Zu unterscheiden ist zwischen historischer Altstadt und historischer Neustadt, zwischen östlichem und westlichem Teilzentrum bzw. zwischen Altstadt und City. Zusammengehalten werden beide Teilzentren vor allem durch einen großen Ost-West-Hauptstraßenzug: Die "Hauptader, welche der ungeheuren Maschine Leben und Richtung verleiht", ist "die Linie vom Alexanderplatz nach dem Potsdamer Platz" (Lesser 1915, S. 58). Hermann Schmidt, ein Theoretiker der Citybildung vor dem Ersten Weltkrieg, beschrieb 1909 die Entwicklung der beiden Teilzentren folgendermaßen: "Sind die beiden Citys örtlich getrennt und ohne besonders rege Verbindung, so haben sie auch ihren eigenen Charakter: Schon äusserlich hat Alt-Berlin mehr historisches Gepräge in seinen krummen Strassenzügen und noch vielen alten Häusern bewahrt. Es ist heute noch ein Mittelpunkt, wenn auch nicht mehr der Hauptmittelpunkt, es ist vor allem der Sitz des Grosshandels; das Strassenbild ist minder elegant. Wir finden hier das Rathaus und (andere) städtische Behörden, Gerichte, die Polizei, die Hauptpost, die Zentralmarkthallen und etwas abseits auch die Börse. Die Friedrichstadt mit ihren geraden Strassenzügen macht dagegen einen modernen Eindruck. Sie ist heute der eigentliche Mittelpunkt von Berlin in mehrfacher Beziehung. Hier finden wir verschiedene Bildungsinstitute, vor allem die Universität und die königlichen Theater, mehrere Museen, dann hauptsächlich alle Banken, die ersten Hotels, die elegantesten Läden und Warenhäuser, die grössten Bierpaläste und feinsten Cafés und wohl zu allen Stunden den stärksten Strassenverkehr." (S. 51) Die Kehrseite der Tertiärisierung, der sogenannte Bevölkerungsabfluß aus dem Zentrum, galt als ein Indikator der Citybildung. Je größer der Abfluß, desto fortgeschrittener war die Citybildung, und desto stolzer waren die Fachleute. Unterschieden wurden zwei Perioden, die Zeit von 1871 bis 1890 und die Zeit nach 1890. In der ersten Periode ging die Zahl der "Nachtbevölkerung" nur im eigentlichen Zentrum zurück, nach 1890 im gesamten, sehr viel größeren, durch die ehemaligen Zollmauern umfaßten weiteren zentralen Bereich (vgl. Zimm 1959, S. 78). Berücksichtigt werden muß dabei allerdings, daß sich noch 1871 die Bevölkerung des Groß-Berliner Raums anteilmäßig weitgehend in den engen Stadtgrenzen Berlins konzentrierte. Das Einwohnerverhältnis zwischen 11 der Stadt Berlin und den inneren Vororten betrug damals noch etwa 17:1 und sank dann bis 1900 auf etwa 3:1 (vgl. Schmidt 1909, S. 41). Nicht nur der Neubau der insgesamt hochwertigeren Mietskasernenwohnungen förderte den "Abfluß" aus den völlig überbelegten Gebieten des historischen Berlin, sondern auch der zunehmende Verkehr. "Man kann [...] wohl den Satz aussprechen, dass der Verkehr die Bewohner vertreibt: Direkt, indem er mehr und mehr Raum beansprucht und indirekt, indem seine Nebenwirkungen, Staub, Lärm und Unruhe das Wohnen allmählich unmöglich machen. Wer irgendwie kann, der meidet heute die belebtesten Stadtteile und zieht in ruhigere Viertel; zudem sind die neueren Wohnungen, welche weiter draussen errichtet werden, auch gewöhnlich mit mehr Bequemlichkeiten ausgestattet." (Schmidt 1909, S. 9f.) Doch all diese Aussagen über den Bevölkerungsabfluß sind relativ belanglos, wenn nicht berücksichtigt wird, daß die Zahlen lediglich Bilanzen ausdrücken - Bilanzen, in denen kleinräumlich unterschiedliche Entwicklungen glattgebügelt wurden, Bilanzen, in denen die Veränderungen der Sozialstruktur der Bevölkerung nicht sichtbar wurden. Der Bevölkerungsabfluß erfaßte - wie der Tertiärisierungsprozeß - nicht alle Zonen der Teilzentren gleichmäßig, und er führte vor allem im östlichen Teilzentrum zu einer relativen Zunahme der ärmeren Schichten, er führte zu einer Herausbildung ethnischer Ghettos (wie etwa der sogenannten jüdischen Schweiz im Scheunenviertel) und der Entwicklung von Zonen der Halb- und Unterwelt, der sogenannten Schandflecke der Großstadt. Anschaulich - wenn auch etwas zynisch - beschrieb der große Theoretiker des Städte- und Wohnungsbaus, Rudolf Eberstadt, diesen Prozeß: "Das Zentrum unserer Städte galt bis in unsere Zeit als der beste Wohnbezirk; neuerdings dagegen wird die Innenstadt gerade von den wohlhabenden Ständen verlassen und die Außenbezirke werden als Wohngegenden bevorzugt." (Eberstadt 1910, S. 289) In die freiwerdenden, oft nicht mehr instandgehaltenen Wohnungen drängten mehr und mehr ärmere Schichten, die auf die relativ billigen Mieten der "unternormalen Wohnungen" angewiesen waren. "Es sind zwei Kategorien von Mietern, die hierbei in Frage kommen: zunächst diejenigen Familien und Einzelmieter, die eine höhere Miete nicht erschwingen können und deshalb in den unterwertigen Wohnungen Unterkunft suchen müssen; ferner aber - ein besonders bedauerlicher, jedoch häufig festzustellender Umstand - solche Familien, die wegen Kinderreichtums in den besseren Mietshäusern keine Aufnahme finden." (S. 292) Dazu kamen als besondere Bevölkerungsgruppen die aus dem Ausland zugewanderten Arbeiter mit angeblich "niedrigen Ansprüchen und schlechten Wohnsitten" sowie der "Bodensatz der Bevölkerung, die sittlich verkommenen Personen" (S. 291f.). Diese nicht direkt von der Tertiärisierung, sondern indirekt von den Folgen der Tertiärisierung gezeichneten Zonen waren die typischen Verfallszonen, die den Ruf nach Altstadterneuerung in sozialer, hygienischer und sittlicher Hinsicht laut werden ließen. Stimmen zur Verteidigung der Altstadt waren dagegen eher selten. Berühmt ist die Schilderung Wilhelm Raabes in seiner "Chronik der Sperlingsgasse": "Ich liebe in großen Städten diese ältern Stadttheile mit ihren engen, krummen, dunkeln Gassen, in welche der Sonnenschein nur verstohlen hineinzublicken wagt; ich liebe sie mit ihren Giebelhäusern und wundersamen Dachtraufen, mit ihren alten Karthaunen und Feldschlangen, welche man als Prellsteine an die Ecken gesetzt hat. Ich liebe diesen Mittelpunkt einer vergangenen Zeit, um welchen sich ein neues Leben in liniengraden, parademäßig aufmarschirten Straßen und Plätzen angesetzt hat, und nie kann ich um die Ecke meiner Sperlingsgasse biegen, ohne den alten Geschützlauf mit der Jahreszahl 1589, der dort lehnt, liebkosend mit der Hand zu berühren. Selbst die Bewohner des ältern Stadttheils scheinen noch ein originelleres, sonderbareres Völkchen zu sein, als die Leute der modernen Viertel. Hier in diesen winkligen Gassen wohnt das Volk des Leichtsinns dicht neben dem der Arbeit und des Ernsts, und 12 der zusammengedrängtere Verkehr reibt die Menschen in tolleren, ergötzlicheren Scenen an einander, als in den vornehmeren, aber auch öderen Straßen." (1902, S. 17) Die Tertiärisierung erfaßte also nur kleine, begrenzte Zonen der historischen Stadt. "Nur ein Bruchteil der Innenstadt wird selbst in unseren bedeutendsten Großstädten zur reinen Geschäftsstadt umgewandelt, in der eine an Zahl geringe Wohnbevölkerung zurückbleibt. Unmittelbar aber an die reinen Geschäftsbezirke und Geschäftsstraßen schließen sich dichtbevölkerte, engbewohnte innerstädtische Bezirke an, eng besiedelte Quartiere mit einer Bevölkerung der verschiedensten Bestandteile, von dem Werkstattarbeiter, von dem Heimarbeiter, dem Gelegenheitsarbeiter bis herab zu den schlechtesten und bedauernswertesten Volksteilen der Großstadt. Überall ist der Stadtkern von Bezirken und Zonen minderwertiger Gebäude umgeben, und gerade der hochwertigste, bestbezahlte Boden ist durchsetzt von unterwertigen Bezirken; überall schließt sich unmittelbar an die hochwertige Geschäftsstadt - als steter Begleiter - die unternormale Wohnung." (Eberstadt 1910, S. 288) In gewisser Weise war die stolze Rede von der umfassenden Citybildung selbst in Berlin eine Legende. Sie traf nur auf die nördliche Friedrichstadt mit der Dorotheenstadt zu, nicht aber auf die Altstadt. Das durch Reiseführer, Postkarten, Fotobände usw. unablässig genährte Bild einer strahlenden Weltstadtcity ist einer der großen Mythen der Berliner Stadtgeschichte. Die Zonen im Schatten des Glanzes und Glimmers wurden verdrängt. Fotografiert bzw. abgebildet und damit die öffentliche Wahrnehmung prägend wurden nur wenige Punkte dieser Dunkelzonen, so etwa der Krögel, dessen Sanierung bereits vor dem Ersten Weltkrieg geplant, aber erst in der nationalsozialistischen Zeit realisiert wurde. Die herrschende Öffentlichkeit schämte sich dieser Dunkelzonen. Und die Architekten und Planer nutzten diese Scham zur Requirierung von öffentlichen Verschönerungsprojekten, die den Parvenu Berlin in der Konkurrenz zu den ehrwürdigen europäischen Hauptstädten Wien, Paris und London prachtvoller glänzen lassen sollten. Citybildung war somit kein Prozeß der Schaffung homogener, äquivalenter Standorte, sondern im Gegenteil - ein Prozeß der schroffen Differenzierung. Citybildung hieß: Zersetzung der Strukturen der alten Stadt, die zwar auch differenziert, aber funktional aufeinander bezogen waren. Im Prozeß der Citybildung verloren die einzelnen Zonen der historischen Stadt ihren Zusammenhang, sie entwickelten sich mehr und mehr zusammenhangslos nebeneinander. Citybildung implizierte die Modifizierung der überkommenen bürgerlichen Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden in Richtung eines differenzierten Eigentümerspektrums, sie implizierte - allerdings nur an wenigen Stellen - die Umwälzung der Parzellenstrukturen in Richtung insulärer Parzellenzusammenlegung, die Umwälzung der überkommenen Gebäudetypen und ihrer Traufhöhen, die Auflösung kleingewerblicher Produktions- und Lebeweisen. Die Transformation der historischen Stadt in ein historisches Zentrum hatte trotz weitgehender Kontinuität der materiellen Elemente der Stadt die vorindustrielle Stadt vollständig revolutioniert. Die Armenviertel der Altstadt waren keine Gebiete, wo alles so geblieben ist, wie es einmal gewesen war. Sie waren nicht zurückgeblieben, sondern voll auf der Höhe der Zeit und brachten die schroffen gesellschaftlichen Differenzierungen der Kaiserzeit räumlich zum Ausdruck. Der Prozeß der Zentrumsentwicklung ließ im westlichen Bereich gehobenere, durch Kommandofunktionen in Staat und Wirtschaft gezeichnete Zonen entstehen, im östlichen Bereich dagegen weniger feine, durch Einrichtungen des Massenkonsums, des Großhandels, der spezialisierten Fertigung und durch städtische Institutionen geprägte Teilzonen. Diese oft etwas vereinfacht als "Westwanderung der City" bezeichnete Entwicklung war für den spezifischen Charakter des Umbaus des Zentrums von Berlin bis heute von herausragender Bedeutung. Sie verweist bereits auf den großräumigen Standort von potentiellen Stadterneuerungsgebieten, auf das östliche Zentrum. 13 Was waren nun die Hintergründe dieser ungleichen Entwicklung? Hermann Schmidt erinnerte zunächst an die unterschiedliche "Nachbarschaft, das Hinterland gewissermassen", das für die Citybildung von Bedeutung war: "Alt-Berlin öffnet sich unvermittelt den dichtbevölkerten Arbeiterquartieren im N und O, die Friedrichstadt dagegen weist nach dem reichen Westen; im Süden und Südosten ist eine breite 'schützende' Zone vorgelagert, welche einen allmählichen Übergang in die Industrieviertel der Luisenstadt und in die südlichen Vorstädte darstellt." (S. 51) Die widersprüchliche Zentrumsentwicklung korrespondierte weiter und vor allem mit der Entwicklung des modernen Massenverkehrs, dessen Fixpunkte bereits vor der Reichsgründung mit der Anlage der Eisenbahnen geschaffen worden waren. Der Potsdamer und der Anhalter Bahnhof bildeten entscheidende Gravitationspunkte für die Entwicklung der City. "Alle wichtigen Bahnlinien", so Schmidt 1909, "münden in nächster Nähe der Friedrichstadt [...]" (S. 51f.) Die bedeutendste Anlage des städtischen Massenverkehrs nach 1871 war die 1882 eröffnete Stadtbahn. Die Stadtbahn stellte eine neue Verbindung zwischen dem historischen Zentrum und dem neuen, reichen Westen her und markierte mit dem Bahnhof Friedrichstraße einen weiteren Gravitationspunkt. Sie ermöglichte darüber hinaus überhaupt erst die zweitklassige Zentrumsbildung in der Altstadt. "Die Wiedergeburt Alt-Berlins", so etwas pathetisch die Verfasser der 1896 erschienenen Publikation "Berlin und seine Eisenbahnen", "ist der Stadtbahn zu danken. Indem sie einen großen Verkehr mitten in die lange vernachlässigten Stadtgebiete hineintrug, schnitt sie auch rücksichtslos in ihre baulichen Verhältnisse ein. Durch die Zuschüttung des Königsgrabens wurden sowohl dem strahlenförmig von Alt-Berlin ausgehenden als auch dem sich in westöstlicher Richtung darüber hinwegziehenden Verkehr neue Wege eröffnet. Der moralische Einfluss der Stadtbahn aber bestand darin, dass sie auf den städtischen Unternehmungsgeist, soweit er auf die Wiedergeburt Alt-Berlins sein Augenmerk richtete, durch ihr grosses Beispiel belebend und ermuthigend einwirkte." (Berlin und Eisenbahnen 1896, S. 78f.) Für die Privilegierung des westlichen Teilzentrums war in erster Linie die Lage des Bahnhofs Friedrichstraße, des Anhalter und Potsdamer Bahnhofs von Bedeutung. "Diese günstige Lage der Hauptbahnhöfe, welche die Friedrichstadt vor Alt-Berlin auf dem rechten Spreeufer voraus hat, ist jedenfalls eines der wichtigsten Momente gewesen für die Entwicklung dieses Stadtteils zum ersten Geschäftsviertel." (Schmidt 1909, S. 52) Die Lage der Bahnhöfe war natürlich selbst Folge viel älterer Standortgunst, etwa der hochherrschaftlichen Achse Berlin-Potsdam. Das westliche Teilzentrum war beides zugleich: historische Neustadt und ein bahnhofsvermittelter Entwicklungsbereich. Die Anlage des Bahnhofes nämlich stimulierte die Herausbildung einer neuartigen Entwicklungsachse, die am Platz vor dem Bahnhof begann, dem Umschlagplatz des modernen Massenverkehrs, und die in das alte Zentrum oder andere wichtige Zonen der inneren Stadt führte. Diese Entwicklungsachse, in vielen Städten auch direkt "Bahnhofstraße" genannt, muß als bedeutendster Ansatzpunkt für die Citybildung betrachtet werden, als Ort umfassender baulicher Erneuerung zugunsten größerer Gebäude mit neuer Nutzung auf manchmal zusammengelegten Parzellen. Vorbild der Neustrukturierung der Stadt durch "Bahnhofstraßen" war der Stadtumbau von Paris unter Georges-Eugène Haussmann. Auch in Berlin gab es eine solche "Bahnhofstraße": die Leipziger Straße, die den Potsdamer Platz, also den Bahnhofsvorplatz, über den Spittelmarkt mit der Altstadt verband. Die Leipziger Straße war die Bahnhofstraße Berlins par excellence. Schon 1838, kurz nach der Eröffnung der Linie Berlin-Leipzig, hieß es in einem Zeitungsbericht: "Gehen Sie die Leipziger Straße entlang, die zur 14 Eisenbahn führt, man kennt sie nicht wieder, ein Hin- und Rückstrom von Fußgängern, Droschken, Kutschen und anderen Fuhren; die festen, massiven Häuser dröhnen unter der fortwährenden Erschütterung, und Bewohner, welche vordem hier eine stille, schöne Straße, mit den Vorzügen von naher Landschaft und Grün der Bäume und des Feldes gesucht, möchten wieder tiefer in die Stadt hinein, um die verlorene Ruhe zu suchen" (zit. nach Schivelbusch 1981, S. 159f.). In der Kaiserzeit wurde die Leipziger Straße zur belebtesten Geschäftsstraße Berlins, "die sich durch prächtige Läden mit geschmacksvollen Auslagen in den Schaufenstern auszeichnet. Ein starker Verkehr herrscht in der Straße auch des Abends bei der taghellen Beleuchtung durch elektisches Licht. Die Straße war die erste Berlins, die 1886 die elektrische Beleuchtung durch 36 Bogenlampen erhielt." (Janke o. J., S. 33f.) Aber auch die Friedrichstraße war als "Bahnhofstraße" anzusehen. Die Kreuzung Friedrich/Leipziger Straße wurde daher nicht ganz zu Unrecht von manchen Zeitgenossen als zentraler Punkt des Zentrums begriffen. Doch die Suche nach zentralen Punkten lief in der Dorotheen-/Friedrichstadt ins Leere. Das westliche Teilzentrum war auch historische Neustadt. Im Falle der Dorotheen-/Friedrichstadt hieß das zunächst: vornehme, privilegierte Neustadt im Gegensatz zur weniger feinen Altstadt. Städtebaulich äußerte sich diese Polarisierung vor allem in der Struktur der Straßen. Im Gegensatz zu den engen und krummen mittelalterlichen Altstadtgassen waren es die neuen Straßen der regelmäßigen barocken Stadterweiterungen, die das Gesicht des "modernen" Berlin prägten: vor allem eine für damalige Verhältnisse verschwenderisch breite Straße, die prachtvolle, von repräsentativen Gebäuden flankierte und auf das Stadtschloß orientierte Straße Unter den Linden sowie die längste Straße der historischen Stadt überhaupt, die gerade, aber nicht sehr breite Friedrichstraße, die die Mitte des nach römischem Vorbild gestalteten städtebaulichen Dreizacks der erweiterten Friedrichstadt darstellte. Die Blockstruktur der barocken Neustädte demonstrierte die Möglichkeiten des Gittergrundrisses, einer nicht mehr eindeutig hierarchisierten Straßenstruktur. Denn anders als zumeist die mittelalterliche Stadt hat die barocke Stadterweiterung in der Regel keinen zentralen Punkt: Der Marktplatz oder der Hauptplatz, die Piazza Maggiore, fand im Gittergrundriß keine Entsprechung. Städtebaulich anspruchsvolle Plätze lagen eher am Rande der barocken Stadterweiterung, im Übergang von Stadt und Land, im Bereich der Stadttore. Rudolf Eberstadt betonte die Flexibilität dieses "Schemas", das er "Schachbrett" nannte: "Die Blöcke der Friedrichstadt haben eine Frontlänge von 120-150 m und eine Tiefe von 75 m. [...] Die innere Einteilung des Blocks hat sich im Laufe der Zeit vollständig umgestaltet. Eine Anzahl der ursprünglich kleinen Parzellen ist zu größeren Geschäftshäusern zusammengelegt worden, insbesondere an den Eckgrundstücken. Der zu einem hochwertigen Geschäftsviertel gewordene Boden ist im Blockinnern eng überbaut worden." (1910, S. 62) Eberstadt verwies auf die "bescheidenen Abmessungen" der Baublöcke, die - anders als diejenigen der Baublöcke des Hobrechtplans - noch "ohne jede nachteilige Wirkung" waren (S. 63). Der Gittergrundriß eignete sich offensichtlich in ganz hervorragender Weise für die Entwicklung einer komplexen, differenzierten City. Das zeigt auch die Entwicklung anderer europäischer Großstädte wie etwa Glasgow und Rom, insbesondere aber die Entwicklung der nordamerikanischen Großstädte. Der Gittergrundriß entsprach - im Gegensatz zum Straßennetz der mittelalterlichen Städte - den Erfordernissen des modernen Massenverkehrs, und die kleinen Blöcke ließen sich ganz ausgezeichnet für tertiäre Zwecke nutzen, ja sie ermöglichten eine ganz außerordentliche Flexibilität in der Nutzungsverdichtung: nach innen wie in die Höhe. Daß sich bei einem Gittergrundriß eher schlecht als recht ein zentraler Punkt ausmachen läßt, war und ist ein Vorteil und kein Nachteil. Der zentralste Bereich ist damit flexibler: Ein Netz mehrerer Hauptstraßen mit unterschiedlicher Nutzung und Bedeutung bildet das komplexe Zentrum. Es gibt nicht nur einen erstklassigen Standort, zu dem alle drängen, sondern viele erstklassige Standorte. 15 Hervorzuheben ist aber noch eine weitere Besonderheit des gesamten Berliner Zentrums: Beide Teilzentren waren untereinander und mit den anschließenden Stadterweiterungsgebieten nur sehr unzureichend verkehrsinfrastrukturell verknüpft. Denn die in der Kaiserzeit heiß diskutierten Verkehrsprobleme waren nicht so sehr Ausdruck eines flächendeckenden Massenverkehrs, sondern eher die Folge der seit Jahrzehnten bekannten "Mängel" des historischen Straßensystems - der unzureichenden Verbindungen zwischen der Dorotheen-/Friedrichstadt und der Altstadt sowie zwischen dem aufstrebenden Südwesten der Stadt und der Friedrichstadt. Getrennt wurden die beiden zusammen nur etwa 4 Quadratkilometer umfassenden Bereiche des historischen Zentrums ursprünglich durch die Befestigungsanlagen Memhardts aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, deren Charakter als städtebauliche Barriere auch nach deren Beseitigung fortwirkte. Die noch zur Mitte des 19. Jahrhunderts nur durch wenige Brücken gequerte Spree mit ihren beiden das historische Cölln einschließenden Armen fungierte faktisch als Barriere zwischen Dorotheen-/Friedrichstadt und Alt-Berlin. Zwischen Friedrichstadt und südwestlicher Stadterweiterung bildete insbesondere der Potsdamer Platz eine Engstelle. "Der Potsdamer Platz war das Nadelöhr, durch das sich der gesamte Verkehr zwischen alter City und Zooviertel ebenso hindurchzwängte wie ein Teil des Verkehrs von der City nach Schöneberg." (Hoffmann-Axthelm/Scarpa 1987, S. 73) Die vielgerühmte weltstädtische Bedeutung des Potsdamer Platzes als Ort des Massenverkehrs war nichts anderes als die positiv gewendete zentrale Schwachstelle des Berliner Stadtgrundrisses. Überlieferter Stadtgrundriß, Nähe zu den wichtigsten Bahnhöfen sowie der Charakter der angrenzenden Wohnviertel führten zu einer strukturell unterschiedlichen Entwicklung des westlichen und östlichen Teilzentrums. Diese Entwicklung hatte ihren historischen Vorlauf: die Privilegierung der Dorotheen-/Friedrichstadt spätestens nach der eindeutigen Westorientierung des Berliner Stadtschlosses in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Seit dieser Zeit öffnete sich die Schere zwischen aufsteigendem Westen und zurückbleibendem Osten. Vor diesem Hintergrund zielten die Zentrumsplanungen in der Kaiserzeit auf die vereinheitlichende Transformation der historischen Stadt in ein modernes Zentrum der Warenzirkulation und Herrschaftsausübung, das andere Funktionen und Schichten ausgrenzen sollte. "Es ist falsch", so Professor Blum aus Hannover 1912 in einem Vortrag zu Problemen von Groß-Berlin, "wenn wir davon ausgehen, die City für jegliche Arbeit zu bestimmen. Wir müssen vielmehr dahinstreben, in die City nur hineinzulassen, was unbedingt in sie hineingehört, und wir müssen sogar dahin streben, den inneren Kern der Stadt nur zu belegen mit Tätigkeiten, bei denen die Ärmsten der Armen überhaupt ausgeschaltet sind, eigentlich nur Tätigkeiten verwaltungstechnischer und kaufmännischer Natur im weitesten Sinne des Wortes, alles andere gehört in die Außengebiete." (Blum 1912, S. 77) Umgesetzt wurden diese strategischen Zielsetzungen in den großen Plänen für das Berliner Zentrum zu Beginn und gegen Ende der Kaiserzeit. Bereits um 1871 präsentierten Ernst Bruch und August Orth ihre Pläne zur umfassenden Modernisierung der Altstadt. Beide plädierten für großzügige Straßendurchbrüche, beide äußerten sich auch zum Berliner Bahnhofssystem. Während Bruch für einen Zentralbahnhof auf dem zentralen Gelände der Artillerie-Kaserne am Kupfergraben in Verbindung mit "einer unterirdischen zentralen Gürtelbahn für Personen und Güter" votierte (1870, S. 92), sprach sich Orth 1871 für ein dezentraleres System aus. In einer Denkschrift definierte er die "Berliner Centralbahn" als "eine grosse Centralstation", die - um ihre Zwecke zu erfüllen - "möglichst innig" mit der damals neuen Ringbahn verbunden werden sollte, "damit alle Stationen derselben ihre Passagiere direct nach der 16 inneren Stadt einführen können und umgekehrt." (Orth 1875, S. 3) Damit hatte der bis heute dauernde Streit um das der Stadt Berlin angemessene Bahnhofssystem bereits ein beachtliches Niveau erreicht. Von den umfassenden Plänen der frühen Kaiserzeit wurde lediglich einer realisiert: der seit den siebziger Jahren geschmiedete Plan für den Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Straße. Ein erstes Projekt dieser Art legte August Orth vor. Die neue Kaiser-Wilhelm-Straße zielte auf eine verkehrsmäßige Entlastung der Hauptstraße des östlichen Teilzentrums, der Königstraße. Die Realisierung des Durchbruchs wurde durch den Bau von Anlagen des schienengebundenen Massenverkehrs, nämlich der Stadtbahn auf dem zugeschütteten Königsgraben, begleitet. Letztlich zielte der Straßendurchbruch auf eine Umkehrung des Trends zur ungleichgewichtigen Entwicklung der beiden Teilzentren, also auf eine Aufwertung des östlichen Teilzentrums, ja auf eine Expansion der City in Richtung Osten. Gemessen an diesen Zielen war der Durchbruch ein gescheitertes Unternehmen. Der erwünschte Tertiärisierungsschub blieb aus. Bessere Läden, so der Chronist des Straßendurchbruchs, Otto Schilling, fanden sich in der neuen Straße nur selten, "nur im Innern von Alt-Berlin wurden neue Geschäftshäuser errichtet, die vorwiegend dem Großhandel in Konfektionswaren dienen, der hier seinen Sitz hat. Im übrigen ist die Kaiser-Wilhelm-Straße die Straße, in der sich die Altwarenhändler niedergelassen haben und wo mit Partiewaren und Resten gehandelt wird. So hat die Kaiser-Wilhelm-Straße noch nicht den Lokalverkehr einer 'Prachtstraße' erhalten, als die sie gedacht war, und auch der Durchgangsverkehr ist [...] nicht von erheblicher Bedeutung." (Schilling 1921, S. 260) Der Versuch, mit der Anlage der Kaiser-Wilhelm-Straße gegen den Trend eine Cityerweiterung nach Osten einzuleiten, mußte angesichts der besseren, mit letztlich doch bescheidenen öffentlichen Mitteln nicht kompensierbaren Lagequalitäten im Westen scheitern. Die unterschiedliche Struktur der beiden Zentren blieb erhalten. Die umfassendsten Planungen für die Entwicklung des Berliner Zentrums wurden im Rahmen des städtebaulichen Wettbewerbs "Groß-Berlin" erarbeitet und 1910 auf der ersten Berliner Städtebauausstellung der Öffentlichkeit präsentiert. Dieser Wettbewerb war gegen Ende 1905 von der "Vereinigung Berliner Architekten" ins Auge gefaßt, in den folgenden Jahren dann zusammen mit dem Architektenverein zu Berlin vorbereitet und schließlich 1908 - als eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (vgl. Konter 1995, S. 251) - von den Stadtgemeinden Berlin, Charlottenburg und anderen ausgeschrieben worden. Hintergrund des im März 1910 entschiedenen Wettbewerbs war - wie schon um 1871 - die Klage über den Widerspruch zwischen der "großartigen Entwicklung der Reichshauptstadt" und der unbefriedigenden städtebaulichen Form dieser Entwicklung. Dazu kam der Glaube an einen weiteren gewaltigen Wachstumsschub. So wurden für die dreißiger Jahre 6 Mio. Einwohner erwartet. "Sind wir vorbereitet auf dieses Wachstum? [...] die Antwort muß lauten: Nein!" (Vereinigung Berliner Architekten ... 1907, S. 8) Angesichts dieser Wachstumseuphorie war es nicht weiter verwunderlich, daß insbesondere das historische Zentrum als qualitativ und quantitativ unzureichend betrachtet wurde. Der Wettbewerb zielte daher auf eine "Forcierung der Tertiärisierung der Innenstadt und ihre 'künstlerische' bzw. 'monumentale' Hervorhebung als geistig-kultureller, staatsadministrativer und politischer Mittelpunkt des Reiches" (Konter 1995, S. 252). Die Ergebnisse des "internationalen" Wettbewerbs eher ernüchternd. Sämtliche ausgezeichneten Teilnehmer kamen aus Berlin und Umgegung, und ihre Vorschläge zur Modernisierung des Zentrums gingen prinzipiell in die gleiche Richtung. Die von Hermann Jansen und anderen Preisträgern angeregten zahlreichen Straßendurchbrüche und -erweiterungen wurden im Zentrum am dichtesten, sie sollten mit der besseren Erreichbarkeit das extensive wie intensive Wachstum der City fördern. 17 Zugleich wurde eine erhebliche Erweiterung des Zentrums vor allem in Richtung Westen vorgeschlagen. Dabei spielte die zentralistische Neuordnung der Berliner Bahnhofsstruktur eine Schlüsselrolle. "Im Unterschied zu Jansen befaßten sich die übrigen preisgekrönten Arbeiten sehr intensiv mit durchgreifenden Veränderungen und Umgestaltungen der innerstädtischen Bahnanlagen, die im wesentlichen von zwei Zielsetzungen geprägt waren: wesentliche Steigerung der Leistungsfähigkeit und möglichst geringer Flächenverbrauch. Allen gemeinsam war der Versuch, eine Nord-Süd-Verbindung zwischen der Potsdamer-Anhalter und der Hamburg-Lehrter bzw. Stettiner Bahn herzustellen." (Konter 1995, S. 258) Auch die Berliner Traufhöhe war Gegenstand der Debatte um den Wettbewerb. "Für die City", so Brinckmann, "wird sehr berechtigt eine höhere, als die jetzt polizeilich erlaubte Bebauung verlangt von 8 oder 9 Geschossen." (1910, S. 9) Forderungen in Richtung Hochzonung wurden insbesondere von Havestadt & Contag erhoben, die im Berliner Zentrum die Zulassung von bis zu 30 m hohen Geschäftshäusern mit 7 bis 8 Geschossen empfahlen. Damit war der Poker um die Durchbrechung der baupolizeilichen Traufhöhe eröffnet. Realisiert wurde von den großen Plänen der Städtebauausstellung für das Berliner Zentrum nichts. Wenn man den Kontext und die Verfasser der "großen" Pläne von August Orth bis Hermann Jansen betrachtet, so waren diese Planwerke faktisch unbedeutend. Sie waren Produkte einzelner Privatfachleute, die letztlich ohne öffentlichen Auftrag in Zeiten der Auftragsflaute mit diesen Plänen um öffentliche Aufträge warben. Sie waren zweifellos großartige Dokumente der jungen Disziplin Städtebau mit einer kulturellen Wirkung über die Entstehungszeit hinaus, sie waren aber weitgehend irrelevant für den realen Massenstädtebau dieser Zeit. Und selbst als Dokumente der Disziplin waren sie mengenmäßig mehr als dürftig: In den bedeutendsten Wachstumsjahrzehnten der Geschichte Berlins marschierte in der historischen Stadt der private, kleinteilige Stadtumbau; rationalisierende Pläne mit gesamtstädtischer Perspektive aber wurden kaum erarbeitet. Für große Pläne war kein Bedarf, existierte kein Auftraggeber, das Geschäft wurde mit isolierten Einzelprojekten gemacht. Der Umbau der historischen Stadt vollzog sich so ohne rationalen Plan, ohne umfassende Cityvision, im Flickenteppich pulverisierender Einzelmaßnahmen - und daher mit dem Effekt der Zuspitzung der angelegten Widersprüche. Planerisch waren für die Umgestaltung keinerlei Voraussetzungen vorhanden. Der Bebauungsplan für Berlin und Charlottenburg von James Hobrecht aus dem Jahr 1862 hatte die Anpassung der Straßen der inneren Stadt an das städtische Wachstum ausgeklammert. Diese Vorgehensweise wurde schon 1870 von Ernst Bruch, dem Kritiker des Hobrecht-Plans, beanstandet. Mit der Erweiterung Berlins, so sein Argument, müsse die "Fürsorge für die nöthigen Verkehrserleichterungen in dem alten, bereits bebauten Theil der Stadt [...] Hand in Hand oder noch richtiger ihr voran gehen. Hiervon ist nun in Berlin absolut gar nicht die Rede gewesen. Nicht allein, dass der Bebaungsplan den Kern der Stadt völlig unberührt lässt, so hat man auch in der Praxis jeden, seither schon nothwendig gewordenen Strassendurchbruch und jede Strassenverbreiterung - wenn man sich nicht gar prinzipiell gegen derartige Verbesserungen verschloss - lediglich für sich betrachtet und niemals daran gedacht, dass sie sich dem Bedürfnisse des Ganzen systematisch ein- und unterordnen müssen. Ein solches regelloses Flickwerk bringt die Gefahr nahe, dass die vorhandenen Uebelstände möglicherweise noch verschlimmert werden." (S. 84) 1.2. Große Pläne für ein radikal modernisiertes Zentrum in der Zwischenkriegszeit Mit dem "Ausbruch" des Ersten Weltkrieges wanderten die Pläne zum Umbau des Berliner Zentrums in die Schubladen. Nach den politisch und ökonomisch schwierigen Nachkriegsjahren rückte - anknüpfend an Planungen der Vorkriegszeit - das Thema der Entzerrung des Verkehrs 18 wieder in den Vordergrund der planerischen Zentrumsdiskussion. So empfahl etwa Ernst Giese in seiner 1925 veröffentlichten Schrift eine ganze Reihe neuer Straßendurchbrüche, die insbesondere den öffentlichen Nahverkehr entballen sollten. Wie in der Kaiserzeit bildete der schienengebundene öffentliche Nahverkehr auch in der Weimarer Republik die Grundlage des Massenverkehrs. Vor allem der Straßenbahnverkehr wird oft unterschätzt: "In Berlin bewältigt die Straßenbahn den größten Teil des öffentlichen Verkehrs. Im Jahre 1928 wurden [...] auf einer Streckenlänge von 635 km 900 Mill. Fahrgäste befördert. Das ist die halbe Leistung sämtlicher Berliner Nahverkehrsmittel (Straßenbahn, Omnibus, Hoch- und Untergrundbahn, Stadt- und Ringbahn)." (Möbus 1929, S. Selbst der legendäre Ort des großstädtischen Massenverkehrs, der Potsdamer Platz, wurde wesentlich durch den Verkehr der Straßenbahnen und Omnibusse geprägt. Außerhalb der wenigen Hauptverkehrsstraßen spielte das Automobil auch in den späten zwanziger Jahren eine Außenseiterrolle. Die durch eine einseitige Fotoauswahl immer wieder reproduzierte Suggestion von Berlin als einer "Autostadt" - Zeichen angeblicher Weltstadtbedeutung - war ein realitätsferner Mythos. "Die Berliner Presse", so machte sich Kurt Tucholsky (unter dem Pseudonym Ignaz Wrobel) 1926 in der "Weltbühne" über diesen Mythos lustig, "ist dabei, dem Berliner eine neue fixe Idee einzutrommeln: den Verkehr. Die Polizei unterstützt sie darin aufs trefflichste. Es ist geradezu lächerlich, was zur Zeit in dieser Stadt aufgestellt wird, um den Verkehr zu organisieren, statistisch zu erfassen, zu schildern, zu regeln, abzuleiten, zuzuleiten... Ist er denn so groß? Nein. Kommst du nach Berlin, so fragen dich viele Leute mit fast flehendem Gesichtsausdruck: 'Nicht wahr, der Berliner Verkehr ist doch kolossal?' Nun, ich habe gefunden, daß er an seinen Brennpunkten etwa dem Verkehr einer mittlern Pariser Straße abends um 6 Uhr entspricht - und das ist ein rechtes Mittelmaß, aber nicht mehr. Und gegenüber diesem kindlichen Getobe muß ich sagen, daß ich eine Geisteshaltung nicht begreife, der die Quantität eines Verkehrs imponiert. An der Place d'Opéra stehen zu manchen Tagesstunden sechs Reihen Automobile nebeneinander - nun, und? Hebt das Paris? Wird Paris dadurch wertvoller? Das beweist doch nichts weiter, als daß man beim Bau der Pariser Innenstadt an einen solchen Verkehr noch nicht gedacht hat; beweist, daß die Konzentration von Bureauviertel[n] und aufeinandergehäuften Hausbewohnern etwas Ungesundes ist, eine wahrscheinlich nie zu lösende Schwierigkeit, die wohl einmal zur Dezentralisation großer Städte führen kann - alles Mögliche beweist diese sechsfache Reihe der Automobile, nur nichts Angenehmes. [...] Nun hat Berlin diesen Verkehr nicht, bildet sich aber ein, ihn zu haben, und die Polizei regelt diesen imaginären Verkehr so, wie nie ein Mensch in Paris geregelt hat noch regeln würde." (S. 739) Dennoch oder auch gerade deshalb wurden in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre die öffentlichen Vorleistungen für das private Massenautomobil zumindest auf planerischer Ebene forciert. Die Straße wurde als Rahmen nicht mehr nur für Straßenbahnen und Omnibusse, sondern zunehmend auch für den privaten Autoverkehr gesehen. Das autogerechte Zentrum gewann in diesen Jahren erste konzeptionelle Konturen. Nicht die absoluten Zahlen, sondern die Zuwachsraten der Berliner Kraftfahrzeuge beflügelten die Phantasie der Planer (vgl. auch Stimmann 1986, S. 138ff.). Mit dem Amtsantritt von Martin Wagner als Stadtrat für Hochbau und von Ernst Reuter als Verkehrsstadtrat Mitte der zwanziger Jahre läßt sich diese langsame, aber folgenschwere Wende relativ genau zeitlich fixieren. Nun wurde Amerika Vorbild und Traumbild. New York und andere US-amerikanische Großstädte, nicht mehr Paris und London, wurden zum Wallfahrtsort für Stadtplaner, so 1929 auch für Martin Wagner und Ernst Reuter. Martin Wagner faßte im Vorwort zu seinem Buch "Städtebauliche Probleme in amerikanischen Städten und ihre Rückwirkung auf den deutschen Städtebau" seine USA-Erfahrungen folgendermaßen zusammen: "Gegen die Entwicklung des Automobils als Massenverkehrsmittel werden wir uns vergeblich auflehnen. Die Loslösung von räumlicher und zeitlicher Gebundenheit 19 liegt im Wesen des modernen Menschen. Die Konzentration der Millionen von Großstädtern auf dem engen Raum der Arbeit und des Wohnens drängt nach einer Expansion, nach Befreiung von der Gebundenheit. Und diese individuelle Befreiung hin zu dem flachen Land, zur freien Natur, zur körperlichen Regeneration kann nur das Auto schaffen. Amerika ist das klassische Land der Großstädte. Die Großstädter haben sich dort die individuelle Befreiung von Ort und Zeit durch das Auto geschaffen. [...] Der deutsche Städtebauer muß aber mit Angst und Sorge erfüllt werden, wenn er diesen Siegeszug des Autos auch durch seine Städte gehen sieht. Auf ein derartiges Aufflammen des Verkehrs sind sie nicht eingerichtet. Sie müssen umkonstruiert werden. [...] Berlin ist auf dem besten Wege, in die amerikanische Verkehrsrevolution hineinzuwachsen." (1929b, S. 5) Damit gewann der klassische Straßendurchbruch bzw. die Straßenerweiterung gerade im Zentrum eine zusätzliche Bedeutung. Der preußische Minister für Volkswohlfahrt, Heinrich Hirtsiefer, sprach in diesem Zusammenhang von "Verkehrselend". "Durch die schnelle und starke Entwicklung des Automobilverkehrs ist die Um- und Ausgestaltung unseres Straßennetzes eins der brennendsten Probleme der Gegenwart geworden." (Hirtsiefer 1929, S. 452) Die verkehrsbegünstigende Umgestaltung des Straßensystems sollte die Citybildung beschleunigen: "Je mehr der Verkehr gesteigert wird, desto stärker wird das Geschäftsleben befruchtet. Je früher Berlin an diese Aufgaben herangeht, desto leichter und billiger wird die Lösung sein. Man darf nicht vor einem Niederreißen und Zerstören zurückschrecken, mag auch das Bestehende gefühlsmäßig wertvoll sein." (Bürgermeister Gustav Böß 1929, S. 119) Das Plädoyer für den Abriß zugunsten des Straßenverkehrs fand bei Martin Wagner einen pathetischen Höhepunkt: "Die Furcht und die Ehrfurcht vor dem Alten macht uns schwach, lähmt und tötet. [...] Ein Volk, das nicht baut, lebt nicht, das stirbt. Deutschland und Berlin wollen und müssen leben. Wir wollen so leben, wie Friedrich der Große durch seine Bauten Berlin leben ließ, der Altes zerbrach, um Neues an seine Stelle zu setzen." (1929, S. 130) Ausgangspunkt einer Studie über die "Verkehrssanierung der Berliner City" von Stadtbaumeister Brömstrup aus dem Jahre 1931 war die Feststellung, daß Berlin "wie alle Weltstädte" vor einem "städtebaulichen Wendepunkt" stehe. Insbesondere die "gewaltige Entwicklung der Kraftwagen in Berlin" verursache "zu gewissen Zeiten eine beängstigende Verstopfung der innerstädtischen Straßen" (S. 46). Kronzeuge war die bedeutendste Geschäftsstraße der City, die Leipziger Straße (Abschnitt Potsdamer Platz bis Wilhelmstraße), wo das Anwachsen des Fahrradverkehrs (!) den Kraftwagenverkehr "behindert" und "verdrängt" habe, eine für Brömstrup äußerst bedenkliche Entwicklung, die aber bereits durch ein Verbot des Fahrradverkehrs werktags zwischen 8 und 19 Uhr unterbunden worden war. Doch trotz dieser "Besserung" bleibe die Leipziger Straße für einen auf 40 bis 50 Jahre vorauszusehenden Verkehrszuwachs unterdimensioniert. Brömstrups Antwort auf dieses "Verkehrselend" war weder eine Straßenverbreiterung noch ein Straßendurchbruch auch die erwogene Entfernung der Straßenbahnen aus dem Stadtinnern bringe wenig. Sein Vorschlag zielte - mit Blick auf die großen Vorbilder jenseits des Atlantiks - auf eine Höhendifferenzierung des Verkehrs. Vorteile eines solchen Konzeptes waren nach Brömstrup die geringeren Kosten gegenüber Straßenerweiterungen und -durchbrüchen. Schließlich werde "der Verkehr auf den Autohochbahnen und Hochplätzen sich fast geräuschlos abwickeln, jedenfalls bei weitem nicht so störend empfunden werden können, wie der Betrieb auf den jetzigen Hochbahnen des elektr. Schnellverkehrs. Die Konstruktion der Autohochbahn ist infolge ihrer geringen statischen Inanspruchnahme der Architektur des Stadtbildes in jeder Hinsicht leicht anzupassen und bietet in dieser Hinsicht nicht die Schwierigkeiten, wie die Konstruktion der elektr. Hochbahn. Die natürliche (Tages)Beleuchtung wird zwar durch die Anlage der Autohochbahn in den nicht geräumigen Verkehrsstraßen (z.B. Leipziger Straße) für die Geschäfte etwas beeinträchtigt. Für die Beurteilung der vorliegenden Frage ist dies aber nicht wesentlich, da die Geschäfte heute schon durchweg die 20 moderne, das Augenlicht schonende, künstliche Beleuchtung haben und sich derselben auch während der Tagesstunden ständig bedienen." (S. 48) Brömstrups Plädoyer für eine Autohochbahn in der Leipziger Straße war Teil eines weit umfassenderen Vorschlags für ein "Autohochbahnnetz in Berlin". In der Diskussion dieses Vorschlags war jede Beziehung zwischen konkreten Straßengebäuden und -parzellen auf der einen und der Fahrbahn auf der anderen Seite ausgelöscht, der Verkehr hatte sich vom konkreten Ort emanzipiert, oder besser: Der konkrete Ort war nichts weiter als ein zu überwindendes Hindernis. Hauptstraßen verkümmerten auf dem Plan zu Schnellverkehrsstraßen. Der lokale innerstädtische Verkehr wurde vom Durchgangsverkehr getrennt - die wichtigste Voraussetzung für das Primat des Durchgangsverkehrs. Damit war der entscheidende Schritt zu einer stadtzerstörerischen Verkehrsplanung getan. Selbst das nach dem Ersten Weltkrieg zum Museum gewordene Berliner Schloß wurde in dieser Optik zum Verkehrshindernis, zur Barriere der großen Achse von Westen nach Osten. Dem Propagandisten der städtebaulichen Moderne, Adolf Behne, wäre es nie in den Sinn gekommen, das Schloß der Hohenzollern als zentralen Punkt des Zentrums zu begreifen. Im Gegenteil, für Behne war das Schloß ein Hindernis für die weitere Entwicklung des Zentrums, ein materielles wie mentales Hindernis, eine "Denkhemmung" (vgl. Behne 1932). Bereits vor der stadtplanerischen Neuorientierung des Straßenraums zugunsten des Automobils verschärfte sich die Kritik an der überkommenen Bebauungsweise der in Frage gestellten historischen Korridorstraße. Erstrebt wurde im Citybereich die Auflösung der überkommenen Straßenfront, eine Anhebung und - nicht immer - Differenzierung der Gebäudehöhen - bis hin zum Hochhaus. Schon Anfang der zwanziger Jahre kommt es zu einer neuen Hochhausdebatte, die diejenige von vor dem Ersten Weltkrieg an Intensität weit übertraf. Insbesondere Bürohochhäuser sollten - in Anlehnung an die neuen Vorbilder jenseits des Atlantik - die überkommene, nicht mehr geschätzte Silhouette zugunsten einer neuen "Stadtkrone" revolutionieren. "Die Zeit der Kathedralen ist vorbei. Wohl werden noch Kirchen und Türme gebaut. Aber selbst im Lande der großen Abmessungen und der Riesenvermögen drüben im fernen Westen wachsen die großen Dome nicht mehr. Die hohen Häuser, die dort entstehen, sind anderer Art. Sie dienen nicht übersinnlichen Idealen, sondern dem profanen Zweck, in eifrigster Arbeit neue Werke zu schaffen, neue Geldquellen zu erschließen." (Möhring 1921, S. 1f.) Im Rahmen der Hochhausdebatte wurde eine ganze Reihe von Hochhausstandorten ins Gespräch gebracht, so die Umgebung des Bahnhofs Friedrichstraße, die "Linse" zwischen der Stadtbahn und der Spree im Westen der Museumsinsel, die Umgebung des Hackeschen Marktes, der Bereich des Lehrter Bahnhofes, die Gegend westlich des Potsdamer Platzes, der Askanischen Platz, der Blücherplatz im Süden des Halleschen Tores, die Ministergärten und der Königsplatz bzw. Platz der Republik. Die neue Berliner Bauordnung erlaubte bereits etwas höhere Geschäftshäuser, sofern die Wohnnutzung ausgeschlossen wurde. Ausdruck dieser kulturellen Veränderung waren - bereits vor der Wende zur automobilen City - etwa der Ideenwettbewerb für ein Hochhaus am Bahnhof Friedrichstraße 1921/22 und der Ideenwettbewerb zur Umgestaltung der Straße "Unter den Linden" (1925), dann aber vor allem die Vorschläge Ludwig Hilberseimers für den Bau eines vereinheitlichten neuen Zentrums an Stelle des polarisierten alten (1928). Diese Konzepte demonstrierten eine klare Absage nicht nur an die Korridorstraße, sondern auch an die kleinteilige Parzellenstruktur und an die Mischung der Funktionen im Citybereich. Sie zielten auf etwas Neues: auf eine Weltstadtcity. Natürlich gab es auch in der Hochhausfrage viel Streit - etwa um die stadtverträgliche Höhe. Martin Wagner etwa plädierte für ein bescheidenes "Hochhaus", wie es zum Beispiel Peter Behrens am Alexanderplatz realisieren konnte: "Berlin wird gut tun, sich mit allen Kräften gegen die 21 Entwicklung des Hochhauses in seinem Geschäftszentrum, der City, zu wehren. [...] Deutschland und Berlin ist nicht reich, nicht kurzsichtig und nicht fahrlässig genug, durch eine gegenwärtige Nachgiebigkeit vor dem Kind im Künstler und dem 'business' im 'banker' seine wirtschaftliche Zukunft, seine öffentlichen Finanzen und das organisch gewachsene städtebauliche Gefüge zu opfern. Wohl werden wir an einigen wenigen Stellen des Stadtplanes, zur Förderung großzügiger Bauvorhaben und zur Erzielung eines künstlerisch hochwertigen Stadtbildes dem sechsten das siebente und achte und äußerstenfalls das neunte Stockwerk hinzufügen. Hier aber sollte es eine Grenze haben, eine Grenze, die nicht überschritten werden darf. Die Städtebauer Amerikas warnen Europa, wenn man mit ihnen unter vier Augen spricht." (1929b, S. 44) Weltstadt, nicht mehr nur Hauptstadt - das war der Traum der späten zwanziger Jahre. "Dieses Berlin", so Walter Curt Behrendt, "steht heute im Begriff, aus der Hauptstadt des Deutschen Reiches, aus einer nationalen Metropole, die es bisher gewesen ist, eine internationale Weltstadt zu werden." (1929, S. 98) Weltstadt - das war die Befreiung von gestern, das bedeutete dynamischen Autoverkehr, sachliche Formen, Hochhäuser, die die muffige Traufhöhe durchbrechen, das waren große, monofunktionale Zonen für Geschäfte, für Kultur, für Vergnügungen und auch für die neue, demokratische Regierung der Weimarer Republik. Weltstadt - das bedeutete Partnerschaft und Konkurrenz mit den wenigen anderen anerkannten Weltstädten: mit Paris, London und New York, mit Großstädten, deren Etikettierung als Weltstadt eigentlich nichts mehr mit der Hauptstadtfunktion gemein hatte. Das städtebauliche Konzept der Weltstadt Berlin hatte in den zwanziger Jahren relativ eindeutige Voraussetzungen. Weltstadt meinte vor allem Weltstadtcity, den Umbau des historischen Zentrums von Berlin, aber auch den Ausbau des alten Zentrums, die Cityerweiterung. Für die übrige Stadt war das Leitbild die Anlage durchgrünter, aufgelockerter Wohngebiete mit möglichst nur dreigeschossigen Gebäuden, die gebührenden Abstand von reinen Industriezonen halten. Eine durchmischte, dicht bebaute Innenstadt im Sinne des überkommenen wilhelminischen Mietshausgürtels hatte in diesem Konzept keinen Platz mehr. Die von einer harmonischen Siedlungs- und Industrielandschaft umgürtete Weltstadtcity, organisiert durch den öffentlichen Personennahverkehr mit der Perspektive und Hoffnung eines massenhaften Automobilverkehrs das war, kurz zusammengefaßt, das Konzept der neuen Großstadt, einer Großstadt, die in Gestaltung und Funktion radikal mit der alten Stadt brach, die die Zerstörung der alten Stadt nicht nur in Kauf nahm, sondern bewußt anstrebte. Jenseits aller Träume von einer expandierenden modernen, autodurchfluteten, hochhausgeprägten Weltstadtcity blieb die "Geschäftsstadt" in der Weimarer Republik relativ unverändert. Zu den bereits etablierten Geschäftsvierteln gesellte sich seit 1920 in der südlichen Friedrichstadt das "Filmviertel" (Leyden 1933, S. 154). Doch als City wurde in der Weimarer Republik nicht mehr nur die "Geschäftsstadt" von Lesser wahrgenommen. Immer wieder wurde von der Westwanderung der City gesprochen. "Der Entwicklungszug im Stadtinnern geht [...] von Osten nach Westen. Die Hauptgeschäftsgebiete, die ursprünglich nur die Altstadt rechts der Spree umfaßten, haben sich über die Linden, die Friedrichstraße, Leipziger und Wilhelmstraße auf den Potsdamer Platz und seine Umgebung ausgedehnt. Diese Entwicklung wird weitergehen. Die Gegend am Zoologischen Garten wird ein - wenn auch besonders gearteter - Teil der City werden." (Bürgermeister Böß 1929, S. 115) So hatten etwa die "großen eleganten Läden" die Friedrichstraße eher verlassen und waren nun in den westlichen Stadtteilen zu finden (Leyden 1933, S. 159). Vor allem der Kurfürstendamm zwischen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und Knesebeckstraße hatte sich zu einer Haupteinkaufsstraße entwickelt. Der Stadtgeograph Fiedrich Leyden sprach weiter von einem "Vergnügungsviertel" um die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (S. 154). Die Westwanderung der City ermunterte zu weiteren Träumen. So schlug im Jahre 1926 Hermann Dernburg in der Zeitschrift "Städtebau" eine Vernetzung des historischen Zentrums mit dem 22 aufstrebenden Zentrum in Charlottenburg vor. Sehr zu wünschen, so Dernburg, wäre nämlich "ein großer und möglichst gerader Verkehrsweg vom Spittelmarkt zum Kurfürstendamm [...]. (S. 6) Hintergrund dieses Vorschlags ist die Annahme einer gewaltigen Nachfrage nach Citystandorten. "[...] völlig getrennt vom alten Verkehrszentrum Berlins, das sich um Linden, Friedrichstraße, Leipziger Straße gruppiert, [ist] ein neues entstanden, das eine erst an der Halenseebrücke endende Ausdehnungsmöglichkeit besitzt. Die dazwischen liegende Stadtgegend, vom Potsdamer Platz bis zur Gedächtniskirche, nimmt ein ruhiges, altes, ja baulich, wohnungstechnisch, wie geschäftlich längst überaltertes Wohnviertel ein und legt eine Barre zwischen das alte und das neue Geschäftsviertel, zum Nachteil aller drei Faktoren. [...] Es scheint nun wünschenswert, diesem künstlichen Zustande ein Ende zu machen, und das alte mit dem neuen Berliner Geschäftszentrum zu verbinden und dadurch eine neue zentrale Geschäftsgegend zu schaffen." (S. 6) Für dieses neue Cityband sollte der Landwehrkanal trockengelegt werden. Auf dem Boden des Kanals könnte dann die U-Bahn verkehren, auf dem Deckel wäre eine "Automobilstraße für Schnellverkehr" anzulegen. "Die beiden Seiten dieser Prachtstraße würden alsbald einer Neubebauung mit Hotels, Geschäftsund Bürohäusern erschlossen sein. Die Straße würde eine Breite von 70 m haben, während die Linden nur 60 m breit sind. Es wird kaum eine zweite Weltstadt geben, die eine derartige Geschäftsstraße aufzuweisen hätte." (S. 8) An die "rückständige" Altstadt verschwendete Dernburg keinen Gedanken. Sein Vorschlag zeigt die Konkurrenz zweier völlig unvereinbarer planungspolitischer Strategien: die Kanalisierung erhoffter zusätzlicher Citystandortnachfrage entweder in der Altstadt oder westlich des historischen Zentrums. Der Zug nach Westen rückte die Altstadt immer weiter ins Entwicklungsabseits. Die altstädtischen Cityerwartungsgebiete, also die historischen, noch nicht tertiärisierten Zonen, wurden tendenziell entwertet und drohten zu verfallen. Vor diesem Hintergrund sind die Bemühungen der Stadträte Ernst Reuter und Martin Wagner seit 1926/27 zu sehen, die südliche Altstadt verkehrsgerecht umzubauen. Ihre gemeinsam mit Martin Mächler als dem Vertreter des City-Ausschusses erstellten Planungen sollten "dem Zug des Geschäftslebens nach Westen entgegenwirken" (Scarpa 1984, S. 288). Ziel war die Beseitigung der Wohnungen, der kleinen Parzellen, der kleinen Häuser und engen Straßen. Daß die überkommenen Verhältnisse im östlichen Teilzentrum einer Weltstadtcity nicht würdig waren, daran ließ Martin Wagner keinen Zweifel. "Die City", so Wagner bedauernd, "umfaßt heute noch desolaten Bauboden in größerem Umfang, der für 200 Mark den Quadratmeter zu haben ist." (1929, S. 231) Nicht zuletzt wegen der sich zuspitzenden wirtschaftlichen Situation wurde im März 1931 der Antrag auf Ausschreibung eines Wettbewerbes zur Sanierung der südlichen Altstadt von der Stadtverordnetenversammlung abgelehnt. Nach dem politischen Machtwechsel 1933 wurden die 1931 gescheiterten Pläne noch einmal aus der Schublade geholt. So erschien im Jahre 1934 in der noch von Martin Mächler herausgegebenen "Deutschen Bauzeitung" ein ganze Reihe von Artikeln, die die Planungen der Weimarer Republik wieder aufwärmten. Der kommissarische Bürgermeister des Bezirks Berlin-Mitte, Lach, schrieb damals: "Im Fischerkiez [...] sind ganze Häuserblocks abrißreif." (1934, S. 25). Dem Artikel des Bezirksbürgermeisters folgte eine sehr ausführliche Darstellung der Ergebnisse des Gutachtens des Deutschen Vereins für Wohnungsreform. Schließlich forderte ein Dr. Sandow die Einsetzung eines "Staatskommissars für die Sanierung der City von Berlin", einen "Führer der City von Berlin". Anlaß für diese Forderung war die Klage, daß die Kaufkraft der Altstadt "mehr oder weniger den Rücken kehrt. [...] Für den Städtebauer entsteht nun die große Frage, ob er diesen 'Zug nach Westen' eindämmen und wieder in die City zurückführen kann." Und weiter: "Wie wollte es die City fertigbringen, die modernsten Lebensströmungen des Großstädters aufzuhalten, wenn sie selbst in ihrer ganzen Form so undynamisch ist, daß sie nicht einmal rein baulich und verkehrstechnisch den 23 gesteigerten Ansprüchen eines Weltstädters gewachsen ist? Die City ist in einem Spinnwebennetz kleinster Grundstücksgrenzen eingefangen, die jede Erweiterung einer Straße und jede Erweiterung eines Geschäftshauses von einem Zufall oder von der guten Laune und dem guten oder schlechten Willen des Nachbarn abhängig macht." (1934, S. 142) Damit war auch die Aufgabe des geforderten "Führers" klar umrissen: "Die Wohnviertel der Armen und Ärmsten mit ihrer dezimierten Kaufkraft hemmen die Entwicklung der City und müssen durch eine radikale Abwrackung der desolaten Wohnviertel beseitigt werden." (S. 144) Hinter dem Pseudonym Dr. Sandow verbarg sich niemand geringeres als Dr. Martin Wagner. Doch auch in der nationalsozialistischen Zeit wurden die Pläne zum Umbau der südlichen Altstadt in der von Wagner erwünschten Dimension nicht durchgeführt. Zwar wurde vor allem eine Sanierung des südlichen Teils von Alt-Berlin und des Friedrichswerder eingeleitet, aber die durch den Generalbauinspektor Albert Speer forcierte Neugestaltungsplanung sollte den Schwerpunkt der City noch weiter nach Westen verschieben. Der stark durch jüdische Kaufleute und Industrielle geprägte City-Ausschuß, der im Januar 1934 noch eine Denkschrift zur Entwicklung einer deutschen City vorbereitet hatte (vgl. Balg 1986, S. 363f.), wurde schon im März 1934 aufgelöst. 1935 verließ Martin Wagner Deutschland. Ausgangspunkt der Speerschen Neugestaltungsplanung war der proklamierte gewaltige Bedarf an neuen City-Großbauten, für die es im bisherigen Zentrum Berlins keine geeigneten Bauplätze gebe, Bauplätze, die das mit solchen Großbauten verbundene Verkehrsaufkommen verkraften könnten. "Der Gedanke, für diesen Zweck einen der vorhandenen großen Straßenzüge auszubauen, ist erwogen, reiflich untersucht und verworfen worden. Denn bereits eines der ersten praktischen Beipiele zeigte, daß selbst die breiteste und großzügigste Straße Berlins, die Straße 'Unter den Linden', für bestimmte neue Bauten nicht mehr in Betracht kommen konnte, da sie den damit verbundenen größeren Verkehrsanfall nicht bewältigt. [...] Es ist völlig klar, daß demnach etwa die Friedrichstraße oder die Leipziger Straße für den weiteren Neubau großer verkehrsanziehender Bauwerke noch viel weniger in Frage kommen kann, da hier bereits der heutige, normale Verkehr schon zu erheblichen Stockungen führt. Es folgt daraus, daß für die Errichtung der notwendigen großen Neubauten eine neue Straße erbaut werden muß, die nicht nur den Verkehr der Jetztzeit, sondern auch den in Zukunft zu erwartenden, bedeutend verstärkten Verkehr bewältigt." (Speer am 28. Januar 1938 in der "Berliner Morgenpost") Im Rahmen der Neugestaltung sollten auch die "veralteten" Bahnhöfe am Potsdamer bzw. Askanischen Platz aufgegeben werden. Das Konzept der sich kreuzenden Achsen zielte auf eine Ergänzung der eher ost-west-gerichteten City durch eine neue Nord-Süd-Entwicklungsschiene, ein Vorschlag, der bereits zwei Jahrzehnte vorher von Martin Mächler formuliert worden war. Das Konzept zielte weiter auf eine Verlagerung des Cityschwerpunktes nach Westen und schließlich auf eine Zentralisierung des innerstädtischen Verkehrs auf die beiden Achsen - ein Aspekt, der der behaupteten Automobilorientierung eher widersprach. Von Bedeutung war aber nicht nur die Absicht der Verschiebung des Zentrums durch die geplante, aber nicht realisierte Nord-Süd-Achse. Wenig beachtet wurde in der Regel der Effekt der planungsvorbereitenden Verdrängung von bestehenden Verwaltungsstandorten im Bereich der Nord-Süd-Achse. Auf diesen Effekt hat Hans Borstorff nach dem Kriege hingewiesen. "Als dann die Speerschen Bereichserklärungen erfolgten, und damit vor allem das gesamte Gebiet westlich des Potsdamer Platzes sowie des südlichen und nördlichen Tiergartenviertels in Auflösung kam, erfolgte ein tiefgreifender Strukturwandel mit Umorientierung dieser Unternehmen nach dem Berliner Westen. [...] Viele Hundert derartige größere und kleinere Verwaltungen, Organisationen und Verbände lagen über das West-Berliner Gebiet bis in den Grunewald hinein zerstreut. Bei der Hast, mit der sich dieser Umschichtungsprozeß vollziehen mußte, konnte es selbstverständlich zu 24 keinem organischen Wachstum irgendeines besonders pointierten Schwerpunktes kommen. Eine 'westliche Verwaltungs-City' entstand nicht." (1948, S. 76f.) In der Zwischenkriegszeit veränderte sich also das Zentrum Berlins nur wenig - trotz einer Vielzahl radikaler Planungen und aller Beschwörungen von Dynamik, Maschine, Weltstadtverkehr. Die privaten Investoren waren wirtschaftlich weit weniger potent als in der Kaiserzeit, und die öffentliche Hand war zwar programmatisch offensiv, durch die Haushaltslage aber praktisch gezügelt. Selbst die "Westwanderung der City" darf nicht überschätzt werden: Tatsächlich blieb die Dorotheen-/Friedrichstadt weiterhin der Kernbereich der City. Eine großzügige Tertiärisierung des östlichen Stadtzentrums scheiterte - wie schon in der Kaiserzeit. Im äußeren Westen dagegen entwickelte sich um die imperiale Trutzburg der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ein auf die dortige Wohnbevölkerung bezogenes elegantes Laden- und Vergnügungsgebiet. Allerdings war diese Gegend weiterhin wesentlich durch Wohnungen geprägt, wenngleich durch sehr teure Wohnungen (vgl. Borstorff 1948 , S. 54). "An die Vielseitigkeit und Großzügigkeit der Aufgaben der City", so Herbert Louis 1936, reichte die Geschäftsgegend in der Tauentzienstraße und am Kurfürstendamm aber "nicht heran" (S. 18). Das drückte sich auch in den Bodenpreisen aus. Im Jahre 1936 betrug der Preis pro Quadratmeter Boden etwa an der Leipziger Straße 1.400 - 2.500 Mark. Die Preisspanne am Kurfürstendamm betrug dagegen nur 600 - 1.500 Mark. Der Aufstieg des Kurfürstendamms zeigte sich allerdings im Vergleich zur Preisspanne an der Königstraße, der bedeutendsten Straße des östlichen Teilzentrums: Dort war dasselbe Preisgefüge wie am Kurfürstendamm zu vermerken. (Topographischer Atlas 1987, S. 27) Das war natürlich keineswegs die Entwicklung, die sich die Stadtplaner insbesondere seit der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre erhofft hatten: Während in der späten Weimarer Republik Martin Wagner, Ernst Reuter und Martin Mächler eine cityorientierte Aufwertung der Altstadt anstrebten, zielte die Neugestaltungsplanung von Albert Speer auf eine weitere drastische Westwanderung der City und damit auf eine Entwertung der Dorotheen-/Friedrichstadt. Beiden Konzepten lagen städtebauliche Prinzipien zugrunde, die heute zu Recht als zentrale Fehler der städtebaulichen Moderne diskutiert werden: das Prinzip der autogerechten City und das Prinzip der monofunktionalen tertiären City auf Großparzellen. Dazu kam der beabsichtigte Bruch mit den städtebaulichen Proportionen der Kaiserzeit, der in der Planung von Hochbauten seinen spektakulärsten Ausdruck fand. Dieser Bruch hätte den bedeutsamsten positiven Aspekt der überkommenen Zentrumsstruktur, das Zentrum ohne zentralen Punkt, verletzt. Am 1. September 1939 entfesselten die Nationalsozialisten den Zweiten Weltkrieg. Als der Krieg schließlich in sein Ursprungsland zurückkehrte, wurde das Zentrum der Reichshauptstadt mit den dort konzentrierten Schaltstellen des "Dritten Reiches" zu einem bevorzugten Ziel der alliierten Bomben. Am 3. Februar 1945 erlebte Berlin die schwersten Bombenangriffe: "Ein Tag, wie er in dieser Jahreszeit selten ist; die Sonne schien", so ein Rückblick ein Jahr später. "Vor der Mittagsstunde heulten die Sirenen. Das war nichts Ungewohntes mehr. Mancher Stadtteil von Berlin war in Trümmer gelegt. Aber das Leben pulste immer noch. Die Innenstadt hatte schwere Schrammen. Aber sie war doch bis zu einem gewissen Grade noch die alte geblieben. An diesem 3. Februar sank sie, in Flammen gehüllt, in sich zusammen. Es war das Werk von anderthalb Stunden. Am Mittag standen ihre großen Straßenzüge, sturmgepeitscht, in hellen Flammen. Der Rauch legte sich über die brennenden Herde und verdunkelte langsam die Sonne. Und vom Herzen der großen Stadt her legten sich Schatten auf die Außenviertel, über die sie als unheilkündende Zeichen mit dem Winde zogen." (Der Tagesspiegel 3.2.1946) Weite Bereiche der Berliner Stadtmitte und des Bezirkes Tiergarten glichen danach einem Trümmerfeld. Allein im Bezirk Mitte wurden an jenem Tag über 70 Prozent der Gebäude zerstört, darunter viele historische Bauten des historischen Zentrums - Unter den Linden und anderswo. 25 1.3. Das teilzerstörte, gespaltene und geschrumpfte Zentrum nach dem Zweiten Weltkrieg Der Zweite Weltkrieg markierte den härtesten Bruch in der Entwicklung des Zentrums. Von Bedeutung waren dabei nicht nur und nicht in erster Linie die Kriegszerstörungen: Obwohl im Zentrum die größten Zerstörungen zu verzeichnen waren, blieb die unterirdische stadttechnische Infrastruktur weitgehend erhalten. Der Parzellenstruktur konnten die Bomben sowieso nichts anhaben. Von weitaus größerer Tragweite war dagegen die durchgreifende funktionale Zerstörung der im Kaiserreich begründeten und nach 1918 lediglich modifizierten Zentrumsstruktur im Zuge der Spaltung Berlins. Große Unsicherheit bestand nach 1945 zunächst über die künftige Rolle Berlins, eine Unsicherheit, die erst später von der Sicherheit der Spaltung abgelöst wurde, wobei auch deren Implikationen und Dauer nicht kalkulierbar waren. Wird Berlin, so die Fragen des Jahre 1946, "eine Beamtenstadt mit Zentralstellen für Regierung, Handel und Verkehr? [...] Kurz: welcher gesellschaftliche und wirtschaftliche Stand kann heute und in naher Zukunft für Berlin angenommen werden?" (Neue Bauwelt 8/1946, S. 1) Nicht wenige Stadtplaner in beiden Teilen Deutschlands nahmen diese Situation durchaus mit einem "wehmütigen Lächeln" zur Kenntnis und begriffen die gewaltigen Zerstörungen als "Chance", auf den Trümmern der alten Stadt eine neue Stadt zu gestalten und so die unerfüllt gebliebenen Wünsche und Träume der zwanziger Jahre - wenngleich in modifizierter Form schließlich doch noch Wirklichkeit werden zu lassen. So zielten schon die großen Planungen der ersten Nachkriegsjahre nicht auf einen Wiederaufbau, sondern einen Neuaufbau Berlins - vor allem der von einem Planungskollektiv unter Beteiligung des Stadtbaurats Hans Scharoun verfaßte "Kollektivplan" (1946) mit dem Leitbild einer im Berliner Urstromtal zu entwickelnden autogerechten "Stadtlandschaft", aber perspektivisch auch der von Willi Görgen und Walter Moest entworfene "Zehlendorfer Plan" (1947) mit dem Leitbild einer autogerechten Stadt. Für die Reste der historischen Stadt war abgesehen von einzelnen "Traditionsinseln" in beiden Planwerken programmatisch kein Platz mehr. Weitgehend einbezogen wurde die vorhandene Stadt indessen in das Konzept des 1946/47 von Karl Bonatz initiierten "Neuen Plans von Berlin" - dies jedoch nicht aus Überzeugung, sondern aus pragmatischer Einschätzung der materiellen Gegebenheiten und der verfügbaren Ressourcen. Zur Frage der City äußerte sich vor allem der radikalste Plan der unmittelbaren Nachkriegszeit, der Kollektivplan, nur sehr zuückhaltend. "Die einzelnen Standorte der Büros des Staates, der Stadt, der Wirtschaft, der Gewerkschaften, der Werkstätten, der Konfektion, der Druckereien, der Wohnungsausrüstung gliedern sich als selbständige Zellen, verkehrlich an Straße und Schiene kürzest angeschlossen und ergänzt durch Hilfsbetriebe, speziell Einrichtungen des Post- und Nachrichtenwesens, in die Maschen des Straßennetzes ebenso ein, wie die vom Durchgangsverkehr freigehaltenen historischen Stadtteile 'Unter den Linden', Museumsinsel, die Hochschulzelle usf." (Havemann 1946, S. 28) Auffallend ist, daß der kritische Chronist Wilhelm Havemann hier das Wort "City" nicht gebraucht - ein Hinweis auf die damals empfundene historische Belastung nicht nur dieses Begriffs, sondern auch dieser Funktion. "Das Gebiet der Innenstadt", so Havemann an anderer Stelle, "das früher schon häufiger als 'City' bezeichnet wurde [...], war ein solches, das zum erheblichen Teil der 'Repräsentation' diente, so wie man diese damals verstand. [...] Eine große Anzahl von Menschen aller Art lebte von dieser Repräsentation, die wir uns nun heute nicht mehr leisten können und die bereits durch die Bomben und die Brände der vergangen Jahre ausgelöscht ist." (1946, S. 41) 26 In der Amtszeit des Stadtrats Karl Bonatz waren die Skrupel gegenüber Repräsentation bereits weniger ausgeprägt. Der Sozialdemokrat forderte "ein deutlich erkennbares politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum". Allerdings sollte beim Aufbau des Zentrums ein goldener Mittelweg beschritten werden: "Wir gehen damit allen Extremen bewußt aus dem Weg, einerseits der wirtschaftlich und praktisch untragbaren, völligen Freihaltung der Stadtmitte, die von manchen Theoretikern propagiert wird, andererseits einer noch weiteren Verdichtung durch enge Bebauung mit Turmhäusern. Diese ausschließlich von der Spekulation und Gewinnsucht in manchen Städten des Auslandes gewählten Formen kann man nur als Ausgeburten des Wahnsinns bezeichnen." (1948, S. 8f.) Unter Bonatz entwickelte Richard Ermisch seine einschneidenden Vorstellungen zur Neustrukturierung der City im Bereich Dorotheen-/Friedrichstadt, ein Planer, der schon in den dreißiger Jahren mit seinen Plänen zum Altstadtumbau bekannt geworden war. Wie die anderen Pläne der unmittelbaren Nachkriegszeit blieben auch Ermischs Entwürfe Papier. Die zerstörerischen Visionen einer "neuen Stadt" prägten jedoch das Denken vieler Stadtplaner in der Folgezeit. "Unsere Innenstadt", so Hans Borstorff noch 1948, "ist z. Z. kaum mehr als ein lokalgeographischer Begriff, ein Hohlraum im historischen Mittelpunkt der Stadt, dem infolge Fehlens jeder übergeordneten - gesamtdeutschen oder selbst einheitlichen Berliner - Aufgabe jedes Fundament entzogen ist und jeder Impuls zu neuer Kraftentfaltung fehlt. Wir müssen uns auch darüber klar sein, daß die City nur durch Zuweisung solcher übergeordneter Aufgaben einen Sinn erhält und ohne diese nicht mehr und nicht weniger ist, als jeder beliebig andere Bereich Berlins. Es ist für uns eine erschütternde Erkenntnis, daß noch immer so wenig Aussicht auf die Verwirklichung der Wirtschaftseinheit Deutschlands besteht. Es nützt nichts, unsere Augen davor zu verschließen, daß wir bei einem Fehlschlag auch die City auf den großen Altar unserer Opfer legen müssen." (S. 71f.) Hans Borstorff war seit 1945 Referent des Hauptamtes für Planung II in der Abteilung für Bau- und Wohnungswesen des Magistrats von Groß-Berlin, der sich auf ausdrückliche Anforderung des Planungskollektivs mit Standort- und Strukturfragen des Berliner Zentrums befaßte. Borstorffs Arbeiten wurden 1948 in einer Schrift mit dem bezeichnenden Titel "Stadt ohne Zentrum" veröffentlicht. Diese strategische Schrift verdient gerade heute ein erneutes Studium. Für Borstorff wie andere Planer der unmittelbaren Nachkriegszeit stand die Beibehaltung des historischen Standortes der City außer Frage, ebenso das Ziel einer "reinen Geschäftsstadt ohne Wohnungen" (Moest 1947, S. 29). Borstorff brachte aber auch die Idee eines "Citybandes" "vom Alexanderplatz bis zum Knie Charlottenburg bzw. Kurfürstendamm-Uhlandstraße" (vgl. Borstorff 1948, S. 77ff.) ins Gespräch. Die Spaltung Berlins 1948 ließ alle gesamtstädtisch orientierten Ideen Makulatur werden. Sie führte - wie von Borstorff befürchtet - zur Herausbildung von zwei Stadtzentren: eines Zentrums um das Gebiet zwischen Alexanderplatz und Marx-Engels-Platz im Ostteil und eines Zentrums um den Hardenbergplatz im Westteil Berlins. Sie führte auch - ebenfalls von Borstorff vorhergesehen - zur Verlagerung wichtiger Cityfunktionen nach Westdeutschland. Während Ost-Berlin Hauptstadt der neuen DDR und damit staatssozialistischer Hauptinvestitionsort wurde, durfte das von privaten Investoren gemiedene, allenfalls durch Steuervorteile mit privatem Kapital künstlich beatmete West-Berlin die Rolle einer "Hauptstadt eines wiedervereinigten Deutschlands" im Wartestand spielen, die Rolle eines "Schaufensters des Westens". In West-Berlin wurde der Widerspruch zwischen City-Inszenierung und tatsächlicher tertiärer Zentrumsentwicklung besonders offenkundig. Die inszenierte City war punktförmig, oder vielleicht präziser: dreipunktförmig. Den einen Punkt bildete das Ensemble der zerstörten Kaiser-WilhelmGedächtniskirche mit den Neubauten von Egon Eiermann, flankiert vom Hochhaus mit dem 27 großspurigen Namen "Europacenter". Dieses 1963-65 errichtete, 86 Meter hohe "Center Europas" wurde durch ein Symbol bekrönt, das auf Verhältnisse in der Stadt, der City, der Gesellschaft verweist: das Symbol des Mercedessterns. Den zweiten Punkt bildete die platzartig betonte Kreuzung Joachimsthaler Straße/Kurfürstendamm, die nicht nur durch das Café Kranzler berühmt war, sondern auch durch ein weiteres bedeutungsschweres Zeichen: die Kanzel zur Überwachung des automobilen Weltstadtverkehrs. Den dritten Punkt markierte im wesentlichen ein einziges Gebäude, das materialisierte "Schaufenster des Westens": das KaDeWe (Kaufhaus des Westens) am Wittenbergplatz. Alle drei Punkte lagen ganz in der Nähe des zentrumsfördernden Bahnhofs Zoo. Diese funktional gesehen äußerst magere City West-Berlins wurde über Postkarten, Reiseführer, Drucke und Fotos bis zur Überdrüssigkeit in Szene gesetzt. Weitgehend unbeachtet blieben dagegen die anderen Orte der Konzentration tertiärer Funktionen, vor allem das Verwaltungszentrum am Fehrbelliner Platz, ein städtebauliches Erbe der nationalsozialistischen Zeit, eine trostlose Bürohausballung mit immerhin etwa 50.000 Beschäftigten in der Umgebung, die nach Büroschluß in urbaner Leere versank. Die "West-City" der Nachkriegszeit war weder quantitativ noch qualitativ mit der historischen City vergleichbar, sie war das Ergebnis einer Simulation. "Von einem echten City-Viertel", so Burkhard Hofmeister noch 1987, "kann bisher kaum die Rede sein." (Topographischer Atlas 1987, S. 35) West-Berlin, so auch Dieter Hoffmann-Axthelm, hatte "kein eigenes Zentrum. [...] Die City zwischen Wittenberg-, Ernst-Reuter-, Olivaer und Spichernplatz war nicht imstande, das irreguläre Gebilde Berlin-West zu zentrieren." (1991) Jenseits realer Entwicklung und City-Showbusiness beanspruchten die Planungen West-Berlins weiterhin für Gesamt-Berlin Gültigkeit. Ein wichtiges Konzept in diesem Zusammenhang war das bereits unmittelbar nach dem Kriege vorgedachte "City-Band". In einem Informationsblatt des Presse- und Informationsamtes des Landes Berlin von 1968 wurde diese Idee propagiert und angesichts der Existenz unterschiedlichster Funktionsgebiete im Bereich zwischen Kaiserdamm und historischer City - flugs in ein positives Konzept der "guten Mischung aller Stadtfunktionen" einschließlich des Wohnens umgemünzt. Die Gefahren dieser krampfhaften planerischen Verknüpfung der West- mit der Ost-City für die bestehenden nicht-zentralen Wohn- und Gewerbestrukturen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht aktuell. Die voluntaristische Idee des Citybandes wurde zu Beginn der achtziger Jahre durch die im Rückblick nicht minder willkürliche Idee des "Zentralen Bereichs" in den Schatten gestellt. "Mehr als Sandkastenspiele", so Bernhard Schulz im "Tagesspiegel" vom 5. Mai 1991, "sind damals nicht herausgekommen." In Ost-Berlin wurde angesichts der Randlage der nördlichen Friedrichstadt der historische Kernbereich des Zentrums - mit Ausnahme der relativ aufwendig wiederaufgebauten Straße Unter den Linden - zunächst völlig aufgegeben. Friedrichstraße, Behrenstraße, Wilhelmstraße und Leipziger Straße kümmerten vor sich hin. Der Bau der auf 90 Meter verbreiterten Stalinallee verdeutlichte die geplante und auch realisierte Ostwanderung der Ost-Berliner City. Auch in OstBerlin kann man von einer Dreipunktcity sprechen, oder besser von einem Zentrumsband mit drei Gliedern - allerdings auf einer deutlich größeren Fläche. Den einen Punkt bildete der Marx-Engels-Platz, als dessen östliche Begrenzung jenseits der Spree in den fünfziger Jahren noch statt des 1950 abgeräumten Schlosses der symbolische Glanzpunkt der sozialistischen City, der Stadt und des Staates geplant war: das in Anlehnung an die Hochhäuser Moskaus gestaltete, 150 Meter hohe "Zentrale Gebäude" für Ministerrat und Volkskammer. Statt des Hochhauses wurde 1973 bis 1976 - allerdings auf der westlichen Spreeseite - der Palast der Republik gebaut. Der Marx-Engels-Platz wurde im Westen durch den 1964-67 errichteten Bau des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten geradezu abgeriegelt. Der Bau markierte städtebaulich das schroffe Ende des "zentralen Ensembles" (Schweizer 1967, S. 8). 28 Den zweiten Punkt bildete der Alexanderplatz, der zwischen 1962 und 1970 völlig neu gestaltet wurde: Neben den 1928-31 errichteten Gebäuden von Peter Behrens prägten vor allem das Kaufhaus (1967-70) und das Hochhaus des Interhotels "Stadt Berlin" (1967-70) den autofreien Platz, der an drei Seiten von überdimensionierten Autostraßen begrenzt wurde. In gewissem Maße waren am Alexanderplatz die zerstörerischen Träume der zwanziger Jahre in Erfüllung gegangen. Zwischen Alexanderplatz und Marx-Engels-Platz wurde ein großer Freiraum geschaffen, der neben der restaurierten Marienkirche als letztem Überbleibsel von Alt-Berlin vor allem dem neuen Fernsehturm als Standort diente. Dieser 365 Meter hohe, von Hermann Henselmann ins Gespräch gebrachte "Turm der Signale" wurde zunächst abgelehnt, dann aber als zentrales Zeichen des Zentrums zwischen 1965 und 1969 doch hochgezogen. Es folgte der Bau der Freiraumkanten an der Karl-Liebknecht-Straße und Rathausstraße bis 1973. Damit war die städtebauliche Struktur des mittelalterlichen Berlin in der DDR-Ära vollständig ausgeschabt worden. Wovon Martin Wagner noch geträumt hatte, hatten die Bomben des Zweiten Weltkrieges vorbereitet und die Herren der DDR exekutiert. Die kleinteilige Parzellenstruktur, die niedrigen Häuser, die kleinen Gewerbebetriebe waren beseitigt worden. Zerstört wurde das alte Berlin aber am radikalsten auf der Fischerinsel, wo erst in den sechziger Jahren die bedeutenden Reste der historischen Stadt spurlos abgeräumt und durch eine Konfiguration von Hochhäusern ersetzt wurden. Von Wohnhochhäusern im übrigen, was die praktische Kritik am Prinzip des rein tertiären, kapitalistischen Zentrums ausdrücken sollte. Tiefgreifend verändert wurde schließlich auch eine der bedeutendsten Straßen der Friedrichstadt: die Leipziger Straße. Mit dem Neubau des Ostteils der Leipziger Straße im Sinne einer "repräsentativen Magistrale" (Schweizer 1969, S. 526) wurde das leistungsfähige, dezentrale Gefüge des barocken Gittergrundrisses ohne Not erheblich beeinträchtigt. Die Zerstörung des alten Zentrums war in den späten fünfziger Jahren auch im Westen beschlossene Sache. Erinnert sei nur an den "Ideenwettbewerb für die Gestaltung der Hauptstadt Berlin" von 1957, der den Anspruch West-Berlins, für Gesamt-Berlin zu planen, einem propagandistischen Höhepunkt zuführte. Die Zielsetzungen und Ergebnisse des Wettbewerbs verdeutlichten einmal mehr die stadtzerstörerische Planungsideologie der Wiederaufbauära: Der historische Stadtgrundriß der alten City Berlins sollte radikal verändert werden, gewaltige Autotrassen sollten das Zentrum bedienen, und die geplante Bebauung brach mit den überlieferten Dimensionen der Gebäude und Parzellen. Die Vernachlässigung der alten City durch die Ost-Berliner Stadtplanung - so zeigt der Rückblick heute - war wohl die einzige Möglichkeit, die Reste der historischen Stadt zu retten. Erst mit dem Beginn einer Krise der Prinzipien der städtebaulichen Moderne in den siebziger Jahren kam es zu einer Neubewertung der historischen Strukturen des Berliner Zentrums - in Ost wie West. Diese Neubewertung erreichte - wen wundert es - im Zuge der Vorbereitung der 750-JahrFeier Berlins einen Höhepunkt, also in einer Zeit, als der Blick zurück in die eigene Geschichte eine in der Nachkriegszeit unbekannte Dimension erreichte. Die kaiserzeitlich orientierte Möblierung und Gestaltung des Kurfürstendammes waren Ausdruck dieser Neubewertung im Westen; die Realisierung des pseudomittelalterlichen Nikolaiviertels und die Teilrealisierung des Umbaus der Friedrichstraße zu einer multifunktionalen Korridorstraße zeigten die Neuorientierung im Osten. Gerade die Planung der Friedrichstraße verweist auf die neue Zuwendung zur historischen City und damit die Förderung einer Westwanderung der City aus Ost-Berliner Perspektive. Der Fall der Mauer stoppte diese Entwicklung auf halbem Wege. Anders als in Ost-Berlin wurde diese Ära historisch orientierten Zentrumsumbaus in West-Berlin rasch wieder in Frage gestellt. Seit 1988 jagten sich die Projekte für "Bürotels" und andere 29 Imaginationen, die in Form von Hochhäusern die schlappe West-City beglücken wollten. Damit wurde hauptsächlich aus Architekturkreisen die überholte Konzeption des modernistischen Hyperzentralismus in ästhetisch verfeinertem Gewande wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Diese Projekte für die West-Berliner City bekamen nach dem Fall der Mauer Rückenwind, verloren aber zugleich an öffentlicher Aufmerksamkeit. 1.4. Das Ringen um ein neues Zentrum Gesamt-Berlins Nach dem Fall der Mauer stand wiederum - wie schon 1871, 1918, 1945 - die Frage im Raum: Was soll aus Berlin werden? Anders als die von Zweifeln geplagten Fachleute gegen Ende der vierziger Jahre waren Planer und Politiker unmittelbar nach der Wende grenzenlos zuversichtlich. Nunmehr schien Berlin endgültig seine Rolle gefunden zu haben - als "Bindeglied zwischen West und Ost". "Berlin", so die beiden Teil-Berliner Interimsbürgermeister Walter Momper und Tino Schwierzina 1990, "befindet sich in einer einmaligen Situation. Wir liegen nicht mehr am Rande des Westens oder gar da drüben im Osten, sondern wir liegen mitten im Herzen Europas. Das eröffnet uns Chancen vielfältiger Art. Denn das geistige, politische und kulturelle Geschehen in Europa wird sich allmählich weiter nach Osten verschieben. Die Staaten Osteuropas sind wieder auf dem Wege nach Europa. Das heißt nicht Abschied nehmen von der Westorientierung, sondern vielmehr geistige und kulturelle Bereicherung. Es heißt, die beiden Hälften unseres Kontinents wieder zusammenzufügen." Und weiter: "Berlin sieht sich im Reigen der europäischen Metropolen Seite an Seite mit Städten wie Rom, Paris, Madrid, London, Moskau oder Budapest. Wir befinden uns in einem friedlichen Wettstreit um die Zukunftsmodelle für Großstädte unseres Ranges." (S. 6) Zunächst mußte sich die wiedervereinigte Stadt allerdings auf eine Aufholjagd begeben, deren Verlauf vorhersehbar zu sein schien. "Berlin", so Hanno Klein, der später durch eine Briefbombe ermordete Leiter einer Arbeitsgruppe (Stabsstelle) für private Investitionen in Berlin, "wird sich zu einer 'Metropolregion' und zu einem europäischen Zentrum für Dienstleistungen (was Kultur und Wissenschaften impliziert), für Handel und Verkehr entwickeln. Diese noch nicht strukturierte Region wird ihre Rolle zunächst als das Schlüssel- und Innovationsgebiet für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation der ehemalilgen DDR aufnehmen. Die nächsten Stufen werden sein: Ausbau der Region, vergleichbar der Ausstrahlung und Kraft des schwäbischen Raumes oder des Ruhrgebietes mit der Perspektive, zur ersten europäischen Garnitur wie Paris, London, Brüssel, Rhein/Main aufzusteigen. [...] Eine neue Gründerzeit also! Ja, jedoch sozialer, ökologischer, intelligenter!" (1991, S. 11) Wachstum, Wachstum, Wachstum - das war die Botschaft dieser Monate für das wiedervereinigte Berlin! Und nahezu alle ließen sich von dieser Spekulation anstecken. "Die Prognosen verdichten sich zu einem Bedarf von Büroflächen von ca. 6 Mio [qm] Bruttogeschoßfläche und dem 2-3fachen dieser Fläche für alle übrigen Bereiche. Und dieses für die nächsten 10-15 Jahre." (S. 12) Hanno Klein verwies weiter auf eine Studie, die seiner Meinung nach "viel zu vorsichtig" - von 800.000 bis 1,6 Mio Menschen Zuwachs bis 2010 spricht. Das bedeutet "400.000 bis 800.000 Wohneinheiten, die neu geschaffen werden müssen", darunter "überproportional" viele "qualitativ sehr hochwertige Wohnungen" (ebd.). Damit war ein spekulatives Zahlenwerk in die Welt gesetzt, das die Berliner Zentrumsplanung fortan in die Irre leiten sollte. Mit diesen Erwartungen begann die Suche nach dem Zentrum Berlins von neuem, auch die Suche nach dem zentralen Punkt des Zentrums. "Wo soll man die Mitte suchen in diesem unüberschaubaren Gitterwerk von Straßen [...]? Gibt es kein Zentrum, wo ist der Halt?" (Der Spiegel 17/1991, S. 50) "Das Zentrum, die Mitte, ist leer, wenn auch übersät mit historischen Trümmern." (Der Spiegel 18/1991, S. 148) Beim Umbau des Berliner Zentrums gab es auf "westlicher" Seite keine routinisierten Erfahrungen, die Erfahrungen "östlicher" Fachkollegen und Institutionen waren entwertet. Berlin steht seit der Vereinigung der Stadt vor der Notwendigkeit, 30 sozusagen aus dem Nichts städtebauliche Leitbilder, Instrumente und Verfahren zur Erneuerung des Zentrums zu erarbeiten. Gerade für die Fixierung des zentralen Punktes des Zentrums bot sich zunächst ein Vorgang an, dessen Geschichte bereits vor dem Fall der Mauer begonnen hatte, ein Vorgang, der die Gemüter der Stadt bewegte und das öffentliche Interesse zentralisierte: die Neugestaltung des mythischen, leergeräumten Potsdamer Platzes. Ohne eine Konzeption für die künftige Struktur des Zentrums wurde der Potsdamer Platz für eine kurze Zeit zum imaginären zentralen Punkt der Stadt, zum Symbol des neuen Berlin nach 1989, zum Gegenstand aber auch isolierter Planung, übermäßiger Verdichtung und ängstlicher Hast. Tatsächlich wurden die großen Schlachten um die Art und Weise des Berliner Zentrumsumbaus erstmals und stellvertretend am Potsdamer Platz geschlagen und - aus der Sicht einer ausgewogenen Zentrumsentwicklung - letztlich verloren. Dabei handelte es sich um Schlachten zwischen den großen Konzernen und dem Land Berlin, Schlachten innerhalb des Senats, zwischen Senat und Fachwelt, zwischen und innerhalb der politischen Parteien, innerhalb der Fachwelt, innerhalb der veröffentlichten Meinung. Kein städtebauliches Vorhaben des Zentrumsumbaus hat seither solche Streitenergien mobilisiert. Als Niederlage war zuallererst die gesteigerte bauliche Dichte zu werten, die den Konzernen zugestanden wurde, dann das Mißverhältnis zwischen Büromassen und wenigen Wohnungen, weiter die Wiederauferstehung der autogerechten Stadt, die in dem heiß umkämpften Autotunnel ihren programmatischen Ausdruck fand, aber auch im Poker um ungeheure Stellplatzzahlen, schließlich der umstrittene Kaufpreis des Baugeländes sowie die Form des Wettbewerbsverfahrens. Zugleich spitzte sich der Richtungsstreit zwischen dem Modell der "europäischen Stadt" und dem der "US-amerikanischen Stadt", zwischen "konservativen" und "modernen" Positionen zu. Jenseits solcher Dichotomien verwies Dieter Hoffmann-Axthelm darauf, daß beide Optionen, von Daimler Benz wie von Sony, auf ein stadtunverträgliches Konzept hinausliefen: auf die "Stadt in der Stadt". Dieses Konzept hatte eine Voraussetzung, die als Grundfehler der gesamten Geschichte betrachtet werden muß: die Übertragung des Baus ganzer Stadtteile an private Großinvestoren. Schon am 3. April 1991 konnte Wolf Jobst Siedler schreiben: "Die Misere des gegenwärtigen Herangehens an die Probleme von heute und morgen besteht darin, daß sich die Planenden, Politiker wie Architekten, vor allem über die architektonische Gestalt des Neuen Gedanken machen, weshalb überall Konkurrenzen und Wettbewerbe stattfinden oder angekündigt werden. Nirgendwo ist zu sehen, daß man sich über die Funktionen der beiden konkurrierenden Stadtzentren, der alten Stadtmitte und des neuen Westens Gedanken gemacht hat [...]." Aber Siedler ging es auch nur um einen Ausschnitt des Zentrums, um den Boulevard Unter den Linden. Immerhin: Der Tanz um den Potsdamer Platz war ein Zeichen einer mentalen Ostwanderung der City - aus West-Berliner Perspektive betrachtet. Am Potsdamer Platz sollte sich das Symbol des westlichen Berlins verdoppeln: der Mercedes-Stern. Jetzt fehlte nur noch der Stern über dem Alexanderplatz. Rudolf Stegers faßte die Kritik der fehlgeleiteten Geschichte des Projektes Potsdamer Platz mit folgenden Worten zusammen: "Es ist zu voll und es ist zu viel. Wer Kapitalismuskritik statt Architekturkritik treibt, fühlt sich ohnehin bestätigt. [...] Mit der viel beschworenen Public Private Partnership [...] hat Berlin bis heute kein Glück. Das Spiel zwischen Kommune und Kapital endet fast immer Null zu Eins. Schuld daran tragen vor allem CDU und SPD. Absurd ist ja, daß der Senat von außen genötigt werden muß, seine Grundstücke teurer zu verkaufen. Absurd ist ja, daß der Senat trotz aller Warnung vor dem 'Gedränge des Gebauten' die Bruttogeschoßfläche auf dem Daimler-Benz-Areal von 264000 auf 340000 Quadratmeter steigert. Absurd ist ja, daß der Senat mit frischem Asphalt weitere Autos ins Zentrum lockt, wo das Fahrzeug bald Stehzeug wird. Die Zähigkeit und Heftigkeit beim Hickhack um Tunnelmünder und Straßenbreiten untermauert die Dringlichkeit der Sache." (Vierter Teil, 1992) 31 Inzwischen ist die Entwicklung längst über den Potsdamer Platz hinweggegangen. Das zeigen die vielen städtebaulichen Ideenwettbewerbe, die sich langsam gen Osten bis zum Alexanderplatz vorgetastet haben, das zeigen die relativ konsolidierten Pläne für die Ansiedlung von Bundeseinrichtungen in der Hauptstadt Berlin, das zeigt auch der Streit um den Wiederaufbau des Berliner Schlosses. Im Mittelpunkt des privaten Investoreninteresses steht allerdings wieder der historische Kernbereich der Berliner Geschäftsstadt, die Dorotheen-/Friedrichstadt. Doch die städtebaulichen Verhältnisse im gesamten Zentrum haben sich gegenüber der Zeit vor dem Weltkrieg drastisch verändert. Die historischen Fernbahnhöfe sind verschwunden, übriggeblieben ist nur der Fernbahnhof Friedrichstraße, aber auch die zahlreichen, der komplexen Gitterstruktur des Stadtgrundrisses angemessenen U- und S-Bahnhöfe. Die Altstadt ist abgeräumt und mit ihr die Strukturen, die einen Widerspruch zwischen westlichem und östlichem Teilzentrum ermöglicht haben. Verschwunden ist auch das Stadtschloß der Hohenzollern, das von mancher Seite heute als Mitte und Herz des Zentrums gehandelt wird. Die städtebaulich begründete strukturelle Zweitklassigkeit des östlichen Teilzentrums schien damit der Vergangenheit anzugehören. Nunmehr war eine relativ gleichwertige Citylage vom Potsdamer bis zum Alexanderplatz denkbar, die in Alt-Berlin und am Alexanderplatz allerdings durch das weitgehende Fehlen historischer Bauten und den modernen Stadtgrundriß etwas beeinträchtigt ist. Dazu kommt der grundlegende Gegensatz, der in neuer Form heute wieder vorhanden ist: Das westliche Zentrum grenzt an das "reiche", westliche Berlin, das östliche Zentrum bleibt der Anlauf- und Drehpunkt des weniger reichen Berliner Ostens. Dieser sozialräumliche Gegensatz reflektiert aber heute nicht nur Einkommen und Lebensstile einer Gesellschaft, sondern weit mehr - nämlich unterschiedliche Lebenserfahrungen in zwei deutschen Staaten. In die Fußstapfen der abgeräumten Altstadt trat langsam, aber sicher ein anderer Stadtteil: die unmittelbar nördlich an das Zentrum grenzende Spandauer Vorstadt/Königstadt. Die Spandauer Vorstadt/Königstadt ist heute der letzte größere Stadtteil des Zentrums, dessen Parzellen- und Gebäudestruktur zum Teil noch auf die Zeit des Absolutismus zurückgeht. Die Spandauer Vorstadt/Königstadt ist sozusagen die Altstadt von morgen, mit zum Teil engeren Gassen, kleinen Häusern und Parzellen, einfachen Bewohnern und kleinen gewerblichen und kulturellen Initiativen. Früher durch große militärische und andere staatliche Anlagen vom südlich gelegenen Zentrum abgeschottet, ist die Spandauer Vorstadt/Königstadt heute stadträumlich deutlich weniger geschützt. Hier droht eine Wiederholung dessen, was in der Kaiserzeit der Altstadt widerfuhr: eine schroffe Differenzierung der Lagen, von einigen neuen City-Brückenköpfen bis hin zu verfallenden Gebieten und Stadtbrachen. Dorotheen-/Friedrichstadt, ehemalige Altstadt, Westcity in Charlottenburg, Spandauer Vorstadt/Königstadt - das künftige Berliner Zentrum wird unterschiedliche Funktionsbündel, Bedeutungen, Räume, Bauten und Gesichter erhalten. Dazu kommt ein abermaliger Versuch, im Westen des historischen Zentrums mit dem neuen Zentralbahnhof, dem Parlaments- und Regierungsschwerpunkt am Spreebogen und dem Raum Potsdamer Platz einen weiteren - fünften zentralen Bereich zu festigen, der allerdings durch die Weite des Tiergartens in zwei Teilbereiche zerfällt. Welche städtebaulichen Aufgaben stellen sich bei diesem Prozeß der Neubildung des Zentrums? Oder besser: Wie kann dieser durch sehr unterschiedliche, mehr neben- und gegeneinander als miteinander arbeitende Akteure vorangetriebene Prozeß überhaupt durch die öffentliche Hand steuernd beeinflußt werden? Eine bundesweit beachtete Antwort auf den erwarteten Wachstumsschub hat die Architekturausstellung "Berlin morgen" zu geben versucht, die bereits 1991 zuerst in Frankfurt am Main und dann im Berliner Martin-Gropius-Bau präsentiert wurde. Es ist das große Verdienst der Ausstellung, schon damals die isolierte Betrachtung des Potsdamer Platzes aufgebrochen zu haben. 32 In dieser Ausstellung verdeutlichten internationale Architektenstars ihre mit heißer Nadel gestrickten Projekte zum Zentrumsumbau von Berlin. Dabei wurde, so Rudolf Stegers noch wohlwollend, "das genuin Baukünstlerische bevorzugt, das genuin Stadtplanerische mißachtet" (1992b, S. 42). Zur Überwindung der Tendenz in Richtung Hyperzentralisierung vor allem in der Dorotheen-/Friedrichstadt und an deren Rande hat die Ausstellung keinen Beitrag geliefert. Im Gegenteil: Es scheint geradezu, als habe kaum jemand den historischen Vorzug eines nichtzentralistischen Zentrumsgrundrisses überhaupt wahrgenommen. Die Ausstellung präsentierte einige Lösungen, die auf die Heraushebung repräsentativer, hyperzentraler Achsen zielen - ganz im Sinne der verfehlten Konzepte der städtebaulichen Moderne und des daran anknüpfenden sozialistischen Städtebaus. Das zeigt sich etwa an dem Vorschlag von Coop Himmelblau für die Leipziger Straße. Auch die noch problematischere Tradition der Markierung zentraler Punkte des Zentrums wurde unter anderem in dem Vorschlag von Hans Kollhoff für den Potsdamer und den Alexanderplatz fortgeführt. Allzuschnell wurde an die imaginären Orte des historischen Berliner Zentrums angeknüpft, der Widerspruch zwischen Imagination und Realität und der Vorzug der dezentralen Realität gegenüber der Imagination wurde ignoriert. Die Frankfurter Ausstellung war eine Architekturausstellung und daher den komplexen städtebaulichen Problemen der Berliner Zentrumsbildung wenig angemessen. In Berlin wurde die durch Nicht-Berliner Architekten bestimmte Ausstellung "Berlin morgen" mit einer durch Berliner Architekten geprägten Ausstellung "Berlin heute" konfrontiert. Gegenstand dieser Ausstellung war eine faszinierende Idee - die Ringstadt. Diese an Überlegungen der Arbeitsgruppe für Stadtplanung (AGS) anknüpfende, auf einer Klausurtagung in Berlin und im Bauhaus Dessau im Herbst 1990 herangereifte Idee markierte einen Höhepunkt des schöpferischen Nachdenkens über Berlins Zentrumsstruktur nach der "Wende". "Dem Konzept der 'Ringstadt' liegt die Idee zugrunde, durch intensive Nutzung exzellent erschlossener Flächen am Innenstadtrand den Bedarfsdruck nach Dienstleistungsflächen, Wohnungen und Infrastruktureinrichtungen vom Zentrum abzulenken, ohne ihn allerdings an den Stadtrand bzw. ins Umland zu verdrängen. [...] Damit wird auch gedanklich der Schritt von den Citys zweier - im Vergleich mit anderen Metropolen sehr provinzieller - Teilstädte zum Zentrum eines der größten Ballungsräume Europas vollzogen." (Klaus Bonnet, Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, 1991, S. 15) Und wieder wurde Berlin mit anderen Metropolen verglichen - diesmal mit Paris, London und New York. Als Entwicklungsschwerpunkte der "Ringstadt" galten "ehemalige Güterbahnhöfe bzw. Versorgungsflächen, die weiter aus der Stadt ausgelagert werden müssen: Schöneberger Kreuz, Tempelhofer Feld, Treptow/Sonnenallee, Ostkreuz, Leninallee/Storkower Straße, Bornholmer Straße/Gesundbrunnen, Westhafen, Jungfernheide/Fürstenbrunn, Westkreuz, Halensee, Hohenzollerndamm, Innsbrucker Platz." (Bonnet 1991, S. 16) Die Ringstadtidee sollte - allerdings unter expliziter Mißachtung des Berliner Umlandes - die polyzentrale Struktur Berlins stärken, das historische Zentrum vom Überdruck entlasten und eine Entwicklung untergenutzter Flächen einleiten, die am Rande der Innenstadt liegen und durch den Schienenverkehr optimal erschlossen sind. Sie spiegelte zugleich ein zentrales Dilemma dieser Monate wider: die maßlose Überschätzung der künftigen Nachfrage nach Cityflächen. Ein Beispiel dieser Wachstumseuphorie war die Vorschlagsvariante D für die Entwicklung des Westkreuzes, die Hans Kollhoff in der Ausstellung vorstellte: Eine Kette von bis zu 190 m hohen Gebäuden sollte eine Bruttogeschoßfläche von ca. 4,8 Mio. qm neu auf den Markt werfen. Bei diesem Vorschlag zeigt sich bereits die Vorliebe Kollhoffs für die Kombination von Hochhäusern mit der Berliner Traufhöhe: "Dabei wird die Berliner Traufhöhe als Sockelkante zurückgestaffelter Türme interpretiert [...]." (Kollhoff 1991, S. 79) Allerdings kann die Ringstadtidee keineswegs nur mit solchen Vorschlägen gleichgesetzt werden. Sie bündelte ein breites Spektrum unterschiedlicher 33 Strategien - von der Hochhausvision Kollhoffs bis zu Vorschlägen für "korrigierendes Weiterbauen und behutsame Stadtreparatur" (Atelier Strecker mit Dieter Hoffmann-Axthelm und PUB Planungsgruppe Urbane Baukunst). Während die Doppelausstellung "Berlin morgen und heute" noch Furore machte, kristallisierten sich die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse heraus, die den realen Zentrumsumbau wirklich zu beeinflussen begannen. Die Einrichtung des Stadtforums wie der Stelle eines Senatsbaudirektors im ersten Halbjahr 1991 waren Meilensteine dieser Entwicklung. Die Gleichzeitigkeit von Investorenhandeln, Einflußnahme der Bundesregierung, Unklarheiten bzw. Unstimmigkeiten über ein städtebauliches Regelwerk, die planerische Umsetzung dieses Regelwerkes und die Zuständigkeiten seitens der involvierten, intern weder organisatorisch noch konzeptionell auf die neuen Problemlagen vorbereiteten Senatsverwaltungen prägten seitdem einen Prozeß des Zentrumsumbaus, der in Deutschland einzigartig ist. Der teilweisen funktionalen Leere des Zentrums als Folge der Abwicklung der zentralen wie lokalen DDR-Institutionen entsprach eine Umwälzung der Eigentumsverhältnisse, die in diesem Umfang ohne Beispiel ist und bisher allenfalls als Folge kommunistischer Machtaneignung, nicht aber der kapitalistischen "Reconquista" erfahrbar war. Etwas im Schatten der spektakulären Projekte im alten Zentrum Berlins wurde auch die City in Charlottenburg Gegenstand neuer Planungen. Wenngleich langfristig ein relativer Bedeutungsverlust dieses Teilzentrums zu vermuten ist, so wird doch dessen Bedeutung absolut zunehmen. Kurzfristig ist der Vorteil klar: Weder ungeklärte Eigentumsverhältnisse, unzureichende stadttechnische Infrastruktur noch ein unwirtliches Umfeld belasten die Projekte im Westteil der Stadt. Selbst die Verwaltung ist besser eingespielt - wenn auch auf Bezirksebene hochfliegenden Plänen eher abgeneigt. Die Existenz von bezirklichen "City-Leitlinien" (vgl. Bezirksamt Charlottenburg 1992) für das Charlottenburger, nicht aber für das historische Zentrum unterstreichen diese ungleichen Verhältnisse. Die Gewichte nicht nur zwischen dem historischen und dem Charlottenburger Zentrum, sondern innerhalb der gesamten Berliner Zentrenstruktur werden neu verteilt. Die vorhandenen Subzentren in West-Berlin werden nur durch erhebliche Anstrengungen ihre Bedeutung behalten können. Ein Beispiel für solche Aktivitäten sind die Versuche des Bezirksamtes Steglitz, die Schloßstraße aufzuwerten. In Ost-Berlin müssen Subzentren zum Teil erst aufgebaut werden. Ganz in der Tradition der polyzentralen Struktur der Stadt steht das große Projekt einer tertiären "Ringstadt" im Bereich der Kreuzungspunkte des S-Bahnrings. Daß all diese Einzelprojekte faktisch in einem Zusammenhang stehen, ist zwar offensichtlich, wird aber in der Praxis zuwenig berücksichtigt. Das Schlüsselprojekt der gesamten Neuordnung der Zentrenstruktur Berlins ist aber zweifellos der Umbau des alten Zentrums der Stadt zwischen Potsdamer Platz und Alexanderplatz. Dieser Prozeß des Umbaus samt seiner Vorbereitung läßt sich bislang in drei große Phasen teilen: * in eine erste Phase der "neuen Unübersichtlichkeit", des "Interregnum", der Zeit "zwischen dem Mauerfall und dem Ausgang des städtebaulichen Ideenwettbewerbs Potsdamer Platz", eine "Phase des Übergangs vom rot-grünen Senat zur großen Koalition und von der Doppelherrschaft von Senat und Magistrat hin zur vereinigten Senatsverwaltung" (Sewing 1994, S. 63f.), eine Zeit, die mit der Institutionalisierung des Senatsbaudirektors und des Stadtforums zu Ende ging; * in eine zweite, überschäumende Spekulationsphase, in der sich nahezu alle Akteure relativ irrational von einem im kollektiven Rausch herbeigeredeten gewaltigen Wachstumsschub betören ließen, eine Zeit spekulativen Fiebers, das sich nach dem Hauptstadtbeschluß "Vollendung der Einheit Deutschlands" vom 20. Juni 1991 verallgemeinerte, und 34 * in eine dritte Phase der Ernüchterung, in der statt Wachstum eine Überproduktion von Büro-, Einzelhandels- und Luxuswohnungsflächen absehbar wurde, einer Ernüchterung, die nach dem Scheitern der Olympiabewerbung Berlins für das Jahr 2000 am 23. September 1993 schon depressive Züge annahm. Die Planungspolitik für das Zentrum konsolidierte sich in der zweiten Phase, während sie große Schwierigkeiten hatte und hat, den Erfordernissen der dritten Phase, der Jahre der Ernüchterung, gerecht zu werden. 1.4.1. Akteure des Zentrumsumbaus Der Umwälzungsprozeß im historischen Zentrum hat die eigentlichen Protagonisten des Zentrumsumbaus erzeugt: die Großeigentümer bzw. Entwickler privater sowie - seit dem Hauptstadtbeschluß - öffentlicher Provenienz (der Bund als Rechtsnachfolger der DDR Liegenschaftsverwaltung der Oberfinanzdirektion). Diese neuen Hauptakteure waren nicht durch das Feuer der Auseinandersetzungen um eine neue Kultur des Städtebaus gegangen, das WestBerlin in den siebziger und achtziger Jahren geprägt hat. Vermittelt wurde die Herausbildung neuer privater Akteure durch eine gewichtige Institution, deren Praxis sich weitgehend der öffentlichen Aufmerksamkeit entzog: die Liegenschaftsgesellschaft der Treuhandanstalt mbH (TLG). Die Aufgabe dieser Anfang 1991 gegründeten Gesellschaft, die zu privatisierenden Immobilien aus ehemaligem DDR-Eigentum maximal zu verwerten, mußte immer wieder mit den potentiellen Interessen der Stadt an einer bestandsentwicklungspolitisch sinnvollen Vergabepraxis in Kollision geraten. Außer der TLG gab es eine weitere Institution, die in großem Umfang Immobilienverkäufe im Zentrum vermittelte: die Jewish Claim Conference, der alle Grundstücke zufielen, die vormals im jüdischen Besitz waren, bei denen aber heute keine Erben mehr vorhanden oder bekannt sind. Neben dem Bund sind weitere öffentliche Institutionen mit Sitz im Zentrum aktiv - etwa die Humboldt-Universität und die staatlichen Museen. Die baulichen Konzepte dieser Institutionen sind noch nicht ausgereift und müssen - als "sektorale" Teilkonzepte - erst in ein Gesamtkonzept abwägend eingebunden werden. Insgesamt fehlt eine aktive, die Teilkonzepte vernetzende Standortplanung aller involvierten öffentlichen Institutionen. Das gilt auch für den Berliner Senat selbst. Die immer wieder unklare Nutzung des Berliner Stadthauses, des ehemals "zweiten Rathauses" der Stadt und Sitz der bauenden und planenden Verwaltungen unter Ludwig Hoffmann und Martin Wagner, ist ein Beispiel für diese Unsicherheit. Als bislang unbekannte Figur im Berliner Immobiliengeschäft ist die bedeutsamste Gruppe privater Investoren anzusehen: die großen Entwicklungsgesellschaften, unter denen sich aber nur wenige internationaler Provenienz befinden. Diese Gesellschaften operieren als "Pioniere" in Berlin, sie "entwickeln" nicht für eigene Zwecke, sondern für andere - für künftige Käufer oder Mieter. Ihr Verhältnis zum Projekt ist daher distanziert, ohne besonderen Bezug zum konkreten Ort und zur konkreten Nutzung. Zur finanziellen Absicherung wurden inzwischen in erheblichem Umfang institutionelle Anleger in die konkreten Bauprojekte einbezogen. Damit verbunden war eine neuerliche Veränderung der Eigentumsverhältnisse im historischen Zentrum, die vor allem seit 1994 zum Tragen kam. Die neuen Akteure treffen auf eine Fraktion von Architekten, die die Baukultur der achtziger Jahre als Fessel ihrer Kreativität begreifen: Verantwortungsvoller Umgang mit dem überkommenen baulichen wie städtebaulichen Bestand, Weiterbau des Bestandes, öffentliche Auseinandersetzung mit Andersdenkenden - diese Elemente einer neuen Kultur sind verblaßt, verdrängt oder schlicht nicht bekannt. Die Selbstverständlichkeit, wie die Abrißbirne als Instrument zur Durchsetzung der eigenen Architekturvorstellung wieder in den Köpfen in Bewegung gesetzt wird, ist frappierend. 35 Die Fachwelt hat sich in diesem Prozeß stärker differenziert. Die Kluft zwischen (Teilen von) Architekten und Stadtplanern wird wieder größer. Das Gewicht von Architekten darf nicht unterschätzt werden: Nach der Phase der Positionskämpfe spielen sie im Prozeß der Umsetzung eine wichtige Rolle. Diese Diva-Rolle hat - anders etwa als in Hamburg - in (West-)Berlin durchaus Tradition: Die neobarocke Vorstellung, durch Architekten mit "internationalem Renomee" die Städtebaupolitik zu vergolden, wurde im kalten Krieg mit der Interbau 1957 erstmals in breitem Maße durchexerziert und im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1984/87 mit neuen Vorstellungen fortgeführt. Wenn man bei städtebaulichen wie baulichen Wettbewerben im Zentrum die Preisgerichtsmitglieder wie die Wettbewerbsgewinner betrachtet, so finden sich einige Architekten, die ganz offensichtlich eine Schlüsselrolle spielen. Dazu gehören Josef Paul Kleihues und Hans Kollhoff, aber auch von Gerkan, Marg + Partner, Heinz Hilmer/Christoph Sattler, Oswald Mathias Ungers, Jürgen Sawade und Peter Schweger. Während eine einflußreiche Gruppe von Architekten nach der Eigentumsumwälzung im Zentrum zusammen mit privaten Investoren oder für die Bundesregierung einzelprojektbezogen arbeitet und dementsprechend auch eher isoliert denkt, entwirft und argumentiert, bildet sich vor allem unter Stadtplanern eine Sichtweise heraus, die Einzelprojekte im Berliner Zentrum in größerem Zusammenhang wahrnimmt und diskutiert. Diese Formierung erfolgt allerdings weniger im Rahmen unabhängiger disziplinärer Institutionen wie etwa in Fachverbänden oder an Universitäten, sondern im Rahmen einer Institution, die vom Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz angesichts eigener, notwendiger Unsicherheit und begrenzter Konzeptionsfähigkeit eingerichtet worden ist: im Rahmen des regelmäßig tagenden Stadtforums. Dieses Forum hat einerseits die Selbstverständigung über Notwendigkeiten angemessenen Zentrumsumbaus innerhalb der beteiligten Stadtplaner gefördert, aber andererseits auch die begrenzte Rolle der Stadtplanung im Erneuerungsprozeß verdeutlicht. Planer können sich in abhängigem Rahmen artikulieren, dieser Rahmen begrenzt zugleich ihre Kritikfähigkeit, ihre Stimme ist notwendigerweise nur beratend, aber der Rat hat wenig Gewicht, wenn die Beratenen - vor allem der Senator - den Druck der Hauptakteure zu spüren bekommen. Insbesondere in den zentralen Fragen der Art und Weise der "Nutzungsmischung", der Baudichte sowie der Verfahren selbst bleiben Stadtplaner oft eine klar erkennbare und vernehmbare fachpolitische Position schuldig. Angesichts der neuen Interessenkonstellation sieht sich die Stadt Berlin oder genauer: das Land Berlin in eine defensive Position gedrängt. Darüber hinaus ist es in seiner Strategie aufgesplittert: Die zuständigen Ressorts für Bau- und Wohnungswesen, Stadtentwicklung und Umweltschutz sowie Verkehr und Betriebe kommunizieren konkurrierend miteinander - zusätzlich angespornt durch inner- wie zwischenparteiliche Widersprüche. Zugleich sind die klassischen Akteure der West-Berliner Stadterneuerung im Zentrum nur wenig präsent bzw. ohne Gewicht: die Bezirke und die organisierten Betroffenen. Der Verein "Stadtzentrum Berlin" hat allerdings im November 1992 "Grundsätze zur Hauptstadtplanung" im Sinne eines behutsamen Zentrumsumbaus vorgelegt. Auch der - partiell entmachtete - Bezirk äußert sich bei jeder möglichen Gelegenheit. Sein zentrales Anliegen ist die Berücksichtigung der Wohnverhältnisse der Bürger von "Mitte", das heißt auch Einsatz für Freiflächen und Verkehrsberuhigung bzw. -reduzierung. Vor diesem Hintergrund wird die immer wieder kritisierte Undurchsichtigkeit des Erneuerungsgeschehens im Berliner Zentrum verständlich: Der Senat war im Rahmen seiner inneren Widersprüche erst dabei, eine Konzeption und Strategie für das Zentrum zu erarbeiten, während interessierte Akteure bereits handelten und Voraussetzungen schufen, die jede vielleicht einmal ressortübergreifend gefundene Konzeption und Strategie erheblich belasten können. Nun ist es allerdings unangemessen, den Akteuren allein die Verantwortung für problematische Entwicklungen aufzubürden. Solange der Berliner Senat kein politisch abgestimmtes, verbindliches städtebauliches Regelwerk für das Berliner Zentrum vorzuweisen hat, ist jeder private Investor 36 gezwungen, sich dem Windhundrennen in freier Wildbahn anzuschließen. Anders ist das Verhältnis zwischen Senat und Bundesregierung. Angesichts der potentiellen oder eingebildeten Labilität des Umzugsbeschlusses war der Spielraum "Berlins" gegenüber "Bonn" von vorneherein eingeschränkt, der Druck zur Übernahme stadtunverträglicher Bonner Wünsche oder Diktate groß. Trotz aller Widrigkeiten sind die Bemühungen des Berliner Senats nicht geringzuschätzen, dem neuen Aufgabenfeld "Zentrumsumbau" gerecht zu werden. Dies gilt in konzeptioneller, instrumenteller und institutioneller Hinsicht. 1.4.2. Städtebauliches Regelwerk In der konzeptionellen Vorbereitung eines städtebaulichen Regelwerks für das Berliner Zentrum wurden durchaus unkonventionelle Wege beschritten. So wurden anhand konkreter Projekte im Stadtforum (seit April 1991) wie in der Architekturwerkstatt der Senatsbauverwaltung (seit Februar 1992) städtebauliche Prinzipien (nicht nur für das Zentrum) erarbeitet. Dazu kamen Gutachten, die entweder explizit zur Leitbildproduktion beitragen sollten oder die am Beispiel konkreter Projekte bzw. Teilgebiete die Diskussion um ein Regelwerk beförderten. Zu nennen wären hier insbesondere die Gutachten von Dieter Hoffmann-Axthelm und Bernhard Strecker ("Pariser Platz - Kritische Rekonstruktion des Bereichs", publiziert September 1991; "Bahnhof Friedrichstraße Städtebauliches Strukturkonzept", publiziert Januar 1992; "Spittelmarkt - Kritische Rekonstruktion des Bereichs", publiziert April 1992; "Städtebaulicher Strukturplan: Kritische Rekonstruktion des Bereichs: Friedrichswerder, Friedrichstadt, Dorotheenstadt", publiziert August 1992), die Untersuchungen der Arbeitsgemeinschaft Spreeinsel ("Städtebauliches Leitbild 'Spreeinsel'" vom Juni 1992) und die "Vorbereitenden Untersuchungen" zur Hauptstadtplanung des Büros für Stadtplanung und Stadtforschung Dortmund-Berlin (Zwischenbericht: Barnickel u.a. August 1992 bzw. Endbericht: Büro für Städtebau und Stadtforschung u.a. 1993). Im Jahr 1992 konsolidierten sich Ansätze eines städtebaulichen Regelwerks, die sich bereits vorher im Streit um die Gestaltung des Areals am Potsdamer Platz durchgesetzt hatten. Einen neuen Höhepunkt erreichte die Auseinandersetzung erst wieder 1994/95, als sich der Streit um die bauliche Gestaltung des Pariser Platzes zuspitzte. Dagegen blieben die klassischen Instrumente der Berliner Stadtplanung, die Bereichsentwicklungsplanung ("Grundlagen für die Bereichsentwicklungsplanung - Arbeitsbericht Bezirk Mitte" vom Juli 1991) sowie der Flächennutzungsplan (wirksam seit Juli 1994) und dessen Vorbereitungswerke (Räumliches Strukturkonzept vom Februar 1992) hinsichtlich der Leitbildfindung notwendigerweise relativ blaß. Während ein Regelwerk für das Berliner Zentrum auf seiten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz eher jeweils ortsspezifische und in Einzelfällen sehr "offene" Konturen zeigte, war die Senatsbauverwaltung insbesondere durch die Grundsatzposition des Senatsbaudirektors Hans Stimmann einem möglichen Gesamtregelwerk für das Zentrum näher dem Regelwerk der "kritischen Rekonstruktion der Stadt". Dieses ursprünglich auf eine städtebautheoretische Position von Josef Paul Kleihues zurückgehende Regelwerk wurde durch Gutachten unter maßgeblicher Beteiligung von Dieter Hoffmann-Axthelm vorbereitet, bislang allerdings nicht in angemessener Form dem Feuer der öffentlichen Debatte ausgesetzt. Das Regelwerk der kritischen Rekonstruktion orientiert sich am "Modell der europäischen Stadt" jenseits der Konzeption der städtebaulichen Moderne und plädiert für eine neue Wertschätzung von "Haus, Block, Straße und Platz". Zentrales Element dieser Sichtweise ist die Wiederentdeckung der städtebaulichen Bedeutung der Parzelle - eine Position, die Projekten, die einen ganzen Block oder sogar blockübergreifend angelegt sind, kritisch gegenübersteht. Ein Regelwerk hat die räumlichen und funktionalen Besonderheiten einzelner Stadtteile zu beachten, ja an diesen Besonderheiten anzusetzen und diese - falls sinnvoll - weiterzuentwickeln. Wichtigste architektonische Aufgabe ist 37 die zeitgemäße Konzeption eines "Geschäftshauses" mit Wohnanteil. Die Bewältigung dieser Aufgabe erfordert heute eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Thematik "Berlinische Architektur", die erst in den Anfängen steckt. Angesichts dieser Aufgaben wird deutlich, daß ein Regelwerk nicht nur gestalterische Aspekte im engeren Sinne umfassen muß, sondern auch Aspekte der Nutzung. Insbesondere die sozialen und ökologischen Wirkungen von Großprojekten müssen untersucht und berücksichtigt werden. Gerade hinsichtlich der erwünschten sozialen und Nutzungsmischung muß sich der "kritische" Charakter der "Rekonstruktion" erweisen. 1.4.3. Städtebaulicher Ideenwettbewerb Das spektakuläre, planerisch aber letztlich unverbindliche Instrument "städtebaulicher Ideenwettbewerb" war mit Ansprüchen überfrachtet: Es sollte sowohl der Leitbildfindung wie der Leitbildumsetzung dienen. Als öffentlichkeitswirksames Instrument verdeutlichte der städtebauliche Ideenwettbewerb einem breiteren Publikum das mögliche Regelwerk und - in Grenzen - dessen Konsequenzen, verbreiterte und polarisierte damit zugleich die Diskussion. Wenig transparent erschien allerdings die politische Vorbereitung solcher Wettbewerbe: Die Wahl des Preisgerichts und - gegebenenfalls - der aufgeforderten Architektengruppen blieb genauso im Dunkel wie die Bedingungen, die in den Auslobungsbroschüren formuliert waren. Während die Ergebnisse die Öffentlichkeit erregten, fand die Weiterarbeit an diesen Ergebnissen wieder unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Die im engeren Sinne Beteiligten - neben den Senatsverwaltungen etwa die Investoren bzw. der Bund, aber auch der Bezirk Mitte - wurden in die Verfahren eingebunden: Sie saßen mit in der Jury, sie wurden bei der Auswahl der Preisrichter wie - gegebenenfalls - der aufgeforderten Architektengruppen beteiligt. So setzte sich der Bezirk Mitte etwa für die Berücksichtigung auch Ost-Berliner Architekten ein. Verschlissen wurden im Zuge der Wettbewerbe nur allzuoft die beteiligten Architekten, die in eine Rolle gedrängt waren, die sie qua Wettbewerbsteilnehmer an einem isolierten Projekt gar nicht angemessen wahrnehmen konnten: die Rolle desjenigen, der die Bedingungen des Wettbewerbs weitgehend selbst bestimmt, eine Rolle, die eigentlich der Politik zukommt, die sich des planerischen Sachverstands vergewissert hat. Gegenstand solcher in der Kompetenz der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz liegenden städtebaulichen Ideenwettbewerbe waren bislang im Bereich des historischen Zentrums der Potsdamer/Leipziger Platz (1991), die Leipziger Straße (1992), der Bahnhofsbereich Friedrichstraße (1992/93), der Spreebogen (1992/93), der Alexanderplatz (1993) und die "Spreeinsel" (1994). Diese Wettbewerbe wurden in höchst unterschiedlicher Weise vorbereitet und durchgeführt - etwa hinsichtlich der vorgeschalteten Tragfähigkeitsuntersuchungen, der Vorgaben und des Verfahrens selbst. Belastend wirkten sich vor allem die in den Vorgaben ermöglichten bzw. nicht ausdrücklich ausgeschlossenen überzogenen Baudichten für private Vorhaben im Kernbereich der City aus. 1.4.4. Umsetzung privater Projekte Parallel zur Leitbildfindung wurde - unter dem Druck der Akteure - bereits an der Umsetzung des noch nicht ausgereiften Regelwerkes gearbeitet. Die Arbeit an der Umsetzung erfolgte - was die privaten Zentrumsprojekte betrifft - zumeist im Schatten der öffentlichen Aufmerksamkeit. Nur für einige Projekte wurden Wettbewerbe durchgeführt, und auch bei diesen Projekten war wieder nur der Wettbewerb selbst, nicht aber das Vorfeld und die Überarbeitungsphase ein Gegenstand öffentlichen Interesses. Die Rolle der öffentlichen Hand bestand vor allem in der Durchsetzung einiger grober, aber wichtiger städtebaulicher Regeln, die im rechtlichen Rahmen des § 34 des Baugesetzbuchs ausgehandelt wurden. Faustpfand der öffentlichen Hand bei solchen Verhandlungen war oft die Verfügung über Grundstücke, die von den Investoren benötigt wurden. 38 Eine gewichtige, einzelne Senatsverwaltungen übergreifende Institution zur Vorbereitung privater Projekte war der Koordinationsausschuß für innerstädtische Investitionen (KOAI). Dieser Ausschuß - ein Zusammenschluß öffentlicher Institutionen unter Einschluß der Liegenschaftsverwaltung der Oberfinanzdirektion und der Liegenschaftsgesellschaft der Treuhandanstalt - entschied über die Vergabe von öffentlichen Grundstücken an private Investoren - unbeschadet der noch zu klärenden konkreten Besitzansprüche der jeweiligen Institution. Die Vergabe war mit Bedingungen verknüpft. Die Geschäftsführung des Ausschussses lag bei der Senatsbauverwaltung, der Vorsitz bei der Wirtschaftsverwaltung. Als Entscheidungsträger beteiligt waren ferner die Stadtentwicklungsverwaltung sowie der zuständige Bezirk. Der Ausschuß hat inzwischen keine Bedeutung mehr, da die meisten Grundstücke vergeben sind. Verhandlungsgegenstand waren - auf der Grundlage der Bauordnung und des Baugesetzbuches insbesondere der Erhalt von historischen Gebäuden, die Einhaltung von Trauf- (22 Meter) und Gebäudehöhen (30 Meter), die Berücksichtigung der Quote von 20 Prozent Wohnnutzung sowie die Beachtung der Blockstruktur bei Neubauten. Insofern wurde auf dieser zentralen Ebene das Prinzip der "kritischen Rekonstruktion der Stadt" in grober Form wirksam. Mit solchen "Vorgaben" war notwendigerweise auch eine gewisse Begrenzung der möglichen Geschoßflächenzahl verbunden, deren Höhe bei den geplanten Investorenprojekten in der Regel um 5,0 lag. Diese quasi abgeleitete, nicht bewußt gesetzte Begrenzung der Baudichte muß allerdings als deutlich zu hoch angesehen werden: Sie gefährdet die tradionelle, weiter zu entwickelnde Polyzentralität der Stadt ebenso wie die beschworene "Mischung" des Zentrums selbst, vor allem aber die Stabilisierung der dortigen Wohnfunktion. Die bei Neubauten zu berücksichtigende Quote von 20 Porzent Wohnfläche war sicher ein Gewinn, darf aber nicht überschätzt werden. Durch die erforderliche "freie" Finanzierung der Neubauwohnungen wird zwar eine magere "Nutzungsmischung" erreicht, die zumindest ebenso wichtige "soziale Mischung" aber verfehlt: Die gleiche soziale Schicht wird in dem Gebäude oder Block wohnen, arbeiten und sich vergnügen bzw. speisen. Zugleich bleibt das faktisch sich ergebende Konzept des Zentrumswohnens zu hinterfragen: Wohnen auf dem Dach von Bürohäusern oder zwischen diese eingeklemmt - ist das eine Lebenswelt, die langfristig Bestand haben wird? Die städtebaulich wichtigsten privaten Projekte in der Umsetzungsphase waren bzw. sind (nicht mehr oder immer noch) der Potsdamer/Leipziger Platz, die "FriedrichstadtPassagen", das "American Business Center" am Checkpoint Charlie, die Neuformung des Spittelmarkts, die Neugestaltung der beiden prominenten Ecken Leipziger/Friedrichstraße und Unter den Linden/Friedrichstraße, das Projekt Hotel "Adlon" und andere Gebäude am Pariser Platz, das Projekt Mehringplatz sowie der "Tachelesblock". Dazu kommt eine Reihe von Projekten in der Zimmerstraße, von denen das "Mosse-Zentrum" am bekanntesten ist. Zur Vorbereitung eines großen Teils dieser städtebaulichen Schlüsselprojekte wurden Realisierungswettbewerbe durchgeführt. 1.4.5. Umsetzung der Hauptstadtprojekte Der konflikt- und windungsreiche Prozeß der Verortung von hauptstädtischen Parlaments- und Regierungsfunktionen im Berliner Zentrum hat zur Festlegung von drei Schwerpunkträumen geführt: erstens der Spreeinsel mit dem Friedrichswerder, zweitens der Kreuzung Wilhelm/Leipziger Straße und drittens - diese beiden Standorte an Ausdehnung und politischer Bedeutung weit überragend - des Spreebogens am Reichstag auf West-Berliner Gebiet. Der Planungsprozeß war durch städtebauliche Ideenwettbewerbe (für den Spreebogen und die "Spreeinsel") begleitet worden. Mit dem zentralen, symbolträchtigen und -stiftenden Standort Spreebogen wird nicht nur eine in der späten Kaiserzeit begründete Tradition der geplanten Westwanderung von Staatsfunktionen zu einem Abschluß gebracht, sondern zugleich der gesamte Schwerpunkt des 39 Berliner Zentrums deutlich weiter nach Westen gerückt. Verstärkt wird diese Verschiebung durch die Großprojekte Potsdamer Platz und Zentralbahnhof. Als Vorläufer der Hauptstadtplanung ist der 1. Bericht des Arbeitsstabes vom Oktober 1990 zu nennen (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz u.a. 1990). Im August 1992 wurde der "Zwischenbericht" der "Vorbereitenden Untersuchungen - Parlaments- und Regierungsviertel Berlin" veröffentlicht, im Februar 1993 der Endbericht abgeschlossen. Am 4. Juli 1993 wurde mit dem Inkrafttreten der förmlichen Festlegung von zwei Entwicklungsbereichen und drei Anpassungsgebieten auf der Grundlage des Baugesetzbuches die zweite Stufe der Hauptstadtverortung eingeläutet. Die Ausweisung von Anpassungsgebieten sollte Verdrängungsprozesse erschweren. Betroffen waren in den Gebieten etwa 6.000 Mieter und 500 Gewerbetreibende. Für die Planung und Durchführung der Bauten im Spreebogen gründete das Bundesbauministerium eine Bundesbaugesellschaft mbH, mit dem Erwerb der für die Ministerien noch notwendigen Liegenschaften wurde die Oberfinanzdirektion betraut. Für alle übrigen Leistungen in den Entwicklungsbereichen und Anpassungsgebieten ist ein Entwicklungsträger zuständig, soweit diese nicht von privater Seite erbracht werden. Dieser Entwicklungsträger (DSK/Deutsche Stadtentwicklungsgesellschaft mbH) wurde nach § 167 Abs. 3 des Baugesetzbuches eingesetzt und wird durch das Hauptstadtreferat der Senatsbauverwaltung gesteuert. Im Rahmen der Umsetzung der Hauptstadtverortung sollen Bebauungspläne erarbeitet werden. Die Hauptstadtplanung ist das einzige feinkörnige förmliche Planungsinstrument, das strategisch im Rahmen des Zentrumsumbaus Anwendung findet. Sie ist zugleich das Medium der Abstimmung von "Berliner" und "Bonner" Interessen. Darin liegt auch ein grundsätzliches Problem: Durch die Beschränkung auf eine Funktion - die Hauptstadtplanung - wird in planerischer Hinsicht eine einseitige Entwicklung gefördert, da eine entsprechende differenzierte Bestandsaufnahme und Berücksichtigung anderer Funktionen unterbleibt. "Schwache" Funktionen wie etwa "Wissenschaft" und "Wohnen" können bei einem solchen Verfahren trotz aller Bemühungen der Verwaltung nicht gleichrangig Berücksichtigung finden. Im Schatten der folgenschweren Hauptstadtplanung stehen einige kleinere Projekte von Institutionen der öffentlichen Hand im Berliner Zentrum - so etwa die Neugestaltung des Lustgartens und die Weiterentwicklung der Museumsinsel, für die im Jahre 1994 Wettbewerbe abgeschlossen wurden. 1.4.6. Verkehrsplanung Die Verkehrsplanung mit den projektierten Straßenum- und Straßenneubauten, Brücken- und Tunnelbauten ist eine Schlüsselaufgabe des Zentrumsumbaus. Sie verdeutlicht eine entscheidende ökologische Dimension, ist ein Gradmesser für qualitative wie quantitative Prognose- und Programmfähigkeit und bildet eine Voraussetzung für die Konzeption von privaten Einzelprojekten wie der Hauptstadtverortung. Sie ist zugleich ein wichtiges Instrument zur Wahrung oder Störung der Struktur des Zentrums ohne zentralen Punkt. Der herausragenden Bedeutung der Verkehrsplanung entspricht allerdings keine gleichrangige Programmfindung, -abstimmung und -umsetzung. Tatsächlich ist die Verkehrsplanung der Hauptstreitpunkt unter den Verwaltungen überhaupt, vor allem innerhalb der Berliner Verwaltungen (insbesondere zwischen der Senatsbauverwaltung und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz auf der einen und der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe auf der anderen Seite) sowie zwischen dem Bund und Berlin. Trotz des Verbalkonsenses über eine Quote von 80 Prozent öffentlichem und 20 Prozent privatem Verkehr sowie über die 40 Notwendigkeit der Ausschaltung von Durchgangsverkehr im Zentrum sind der Umfang des künftig zuzulassenden privaten Kraftfahrzeugverkehrs und dessen Verteilung im Straßennetz des Zentrums immer wieder Gegenstand des Streites. Wichtige Konfliktpunkte waren bzw. sind im Bereich der Dorotheen-/Friedrichstadt die ClaraZetkin-Straße ("normale" Straße oder für die Belange des Bundestages reserviert), Friedrichstraße (Breite der Straße, mit oder ohne Straßenbahn), Unter den Linden (stadträumliche Gestaltung, Zahl und Aufteilung der Fahrspuren, Art der Umfahrung oder Untertunnelung des Brandenburger Tores), Leipziger Straße (Breite des Profils, Zahl der Fahrspuren, Anlage einer Straßenbahn), Durchbruch durch die ehemaligen Ministergärten (ja oder nein). Im Zuge der Auseinandersetzungen um die Leipziger Straße sind die Ergebnisse des 1992 durchgeführten Wettbewerbes für den Bereich östlich der Charlottenstraße inzwischen "zurückgestellt" worden. Der Streit um den Rückbau der völlig überdimensionierten Straßen im Bereich der "Altstadt" hat - vor allem im Kontext der städtebaulichen Ideenwettbewerbe "Alexanderplatz" und "Spreeinsel" - erst begonnen. Neben dem fließenden wird auch der ruhende Verkehr das Zentrum erheblich belasten. Hier haben die noch am Leitbild der autogerechten Stadt orientierten Stellplatzvorschriften eine wichtige, störende Rolle gespielt. Sie hat das Interesse privater Investoren, Stellflächen in großem Umfange zu bauen, verstärkt. Mit der begrüßenswerten Vorbereitung einer neuen Stellplatzhöchstzahlverordnung versucht die Senatsbauverwaltung, in dieser Schlüsselfrage eine programmatische Neuorientierung durchzusetzen. Zum Streit zwischen den Verwaltungen kam noch die Kritik der traditionell wortstarken Verkehrsinitiativen an Lösungen, die im Berliner Senat nicht mehr strittig sind bzw. zu sein scheinen. Dazu zählen vor allem die Nord-Süd-Tunnelprojekte im Bereich Potsdamer Platz/Spreebogen sowie die Priorisierung der U-Bahnplanung gegenüber der Straßenbahnplanung. Neben der Frage eines zentrumsverträglichen privaten Kfz-Verkehrs ist auch die Frage einer zentrumsverträglichen Lösung des schienengebundenen Massenverkehrs Gegenstand einer öffentlichen Auseinandersetzung. Eine besondere Aufmerksamkeit richtet sich aber auf die Neuorganisation des Eisenbahnverkehrs. Hier gibt es Konflikte zwischen Bürgerinitiativen und der öffentlichen Hand, aber auch zwischen Senatsverwaltungen und der Deutschen Bahn. Im Juni 1992 einigten sich die Bundesregierung und der Berliner Senat auf das "Pilzkonzept" als Großstruktur des Berliner Eisenbahnnetzes. Dieses Konzept stellt eine Mischung aus dem überkommenen Ringsystem und einer neuen Nord-Süd-Durchquerung mit verschiedenen Fernbahnhöfen dar - so in Lichtenberg (bereits vorhanden), am Gesundbrunnen, im Bereich des Lehrter Bahnhofs, an der Papestraße und in Spandau (noch zu entwickeln). Der bedeutendste dieser Bahnhöfe wird der Lehrter Bahnhof sein, an dem sich zwei ICE-Strecken kreuzen sollen. Jenseits der Frage eines "Zentralbahnhofes" an der Lehrter Straße war auch die geplante Sanierung der historischen Viaduktstrecke im Zentrum zugunsten von Hochgeschwindigkeitszügen heftig umstritten. Ein neuer Zentralbahnhof würde die Zentrumsstruktur Berlins erheblich beeinflussen: Zusammen mit dem Parlaments- und Regierungsviertel Spreebogen und dem neuen Quartier am Potsdamer Platz hätte er eine massive Westverschiebung des Zentrums zur Folge. Das hätte nicht nur Auswirkungen auf Moabit, oder genauer: auf die Zukunft eines sich abzeichnenden Subcitybandes "Nord" entlang der Spree zwischen Lehrter Bahnhof und Mierendorffplatz. Kaum wahrgenommen und diskutiert werden die großräumigen Implikationen, vor allem die Vernetzung des neuen zentralen Quartiers mit den übrigen Zentren: bliebe doch der Superbahnhof aufgrund der stadträumlichen Barrieren in Richtung Südwesten, Süden und Südosten relativ isoliert. Damit würde eine äußerst problematische Tradition des Berliner Städtebaus auf neuem Niveau fortgeführt. 41 1.4.7. Unsicherheiten jenseits der Euphorie Der Umbau des Zentrums von Berlin seit 1989 - so bleibt zusammenzufassen - ist von einer beispiellosen Unsicherheit gekennzeichnet. Unsicher ist die künftige Rolle der Stadt im Konzert der europäischen Großstädte, unsicher ist der mittel- und langfristige Bedarf an Büro- und Einzelhandelsflächen, unsicher ist die künftige Hierarchie der Teilzentren und damit die gesamte polyzentrische Struktur der Stadt, unsicher ist die Qualität jedes einzelnen Standortes, unsicher bleibt die künftige Ordnung des Verkehrs, die ihrerseits die Standortqualitäten beeinflußt. Die beiden wichtigsten Akteursgruppen - staatliche Institutionen und private Immobilienentwicklungsgesellschaften - sind angesichts dieser Verhältnisse orientierungslos. Die privaten Investoren tappen buchstäblich im Dunkeln - infolge der Ungewißheit über die künftige Standorthierarchie und die künftige Nutzungsstruktur des Zentrums. Sie klammern sich an Orte mit bedeutendem, bekanntem Namen, mit bedeutender Geschichte. Die Unsicherheit der Investoren drückt sich in einer kaum mehr übersehbaren Flut von Standortstudien aus, in Versuchen also, die unscharfen Lagen in eindeutige Standorte zu verwandeln. Der Bund als Investor ist prinzipiell in der gleichen Situation, obwohl er ja durch die ihm mit dem Vereinigungsvertrag zugefallenen Immobilien standortmäßig gebunden ist. Die Unsicherheit über angemessene Standorte ist hier noch offensichtlicher. Erinnert sei nur an die planerische Standortodyssee des Bundesaußenministers. Die Orientierungslosigkeit in der komplexen Leere des historischen Zentrums von Berlin bewegt aber auch noch andere Akteure, gesellschaftliche Initiativen und Parteien. Bekanntes Beispiel westlich dominierter Sehnsucht nach einer klaren Orientierung ist der Ruf nach dem verschwundenen Schloß, dem die Mehrheit der Ost-Berliner weiterhin hartnäckig ihre Stellungnahme für den Palast der Republik entgegensetzt. Zu verweisen ist weiter auf den Versuch, wenigstens mit Straßen- und Platznamen eine nostalgische Orientierung zu erleichtern, mit Namen, die an Sozialräume erinnern, die nicht mehr wiederherstellbar sind: Wilhelmstraße, Dorotheenstraße, Schloßplatz. Auf die verbreitete Unsicherheit antwortete vor allem die Senatsbauverwaltung mit der Schnellproduktion eines doppelten Leitbildes: der "kritischen Rekonstruktion der Stadt" und der "Berlinischen Architektur". Beide Leitbilder wurden nicht in einem stadtweiten Streit erarbeitet, sondern durch Gutachten oder Tagungen skizziert und dann von oben verkündet. Entsprechend schwach waren diese Leitbilder - sie waren nicht durch einen politischen Beschluß des Senats legitimiert, und sie wurden in der Fachöffentlichkeit und in der veröffentlichten Meinung massiv attackiert. Kurz: Sie hatten keine ausreichende Legitimation. Erschwert wurde die Leitbildfindung noch dadurch, daß sich die Vorstellung von der Stadt der Zukunft in einem elementaren Umbruch befindet, einem Prozeß, der einen etwa sechzigjährigen stabilen soziokulturellen Wertungsrahmen der Stadt der "Moderne" zersetzt, ohne daß das neue Bild schon entsprechend klare Konturen angenommen hat. Wichtig ist weiterhin, daß die Schnellproduktion der Leitbilder ausschließlich aus westlichen Denktraditionen gespeist wurde, DDR-Erfahrungen ausklammerte und DDR-Fachleute ausschloß. Doch nicht die Leitbilder an sich, sondern erst ihre Umsetzung verspricht, allen Unsicherheiten ein Ende zu bereiten. Damit ist eine weitere Gruppe von Akteuren gefordert: die Architekten. Ihre in Gutachterverfahren, Wettbewerben oder Verhandlungen entstandenen Bilder des künftigen Zentrums suggerieren eine Sicherheit, auf die viele hereinfallen, sie tragen zugleich mit dazu bei, das Bild der aufstrebenden Metropole Berlin in der Welt zu verbreiten. Der Prozeß, der nach der Bildproduktion kommt, bleibt außerhalb des Wahrnehmungsfeldes der Öffentlichkeit. Und die 42 Eintönigkeit, die die versprochenen Funktionen hinter den gezeichneten Fassaden erwarten lassen, verbirgt sich hinter dem bunten Glanz der Bilder. Tatsächlich werden ja vor allem Büroräume geplant, Büroräume für fremde, noch nicht bekannte Nutzer, Büroräume mit hohem Standard, aber im wesentlichen gleicher Art, vom Potsdamer bis zum Alexanderplatz, garniert mit Cafés, einigen Luxuswohnungen und schicken Läden. 43 2. Ein städtebauliches Dauerproblem: die (ehemalige) Altstadt Berlin Die auf das Mittelalter zurückgehende Doppelstadt Berlin-Cölln war nach der Westorientierung der absolutistischen Stadtentwicklung in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein zweitklassiger Stadtraum im Schatten des Schlosses geworden. Sie wurde daher nach der Erhebung Berlins zur Reichshauptstadt zum Gegenstand radikaler Umbauplanungen. Ziele waren eine Verbesserung des Ost-West-Verkehrs durch Straßendurchbrüche und -erweiterungen, die Überwindung der kleinteiligen, sich gegen eine "moderne" Zentrumsentwicklung sperrende Parzellenstruktur und die Verdrängung der verbliebenen armen Menschen, einfachen Nutzungen und kleinen Gebäude. Leitbild dieser nur fragmentarisch realisierten Ziele war über Jahrzehnte die Angleichung der Altstadt an die City im Bereich der Dorotheen- und Friedrichstadt. Erst mit den Planungen des Generalbauinspektors Albert Speer wurde in der nationalsozialistischen Zeit dieses Leitbild modifiziert: Das gesamte Gebiet des historischen Zentrums zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz sollte durch ein neues Superzentrum entlang der Nord-Süd-Achse übertrumpft werden. Nach der Teilung Berlins wurde das planerische Leitbild einer Angleichung von Altstadt und City wiederaufgenommen. Der Zentrumsbereich wurde allerdings wieder ausgedehnt - diesmal in Richtung Osten. Er sollte sich vom Brandenburger Tor bis zum Frankfurter Tor erstrecken. Spätestens nach dem Mauerbau wurden diese hochfliegenden Pläne aufgegeben: Das Zentrum OstBerlins und damit der DDR insgesamt schrumpfte auf ein Zentrumsband zusammen, das faktisch nur mehr vom Alexanderplatz bis zum Marx-Engels-Platz reichte. Das historische West-Ost-Gefälle zwischen City und Altstadt wiederholte sich auf der Spreeinsel als Nord-Süd-Gefälle. Dem höfisch-herrschaftlichen Norden mit dem Schloß stand der stadtbürgerliche Süden mit Rathaus, Petrikirche und Handelsplatz gegenüber. Während sich der Norden seit dem frühen 19. Jahrhundert zur Residenz mit musealem Bereich, nach dem Ersten Weltkrieg zum Ort der Erinnerung an die verflossene Herrschaft der Hohenzollern und damit zur erweiterten Museumslandschaft transformierte, verlor der stadtbürgerliche Süden im Zuge des Aufstiegs der City in der Dorotheen-/Friedrichstadt an Bedeutung. In den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts wurde der südliche Fischerkietz (später "Fischerinsel" genannt) geradezu zum Symbol der "Rückständigkeit" der Altstadt. In der DDR-Zeit wurde der Widerspruch zwischen musealem Norden und "Elendsviertel" im Süden radikal verändert, aber nicht aufgehoben. Dem Kahlschlag auf der "Fischerinsel" folgte eine Wohnbebauung mit Hochhäusern, die im Zweiten Weltkrieg beschädigte Museumsinsel mit Dom und Lustgarten im Norden wurde wiederhergestellt wenn auch nicht vollständig. Zwischen beiden Extremen verblieb der zunächst leergeräumte MarxEngels-Platz, der seit den sechziger Jahren als schillernder Herrschaftsraum den westlichen Abschluß des Zentrumsbandes von Ost-Berlin markierte. Südlich dieses Raums erstreckte sich ein letzter, städtebaulich diffuser Rest von Alt-Cölln, der von der Neubebauung der Fischerinsel durch eine gewaltige Schnellstraße getrennt wurde. Mit den Wettbewerben Alexanderplatz und Spreeinsel wurde die Berliner Altstadt nach 1989 erneut Gegenstand städtebaulicher Überlegungen - allerdings ohne vernetzende Gesamtschau, in Form isolierter Projekte. 2.1. Berlin-Cölln vor dem Dreißigjährigen Krieg Das Bild der mittelalterlichen Doppelstadt Berlin-Cölln ist uns sehr fremd geworden. Das liegt nicht nur an den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und an dem stadtgrundrißvernichtenden Neuaufbau der DDR-Zeit. Bereits der Umbau und die Erweiterungen des Jahrhunderts nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-48) haben die Wahrnehmung der alten Stadt revolutioniert. Dazu kommt die relativ bescheidene Position des mittelalterlichen Berlin in der europäischen Städtehierarchie: Die bürgerliche Doppelstadt war - anders als etwa Magdeburg, anders sogar als ihre Mutterstadt Brandenburg an der Havel - weder durch ihre Bauten noch durch ihre Größe oder Funktion besonders bemerkenswert. Bedeutsam war vor allem der bequeme Übergang über die 44 Spree. Die Flußpassage in Höhe des Mühlendamms bildete das innerstädtische Kernstück der wichtigen Fernhandelsstraße, die im Westen am Teltower Tor in die Stadt Cölln eintrat und am Oderberger Tor im Osten Berlin wieder verließ. Vor dem Oderberger Tor liefen einige Fernstraßen zusammen. Dieser Sammelpunkt wurde später zu einem der prominentesten Plätze Berlins: zum Alexanderplatz. So verweist vor allem der Mühlendamm auf den Ursprung Berlins, auf die Notwendigkeit, diesen Übergang gegen Störungen und Zerstörungen zu sichern, auf die Chance, von diesem Übergang kommerziell zu profitieren. Die Stadt des Mittelalters war in erster Linie eine Niederlassung des bürgerlichen Handels mit Rast- bzw. Umschlagplätzen. Die Stadt fokussierte den Fernhandelsverkehr, der sich in der Struktur der Hauptstraßen widerspiegelte: im Straßenzug Gertraudenstraße - Mühlendamm - Molkenmarkt - Spandauer Straße sowie - in Richtung Osten nach Oderberg und Frankfurt an der Oder - in der Hauptachse der ausgebauten Stadtanlage, der Oderberger Straße, die in dieser Zeit eine Bühne der reichen Berliner Kaufleute darstellte. Die Kreuzung der Spandauer mit der Oderberger Straße (auch Georgenstraße genannt) bildete zugleich einen Angelpunkt des mittelalterlichen Berlin. Dieser wichtige Ort wurde durch eine politische Einrichtung besetzt, durch das Rathaus, das Haus der bürgerlichen Stadtregierung, und durch die Stätte des bürgerlichen Rechts. Aber auch die Berliner Rathausecke bildete nicht den zentralen Punkt der Doppelstadt. Es gab einige zentrale Orte, mehrere Rathäuser, mehrere Märkte, mehrere Pfarrkirchen, aber kein absolutes Zentrum. Das lag zum einen an der Doppelstadt Berlin-Cölln, zum anderen an der mittelalterlichen Verdoppelung Berlins nach Norden hin. So war Cölln mit seiner Frühform des Parallelstraßensystems auf den breiten, langgestreckten Platz mit Petrikirche und Rathaus zentriert. Berlin dagegen beherbergte neben dem älteren Markt südlich der Nikolaikirche im Bereich der nördlichen Stadterweiterung einen zweiten Marktplatz bei der Marienkirche. Und zwischen beiden Städten lag der Mühlendamm, der von den Markgrafen zur Erleichterung des Spreeübergangs errichtet worden war. Damit gab es eine ganze Reihe zentraler Orte, die - durch Hauptstraßen miteinander verbunden - die charakteristische Form einer Sichel bildeten. Dazu kam schließlich im Fixpunkt der Sichel - nach 1307 das gemeinsame Rathaus der beiden Städte auf der Langen Brücke. Schon im Mittelalter war damit der nicht-zentralistische Charakter des Berliner Stadtgrundrisses begründet. Sowohl Cölln wie der ältere Teil Berlins waren nach dem Parallelstraßensystem angelegt. Erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts erhielt Berlin mit seiner Erweiterung nach Nordwesten einen Stadtteil mit Baublöcken. Der Grundriß von Berlin-Cölln, so das wohlwollende Urteil von Alfred Schinz, gehört "zu den besten Leistungen mittelalterlichen Städtebaus" (1964, S. 41). Das bürgerliche Stadtsystem wurde 1443 durch die Anlage der hochgesicherten Zwingburg der Hohenzollern auf der nördlichen Spreeinsel nachhaltig erschüttert. Die Burg befand sich zwar außerhalb der bürgerlichen Doppelstadt, aber durchaus in strategischer Lage. Der neue Herrschaftssitz kontrollierte die Lange Brücke und damit nicht nur einen Spreeübergang, sondern zugleich den Ort, an dem sich durch das gemeinsame Rathaus die bürgerliche Herrschaft der Doppelstadt manifestiert hatte. Damit hatte die neue Burg zunächst eine gewaltige, westlastige Schieflage gegenüber der älteren Bürgerstadt. Sie war seither der Angelpunkt der weiteren Stadtentwicklung, aber noch lange nicht der reale Mittelpunkt der Stadt. Die Verhältnisse auf der Spreeinsel selbst wurden durch die sich zum Schloß wandelnde Burg umgewälzt: Befanden sich die vornehmsten Stadtlagen des mittelalterlichen Cölln entlang des bürgerlichen Hauptstraßenzuges, so änderte sich dies nach dem Bau der Hohenzollernburg. Seither war die Spreeinsel nicht mehr nur ein Zentrum städtischen Bürgertums, sondern auch Sitz der Landesherrschaft, die die Macht des Stadtbürgertums brach. Der "Berliner Unwille" 1448 war die entscheidende Auseinandersetzung im Kampf zwischen Bürgerstadt und Landesherrschaft, der mit 45 der Niederlage der Bürgerstadt endete. Der Landesherr besetzte - seit 1486 mit ständigem Aufenthalt - nicht nur die Nordhälfte der Spreeinsel, er degradierte zugleich den bürgerlichen Südteil. Zum zentralen Ort der landesherrlichen Repräsentation avancierte der Platz südlich des Schlosses, der spätere Schloßplatz, der zunächst eine Stechbahn für ritterliche Kampfspiele war und im Westen durch das Domstift, die frühere Dominikanerkirche, begrenzt wurde. 2.2. Berlin-Cölln im Gefüge der Residenzstadt Nach der Zeitenwende des Dreißigjährigen Krieges wurde die uns trotz aller Zerstörungen noch vertraute Grundform des historischen Berlin geschaffen: Die Spreeinsel und die erste barocke Stadterweiterung, der verwinkelte Friedrichswerder, bekamen erst nach aufwendigen Entwässerungs- und Kanalisierungsarbeiten die uns heute selbstverständliche Form; das durch Bildbände und das Kulissenspektakel wieder in Erinnerung gerufene Schloß erhielt damals im wesentlichen seine Gestalt; die regelmäßigen Stadterweiterungen der Dorotheen- (seit 1673) und Friedrichstadt (seit 1688) rückten das Schloß in das geographische Zentrum der Stadt; im Norden und Osten entstanden weniger regelmäßig angelegte Vorstädte, von denen uns heute nur mehr die Spandauer Vorstadt ein Begriff ist. Damals wurden auch die berühmten "Mängel" des Berliner Stadtzentrums begründet: die Vernachlässigung der mittelalterlichen Bürgerstadt im Osten, die allerdings zunächst noch gar nicht absehbar war, und die unzureichende Vernetzung der einzelnen Teile der Residenzstadt untereinander, ein Problem, das durch eine der gewaltigsten baulichen Fehlinvestitionen der Berliner Geschichte, den Bau des Festungsgürtels von 1658-83 unter Leitung von Johann Gregor Memhardt, mit verursacht wurde. Der schon seit 1734 wieder abgetragene Festungsgürtel hinterließ uns - neben dem 1662 mit Stadtrecht ausgestatteten Friedrichswerder einige Stadtplätze mit charakteristisch unregelmäßiger Form: etwa den Spittelmarkt und den Hausvogteiplatz. Trotz seiner durch die Stadterweiterungen radikal veränderten Lage blieb das Schloß aber zunächst nur eine Insel im neuen Städtearchipel, abgeschirmt von den barocken Stadterweiterungen, vor allem aber abgeschirmt von der alten Stadt. Diese Tradition der Abkapselung widersprach allerdings den neuen Repräsentationsbedürfnissen der preußischen Barockfürsten, die den Widerstand der Bürger nicht mehr fürchten mußten. Gefragt war ein neues Verhältnis zwischen Stadt und Schloß, eine Unterordnung der Stadt unter das Schloß. Doch in welche Richtung sollte sich das Schloß orientieren, wohin seine wichtigste Front wenden? Die Neuformulierung der Oderberger bzw. Georgenstraße (heute Rathausstraße), der Hauptstraße des mittelalterlichen Berlin, als "Schloßstraße", als Straße also, die auf den Mittelpunkt der Schloßanlage zuführt, war eine mögliche, ja die zunächst naheliegende Variante. Sie hätte die Altstadt aufgewertet, zugleich aber vor dem Schloß in die Knie gezwungen. Tatsächlich gab es einen kurzen historischen Zeitraum, in dem die Frage der Orientierung des Schlosses offen zu sein schien. Es war dies die Zeit um 1700, die Zeit des Kurfürsten Friedrich III., der König werden wollte und schließlich auch König wurde, König in Preußen, im Jahre 1701. Der Königstitel erforderte einen qualitativen Sprung im Städtebau, den Ausbau des Schlosses und die städtebauliche Unterordnung der Stadt unter das Schloß. Eine solche Neuordnung legte eine Orientierung des Schlosses nach Osten, nicht nach Westen nahe. Ein entsprechendes Konzept wurde vermutlich von Andreas Schlüter entworfen und ist uns in einer Ansicht des Kupferstechers und Architekten Jean Baptiste Broebes aus der Zeit um 1701 überliefert. Es handelt sich bei diesem Stich um ein Schlüsseldokument der Berliner Stadtentwicklung. Der Stich zeigt, daß die frühere bürgerliche Hauptstraße des alten Berlin, die Oderberger Straße, in einen prächtigen Platz mündet, die neue Place Royal, den Königsplatz, der im Norden durch das Schloß und im Süden durch ein neues Marstallgebäude begrenzt wird. Am Ende der Straßenachse steht ein neuer Dom im baulichen Kontext eines Invalidenhauses, der den alten provisorischen 46 Dom, die baufällige ehemalige Kirche der Dominikaner, ersetzt. Die Ostvariante impliziert also vor allem eine Neuordnung des unregelmäßigen Platzes im Süden des Schlosses. Die neue Lange Brücke über die offensichtlich verbreiterte Spree wird durch die Statue des "Großen Kurfürsten" Friedrich Wilhelm nobilitiert. Der Königsplatz selbst wird als Schloßvorplatz des Absolutismus gezeigt - als weiter, relativ leerer Raum, der sich in Gegensatz zur Enge und zu den Nutzungen der bürgerlichen Straßen und Plätze stellt, als Ort, der zur Repräsentation Raum verschwendet und dem Herannahenden die Stellung des absoluten Herrschers verdeutlicht. Dagegen ist die Straße Unter den Linden auf dem Stich als relativ unbedeutende Straße im Hintergrund dargestellt. Nach diesem ehrgeizigen Konzept sollte aus der bürgerlichen Hauptstraße des alten Berlin eine Schloßstraße werden, eine "via triumphalis" des preußischen Königtums, ein Standort höfischer Einrichtungen und barocker Prachtentfaltung. Tatsächlich wurden bereits in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Weichen für eine solche Entwicklung gestellt: 1685 wurde die Post an der Georgenstraße verortet, 1692-95 die Lange Brücke erneuert, 1693 das Rathaus ausgebaut. Dazu kamen zahlreiche Paläste höfischer Minister, darunter das Palais Wartenberg von Schlüter. 1701 wurde schließlich der Grundstein für einen triumphalen Neubau des alten Oderberger Tores nach dem Entwurf von Jean de Bodt gelegt. Die Oderberger Straße verwandelte sich so nicht nur in einen Sitz des Adels, auch die Perspektive eines Standortes von Regierungsfunktionen deutete sich an. Die Aufwertung der Hauptstraße AltBerlins zeigt sich schließlich an einem weiteren Ereignis: Nach seiner Krönung 1701 in Königsberg zog König Friedrich I. durch das Oderberger Tor und die Oderberger Straße zum Schloß. Dieser öffentliche Festakt wurde Anlaß einer Verdrängung bürgerlicher, an den Handel erinnernder Namen im alten Berlin: Das Oderberger bzw. Georgentor wurde zum Königstor, die Oderberger bzw. Georgenstraße zur Königstraße. Die Ostvariante hatte aber spätestens nach dem Sturz Schlüters keine Zukunft mehr. Dagegen erschien eine bescheidenere Südvariante offenbar zunächst als mögliche Alternative. Im Zuge der Festigung der Macht des Landesherren und des Ausbaus der Schloßlandschaft hatte zwar das alte, bürgerliche Cölln, dessen Zentrum im Bereich der Petrikirche lag, weiter an Bedeutung verloren. Dafür stieg die leicht gekrümmte Breite Straße zur herrschaftlichsten Straße neben der Königstraße auf. Dem Großgrundbesitz der Landesherren im Norden der Insel stand ein Gewebe winziger Parzellen im Süden gegenüber, wohingegen im Bereich zwischen diesen beiden Polen auch größere Parzellen zu finden waren. Der Größe der Parzellen entsprachen wiederum die Gebäude: Schloß, vornehmer Bürger- bzw. Adelssitz, Kleinbürgerhaus. Das Konzept einer Südvariante hätte diese Verhältnisse revolutioniert. Jean de Bodt hielt es in einer um 1707 entstandenen Zeichnung fest. Das programmatische Bild zeigt eine begradigte, durch den Aufmarsch herrschaftlicher Bauten streng verregelte, neue Breite Straße, die auf einen neu geordneten Schloßplatz ohne alte Domkirche mündet und achsial auf ein riesiges Mittelportal des Schlosses ausgerichtet ist. Am Schloßplatz wird die Breite Straße durch zwei ähnlich gestaltete Neubauten flankiert. An ihrem südlichen Ende waren zwei neue Prachtbauten vorgesehen: ein 1709 geplantes neues Rathaus für das zu einer Haupt- und Residenzstadt vereinigte Berlin und der 1706 geplante repräsentative Neubau der Petrikirche. Damit wäre der alte bürgerliche Zentralbereich neu gestaltet und dem Schloß untergeordnet worden. (Vgl. Schinz 1964, S. 89ff.) Die Spreeinsel wäre als homogener Herrschaftsraum zum eigentlichen Zentrum des neuen, absolutistischen Berlin geworden. Aber auch die Variante einer Südorientierung mit der Breiten Straße als via triumphalis wurde nicht weiterverfolgt. Der Tod des ersten preußischen Königs Friedrich I. markierte das vorläufige Ende des Ausbaus der Schloßstadt. Mit dem langsamen Aufstieg der Straße Unter den Linden zum Nobelsitz für Regierungs- und herrschaftliche Wohnfunktionen gewann die Variante West an Gewicht. Diese Variante hatte 47 zugleich den Aufstieg des Bereichs nördlich des Schlosses, des sogenannten Lustgartens, zu Lasten des südlichen Schloßplatzes zur Folge. Der Abbruch des alten Doms auf dem Schloßplatz im Jahre 1747, der gleichzeitige Neubau des Doms im Lustgarten und die Anlage des Forum Fridericianum seit 1741 machten die veränderten Verhältnisse deutlich: Der Schloßkomplex wurde unter der Herrschaft Friedrichs II. auf die neue via triumphalis ausgerichtet, die Straße Unter den Linden. Das Schloß drehte der Altstadt die Rückseite zu, das strahlende Antlitz wandte sich nach Westen. Der Bau des Brandenburger Tores 1788-91 gab der Schloßachse ihren monumentalen Abschluß am Tiergarten. Damit war die Orientierung des Schlosses städtebaulich abschließend geklärt. Nicht das 1701 begonnene, aber niemals ausgeführte neue Prachttor am späteren Alexanderplatz im Osten, sondern das mit der Quadriga bekrönte prächtige Tor im Westen wurde - bis heute - zum Symbol Berlins. Die Altstadt blieb seither im Schatten der Stadtentwicklung, verlor an Bedeutung, wurde zum Problemfall, zum Strukturproblem des Berliner Zentrums, dessen Lösung seit der Erhebung Berlins zur Reichshauptstadt Generationen von Architekten und Stadtplanern beschäftigte. Das Scheitern des Konzepts einer Ostorientierung des Schlosses bedauerten manche Fachleute in späterer Zeit ausdrücklich. So schrieb etwa Werner Hegemann in seiner Streitschrift "Das steinerne Berlin": "Daß dieser großartige Platzentwurf Schlüters unausgeführt geblieben ist, gilt künstlerisch empfindenden Berlinern als die Tragödie der Berliner Stadtbaukunst." (1930, S. 100) Im übrigen war der heute hochgerühmte, aber erst nach dem Abbruch der Festungsanlagen überhaupt mögliche "Westblick" von der Straße Unter den Linden auf das Schloß in der späten Barockzeit auch nicht ganz so grandios. An der schmalen Schloßbrücke standen Buden, südlich davon versperrte ein hoher Zaun den Blick. Erlebbar war aber der sackgassenartige Abschluß mit dem barocken Dom und dem Flügel der Schloßapotheke, welche sich beide zur Straße Unter den Linden hin orientierten und die Bürgerstadt im Osten in den Schatten stellten. Ihre Vollendung fand die Westorientierung des Schlosses durch die städtebauliche Neuordnung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der neugestaltete Stadtraum war insbesondere eine Schöpfung von Karl Friedrich Schinkel, der mit dem Alten Museum, der umgebauten Domkirche, der neuen Schloßbrücke, weiter im Süden auch der Bauakademie und der Friedrichswerderschen Kirche den vielleicht bedeutendsten Stadtraum in Berlin schuf. Türme und Kuppeln demonstrierten die neue Herrlichkeit der preußischen Könige im Herzen der alten Stadt. Der charakteristische, jetzt grandios erweiterte schräge Blick von der Straße Unter den Linden auf das Schloß war aber nicht immer nur ein Anlaß zum Jubel. So meinte Werner Hegemann, daß die "Achsen und Kraftströme" der Straße Unter den Linden "sich heute etwas gar zu zufällig am schief stehenden Schloß totlaufen." (1930, S. 70) 2.3. Ein erster Erneuerungsschub bis zum Ersten Weltkrieg Hatte die Aufbauära nach dem Dreißigjährigen Krieg die mittelalterliche Stadt zur Altstadt im Schatten des Schlosses entwertet, so zielten die Planer des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts auf deren radikale Modernisierung. Der überkommene öffentliche Raum der Altstadt wurde im Rahmen dieser Planungen in doppelter Hinsicht als Problem wahrgenommen: Zum einen konnte er seiner Aufgabe als Vermittler des wachsenden Großstadtverkehrs nicht mehr gerecht werden, zum anderen spiegelte er nicht mehr erwünschte, als rückständig und kleinstädtisch bewertete Verhältnisse wider, deren sich die herrschenden Kreise zu schämen begannen. Berlin schickte sich ja gerade an, in den Konkurrenzkampf mit den führenden Großstädten Europas einzutreten, in die Konkurrenz mit Wien, Paris und London. Die Altstadt war in einer solchen Sichtweise nicht mehr akzeptabel, sie mußte verschwinden - zugunsten einer modernen City. Das Umbauprogramm konnte - gerade hinsichtlich der Neugestaltung des Straßensystems - nicht in dem erwünschten Umfang durchgesetzt werden. Dennoch war es nicht ohne "Erfolg": Insbesondere 48 in den achtziger und neunziger Jahren wurden umfangreiche Straßenerweiterungen und durchbrüche sowie Brückenerneuerungen realisiert. Östlich der Spree wurden zahlreiche neue Einrichtungen mit großem Flächenbedarf verortet - so die Börse (1859-64, 1884/85 erweitert), das neue Rathaus (1861-69), die Zentralmarkthalle, die Hauptpost, das Land- und Amtsgericht, das Stadthaus sowie - am Alexanderplatz - das Polizeipräsidium. Auf der Spreeinsel wurde das "Rote Schloß" errichtet und das Kaufhaus Hertzog ausgeweitet, auf dem Friedrichswerder entstand das Kaufhaus Gerson, und die als Giro- und Lehnbanco im Jahre 1765 gegründete Reichsbank dehnte sich immer weiter aus. Für diese neuen Einrichtungen wurde die Zusammenlegung von Parzellen treibhausmäßig gefördert. Vorreiter der Entwicklung zur baublockgroßen Riesenparzelle war - wie schon in der Zeit des Absolutismus - die öffentliche Hand. Private Riesenparzellen - wie das Gelände des Kaufhauses Hertzog in Alt-Cölln - waren eher selten. Dennoch schien sich zunächst die Perspektive des Aufstiegs gerade der Altstadt zur erstklassigen Geschäftslage zu eröffnen. "Noch bis ins erste Drittel des 19. Jahrhunderts konzentrierte sich das Geschäftsleben vor allem in den alten Stadtteilen Berlins, in Alt-Berlin, Alt- und Neukölln am Wasser und auf dem Friedrichswerder. Die Königstraße und die Spandauer Straße mit dem Mühlendamm und der Gertraudenstraße waren die Hauptgeschäftsstraßen, in denen sich Geschäft an Geschäft reihte, und in der Breiten Straße, am Schloßplatz, an der Stechbahn und am Friedrichswerderschen Markt befanden sich die vornehmsten Geschäfte. [...] In der Umgebung von Unter den Linden, vor allem in der Friedrichstadt waren nur ganz vereinzelt ein paar Geschäfte an den Straßenecken entstanden." (Schinz 1964, S. 172) Spätestens mit der Reichsgründung jedoch zerschlug sich die Perspektive einer erstklassigen City-Ost. Die Altstadt wurde zum zweiten Zentrum hinter der aufstrebenden City in der Dorotheen- und Friedrichstadt. Insbesondere die südliche Altstadt blieb das Sorgenkind der Berliner Zentrumsplanung. 2.3.1. Ost-West-Passage Im Zuge des explosionsartigen Wachstums des Stadtraums von Berlin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwies sich das alte Berlin vor allem als Hindernis des Verkehrs zwischen West und Ost. Tatsächlich waren der Friedrichswerder, die Spreeinsel und Alt-Berlin immer eine Passage, ein Ort des Übergangs zwischen Ost und West. Die Hauptstraßen des Verkehrs prägten diesen Zentralraum, der wachsende Verkehr drängte zum Ausbau der bestehenden und zum Bau neuer Hauptstraßen. Die Hauptstraße der Bürgerstadt Berlin-Cölln und der wichtigste Straßenzug der Altstadt überhaupt war die Straßenfolge Gertraudenstraße - Mühlendamm - Spandauer Straße - Königstraße (heute Rathausstraße). Dieser krummen, verwinkelten und belebten bürgerlichen Hauptstraße Berlins schloß sich nach den barocken Stadterweiterungen in Richtung Westen die Leipziger Straße an. Dem "modernen" Massenverkehr wurde die Gertraudenstraße erstmals 1895 angepaßt. Damals verbreiterte sich die Straße von vormals 11,3 bis 15 Meter auf fast durchgängig 22 Meter. Auch die Königstraße als östliches Endstück des bürgerlichen Hauptstraßenzuges war verkehrsmäßig ein Nadelöhr. "Die Königstraße", so Robert Springer 1878 in seinem Porträt der Kaiserstadt, "ist verhältnismäßig zu eng für das rege und geschäftige Treiben, Laufen und Drängen, welches hier zu jeder Tagesstunde herrscht, für die Lastwagen, Droschken, Omnibusse und Equipagen, die sich unablässig begegnen, kreuzen und streifen [...]." (S. 86) Die zweite große, uns heute selbstverständliche Ost-West-Verbindung über die Spreeinsel war der Straßenzug Unter den Linden - Kaiser-Wilhelm-Straße, der über den Lustgarten vermittelt wurde. Diese Verbindung ist aus historischer Perspektive noch sehr jung, sie ist erst das Ergebnis des bedeutendsten Straßendurchbruchs der Kaiserzeit. Die Kaiser-Wilhelm-Straße sollte die Königstraße entlasten, die inzwischen zu einem Standort für Läden und Warenhäuser geworden war, allerdings - wie Robert Springer vermerkte - Läden von geringerer Eleganz als in der 49 Friedrichstadt. Schon 1871 hatte der Architekt und Stadtplaner August Orth Pläne zum Bau der nördlichen Entlastungsstraße vorgelegt. Die Realisierung des Straßendurchbruchs für die KaiserWilhelm-Straße verzögerte sich aber zunächst. Der schließlich 1877-87 bis zur Münzstraße realisierte Durchbruch sollte den Auftakt zur Modernisierung des alten Berlin bilden. "Wie ein Reinigungswerk", so Julius Rodenberg 1886, "ist die Demolierungsarbeit der Kaiser-Wilhelmstraße durch die schmutzigsten und verrufensten Quartiere von Alt-Berlin mitten durch gegangen und hat sie niedergelegt." (S. 97) Zusammen mit der Kaiser-Wilhelm-Straße wurde die Stadtbahn entlang des zugeschütteten Königsgrabens, der auf die Festungsanlage Memhardts zurückging, errichtet. Die 1882 eröffnete Stadtbahn verstärkte die Ost-West-Ausrichtung des Berliner Zentrums weiter. Daneben gab es zahlreiche Versuche, einen dritten Hauptstraßenzug zwischen den beiden großen Ost-West-Verbindungsstraßen zu öffnen - in Höhe des Schloßplatzes oder südlich von diesem. Eine solche Straße war bereits zur Zeit des Kurfürsten Friedrich III., des späteren Königs Friedrich I., im Gespräch. Auch Karl Friedrich Schinkel setzte sich für eine solche Lösung ein. Zu Beginn der Kaiserzeit schlug August Orth eine Entlastungsstraße Süd vor, die hinter dem gerade neu erbauten großen Rathaus entlangführen sollte. Auf der Berliner Städtebauausstellung im Jahre 1910 wurden weitere Pläne zur Aufweitung der Ost-West-Passagen vorgelegt - so etwa von Hermann Jansen, der eine Verbreiterung der Königstraße wie der neuen Kaiser-Wilhelm-Straße anregte. Wie schwierig es sein würde, diese Pläne zu verwirklichen, zeigte sich schon beim Bau der Kaiser-Wilhelm-Straße, die schließlich alles andere als eine erstklassige neue Hauptstraße der Berliner City war. 2.3.2. Halte-Plätze Das alte Zentrum Berlins war immer mehr als ein Ort des Durchgangs, es markierte auch entscheidende Halte-Plätze des Ost-West-Verkehrs, Plätze, die die Passierenden zum Verweilen einluden. Diese fanden sich vor allem entlang der großen Straßenzüge: die komplexe Platzfolge vom Spittelmarkt bis zum Molkenmarkt im Süden, der Lustgarten im Norden und schließlich der Werdersche Markt und der Schloßplatz in der Mitte. Weiter im Osten erstreckte sich - am Ende des Hauptstraßenzuges - der Alexanderplatz, der bedeutendste Platz des östlichen Zentrums. Dazu kamen auf dem Friedrichswerder - etwas abseits vom Hauptverkehr - der Schinkelplatz und der Hausvogteiplatz. All diese Plätze sind in ihrer während der Kaiserzeit modernisierten Form durch eine Flut von Bildbänden in guter Erinnerung. Der bürgerliche Hauptstraßenzug bestand gerade im Bereich des Friedrichswerder und der Spreeinsel aus einer einzigartigen Folge von Plätzen. Der Spittelmarkt diente als Sammelpunkt des Verkehrs vor dessen Eintritt in die Altstadt und vermittelte zugleich den Schwenk des Hauptstraßenzuges nach Nordost. Nach Passieren der Gertraudenbrücke erreichte man bald den Petriplatz, das Herz des mittelalterlichen Cölln, mit der die Bürgerhäuser überragenden Petrikirche. Kurz darauf folgte der Köllnische Fischmarkt mit dem alten, 1899 abgebrochenen Rathaus von Cölln. Der Fischmarkt schließlich mündete in das Nadelöhr des Mühlendamms, der zum Molkenmarkt auf der Berliner Seite der Spree führte. Wie bei keinem zweiten Straßenzug der Altstadt entfaltete diese Folge von unregelmäßigen Stadträumen das für eine lebendige Stadt typische Ineinandergreifen von Passage und Halte-Plätzen. Hier war "Haus für Haus ein Laden zu finden", hier erhob sich eines der größten Einkaufszentren Berlins, das 1839 gegründete Kaufhaus Hertzog. Völlig anderer Art war der Lustgarten im Norden der Spreeinsel. Er stellte zunächst nur die Fortsetzung des Schlosses als Freiraum dar, also einen Bestandteil der durch Wachtposten 50 kontrollierten Schloßlandschaft jenseits der Bürgerstadt. Als Ausgangspunkt zur Jagd im Tiergarten bildete er den Auftakt eines herrschaftlichen Straßenzuges, der nach Osten, zur Altstadt hin, nicht weiterführte. Die Westorientierung des Schlosses wurde durch den Bau der Schloßbrücke 1822-24, die die alte, schmale Hundebrücke ersetzte, weiter gefördert. Eine demonstrative soziale Öffnung des Lustgartens brachte dann 1824-30 der Bau des (Alten) Museums von Karl Friedrich Schinkel. Mit dieser neuen Institution wurde die nördliche Spreeinsel dem Bürgertum erschlossen. Der erste Schritt zu einer Abnabelung der Nordspitze der Insel vom allmächtigen Schloß war damit getan. Der Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Straße in Richtung Osten festigte diese räumliche Emanzipation, zerstörte aber das fein ausbalancierte Raumgefüge des Lustgartens. Die Straße Unter den Linden war nun keine herrschaftliche Sackgasse, das Schloß keine stadträumliche Barriere mehr. Damit wurde das Schloß von einem fiktiven zu einem realen Knotenpunkt der Stadt. Für den Durchbruch mußte ein Teil des Schlosses fallen, der nördliche Bereich der Schloßapotheke. Die nächste Änderung, ja Schädigung des Freiraums brachte ab 1894 der Neubau des kaiserlichen Doms, der die räumlichen und gestalterischen Proportionen der Schloßstadt bewußt sprengte. Dieser 1905 beendete Großbau, der besonders von Ferne beeindrucken sollte, stellte das Schloß in den Schatten. Damit war der Nabel von Berlin neu bestimmt. Entlang des dritten Straßenzuges lagen zwei bedeutende Plätze: der Schloßplatz und - auf dem Friedrichswerder - der Werdersche Markt. Der Schloßplatz vermittelte nicht nur den Verkehr zwischen der Friedrichstadt und Alt-Berlin, sondern auch zwischen dem Schloß und dem alten Cölln. Die südliche Seite des Schloßplatzes war noch bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein durch eine Vielzahl von schmalen Gebäuden auf kleinen Parzellen gekennzeichnet. Im westlichen Bereich, An der Stechbahn, verbargen sich hinter langgestreckten, einheitlich gestalteten Fassaden sieben Einzelgebäude mit Kaufmannsgewölben. Der oft bewunderte Baukomplex wurde zwischen 1864 und 1868 abgebrochen. Die Errichtung eines mächtigen Geschäftshauses zwischen der Uferstraße "An der Schleuse" und der Brüderstraße bildete 1866/67 den Auftakt zur Ausbreitung von Großbauten auf Großparzellen. Aufgrund seiner Form und Fassadenverblendung durch Klinker erhielt das Gebäude bald den Namen "Rotes Schloß". Mit dem Bau des Neuen Marstalls 1896-1902 erfolgte ein weiterer Schritt zur funktionalen und gestalterischen Reduktion des Platzes. Diesem Neubau mußte eine ganze Reihe von Bürgerhäusern aus der Barockzeit weichen. Mit dem Abbruch der "Schloßfreiheit" 1892-94 war der Stadtraum zwischen Lustgarten und Schloßplatz bereits nachhaltig gestört worden. Das Herz des Friedrichswerder, der Werdersche Markt, war zunächst durch eine enge Passage mit dem Schloßplatz und durch eine verwinkelte Straße mit dem Gendarmenmarkt und der Jägerstraße verbunden. Geprägt wurde der Platz durch die Einrichtungen des christlichen Kultes (die Kirchen), der Stadtregierung (das Rathaus) und des Handels (den Packhof). Baugeschichtlich berühmt wurde das Münzgebäude von Heinrich Gentz, das 1798-1800 im Bereich des abgebrannten Rathauses errichtet worden war. Um die Zweckmäßigkeit des zunächst nord-süd-gerichteten Platzes zu erhöhen, hatte bereits Schinkel umfassende Veränderungen vorgeschlagen. Sein Plan zielte auf eine Verbesserung des Ost-West-Verkehrs durch eine neue Straßenverbindung zwischen Schloßplatz und Französischer Straße. Obwohl dieser Plan zunächst nicht durchgesetzt werden konnte, erhielt der Werdersche Markt mit der neuen Kirche und der Bauakademie zwei Hauptwerke Schinkels. Erst nach dem Abbruch des alten Münzgebäudes 1886 zugunsten des Durchbruchs der Französischen Straße wurde die Ost-West-Ausrichtung des Platzes abgeschlossen. Nordöstlich des Werderschen Marktes erstreckte sich der dreieckige "Platz an der Bauakademie", der spätere Schinkelplatz - ein Platz am Wasser; im Südosten lag der Hausvogteiplatz, dessen unregelmäßige Gestalt auf das alte Befestigungswerk des 17. Jahrhunderts zurückgeht. Die Gestalt des Schinkelplatzes wurde durch den Abriß der Bürgerhäuser der "Schloßfreiheit" am gegenüberliegenden Spreeufer zugunsten des bombastischen Nationaldenkmals für Kaiser Wilhelm 51 I. von Reinhold Begas erheblich beeinträchtigt. Mit dem Fall der "Schloßfreiheit" verlor auch das Schloß seinen stadträumlichen Halt im Westen. Im Osten mündete der Hauptverkehr des Zentrums auf den Alexanderplatz. Dieser bis zum Dreißigjährigen Krieg vor dem Georgentor liegende, unbebaute Platz diente vor allem als Marktplatz, für den Handel mit Vieh ("Ochsenplatz") und Wolle, aber auch - im Süden - als Exerzierfeld ("Paradeplatz"). Nach dem Besuch des Zaren Alexander I. im Jahre 1805 erhielt der Platz seinen bis heute nicht in Frage gestellten Namen. Der Alexanderplatz war während der Märzrevolution 1848 ein Zentrum der Barrikadenkämpfe. Mit der Eröffnung des Stadtbahnhofes 1882 begann der rasante Aufstieg des Platzes. Seine Bedeutung als Drehscheibe des Verkehrs wurde durch den Bau von U-Bahn und Straßenbahnen weiter gestärkt. Das Grand Hotel, das Kaufhaus Tietz (1904-12 in mehreren Bauabschnitten errichtet) und das Café Aschinger, vor allem aber die 1895 aufgestellte Großplastik der Berolina machten den Platz zu einem populären Identifikationspunkt des östlichen Zentrums. Das 1885-90 erbaute gewaltige, einschüchternde Polizeipräsidium unterstrich die Bedeutung der Lage des Platzes - im potentiell rebellischen Berliner Osten. 2.3.3. Altstadt am Wasser Gerade auf der Spreeinsel war die Stadt Berlin gezwungen, ihr Verhältnis zum Wasser zu klären. Der zum Teil sehr sumpfige Boden verzögerte eine Bebauung und erforderte erheblichen Gründungsaufwand. Mühlen, Schleusen und Kanäle förderten den Schiffsverkehr und mehrten die Einkünfte des Landesherren. Zahlreiche Brücken vermittelten den Verkehr über die Insel, und die charakteristische Ufergestaltung machte den Bezug der Stadt zu ihrem Fluß immer wieder eindrucksvoll erlebbar. Von größter Bedeutung waren zunächst die beiden Hauptübergänge über die Spree zwischen Berlin und Cölln: der erste Flußübergang überhaupt, der Mühlendamm, und die Lange Brücke, die das gemeinsame Rathaus beherbergte und nach der Entmachtung des Stadtbürgertums zur "Kurfürstenbrücke" avancierte. Mit der Erweiterung der Stadt nach Westen gewannen auch die Übergänge über den Spreekanal an Bedeutung. Dies gilt für die Gertraudenbrücke im Süden, die Schloßbrücke im Norden und die Schleusenbrücke in der Mitte, während sich die Jungfernbrücke wegen ihrer Lage abseits des Verkehrs bis heute ihren ursprünglichen Charakter bewahren konnte. Im späten 19. Jahrhundert wurde die Vermittlung des Schiffs- mit dem Landverkehr modernisiert. Vor allem die Neugestaltung des Mühlendamms war das vielbeachtete Produkt dieser doppelten Verkehrssanierung: der Öffnung des Hauptarmes der Spree für die Schiffahrt und der Beseitigung des Verkehrsengpasses am Mühlendamm. Spektakulär war die Sanierung auch hinsichtlich ihrer Umsetzung: "Staat und Stadt", genauer: drei Behörden mußten hier kooperieren, und diese Kooperation funktionierte - wie zeitgenössische Quellen hervorhoben - hervorragend: Innerhalb nur weniger Jahre (1888-1893) war die Sanierung vollendet. Aber der Mühlendamm war nur der Auftakt zu einem Brückenbauprogramm, das dem rasant steigenden Großstadtverkehr freie Bahn brechen sollte. 1894/95 folgte der Neubau der Gertraudenbrücke. Der Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Straße zwischen Schloß und Dom hatte bereits 1885-89 den Bau einer leistungsfähigen Brücke veranlaßt - den Bau der Kaiser-WilhelmBrücke, des Pendants zur Schloßbrücke von Schinkel. Schließlich wurden auch die Kurfürstenbrücke (1894/95) und die Schleusenbrücke (1914) erneuert - zur Verflüssigung des Verkehrs entlang des mittleren Hauptstraßenzuges. Im Zuge dieses gewaltigen Erneuerungsprogramms der Kaiserzeit wurden die Brücken nicht nur flacher und breiter, sondern konnten auch nicht mehr hochgeklappt werden. Dennoch erhielten auch 52 die neuen Bauwerke ihre spezifische, unterscheidbare Gestalt, sie waren als Brücken inszeniert und verdeutlichten die Lage Berlins am Wasser. Das gleiche gilt für die städtebauliche Gestaltung des Spreeufers. Der im 17. Jahrhundert angelegte Straßenzug "Friedrichsgracht" veranschaulichte diesen Gestaltungstyp: Uferbefestigung, Straße mit Brüstung am Wasser und eine inselseitig geschlossene Straßenrandbebauung. Der Bezug zum Wasser war so immer präsent. Einen Höhepunkt dieser Inszenierung der Stadt am Wasser bildete die kleinteilige Bebauung der "Schloßfreiheit". 2.3.4. Im Schatten der Ost-West-Hauptstraßen: die Museumsinsel Im Mittelalter befand sich heutigen Standort der Museen eine unstete Insellandschaft außerhalb der Doppelstadt Berlin-Cölln, ein sumpfiges Gelände, dessen Konturen die Spreefluten fortwährend veränderten. Erst mit der Anlage kurfürstlicher Nutz- und Ziergärten im Norden des Berliner Schlosses begann die geordnete Nutzung und Befestigung der späteren Museumsinsel, die zunächst "Cöllnischer Werder" oder "Insel vor Monbijou" genannt wurde. Die Transformation der höfischen Landschaft in ein dem Bürgertum sich öffnendes kulturelles Zentrum ist städtebaulich nicht Ergebnis eines einzigen, umfassenden Planes, sondern eines widersprüchlichen Prozesses, der sich in den baulichen Schichtungen der Museen bis heute eindrucksvoll ablesen läßt. Die additive Produktion der Museumsinsel hat in der Vergangenheit nicht nur Bewunderung gefunden: Werner Hegemann etwa sprach zum einen vom "heiligen Bezirk der Museumsinsel" (1930, S. 429), zum anderen aber auch von einem "Durcheinander der beziehungslos zusammen gewürfelten oder schematisch aufgereihten öffentlichen Bauten der Museumsinsel" (1930, S. 197). Seit 1882 wurde die Insel durch die Trasse der Stadtbahn faktisch gespalten. Vorschläge, diese Spaltung zu überbrücken, wurden bereits im Vorfeld des Stadtbahnbaus unterbreitet, zum Beispiel von August Orth im Jahre 1875. Mit dem Bau des KaiserFriedrich-Museums, des heutigen Bodemuseums, 1897-1904 (Architekt: Ernst von Ihne) wurden diese Versuche nicht nur aufgegeben, sondern faktisch durch ein neues Konzept ersetzt: Die räumliche Spaltung wurde nicht mehr bemäntelt, sondern durch einen harten Stilbruch baulich unterstrichen. Den Auftakt zur Entwicklung der Museumsinsel bildete das 1824-28 von Karl Friedrich Schinkel errichtete Museum, das aber keineswegs als Auftakt gedacht war. Dennoch begann damit die Transformation eines höfischen in einen bürgerlichen Ort, oder besser: die von oben gewährte Öffnung des herrschaftlichen Ortes für das Bildungsbürgertum. Der damals noch Neues Museum genannte Bau hat eine klare Vorderfront - zum Lustgarten, zum königlichen Schloß, und eine klare Rückfront - zum Packhofgelände. Die städtebaulich wichtige, zum Stadtschloß gerichtete Vorderfront ist als relativ autonomer Bauteil gestaltet, wie bereits "Berlin und seine Bauten" (Ausgabe 1877) hervorhebt: "Das Museum ist unter allen Werken Schinkels dasjenige, welches weitaus die grösste Popularität erlangt hat. Es verdankt dieselbe der überwältigenden Wirkung, welche einerseits die Säulenfront am Lustgarten, andererseits die Rotunde auf den Beschauer hervorbringen - eine Wirkung, welche selbst durch die vom strengen, architektonischen Standpunkte unverkennbare Thatsache nicht abgeschwächt werden kann, dass beide Motive mit dem Organismus des übrigen Baues in etwas losem Zusammenhange stehen." (S. 157) Die späteren Museumsbauten entfalteten sich im Rücken des nunmehr Alten Museums, ja in seinem Schatten; sie sind von dem bedeutendsten Ort der Gegend her, dem Lustgarten, nicht wahrnehmbar. Natürlich haben auch diese Museen ihre Schauseiten. Sie haben aber keine mit dem Alten Museum vergleichbaren Schaupunkte. Sie sind in städtebaulicher Hinsicht versteckt. Das nach Plänen von Friedrich August Stüler 1843-55 errichtete Neue Museum zog aus dieser Situation bauliche Konsequenzen. "Im Gegensatz zu dem älteren Werke Schinkel's", so "Berlin und seine Bauten" 53 (1877), "ist bei dem Stüler'schen Bau das Gewicht künstlerischer Gestaltung nicht dem Aeusseren, sondern dem Inneren des Hauses zugewandt worden." (S. 158) Auf die 1866-76 nach Entwürfen Stülers unter Johann Heinrich Strack errichtete Nationalgalerie trifft diese Charakterisierung allerdings nicht mehr zu. Doch auch die erhöhte Nationalgalerie ist vom Lustgarten her nicht erlebbar. Diese Verhältnisse einer gleichsam versteckten Museumsinsel bilden bis heute eines der Charakteristika des Ortes, das es zu respektieren gilt. Mit der Eröffnung des schon vor dem Ersten Weltkrieg von Alfred Messel projektierten und schließlich unter Ludwig Hoffmann ausgeführten Pergamonmuseums im Jahre 1930 war die etwa hundertjährige Entstehungsgeschichte der Museumsinsel abgeschlossen. Der Plan Messels (um 1907-09), dieses Museum mit der Universität städtebaulich zu verbinden, wurde zwar als Option noch längere Zeit offengehalten, faktisch aber nicht weiter verfolgt. 2.4. Gescheiterte Kahlschlagmodernisierung in der Weimarer Republik Nach 1918 verlor das Schloß jegliche herrschaftliche Funktion und wurde Sitz wissenschaftlicher Institute und Museen. Die Überlegungen zur radikalen Modernisierung des gesamten Berliner Zentrums verschonten auch den ehemaligen Sitz der Hohenzollern nicht. Das zeigt etwa das Plädoyer von Adolf Behne, eines Mitstreiters von Stadtbaurat Martin Wagner, für einen Teilabriß des Schlosses und damit die Beseitigung einer zentralen materiellen wie mentalen "Barriere": "Mühsam, nur auf Umwegen, mit Drehungen und Wendungen kommt zusammen, was notwendig zusammengehört [...]. Die Fürsten setzen in die Handelsstadt ein Centrum der Politik. Des Großen Kurfürsten Straße zielt nach Westen, schließt das Berliner Schloß an das System Paris an .... das Schloß, aber nicht die Stadt. An der Spree bricht diese Achse ab. Der Weg nach Osten erhält einen ähnlichen Ausbau nicht, hat ihn nicht bis auf den heutigen Tag. [...] Das Schloß ist heute bedeutungslos, da es seiner Politik nicht gelang, den Bund zwischen Ost und West auf die Dauer zu verstellen. [...] Ich stelle mir vor, es wird die Bahn aus Westen direkt auf geradem Wege in die Ostbahn hineingeleitet [...]. Ein Stück des Schlosses müßte fallen. [...] Das neue Berlin muß wieder anknüpfen an seine ursprüngliche Aufgabe als Vermittler zwischen Ost und West." (1932, S. 62f.) Der Teilabriß des Schlosses blieb ein papierener Traum. In der Weimarer Republik wurde auch die Idee weiterverfolgt, das alte Berlin im Sinne eines WestOst-Citybandes neu zu ordnen. Insbesondere der Durchbruch einer südlichen Entlastungsstraße hinter dem Rathaus wurde im Detail vorbereitet - in einer konzertierten Aktion der Stadträte Martin Wagner und Ernst Reuter und dem Repräsentanten des Cityausschusses, Martin Mächler. Die Planung dieser Entlastungsstraße kann als das ehrgeizigste Erneuerungsvorhaben im Zentrum während der Weimarer Republik gelten; der Umbau des Alexanderplatzes sollte dazu der Auftakt sein. Den spektakulärsten Ausdruck fand die Geringschätzung des alten Berlin im Neugestaltungsvorschlag von Ludwig Hilberseimer. Die komplexen Pläne der Weimarer Republik konnten allerdings nicht realisiert werden. 2.4.1. Erneuerung des Alexanderplatzes Stadtbaurat Martin Wagner beabsichtigte, den Alexanderplatz zu einem "Weltstadtplatz" zu entwickeln, ihn also vor allem den neuen Bedürfnissen des Verkehrs anzupassen. "Der Weltstadtplatz ist eine fast dauernd gefüllte Verkehrsschleuse, der 'Clearing'-Punkt eines Adernetzes von Verkehrsstraßen erster Ordnung." (Wagner 1929, S. 33) Natürlich war der Platz immer ein Angelpunkt des Verkehrs gewesen: ein Platz vor den Stadtmauern des alten Berlin, an dem sich der Überlandverkehr mehrerer Straßen sammelte, um dann das Stadttor zu passieren, später ein Platz, an dem sich mehrere Straßenbahn-, U-Bahn- und S-Bahnlinien begegneten. 54 Als Brennpunkt des öffentlichen Nahverkehrs war der Platz auch ein Ort, an dem sich Fußgänger ballten, Fußgänger, die nicht nur die Bürgersteige am Platzrand, sondern auch die Platzfläche frech und zahlreich kreuzten. Diese Fußgänger zu disziplinieren, das heißt, auf den Platzrand zurückzudrängen, war ein wichtiges Ziel der Umgestaltung - und zwar zugunsten des Straßenbahnverkehrs, insbesondere aber zugunsten des neuen, zukunftsweisenden Kraftfahrzeugverkehrs. "Der Verkehr muß mit einem Höchstmaß von Beschleunigung, Stockungslosigkeit und Übersichtlichkeit über den Platz geleitet werden. Der Weltstadtplatz verlangt darum eine Differenzierung der Verkehrswege für den Schienenverkehr (Straßenbahn), Radverkehr (Autos) und den Fußgängerverkehr." (Wagner 1929, S. 33) Wagners strategische Absicht war vor allem die Öffnung der Altstadt für den Autoverkehr - nicht nur am Alexanderplatz. Das zeigte sich an der Neugestaltung des Platzes, am neuartigen, in seiner Effizienz überschätzten Kreisverkehr und an der Führung der Straßenbahnen. Vor allem aber auch an einer Kleinigkeit, die in der Regel übersehen wird: an der Hecke, die den inneren, dem Straßenbahnverkehr vorbehaltenen Kreis einfaßte. Diese Hecke sollte ein diagonales Überqueren des Platzes unmöglich machen. Es war aber nicht nur die funktionale Entmischung des Platzes nach Verkehrsarten, die dem Fortschrittsmittel schlechthin - dem Automobil - huldigte. Die Architektur der Platzrandbebauung selbst sollte den Kreisverkehr gestalterisch verdoppeln, ja triumphalisieren, den kreisenden Autofahrer nicht in optische Verwirrung bringen. Das Verdoppelungskonzept wurde von fünf der sechs zum Wettbewerb Alexanderplatz aufgeforderten Architekten akzeptiert. Die Wettbewerbsgewinner, die Gebrüder Hans und Wassili Luckardt sowie Alfons Anker, spitzten die Konzeptidee noch einmal zu, indem sie die Kreisform durch eine horizontale Betonung der Gebäudefassaden zusätzlich unterstrichen. Alle Wettbewerbsteilnehmer planten den Kahlschlag des alten Platzes und dessen Neuerstehung als Architekturplatz aus einem Guß. Als historischer Torplatz war der Alexanderplatz ja über Jahrhunderte ein "unregelmäßiger" Platz gewesen, ein Platz, der die Unregelmäßigkeit der Überlandstraßen widerspiegelte und aus unterschiedlichen Teilplätzen bestand, die in Gestaltung wie Nutzung diese Unregelmäßigkeit eindrucksvoll unterstrichen. "Unregelmäßig"? Dieses Wort scheint auf einen Mangel, auf Interventionsbedarf zu verweisen. Die Antwort Wagners auf die Unregelmäßigkeit des Alexanderplatzes war deren Beseitigung durch ein Ready-made-Produkt, ein Großprojekt, das den "stark zersplitterten Kleinbesitz" (Wagner 1927, S. 708) überwinden sollte. Doch Wagners strategisches Ziel war nicht nur die Beförderung des "modernen Verkehrs" und die gestalterische Gleichschaltung des Platzes - beide Ziele dienten einem viel wichtigeren Oberziel: der weiteren Citybildung im Ostteil des Zentrums. Das Bebauungskonzept Wagners sah eine massive Bauverdichtung und Ballung von Büros und Läden vor. Die vorgeschlagene Erneuerung des Alexanderplatzes sollte nicht nur gestalterisch mit der baulichen Umgebung brechen, sondern zugleich die Aufwertung der ganzen Umgegend einleiten. Diese Aufwertung sollte durch zahlreiche weitere Projekte vorbereitet werden. Bereits 1927 wurde die Neugestaltung des Bülowplatzes, heute Rosa-Luxemburg-Platz, im Bereich des abgebrochenen Scheunenviertels in Angriff genommen. Dieses Projekt von Hans Poelzig sollte mit öffentlichen und privaten Neubauten explizit eine soziale und funktionale Aufwertung des ostjüdisch geprägten Gebietes einleiten. Die Umgestaltung des Alexanderplatzes war nur der geplante Auftakt einer gewaltigen, gewaltsamen Neuordnung und Aufwertung des östlichen Zentrums, die der schleichenden "Westwanderung" der City begegnen sollte. Wagners Vision ging aber über die Erschließung der Elendsviertel für die wachsende, wohnungslose "Weltstadtcity" hinaus. Er begründete aus der Verkehrsdynamik der Großstadtentwicklung sein Konzept eines Wegwerfplatzes, dessen Randbebauung nach 25 Jahren amortisiert sein sollte. Nach 25 Jahren, so seine Vorstellung, könne 55 die Platzbebauung dann problemlos neuen Erfordernissen weichen. "Der Verkehrsfachmann muß sich die Verkehrskapazität eines Weltstadtplatzes errechnen und diese Kapazität auf einen Verkehrszuwachs für die nächsten 25 Jahre einstellen. [...] Mit dem Hinweis auf die beschränkte Lebensdauer eines Weltstadtplatzes ist auch zugleich angedeutet, daß die den Platz umgebenden Bauten keine bleibenden wirtschaftlichen wie architektonischen Werte besitzen." (1929, S. 33) Das Konzept einer im Vierteljahrhunderttakt sich erneuernden Weltstadtcity erhob die Idee der geschichtslosen Stadt zum dauernden Prinzip. Kahlschlag des geschichtlichen Platzes, Neugestaltung als regelmäßiger Platz aus einem Guß, Huldigung an den modernen Automobilverkehr, Förderung des Immobiliengroßeigentums, überzogene bauliche Verdichtung, monofunktionale Konzentration von Büros und Verkaufsflächen, Verdrängung armer Bewohner und Funktionen - all das sind Aspekte, die das Projekt des neuen Alexanderplatzes in der Weimarer Republik mit bestimmten. Umgesetzt wurde im übrigen nicht das Projekt von Hans und Wassili Luckhardt sowie Alfons Anker, sondern - nach dem Willen der amerikanischen Investoren - der modifizierte Entwurf des zweiten Preisträgers Peter Behrens. Die Durchsetzung der neuen Figur gelang allerdings nur partiell, sie scheiterte an den Widrigkeiten des privaten Bodeneigentums. 2.4.2. Im Schatten der Ost-West-Hauptstraßen: der Fischerkietz Weltstadtcity - das war der Leittraum der zwanziger Jahre, die Realität entsprach diesem Leitbild aber keineswegs. In seine Schrift zum Thema "Das Neue Berlin" montierte Martin Wagner 1932 eine Abbildung, die Berlin - nach Bezirken gegliedert - zeigt. Über dieser Grundkarte schwebt eine Lupe, die einen Ausschnitt des Stadtplans vergrößert: das Gebiet der südlichen Spreeinsel, den Fischerkietz. Martin Wagner schrieb dazu folgendes: "Die City einer neuen Weltstadt auf der Grundlage der Lebensraumgrenzen und Eigentumsgrenzen des Mittelalters! Unmöglich kann sich in diesem Spinnwebennetz von Grenzen, die auf den kleinen 'Bürger', aber nicht auf die 'Gesellschaft', und auf den 'Fußgänger', nicht aber auf die 'Maschine', zugeschnitten sind, eine Reichshauptstadt, eine Maschinenstadt und Weltstadt entwickeln!" (Abb. 17) Galt Alt-Berlin, das östliche Teilzentrum, schon als rückständig, so war der Fischerkietz das rückständigste Teilgebiet von Alt-Berlin. Hier gab es immer noch eine stattliche Zahl von Bewohnern: so etwa im Jahre 1925 3.698 Menschen. Auf einem Hektar lebten bis zu 480 Einwohner; das war die höchste Bewohnerdichte im Zentrum. Hier gab es eine Fülle von kleinen und kleinsten Parzellen, von kleinen, schmalen und zum Teil niedrigen Häusern, und hier gab es noch Gassen von außerordentlicher Enge. Die Bewohner dieses Gebietes waren in der Regel sehr arm, die Wohnverhältnisse entsprechend elend. Man kann wohl davon ausgehen, daß hier die schlechtesten Wohnverhältnisse von ganz Berlin anzutreffen waren. Die unerträgliche "Rückständigkeit" des Fischerkietzes, ja des gesamten östlichen Teilzentrums überhaupt förderte die Westwanderung der City. Dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, war das strategische Hauptziel der Zentrumsplanung von Martin Wagner, Ernst Reuter und Martin Mächler. Doch wie ließ sich ein solches Ziel planerisch umsetzen? Infolge der in Deutschland sehr begrenzten Zugriffsmöglichkeiten auf privaten Grund und Boden bot sich im wesentlichen nur ein Hauptmittel an: der Straßendurchbruch bzw. die Straßenerweiterung. Dieses Mittel war auch zur Rationalisierung der Gesamtstadt von herausragender Bedeutung: Es sollte die schon seit Jahrzehnten beklagten Engpässe des Berliner Ost-West-Verkehrs beseitigen und zugleich neue Ansatzpunkte für die weitere Citybildung schaffen. Eine solche Rationalisierung aber, das zeigten die Erfahrungen, bedurfte einer unglaublichen Anstrengung der öffentlichen Hand, sie bedurfte finanzieller Vorleistungen, die als sinnvoll 56 erscheinen mußten. Sie bedurfte daher vor allem einer Legitimationsstrategie. In diesem Punkte scheute Martin Wagner wahrlich keine Mühen. Es wurden technische und soziale Gutachten in Auftrag gegeben, die die Notwendigkeit der Sanierung belegen sollten, und es wurde ein Wettbewerb vorbereitet, der diese Legitimation krönen sollte. Von außerordentlicher Bedeutung war in der Weimarer Republik die soziale Legitimation der erwünschten Radikalsanierung. Zu diesem Zwecke wurde 1930 mit Unterstützung des "CityAusschusses" (eines Zusammenschlusses Berliner Geschäftsleute mit dem Ziel, der Entwertung der Altstadt entgegenzuwirken), der "Berliner Verkehrs-A.-G." und unter Mitwirkung von Martin Mächler beim Verein für Wohnungsreform ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die unter der Federführung von Bruno Schwan erstellte und 1932 publizierte Expertise "Die Wohnungsverhältnisse der Berliner Altstadt" bewies grundstücksscharf das Wohnungselend vor Ort. "Haus für Haus, Wohnung für Wohnung", so heißt es in dem Gutachten, sprechen die Berichte "in gewissen Straßen von Ungeziefer, Feuchtigkeit, Moderduft, Verfall, von ausgetretenen finsteren Treppen, abbröckelndem Putz, daß einen das Grauen packen kann." (1932, S. 13) Die Schlußfolgerung war eindeutig: Ein Abriß des Slums, so die Begrifflichkeit des Gutachtens, sei nicht nur gerechtfertigt, sondern in sozialer Hinsicht notwendig. Was allerdings aus den Bewohnern werden sollte, wurde nur am Rande thematisiert. Im Zusammenhang mit einem Hinweis auf die hohe Zahl von Einzelpersonen und kinderlosen Paaren im Sanierungsgebiet findet sich folgende Bemerkung: Die Struktur der Bewohner sei wichtig "für den Fall einer Evakuierung dieser Gegend, da die Beschaffung des erforderlichen Ersatzraumes möglicherweise am billigsten durch die Errichtung von Ledigen- oder Altenheimen bewirkt werden kann." (1932, S. 12) Dieses geringe Interesse für das Schicksal der im Gebiet Wohnenden ist um so bemerkenswerter, als zu dieser Zeit in Berlin ja schon Erfahrungen mit der Altstadtsanierung (im "Scheunenviertel", heute RosaLuxemburg-Platz) vorlagen, Erfahrungen, die gezeigt hatten, daß sich die verdrängten Bewohner mit Niedrigsteinkommen keine besseren Wohnungen leisten konnten. Die soziale Argumentation diente vor allem der flankierenden Legitimation. Sie zielte auf Verdrängung, ohne sich um das weitere Los der Verdrängten ernsthaft zu kümmern. Die Legitimation der Abrißstrategie in baulicher Hinsicht war weniger aufwendig. Die Bebauung in der südlichen Altstadt, so die Argumentation, habe keinerlei architektonischen Wert. Die romantische Verklärung der Altstadt wurde als Verirrung gegeißelt. "Mancher wird es vielleicht bedauern", so 1931 Hermann Ehlgötz, Professor an der Technischen Hochschule Berlin und Verfasser eines Gutachtens zum Untergrund der Berliner Altstadt, das ebenfalls die Kahlschlagsanierung legitimieren sollte, "daß die heute vorhandene romantische Bebauung des Stadtinnern durch eine neue Geschäftsstadt ersetzt werden soll. Aber auf die Dauer wird man die Berliner Altstadt doch weder als Wohnstadt noch als Museum retten können. Das Stadtbild, das hier nach Verlegung der Wohn- und Fabrikviertel einmal entstehen wird, wird unromantisch und traditionsarm, aber dafür hygienischer und wirtschaftlich rationeller sein." (S. 128) Der für 1930 in Aussicht genommene Wettbewerb zur Neugestaltung der südlichen Altstadt scheiterte an den politischen und wirtschaftlichen Problemen der späten Weimarer Republik. Im März 1931 verweigerte die Berliner Stadtverordnetenversammlung dem Antrag auf Ausschreibung ihre Zustimmung. 2.5. Ein zweiter Erneuerungsschub in der nationalsozialistischen Zeit Durch die bislang nahezu ausschließlich auf die Nord-Süd-Achse und die Neubauten im Umkreis der Wilhelmstraße gerichtete fachliche Aufmerksamkeit blieben die Planungen und Aktivitäten der nationalsozialistischen Zeit im Bereich der Altstadt bis heute relativ unbekannt. Dies ist gänzlich unangemessen: Wie insbesondere die Arbeit "Architektur und Städtebau in Berlin zwischen 1933 und 1945" von Wolfgang Schäche (1991) zeigt, sollte die Altstadt nach den Umbauphasen der 57 Barockzeit, der Schinkel-Zeit und der Kaiserzeit nunmehr einen vierten radikalen Veränderungsschub der Altstadt beobachten, der allerdings in Ansätzen steckenblieb. In den dreißiger Jahren wurde vor allem am Ausbau der Ost-West-Hauptstraßenzüge weitergearbeitet: Im Norden sollte die Kaiser-Wilhelm-Straße als Bestandteil der Speerschen OstAchse monumentalisiert, im Süden der Mühlendamm abermals verbreitert werden, in der Mitte wurde im Zuge des Reichsbankneubaus die Durchlegung der Jägerstraße zum Schloßplatz vorbereitet. Mit dem Beginn der Umsetzung dieser Planungen wurde zugleich eine weitere Welle der Brückenerneuerung eingeleitet. Die Schleusenbrücke wurde 1937 modernisiert, der erst in der Kaiserzeit erneuerte Mühlendamm wurde im Kontext des Ausbaus der Mühlendammschleuse mit all seinen Bauten abgerissen und 1938 durch eine Notbrücke ersetzt. Der noch im Jahre 1939 begonnene Abbruch der Kaiser-Wilhelm-Brücke mußte allerdings zurückgestellt werden. Der Krieg erforderte andere Prioritäten. Die Planungen der nationalsozialistischen Zeit zielten auf eine kompromißlose Beseitigung der differenzierten Folge historischer Stadträume zugunsten eines einseitig auf Durchfahrt orientierten, autogerechten Schnellstraßensystems. Dabei wurden auch die Brücken nicht mehr als erlebbare Passagen von Wasserläufen gebaut. An dieses planerische Erbe knüpfte gegen Ende der fünfziger Jahre der DDR-Städtebau an. Zusammen mit der Erneuerung des Mühlendamms wurde die Kahlschlagsanierung des südlichen Alt-Berlin zugunsten eines monofunktionalen öffentlichen Verwaltungsforums fortgesetzt. Hierfür lag bereits 1935 eine weiträumige Planung von Richard Ermisch vor, die in den folgenden Jahren modifiziert wurde. Ermisch schlug im östlichen Bereich zwischen Rolandufer und Stralauer Straße ein Verwaltungsgebäude vor (1937-39 nach seinem Entwurf realisiert), im westlichen Bereich den Neubau der Reichsmünze (1936-42 nach Entwurf von Fritz Keibel und Arthur Reck realisiert), dazwischen ein weiteres Verwaltungsgebäude, das ebenso wie ein Verwaltungsgebäude nordwestlich des Stadthauses nicht ausgeführt wurde. Westlich des Stadthauses sollte - wie schon von Ludwig Hoffmann geplant - ein repräsentativer Vorplatz entstehen. Dem Bau der neuen Münze fiel der berühmt-berüchtigte Krögel zum Opfer. Zugleich wurde auch der historische Molkenmarkt faktisch beseitigt. In diesen Jahren wurde ferner eine Umstrukturierung des Nikolaiviertels erwogen. Die heute zu bewundernde neo-mittelalterliche, freie Nachschöpfung des Nikolaiviertels war - wie viele andere Projekte auch - keine reine DDR-Erfindung: "Der heutige Charakter der Bebauung um die Kirche", so ein Konzept aus dem Jahre 1936, "soll tunlichst erhalten und um sie eine Art Alt-Berliner Freilichtmuseum geschaffen werden, indem das wertvolle Alte hier gerettet und weiter gute alte Häuser, die an anderer Stelle der Altstadtgesundung zum Opfer fallen müssen, hier wieder erstehen sollen und so der Nachwelt erhalten bleiben - ein stiller Winkel aus längst vergangenen Tagen." (Kühn 1936, S. 712) Schon 1935 wurde das Ephraimpalais zugunsten der autogerechten Verbreiterung des Straßenzuges Mühlendamm - Molkenmarkt abgetragen, um es später auf einer zurückgesetzten Bauflucht wiederaufzubauen. Die Neugestaltung des südlichen Alt-Berlin war die bedeutendste Maßnahme der Zentrumserneuerung in der nationalsozialistischen Zeit. Aber auch im Süden des Friedrichswerder wurde durch den riesigen Neubau der Reichsbank 1934-40 ein ganzer historischer Stadtteil ausgelöscht. Nur der Bereich der südlichen Spreeinsel, der Fischerkietz, blieb vom Kahlschlag verschont, für dessen Sanierung sich die Protagonisten des Zentrumsumbaus in der Weimarer Republik, Martin Wagner und Martin Mächler, auch nach 1933 noch eingesetzt hatten. Aber auch die im Rahmen der Neugestaltung des Rolandufers erstellte Planung von Richard Ermisch zur Sanierung des östlichen Fischerkietzes blieb Papier. Ermisch sah neue Wohnungsbauten und die Errichtung der Spittelkolonnaden in der Achse der Inselbrücke vor. Lediglich der nordwestliche 58 Kopfbau der geplanten neuen Mühlendammbrücke an der südlichen Breiten Straße (Ecke Köllnischer Fischmarkt) wurde 1938 nach Entwurf von Ermisch realisiert. Auch spätere Planungen zur Errichtung von Großbauten für die Deutsche Arbeitsfront im Bereich des Fischerkietzes wurden nicht weiter verfolgt. 2.6. Die Altstadt auf der Schlachtbank: Nachkriegszeit und fünfziger Jahre Im Zweiten Weltkrieg wurden die Bauten des alten Zentrums erheblich zerstört, nicht aber oder nicht so sehr die Struktur dieses Zentrums, sein Grundriß, seine Parzellen, seine Verkehrswege samt der stadttechnischen Infrastruktur. Dennoch erhielten die Planungen für eine Bandstruktur im Bereich des alten Berlin einen neuen Auftrieb. So lag der Planung des Kollektivs um Hans Scharoun eine monumentalisierte Auffassung eines streifenförmigen, ost-west-gerichteten Bandes entlang der Spree im Urstromtal zugrunde: "Auf der Spree-Landwehrkanal-Insel zieht sich von Osten, vom Görlitzer Bahnhof, nach Westen bis zum Lietzensee der große Arbeitsstreifen hin mit Staats- und Industrieverwaltung, Banken, Handel und Gewerbe der alten City an den alten Standorten. Historisch wertvolle Stadtteile werden erhalten und vom Verkehr verschont." (Friedrich 1946, S.9) Insgesamt konzentrierten sich erneut die Interessen auf den Bereich der City, während die Altstadt stiefmütterlich behandelt wurde. So betonte etwa Stadtbaudirektor Richard Ermisch in seiner ebenfalls die bisherige Parzellenstruktur ignorierenden Aufbauplanung für das Zentrum von 1947 die Friedrichstraße und der Leipziger Straße als neue, herausgehobene "Kaufstraßen". Die politischen Verhältnisse der neugegründeten DDR erleichterten eine radikale Neuordnung des Zentrums. Allerdings wurde der überkommene Grundriß des Zentrums der Stadt zunächst im großen und ganzen respektiert. Vor allem die Brücken wurden rasch wieder instandgesetzt - so zwischen 1949 und 1951 die Karl-Liebknecht-Brücke (vorher Kaiser-Wilhelm-Brücke), die Mühlendamm-Notbrücke, die Schloßbrücke (seit 1951 Marx-Engels-Brücke) und die Schleusenbrücke. Dem weitgehenden Respekt vor dem historischen Stadtgrundriß im alten Zentrumsbereich entsprachen die ersten Planungen und Maßnahmen des Wiederaufbaus: Sicherungsmaßnahmen an historischen Bauten - etwa an der Bauakademie; Rekonstruktion herrschaftlicher Bauten im Osten der Straße Unter den Linden - etwa der Deutschen Staatsoper; Beseitigung der Kriegsschäden auf der Museumsinsel - etwa an der Nationalgalerie (bis 1954) und am Alten Museum (1958-66); Projekte zum Weiterbau repräsentativer Stadträume - etwa die Planung eines "Demokratischen Forums" am erweiterten Schinkelplatz. Die Initiative Richard Paulicks und anderer Architekten zur Rettung des Stadtschlosses, die - so die Forschungsergebnisse von Simone Hain - mit der Qualität der Platzräume begründet wurde, konnte den Abriß der Schloßruine 1950/51 allerdings nicht verhindern. Da die Absicht, diesen Zerstörungsakt durch den Neubau eines zentralen Herrschaftsgebäudes städtebaulich zügig zu kompensieren, nicht verwirklicht werden konnte, geriet die überkommene Struktur der Spreeinsel "aus den Fugen". Die Dimension und Form des Marx-Engels-Platzes, die Dimension und Form des zentralen Herrschaftsgebäudes sowie die Funktion des gesamten Bereichs blieben während der fünfziger Jahre umstritten. Ein Vorschlag folgte dem anderen - ohne sichtbares Ergebnis. Noch in den fünfziger Jahren waren also Gestaltungskonzepte in der Diskussion, die mit dem späteren Freiraum zwischen Spree und Alexanderplatz wenig gemein hatten. Ein Zentrales Hochhaus im Bereich des späteren Marx-Engels-Forums, ein Platz vor dem Rathaus, eine bauliche Teileinfassung der Marienkirche und im Westen an den S-Bahnhof angrenzende Baublöcke waren in unterschiedlichsten Varianten - Elemente der Planung jener Jahre. 59 Aber bereits diese Vorschläge zielten auf eine neue bandartige städtebauliche Struktur, die die überkommene Separierung von barocker Stadterweiterung und Altstadt revolutionieren sollte. Selbst der Abbruch der Schloßruine wurde mit dieser Absicht begründet: "Der Abriß des Schloßkomplexes stellt den Ausgangspunkt dar für die notwendige organische, strukturelle wie räumliche Verbindung der zwei bisher nie zusammengewachsenen Stadtteile: Der Friedrichstadt und der mittelalterlichen Stadt." (Deutsche Bauakademie/Stadtbauamt 1959, S. 3) Die neue Struktur sollte durch zwei Hauptstraßenzüge in Ost-West-Richtung getragen werden: zum einen durch die repräsentative "Achse" Brandenburger Tor - ehemaliger Schloßbereich - Karl-Liebknecht-Straße und zum anderen durch die nach Westen hin um einen Durchbruch erweiterte Französische Straße sowie die Königstraße (später Rathausstraße). Dieses Zentrumsband sollte am Alexanderplatz zusammengefaßt werden und nach einem Schwenk verjüngt in die neue Prachtstraße des Ostens, die Stalinallee (später Karl-Marx-Allee), übergehen. Im alten Zentrum selbst führte eine solche Konzeption zur eindeutigen Abwertung des bürgerlichkapitalistischen Hauptstraßenzuges Leipziger Straße - Gertraudenstraße zugunsten der absolutistischen via triumphalis zwischen Brandenburger Tor und ehemaligem Stadtschloß, der geheiligten Lindenallee. Damit war gegenüber der Planung von Ermisch ein neuer Akzent gesetzt. Weniger umstritten schien die weitere Entwicklung der südlichen Spreeinsel. Daß die alte Bebauung des Fischerkietzes erhalten und ergänzt, nicht aber abgerissen werden sollte, wurde noch 1959 verkündet: "Der Wiederaufbau und die Sanierung dieses Viertels wird Zubauten späterer Zeitabschnitte, Schuppen und verfallene Hinterhäuser abtragen und moderne technische und sanitäre Einrichtungen einfügen. Die historischen Gebäude werden in ihrer Form und Fassade restauriert, die Innenräume aber - Wohnungen, Ateliers, Werkstätten für das Kunsthandwerk modern ausgestaltet. Anstelle der zerstörten Häuser werden Neubauten errichtet, die sich dem Stil dieses alten Stadtteils anpassen. Bis zum Jahre 1965 wird so dieses historische Viertel neu und schöner als zuvor erstehen." (Löschburg 1959, S. 33f.) Gegen Ende der fünfziger Jahre wurden im Rahmen des Wettbewerbs zur sozialistischen Umgestaltung des Zentrums der Hauptstadt der DDR die Weichen neu gestellt. Die Konzeption einer Orientierung an den Strukturen der alten Stadt verlor zugunsten einer radikalen Modernisierung des Zentrums an Bedeutung. Diese Weichenstellung kann nicht grundsätzlich als "sozialistisch" apostrophiert werden, sie entsprach einem west-ost-übergreifenden Wandel der städtebaulichen Leitbilder. Ein Manöver im kalten Städtebaukrieg eröffnete die großen Debatten um die Gestaltung des historischen Zentrums von Berlin: der vom Bund und Land Berlin 1957 ausgeschriebene Wettbewerb "Hauptstadt Berlin". Dieser westliche Wettbewerb bestätigte in seinen Ausschreibungsunterlagen im wesentlichen die auch im Osten wirksamen Vorstellungen über die Organisation des neuen Zentrums durch Ost-West-Hauptstraßenbänder. Unbedingt erhaltenswert erschienen lediglich einige wenige Gebäude: auf der Spreeinsel und dem Friedrichswerder ausschließlich die Bauten der Museumsinsel, die Friedrichswerdersche Kirche und die Petrikirche, in Alt-Berlin die Nikolaikirche, das Rathaus, die Parochialkirche, die Marienkirche, die Heiligegeistkapelle und die Garnisonkirche. Die Erhaltung von Dom, Bauakademie und Reichsbankneubau, ja selbst des Alten und Neuen Marstalls, des Stadthauses nebst weiterer Gebäude vor allem an der Brüderstraße, der Fischerstraße und im östlichen Alt-Berlin war nur als "wünschenswert" deklariert. Der weitaus größte Teil der noch erhaltenen historischen Bausubstanz wurde zur Disposition gestellt. Die Antwort Ost-Berlins, ein eigener Wettbewerb, zielte ebenfalls auf eine bestandzerstörende Modernisierung des Zentrums. Sein Angelpunkt war aber - immer noch - die Plazierung und Gestaltung des zentralen Herrschaftsgebäudes. Unangetastet blieb eigentlich nur die Museumsinsel. 60 Der Fischerkietz stand genauso zur Disposition wie der Raum zwischen Marx-Engels-Platz und Gertraudenstraße, wie der Dom, die Bauakademie und der Marstallkomplex. Im Jahre 1959 wurde die Idee eines mittleren Hauptstraßenzuges (Französische Straße Rathausstraße) aufgegeben, ein neuer Hauptstraßenzug dagegen ins Gespräch gebracht: Leipziger Straße -Gertraudenstraße - Grunerstraße, also die bereits seit Jahrzehnten erträumte Direttissima vom Spittelmarkt zum Alexanderplatz. Damit war die neue Struktur der West-OstHauptstraßenzüge gefunden: Das erwünschte Zentrumsband wurde erheblich verkürzt und zugleich verbreitert. Nicht mehr die Trasse Französische Straße - Rathausstraße, sondern die Trasse Leipziger Straße - Gertraudenstraße - Mühlendamm - Grunerstraße bildete und bildet noch heute den südlichen Hauptstraßenzug, der - wie die Karl-Liebknecht-Straße - den entsprechend vergrößerten neuen Alexanderplatz tangiert. Somit war eine Verkehrsberuhigung der südlichen Straßenbegrenzung des Freiraums um den späteren Fernsehturm, der Rathausstraße, möglich. Diese Struktur war weiterhin ungleichgewichtig: Dem repräsentativen Straßenzug Unter den Linden Marx-Engels-Platz stand im Süden eine breite Verkehrsschneise gegenüber, die keine Halte-Plätze mehr bot, sondern nur Verkehrsgelenke wie etwa am Spittelmarkt. Aus der einzigartigen historischen Passage mit Halte-Plätzen sollte eine Transitzone ohne Anreiz zum Verweilen werden. 2.7. Der Bau des Zentrumsbandes seit den sechziger Jahren Das Zentrum der Hauptstadt der DDR, ja der DDR überhaupt, bestand aus einer Folge von Plätzen bzw. Freiräumen, die ein breites Band in etwas nach Norden verschwenkter Ost-West-Richtung bildeten: aus dem Alexanderplatz, dem Marx-Engels-Platz und dem großen Freiraum zwischen diesen beiden Plätzen. Gegliedert wurde dieses Zentrumsband in Nord-Süd-Richtung zum einen durch die Trasse der S-Bahn mit der Station Alexanderplatz und zum anderen durch den Palast der Republik, begrenzt wurde es durch das ehemalige Haus der Elektroindustrie im Osten und das ehemalige Außenministerium der DDR im Westen. Die Struktur dieses Zentrums war nach Gründung der DDR noch keineswegs absehbar. Sie ist wesentlich ein Produkt der städtebaulichen Bemühungen der sechziger Jahre, die die großen Debatten um diesen Ort während der fünfziger Jahre zur Voraussetzung hatten. 2.7.1. Ostorientierung des ehemaligen Schloßbereichs Mit der Abdankung der Hohenzollern im Jahre 1918 hatte sich der Staat bzw. sein höchster Repräsentant formal von der Spreeinsel verabschiedet. Die Museumsinsel - einst ein Kind des Schlosses - vereinnahmte ihren Geburtsort, das Schloß wurde selbst Museum. Die Stadt hatte die ganze Spreeinsel zurückgewonnen. Dieser Funktionswechsel wurde erst in der DDR-Zeit wieder rückgängig gemacht - ausgerechnet in der Folge des auch durch lebhafte Proteste nicht abwendbaren Abrisses der Schloßruine. Nach der Staatstribüne wurde auf dem leergeräumten Schloßgelände, dem Marx-Engels-Platz, 1962-64 der Sitz des Staatsrates errichtet. Mit diesem Gebäude erhielt der Platz zunächst das baugeschichtlich wertvollste Zeugnis der frühen DDR-Moderne in Berlin. Der 1964-67 folgende Bau des Auswärtigen Amtes signalisierte de facto ein neues Zentrumsverständnis. Erstmals brach dieses Gebäude im Dunstkreis des ehemaligen Stadtschlosses dessen Höhendiktat. Es verdeutlichte durch seine Barrierenwirkung den östlichen Abschluß des - geschrumpften - modernen Zentrumsbandes, das nach der Logik der späten sechziger Jahre vom Alexanderplatz bis zum MarxEngels-Platz reichte. Dorotheen- und Friedrichstadt gerieten damit städtebaulich in einen Schatten. Allerdings wurde die Rekonstruktion ehemals herrschaftlicher Gebäude am östlichen Ende der Straße Unter den Linden auch in dieser Phase fortgesetzt - so etwa 1968/69 mit dem Wiederaufbau des Kronprinzenpalais. Zugleich wurde auch der geschlossene, in der Höhe begrenzte Straßenraum der Lindenallee bis zum Pariser Platz in moderner Form wiederhergestellt. 61 Die lange Auseinandersetzung um die Ost-Begrenzung des Marx-Engels-Platzes, das heißt um den herrschenden Zentralbau, wurde erst in den siebziger Jahren beendet - durch den Bau des Palastes der Republik (1973-76), der dem Zentrumsband der Hauptstadt der DDR zwischen Marx-EngelsPlatz und Alexanderplatz seine endgültige Form gab. Dieser Großbau diente als Tagungsort der "Volkskammer", aber auch und vor allem als Ort der Kultur, Begegnung und Unterhaltung, als zentraler Ort des öffentlichen Lebens - bis an die Grenze dessen, was an "Öffentlichkeit" in der DDR möglich war. Der Marx-Engels-Platz selbst blieb trotz aller Programmatik ein Halte-Platz von bescheidener stadträumlicher Bedeutung: Autoabstellplatz im Alltag, ganz selten Kundgebungsplatz. Selbst die Maidemonstrationen und die Oktobermilitärparaden fanden nach dem Bau des Palasts der Republik wieder in der Karl-Marx-Allee statt. Seit 1959, also schon vor der Einrichtung des Staatsrats, besetzte das Zentralkomitee der SED den ehemaligen Reichsbankneubau auf dem benachbarten Friedrichswerder. Damit war eine nord-südgerichtete stadträumliche Barriere staatlicher Großbauten entstanden, die die Barrierenfunktion des ehemaligen Schlosses bei weitem übertraf. Die Städtebaupolitik der DDR zielte weder auf eine Erhaltung noch auf eine Weiterentwicklung des historisch wertvollen Stadtraums, sondern auf einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit. Das Ergebnis war auf der Westseite des ehemaligen Schlosses ein toter Stadtraum. Östlich der Spree wurde die in den zwanziger Jahren angedachte radikale Rationalisierung des Stadtgrundrisses exekutiert. Nach der Abräumung der noch erhaltenen Bauten entstand dort seit den sechziger Jahren - anders als in den zwanziger Jahren geplant - ein gewaltiger Freiraum. Dieser stellte zum einen als radikale Abrechnung mit der alten Stadt - eine Fortsetzung der Hoffnungen der zwanziger Jahre dar, zum anderen aber - hinsichtlich der Alternative zur "alten" Stadt - etwas ganz Neues, Überraschendes. Die Alternative war nicht mehr die kompakte "moderne" City, sondern ein von Zentrumsfunktionen eingerahmter freier Raum mit architektonischer Ausstattung. Damit war eine vollkommen neue städtebauliche Figur geschaffen - ein Dreisprung von Freiräumen unterschiedlichster Funktion und Qualität: der Marx-Engels-Platz, der große Freiraum zwischen diesem Platz und dem Alexanderplatz und schließlich der Alexanderplatz selbst. Mit dieser neuen Raumfolge wurde die Westorientierung des Schloßbereichs zugunsten einer Ostorientierung gebrochen. 2.7.2. Der neue Alexanderplatz Solange man einen Platz ausschließlich als formale Konfiguration von Gebäuden und Flächen begreift, bleibt kein Zweifel: Die DDR-Führung hat in den sechziger Jahren den im Krieg teilzerstörten Alexanderplatz gänzlich zerstört. Doch ein Platz ist mehr als "Architektur", er ist eine Bühne sozialer Begegnung, einer Begegnung derjenigen, die mit den Massenverkehrsmitteln hierher kommen, und derjenigen, die aus den angrenzenden Quartieren herbei hinstreben, nicht nur aus dem Scheunenviertel. Döblins Alexanderplatz war kein Architekturplatz, sondern eine Bühne gesellschaftlicher Randgruppen, eines harten Milieus, dessen Zurückdrängung mit städtebaulichen Mitteln schon Martin Wagner am Herzen gelegen hatte. Zerstört wurde dieses Milieu aber mit ganz anderen Mitteln: durch den Terror der Nationalsozialisten, durch die Politik der Vertreibung und Vernichtung. Die Verfolgung vor allem der Ostjuden im Scheunenviertel hatten das Milieu des Alexanderplatzes zerstört; die Bomben des Weltkrieges trafen nur mehr die Kulisse eines Ortes, dessen soziales Leben bereits vernichtet war. Als Alfred Döblin 1947 erstmals nach dem Kriege wieder Berlin und den Alexanderplatz besuchte, notierte er: "Der Platz ist nicht leer, hier fahren einige Lastwagen, und Frauen schieben Kinderwagen, in denen sie Holz transportieren. [...] Ich blicke in die großen Straßen, die vom Platz 62 ausgehen. Ich wandere die Münzstraße hinunter, hier gab es früher viele Lokale, auch zweifelhafte. Auch viel kriminelle Dinge sind hier passiert; es war ein ungeheuerliches Menschengewühl. Die Lokale entdecke ich nicht mehr. Ich bin wie Diogenes mit der Laterne, ich suche und finde nichts." (Dok. in: Tebbe/Jähner 1987, S. 131) Der Alexanderplatz der zwanziger Jahre war schon mehr als ein Vierteljahrhundert zerstört, als die Neugestaltung des Platzes in der DDR vorbereitet wurde. Ohne Zweifel war die Neugestaltung als "Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens und des Handels" sehr radikal: Nicht nur die Fläche des Platzes wurde um das Drei- bis Vierfache vergrößert, auch die Raumbezüge wurden vollständig verändert. Der Platz wurde - wie schon von Martin Wagner geplant - in erster Linie nach Westen gewendet und zum Bestandteil des Zentrumsbandes der Hauptstadt der DDR. Dagegen bildeten nach Nordosten, Norden und Nordwesten extrem breite Fahrstraßen stadträumliche Barrieren für die Fußgänger. Die gestalterische Fassung des Platzes reichte allerdings über diese Barrieren hinaus. Während die Gebäudefunktionen Kaufhaus, Hotel, "Haus des Lehrers" durchaus an die Tradition des Platzes anknüpften, finden sich gestalterische Bezüge zur Vergangenheit eigentlich nur in der Rekonstruktion der Bauten von Peter Behrens und in deren Höhenmaßstab: So orientiert sich etwa die Höhe des 200 Meter langen Bürohauses nördlich des Alexanderplatzes an der Höhe der Behrensbauten. Übertroffen wurde diese Traufhöhe von den mittleren, in der Höhe gleichen Hochhäusern und dem alles überragenden "Bettenturm", dem Hotel "Stadt Berlin" mit einer Höhe von über 100 m. Das Hochhaus sollte den "Drehpunkt" der zentralen Achse markieren, die von der Straße Unter den Linden zur Karl-Marx-Allee führt. In mancherlei Hinsicht ist der DDR-Platz eine - keineswegs lineare, aber mögliche Weiterentwicklung des Alexanderplatz-Projektes der zwanziger Jahre: Er ist Teil eines modernen, nach Osten hin erweiterten Zentrums auf den Trümmern der alten Stadt, er ist autogerecht und separiert die Fußgänger vom Autoverkehr. Nachdem alle Versuche, die zentralen Orte des Ostens - nicht nur den Alexanderplatz, sondern auch die Altstadt und das Scheunenviertel - radikal aufzuwerten, sie also den Plätzen und Straßen des Berliner Westens anzugleichen, gescheitert waren, machten die Planer und Politiker der DDR-Zeit aus der Not eine Tugend: Der Alex wurde zum Platz des Ostens schlechthin. Das immer wieder beklagte strukturelle Gefälle des Zentrums wurde rabiat zurechtgerückt: durch die vollständige Neuordnung des Gebiets der Altstadt östlich des Schlosses. Damit war das Schwergewicht des Zentrums nach Osten hin verschoben. 2.7.3. Die Anlage des großen Freiraums zwischen Marx-Engels-Platz und Alexanderplatz Ausgangs- und Angelpunkt des Freiraums der sechziger Jahre war der Fernsehturm (1965-69), der konzeptionell als Höhendominante in die Fußstapfen des bislang in der Nähe geplanten Zentralen Hochhauses getreten ist. Der Fernsehturm stellt die Türme von Marienkirche und Rathaus mit voller Absicht in den Schatten. Die Silhouette des Freiraums prägen im Westen der - hinsichtlich seiner Erhaltung lange umstrittene - Berliner Dom (1975-81 äußerlich rekonstruiert) und im Osten das Hotelhochhaus am Alexanderplatz (1967-70). Die Umbauung des Fernsehturms (1969-72) diktierte die Gestaltung des Freiraums bis zur Spandauer Straße, deren Untertunnelung im übrigen bereits 1959 geplant war. Der Freiraum wurde dem Fernsehturm untergeordnet, gestalterisch in ein Sechseckmuster gezwungen, "hexagonalisiert". Konzeptionell fand der Freiraum zunächst an der Spandauer Straße seine Grenze. Auf dem Gelände westlich dieser Straße war noch Ende der sechziger Jahre ein Zentrales Gebäude geplant. Die perspektivische Erweiterung in Richtung Westen war erst das Ergebnis politischer Entscheidungen 63 des Jahres 1973. Zu den "X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten" im Sommer 1973 legten FDJ-Aktivisten auf dem Gelände des späteren Marx-Engels-Forums einen Park an. Bereits im März 1973 faßte das Politbüro der SED den Beschluß zum Aufbau des Palastes der Republik, und im November 1973 wurde der Grundstein des Palastes auf der Westseite der Spree gelegt. Der Standort für ein Zentrales Gebäude östlich der Spree war damit aufgegeben, die Entscheidung für die Verlängerung des Freiraums in Richtung Westen war gefallen. Der zu den "Weltjugendfestspielen" angelegte Park wurde in den Jahren 1984/85 zu einem MarxEngels-Forum umgestaltet. Die neue Anlage mit der Bronzeplastik von Ludwig Engelhardt und den "Stelen", die städtebaulich als Verlegenheitsersatz für das geplante zentrale Gebäude zu betrachten ist, führte zu einem Rückbau der Grünbereiche und zu einer Einschränkung der Nutzung. Die Gestaltung des "Forums" erfolgte zeitgleich mit der Endphase des Baus des benachbarten Nikolaiviertels (1980-87). Hier war eine Idee der dreißiger Jahre wiederaufgenommen und in DDRspezifischer Weise modifiziert worden. Als städtebauliche Krönung der 750-Jahr-Feier (Ost)Berlins signalisierte das pseudomittelalterliche Viertel zugleich ein völlig andersartiges Verständnis von sozialistischem Umgang mit den mittelalterlichen Gründungsorten Berlins als die benachbarte Fischerinsel. Das durchaus populäre, von Architekten aber eher weniger geschätzte Viertel demonstriert in freier Nachempfindung eines "mittelalterlichen" Stadtgrundrisses eine Kombination "historischer" Gebäude und "angepaßter" Plattenbauten in simulierter vorindustrieller Höhenstaffelung. Nikolaiviertel plus Forum bildeten so - nach den Bauten des Palasts der Republik und des Palasthotels aus den siebziger Jahren - die letzten Großbausteine der Gesamtanlage. Diese Bausteine der achtziger Jahre ordneten sich konzeptionell der in den sechziger Jahren begründeten neuen städtebaulichen Großfigur des zentralen Freiraums unter. Seine einprägsame Gestalt erhielt der Freiraum durch die strenge Form eines riesigen Rechtecks. Die Seiten dieses Rechtecks haben jeweils ihre Besonderheiten. Im Osten vermittelte die SBahntrasse (Bahnhof 1963-64 rekonstruiert) zum Verkehrsknotenpunkt und östlichen Büro- und Geschäftszentrum Alexanderplatz. Im Süden erstreckte sich die bauliche Sequenz "Baukomplex Rathausstraße" (1967-73)/Rathaus (1861-69)/Nordfront des Nikolaiviertels. Das Rathaus verlor durch diese Einordnung seine herausragende städtebauliche Bedeutung und wurde auf eine Facette der Südseite des Freiraums reduziert. Rathauspassage wie Nikolaiviertel beherbergen - wenn auch in baulich sehr verschiedener Form - eine bunte Funktionsmischung von Wohnen, Einkaufen und Gastronomie. Die Westseite wird durch den Palast der Republik städtebaulich relativ überzeugend besetzt. Im Norden erstreckte sich die bauliche Sequenz Palasthotel (1976-79)/"Baukomplex KarlLiebknecht-Straße Ecke Spandauer Straße" (1968-73)/"Wohnscheibe". Der Baukomplex und die Scheibe beherbergen eine ähnliche Funktionsmischung wie die Rathauspassagen - die Scheibe wurde zusätzlich durch die Markthalle bereichert. Die Neubauten der sechziger Jahre haben in der Regel eine Höhe von etwa 42 Metern, also die doppelte Berliner Traufhöhe. Der Freiraum selbst war und ist - unabhängig von seiner formalen Gestaltung - funktional fragmentiert. Seine Gebrauchsqualität für Anwohner und Besucher wurde durch die überdimensionierten Hauptverkehrsstraßen Karl-Liebknecht-Straße und Spandauer Straße eingeschränkt. Die vorhandenen Fixpunkte wie Fernsehturm, Marienkirche, Neptunbrunnen (1969 restauriert aufgestellt), Kaskadenbrunnen und - jenseits der Spandauer Straße - das Marx-EngelsDenkmalsensemble waren nicht in der Lage, den Großraum ausreichend zu strukturieren und eine bunte Gebrauchspalette anzubieten bzw. anzuregen. Die Form des Sechsecks erschließt sich nur aus der Vogelschau und läßt Flexibilität wie Variabilität vermissen. 64 2.7.4. Der Kahlschlag auf der südlichen Spreeinsel und dem Friedrichswerder Der radikalen planerischen Modernisierung der späten fünfziger Jahre folgte in den sechziger Jahren der Kahlschlag wichtiger überkommener Gebäude: der Abriß der (bereits im Wiederaufbau befindlichen) Bauakademie (1961/62), der Petrikirche (1964) und des gesamten Fischerkietzes. Mit der Bauakademie und der Petrikirche verlor das Zentrum Berlins nicht nur zwei historische Gebäude, sondern auch zwei Halte-Plätze, den Werderschen Markt und den Petriplatz. Der Abriß des kleinteilig parzellierten und bebauten Fischerkietzes und die Auslöschung des artikulierten Straßenzuges zwischen Gertraudenbrücke und Mühlendamm waren für die Identität Berlins mindestens ebenso folgenschwer wie der Abriß des Stadtschlosses: Hier wurde einer der beiden Gründungsorte Berlins nahezu spurlos beseitigt. Lediglich die kaiserzeitliche Gertraudenbrücke und der nahegelegene, in den siebziger Jahren rekonstruierte Altbaublock an der Scharrenstraße bilden bis heute ein Relikt verflossener Zeiten. Die neue, achtspurige Autopiste der Gertraudenstraße sprengte auch den Zusammenhang zwischen nördlicher und südlicher Bebauung und isolierte den Stadtraum der Fischerinsel. Die Neubebauung mit Hochhäusern bringt diese Isolierung zum Ausdruck: Sie ist sich selbst genug - ohne jede stadträumliche Vernetzung in irgendeine Richtung. Funktional war die reine Wohnbebauung eine programmatische Antwort auf die kapitalistische City. Der Friedrichswerder besaß in dieser neuen Figuration überhaupt keinen Halte-Platz mehr. Aus dem Werderschen Markt wurde ein Restraum ohne Attraktivität, das gleiche gilt für den Spittelmarkt und, mit Abstrichen, für den Hausvogteiplatz. Einsam, ohne stadträumliche Einbindung, wird der seltsame Restraum durch den Bau der Reichsbank, den ehemaligen Sitz des Zentralkomitees der SED, dominiert, dessen gekrümmte, jetzt freigelegte Form allein an die Gestalt des alten Friedrichswerder erinnert. Die Machtzentrale der DDR hatte jeden Kontakt mit der Stadt vermieden. Mit der Reduktion der südlichen Spreeinsel zu einer Transitzone ging ein bereits in den dreißiger Jahren eingeleiteter Verlust des Bezugs des Zentrums zum Wasser einher. Die neuen, modernen Flußübergänge entlang der Hauptstraßenzüge sind weder als Brücken inszeniert noch als solche erfahrbar - so die Mühlendammbrücke, die damals größte Spannbetonbrücke der DDR (1964-68), und die neue Gertraudenbrücke (1977/78). Jenseits des Autoverkehrs sind - bis heute - einige alte Brücken in vereinfachter Form erhalten - die Jungfernbrücke und die kaiserzeitliche Gertraudenbrücke, die neben der neuen Auto"brücke" als bescheidene Nebenbrücke für Fußgänger ihr Dasein fristet. 2.8. Das Zentrumsband nach 1989 Nach dem Untergang der DDR sollte das Zentrumsband, das die Hauptstadt der DDR symbolisch zusammenfaßte, neu gestaltet werden. Zwei Vorgänge waren hier von Bedeutung: die Vorbereitungen zum Umbau des Alexanderplatzes und zum Umbau des Marx-Engels-Platzes. Beide Vorhaben hatten unterschiedliche Protagonisten: Beim Alexanderplatz drängten private Investoren aus dem Westen zum Bau verdichteter Büro- und Geschäftsflächen, beim Marx-EngelsPlatz (seit November 1994 Schloßplatz) drängte die Bundesregierung im Rahmen der Hauptstadtplanung auf die Festlegung von Regierungsstandorten, zugleich forderte eine nicht nur konservative Kulturlobby den Wiederaufbau des Schlosses. Beide Plätze waren Gegenstand städtebaulicher Ideenwettbewerbe. Beide Plätze hielten Berlin in Atem: Sie beherrschten die öffentliche Aufmerksamkeit, sie waren Gegenstand eines Streites, der auch die Bevölkerung zu unüberhörbaren Protesten trieb. Weitaus weniger öffentliche Aufmerksamkeit fand dagegen der zentrale Raum des Zentrumsbandes, der gewaltige Freiraum mit dem Fernsehturm. 65 Der Umgang mit der zentralen Hinterlassenschaft des DDR-Städtebaus ist ein Gradmesser der aktuellen Städtebaukultur, aber auch der politischen Kultur des "Zusammenwachsens" von Ost und West überhaupt. Die Komplexität und Bedeutung dieses Umgangs sind damit aber noch nicht erschöpft. Es geht hier ja nicht nur um das Zentrum der ehemaligen DDR, sondern zugleich um einen Ort, der die Geschichte Berlins wie kein anderer spiegelt und bündelt. 2.8.1. Wettbewerb Alexanderplatz Als erster Bereich des ehemaligen Zentrumsbandes wurde der Alexanderplatz ein Gegenstand städtebaulicher Neugestaltungsbemühungen. Seine Erneuerung sollte exemplarisch für die Erneuerung des Ostens stehen. Der künftige Platz - das war der nicht gerade bescheidene Anspruch - müßte der Mitte Berlins eine neue Identität geben. Wie der Platz erneuert werden soll, schien nach dem Wettbewerb geklärt zu sein. Bekannt ist zumindest ein Bild des neuen Platzes, das im Prozeß des Wettbewerbs entstanden ist, die Vision des Wettbewerbsgewinners Hans Kollhoff, die den Zustand des Platzes im Jahre 2010 darstellen soll. Das Bild war fachlich durch das Preisgericht und politisch durch die zustimmende Haltung des Senators für Stadtentwicklung und Umweltschutz legitimiert. Interpretiert wird das prämiierte Bild des neuen Platzes in einem fiktiven Artikel aus dem Jahre 2010, der sich in der offiziellen Publikation zu den Ergebnissen des Wettbewerbs findet: "Auf Kollhoffs Plan gehen die seit nunmehr zwölf Jahren bestehenden Cafés, Restaurants und Geschäfte am Platz zurück. Sie sind nach Süden ausgerichtet und wegen des ständigen Sonnenscheins bis abends gerammelt voll. Dichtes Treiben herrscht auf dem Platz nicht erst seit der Verlängerung der Ladenöffnungszeiten im Jahr 1999. [...] Heute ist der Alex das, was Architekt Kollhoff einst erreichen wollte: ein 'Peoples Place' - ein Platz für die Menschen: Auf den Steinen rund um die Glaskuppel sitzen Porträtzeichner, daneben Andenkenhändler. [...] Die Hütchenspieler sind seit 1997 nicht mehr auf dem Pflaster zu finden - zu diesem Zeitpunkt setzte sich in der Rechtsprechung durch, daß es sich bei dem Spiel um Betrug handelt." (Paul 1993) Das ist zweifellos eine sozialräumliche Vision: keine Hütchenspieler, aber Porträtzeichner, Andenkenhändler und eine nicht näher differenzierte Masse wimmelnder Menschen; Menschen, die die Cafés, Restaurants und vor allem die Geschäfte mit längeren Ladenschlußzeiten besuchen, also Waren nachfragen. Der Alexanderplatz soll "eine große städtische Stube" werden, so die Worte Kollhoffs, "wo sich die Menschen zuhause fühlen", ein "People's Place" also. Darauf legen die Interpreten des Bildes großen Wert. Denn ein "People's Place" war ja der Platz auch schon früher Viehmarkt in der Zeit des Absolutismus, Einkaufs- und Vergnügungszentrum um die Jahrhundertwende und vor allem Bühne gesellschaftlicher Randgruppen in der Weimarer Republik. Der Alexanderplatz ist zugleich der Ort, an dem wenigstens einer der vielen Modernisierungspläne der zwanziger Jahre auch einmal praktisch umgesetzt werden konnte. Ein Ort der Großstadtgestaltung unter der Regie des damaligen Stadtbaurats Martin Wagner, ein Ort, der seitens der Disziplin Architektur besondere Aufmerksamkeit beanspruchte und beanspruchen kann. Tatsächlich soll auch der künftige Alexanderplatz an die Tradition der zwanziger Jahre anschließen. Es ist beabsichtigt, die überkommenen Bauten der damaligen Zeit zu erhalten, an deren Höhen die Traufhöhen der Blöcke zu orientieren und die Größe des damaligen Platzes wiederherzustellen. Formale Tradition und ein erneuerter Sozialraum - auf diese beiden Aspekte hebt die offizielle Interpretation des Bildes des Alexanderplatzes von morgen ab. Diesem Bild liegt eine äußerst negative Einschätzung des vorhandenen Alexanderplatzes zugrunde, die in der Behauptung einer "städtebaulichen Wüste" ihren Höhepunkt findet. 66 Von "Brache", "öder Betonwüste" und ähnlichem zu reden, zeugt aber von einem geringen Grad an Nüchternheit. Der heutige Alexanderplatz ist ein Produkt städtebaulicher Überlegungen im Kontext einer Gesamtplanung für das Ost-Berliner Zentrum, deren Ergebnis sicher kritisiert werden muß. Doch statt einer Kritik wird der platte Weg der Diffamierung bevorzugt. Beliebt ist etwa die völlig unzulässige Gleichsetzung des Platzes mit dem Areal am Potsdamer Platz. Daß der Alexanderplatz, nicht der Marx-Engels-Platz der eigentliche zentrale Platz Ost-Berlins war, steht außer Zweifel. Auch, daß er kein Aufmarschplatz war, sondern ein Ort des Alltags, eine Drehscheibe des öffentlichen Massenverkehrs, ein Ort mit einem oft etwas besseren Konsumangebot. Daß die dramatische Veränderung der Platzes nach 1989 nicht nur mit der "Alternative Kurfürstendamm" erklärt werden kann, ist ebenfalls unbestreitbar: Die funktionale Leere der Gebäude am Alexanderplatz, insbesondere in den Erdgeschoßzonen, war ein Produkt der Wendezeit. Was diesen Platz offenbar bei vielen westlichen Architekten diskreditiert, ist seine Entstehungszeit, die sechziger Jahre. Den Platz als Produkt "sozialistischen", ja "kommunistischen" Städtebaus oder gar als "Rache Ulbrichts" zu begreifen, ist allerdings etwas kurzsichtig. Der moderne Alexanderplatz ist vor allem ein Produkt einer ost-west-übergreifenden Städtebauideologie der Sechziger-Jahre-Moderne. Seine "kommunistische" Besonderheit drückt sich darin aus, daß sein Bau sich - anders als bei Martin Wagner, aber durchaus in dessen Sinne - über die Restriktionen des privaten Bodeneigentums hinwegsetzen konnte. Der Alexanderplatz wurde - im Gegensatz zu manchen vergleichbaren Projekten im "Westen" - als Zeichen einer angeblich besseren Stadt nicht nur gezeichnet, sondern auch gebaut. Die Träume der sechziger Jahre sind aber heute in westlichen Fachkreisen in einer Weise kulturell entwertet, daß die geplanten rabiaten Umgangsformen verständlich werden. Zur Disposition standen nach der Wende nahezu alle Neubauten der DDR-Zeit. Zu denken geben sollte nicht nur der geplante Kahlschlag, sondern auch die Tatsache, daß dieser Kahlschlag gar nicht begründet wurde, gar nicht begründet werden mußte, kein Ergebnis differenzierter Analysen war, die sich dem Feuer der öffentlichen Diskussion gestellt hätten. Wie früher die verhaßte Stadt des 19. Jahrhunderts schien der Abriß der städtebaulichen Produkte der sechziger Jahre keiner Legitimation mehr zu bedürfen. Die unverantwortliche Rede von einer "städtebaulichen Wüste" machte jede differenzierte öffentliche Diskussion und Bewertung überflüssig. Damit war der Boden für eine Neugestaltung aus einem Guß kulturell vorbereitet, das alternative Konzept des "Weiterbauens" am Bestand dagegen der Lächerlichkeit preisgegeben. Im Januar 1993 schrieb die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz zusammen mit den interessierten Investorengruppen einen beschränkten, zweistufigen Wettbewerb aus. Die Auslobungsbroschüre kann als Wunschliste der Investoren betrachtet werden, der keine entsprechenden Positionen der öffentlichen Hand gegenübergestellt wurden. Auf der Wunschliste standen in erster Linie Büroräume. Büroräume wurden in der Interpretation des Zukunftsbildes schlicht vergessen. Cafés sind ja auch werbewirksamer als Büros. Fünf Architektengruppen wurden im April 1993 für die zweite Stufe des Wettbewerbs ausgewählt. An der zuständigen Jury waren die Investoren maßgeblich beteiligt. Im Juni 1993 wurde die zweite Stufe des Wettbewerbs gestartet. Die Rahmenbedingungen hatten sich inzwischen verändert: Die Wunschliste der Investoren war obsolet geworden. Der Markt für Büroflächen expandierte nicht so stürmisch wie erwartet. Investoren anderer Standorte hatten gegen die Massierung von Büroflächen am Alexanderplatz Stellung bezogen. Der mit dem Verfahren nicht befaßte Bausenator machte sich zum Anwalt dieser Stimmen und forderte eine Reduzierung der geplanten Büroflächen. Der Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz näherte sich dieser 67 Position an. Den Richtungswechsel förderte die unerwartet heftige Ablehnung der Neugestaltungsprojekte durch die Bevölkerung, insbesondere durch die Bewohner der angrenzenden Stadtteile. Diese Bewohner brachten ihre berechtigte Angst vor den negativen Folgen eines solchen Megaprojekts für die nahen Wohnviertel in der Spandauer Vorstadt und im Norden wie Osten des Alexanderplatzes lautstark zum Ausdruck. Im September 1993 wurden die Ergebnisse der zweiten Wettbewerbsstufe der Öffentlichkeit präsentiert. Wie zu erwarten war, konnte das in der Ausschreibung formulierte Programm nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt werden. Fast 1 Million Quadratmeter Bruttogeschoßfläche sollten gebaut werden, davon über 600.000 Quadratmeter - also mehr als die Hälfte - Bürofläche. Gewonnen wurde der Wettbewerb - wie bereits erwähnt - von Hans Kollhoff. Kollhoffs Vorschlag ist ein klassisches Projekt eines neuen Platzes aus einem Guß. Seine Agglomeration von Hochhäusern im Geflecht von Blockstrukturen kann nur so, wie vorgeschlagen, und nicht anders realisiert werden. Das war jedenfalls die Aussage von Kollhoff. Die Zahl der Hochhäuser von immerhin etwa 150 Metern Höhe ist fixiert, ebenso ihr Standort. Jeder Standort ist hinsichtlich Nahsicht wie Fernsicht begründet. Das schließt jede weitere Entwicklung vor, während und nach Fertigstellung des Projekts aus. Der Bezug zum Platz der zwanziger Jahre beschränkte sich auf die in der Ausschreibung geforderte Erhaltung der Bauten von Peter Behrens, die zugleich die Traufhöhe der neuen Blockrandbebauung vorgaben. Eine Auseinandersetzung mit dem Thema Platz des Ostens wurde nicht sichtbar. Kollhoff operationalisierte faktisch die These von der "städtebaulichen Wüste". Er will die vorhandene Bebauung weitgehend abbrechen. Der Platz wird wieder verkleinert. Die Hochhäuser werden vom Platz abgerückt, sie sollen den Platz halbkreisförmig einfassen. Damit hat die geplante Raumfigur eine Vorderseite und eine Rückseite. Die Vorderseite ist nach Westen orientiert. Das geforderte Flächenprogramm wurde in dem Bebauungsvorschlag übererfüllt. Die Zahl der ausgewiesenen Parkplätze betrug über 11.000. Überraschend ist das grenzenlose Vertrauen der Jury wie der Verantwortlichen in ein Projekt aus einem Guß, in ein Projekt solcher Rigidität, das dem jahrzehntealten, nie erfüllten Traum von städtebaulich sauber verordneten Hochhäusern weiter nachhängt. Mehr als 20 Jahre, so die völlig unbegründete Hoffnung, werde das Konzept Bestand haben. Damit wird das Problem der Operationalisierung eines solchen Großprojektes erneut der öffentlichen Diskussion entzogen. Präsentiert wird ein fertiges Bild, ein Bild des Endzustands, der Weg zu diesem Endzustand bleibt im Dunkel. Seine Befürworter feiern den siegreichen Entwurf als Ausdruck "Berlinischer Architektur". Der zuständige Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz spricht von "einer berlinischen Form zeitgenössischen Städtebaus". (Hassemer 1993) Einer näheren Betrachtung hält diese These nicht stand. Berlinisch - das heißt im offiziellen Sprachgebrauch Steinfassaden, Orientierung am steinernen Berlin, das heißt auch Blockstrukturen, Hochhäuser, die aus dem Block herauswachsen und keine Solitäre sind. Steinerne Hochhäuser im Kontext von baulichen Blockstrukturen sind aber Elemente einer internationalen Architekturströmung der zwanziger Jahre, hinter denen spezifische gesellschaftliche Leitbilder von moderner Stadt standen. Für Berlin schlug Bruno Möhring ähnliche Hochhäuser vor, die allerdings nie gebaut wurden. In den USA präsentierte Hugh Ferris in seinen berühmten Zeichnungen Visionen einer solchen Architektur. Die Folgen des überzogenen Projekts für die angrenzenden Stadtteile sind bislang nicht ernsthaft geprüft worden, obwohl dies bei öffentlichen Anhörungen mehrfach gefordert wurde. Ohne eine Wirkungsanalyse ist aber nur eine eingeschränkte, formale Bürgerbeteiligung möglich. Dennoch war der Protest vor allem der Bewohner der Umgegend massiv - blieb aber hinsichtlich der Planung 68 weitgehend folgenlos. Das ist eine schlechte Voraussetzung für die identitätsstiftende Kraft eines "People's Place". Statt eines Bürgerplatzes für den Berliner Osten wird ein Bürozentrum für westliche Investoren entstehen. Statt zu den angrenzenden Stadtteilen zu vermitteln, werden diese bedrängt. Die Beschwörung eines "People's Place" bleibt ohne realen Gehalt, Ausdruck aber auch der Unsicherheiten westlicher Akteure auf Ost-Berliner Boden. Das scheinbar klare Bild des neuen Alexanderplatzes begann allerdings schon bald nach der Wettbewerbsentscheidung zu flimmern. Der Bausenator machte sich für eine Erhöhung der Zahl der Neubauwohnungen und eine Reduzierung der Zahl der Hochhäuser stark. Dies führte zu einer kuriosen Situation: Ausstellungsmodelle des künftigen Berliner Zentrums zeigten nun zwei unterschiedliche Versionen des Alexanderplatzes - eine mit mehr (Version der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz) und eine mit weniger Hochhäusern (Version der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen). Aber nicht nur das Bild des neuen Platzes wandelte sich, sondern auch die geplante Nutzung: Angesichts der sich zuspitzenden Überproduktion von Büroräumen erhöhte sich die Quote des geplanten Wohnraums weiter. Die für den Bereich Alexanderplatz vorgesehene Erstellung eines Bebauungsplanes wurde schließlich dem widerspenstigen Bezirk Mitte entzogen. Ungeachtet aller Planungen aber zeigte sich bald, daß von schnellen Neubauinvestitionen nicht mehr die Rede war. Vorschlag: Weiterbau eines "Platzes des Ostens" Verringerung des fließenden wie ruhenden Autoverkehrs, Mischung nicht nur in funktionaler, sondern auch in sozialer Hinsicht, Bildung eines bunten Spektrums auch kleinteiligen Eigentums das sind einige Anregungen, die die Geschichte des Alexanderplatzes nahelegt. Der Platz darf nicht zum Büroplatz verkümmern. Die geplante Bürofläche muß vermindert, die geplante Wohnfläche erhöht werden. Insgesamt müßte die geplante bauliche Dichte - zur Entlastung der Umgebung wie zur Rettung der polyzentralen Struktur Berlins - drastisch reduziert werden. Gestalterisch ist das Konzept einer städtebaulich verordneten Hochhausagglomeration alles andere als berlinisch und hinsichtlich der praktischen Umsetzung illusorisch. Erforderlich sind weiter der Abschied vom Konzept des Wegwerfplatzes und die Umorientierung in Richtung Weiterbauen unter Verzicht auf "Regelmäßigkeit". Weiter, aber wohin? Im Konzert der verschiedenen künftigen zentralen Lagen Berlins wird - so kann vermutet werden - der Alexanderplatz ein Fixpunkt des Ostens bleiben - wenngleich sich das, was sich als Milieu des Ostens darstellt, natürlich verändert hat und weiter verändern wird. Dennoch wird eine reine Aufwertungsstrategie scheitern, eine Strategie der Aufwertung durch Büros mit Spitzenpreisen, durch Einkaufswelten mit Topwaren, durch Luxuswohnungen und die angeblichen Speerspitzen der Urbanität, die feinen Cafés: Geschichte, Gegenwart und absehbare Zukunft werden diesen Platz wieder einholen, das heißt zu einem Platz des Ostens machen. Der künftige Alexanderplatz sollte seine historisch-geographische, sozialräumliche Lage funktional wie gestalterisch nicht krampfhaft verleugnen, sondern von vornherein offensiv als "Herz und Seele des Ostens" konzipiert werden - so schon der Vorschlag des Großgrundbesitzers Heinrich Mendelsohn im Jahre 1929. 2.8.2. Wettbewerb Spreeinsel Als zweiter Bereich des ehemaligen Zentrumsbandes der DDR soll der Marx-Engels-Platz, jetzt Schloßplatz, erneuert werden. Der ehemalige Schloßbereich gilt vielen als Mitte der Mitte Berlins, als das Zentrum schlechthin. Wie dieser Ort gestaltet werden soll, ist heftig umstritten. Ein privater, durch finanzkräftige Sponsoren unterstützter "Förderverein Berliner Stadtschloß" fordert den Wiederaufbau des zerstörten Stadtschlosses; eine finanziell schwache, aber durch einen breiten Protest vor allem von Ost-Berliner Bürgern beflügelte "Spreeinselinitiative" fordert den Erhalt des 69 Palasts der Republik, eine dritte, architektonische Fraktion fordert etwas Neues: zeitgemäße, "moderne" Architektur. Konsens herrscht lediglich hinsichtlich einer Auffassung: Die räumliche Struktur des Marx-Engels-Platzes ist unbefriedigend. Das Bild des künftigen Platzes ist entsprechend umstritten. Der eindringlichen, längere Zeit zu bewundernden Fassadenkulisse des verschwundenen Schlosses im Maßstab 1:1 standen keine entsprechend klaren Bilder der beiden anderen Grundsatzpositionen gegenüber. Für die Befürworter des Wiederaufbaus soll das neue Schloß der Ort werden, an dem die Identität der nicht richtig zusammenwachsenden Stadt einen neuen Halt finden kann. Diese Auffassung war die Folge einer erneuten Westorientierung des ehemaligen Schloßbereiches. Diese Entwicklung war nicht weiter verwunderlich: Der Blick der neuen Planer, Architekten, Politiker und Investoren war fast ausschließlich ein Blick von Westen, und die Wiedergeburt der Dorotheen-/Friedrichstadt gab diesem Westblick eine materielle Basis. Für den Blick von Westen ergab sich vor allem ein zentrales Problem: Die Sicht von der Straße Unter den Linden in Richtung Osten war gestört. Dieses Problem erheischt - so die Argumentation - den Wiederaufbau des Schlosses. Tatsächlich war es nur der Blick, der die Emotionen wallen ließ, die Funktion des neuen Schlosses wurde kaum diskutiert, interessierte die Wiederaufbaustrategen weniger. Die Zähigkeit dieser Sichtweise überlebte sämtliche Turbulenzen der Hauptstadtplanung: die geplante Verortung und Entortung des Bundespräsidenten, die Verortung und Entortung des Außenministers. Mit dem internationalen städtebaulichen Ideenwettbewerb "Spreeinsel" wurde im Herbst 1993 der Versuch gestartet, ein neues oder altes Bild des ehemaligen Schloßbereichs zu finden. Immerhin 1.105 Teilnehmer legten in der ersten Wettbewerbsphase Entwürfe vor. Das war - nach dem Wettbewerb Spreebogen mit 835 Teilnehmern - ein neuer Rekord. Die Auslober des Wettbewerbs beabsichtigten vor allem eines: die Vorbereitung eines zweiten Regierungsschwerpunktes im Zentrum von Berlin - am und um den Marx-Engels-Platz. Dies war nicht nur das Interesse der Bundesregierung, sondern auch des Senats von Berlin, der ja immer seine "Hausaufgaben" erledigen muß, um den Hauptstadtumzug nicht zu verzögern. Allerdings war das Gebiet des Wettbewerbs "Spreeinsel" viel größer: Es umfaßte den Hauptteil des alten Friedrichswerder und einen Großteil der südlichen Spreeinsel. Gerade dieses Gebiet hätte Berlin besonders interessieren müssen. Denn hier hatte sich mit der Stadt Cölln eine Wiege der Hauptstadt befunden, hier hatte über Jahrhunderte das Herz des bürgerlichen Berlin geschlagen, das zum herrschaftlichen Berlin um das Schloß kontrastierte. Hier war der Ort, der die für das Berliner Zentrum entscheidenden Ost-West-Beziehungen vermittelte. Der Umgang mit dem doppelten historischen Ungleichgewicht zwischen westlichem und östlichem Teilzentrum sowie zwischen herrschaftlichem Norden und bürgerlichem Süden auf der Insel selbst stellte die zentrale strukturelle Aufgabe dar, der sich die Verortung der Regierungsstandorte hätte unterordnen müssen. Das durch Neubauten zu realisierende Nutzungsprogramm schien durch die Auslobungsunterlagen auf den ersten Blick relativ eindeutig formuliert: Gefordert wurde - neben dem Neubau des Außenministeriums und dem Kopfbau des Innenministeriums - ein Kongreßzentrum und eine städtische Bibliothek. Allerdings änderten sich während des Wettbewerbsverfahrens die Konditionen wesentlich: So wurde der Raumbedarf des Außenministeriums von 130.000 auf 100.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche reduziert. Nach Abschluß des Wettbewerbs wurden für die Nutzung der Reichsbank die Karten neu gemischt: Statt des Innenministeriums sollte nun das Wirtschaftsministerium einziehen; der geplante Kopfbau wurde zurückgestellt. Besonders wackelig war nämlich die materielle Fundierung des gesamten Bauprogramms - und zwar nicht nur bei den 70 Neubauten der Ministerien. Offen war vor allem die Finanzierung der großen nicht-ministeriellen Einrichtungen am Marx-Engels-Platz: des Kongreßzentrums und der städtischen Bibliothek. Viel sicherer waren sich die Auslober offenbar in ihrer grenzenlosen Geringschätzung des baulichen DDR-Erbes. In der Auslobungsbroschüre wurde - mit allem Nachdruck - der Abriß des Palasts der Republik gefordert, ebenso der Abriß des DDR-Außenministeriums. Ob auch das Staatsratsgebäude - ein eingetragenes Baudenkmal - abgebrochen werden sollte, wurde den Teilnehmern überlassen. Der Abriß des markanten Gaststättenkomplexes "Ahornblatt" an der Gertraudenstraße wurde nahegelegt. Auch die meisten DDR-Bauten zwischen dem Staatsratsgebäude und der Gertraudenstraße standen zur Disposition. Vom Abriß ausgenommen waren - aus wohnungspolitischen Gründen - die Wohnbauten der DDR-Zeit, darunter das Ensemble der "Fischerinsel". Mit diesen Vorgaben wurde erneut - nach den (schlechten) Erfahrungen am Alexanderplatz - ein beispielloser Kahlschlag stimuliert. Trotz des ungeklärten Gesamtkonzeptes für den Zentrumsverkehr wurden in der zweiten Wettbewerbsphase neue verkehrspolitische Vorgaben ins Spiel gebracht, die zu Alarm Anlaß gaben. War schon die Forderung nach 1.100 Tiefgaragenplätzen für die beiden Ministerien und das Konferenzzentrum sehr problematisch, so mußten die Anforderungen an die "Hauptverkehrsstraßen" Unter den Linden, Gertraudenstraße und Breite Straße für ein großstädtisches Zentrum als unerträglich bezeichnet werden. Für die Breite Straße wurden vier Fahrstreifen plus zwei Park-/Lieferstreifen gefordert. Damit konnte diese ehemals herrschaftliche Straße zwar zurückgebaut werden, aber nicht im erforderlichen Umfang. Mit der Planung von sechs Fahrstreifen plus besonderem Bahnkörper für die Straßenbahn in der Gertraudenstraße wurde bereits im Vorfeld die Abwertung und Isolierung der südlichen Spreeinsel als Stadtraum und die weitere Reduktion der Gertraudenstraße als Transitzone fortgeschrieben. Die Zusammensetzung des Preisgerichts war schon hinsichtlich der quantitativen Präsenz der Auslober nicht ganz unproblematisch. Unverantwortlich war aber das geringe Gewicht von Preisrichtern aus den neuen Bundesländern, die Ausgrenzung von Sichtweisen und Wertungen aus dem Osten. Aufgrund all dieser Weichenstellungen waren die Neugestaltungspläne für die Spreeinsel weitgehend vorprogrammiert: Konzentration auf die Regierungsbauten, Kahlschlagorientierung gegenüber den DDR-Bauten vor, Autoorientierung wie zu DDR-Zeiten und Vernachlässigung der strukturellen Hauptaufgabe, nämlich die städtebaulichen Ungleichgewichte im Berliner Zentrum zu überwinden. Wie zu befürchten war, richtete sich die Aufmerksamkeit der Teilnehmer, des Preisgerichts und der Öffentlichkeit einseitig auf die Gestaltung des Umfeldes des Marx-Engels-Platzes. Fragen der Nutzung blieben weitgehend ausgeklammert, nachdem die Auslober des Wettbewerbs den ungefähren Standort und das Raumprogramm für das Auswärtige Amt festgelegt und eine Kombination von Kongreßzentrum und Stadtbibliothek für das zentrale Gebäude der "Berliner Republik" ins Spiel gebracht hatten. Der Marx-Engels-Platz ist zweifellos ein Angelpunkt der Berliner Stadtentwicklung - in politischer, städtebaulicher und symbolischer Hinsicht. Die Gestaltung dieses Platzes mußte nicht nur aus der Westsicht, von der Straße Unter den Linden her, sondern auch aus der Ostsicht, vom Fernsehturm her, diskutiert werden. Der Ort der Vermittlung zwischen Ost und West ist das Areal des verschwundenen Stadtschlosses, auf dem heute der Palast der Republik steht. 71 Der Forderung nach Abriß des Palastes der Republik folgten die meisten Wettbewerbsteilnehmer, diesem Diktat ordnete sich das Preisgericht unter - wenngleich mit leichtem Widerspruch. Der erste Preisträger, Bernd Niebuhr, wollte das DDR-Gebäude abreißen, um einem gewaltigen Kubus Platz zu machen, der über die Dimension des alten Schlosses hinausgeht und durch einen riesigen ovalen Hof gekennzeichnet ist. Von den zwölf durch Preise und Ankäufe ausgezeichneten Arbeiten wollten aber immerhin zwei den Palast voll und einer partiell erhalten: der 4. Preis (Oswald Mathias Ungers), der 3. Ankauf (Peter Zlonicky, Kunibert Wachten, Othmar Ebert) und der 5. Ankauf (Wilhelm Holzbauer, nur zum Teil). Des weiteren stellte sich die Frage, was am Marx-Engels-Platz mit dem Baudenkmal "Staatsratsgebäude" geschehen sollte. Dieser Bau muß zu den bedeutendsten Gebäuden der frühen DDR-Moderne gerechnet werden. Er steht stadtbaugeschichtlich für das Bemühen, den südlichen Abschluß des Marx-Engels-Platzes etwa in Höhe der kriegszerstörten südlichen Bebauung des früheren Schloßplatzes zu markieren. Allerdings wurde im Norden die Brüderstraße gekappt, die nunmehr in der Höhe der Sperlingsgasse endet. Die Höhe des Gebäudes ordnet sich dem Maßstab des vernichteten Schlosses unter, das aber in dem Portal wenigstens als ohnmächtige Erinnerung und Hinweis weiter existiert. Das Staatsratsgebäude stand der - städtebaulich höchst fragwürdigen - massiven Präsenz des Außenministers direkt am Marx-Engels-Platz im Wege. Das Preisgericht prämiierte fünf Arbeiten, die den Abriß des Staatsratsgebäudes vorsahen, und sieben weitere, die auf dessen Erhalt zielten. Die Abrißvorschläge aber waren eindeutig besser plaziert: Es handelt sich um die ersten drei preisgekrönten Entwürfe und die ersten beiden Ankäufe. So variantenreich die Vorschläge zum Marx-Engels-Platz waren, so schmal war das angebotene Lösungsspektrum für den Bereich des Friedrichswerder. Vor allem die Wiedererrichtung der Bauakademie war bei den verbliebenen Teilnehmern des Wettbewerbs nahezu unumstritten. Kein Teilnehmer ließ das DDR-Außenministerium stehen. Sämtliche prämiierten Arbeiten wollten den Wiederaufbau der Bauakademie, von den übrigen 40 Arbeiten der zweiten Wettbewerbsphase immer noch 34. Auch der Schinkelplatz sollte nach dem Willen von 11 prämiierten und 30 sonstigen Teilnehmern wiederhergestellt werden. Völlig im Schatten der Aufmerksamkeit blieb die Neugestaltung der Gertraudenstraße. Dabei handelt es sich immerhin um einen der beiden Gründungsorte Berlins, um das Zentrum der mittelalterlichen Stadt Cölln, das ja erst Jahrhunderte später durch das Schloß dominiert wurde. Die Neuinterpretation einer "stadtbürgerlichen Hauptstraße" war eine Aufgabe, die der gestalterischen Weiterentwicklung des Marx-Engels-Platzes in keiner Weise nachstand. Die in der Wettbewerbsausschreibung formulierte Forderung nach Erhalt einer Autopiste wurde dieser Aufgabe bereits im Ansatz nicht gerecht. Alle prämiierten Arbeiten unterwarfen sich dem in der städtischen und Fachöffentlichkeit bis dahin nicht diskutierten Diktat. Varianten gab es lediglich in der Straßenführung - etwas geschwungen oder einfach geradeaus. Ein Abriß der Wohnhochhäuser auf der "Fischerinsel" verbot sich aus wohnungspolitischen Gründen. Dafür räumten die Preisträger in ihren Entwürfen bestehende Flachbauten für Geschäfte, Gaststätten, Läden und ein Schwimmbad weg. Selbst zur Erhaltung des architektonisch ambitionierten Gaststättenkomplexes "Ahornblatt" konnte sich kein Teilnehmer der zweiten Phase durchringen. Aber nicht nur das: Fast alle Architekten empfahlen eine erhebliche bauliche Verdichtung der Fischerinsel. Dies ist angesichts der schon vorhandenen Wohnungdichte höchst problematisch. Die schematischen Vorschläge für die "Fischerinsel" zeigen die große Distanz der Wettbewerbsteilnehmer zu den Sorgen und Ängsten vor Ort. 72 Bald nachden der Wettbewerb entschieden war, spitzte sich der Konflikt um eine strategische Detailfrage zu - um den durch den ersten Preisträger scheinbar "legitimierten" Abriß des ehemaligen Staatsratsgebäudes. Bereits im Sommer 1994 hatte sich eine überregionale Fachinitiative gebildet, die sich gegen den Abriß des Baudenkmals aussprach. Gegen Ende 1994 stellte auch der Bausenator den Abriß in Frage. Im Januar 1995 schließlich war es soweit: Der neue Bauminister konnte den politisch angeschlagenen Außenminister bewegen, die erwünschte Adresse "Schloßplatz" aufzugeben, dafür in das ehemalige Gebäude des Zentralkomitees der SED (Reichsbank) zu ziehen und damit einen Streitpunkt der Hauptstadtplanung zu entschärfen. Mit der Verkündung des "Verzichts" seitens des Außenministers wurden die Ergebnisse des Spreeinselwettbewerbs weiter entwertet. Die Anstrengungen des Landes Berlin konzentrierten sich seither auf den Abriß des ehemaligen DDR-Außenministeriums, obgleich die Nutzung und die finanzielle Tragfähigkeit des geplanten Wiederaufbaus der Schinkelschen Bauakademie am Werderschen Markt noch nicht ausreichend geklärt war. Auch eine Bebauung südlich des ehemaligen Kommandantenhauses ist im Gespräch. Zugleich ging der Streit um den Abriß des Palastes der Republik in seine nächste Runde. Nahezu gleichzeitig mit der "Spreeinsel" wurde der Lustgarten Gegenstand eines Wettbewerbes. Die konzeptionelle Aussonderung des Lustgartens aus dem stadträumlichen Zusammenhang des ehemaligen Schloßareals implizierte einige Grundsatzprobleme. So wurde eine Auseinandersetzung sowohl mit dem südlichen historischen Bezugspunkt des Lustgartens, dem ehemaligen Schloßareal, als auch mit dem den Lustgarten im Süden begrenzenden Hauptstraßenzug erschwert. Das Konzept eines neuen Lustgartens mußte erarbeitet werden, ohne daß die Gestaltung des ehemaligen Schloßbereichs hinreichend geklärt war. Der beschränkte, internationale Realisierungswettbewerb Lustgarten wurde nämlich vor dem Wettbewerb Spreeinsel entschieden. Damit war nahegelegt, den Lustgarten lediglich als Vorgarten des Alten Museums zu begreifen, als Vorgarten, der vor der nicht in Frage zu stellenden Hauptstraße geschützt werden mußte. Die Auslober wollten eine solche Lösung zunächst wohl nicht, wie ihre Kritik am gegenwärtigen Zustand des Lustgartens in der Wettbewerbsausschreibung zeigt. Es heißt dort: "Der Verlust der Rahmung des Museums durch die Baumarchitektur zu beiden Seiten, die zwischen Gebäuden und Bäumen Durchgänge zu den rückwärtig anschließenden Außenräumen freiließ, beraubt den Bau seiner vielfältigen stadträumlichen Einbindung. Die Intelligenz der ursprünglichen Konzeption ist versimpelt zu der Rolle eines verkleinerten 'Vorgartens' für das Museum." Die Aussonderung des Lustgartens aus dem ehemaligen Schloßareal orientierte viele Teilnehmer nahezu zwangsläufig nach Norden, während die Karl-Liebknecht-Straße und der Marx-Engels-Platz im Süden als ungeklärter und unbeeinflußbarer Raum erscheinen mußten. Auch das Preisgericht und die Fachöffentlichkeit verstanden den Lustgarten offenbar lediglich als Vorzone des Alten Museums. Deutlich wurde das vor allem an dem Standpunkt, von dem aus das in der Öffentlichkeit umstrittenste Element des preisgekrönten Entwurfs von Gerhard Merz, der sogenannte "Pavillon", diskutiert wurde. Die Befürworter betonten den Blick von Norden, vom Museum her, ihnen erschien der "Pavillon" als Entree in den Vorgarten des Museums, er spiegelte in seinen Maßen das Museum wider und huldigt diesem und nur diesem. Der "Pavillon" ermöglichte in dieser Optik eine Beruhigung des Lustgartens, eine neue Stille, er schirmte den Freiraum vor den Unbilden der autogerechten Hauptstraße und den Unwägbarkeiten der Weiterentwicklung des Marx-Engels-Platzes ab. Die Loslösung der Museumsinsel von ihrem Herkunftsort und Bezugspunkt im Süden wird so perfektioniert, die Hauptstraße als Ort städtischer Öffentlichkeit faktisch aufgegeben. Die Kritiker argumentierten eher mit einer anderen Perspektive, sie blicken von der Straße her auf den "Pavillon". Der 87 Meter lange und vier Meter hohe Bau schirmt den Lustgarten ja nicht nur 73 gegen die Straße ab, er verdeckt auch den Blick von der Straße aus auf das Alte Museum und den Lustgarten selbst. Er wurde daher nicht nur als Lärmschutzwand begrüßt, sondern auch als Sichtbarriere kritisiert. Als Sichtbarriere, die als Kunstwerk sicher ihre Anerkennung finden kann, die aber stadträumlich höchst problematisch ist: Der Passant auf der nördlichen Straßeseite ist auf einer beträchtlichen Wegeslänge mit einer einfarbigen Wand konfrontiert, die euphemistisch als "monochromes Fresko" verkauft wird. Die Kritik biß sich in erster Linie am "Pavillon" fest, während die geplanten Rasenflächen und der breite, gepflasterte Zugang zum Alten Museum Zustimmung fanden. Aber nicht nur der Bezug nach Süden, auch der Bezug nach Osten, zum Dom hin, blieb ein Problem. Denn der Dom wird im Entwurf des ersten Preisträgers aus dem Lustgarten ausgegrenzt. Die ausschließliche Orientierung des "ruhigen" Lustgartens auf das Alte Museum ordnete diesen eindeutig der "Museumsinsel" zu. Das war aus der Sicht der Museen sicher verständlich. Städtebaulich wurden damit aber die Bezüge unzulässig vereinfacht. Der Lustgarten hatte und hat die Aufgabe, die Museumsinsel zum ehemaligen Schloßareal hin zu vermitteln und zugleich den Dom einzubinden, nicht abzupflanzen. Dieser komplexen Anforderung wurde der prämiierte Entwurf nicht gerecht. All diese für die Struktur des Zentrums wichtigen Grundsatzfragen wurden aber nicht Gegenstand einer lebhaften Diskussion, im Gegenteil: Nach der Verkündigung der durch und durch widersprüchlichen und damit im besten Sinne provozierenden Wettbewerbsentscheidung und einer kleinen und heftigen, aber kurzatmigen Kritik am Entwurf von Gerhard Merz verschwand das Thema "Lustgarten" von der Bühne der öffentlichen Aufmerksamkeit. 1995 wurde dann ganz nebenbei bekannt, daß der Entwurf nicht mehr realisiert werden soll. Der Wettbewerb Spreeinsel und sein kleiner Bruder, der Wettbewerb Lustgarten, legten die Probleme der Berliner Zentrumsplanung schonungslos offen: Die strukturellen Probleme des historischen Zentrums von Berlin blieben weiter im Schatten. Die Erfordernisse der Zentrumsplanung wurden den (vermeintlichen) Interessen der Hauptstadtwerdung untergeordnet. Wieder einmal wurde ein dringend notwendiges Zeichen in Richtung Ost-West-Vermittlung verfehlt: Der "Osten" wurde brüskiert - nicht nur durch den papierenen Kahlschlag der DDRBauten, sondern auch durch den baulichen Angriff auf die "Fischerinsel". Versäumt wurde aber vor allem die notwendige verkehrspolitische Grundsatzentscheidung - weg von der autogerechten Stadt, hin zu einer Politik der öffentlichen Räume. Mehr und mehr erweist sich diese Frage als ein Schlüsselproblem der gesamten Zentrumsplanung. Die schöne Rede von neuen öffentlichen Räumen wird immer unglaubwürdiger, wenn die Straßen vor allem dem Autoverkehr dienen sollen. Der Straßenzug Unter den Linden/Karl-Liebknecht-Straße samt Forum Fridericianum, Lustgarten und dem großen Freiraum um Marienkirche und Fernsehturm wird als öffentliche Raumfolge de facto erdrosselt, wenn er weiterhin als Autopiste erhalten bleibt. Das gleiche gilt noch weit mehr für den stadtbürgerlichen Hauptstraßenzug zwischen Potsdamer Platz und Alexanderplatz. Für diese Straßen ist mittelfristig allerhöchstens das Modell Kurfürstendamm erträglich. Eine solche Sichtweise ist im übrigen nicht neu und nicht erst ein Ergebnis des Diskurses über den ökologischen Stadtumbau. Bereits 1948 hat Hans Borstorff in seiner Schrift "Stadt ohne Zentrum" das Problem "öffentlicher Raum und Verkehr" angesprochen: "Bei der Planung der neuen City muß diese Frage aber unbedingt mit im Vordergrund stehen und zugunsten der Hauptkaufstraßen in ihrer Eigenschaft als Kaufstraßen und nicht als Verkehrsstraßen entschieden werden. - Ein zu breiter Fahrdamm zerreißt unter allen Umständen jede Kaufstraße und schafft zwei gesonderte Straßenfronten. Ein Schulbeispiel dafür, wie es nicht sein soll, schuf der Nationalsozialismus mit 74 der Führung der 'Ost-West-Achse' durch die Straße Unter den Linden. [...] Wäre das Projekt des Nationalsozialismus - der Durchbruch nach Osten zur Frankfurter Allee - restlos verwirklicht worden, so wären die Linden zu einer Autoschnellstraße geworden und hätten demzufolge sowohl ihren repräsentativ vornehmen Charakter als Kaufstraße wie auch als Boulevard gänzlich verloren. Zwei von starkem Verkehr durchflutete Fahrdämme und eine breite Mittelpromenade sind Faktoren, vor denen jeder Straßenpassant Respekt hat, und die er nur in dringenden Fällen mit in Kauf nimmt. Die zukünftige City-Planung steht hier vor dem Problem, die Linden entweder zur Autoschnellstraße oder zur Repräsentations- und vornehmen Kaufstraße zu machen. Beides läßt sich nicht vereinigen." (S. 40f.) Drastisch zeigte sich schließlich nicht erst beim Spreeinselwettbewerb die Hilflosigkeit des statischen, wenig flexiblen Planungsinstruments "städtebaulicher Ideenwettbewerb" angesichts einer Ausgangslage, die nicht angemessen vorstrukturiert war und sich ständig veränderte. Die Entscheidungsmechanismen des Preisgerichts hätten vor diesem Hintergrund vollständig transparent gemacht werden müssen: Welche Teilaufgabe wurde mit welchem Gewicht bewertet, welche "Vorgaben" wurden mit welchem Nachdruck berücksichtigt? Vorschlag: Vermittlung von Ost und West Wer vom Alexanderplatz in Richtung Spree ging, sah nichts von der Schloßkulisse. Diese orientierte sich ja auch nur nach Westen. Der Blick von Osten traf und trifft auf den unzugänglichen Palast der Republik, der wie ein gläserner Riesensarg wirkt. Dennoch läßt sich noch erahnen, daß der "Palast" städtebaulich nach Osten hin mehr überzeugt als nach Westen. Er zeigt zumindest jedem aufmerksamen Beobachter, daß nicht nur die Westseite des ehemaligen Schloßbereichs, sondern auch die Ostseite Berücksichtigung finden muß. Dabei darf aber nicht vergessen werden, daß nicht nur das Schloß, sondern auch die alte, ungeliebte Stadt hinter dem Schloß verschwunden ist. Ohne eine Perspektive für die Ostseite bleibt jede Diskussion westlastig. Die DDR hat der absolutistischen Westorientierung eine teilstädtische Ostorientierung entgegengesetzt. Die Antwort heute darf nicht eine Umkehrung dieser Entwicklung sein - das wäre blind, rückwärtsgewandt, den Chancen des östlichen Zentrums nicht angemessen. Heute muß der historische Gegensatz zwischen West- und Ostorientierung aufgehoben werden. Der Bereich des ehemaligen Schlosses muß sich nach Osten wie Westen orientieren, ohne einer Seite den Rücken zu zeigen. Er muß zwischen Ost und West vermitteln, zwischen der Dorotheen-/Friedrichstadt im Westen und dem Areal der verschwundenen "Altstadt" im Osten. Jede Neugestaltung in diesem Bereich hat zunächst die Existenz von zwei sozial-kulturellen Initiativen zur Kenntnis zu nehmen: der Initiative zum Erhalt des Palastes der Republik und der Initiative zum Wiederaufbau des Schlosses. Beide Initiativen sind nicht - wie bislang oft vorschnell und vereinfachend versucht - eindeutig ideologischen Lagern zuzuordnen: etwa dem Lager der "DDR-Nostalgiker" oder dem der "Hohenzollern-Fans". Beide Initiativen spiegeln eine Fülle unterschiedlicher Argumentationen und Hoffnungen wider und sind nicht a priori abzuwerten, im Gegenteil: Sie verkörpern breitere Bürgerbewegungen, die die Probleme des "Zusammenwachsens" in Berlin und Deutschland nach 1989 komplex zum Ausdruck bringen. Dagegen ist die dritte Position, die eine "moderne" architektonische Gestaltung fordert, mit einer disziplinärakademischen, von einzelnen Politikern gestützten Architekturfraktion verbunden, die sich gegen die beiden gesellschaftlichen Initiativen richtet. Diese Position ist schon deswegen nicht unproblematisch, weil sie eine bedingungslose Kapitulation der beiden Initiativen voraussetzt. Überhaupt wird der kulturelle Streit wie ein kultureller Krieg ausgetragen; jede Partei zielt vielleicht typisch deutsch - auf die vollkommene Niederlage der anderen; Kompromisse dagegen gelten als schwächlich und zweitklassig. Zu fragen ist, ob diese Form der Auseinandersetzung nicht 75 überwunden werden kann. Ist ein "Kompromiß" zwischen den beiden gesellschaftlichen Initiativen möglich, der zugleich den Anforderungen an eine gestalterische und funktionale Verbesserung des ehemaligen Schloßbereichs gerecht wird? Bei einer solchen Lösung gäbe es keinen "Sieger", aber auch keine "Besiegten", allerdings müßten beide Parteien zugunsten einer Vermittlung zurückstecken. Die Konturen des Palastes der Republik könnten bestehen bleiben - als Ergebnis des Umbaus des vorhandenen Gebäudes. Historisch wertvoll sind vor allem die inneren Raumstrukturen, das Äußere könnte architektonisch uminterpretiert werden. Sinnvoll wäre daneben eine Baufigur, die an das Schloß erinnert. Zwischen beiden Gebäuden müßte es keine Verbindung geben, sondern vielleicht eine Fuge - Ausdruck des Widerspruchs. Eine solche Gestaltung würde dem historisch bedeutsamen Ort wie der ebenfalls wichtigen "Wendezeit" gerecht werden: Kein Ort im Zentrum kann an die gespaltene deutsche Nachkriegsgeschichte in so eindringlicher Weise erinnern. Diese Besonderheit verpflichtet: Die Kontroverse "Palast der Republik versus Schloß" sollte sichtbar bleiben. Ein weiteres Grundproblem ist der Umgang mit der Südseite des Platzes. Nach dem Verzicht des Außenministers auf einen Neubau am "Schloßplatz" scheint der Erhalt des baugeschichtlich und historisch bedeutenden ehemaligen Staatsratsgebäudes gesichert. Zur weiteren Differenzierung des Platzes wären zusätzliche kleinere Gebäude wünschenswert - etwa auch eine Folge kleinteiliger Bauten in Anlehnung an die stadträumlich wichtige ehemalige "Schloßfreiheit". Der ehemalige Schloßbereich ist natürlich nicht nur ein Problem der Stadtgestaltung im formalen Sinne. Entscheidend ist seine künftige Nutzung. Als Sitz von Ministerien wäre seine Chance zur Vermittlung zwischen West und Ost verspielt worden. Nach der bürgerlichen Inbesitznahme des Schlosses im Jahre 1918 kann dieser Ort nur mehr ein Platz der Kultur, der Begegnung, der städtischen, nationalen oder europäischen Öffentlichkeit sein. Das Staatsratsgebäude selbst könnte als Ort der Kultur dienen, vor allem - wie nach 1989 bereits erfolgreich praktiziert - von Ausstellungen, aber auch von Veranstaltungen repräsentativen Charakters. Im Palast der Republik und einem Neubau westlich des Palastes sollte die ursprüngliche, den öffentlichen Charakter der Gebäude unterstreichende bunte Nutzungsmischung in zeitgemäßer Form wiederbelebt werden. Mit dem Spreeinselwettbewerb, so der Berliner Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Volker Hassemer, sei die letzte große städtebauliche Entscheidung für die Berliner Mitte gefallen. Das - so bleibt für Berlin zu hoffen - ist doch etwas übertrieben. Der Wettbewerb und die folgende Diskussion haben gezeigt, daß noch einige "große" städtebauliche Aufgaben anstehen: die Neugestaltung des für die historische Identität Berlins außerordentlich wichtigen bürgerlichen Hauptstraßenzuges zwischen Spittelmarkt und Alexanderplatz, für dessen Trasse in Alt-Berlin ein städtebauliches Gutachten vorliegt (Arbeitsgemeinschaft Gutachten Molkenmarkt 1994), dann die Qualifizierung des großen städtischen Freiraums zwischen Palast der Republik und Alexanderplatz zu einer großstädtischen kommunalen Mitte und - realistischerweise - die Gestaltung des Schloßplatzes unter Einbezug des Palastes der Republik und im Zusammenhang mit dem anschließenden Lustgarten. Der notwendige Streit um diese zentralen Aufgaben im östlichen Zentrum Berlins kann aber nur dann erfolgreich abgeschlossen werden, wenn der autofixierten Verkehrsplanung der Dirigentenstab abgenommen wird. 2.8.3. Der Freiraum zwischen Alexanderplatz und Schloßplatz Der dritte Bereich des ehemaligen Zentrumsbandes, der "Freiraum" zwischen S-Bahnhof Alexanderplatz und Palast der Republik auf den Trümmern von Alt-Berlin ist bislang noch nicht Gegenstand intensiver öffentlicher Planungsarbeit gewesen. Daher gibt es auch kein "Bild" seiner künftigen Gestaltung, nicht einmal Vorarbeiten zu einem solchen "Bild". Der Freiraum stellt ein konzeptionelles Vakuum dar, das die Fragmentierung der öffentlichen Planungsarbeit im Bereich des ehemaligen Ost-Berliner Zentrums eindrucksvoll verdeutlicht. 76 Die Wettbewerbe zu den Bereichen östlich und westlich des Freiraums betreffen auch dessen Begrenzungen: Die Ost- wie die Westseite wurden hinsichtlich Funktion und Bebauung grundsätzlich in Frage gestellt. Dagegen sind die langen Nord- und Südseiten hinsichtlich Bebauung und Funktion relativ stabil, sie vermitteln eine gewisse Kontinuität zur Zeit vor 1989. Das Nutzungsprofil bleibt im wesentlichen erhalten, die Bebauung ebenfalls - mit Ausnahme vielleicht des Palasthotels. Die Modernisierung der nach westlichen Vorbildern neugestalteten Markthalle ist eine der wenigen Veränderungen, die auf eine Ost-Initiative zurückgehen - ein zusätzliches Element von Kontinuität. "Frei" ist der gewaltige Raum im Herzen der ausgeschabten Altstadt im übrigen nur aus der Sicht von Architekten: frei von einer flächendeckenden Bebauung, nicht aber von Menschen, von Nutzungen, von einzelnen Gebäuden und Anlagen, die diese Nutzungen anregen oder bremsen. "Frei" ist der Raum allerdings noch in einem mittelbaren Sinne: frei von einer allgemein akzeptierten Bezeichnung; er ist namenlos. Die im folgenden fortgeschriebene Bezeichnung "Freiraum" ist mit diesen Einschränkungen zu lesen. Ganz frei von Planungsarbeit ist der Freiraum allerdings nicht. Offiziell ist der Stand des im Juni 1992 publizierten Gutachtens "Städtebauliches Leitbild für die Berliner Mitte - Bereich Spreeinsel" (Arbeitsgemeinschaft Spreeinsel) noch nicht überholt. Die Aussagen dieses Gutachtens waren insgesamt etwas schillernd. Zum einen wurde dem "Bandmodell" eine klare Absage erteilt, zum anderen aber die bandartige Struktur des Freiraums im Kern akzeptiert. Hinsichtlich der Gestaltung wurde zunächst allgemein gefordert, daß "eine neue Raumstruktur gefunden werden [muß], die sich aus der Tradition des Altstadtkörpers Berlins entwickelt und gleichzeitig der gesamtstädtischen Bedeutung dieses Ortes Rechnung trägt" (S. 44). Konkretisiert sollte dies - durchaus in Anlehnung an manche Vorschläge der fünfziger Jahre - bedeuten: Schaffung eines Rathausvorplatzes, "Einbindung" der Marienkirche "in das gebaute städtische Gefüge", "Einbezug" des Fernsehturms ohne Vorbauten "in ein neues, kleinteiliges Gefüge", Rückbau der Karl-Liebknecht-Straße und deren Einfassung durch Gebäude (S. 112). "Insgesamt", so die Zusammenfassung, "sollte in diesem Bereich die Grundidee eines großzügigen Freiraumes im Zentrum der Großstadt ('Forum Berolini') erhalten bleiben, um jedoch mit der sinngemäßen Wiedereinführung der kleinteiligen und verbindenden Blockstrukturen gewissermaßen in Synthese der widersprüchlichen Prinzipien - zur dimensionierten stadträumlichen Form zu gelangen." (S. 114) Es ist das Verdienst des Gutachtens, auf die Bedeutung des Freiraums schon sehr früh aufmerksam gemacht zu haben. Das Bekenntnis zum "großzügigen Freiraum" wurde allerdings an anderer Stelle wieder etwas relativiert, indem lediglich eine "vorläufige Freihaltung des Marx-Engels-Forums/'Forum Berolini' (vom Fernsehturm bis zur Spree)" empfohlen wurde (S. 49). In eine ganz andere Richtung wies ein Beschluß des Abgeordnetenhauses vom 29. April 1993, mit dem zur Förderung einer "zügigen Entwicklung" des Freiraums ein "städtebauliches Konzept" gefordert wurde. Dieser Beschluß zielte auf eine rabiate Reprivatisierung und Bebauung des Freiraums: "Auf den Erhalt des 'Marx-Engels-Forums' und anderer überdimensionierter Freiflächen, die den städtischen Charakter des Bereichs beeinträchtigen, [ist] zu verzichten. Nach Klärung der städtebaulichen Entwicklungvorgaben [ist] eine möglichst große Anzahl von Eigentümern und privaten Investoren an der Gebietsentwicklung zu beteiligen und erforderlichenfalls eine Entwicklungsgesellschaft mit privater Beteiligung zu gründen." Eine von Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer verantwortete, auf diesen Beschluß reagierende "Mitteilung über Städtebauliche Entwicklung des Bereichs Fernsehturm 'Marx-EngelsForum' in Mitte" an das Berliner Abgeordnetenhaus vom 19. August 1993 bremste die Ambitionen 77 des Beschlusses, blieb aber eine eindeutige Position schuldig. Zunächst wurden lediglich die Grundaussagen des im Juni 1992 publizierten Gutachtens wiederholt. Neu war aber der explizite Hinweis auf die Notwendigkeit, die Ergebnisse der Wettbewerbe "Alexanderplatz" und "Spreeinsel" sowie die Entwicklung der Flächen für Einzelhandel und Dienstleistungen im Berliner Zentrum abzuwarten. "Aus diesen Gründen ist zum jetzigen Zeitpunkt auch die Bildung einer Entwicklungsgesellschaft für dieses Gebiet verfrüht." Die potentielle Qualität eines langfristig zu erhaltenden großen Freiraums wurde in dieser defensiven Argumentation nicht erkannt, der Freiraum schien lediglich als Bauland im Wartestand betrachtet zu werden. Wichtig war aber noch ein weiterer Hinweis: "Die erneuten Veränderungen müssen im öffentlichen Interesse der Stadt liegen." Zur Klärung dieses Interesses sei vor der Neuordnung dieses Stadtbereichs eine "umfängliche demokratische Diskussion" notwendig. Diese Diskussion hatte noch nicht einmal im Ansatz stattgefunden. Aber immerhin wurde der Freiraum im neuen Flächennutzungsplan vom Juli 1994 als Grünfläche ausgewiesen. Vorschlag: Erhaltung und Entwicklung des Freiraums Die überkommene Struktur des Freiraums ist ohne Zweifel verbesserungsfähig. Die Begrenzung durch eine rechteckige Randbebauung bietet aber formal einen stabilen Rahmen, der ohne Probleme die Veränderung von Teilfronten des Rahmens erlaubt (etwa des Palasthotels). Ein Abriß des Palastes der Republik würde diesen Rahmen allerdings erschüttern. Mit dem Fernsehturm und der Marienkirche sind markante Freiraumarchitekturen vorhanden, die um weitere Kleinbauten bereichert werden können. Vor dem Hintergrund der beabsichtigten radikalen Verkleinerung des Marx-Engels-Platzes (Schloßplatzes) wie des Alexanderplatzes wird der Freiraum einen wirkungsvollen Kontrast zur angestrebten verdichteten Bebauung im Umfeld darstellen. Der Freiraum muß zum einen als Gesamtraum erlebbar bleiben, zum anderen ein Archipel unterscheidbarer Nutzungs- und auch Gestaltqualitäten werden. Er muß die Bewohner des Zentrums ebenso anziehen wie andere Berliner und Berlinbesucher. Er muß die Erinnerung an die versunkene alte Stadt - über die Marienkirche hinaus - wahren, die Erinnerung an die DDR-Zeit ermöglichen (Fernsehturm und Marx-Engels-Denkmalsensemble) und zugleich eine Freilichtbühne eines neuen Zentrums des vereinigten Berlin eröffnen. Als Freiraum bringt er unmißverständlich den Vorrang öffentlicher Interessen vor privaten Bau- und Verwertungsinteressen zum Ausdruck. Er verkörpert die Idee eines grünen Zentrums und einer Stadt, die den Autoverkehr in die Schranken weist und neue Anstrengungen zu einem ökologischen Stadtumbau unternimmt. Ein Konzept für einen neuen Freiraum braucht einen treffenden Namen. Bisher wurden Vorschläge wie "Central Park", "Altstadtpark" oder "Forum Berolini" ins Spiel gebracht. Keiner dieser Begriffe ist programmatisch ausreichend bzw. akzeptabel. Zudem scheint die Bezeichnung "Park" diesem Zentralraum nicht angemessen, schon eher die Bezeichnung "Forum", wenngleich damit die Assoziation "homogener Raum" geweckt wird und der Begriff gerade in Berlin durch zahlreiche Banalisierungen (zum Beispiel "Forum Steglitz") abgegriffen ist. Vielleicht wäre der etwas schnoddrige Name "Panoramaplatz" gar nicht so unpassend, den ein privater Fernsehsender in Anlehnung an die Panoramastraße am Fernsehturm verbreitet hat. Schließlich bleiben noch zwei Resträume Alt-Berlins zu erwähnen, die durch das in der DDR-Zeit ausgeprägte Zentrumsband in den Schatten gestellt wurden: der Bereich zwischen den Bauten der Karl-Liebknecht-Straße und der S-Bahntrasse im Nordwesten und der Bereich zwischen den Bauten der Rathausstraße und der Spree bzw. der S-Bahntrasse im Südosten. In diesen Hinterhöfen des DDR-Städtebaus finden sich Reste von Alt-Berliner Parzellen und Straßenführungen sowie allerdings nur im Südosten - markante Reste des Städtebaus vor 1945, darunter der Block des Berliner "Stadthauses" und vor allem die Produkte der Altstadtsanierung der nationalsozialistischen 78 Zeit zwischen Stralauer Straße und Spree. Bei der Reparatur dieser städtebaulichen Hinterhöfe der DDR-Zeit könnte sich die Methode der "kritischen Rekonstruktion der Stadt" bewähren. Die Art der Bezüge bzw. Übergänge zu den Nachbarzonen bedarf dabei allerdings besonders sorgfältiger Überlegungen. 2.9. Ausblick Hat das ehemalige Zentrumsband der DDR heute überhaupt noch eine alle drei Teilräume übergreifende Bedeutung? Während in den Gebieten der barocken Stadterweiterungen eine kritische Rekonstruktion der noch weitgehend vorhandenen historischen Stadt geleistet werden kann, eröffnet sich im Bereich des ehemaligen Zentrumsbandes die Chance einer Neuinterpretation, eines Weiterbaus an den überkommenen "modernen" Großstrukturen und damit einer städtebaulichen Selbstdarstellung des neuen, wiedervereinigten Berlin. Diese Selbstdarstellung hätte die Aufgabe, die Wiedervereinigung in städtebaulicher, funktionaler, ökologischer, sozialer und politischer Hinsicht überzeugend zu vermitteln, kulturelle Polarisierungen zu überwinden und die Perspektiven einer nach Osten sich orientierenden europäischen Stadt zu verdeutlichen. Konkret muß die Raumfolge Alexanderplatz - Freiraum - Schloßplatz eine neue Bedeutung erhalten: der Alexanderplatz als Verkehrs- und Geschäftszentrum des Ostens, der Freiraum als ostwest-vermittelnder Panoramaplatz und der Schloßplatz als wiedergewonnenes und ergänztes kulturelles Zentrum, als stadtbürgerlicher Platz von europäischer Dimension. Das Zentrumsband muß das Symbol einer Ost-West-Verständigung werden, einer Verständigung von Ost- und WestBerlinern, von Ost- und West-Deutschen, von Ost- und West-Europäern: ein reales Symbol, nicht nur eine formale Geste, wie die geplante neue Baustruktur des Spreebogens. Der aktuelle Stand der Planungen für das ehemalige Zentrumsband der DDR ist angesichts solcher Anforderungen alles andere als erfreulich. Ohne daß der dreiteilige Zentralraum überhaupt in seinem Zusammenhang wahrgenommen und reflektiert wurde, ohne daß er - vor dem Hintergrund seiner herausragenden Stellung in der DDR-Stadtbaugeschichte - ernsthaft als Gegenstand der städtebaulichen Denkmalpflege geprüft worden war, wurde er planerisch zerstückelt und in seinem östlichen wie westlichen Bereich Objekt isolierter Neugestaltungsprojekte ohne programmatische Kraft. Dabei wurde der städtebauliche wie bauliche Bestand ohne vorherige nüchterne und gründliche Analyse zur Disposition gestellt. Proteste aus Ost-Berlin wurden nicht ernst genommen, Architekten und Planer, die an der Ost-Berliner Zentrumsplanung beteiligt waren, wurden nicht angemessen konsultiert. Der Freiraum ist zwar bislang noch kein Gegenstand offizieller Gestaltungsplanung geworden, aber das ist kein Grund zur Beruhigung. In den Köpfen einiger Architekten und Planer ist er schon fast bebaut. Gerechtfertigt werden diese Phantasien mit dem Leitbild der kritischen Rekonstruktion der Stadt. Das ist eine große Gefahr. Denn es gibt noch kein Gutachten, das diesen Freiraum hinsichtlich seines sozialräumlichen wie gestalterischen Bestands analysiert und dessen Chancen ausgeleuchtet hätte. Das ist kein Zufall: Freiraum hat in Berlin zur Zeit keine gewichtige Lobby, die meisten überkommenen Freiräume im Zentrum werden ohne große Debatte als Bauplätze betrachtet. Sicher, für die Verkleinerung des Alexanderplatzes und des Schloßplatzes gibt es gewichtige Argumente, aber muß nicht gerade wegen der Verkleinerung dieser Plätze die Erhaltung des zentralen Freiraums besonders sorgfältig geprüft werden? Die Erneuerung der Altstadt darf sich heute allerdings nicht nur auf das Zentrumsband der ehemaligen DDR beschränken. Die abseits dieses Bandes verbliebenen Stadtteile im Bereich AltBerlins, Alt-Cöllns und des Friedrichswerder bedürfen einer sorgfältigen Diskussion und Planung, die mit dem Spreeinselwettbewerb überhaupt erst angefangen hat. Das betrifft die verödeten oder verschwundenen Plätze des Friedrichswerder: Spittelmarkt, Hausvogteiplatz, Werderscher Markt 79 und Schinkelplatz. Das betrifft weiter die völlig veränderten Gebiete der Fischerinsel und des Bereichs südlich bzw. südöstlich des Stadtbahnhofes Hackescher Markt. Insbesondere die Wiederbelebung der einzigartigen stadtbürgerlichen Raumfolge Spittelmarkt - Gertraudenstraße mit Petriplatz und Köllnischem Fischmarkt, dann Mühlendamm -Molkenmarkt - Spandauer Straße weiter über die neu zu gestaltende Straßenraumfolge südlich des Rathauses und des Baukomplexes Rathausstraße zum Alexanderplatz ist die vielleicht wichtigste Aufgabe der Zentrumserneuerung, die in der Öffentlichkeit noch gar nicht richtig erkannt worden ist. Aus einer antistädtischen Transitzone muß wieder eine Passage mit Halte-Plätzen werden! 80 3. Die alte und neue City: Dorotheenstadt und Friedrichstadt Seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis 1945 bildeten die Dorotheenstadt und die Friedrichstadt das Herzstück der Berliner "City". Am heutigen Zustand der beiden miteinander verschmolzenen Stadtteile läßt sich die vielschichtige Entwicklung im Verlauf von drei Jahrhunderten ablesen, die mit der planmäßigen Anlage der Neustädte und der Allee "Unter den Linden" als repräsentativer "Prachtstraße" der kurfürstlichen Residenzstadt während der Barockzeit ihren Lauf nahm. Die im frühen 19. Jahrhundert einsetzende bürgerliche Überformung und der schnelle Wandel zum Zentrum der aufstrebenden Reichshauptstadt in der Kaiserzeit haben das Antlitz der Dorotheen-/Friedrichstadt tiefgreifend verändert. Infolge der Verwüstungen des Zweiten Weltkrieges und der Abrisse der Nachkriegszeit bestehen die steinernen Zeugen dieser bewegten Vergangenheit heute nur noch fragmentarisch - eingebettet in die widersprüchlichen Produkte der Rekonstruktionen und Neugestaltungen der DDR-Zeit. Trotz der vielen Überformungen und Zerstörungen des Bebauungsgefüges hat sich ein Merkmal der ursprünglichen Gebietsstruktur - wenn auch stellenweise beschädigt - erhalten: der charakteristische, in der Barockzeit ausgeprägte Stadtgrundriß. Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts bildeten das Straßensystem und die blockbegrenzenden Baufluchten das Grundgerüst für die Einfügung neuer Gebäude, während sich die Parzellenstruktur als drittes, den Maßstab der Bebauung mitbestimmendes Merkmal des Stadtgrundrisses mit einer Tendenz zur Zusammenlegung von Grundstücken bereits schrittweise veränderte. Erst die seit den sechziger Jahren durchgeführten Neugestaltungsmaßnahmen haben nicht nur das Parzellensystem durch die Schaffung von Großparzellen weiter vergröbert, sondern stellenweise auch die überkommenen Straßenbreiten und Baufluchten negiert. Einige Hochhausprojekte beschädigten nicht nur den Stadtgrundriß, sondern auch das traditionelle Höhenprofil und die Stadtsilhouette. Heute gleichen die Dorotheenstadt und die Friedrichstadt einem städtebaulichen Flickenteppich Stein gewordener Ausdruck des Wechsels der gesellschaftlichen Verhältnisse wie der planerischen und ästhetischen Leitbilder. Gerade diese Vielschichtigkeit mit all ihren Brüchen macht die besondere Eigenart der beiden Stadtteile aus. Trotz der zahlreichen Lücken und Brachen geben die Fragmente des historischen Bebauungsgefüges zusammen mit dem Stadtgrundriß den Rahmen für die Bauabsichten der Gegenwart vor. "Kritische Rekonstruktion" heißt die Devise für eine Weiterentwicklung insbesondere dieses Stadtraumes: ein Leitbild, nach dem - so lautet jedenfalls der Anspruch - die verlorengegangene Bebauung nicht etwa historisierend rekonstruiert, sondern die städtebaulichen Eigenarten der verschiedenen Orte zwar respektiert, aber auch interpretiert werden - durch eine den Bedürfnissen und ästhetischen Vorstellungen der Gegenwart gemäße Architektur. 3.1. Planmäßige Gründung vor den Toren der Altstadt: Das 17. und 18. Jahrhundert Die Geschichte der Dorotheenstadt begann zwar eigentlich erst 1670, als der "Große Kurfürst" Friedrich Wilhelm seiner Gemahlin Dorothea das Gelände der späteren Neustadt schenkte. Bedeutend älter ist indessen die das baulich-räumliche Gefüge der Dorotheenstadt prägende Straße Unter den Linden. Bereits seit dem 16. Jahrhundert bestand ein Reitweg zwischen dem kurfürstlichen Schloß in Cölln und dem ab 1527 im Tiergarten angelegten Jagdgebiet. Seit 1647 erfuhr diese Verbindung auf Veranlassung Friedrich Wilhelms einen großzügigen Ausbau zu einer repräsentativen Achse, die befestigt und mit sechs Reihen Linden und Nußbäumen - alles in allem jeweils 1.000 Bäume - bepflanzt wurde. Sie endete damals aber noch etwa in Höhe der heutigen Schadowstraße, wo der Tiergarten begann. Mit der Ausrichtung dieser Allee auf das Schloß wurde dieses zum Ausgangs- und Bezugspunkt der weiteren, die westlichen Stadtteile privilegierenden 81 städtebaulichen Entwicklung im historischen Zentrum Berlins. Die absolutistischen Herrschaftsverhältnisse fanden so im Stadtgrundriß ihren sinnfälligen Ausdruck. Nur langsam überwand Berlin während der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die durch den Dreißigjährigen Krieg verursachten Verwüstungen. Berlin wurde befestigte Residenzstadt: Im Jahre 1658 ordnete der Kurfürst den Ausbau des Festungsgürtels nach dem Entwurf von Johann Gregor Memhardt an. Bis 1686 entstand ein Ring von Bastionen, der Berlin, Cölln, Neucölln am Wasser und die 1662 gegründete Neustadt Friedrichswerder umschloß. Die Weiterentwicklung der Militärtechnik ließ das aufwendige Bollwerk aber schnell veralten. Die Gründung neuer Städte außerhalb des mittelalterlichen Stadtkerns mit eigenen, von den Magistraten Berlins und Cöllns unabhängigen Verwaltungen war eines der wichtigsten Anliegen Friedrich Wilhelms und auch seines Nachfolgers. Neue Bürger sollten so in die brandenburgische Residenzstadt gezogen werden und deren Reichtum und Bedeutung mehren. Im Jahre 1670 erhielt also Kurfüstin Dorothea den Garten des späteren Schlosses Monbijou und das dazugehörige Gebiet zwischen der Spree und der Lindenallee. Sie erteilte Joachim Ernst Blesendorf, dem Generalquartiermeister und Direktor aller Fortifikationen und Bausachen, den Auftrag, dort, vor den Toren der befestigten Stadt, eine neue Stadt zu planen. Auf der Grundlage seines 1673 vorgelegten Entwurfs für den Stadtgrundriß begann 1674 die planmäßige Bebauung in der erst seit 1676 als "neue Dorotheenstadt" bezeichneten Neustadt. Die Planung Blesendorfs orientierte sich an der Lindenallee, die zusammen mit zwei parallel geführten Straßenzügen - der Mittelstraße und der Letzten Straße (heute Clara-Zetkin-Straße) - das Grundgerüst der Stadtanlage bildete. In diesem Rahmen entwickelte er einen schachbrettartigen Stadtgrundriß mit der Neustädtischen Kirchstraße und der Querstraße (der späteren Friedrichstraße) als nord-süd-gerichteten Achsen. Die regelmäßige Rasterform und der Bezug der Hauptachse auf das Schloß kennzeichnen die Neustadt als typisches Kind ihrer Entstehungszeit. Eine aus Wall und Graben bestehende Befestigungsanlage (das "Hornwerk") umgab die Dorotheenstadt. Die kleinteilig parzellierte Stadtanlage wurde zunächst für ungefähr 200 Wohnhäuser konzipiert. Zwischen der Charlottenstraße und dem Festungsgürtel wurde ab 1687 nach Plänen Johann Arnold Nerings ein neuer Marstall errichtet, der auch den 1695 bzw. 1701 gegründeten Akademien der Künste und Wissenschaften als Domizil diente. Ansonsten erhielt die Dorotheenstadt den Charakter einer Wohnstadt, in der zumeist zweigeschossige Häuser das Stadtbild prägten. Bestimmend für dessen Eigenart war auch die Kleinteiligkeit der Parzellen- und Baustruktur mit den fünf- oder siebenachsigen, nur in Ausnahmefällen neunachsigen Fassaden. Deren durchgehende Traufständigkeit und die Geschlossenheit der Straßenfronten stellten ein Novum in der Entwicklung des Berliner Wohnhauses dar, das bis dahin in der Regel giebelständig und durch einen Traufgang von den benachbarten Gebäuden getrennt war. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts prägte der neue Haustyp die neuentstehenden Straßenzüge Berlins. Zu einem wichtigen Treffpunkt des öffentlichen Lebens wurde die Dorotheenstädtische Kirche im Westen der Neustadt (errichtet 1678-87, durchgreifend umgebaut 1860-62, im Zweiten Weltkrieg zerstört). Ein Rathaus erhielt die Dorotheenstadt hingegen erst 1699. Nicht zum Vorwerk der Kurfürstin gehörte das im Süden der Lindenallee gelegene Gelände. Dort vergab der Kurfürst im Jahre 1678 Baustellen, was diesem Bereich eine Zeitlang den Namen "Friedrichstadt" einbrachte. Um die Besiedlung der Dorotheenstadt zu beschleunigen, gewährte der Kurfürst eine Reihe von Vergünstigungen: die kostenlose Vergabe von Bauland und Bauholz sowie Steuerbefreiungen für einen Zeitraum von zehn Jahren. Bis 1691 wurden 171 Häuser errichtet - vor allem durch Hugenotten, die aufgrund des Ediktes von Potsdam seit 1685 in großer Zahl nach Brandenburg einwanderten. Um 1700 lebte in der Dorotheenstadt ungefähr ein Drittel der bis dahin zugewanderten knapp 6.000 Hugenotten. (Vgl. Schäche 1994c, S. 4) 82 Gleich nach dem Regierungsantritt Friedrichs III. im Jahre 1688 (seit 1701 Friedrich I., König in Preußen) begann die Entwicklung der eigentlichen Friedrichstadt. Noch im selben Jahr setzte der Kurfürst eine Kommission ein, deren Mitglieder "die Aecker und Wiesen, worauf die neue Friedrichsstadt gebauet werden soll, so gut als möglich erhandeln sollen" (Nicolai 1786, S. 181). Ebenfalls 1688 wurden auch schon die ersten Häuser errichtet. Eine kurfürstliche Verordnung, die den Ansiedlern Baufreiheiten und Beihilfen gewährte, erging am 24. September 1691. Johann Heinrich Behr erhielt den Auftrag zum Entwurf des Straßenplans, während die Bebauung unter der Oberaufsicht Johann Arnold Nerings stand: "es mußten [...], bis an seinen Tod, alle Häuser, nach dessen eignen oder doch von ihm gebilligten Zeichnungen, gebauet werden" (ebd.). Damit war die absolutistische Tradition der "von oben" verordneten Architektur begründet. Bis 1695, dem Todesjahr Nerings, wurden so bereits 300 von ungefähr 1.000 geplanten Häusern errichtet (vgl. Schinz 1964, S. 81). Der Grundriß der neuen Stadt entsprach einem schlichten Raster, bestehend aus sich in regelmäßigen Abständen kreuzenden Straßen, die an die Straßen in der benachbarten Dorotheenstadt anknüpften. Wirklich zusammengeführt konnten sie allerdings erst nach Einebnung der dorotheenstädtischen Wall- und Grabenanlage 1712 und 1740 werden. Die in Nord-SüdRichtung verlaufende Friedrichstraße wurde als Hauptachse der neuen Stadt etwas breiter als alle anderen Straßen angelegt. Auf die zeitweilig geplante Errichtung von Befestigungsanlagen um die Friedrichstadt wurde in Anbetracht der Kosten und des inzwischen erreichten Standes der Militärtechnik verzichtet. Drei Marktplätze erhielt die Friedrichstadt: den kleinen "Hammelmarkt" in der Nähe des Potsdamer Tors, auf dem später die Dreifaltigkeitskirche gebaut wurde, den "großen Markt" im Bereich der Esplanade vor dem Leipziger Tor und den Friedrichstädtischen Markt (den späteren Gendarmenmarkt), für den drei Blöcke von der Bebauung ausgenommen wurden. Eine Merkwürdigkeit stellt die Anlage dieses größten Platzes der Friedrichstadt vor dem Festungsring und damit abseits der Hauptstraßen der Dorotheen-/Friedrichstadt dar. Möglicherweise geschah dies im Hinblick auf längerfristig verfolgte Planungsabsichten für die repräsentative Neugestaltung Berlins, die auch die Schaffung einer architektonischen, auf den Gendarmenmarkt bezogenen Achse zwischen der Altstadt und der Friedrichstadt beinhaltet haben könnten (vgl. zu dieser These Goralczyk 1987, S. 13). Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren noch immer viele unbebaute Grundstücke zu verzeichnen, deren Bebauung König Friedrich Wilhelm I. seit 1720 durch eigene Bautätigkeit sowie den Erlaß von Baufreiheiten und Baugeboten forcierte. Diese Maßnahmen hatten Erfolg: "Die Anzahl der Häuser nahm so zu, daß keine wüste Stelle mehr übrig blieb." (Nicolai 1786, S. 182) Daraufhin erging 1732 ein königlicher Befehl zur Erweiterung der Friedrichstadt nach Süden und Westen. Begrenzt wurde die erweiterte Dorotheen-/Friedrichstadt durch die neue Akzisemauer, die 1732-34 um das Berliner Stadtgebiet herumgelegt wurde - nicht mehr zur Verteidigung, sondern um von den Besuchern der Stadt die "Akzise", eine örtliche Verbrauchssteuer, zu erheben und die Soldaten der Berliner Garnison an der Desertion zu hindern. Der Festungsgürtel der Altstadt hingegen wurde seit 1734 geschleift. Die Dorotheenstadt und die Friedrichstadt konnten nun endlich mit dem Stadtkern städtebaulich verknüpft werden. Das gewonnene Gelände wurde parzelliert, und mit fortschreitender Bebauung begannen sich die Grenzen zwischen der Altstadt und den Neustädten langsam zu verwischen. Die Straße Unter den Linden erfuhr eine deutliche Aufwertung, denn ihr stadträumlicher Bezug auf das Schloß wurde erst jetzt richtig erlebbar. 83 Ein charakteristisches Merkmal der erweiterten Dorotheen-/Friedrichstadt wurden die unterschiedlich geometrisch geformten Plätze, die nicht jenseits, sondern diesseits der Stadttore angelegt wurden: das "Quarré" (heute Pariser Platz), das "Oktogon" (heute Leipziger Platz) und das "Rondell" am Halleschen Tor (heute Mehringplatz). Diese Plätze hoben die nach draußen führenden Straßen aus dem ansonsten relativ gleichwertigen Straßenraster heraus. Das waren neben der bereits privilegierten Straße Unter den Linden die Leipziger Straße und die Friedrichstraße. Vom "Rondell" gingen - nach dem Vorbild der Piazza del Popolo in Rom - drei Straßen (Wilhelmstraße, Friedrichstraße und Lindenstraße) strahlenförmig in Richtung Norden ab. Damit erhielt die Friedrichstadt eine unverwechselbare Gundrißfigur, die allerdings heute infolge der veränderten Straßenführung und der Neubebauung des Mehringplatzes nur noch fragmentarisch zu erkennen ist. Die Wilhelmstraße, deren nördlichen Abschnitt der König dem Bau vornehmer Palais vorbehalten hatte, stach aus der allgemeinen Bebauung hervor: Wohlhabende Adlige, später auch Staatsbeamte und Minister errichteten sich hier prächtige Bauten mit barocken und später klassizistischen Fassaden. Diesen Gebäuden schlossen sich weitläufige Gärten zum Tiergarten hin an. Bis 1737 war die gesamte Friedrichstadt bebaut, und zwar mit 1.682 Häusern. Gleichzeitig waren mit den in der Regel sehr schlichten, aber praktischen Wohnhäusern auch die öffentlichen Gebäude errichtet worden - fast ausschließlich Kirchen, deren Türmen in den städtebaulichen Absichten des Königs eine herausragende Bedeutung zukam. Mit ihren baukünstlerisch gestalteten Spitzen sollten sie nicht nur die Stadtsilhouette akzentuieren. Durch ihre Stellung im Stadtgrundriß waren sie auch als Blickpunkte von Bedeutung und halfen so, unterschiedliche Quartiere visuell miteinander zu verknüpfen und die dezentrale Struktur der Residenzstadt zu fördern. Aber auch andere Bauten wurden bewußt als Blickpunkte angeordnet, so insbesondere das Palais des Barons Vernezobre (das spätere Prinz-Albrecht-Palais) am Ende der Kochstraße und das Collegienhaus (Gerichtsgebäude) am Ende der Markgrafenstraße. Dieses interessante System der Blickbeziehungen ist mit den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges verlorengegangen, sieht man von dem als "Berlin Museum" wiederhergestellten Collegienhaus einmal ab, das als einziger jener barocken "Points de vue" noch heute den Blick durch die Markgrafenstraße abschließt. Das Stadtbild der Dorotheen-/Friedrichstadt wurde durch eine gleichförmige Architektur geprägt. Das machte diese Neustädte zu einem typischen Beispiel der Stadtbaukunst des Barock - einer Epoche, in der der absolutistische Herrscher nichts dem Zufall überließ, sondern seinen umfassenden Gestaltungswillen auch im Stadtraum steinerne Wirklichkeit werden ließ. Jedwede private Bauabsicht hatte sich dem übergeordneten Gesamtentwurf unterzuordnen - das Ergebnis war ein durch Geschlossenheit und Einheitlichkeit wirkendes Straßenbild, hinter dessen Fronten auf der Hofseite dem Gestaltungswillen der Stadtbürger nur mehr ein bescheidener Spielraum blieb. Es war indessen nicht nur das Stadtbild, das die Friedrichstadt zu einem Stein gewordenen Ausdruck des Absolutismus werden ließ, sondern auch ihr Entstehungsprozeß - von dem kurfürstlichen Gründungsakt über die Namensgebung und den durch den Landesherrn über "seine" Baumeister gesteuerten Entwurf des Stadtgrundrisses wie der einzelnen Häuser bis hin zu der Errichtung von Gebäuden auf Veranlassung des Herrschers und der Erteilung von Baugeboten an vermögende Bürger. Einen neuen künstlerischen und repräsentativen Anspruch entwickelte der Städtebau während der Regierungszeit Friedrichs II. (1740-86). Bereits aus seinen ersten Regierungsjahren ist ein Entwurf seines Freundes Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff überliefert, nach dem die Hauptstadt einen neuen, weiter nach Westen gerückten Mittelpunkt erhalten sollte. Als zentraler Bestandteil dieses "Forum Fridericianum" war ein neues Königsschloß auf der Nordseite der Straße Unter den Linden vorgesehen, das in der Achse der Markgrafenstraße, also in einer Blickbeziehung zum Collegienhaus stehen sollte. Auf der Südseite der "Linden" waren Neubauten für die Akademie der Wissenschaften und die Oper geplant. Der durch die Person Friedrichs II. verkörperte politische Anspruch eines aufgeklärten Absolutismus fand seinen künstlerischen Ausdruck in diesem Plan für einen "Königssitz, flankiert von Wissenschaft und Kunst, als Zentrum des Geistes und der Kultur dem Sitz der Staatsverwaltung und der Rechtsprechung gegenüber gestellt", so die treffende Charakterisierung der Idee durch Alfred Schinz (1964, S. 101). Tatsächlich wurde von diesem Plan nur das Opernhaus Wirklichkeit, das in den Jahren 1741-43 nach einem Entwurf Knobelsdorffs entstand. Die Errichtung des Schlosses Sanssouci vor den Toren Potsdams, das zum bevorzugten Aufenthaltsort des Königs wurde, führte zur Aufgabe der früheren Idee eines Schloßneubaus Unter den Linden. Auch die Akademie der Wissenschaften erhielt keinen Neubau, sondern blieb im Marstallgebäude. In einem verkleinerten Maßstab wurden die Pläne eines Forum Fridericianum allerdings weiterverfolgt: Nach dem Vorbild des Pantheons in Rom wurde 1747 neben dem Opernhaus mit dem Bau der katholischen St.-Hedwigs-Kathedrale begonnen, die erst 1773 fertiggestellt werden konnte. Ein neues Gegenüber erhielt die Oper durch die Königliche Bibliothek (1775-80). Anstelle des geplanten Schloßneubaus entstand 1748-66 auf der Nordseite der "Linden" das Palais des Prinzen Heinrich, eines Bruders Friedrichs II. Dessen Ehrenhof ergänzte den durch das Opernhaus, die Kirche und die Bibliothek baulich gefaßten Platzraum im Norden der Allee. So erhielt Berlin trotz der deutlichen Abstriche an den ursprünglichen Bauplänen - ein neues geistig-kulturelles Zentrum, das den Charakter der "Linden" fortan stark mitprägen sollte. Aber auch im Wohnhausbau fand der städtebauliche Ehrgeiz des Landesherrn seinen Niederschlag. Seit 1755 förderte die königliche "Bautaxe", die Vorschriften über die Baupreise und den Materialverbrauch enthielt, die Ablösung der in der Regel bescheidenen, zweigeschossigen Ursprungsbebauung durch dreigeschossige Mietshäuser (vgl. Demps 1987, S. 105-108). Ab 1770 veranlaßte Friedrich II. selbst die Errichtung von Mietshäusern auf Staatskosten ("Immediatbauten"): prächtiger, aber nicht immer praktischer Gebäude, für die häufig zwei oder drei Parzellen zusammengelegt wurden. Italienische Kupferstiche lieferten zumeist die Vorlagen für die Gestaltung der Fassaden. Eine repräsentative Ausgestaltung erfuhren so vor allem die für den König wichtigsten Eingänge in die Stadt: die Straße Unter den Linden (aus Richtung Charlottenburg) und die Leipziger Straße (aus Richtung Potsdam). Aber auch der Gendarmenmarkt bekam durch Immediatbauten weitgehend ein neues Gesicht. Auf der Platzfläche selbst wurde 1774 ein Theater errichtet, das seit 1786 den Namen "Königliches Nationaltheater" trug. Die Deutsche und die Französische Kirche im Süden und Norden des Platzes erhielten in den Jahren 1780 bis 1785 zwei vollkommen gleichartige Turmbauten nach Entwürfen von Karl von Gontard. Diese waren nicht in erster Linie als Kirchtürme, sondern als den Platz schmückende und die Stadtsilhouette bereichernde Monumentalbauten gedacht. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war die Friedrichstadt zum Inbegriff der modernen Residenzstadt Berlin geworden - Ausdruck des nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges aufstrebenden Kurfürstentums Brandenburg bzw. des Königreichs Preußen. "Die Friedrichsstadt ist jetzt der ansehnlichste Theil von Berlin", so Friedrich Nicolai 1786 in seiner viel gelesenen "Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam". "Die Straßen gehen alle gerade, und stoßen fast alle winkelrecht auf einander, sie sind sämmtlich ungefähr sechs rheinl. Ruthen [ca. 22,6 m] breit. Die Häuser in den unter K. Friedrich Wilhelm gebauten Straßen sind zwar meist nur zwey Geschoß hoch, und unter Einem Dache fortgeführet; welches ihnen ein etwas einförmiges Ansehen giebt. Allein, es sind nicht nur unter dem jetzigen Könige, zum Theil auf Königl. Kosten, viele hohe und prächtige Häuser gebaut, sondern es stehen auch sonst in der Friedrichsstadt viele ansehnliche öffentliche Häuser und Palläste." (S. 183) Aber: Die Dorotheenstadt und die Friedrichstadt waren nicht das ganze Berlin! Abseits der modernen, regelmäßigen Neustädte der Barockzeit, in den Wohnvierteln der einfachen Menschen, die nicht Gegenstand der stadtbaukünstlerischen Ambitionen des Königs waren, stellte sich die Residenzstadt sehr viel dürftiger dar. Ein Zeitgenosse bemerkte im Jahre 1784: "Im ganzen gibt's hier schöne breite Straßen, die kaum das schwache Auge absehen kan, besonders ist die 85 Friederichsstadt sehr regelmäßig und schön gebaut, und der jetzige König hat alles angewandt, diesen Theil der Stadt auszeichnend und schön zu machen; da hingegen giebt es in Berlin selbst elende Gaßen, wie man sie nur immer in einer Landstadt finden kan - finster, eng, daß wenn ein Wagen durchfährt, die Fusgänger so lange Halte machen müssen, und denn so schmutzig, daß man eine schlechte Idee von der großen Königsstadt bekommt; überhaupt hat Berlin für einen Fremden, der vom Hamburger, Schlesischen und Cottbußer Thor herein kommt, ein klägliches Ansehen, denn man findet elende gestützte Häuser, - wüste unbebaute Plätze - große Misthaufen vor den Thüren, und die Bewohner tragen das Zeichen der äußersten Dürftigkeit auf ihrer Stirne; hingegen kommt man ins Brandenburger- und Potsdammer-Thor, so ruhet das Auge mit Wohlgefallen auf den schönen Gaßen, und noch schönern Palläste und Häuser, die nach der neuen Bauart, in verschiedenen mannichfaltigen Gusto, auf beiden Seiten erbauet sind [...]." (Knüppeln 1784, Bd. 1, S. 11f.) Der Autor dieser kritischen Betrachtungen zog es vor, sein Buch anonym zu veröffentlichen. Es war Julius Friedrich Knüppeln (1757-1840), ein heute in Vergessenheit geratener Schriftsteller der ausgehenden Barockzeit (vgl. Holzmann/Bohatta 1902, S. 317). 3.2. Bürgerliche Überformung und Citybildung: Das 19. und frühe 20. Jahrhundert Noch bis ins erste Drittel des 19. Jahrhunderts behauptete die Altstadt ihre Stellung als Schwerpunkt des Berliner Geschäftslebens. Zu Beginn des Jahrhunderts hatte jedoch bereits die Entwicklung der Dorotheenstadt und der nördlichen Friedrichstadt (bis zur Zimmerstraße) zu einem verdichteten Zentrumsgebiet eingesetzt. Besonders die Friedrichstraße und die Lindenallee veränderten ihr Antlitz durch Abrisse und Neubauten sowie die Aufstockung bzw. die Umgestaltung von Altbauten. Mehr und mehr verdrängten Geschäfte, Hotels, Cafés und dergleichen die Wohnnutzung. Abseits dieser beiden Straßen erhielt sich der alte Charakter der Dorotheen/Friedrichstadt indessen noch bis in die Gründerzeit. Während sich so der Aufriß der Stadt unaufhaltsam wandelte, blieb ihr Grundriß als historische Kontinuität vermittelndes Gerüst erhalten. Im Stadtbild fand die sich herausbildende bürgerliche Gesellschaft Gelegenheit zur Selbstdarstellung. Individuell gestaltete, in ihren Höhen und Proportionen teilweise voneinander abweichende Häuser im klassizistischen Stil durchbrachen nun mehr und mehr die einstmals auf eine einheitliche Wirkung hin entworfenen Straßenwände der Barockzeit. Diese Individualisierung des Straßenbildes vollzog sich allerdings zumeist noch im Rahmen der überkommenen Parzellenstruktur. Während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms III. (1797-1840) kam die repräsentative Ausgestaltung der Schloßachse Unter den Linden zum Abschluß. Nach einem Entwurf Karl Friedrich Schinkels erhielt der Freiraum zwischen Zeughaus und Universität durch den Bau der Neuen Wache (1816-18) und die Anlage des "Kastanienwäldchens" seine endgültige Gestalt. Der Neubau der Singakademie (1825-27) und die neugestaltete Fassade des Finanzministeriums (186163) gaben diesem Stadtraum im Norden eine repräsentative Fassung. Schließlich förderte die Einrichtung der 1810 gegründeten Berliner Universität im Palais des Prinzen Heinrich die weitere Entwicklung der "Linden" als wissenschaftlich-kulturelles Zentrum der Residenzstadt. Dichter, Musiker, Maler und andere Zeitgenossen priesen die Schönheit und Eleganz der Straße. "Wirklich, ich kenne keinen imposantern Anblick, als vor der Hundebrücke [Vorgängerbau der 1822-24 errichteten Schloßbrücke] stehend nach den Linden hinauf zu sehen", bemerkte etwa Heinrich Heine am 26. Januar 1822 in seinem ersten "Brief aus Berlin". "Rechts das hohe, prächtige Zeughaus, das neue Wachthaus, die Universität und Akademie. Links das Königliche Palais, das Opernhaus, die Bibliothek u. s. w. Hier drängt sich Prachtgebäude an Prachtgebäude." (Heine 1973, S. 12) Auch der Gendarmenmarkt zog erneut Aufmerksamkeit auf sich, als nach einem Entwurf Schinkels in den Jahren 1818-21 das neue Schauspielhaus auf dem Fundament des abgebrannten 86 Vorgängerbaus entstand. Durch den in klassizistischen Formen errichteten Monumentalbau erfuhr die Wirkung des Platzes - auch im Zusammenhang mit den Gontardschen Turmbauten des Deutschen und des Französischen Doms - eine gewaltige Steigerung. Sehr viel tiefgreifender war die Überformung der Dorotheen-/Friedrichstadt während der Kaiserzeit (1871-1918), als sich hier die City der Reichshauptstadt entwickelte, das Zentrum einer schnell wachsenden Großstadt, die 1871 noch 826.800, 1890 aber bereits 1.575.000 und 1910 2.076.200 Einwohner hatte. Berlin wurde zum Kern eines Ballungsgebietes, das weit über die administrativen Grenzen der Stadt hinauswuchs. Auf dem Territorium der 1920 gebildeten Einheitsgemeinde GroßBerlin lebten 1871 932.000, 1890 1.953.800 und 1910 3.734.300 Menschen. (Presse- und Informationsamt 1992, S. 239) Innerhalb von nur vier Jahrzehnten wandelte sich das Bebauungsgefüge der Dorotheen/Friedrichstadt fast vollständig. Schließlich prägten neue, repräsentative, zumeist gewerblichen Zwecken dienende Gebäude das Stadtbild. Deren Fassaden waren vor allem in Formen des zeittypischen Historismus geschmückt, in dem die Kaiserzeit ihren künstlerischen Ausdruck fand. Die Verschmelzung der Dorotheen-/Friedrichstadt zu einem zusammenhängenden Zentrumsbereich vollzog sich in zwei "Bauwellen". Während sich die Neubauten der eigentlichen Gründerzeit aufgrund der Bauordnung von 1853 noch auf vier Geschosse (Traufhöhe 18 Meter) beschränken mußten, erlaubte die 1897 in Kraft getretene Bauordnung für den um die Jahrhundertwende einsetzenden zweiten Bauboom eine fünfgeschossige Bauweise bis zu jener Traufhöhe von 22 Metern, die auch heute Bestandteil des für die Dorotheen-/Friedrichstadt entwickelten städtebaulichen Regelwerkes der "kritischen Rekonstruktion" ist. Die bereits im frühen 19. Jahrhundert begonnene Individualisierung des Stadtbildes erreichte während der Kaiserzeit neue Dimensionen. Waren die Unterschiede zwischen den zurückhaltend dekorierten klassizistischen Fassaden noch vergleichsweise gering ausgeprägt, brachten die in unterschiedlichen Spielarten des Historismus gestalteten Fassaden einen gesteigerten bürgerlichen Repräsentationswillen zum Ausdruck, der entlang der Friedrichstraße und der Leipziger Straße seine Höhepunkte entwickelte. Der Maßstabssprung in der Bebauung wurde durch die Zusammenlegung von zwei oder drei Parzellen stellenweise noch verstärkt. Den städtebaulichen Rahmen für den Individualismus der bürgerlichen Bauherren setzte indessen nach wie vor der regelmäßige barocke Stadtgrundriß. Gerade aus dieser Spannung zwischen einem übergeordneten räumlich-strukturellen Ordnungssystem und individueller Selbstdarstellung in der Architektur entwickelte sich jener faszinierende großstädtische Charakter, der die Friedrichstadt bis zu den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges auszeichnete. Gegen Ende der Kaiserzeit versuchte eine Gruppe von Fachleuten, für eine Rationalisierung des rasanten städtischen Wachstums zu werben. Der 1910 entschiedene städtebauliche Wettbewerb "Groß-Berlin" zielte jedoch vor allem auf eine Modernisierung der Altstadt und eine Zentrumserweiterung nach Westen, nicht so sehr auf eine weitere intensive Entwicklung der City. Dennoch war auch ein in diesem Rahmen formulierter Vorschlag von großem Interesse: die von Joseph Brix, Felix Genzmer und der Hochbahngesellschaft angeregte städtebauliche Betonung der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße. Die Ausbildung eines Platzes an dieser Kreuzung war zweifellos ein Versuch, endlich einen "Zentralpunkt" des Zentrums zu markieren: "Die Schnittstelle des repräsentativen Berlins mit dem vornehmen kommerziellen, dort 'wo die belebteste Straße Berlins, die Friedrichstraße, die große Promenadenstraße kreuzt', bedeutete für die Entwurfsverfasser in Anlehnung an 'das römische Templum mit Kardo und Dekumanus' sowie 'im Sinne des Zentralplatzes der Renaissancestadtidee oder des Quattro cantoni Palermos' ein 'durchaus erwünschtes Merkzeichen' des Stadtraumes - 'ein wichtiger Schritt zur Verschönerung und Veredelung des Großstadtbildes Berlins'." (Konter 1995, S. 264) Der Kreuzungsplatz blieb - wie 87 andere Ideen des Wettbewerbs - Papierstädtebau. Er fand aber gut fünfzig Jahre später in der DDR eine vom Anspruch her allerdings viel bescheidenere Verwirklichung. In seinem schon erwähnten, 1915 publizierten Buch über "Die baulichen und wirtschaftlichen Grundlagen der Geschäftsstadt Berlin" analysierte Willy Lesser die Herausbildung des zentralen Geschäftsbezirks der Reichshauptstadt: "So unglaublich rasch ist alles gekommen, daß noch am Ende des vorigen Jahrhunderts unsere belebteste Geschäftsstraße, die Leipziger Straße, den höchsten Glanz als Wohnstraße genoß, und daß die reichsten Leute dort ihre Wohnung hatten. Noch heute sind die so gar nicht in den Rahmen dieser Straße passenden gewaltigen Regierungskomplexe an der Wilhelm- und Mauerstraße Zeugen dieser kaum zwanzigjährigen Vergangenheit. Als dann die Periode des industriellen Aufschwungs einsetzte, erstand auch, wie es unter normalen Umständen zu geschehen pflegt, nicht nur ein 'Geschäftsplatz' allein, sondern es entstanden mehrere; die Verbindungslinien dieser Plätze wurden die Geschäftsstraßen und aus ihnen entstand die Geschäftsstadt." (S. 25) Als charakteristisches Merkmal der inneren Struktur der kaiserzeitlichen "Geschäftsstadt" erkannte Willy Lesser die Herausbildung von Bereichen, an denen sich einzelne zentrumsbildende Funktionen konzentrierten. Diese "Interessensphären" (S. 28) waren allerdings nicht ganz eindeutig voneinander getrennt, sondern überschnitten sich mitunter. Die beiden sich kreuzenden Hauptstraßenzüge Friedrichstraße und Leipziger Straße/Gertraudenstraße/Spandauer Straße/Königstraße bildeten dabei die "eigentliche Geschäftsstadt, wo sich die modernen Geschäftspaläste [...] aneinander reihen" (S. 28). Die Kreuzung der Leipziger Straße und Friedrichstraße stellte den "wohl verkehrsreichsten Punkt von Berlin" (S. 27) dar. Nördlich der Leipziger Straße - im wesentlichen zwischen den "Linden" und der Französischen Straße - hatte sich das "Bankenviertel" entwickelt, südlich davon das "Viertel der Lebens- und Feuerversicherungen". Ein "Hotelviertel" war im Norden der "Linden" entstanden, eine "zweite Hotelgegend" im Umkreis des Leipziger Platzes (bis zum Askanischen Platz) noch im Entstehen. Entlang der Wilhelmstraße und in deren Umfeld konzentrierte sich das "Regierungs- und Gesandtschaftsviertel". Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts hatten die höchsten Behörden Preußens, später auch des Deutschen Reiches, die einstigen Adelspalais bezogen und stellenweise auch Neubauten errichtet. Im Osten der Geschäftsstadt hatte sich - rund um den Hausvogteiplatz - das "Konfektionsviertel" herausgebildet. Südlich der Leipziger Straße breitete sich ein neues "Viertel der Geschäftshäuser für Büro- und Engroszwecke" aus. "Durch Abriß der alten Gebäude und durch Zusammenfassung mehrerer Gelände ist hier ein in architektonischer Hinsicht bemerkenswerter Bezirk seit dem Anfange dieses Jahrhunderts erstanden." (S. 29) Daran schloß sich bis zur Lindenstraße und Kochstraße das "Zeitungsviertel" an. Diese funktionsräumliche Gliederung hat die Kaiserzeit überlebt und sich im wesentlichen bis 1945 erhalten. Während sich private Investoren bei der "Zusammenfassung mehrerer Gelände" noch zurückhielten, schickte sich wiederum die öffentliche Hand an, nun auch in der historischen Friedrichstadt zentrumsunverträgliche Riesenparzellen zu schaffen. Hervorstechendes Beispiel dafür war die stetige Expansion des Kriegsministeriums an der westlichen Leipziger Straße und südlichen Wilhelmstraße. Im Verlauf der rasanten Entwicklung der "Geschäftsstadt" während der Kaiserzeit hatte sich der Schwerpunkt des Stadtzentrums endgültig in den Bereich der Dorotheenstadt und Friedrichstadt verschoben. Dazu hatte das Berliner Bahnhofssystem wesentlich beigetragen: Die wichtigsten Fernbahnhöfe lagen im Westen und Norden der City. Im Osten des Schlosses erschwerten die engen Straßen mit ihren kleinteiligen Parzellen- und Bebauungsstrukturen die Errichtung moderner Geschäftshäuser. "So ist allein um den Molkenmarkt im Zuge der großen Ost-West-Straße und nördlich der Königstraße, in dem nach Westen offenen Bogen der Neuen Friedrichstraße ein Geschäftsviertel entstanden, in dem die Tuch- und Wäschebranche zahlreich vertreten ist [...]." 88 (Lesser 1915, S. 30) Ansonsten fand sich die Altstadt nunmehr im Windschatten der stürmischen Entfaltung des Zentrums der aufstrebenden Reichshauptstadt wieder. Am Ende dieser Entwicklung stand ein komplexes Gefüge mit einem Nebeneinander zentraler Bereiche unterschiedlicher Prägung, durchschnitten von mehreren Hauptstraßen, unter denen der Friedrichstraße und der Leipziger Straße als Hauptgeschäftsstraßen sowie den "Linden" als repräsentativer Allee und Brennpunkt des kulturellen und wissenschaftlichen Lebens eine besondere Bedeutung zukam: ein Zentrum ohne zentralen Punkt, aber mit einer Vielzahl zentraler Straßen und Plätze. Herausgebildet hatte sich in Berlin also nicht ein hierarchisch strukturiertes Zentrum, sondern ein vernetztes zentrales Gefüge mit mehreren zentralen Orten - gegenüber vielen anderen Städten eine Besonderheit der städtebaulichen Entwicklung, der auch in Zukunft eine entscheidende Bedeutung zukommen muß. 3.3. Stagnation und Planerträume: Die Zeit der Weimarer Republik Nach dem Ersten Weltkrieg beschränkte die wirtschaftlich prekäre Lage Deutschlands auch im Zentrum Berlins die Investitionstätigkeit. Die Errichtung preiswerter Wohnhäuser im sozialen Wohnungsbau, eines der vordringlichsten Anliegen der sozialdemokratischen Stadtregierung, war in der Stadtmitte nicht nur angesichts der hohen Bodenpreise kein Thema. Das in jenen Jahren propagierte städtebauliche Leitbild der räumlichen Trennung der städtischen Funktionen zielte ja gerade auf eine weitere Tertiärisierung des Zentrums. In der Tat brachte der kurzzeitige wirtschaftliche Aufschwung nach der Inflation des Jahres 1923 neue Gewerbebetriebe in die Friedrichstadt. Daß dies zu Lasten von noch verbliebenen Wohnnutzungen ging, war durchaus im Sinne der Stadtentwicklungspolitik und wurde auch durch die neue Bauordnung unterstützt. Ungeachtet der Schwierigkeiten des wirtschaftlich ernüchternden Alltags entwarfen Protagonisten der Moderne indessen große Pläne, in denen sie ihre Vorstellungen und Träume hinsichtlich der angemessenen Form einer "Weltstadtcity" darstellten. Damit begründeten sie eine kulturelle Tradition des Umgangs mit der vorhandenen Stadt, die bis weit in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg fortwirken sollte. Im Mittelpunkt des planerischen Interesses stand angesichts der fortschreitenden Westwanderung des Berliner Zentrums allerdings die Altstadt und deren Umgestaltung für eine weitere Cityentwicklung. Eine wichtige Rolle im planerischen Denken der damaligen Zeit spielte der für die Zukunft prognostizierte "Weltstadtverkehr". Vor allem das neue Phänomen des Automobils beflügelte die Gedanken vieler Stadtplaner - das Konzept der "autogerechten Stadt" hat seine Wurzeln in jenen Jahren. Den Strategen der Moderne in der Weimarer Republik ging es nicht mehr nur um den städtebaulichen Bruch mit dem vorindustriellen, "provinziellen" Berlin, sondern auch um eine klare Distanz zur unmittelbaren Vergangenheit, zu den City-Schöpfungen der wilhelminischen Ära. Für das republikanische Berlin wurde zwar eine Fortführung der Tertiärisierung propagiert, die Vorstellungen hinsichtlich der Form des Umbaus der historischen Stadt zu einem Zentrum der Weltstadt veränderte sich indessen radikal. Erstrebt wurde jetzt eine Abkehr vom Dekor der Kaiserzeit, eine Auflösung der überkommenen Straßen- und Platzwände, eine Anhebung und Differenzierung der Gebäudehöhen - bis hin zum Hochhaus. Das sachlich gestaltete und städtebaulich bewußt plazierte Hochhaus verkörpert vielleicht am besten das Wunschbild der Weimarer Republik hinsichtlich einer neuen City von Berlin. Es begegnet uns auf Plänen immer wieder - nicht nur am Platz der Republik und am Potsdamer Platz, in der Altstadt und in den Gebieten der barocken Stadterweiterungen. "Hochhäuser bilden in der Hand des Städtebauers ein wichtiges Gestaltungsmittel. An richtiger Stelle errichtet, sind sie geeignet, charaktervolle Dominanten im Stadtkörper oder in der Stadtsilhouette zu bilden, Rhythmus in das Stadtbild zu bringen, ihrer Umgebung einen optischen Maßstab zu geben, als Orientierungspunkte für den 89 Verkehr zu dienen und schließlich auch der Stadt eine gewisse repräsentative Note zu verleihen." (Heinrich Hirtsiefer, Preußischer Minister für Volkswohlfahrt, 1929, S. 464f.) Spektakulärer Ausdruck dieser Vorstellungen war der berühmte Wettbewerb für ein Turmhaus am Bahnhof Friedrichstraße (auf der Fläche zwischen Bahnhof und Spree), der im Herbst 1921 von der im selben Jahr speziell für die Realisierung von Hochhausprojekten innerhalb und außerhalb Berlins gegründeten Turmhaus-Aktiengesellschaft ausgelobt wurde (Ergebnis dokumentiert in Zimmermann 1988). Das Echo war gewaltig - 144 Architekten reichten Entwürfe ein, in denen sich die unterschiedlichen Architekturpositionen jener Zeit widerspiegelten. Monumentale, expressionistische, backsteingotische und orientalische Entwürfe standen neben sehr modernen Projekten. Keine Beachtung fand bei der Jury jener von Ludwig Mies van der Rohe eingereichte Vorschlag eines gläsernen Turmhauses, das in der Folgezeit geradezu zum Inbegriff der Hochhausträume der zwanziger Jahre geworden ist. Den ersten Preis erhielt der in Formen eines moderaten Expressionismus gestaltete Entwurf der heute in Vergessenheit geratenen Architekten Alfons Baecker, J. Brahm und R. Kasteleiner. Die Entwürfe blieben jedoch Papier - für eine Realisierung fehlten in den Jahren der heraufziehenden Inflation die wirtschaftlichen Voraussetzungen. Ohne greifbares Ergebnis blieb auch ein zweiter Wettbewerb, zu dem die Berliner Verkehrs-A.G. (BVG), die das Grundstück inzwischen zwecks Errichtung eines eigenen Bürogebäudes von der Turmhaus AG erworben hatte, im wirtschaftlichen Krisenjahr 1929 fünf Architekturbüros einlud (Ergebnis dokumentiert in Zimmermann 1988, S. 167-185). Paul Mebes und Paul Emmerich sowie Erich Mendelsohn erhielten jeweils einen ersten Preis für ihre im Sinne der "Neuen Sachlichkeit" gestalteten Entwürfe. Unberücksichtigt blieb wiederum Ludwig Mies van der Rohe, der sich mit zwei neuen Varianten am Wettbewerb beteiligt hatte. Das Hochhausprojekt war allerdings schon in der zeitgenössischen Presse nicht unumstritten. "Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß die Ansicht, die Stadt hätte dieses Gelände kaufen sollen, um diesen Platz als Grünfläche oder als Parkfläche für Autos liegenzulassen, viele und gewichtige Gründe für sich hat", bemerkte der Magistratsoberbaurat Johannes Grobler. Der These, in Anbetracht der Erschließungsgunst durch den öffentlichen Nah- und Fernverkehr sei "eine möglichst gedrängte Bebauung anzustreben", begegnete er mit einer Argumentation, die auch in der heutigen Hochhausdiskussion noch Gültigkeit hat: "Jede dichte Bebauung zieht einen stärkeren Verkehr nach sich. Es ist daher falsch, eine Stelle, die schon an sich durch den Verkehr beschwert wird, zu einem weiteren Anschwellen des Verkehrs zu verurteilen. Wenn man so denken würde, würde man leicht in der Wechselwirkung zwischen Verkehr und Bebauung zu einer Schraube ohne Ende kommen. Der Verfasser hat in früheren Artikeln der Ansicht Raum gegeben, daß der Bau von Hochhäusern in der City, die ein Anwachsen des Verkehrs verursachen, ein schwerer städtebaulicher Fehler ist und daß die Vorteile, die das Hochhaus scheinbar bringt, reichlich übertroffen werden durch die schweren Nachteile, die das Gemeinwesen von ihm hat." (Grobler 1930, S. 9f.) Einige Jahre nach dem ersten Turmhauswettbewerb, in einer Zeit relativer ökonomischer Stabilisierung, veranstalteten die Zeitschriften "Städtebau" und "Wasmuths Monatshefte für Baukunst" einen Wettbewerb zur Umgestaltung der Straße Unter den Linden (Ergebnis dokumentiert in Hegemann 1927a). "Wie soll Berlins Hauptstraße 'Unter den Linden' sich im Laufe des 20. Jahrhunderts gestalten?" lautete die Preisfrage. Der Gewinner des ersten Preises, Cornelius van Eesteren, sah einen radikalen Kahlschlag der Altbebauung und eine gestaffelte Neubebauung vor, die von einem Hochhaus gekrönt werden sollte. Ludwig Hilberseimer, einer der prominentesten Vertreter der Avantgarde des "Neuen Bauens", würdigte diesen Vorschlag aus dem Jahre 1925 ausdrücklich: "C. van Eesteren schlug in einem preisgekrönten Projekt für die Straße Unter den Linden ihre Umbildung vor. Unter den Linden war die Hauptstraße der Friedrichstadt, eine der ältesten Vergrößerungen des mittelalterlichen Berlin. Die meisten Gebäude dieser Straße waren Wohnhäuser, die man für geschäftliche Zwecke umgebaut hatte, mit all den unvorteilhaften 90 Begleiterscheinungen eines solchen Umbaus. Es bestand auch ein Mißverhältnis zwischen dem Charakter der Gebäude und dem hohen Grundstückswert dieser wichtigen Verkehrsader. [...] [Das Projekt von van Eesteren] ist frei von allen vorgefaßten Ideen, elementar in seinen Absichten wie auch in seinem Ausdruck." (1967, S. 74) Das Konzept der in der Höhe gestaffelten Neubauten hat seine Ursprünge in einer von Werner Hegemann im Auslobungstext formulierten Idee (vgl. Städtebau 5-8/1925, S. 107; Hegemann 1927a, S. 19). "Wenn die wirtschaftlichen Erfordernisse der Privathäuser Unter den Linden hohe Bodenausnutzung und große Geschoßzahl nötig machen, müssen diese Aufstockungen in den hinteren Teil der Baublöcke verlegt werden", so Hegemann einige Jahre später (1930, S. 203). "Noch mehr als in New York, wo höhere Häuser nach der Straße zu abgetreppt werden, müssen die nahe an der Straße Unter den Linden gelegenen Teile der Privathäuser niedrig gehalten werden. Die beste künstlerische Wirkung würde erreicht, wenn sie wieder auf drei Geschosse herabgedrückt würden. Solange nicht die Gesimshöhen aller Häuser einheitlich und möglichst niedrig und ihre Fassaden harmonisch entwickelt werden, darf die Hauptstraße und via triumphalis Berlins keinen Anspruch auf künstlerische Würde machen." Zwei Ziele sollten mit dieser Strategie erreicht werden: zum einen die Intensivierung der Bodennutzung und zum anderen die Vereinheitlichung der straßenseitigen Bebauung, deren an Spannungen und Brüchen reiche Vielfalt Hegemann als "Anarchie" (ebd.) wahrnahm. Das Projekt zur Neugestaltung der Straße Unter den Linden blieb wie viele andere Projekte in der Weimarer Republik ein Schubladenprojekt. Gebaut wurden in den "goldenen zwanziger Jahren" nur wenige Hochhäuser, und diese ohne den beschworenen rationalen Plan, im Wildwuchs der Zufälligkeiten der privatisierten Stadtentwicklung - abgesehen vom "Europahaus" (1926-31) am Askanischen Platz keines davon in der Dorotheen-/Friedrichstadt. Ludwig Hilberseimer legte 1928, etwa gleichzeitig mit seiner Vision einer neuen Altstadt, seine berühmte Studie zur Umgestaltung der City westlich des Gendarmenmarktes vor. Die vorgesehenen achtzehn Hochhausscheiben ignorierten die vorhandenen Gebäude, Straßen, Parzellen, Formen und Dimensionen. Sie bringen die Gewaltsamkeit des Anspruchs der städtebaulichen Moderne, eine bessere, neue Stadt auf den Trümmern der alten Stadt zu schaffen, drastisch zum Ausdruck. Die neue Weltstadt Berlin, so die Botschaft, muß ihre eigene Vergangenheit schonungslos abräumen. In der 1927 publizierten Schrift "Großstadtarchitektur" hatte Ludwig Hilberseimer bereits in verbaler Form seinen Vorschlag einer verkehrssparenden Vertikalstadt dargelegt: "Statt noch weiterer Ausbreitung in der Ebene, weitere Konzentration, weitere Zusammenballung. Aufbauen der einzelnen Stadtelemente, funktionell voneinander geschieden, der Höhe nach. Gewissermaßen zwei Städte übereinander. Unten die Geschäftsstadt mit ihrem Autoverkehr. Darüber die Wohnstadt mit ihrem Fußgängerverkehr. Unter der Erde der Fern- und Stadtbahnverkehr. Als vertikale Stadt kann sie nur eine Hochhausstadt sein. Aber im Gegensatz zu der Chaotik amerikanischer Hochhausstädte, deren Struktur durch reine Willkür bestimmt ist, muß sie planvoll organisiert sein. Das Hochhaus, das wie das Miethaus auf Grund der üblichen Grundstückszersplitterung die Chaotik eines Stadtorganismus ins Unendliche übersteigerte, muß in einem völlig neuen Sinne verwandt werden. Seine Vorteile dürfen nicht durch seine willkürliche Anwendung wieder aufgehoben werden. Dies ist zu erreichen, indem es blockartig zusammengefaßt, einheitlich organisiert und gestaltet wird." (S. 17) Später distanzierte sich Hilberseimer von dem Konzept der Vertikalstadt (vgl. 1967, S. 65f.). 3.4. Zentrum der Gewaltherrschaft: Die Zeit des "Dritten Reiches" Während der nationalsozialistischen Herrschaft blieben die Dorotheenstadt (in ihrem größeren, südlich der Stadtbahn gelegenen Teil) und die Friedrichstadt von den Neugestaltungsplanungen des 91 "Generalbauinspektors" Albert Speer unberührt. Diese gipfelten in jener gigantischen Nord-SüdAchse, die - wäre sie tatsächlich gebaut worden - allerdings in unmittelbarer Nachbarschaft zur Dorotheen-/Friedrichstadt verlaufen wäre und diese in den Schatten gestellt, zu einem städtebaulichen Zwerg verkümmert hätte. Pläne bestanden hingegen für den Randbereich der Dorotheenstadt zwischen Stadtbahn und Spree, wo ein riesiges "Völkerkundemuseum" die bestehende Bebauung ersetzen sollte. Im wesentlichen erhielt sich auch im "Dritten Reich" das während der Kaiserzeit ausgeprägte Bebauungsgefüge. Neubaumaßnahmen beschränkten sich auf einzelne Stellen, hatten allerdings zum Teil weitreichende Folgen. Ein besonderes Interesse galt erneut der Straße Unter den Linden, der als besonders repräsentativer Teil der geplanten "Ost-West-Achse" eine herausragende Bedeutung zukam. Anläßlich des Baus der Tunnelstrecke für die S-Bahn begann 1935 der (auto)verkehrsgerechte Ausbau der Allee. "Es galt eine Lösung zu finden, die, ohne die Straße ihrer Eigenart als Feststraße zu entkleiden, einer zu erwartenden Zunahme des rollenden und ruhenden Verkehrs gerecht wird." (Bösselmann 1936, S. 1050) Die Fahrbahnen wurden breiter und erhielten Parkstreifen entlang der entsprechend verschmälerten Mittelpromenade - diese war allerdings immer noch breit genug, um "den ungehinderten Aufmarsch von Kolonnen in Zwölferreihen bei feierlichen Anlässen [zu] gestatten" (S. 1052). Im Zuge des Umbaus wurde der früher unsymmetrische Querschnitt der Straße zugunsten der Anlage von Fahrbahnen einheitlicher Breite aufgegeben. Komplett erneuert wurden der Baumbestand und die Straßenbeleuchtung. Zu den Olympischen Spielen des Jahres 1936 konnten die Propagandisten des "Dritten Reiches" die "Linden" bereits im neuen Gewand präsentieren. "Die Sportsleute aus mehr als 50 Staaten der Erde" sollten hier den Eindruck gewinnen, "daß das neue Deutschland neben seinem kraftvollen neuen Schaffen bestrebt ist, das gute Alte zu erhalten" (S. 1054). In diesem Sinne wurde für Neubauten ein gestalterisches Regelwerk konzipiert, das als "Satzung zum Schutze der Straße 'Unter den Linden' und ihrer Umgebung gegen Verunstaltung" am 24. Mai 1936 Rechtskraft erlangte (dokumentiert im Amtsblatt der Stadt Berlin 21/1936, S. 422f.). Die Satzung stand in der Tradition der bereits in den zwanziger Jahren vielfach - beispielsweise von Werner Hegemann - geäußerten Kritik am Verlust der einstmals "geschlossenen Gesamtwirkung" infolge der baulichen Überformung: "Die im Zuge dieser Entwicklung entstandene Verschiedenartigkeit in der Geschoßzahl, in den Geschoß- und Gebäudehöhen zu beseitigen und eine einheitliche Gesamtwirkung der Straßen- und Platzwände zu erzielen, ist der Zweck dieser Satzung." (Einleitungstext) Danach hatten die Architekten von Neubauten "auf die vorhandenen Beispiele guter älterer Baukunst Rücksicht zu nehmen" (§ 2). Die Hauptgesimshöhe wurde auf 18 Meter beschränkt (15,70 Meter an der Westseite des Pariser Platzes); darüber konnte ein zusätzliches Geschoß mit einem Abschlußgesims in Höhe von 22 Metern zugelassen oder gefordert werden. Die Dachneigung sollte 20 Grad nicht überschreiten. (§ 3) Weniger rücksichtsvoll gegenüber der überkommenen Stadt verhielten sich hingegen die Staatsbauten, die an anderen Stellen des Berliner Zentrums geplant und zum Teil auch realisiert wurden. Einen gewaltsamen Eingriff in das städtebauliche Gefüge stellte das in der Leipziger Straße/Ecke Wilhelmstraße für das Reichsluftfahrtministerium errichtete Gebäude dar. In seiner starren Monumentalität verkörperte es den Machtanspruch des Regimes. Dieser monofunktionale Büroblock entzog - wie schon sein Vorgängerbau, das Kriegsministerium - einen Teil der Leipziger Straße dem Geschäftsleben: ein abschreckendes Beispiel für die mangelnde Integrationsfähigkeit eines Regierungsgebäudes in ein historisch gewachsenes Nutzungs- und Bebauungsgefüge, das im Hinblick auf die aktuelle Diskussion um Monofunktionalität oder Funktionsmischung der neuen Hauptstadtbauten erneut Aufmerksamkeit beanspruchen muß. Mit dem Neubau des Reichsluftfahrtministeriums "hat der Nationalsozialismus ein Schulbeispiel dafür gegeben, wie man es am besten beginnt, in einer in sich geschlossenen Kaufstraße von überdimensionaler Bedeutung eine lange Straßenfront kaufkraftmäßig totzulegen", so der Kommentar des Stadtplaners Hans 92 Borstorff 1948. Dagegen besaß das einstige Kriegsministerium wenigstens noch Ladeneinbauten, "so daß die Lücke bis zum Leipziger Platz weniger fühlbar war. [...] Lediglich der Ausbruch des zweiten Weltkrieges hat den Nationalsozialismus daran gehindert, aus absoluter Unkenntnis der wirtschaftlichen Auswirkungen seiner reinen Fassaden-Architektur, die Zerstörungsarbeit in der Leipziger Straße fortzusetzen. Wie bekannt, bestand der Plan, auch den zwischen Wilhelmstraße und Mauerstraße gelegenen Teil der Leipziger Straße (im Anschluß an das RLM) - mit einem gewaltigen Neubau für die Zwecke der Reichspost zu besetzen." (S. 14) Vor diesem Hintergrund wird auch Borstorffs Forderung verständlich, "sämtliche staatlichen und behördlichen Verwaltungsgebäude in den Kaufstraßen mit Läden zu versehen" (S. 42). Nicht weniger monumental waren die Neubauten der Neuen Reichskanzlei in der Voßstraße (193739) und des Reichsministeriums für "Volksaufklärung und Propaganda" in der Mauerstraße (193738), dessen Komplex auch das ehemalige Palais Prinz Karl in der Wilhelmstraße einschloß. Struktur und Umfeld des Wilhelmplatzes wurden durch diese drei Herrschaftsgebäude nachhaltig verändert. Zurückhaltender stellten sich demgegenüber zwei Bürohäuser dar, die von privaten Bauherren an stadträumlich prominenten Stellen der Friedrichstraße errichtet wurden. Mit dem "Haus der Schweiz" erhielt die nordwestliche Ecke der Kreuzung mit der Straße Unter den Linden 1936 ein neues Gesicht. Weiter südlich entstand an der Kreuzung mit der Leipziger Straße das "Haus Friedrichstadt" (1935-37). An der Ecke Französische Straße errichtete die Reichs-KreditGesellschaft 1937 einen großen Erweiterungsbau. In der Friedrichstadt konzentrierten sich schließlich wichtige Organe der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Zumal nach der faktischen Ausschaltung des Reichtags durch das "Ermächtigungsgesetz" stellte die Wilhelmstraße mit ihrem Umfeld den zentralen Ort der politischen Macht in Berlin dar. Neben der Reichskanzlei, dem Amtssitz des "Führers" Adolf Hitler, war es insbesondere die Prinz-Albrecht-Straße, die als Domizil der Gestapo sowie von Dienststellen der SS zu einer weithin gefürchteten Adresse wurde. Mit dem Untergang des "Dritten Reiches" im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges wurde auch die Dorotheen-/Friedrichstadt zu einem Trümmerfeld. 3.5. Trümmer und Pläne: Die ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg "Und das sind also die Linden, eine der großen Prachtstraßen der Stadt", notierte Alfred Döblin zwei Jahre nach Kriegsende. "Wie weit sie sind, wie leer, eigentlich ein Riesenplatz, der langgestreckt sich hinzieht. Keine Bäume. Man sieht über viele Häuser hinweg, durch Häuser hindurch. Hinten, am Pariser Platz, erkenne ich noch das Brandenburger Tor. Das steht quasi im leeren Raum. Es hat rechts und links nichts neben sich." (1986b, S. 284) Nicht minder trostlos und verwüstet stellten sich die anderen Straßen und Plätze der Dorotheen-/Friedrichstadt dar. Viele Häuser waren ausgebrannt oder lagen in Trümmern - aber das Zerstörungswerk des Krieges war nicht vollkommen. Vor allem der Stadtgrundriß und die stadttechnische Infrastruktur waren auch 1945 noch weitgehend vorhanden, und viele Gebäude waren zwar mehr oder weniger stark beschädigt, aber doch wiederherstellbar. Unterschiedlich waren die Vorstellungen der Städtebauer und Architekten von der Zukunft der Dorotheen-/Friedrichstadt: In der "Stadtlandschaft" des "Kollektivplans" (1946) erinnerte nur noch die im Bereich der Dorotheenstadt dargestellte "Museumsstadt mit der Feststraße 'Unter den Linden'" an die frühere Bedeutung des historischen Zentrums von Berlin (vgl. Scharoun 1946). Dagegen wurde die Leipziger Straße zum Gegenstand einer radikalen städtebaulichen Umgestaltung (vgl. Paul Baumgarten 1988, S. 137). Unter der Regie des sozialdemokratischen Stadtrats Karl Bonatz präsentierte Stadtbaudirektor Richard Ermisch - nach zahlreichen Einzelvorschlägen - 1947 eine umfassende Aufbauplanung für 93 das Zentrum, die den Schwerpunkt der City in den Bereich der Friedrichstadt legte. Ermisch betonte vor allem das Kreuz Friedrichstraße/Leipziger Straße. Die Kreuzung selbst bildete er als glasüberdachte "Kaufstraßen" aus, das Gebiet um das nicht mehr von der Linden- und Wilhelmstraße erschlossene Rondell des Mehringplatzes sollte eine "Exportmesse und Dauermusterschau" beherbergen, westlich des Leipziger Platzes war das Parlament geplant, am Spittelmarkt, dem östlichen Abschluß der neuen Achse, ein "Kaufzentrum ohne Wagenverkehr". Die Altstadt blieb im Schatten dieser Vision, die auch die Straße Unter den Linden außen vor ließ. (Vgl. Ermisch 1947; Ermisch/Weber 1971, S. 64) Der in der Weimarer Republik erträumte, in den dreißiger Jahren bereits massiv praktizierte Zugriff auf die private Parzelle war in dieser Aufbauplanung eine selbstverständliche Voraussetzung. Wie andere Aufbauplaner nahm auch Ermisch auf die überkommene Parzellenstruktur keine Rücksicht mehr. Der von Karl Bonatz und Walter Moest ebenfalls 1947 vorgelegte "neue Plan von Berlin" korrespondierte mit der Zentrumsplanung von Ermisch. Auch nach diesem Plan sollte der Mehringplatz seine charakteristische Form als Ausgangspunkt der drei strahlenförmig die Friedrichstadt erschließenden Straßen verlieren - eine Planungsabsicht, die in den sechziger Jahren Wirklichkeit wurde. Die drei Hauptstraßenzüge der Dorotheen-/Friedrichstadt (Unter den Linden, Friedrichstraße und Leipziger Straße) sollten durch Parallelstraßen vom Durchgangsverkehr entlastet werden. (Vgl. Bonatz 1947) 3.6. Rekonstruktion, Neugestaltung und Vernachlässigung: Die Zeit der DDR Einen Entwurf zum "Aufbauplan für das Zentrum des neuen Berlin" - ausgearbeitet im DDRMinisterium für Aufbau - präsentierte die "Berliner Zeitung" ihren Lesern am 27. August 1950. Maßgeblich für diese Planung waren die sechzehn "Grundsätze des Städtebaues" (dokumentiert im Ministerialblatt der DDR 25/1950), die durch die Regierung der DDR kurz zuvor zum republikweit verbindlichen Rahmen für die Stadtplanung und die architektonische Gestaltung der Städte erklärt worden waren. Ihre praktische Anwendung sollte jetzt Berlin "zum Vorbild des Städtebaus in der Deutschen Demokratischen Republik und darüber hinaus für Gesamtdeutschland werden" lassen. Aus "dem Trümmerhaufen, der von dem früheren Berlin mit seinen sozialen Mißständen und städtebau-künstlerischen Mängeln vor allem im Zentrum übrig geblieben ist, ein schöneres neues Berlin zu planen und zu bauen", war das Ziel. Als Rückgrat des Zentrums war der Straßenzug Stalinallee - Alexanderplatz - Königstraße - Lustgarten - Unter den Linden "von besonderer architektonischer Bedeutung. Er ist nicht für den Durchgangsverkehr gedacht, sondern wird durch Umleitungsstraßen [...] weitgehend entlastet." Die historischen Gebäude im Umkreis des Forum Fridericianum sollten in ihrer äußeren Gestalt wiederhergestellt werden. Zwischen Charlottenstraße und Wilhelmstraße waren Botschaften und öffentliche Gebäude vorgesehen, "in deren Erdgeschossen repräsentative Ausstellungsräume für die volkseigene Industrie untergebracht werden" sollten. "Die Wilhelmstraße wird als Repräsentationsstraße vorwiegend Botschafts- und Regierungsgebäude erhalten. [...] Die Friedrichstraße als bedeutende Nord-Süd-Verbindung wird als Ladenstraße bestehen bleiben und abschnittsweise verbreitert. Auf der jetzt freigelegten Fläche vor dem Bahnhof Friedrichstraße sind als Abschluß eines großen Bahnhof-Vorplatzes ein Hotelkomplex und andere öffentliche Bauten vorgesehen. Die Französische Straße, die sehr wichtig wird, weil sie den Straßenzug der Königstraße fortsetzt, wird über die Mohrenstraße hinaus bis zum Tiergarten verlängert, um den Verkehr der Straße Unter den Linden zu entlasten." Damit kam das angesichts der wenigen Ost-West-Straßenverbindungen schon seit der Kaiserzeit immer wieder diskutierte Thema eines Straßendurchbruches im Bereich der Ministergärten erneut auf die Tagesordnung. Der Schwerpunkt des realen Baugeschehens lag zunächst im Osten des Zentrums, ja sogar außerhalb des historischen Zentrums, als mit dem Aufbau der Stalinallee (heute Karl-Marx-Allee) im Bezirk Friedrichshain die "erste sozialistische Straße Berlins" entstand. Das in der Vorkriegszeit 94 erstrangige Zentrum Berlins, die Dorotheen-/Friedrichstadt, fand sich nach der Spaltung der Stadt hingegen plötzlich in eine Randlage des 1949 zur Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik proklamierten Ostteils Berlins gerückt und blieb die fünfziger Jahre hindurch - mit Ausnahme der Straße Unter den Linden - im Windschatten der städtebaulichen Entwicklung. Erst zu Beginn der sechziger Jahre begann eine allmähliche Rückorientierung auf die ehemalige City. Zu den bedeutendsten Aufbauleistungen im historischen Zentrum der Stadt zählt zweifellos die Neugestaltung der Straße Unter den Linden. Wiederhergestellt wurde der östliche Abschnitt der Straße mit den barocken und klassizistischen Bauten, die bis 1945 das Bild der "Prachtstraße" maßgeblich geprägt hatten. Das Forum Fridericianum erlebte seine Auferstehung aus Ruinen mit der Wiederherstellung der Deutschen Staatsoper (1952-55), der St. Hedwigs-Kathedrale (1952-63), der Alten Bibliothek (1965-69, seitdem Nutzung durch Institute und Bibliotheken der HumboldtUniversität) und des Hauptgebäudes der Humboldt-Universität (nach 1950). Das Reiterstandbild Friedrichs II., des Initiators und Namenspatrons des Forums, kehrte indessen erst 1980 nach dreißigjährigem "Exil" in Potsdam-Sanssouci auf die Mittelpromenade der "Linden" zurück. Wiederhergestellt wurde auch das nähere Umfeld dieses Ensembles mit mehreren Bauten der Kaiserzeit im Westen sowie mit den charakteristischen Platzräumen des Barock und des Klassizismus im Osten samt dem Zeughaus (ab 1949, seit 1952 Museum für Deutsche Geschichte), der Neuen Wache (1951-57, seit 1960 Mahnmal für die Opfer des Faschismus und Militarismus), der Singakademie (bis 1952, seitdem Maxim-Gorki-Theater), dem benachbarten ehemaligen Finanzministerium (1945-47, seitdem Zentrales Haus der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft) sowie auf der gegenüberliegenden Straßenseite dem Prinzessinnenpalais (1963-64, seitdem Operncafé) und dem Kronprinzenpalais (Neubau in historischen Formen 1968-69, seitdem Gästehaus). Ihren wichtigsten stadträumlichen Bezugspunkt hatten die "Linden" aber mit der 1950 erfolgten Sprengung der Ruine des Berliner Schlosses verloren. Erst mit dem 1976 am Marx-Engels-Platz auf dem ehemaligen Schloßareal fertiggestellten Palast der Republik erhielt die Allee wieder einen stadträumlich allerdings weniger befriedigenden - Abschluß und Blickpunkt im Osten, dessen Höhe sich aber immerhin am Maßstab des Schlosses und der Bebauung der Straße Unter den Linden orientierte. Ein schwieriges Problem stellte die Gestaltung des Überganges vom Forum Fridericianum zum Marx-Engels-Platz - also nach Alt-Cölln - dar, "da mit dem rund 47 m hohen Gebäude für das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten ein wesentlich größerer Maßstab zur Wirkung gebracht werden mußte, der nur im Zusammenhang mit der räumlichen Ausdehnung des zentralen Platzes begriffen werden kann und der bereits auf die weiträumige Gestaltung des zentralen Ensembles mit dem Fernsehturm, jenseits der Spree, Bezug nimmt", so der Stadtplaner Peter Schweizer (1967, S. 8). Mit dem Außenministerium (1964-67) erhielten die "Linden" einen Nachbarn, der mit deren Höhenprofil brach, ja brechen sollte, und mit seiner im Stadtraum dominierenden Form "den westlichen Raumabschluß des zentralen Ensembles" (ebd.) rund um den Fernsehturm bildete. Eine Vermittlung zwischen diesen gegensätzlichen Maßstäben konnte nicht gelingen. Die zunächst verfolgte Planung für einen "als eindrucksvolles Pendant zum Museum für Deutsche Geschichte vorgesehenen Pavillon" (ebd.) zwischen Ministerium und Prinzessinnenpalais wurde bald zugunsten der Rekonstruktion des kriegszerstörten Kronprinzenpalais aufgegeben. Wiederhergestellt wurde in den Jahren 1956-58 auch das schwer beschädigte Brandenburger Tor, das den "Linden" ihren stadträumlichen Abschluß im Westen verleiht. Seit dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 markierte das Tor erneut eine Stadtgrenze, ohne allerdings einen Zugang in diese (Teil-)Stadt zu vermitteln. Erst 28 Jahre später, mit dem Fall der Mauer, gewann das Tor seine eigentliche Bestimmung als Eingang zurück. 95 Zwischen Brandenburger Tor und Friedrichstraße erhielten die "Linden" weitgehend ein neues Antlitz. Noch ganz den "nationalen Bautraditionen" verpflichtet präsentierte sich der neoklassizistische Neubau der Sowjetischen Botschaft (1950-53), der so eindrucksvoll den sowjetischen Einfluß auf die Architektur in der jungen DDR widerspiegelte. Der umfassende Neuaufbau der Allee setzte allerdings erst in den sechziger Jahren ein und war bereits Ausdruck der nach Stalins Tod in der DDR wiederentdeckten Moderne, die hier aber nicht mehr - wie noch in den zwanziger Jahren geplant - einen radikalen Bruch mit der Eigenart des historischen Stadtgefüges inszenierte, sondern die Auseinandersetzung mit den prägenden Merkmalen der alten Stadt suchte. Den Straßenzug Unter den Linden "entsprechend seiner Eigenart und unter voller Wahrung seiner ursprünglichen räumlich plastischen Konzeption zu rekonstruieren", lautete das Planungsziel (Schweizer 1967, S. 8). Die Neufassung des "Lindenstatuts" im Juli 1949 setzte den Rahmen für die Neubebauung, deren Maßstäblichkeit sich an den Bauwerken des Forum Fridericianum mit ihrer Traufhöhe von 18 Metern zu orientieren hatte. Diese gegenüber den Bauten der Kaiserzeit geringe Höhe wurde richtig als ein wesentlicher Grund für "die oft gerühmte Großzügigkeit und das ganz besondere Fluidum dieses Straßenzuges" (ebd.) erkannt. Die Wiederaufnahme des traditionellen "Korridor-Charakters" der Straße mit ihren geschlossenen Baufluchten, neben denen der Pariser Platz und die Platzfolgen im Bereich des Forum Fridericianum wirkungsvoll hervortreten, war eine weitere wichtige Entscheidung. Damit wurde denjenigen eine klare Absage erteilt, die eine stärkere "Raumplastik" angestrebt hatten. Der historische Bebauungsmaßstab fand allerdings nur in der Höhe, nicht jedoch in der Breite der Neubauten Berücksichtigung. Das ursprünglich das Stadtbild stark mitprägende kleinteilige Parzellen- und damit korrespondierende Bebauungsgefüge wurde zugunsten der Errichtung großer Neubaukomplexe aufgegeben, die Ausdruck der gewandelten Eigentumsverhältnisse waren: An die Stelle einer Vielzahl unterschiedlicher privater und öffentlicher Bauherren trat nun der Staat als alleiniger Bauherr auf wenigen Großparzellen. Nichtsdestoweniger zeigen die Fassaden der Neubauten, die im allgemeinen eine helle und freundliche Farbgebung zeigen, durchaus unterschiedliche Handschriften. Die Neubebauung der Straße Unter den Linden fand ein lebhaftes Echo in der Öffentlichkeit. Die in der DDR erschienene Zeitschrift "Deutsche Architektur" (herausgegeben vom Bund Deutscher Architekten und von der Deutschen Bauakademie) wurde zum Forum dieser Diskussion, zu der Joachim Näther, "Chefarchitekt von Groß-Berlin", im Juni-Heft 1966 aufrief - Beispiel einer Kultur des öffentlichen Meinungsstreits, wie sie in den letzten Jahren des Bestehens der DDR nicht mehr denkbar war (vgl. Deutsche Architektur 6/1966, S. 369-371; 8/1966, S. 498-500; 9/1966, S. 354f.; 10/1966, S. 624-626; 12/1966, S. 752-761; 1/1967, S. 8f.). Zu Recht wurde die mangelnde Nutzungsvielfalt in den Neubaubereichen kritisiert. "Man hört oft, die Straße sei langweilig und lade nicht zu einem Bummel ein", konstatierte Hans Hopp, Präsident des Bundes Deutscher Architekten. "Es ist eben nicht interessant, an der immer leeren Vorhalle eines Ministeriums und einer langen Front des Autoladens vorbeizugehen, in dem doch auch nur dieselben Autos wie auf der Straße zu sehen sind, oder an den Erdgeschossen der Botschaften, in denen für die Vorübergehenden auch nichts Sehenswertes geschieht. Das kleine, nette Café im Haus des Ministeriums für Außenhandel und Innerdeutschen Handel zeigt durch seine starke Frequenz, was in dieser Straße erwartet wird. Das ist aber nicht allein Schuld der Architekten, sondern hier haben die Auftraggeber ungenügende Vorstellungen darüber entwickelt, was die Bevölkerung in dieser Straße erleben will, nämlich Einrichtungen, die ein geselliges Leben fördern, die zum Spazierengehen anregen, also in jedem der Häuser ein Café, eine Milchbar, eine Probierstube, alles in kleinen Dimensionen, auch mit Tischen und Stühlen auf dem breiten Bürgersteig, mit bunten Sonnenschirmen auf der Nordseite. Dann wären die 'Linden' wieder ein Treffpunkt geworden, wie sie es in alten Zeiten waren." (Deutsche Architektur 6/1966, S. 369f.) 96 Unterschiedlich waren die Reaktionen auf die architektonische Gestaltung der "neuen Linden". Teils wurde die Vielfalt der Formensprachen der beteiligten Architekten kritisiert. Widerspruch fand auch die moderne Ästhetik: "Ich suche hier die Herzlichkeit, Heiterkeit und Liebenswürdigkeit, die für diese Straße heute am Platze wäre", so Gerhard Krenz in seinem Diskussionsbeitrag (1966). "Aber jetzt ist dieser neue aufgebaute Straßenteil ein indifferenter Straßenkorridor mit glatter, höhepunktloser Straßenwand geworden. Der Eindruck spannungsloser Länge wird durch die horizontale Gliederung der Fassaden, die zu einer optischen Verlängerung führt, verstärkt. Die Vorhangfassaden aus Glas und Metall lassen die Straßenwände kalt und abweisend erscheinen." Viele der damals geäußerten Kritiken haben zweifellos ihre Berechtigung und können auch für die aktuellen Planungen wertvolle Hinweise vermitteln. Dennoch verdient der heute weithin in Vergessenheit geratene Wiederaufbau der Straße Unter den Linden Respekt. Zum einen stellt die Wiederherstellung der historischen Bebauung im Osten vor dem Hintergrund der Kriegsschäden eine denkmalpflegerische Leistung ersten Ranges dar. Zum anderen hat die Berücksichtigung prägender Merkmale der historischen Stadtgestalt bei der Neubebauung im Westen (durchaus im Sinne einer städtebaulichen Denkmalpflege) einen stadträumlichen Zusammenhang entstehen lassen, der auch in seinen neugestalteten Bereichen das Raumgefüge und das Höhenprofil der alten "Linden" tradiert. Im Hinblick auf die Nutzungsstruktur war die Wiederbelebung des Charakters der Straße als Zentrum von Wissenschaft und Kultur, das auch durch die Einordnung entsprechender Läden (zum Beispiel Buch-, Porzellan- und Kunsthandel) in die Neubebauung unterstützt wurde, eine richtige Entscheidung. Auch die beiden anderen Hauptstraßen der Dorotheen-/Friedrichstadt gerieten während der sechziger und siebziger Jahre in das Blickfeld der Stadtplaner. Eine gänzlich andere Strategie als in der Straße Unter den Linden kam bei der in den Jahren 1972-77 realisierten Neugestaltung der Leipziger Straße zwischen Spittelmarkt und Charlottenstraße zum Tragen. War dort der Respekt vor dem historischen Stadtraum Ausgangspunkt der Planung gewesen, wurde hier der Bruch mit der Vergangenheit zugunsten des neuen Modells "einer repräsentativen Magistrale" (Schweizer 1969, S. 526) zum Programm. "Die Ideale der revolutionären Kämpfer haben ihre Verwirklichung im sozialistischen deutschen Staat gefunden", lautete das Thema der "gesellschaftspolitischen Zielstellung", das dem Kollektiv der Städtebauer, Architekten und bildenden Künstler vorgegeben wurde. Aber nicht nur als neue Zentrumsmagistrale, sondern entsprechend den "Prinzipien des sozialistischen Städtebaus" auch als "ein funktionsfähiges Wohngebiet mit Einrichtungen des Handels, der Gastronomie, der Kultur und des Sports" war die neue Leipziger Straße zu gestalten. "Im Gegensatz zur City kapitalistischer Prägung soll hier durch eine enge Verflechtung der Wohnfunktion mit den gesellschaftlichen Funktionen des Stadtzentrums die Aktivität des gesellschaftlichen Lebens erhöht werden. Gleichzeitig sollen sich für die Bewohner kurze WegZeit-Beziehungen zwischen Wohn- und Arbeitsstätte ergeben." Mit diesen Worten umriß Peter Schweizer (1969, S. 526), Stellvertreter des Ost-Berliner Chefarchitekten und Mitglied des für die Leipziger Straße verantwortlichen Entwurfskollektivs, das Planungsziel. Fast 2.000 Wohnungen (darunter viele für Familien) entstanden hier zusammen mit den entsprechenden Infrastruktureinrichtungen. Während diese Nutzungsmischung gewiß eine begrüßenswerte Korrektur der rein geschäftlichen Vorkriegsstruktur der Leipziger Straße darstellte, bedeutete der totale Bruch mit der traditionellen baulich-räumlichen Form einen Eingriff in das Gefüge der Friedrichstadt, der die neue Leipziger Straße als einen Fremdkörper erscheinen läßt, der die nördliche Friedrichstadt von der damals jenseits der Berliner Mauer gelegenen südlichen Friedrichstadt abriegelt. Ein Ensemble aus Wohnhochhäusern "aus einem Guß" mit Läden, Gaststätten und dergleichen in den Erdgeschossen 97 und in speziellen Flachbauten prägt heute das Bild der Straße, deren neuer Maßstab durch die Verbreiterung der Fahrbahn zusätzlich übersteigert wurde. Dabei handelte es sich keineswegs um eine isolierte Planung. Die neue Leipziger Straße war vielmehr Bestandteil der "Leitkonzeption" für das Ost-Berliner Stadtzentrum: "Die städtebauliche Konzeption für die Komposition des Massenaufbaus des gesamten Stadtzentrums geht davon aus, daß die großen Wohngebiete, die das vorwiegend von zentralen gesellschaftlichen Funktionen in Anspruch genommene Kerngebiet des Stadtzentrums umschließen, ausschließlich vielgeschossig und mit einem hohen Anteil von Wohnhochhäusern bebaut werden. So wird eine hohe Ökonomie im Städtebau erzielt und der gesellschaftspolitisch bedeutende Kern des Stadtzentrums kompositorisch besonders hervorgehoben. Das Wohnensemble der Leipziger Straße wird deshalb, als Teil dieser geplanten städtebaulichen Struktur, einen vorwiegend vertikal orientierten Massenaufbau erhalten." (Schweizer 1969, S. 526f.) Als viel langwieriger stellte sich der Prozeß des Wiederaufbaus der Friedrichstraße heraus. Zwar wurde 1961 - anknüpfend an das Ergebnis des 1958/59 durchgeführten "Ideenwettbewerbes zur sozialistischen Umgestaltung des Zentrums der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin" - die Neugestaltung der Friedrichstraße zu einem auf vierzig Meter verbreiterten "Fußgängerboulevard" (Flierl 1991, S. 19) beschlossen. Der Nord-Süd-Verkehr sollte durch die Glinkastraße umgeleitet werden. In diesem Sinne erfolgte 1968 die Verlängerung der Glinkastraße über die Behrenstraße hinaus bis zu den "Linden". Die während der sechziger Jahre im Kreuzungsbereich Friedrichstraße/Unter den Linden errichteten Neubauten wurden von der historischen Bauflucht abgerückt. Ansonsten war jedoch keine nennenswerte Bautätigkeit entlang der Friedrichstraße zu verzeichnen. Die Revitalisierung der Geschäftsstraße blieb dessen ungeachtet Planungsziel: "[...] hier war und wird sich wieder die große Einkaufsbummelstraße befinden, das Zentrum der Unterhaltungseinrichtungen, die Straße mit der hohen Erlebnisfrequenz." (Schweizer 1967, S. 9) Variantenuntersuchungen führten Mitte der siebziger Jahre zu neuen Überlegungen. Die Entscheidung fiel schließlich zugunsten einer Friedrichstraße mit traditionell schmalem Straßenprofil - und damit gegen die Alternativen eines breiten Fußgängerbereiches bzw. einer Autound Einkaufsstraße mit ebenfalls verbreitertem Straßenprofil. Zu erklären ist dieses Ergebnis "nicht nur aus neuerwachtem historischen Interesse an der Struktur und Gestalt alter Städte, sondern auch aus negativen Erfahrungen mit zu breiten Fußgängerzonen in anderen Städten der DDR" (Flierl 1991, S. 19). Auf das reale Baugeschehen hatten diese Überlegungen zunächst noch keinen Einfluß. Die Neubauten des Hotels "Metropol" (1975-77) und des Internationalen Handelszentrums (1976-78) südlich des Bahnhofs Friedrichstraße stellten sich in einen bewußten Gegensatz zur Charakteristik der überkommenen Stadtstruktur. Sie stören nicht nur den fragmentarisch noch vorhandenen Bebauungszusammenhang der Vorkriegszeit. Das weithin sichtbare Hochhaus des Handelszentrums beeinträchtigt darüber hinaus auch die Silhouette der "Linden". Unter der Regie der Baudirektion Berlin setzte schließlich 1981 die umfassende Neugestaltung der Friedrichstraße zu einem bedeutenden innerstädtischen Boulevard ein. Drei Jahre später begann die Hauptetappe der Rekonstruktion. Die Friedrichstraße "ist aus dem historischen Kern der Hauptstadt nicht wegzudenken und entsteht in neuem Glanz", verkündete Erich Honecker, der Vorsitzende des Staatsrats und Generalsekretär des Zentralkomitees der SED, am 12. Februar 1984 auf der XV. Bezirksdelegiertenkonferenz der Partei in Berlin. "Wichtige Ensembles im Bereich des Alexanderplatzes, des Marx-Engels-Forums, des Spittelmarktes und neue Wohnbauten zwischen Rathaus und Spree sind schon in Arbeit. So wird der Wiederaufbau der Friedrichstraße die Ausgestaltung des historisch gewachsenen Stadtzentrums von Berlin krönen. In dieser Straße schlug der Puls des städtischen Lebens immer besonders kräftig. Während des zweiten Weltkrieges 98 war sie untergegangen wie die ganze reaktionäre Gesellschaftsordnung, die damals auch den Namen Berlins geschändet hatte. Jetzt wird sie zu einer Straße großstädtischen Lebens umgestaltet. Viele Wohnungen werden gebaut, außerdem Läden und Hotels, Restaurants und Cafés, ein modernes Kino und Handelseinrichtungen für den täglichen Bedarf. Die Friedrichstraße soll zur attraktivsten Geschäftsstraße unserer Hauptstadt werden, und es wird eine Freude sein, dort zu bummeln." (Zit. nach Honecker 1986, S. 99) An "die wertvollen historischen Bautraditionen der Berliner Friedrichstadt schöpferisch anzuknüpfen" (Rietdorf 1989, S. 67), lautete jetzt die den Städtebauern und Architekten gestellte Aufgabe, die in der 1985 vom Ost-Berliner Magistrat beschlossenen "gesellschaftspolitischen Zielstellung" konkretisiert wurde. Die geschichtliche, fragmentarisch im Stadtbild noch präsente Eigenart dieses Stadtraumes galt es, sowohl durch Neubauten als auch durch die Sicherung, Instandsetzung und Modernisierung der als erhaltenswürdig eingestuften Altbausubstanz wiederzugewinnen. Nicht nur das alte Straßenprofil, sondern auch der Höhenmaßstab der Vorkriegsbebauung wurde nun zur Grundlage der Neugestaltung "mit den Mitteln des industriellen Bauens" (ebd.). Aber auch die Nutzungsvielfalt der alten Friedrichstraße war Vorbild für die Neuplanung - mit einem wesentlichen Unterschied: Die mit der kommerziellen Entwicklung in der Kaiserzeit verdrängten Wohnmöglichkeiten sollten neu geschaffen werden, und zwar in Form staatlicher Mietwohnungen zu Preisen, die für jedermann erschwinglich sein sollten. Wohnhäuser mit Läden, Gaststätten und anderen zentrumstypischen Nutzungen im Erdgeschoß sowie Grünflächen und - in einem Fall - Kindertagesstätte im Hof stehen nun neben ganz für zentrumsbildende Einrichtungen konzipierten Bauten, wie zum Beispiel dem Friedrichstadtpalast (1981-84), dem Haus der Sowjetischen Wissenschaft und Kultur (1981-84) und dem "Grand Hotel" (1985-87). Auch wenn der Wiederaufbau der Friedrichstraße bis 1989 nicht mehr abgeschlossen werden konnte, hat sich hier doch ein spannungsreiches Kaleidoskop unterschiedlicher architektonischer Positionen zwischen Historismus und Moderne entfaltet, das hinsichtlich seiner Qualität und Individualität in Ost-Berlin seinesgleichen sucht und die Friedrichstraße als eines der bedeutendsten Produkte des Städtebaus und der Architektur in der ausgehenden DDR-Zeit erscheinen läßt. Damit wurde hier - in einer bemerkenswerten Gleichzeitigkeit mit den West-Berliner Planungen für die Internationale Bauausstellung (IBA) 1984/87 in der südlichen Friedrichstadt und im benachbarten südlichen Tiergartenviertel - eine DDR-Variante des Prinzips der "kritischen Rekonstruktion" der Stadt entwickelt, wenn auch diese vom Direktor der IBA-Neubauabteilung, Josef Paul Kleihues, eingeführte Bezeichnung in Ost-Berlin (jedenfalls offiziell) keine Verwendung fand. Gerade die Wiederbelebung der Wohnfunktion (mitsamt der Wohnfolgeeinrichtungen und wohnungsnahen Grünflächen) betont den kritischen Charakter der Rekonstruktion der Friedrichstraße. Mit ihren bezahlbaren Wohnungen sowie den vielfältigen Einkaufs- und Dienstleistungsangeboten sollte die Friedrichstraße die Gegenwart des "real existierenden Sozialismus" verkörpern - aber nicht mehr wie noch beim Neubau der Leipziger Straße in einer die Vergangenheit negierenden Form, sondern in einer Gestalt, welche die Tradition der Friedrichstraße auf eine zeitgemäße Weise intepretiert und so den Eindruck "historischer Tiefe" vermitteln soll. Jenseits der Hauptstraßen blieb der Dämmerzustand der ehemaligen City allerdings weitgehend erhalten - mit den wichtigen Ausnahmen der Otto-Grotewohl-Straße (früher und heute wieder Wilhelmstraße) und des Platzes der Akademie (Gendarmenmarkt), dessen Wiederbelebung 1979 mit der Rekonstruktion des Schauspielhauses als Konzerthaus begann (Einweihung 1984). Eingeleitet wurde auch der Wiederaufbau des Französischen Doms (1977-87) und des Deutschen Doms (seit 1985, noch im Bau). Die Lücken in den Platzwänden wurden durch Neubauten geschlossen, die den historischen Fluchtlinien sowie dem Maßstab der Altbauten in Breite und Höhe folgen. Ein streitbares Ergebnis ist gewiß die Gestaltung der Fassaden mit den Produkten einer durch historisierendes Dekor modifizierten Plattenbauweise, die Ausdrucksmöglichkeiten der 99 Gegenwartsarchitektur keinen Raum ließ. Eine Neugestaltung erfuhr auch die Platzfläche selbst. Im Vergleich zum Schmuckplatz der Kaiserzeit vermittelt der Gendarmenmarkt heute einen eher steinernen, an die ursprüngliche Situation erinnernden Eindruck, während die baumbestandenen Flächen in den Randbereichen in den Hintergrund treten. Seinen letzten Ausdruck fand der DDR-Zentrumsumbau in der 1987 begonnenen und erst 1992 vollendeten Neubebauung an der Otto-Grotewohl-Straße zwischen Voßstraße und Behrenstraße in unmittelbarer Nähe zur "Staatsgrenze" nach West-Berlin. Dieses Projekt sollte einen Beitrag zur versprochenen "Lösung der Wohnungsfrage als soziales Problem" bis 1990 leisten. Die Vorbereitungen begannen bereits Anfang 1985, als entsprechende Beschlüsse höchster Partei- und Staatsgremien gefaßt wurden (vgl. Berning u. a. 1994, S. 338). Die in anspruchsvoller Plattenbauweise zu erstellende Bebauung sollte ein Wohngebiet mit einigen zentralörtlichen Einrichtungen beherbergen. "Neben den Einrichtungen für die Versorgung und Betreuung der Bewohner sind vorwiegend in den Erdgeschossen repräsentative Einrichtungen der Gastronomie und des Handels von örtlicher und überörtlicher Bedeutung vorzusehen. Die Freifläche westlich der Otto-Grotewohl-Straße ist als großzügig angelegte Parklandschaft den differenzierten Anforderungen entsprechend zu gestalten." (VEB Wohnungsbaukombinat Berlin 1986, S. 2) Hinsichtlich der Gestaltung wurde ein formaler Bezug zur Tradition der Friedrichstadt konstruiert: "'Typische Elemente der Friedrichstadt, wie z. B. die Quartierstruktur mit Platz- und Straßenräumen, die Beschränkung der Gebäudehöhe auf ca. 24,0 Meter, die Ausbildung von Dachzonen, die plastische Gestaltung der Fassaden usw.' sind Richtschnur der Architekten. Die mäanderförmige Bebauungsform ist eine Reminiszenz an die ehemaligen Palaishöfe." (Berning u. a. 1994, S. 339) Nichtsdestoweniger stellt die Bebauung der Otto-Grotewohl-Straße ein Beispiel für ein Retortenprojekt dar, das die Erinnerungen an einen für die widersprüchliche deutsche Geschichte ungemein bedeutsamen Stadtraum in unverzeihlicher Weise verdrängt und ausgelöscht hat. 3.7. Ein Zentrum Gesamt-Berlins: Die Zeit nach 1989 Der Fall der Berliner Mauer und die Vereinigung der beiden Teilstädte veränderten schlagartig die Position der Dorotheen-/Friedrichstadt im Stadtgefüge. Eben noch am Rande der Hauptstadt der DDR, an der "Staatsgrenze" zu West-Berlin gelegen, gewann die alte City Berlins ihre frühere Standortgunst im Zentrum Gesamt-Berlins zurück. Nicht wenige private Investoren erkannten, daß die alte City auch die neue City der Hauptstadt des vereinigten Deutschland sein würde. In Erwartung dieser Entwicklung eröffneten insbesondere in der Friedrichstraße erneut Luxusgeschäfte ihre Pforten, obwohl das entsprechende Umfeld in Anbetracht der absehbaren Baustellen noch lange Zeit auf sich warten lassen würde. In zahlreichen Fällen verhinderten allerdings ungeklärte Eigentumsverhältnisse hier wie an vielen anderen Stellen der Stadt eine schnelle Verwirklichung von Bauabsichten. 3.7.1. Städtebaulicher Strukturplan Die Berliner Stadtentwicklungspolitik sah sich mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, in kürzester Zeit ein städtebauliches Regelwerk zu erarbeiten, um den absehbaren Investitionsschub in stadtverträgliche Bahnen zu lenken. Denn rechtskräftige Bauleitpläne fehlten im Ostteil der Stadt zunächst völlig. Einzig der "Lückenparagraph" 34 des Baugesetzbuches war für die planungsrechtliche Beurteilung von Bauanträgen heranzuziehen. Diese Vorschrift enthält lediglich einige grundsätzliche Anforderungen hinsichtlich der Einordnung von Bauvorhaben "innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile". Die konventionellen Instrumente der Flächennutzungs- und Bebauungsplanung schätzte die Senatsbauverwaltung "angesichts des Umfangs und der Geschwindigkeit der Bauaufgaben und angesichts administrativer Zersplitterung der planenden und 100 bauenden Verwaltung" (Stimmann in Strecker/Hoffmann-Axthelm 1992c, S. 7f.) als ungeeignet ein, um das Baugeschehen über die allgemeine Einfügungsklausel des § 34 hinaus zu steuern. Die Senatsbauverwaltung ließ deshalb von Bernhard Strecker und Dieter Hoffmann-Axthelm ein "Stadtbaukünstlerisches Regelwerk" (ebd., S. 8) in Verbindung mit einem Nutzungsstrukturplan erarbeiten. Der "Städtebauliche Strukturplan" für die gesamte Dorotheen-/Friedrichstadt und den Friedrichswerder wurde 1992 veröffentlicht, nachdem bereits zuvor Strukturkonzepte für Teilbereiche - den Pariser Platz, den Bereich um den Bahnhof Friedrichstraße und den Spittelmarkt - erschienen waren (vgl. Strecker/Hoffmann-Axthelm 1991, 1992a und b). Der Strukturplan ist dem Leitbild der "kritischen Rekonstruktion der Stadt" verpflichtet. Die Wiederherstellung des beschädigten Stadtgrundrisses - insbesondere im Bereich der ehemaligen Grenzanlagen - unter Bezugnahme auf die traditionellen Bautypologien ist das grundlegende Ziel der Entwurfsverfasser. Im Mittelpunkt ihres Interesses steht die Vorkriegsstadt mit ihrem Straßenraster und Blockgefüge, das auch für die zu Zeiten der DDR im Sinne neuer Leitbilder gestalteten Bereiche (wie zum Beispiel die östliche Leipziger Straße) pauschal zur Grundlage der künftigen städtebaulichen Entwicklung erklärt wird - ein Ansatz, der in seiner Rigorosität weder den dort lebenden und arbeitenden Menschen gerecht wird noch die reale Komplexität des Stadtgefüges mit seinen Brüchen und Widersprüchen angemessen berücksichtigt. Der Strukturplan gliedert das Gesamtgebiet in unterschiedliche "Stadtquartiere", für welche die "Ausbildung lokaler Profile" (Strecker/Hoffmann-Axthelm 1992c, S. 34) angestrebt wird: das im Osten des Reichstagsgebäudes gelegene "Dorotheenviertel" mit der Politik als strukturbestimmender Funktion, "den großen Bühnen Unter den Linden und Pariser Platz" sowie dem als "inneres Zentrum" auszubildenden ehemaligen Neustädtischen Kirchplatz; die "City Friedrichstraße", vor allem mit Geschäften, Kaufhäusern, Hotels, Gaststätten und Unterhaltungsangeboten; das "Universitätsviertel" im Umkreis der Humboldt-Universität; den Bereich "Wilhelmstraße/Leipziger Platz" mit vorwiegend kommerziellen Nutzungen im Anschluß an den Potsdamer Platz sowie den von Bebauung freizuhaltenden Flächen des ehemaligen GestapoGeländes und der früheren "Ministergärten"; den Bereich "Gendarmenmarkt" mit einem ausgeprägten öffentlichen Charakter (Kultur, Wissenschaft, Kirche, Gastronomie, Hotels und andere Dienstleistungen); den "schwerpunktmäßig als anspruchsvolles Wohngebiet" zu entwickelnden "Friedrichswerder"; den Bereich "Leipziger Straße", in Zukunft "ein hochintensiver Einkaufsbereich mit Promenier- und Bummelcharakter"; den Bereich "Spittelmarkt" mit "Spezialkaufhäusern für Mode und Medien" am Platz selbst; das "Medienviertel" im Umkreis der Kochstraße; die "südliche Friedrichstadt" mit einer Ergänzung der vorhandenen Wohnnutzung vor allem durch zusätzliche Dienstleistungsangebote; das "Lindenstraßenviertel" mit einer vorwiegend durch Wohnen, Kultur, Verwaltung und Dienstleistungen geprägten Nutzungsmischung (S. 34 und 36). Das ist ein interessantes, prinzipiell gewiß zu begrüßendes Konzept, das an die traditionelle funktionsräumliche Gliederung der Berliner City in vielfältige Teilbereiche unterschiedlicher Prägung anknüpft. Diese generelle Strategie fand ihren Ausdruck in den Karten zum Nutzungskonzept, die Bestandteil des Strukturplans sind (S. 40f.). "Funktionsmischung" (S. 37) wird darin als ein grundlegendes Planungsziel anschaulich. Dies schließt auch die Erhaltung und stellenweise Ergänzung der Wohnfunktion ein. Im Mittelpunkt des planerischen Interesses und der konkreten Bauprojekte standen auch nach 1989 zunächst die Hauptstraßenzüge der Dorotheen-/Friedrichstadt: Unter den Linden (mit dem Pariser Platz), Friedrichstraße und Leipziger Straße. Dabei sind es in erster Linie private Investoren, die zurück in die alte City drängen. Stadt und Staat sind als Bauherren demgegenüber von nachrangiger Bedeutung, wenngleich öffentliche Bauvorhaben an einzelnen Stellen (zum Beispiel in der Straße Unter den Linden) durchaus eine stadtbildprägende Wirkung entfalten. 101 3.7.2. Pariser Platz Von herausragender Bedeutung ist die Neugestaltung des Pariser Platzes entsprechend seiner historischen und nach der Maueröffnung am 9. November 1989 wiedergewonnenen Bedeutung als Eingang der "Linden" und damit in das historische Zentrum Berlins. Angesichts des hohen Stellenwerts dieses Ortes ließ die Senatsbauverwaltung frühzeitig ein Konzept als erstes Teilstück der kritischen Rekonstruktion der Dorotheen-/Friedrichstadt erarbeiten. "Der Strukturplan zur Wiederherstellung läßt sich in einem Satz zusammenfassen: Es geht darum, die Geschichte des Platzes weiterzubauen", so die Autoren der Studie, Bernhard Strecker und Dieter HoffmannAxthelm (1991, S. 10). "Der Pariser Platz war einer der Punkte der größten Sichtbarkeit der alten Stadt, bei allem Verkehr ihr am stärksten in sich ruhender, mithin ihr vornehmster öffentlicher Raum. Den Platz wiederherzustellen, heißt, diese Haltung wiederherzustellen. Das geht gerade nicht über eine buchstäbliche Rekonstruktion. Vesuchte man sie, wäre das der angestrebten Würde des Ortes gerade abträglich, da Disney-Effekte nicht zu vermeiden wären. Der neue Platz muß einerseits mit moderner Architektur bebaut werden, aber innerhalb eines Regelwerks, das dafür sorgt, daß das Brandenburger Tor, als Grenzpassage zwischen historischem Zentrum und Tiergarten, das wichtigste Gebäude des Platzes bleibt. Er muß andererseits als Konsequenz seiner bisherigen Geschichte wiederaufgebaut werden, nicht unbelehrbar als Wiederholung des letzten historischen Zustandes." Die Forderung nach einem Regelwerk für die Gestaltung der Neubebauung fand ihren Niederschlag in der Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens (1992) und in einem Gutachten zur Vorbereitung von Festsetzungen zur Baugestaltung im Rahmen des Bebauungsplans, das im September 1993 von Bruno Flierl und Walter Rolfes vorgestellt wurde. Auf dem Hintergrund ihrer Gestaltanalyse der Vorkriegsbebauung forderten die Autoren folgerichtig die Orientierung der Neubebauung am Maßstab des Brandenburger Tors. "Gestaltungsregeln für die Neubestimmung der Raumgestalt des Pariser Platzes zu heutigen Zwecken und in neuer, zeitgemäßer Architektur zu formulieren, die eine kulturell-historische Kontinuität der Stadtentwicklung gerade an diesem bedeutenden Ort garantieren", lautet das Ziel ihres baugestalterischen Regelwerkes (1993a, S. 19). Wesentliche Aspekte sind die Fassadengliederung in drei Zonen (hohe Basiszone, dreigeschossige Mittelzone, Attika), die Beschränkung der Höhe des Hauptgesimses auf 16,70 Meter und der Traufhöhe auf 20 Meter, die höhere Ausbildung der Eckgebäude zur Straße Unter den Linden, die Orientierung von Material und Farbigkeit am Brandenburger Tor sowie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wandflächen und -öffnungen. Die Vorschläge trafen auf Zustimmung und Kritik zugleich. Schnell spitzte sich die Debatte zwischen den Verfechtern einer historisierenden Rekonstruktion der Vorkriegsbebauung und den Verfechtern einer modernen Neugestaltung zu. Ihre gegensätzlichen Positionen haben in konkreten Architekturprojekten Gestalt angenommen. Im Sinne des gestalterischen Regelwerkes vermitteln die Entwürfe von Josef Paul Kleihues für das "Haus Liebermann" und das "Haus Sommer" zwischen den Traditionen des Ortes und den Gestaltungsvorstellungen des einem geometrisierenden Rationalismus verpflichteten Architekten. Das von Rüdiger Patzschke und Rainer-Michael Klotz entworfene Hotel "Adlon" (im Bau seit 1994) kommt mit seiner Orientierung an den Gestaltmerkmalen des kriegszerstörten Vorgängerbaus den Vorstellungen der Traditionalisten ebenso entgegen wie die durch die Berliner Gartendenkmalpflege bereits 1992 realisierte Rekonstruktion der kaiserzeitlichen Grünanlagen samt Springbrunnen. Der aus einem internen Wettbewerb 1993/94 hervorgegangene Entwurf von Günter Behnisch für die Akademie der Künste ist mit seiner charakteristischen Glasfassade hingegen Ausdruck einer neuen Architekturidee, die zwar die Bauflucht und die Maßstäblichkeit, nicht aber die geschlossene Wirkung des historischen Platzraumes respektiert. Die mit Vehemenz geführte öffentliche Auseinandersetzung um den Wiederaufbau des Pariser Platzes blieb nicht ohne Einfluß auf das laufende Bebauungsplanverfahren. Auch das Abgeordnetenhaus beschäftigte sich am 9. Februar 1995 mit 102 dem Fall und versah den Verwaltungsentwurf mit Auflagen. Änderungen an den Gestaltungsvorschriften betrafen die Erhöhung des erlaubten Öffnungsanteils in den Fassaden, die Zulässigkeit auch von liegenden Fensterformaten und den Verzicht auf die Forderung eines obligatorischen Sockelgeschosses. In dieser Diskussion sollte nicht übersehen werden, daß der Pariser Platz auch früher schon Gegenstand baugestalterischer Regelungen war. Bereits die "Polizeiverordnung vom 7. August 1903, betreffend die Baubeschränkungen des Pariser Platzes" beschränkte die Fassadenhöhen auf 16,50 Meter im Westen und 20 Meter im Norden und Süden des Platzes. In der Tat ist ein flexibles baugestalterisches Regelwerk für diesen Ort auch heute sinnvoll, handelt es sich doch um einen der wichtigsten Eingangsräume in das historische Zentrum Berlins, den Vorplatz der Straße Unter den Linden und die architektonische Fassung eines der symbolträchtigsten Bauwerke Berlins: des Brandenburger Tors, dessen Dominanz und Einmaligkeit es durch eine Neugestaltung des Platzes zu unterstreichen gilt. 3.7.3. Unter den Linden Für den Bereich der "Linden" selbst legte das Berliner Planungsbüro Spath & Nagel zusammen mit Jürgen Wenzel, Theseus Bappert und Dietmar Kuntzsch 1992 ein Gestaltungsgutachten vor, das auf die stärkere Ausprägung des traditionellen Promenadencharakters des derzeit zur Hauptverkehrsstraße degradierten "Boulevards" zielt. Für die Fahrbahnen ist eine Aufteilung wie am Kurfürstendamm vorgesehen: auf jeder Seite ein Park- und Lieferstreifen, eine Busspur sowie eine Fahrspur. Breitere Bürgersteige, eine großzügigere Mittelpromenade und neue Baumpflanzungen sowie die Integration von modernen, zugleich dem historischen Charakter der Straße angemessenen Straßenmöbeln sind wesentliche Inhalte des Konzeptes, das auch Vorschläge für gestalterische Verbesserungen im Bereich der Platzfolge im Osten der Allee (Forum Fridericianum, Platz vor dem Zeughaus) enthält. Diese die Fußgänger, Radfahrer und Autobusse bevorzugende Strategie ist gewiß zu begrüßen, denn sie drängt den das Stadtbild und die Aufenthaltsqualität stark beeinträchtigenden Autoverkehr zurück. Allerdings steht sie im Widerspruch zu den Absichten des Verkehrssenators und anderer, die für eine Beibehaltung oder gar einen Ausbau der "Linden" als Hauptverkehrsstraße plädieren. Dazu würde auch die Öffnung des Brandenburger Tores für den allgemeinen Verkehr (also über die bereits seit 1992 bestehende Durchfahrmöglichkeit für Busse und Taxen hinaus) bzw. dessen Umfahrung gehören - oder aber die durch die Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer 1993 ins Gespräch gebrachte Untertunnelung des Tores. Damit würde der schon heute stark beschädigte Boulevardcharakter der "Linden" vollends zerstört und die Chance, die Allee zusammen mit dem Pariser Platz als Bühne der städtischen Öffentlichkeit wiederzugewinnen, leichtfertig verspielt werden. Während solche Fragen nach Bedeutung und Charakter der "Linden" in der Stadt noch kontrovers diskutiert werden, haben Baumaßnahmen an verschiedenen Stellen begonnen, das Bild der Allee zu verändern. Den informellen Rahmen für alle Neubauvorhaben setzt nach wie vor das Regelwerk des "Lindenstatuts" aus dem Jahre 1949, auch wenn dieses seit dem Sommer 1991 nicht mehr rechtskräftig ist und eine rechtsverbindliche Neufassung - etwa durch das im Berliner Denkmalschutzgesetz vorgesehene Instrument des "geschützten Baubereiches" - noch aussteht. Dieses Regelwerk steht im Einklang mit dem von seiten der Senatsbauverwaltung für die Dorotheen-/Friedrichstadt verkündeten Leitbild der "kritischen Rekonstruktion". Drei Neubauprojekte folgen diesem Konzept: das Büro- und Geschäftshaus an der Ecke Neustädtische Kirchstraße (fertig) sowie die Neubauten des "Lindencorso" (im Bau) und des Hotels "Unter den Linden" (geplant, Realisierung ungewiß). Die Wiederherstellung des Stadtkörpers der 103 Vorkriegszeit hinsichtlich der das Stadtbild prägenden Baufluchten sowie Trauf- und Gebäudehöhen ist ein Anliegen dieser Architektur, die zwischen Tradition und Moderne vermitteln und sich so in den überkommenen stadträumlichen Kontext einfügen und zugleich eine der Gegenwart gemäße Formensprache entwickeln will. Sträflich vernachlässigt wird in der Diskussion über die kritische Rekonstruktion indessen die Frage nach der Rolle, die dem städtebaulich-architektonischen Erbe der DDR-Zeit zukommen sollte. Dabei sind es neben den barocken und klassizistischen Bauten um das Forum Fridericianum und den Resten der kaiserzeitlichen Bebauung gerade die Ergebnisse des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg, die das heutige Erscheinungsbild der "Linden" trotz zwischenzeitlicher Eingriffe prägen. Diese Bauten dürfen nicht etwa nur als historische Dokumente einer "abgeschlossenen Kulturepoche" Aufmerksamkeit beanspruchen. Auch im Hinblick auf ihren Beitrag zum Stadtbild verdienen sie Beachtung. Sie illustrieren, wie die DDR nach der Phase der "nationalen Bautraditionen", die ihren Ausdruck Unter den Linden im Gebäude der Sowjetischen Botschaft, aber auch im Wiederaufbau und Ergänzungsbau der Staatsoper fand, wieder Anschluß an die internationale Architektur der Moderne suchte. Daß diese Wiederentdeckung der Moderne die Auseinandersetzung mit den prägenden Merkmalen der historischen Stadtgestalt anstrebte (wenn auch nicht mit der aus heutiger Sicht wünschenswerten Konsequenz), macht den Wiederaufbau der "Linden" zu einem spannungsreichen stadtbaugeschichtlichen Erbe, zu einer Etappe auf dem Weg der städtebaulichen Denkmalpflege und des Konzeptes der "kritischen Rekonstruktion" der Stadt. Insofern bedeutet die ohne öffentliches Nachdenken begonnene Totalerneuerung der ehemaligen Ministerien für Volksbildung (1962-64, Umbau 1993-95) und Außenhandel (1962-65, Umbau seit 1994) zur Unterbringung von Büros für Bundestagsabgeordnete und der Parlamentsverwaltung einen Verlust an kultureller Vielfalt. Die nach den Vorgaben der Bundesbaudirektion vorgenommenen Eingriffe haben nur noch das statisch-konstruktive Gerüst der Stahlbetonbauten bestehen lassen. In beiden Fällen sind quasi Neubauten entstanden, die in keiner Weise mehr an die Ästhetik der ursprünglichen Gestaltung erinnern. Auch die für den Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße geplanten Maßnahmen stellen keineswegs eine selbstverständliche "Stadtreparatur" dar. Hier war infolge der DDR-Planung für eine verbreiterte Friedrichstraße eine Platzsituation mit Grün und Wasser entstanden, die zwar nicht der historischen Enge der Kreuzung entsprach, aber doch eine neue, zum Aufenthalt einladende Qualität im Stadtraum bedeutete, die auch unter dem Gesichtspunkt einer kritischen Rekonstruktion hätte Bestand haben können. Ziel des Senats ist es hier jedoch, die Baufluchten der Vorkriegszeit wiederherzustellen. Anstelle des 1993 abgerissenen "Lindencorso" (1964-65) ist in diesem Sinne bereits ein Neubau im Entstehen; der gleichfalls geplante Abbruch und vergrößerte Neubau des Hotels "Unter den Linden" (1964-66) ist wegen Grundstücksproblemen erst einmal verschoben worden. Die Neugestaltung der städtebaulich und stadthistorisch herausragenden Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße unterscheidet sich typologisch von anderen Großprojekten: Hier wurde nicht versucht, eine abgestimmte Gesamtlösung zu erreichen. Hingegen sollten - in Anlehnung an den liberalistischen Städtebau vor dem Ersten Weltkrieg - drei Eckbebauungen weitgehend unabhängig voneinander, aber im Rahmen des städtebaulichen Regelwerks für die Friedrichstadt entwickelt werden: die Nordostecke (Hotel "Unter den Linden"), die Südostecke ("Lindencorso") und - als Sanierungsprojekt (1992-94) - die Nordwestecke ("Haus der Schweiz"). Für den inzwischen vertagten Neubau des Hotels "Unter den Linden" führte der Projektträger 1992 einen Wettbewerb durch, in dessen Vorbereitung ein prominenter Theoretiker der "kritischen Rekonstruktion der Stadt", Dieter Hoffmann-Axthelm, eingebunden war. Dementsprechend enthielt die Ausschreibung auch relativ detaillierte Empfehlungen, die als "Ableitungen aus der historischen Entwicklung" zu berücksichtigen waren. Gefordert wurden eine Wiederherstellung des Blockrandes 104 und die Beachtung der üblichen Trauf- (22 Meter) und Gebäudehöhe (30 Meter). Nach dem Konzept von Karl-Heinz Steinebach und und Friedrich Weber, das nach einigem Hin und Her schließlich zur weiteren Bearbeitung empfohlen wurde, soll die in der DDR-Zeit auf 40 Meter verbreiterte Friedrichstraße auf 14 Meter zurückgebaut werden, was der "barocken" Enge von 12,7 Metern sehr nahekommen würde. Das als deutsch-französisches Geschäfts- und Kulturzentrum konzipierte neue "Lindencorso" war ebenfalls 1992 Gegenstand eines von den Investoren durchgeführten Wettbewerbs. Das Nutzungsprogramm umfaßte ein Auditorium mit etwa 400 Plätzen für Konzerte, Theateraufführungen und sonstige kulturelle Veranstaltungen, Ausstellungsgalerien, Buchläden, zwei Restaurants, ein Café, einen Teesalon, ungefähr 70 Geschäfte und Galerien, Vertreterbüros für ungefähr zwanzig französische Regionen, ein Kommunikations- bzw. Handelszentrum, ein Studienzentrum, Büros und schließlich auch Wohnungen. Den Wettbewerb gewann Christoph Mäckler, dessen Konzept 47.500 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche mit etwa 700 bis 1.000 Arbeitsplätzen und rund 320 Autostellplätzen vorsah. Baubeginn war 1994 - mit einem gegenüber der Wettbewerbsausschreibung allerdings in manchen Einzelheiten veränderten Raumprogramm. Andere Projekte in der Straße Unter den Linden betreffen die überkommene Bausubstanz. Nach langer und heftiger Diskussion aufgegeben wurde die zeitweilig verfolgte Absicht zur Unterbringung des Bundespräsidenten und seiner Mitarbeiter im ehemaligen Kronprinzenpalais, die auch auf Kosten des im benachbarten Prinzessinnenpalais untergebrachten, gerade erst renovierten Operncafés gegangen wäre. Aufgrund des an diesem Ort nicht angemessen zu befriedigenden Flächenbedarfes, aber auch des Protestes vieler Berliner konnte diese Einrichtung gerettet werden, die hier bereits auf eine mehr als dreißigjährige Tradition zurückblickt und die für den angestrebten Charakter der "Linden" als "Boulevard" und Zentrum des kulturellen Lebens nicht entbehrlich ist. Bereits begonnen haben auch die Sanierungsarbeiten am Gebäude der Staatsbibliothek. Nach deren Abschluß und der Wiederrichtung eines zentralen Lesesaals als Herzstück des gewaltigen Komplexes wird dieses Zentrum des wissenschaftlichen Lebens gleich neben dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität an Ausstrahlung gewonnen haben. Ohne Zweifel wird die Allee Unter den Linden wieder die repräsentativste Straße Gesamt-Berlins werden - vorausgesetzt, der Autoverkehr wird in seine Schranken verwiesen. Schon heute zeigt sich, daß insbesondere die Großbanken die Allee samt dem Pariser Platz zu ihrer bevorzugten Adresse wählen. 3.7.4. Friedrichstraße Einen regelrechten Bauboom erlebt die Friedrichstraße. Vier Richtlinien der kritischen Rekonstruktion wurden von seiten der Senatsbauverwaltung gesetzt, in deren Rahmen sich die private Bautätigkeit entfalten soll. Erstens sind das historische Straßennetz und die historischen Baufluchten zu respektieren bzw. zu rekonstruieren, wo der Stadtgrundriß infolge von Kriegszerstörungen und Nachkriegsplanungen beschädigt wurde. Zweitens gilt - in Anlehnung an die zweite kaiserzeitliche Überformung der Friedrichstadt auf der Grundlage der Bauordnung von 1897 - eine maximale Traufhöhe von 22 Metern. Darüber erhebt sich nicht mehr das früher übliche geneigte Dach, sondern es folgen - in Anlehnung an die Bauordnung der zwanziger Jahre - zwei weitere, zurückgesetzte Vollgeschosse bis zu einer Gebäudehöhe von maximal 30 Metern. Durch diese Staffelgeschosse wird die Maßstäblichkeit der Gebäude im Vergleich zur historischen Dachausbildung stark verändert. 105 Drittens sind etwa 20 Prozent der Bruttogeschoßfläche für Wohnungen vorzusehen. Ziel ist das gemischt genutzte Geschäftshaus, ein Gebäudetyp, der eher die vorletzte Phase der Friedrichstadt prägte, war doch die historische Entwicklung vom Wohnhaus über das gemischt genutzte Geschäftshaus zum monofunktionalen Haus (reines Bürohaus, Hotel, Kaufhaus) verlaufen. Das typische Nutzungsgefüge von Neubauten in der Friedrichstraße stellt sich folgendermaßen dar: Läden und Gastronomie im Erdgeschoß, ersten Obergeschoß und ersten Untergeschoß, Büros im zweiten bis sechsten Obergeschoß, Wohnungen im siebten und achten Obergeschoß, Tiefgarage im zweiten und dritten Untergeschoß. Tatsächlich kann so die auf die obersten Geschosse beschränkte Wohnfunktion kaum eine die Struktur und das Bild der neuen Friedrichstraße mitprägende Bedeutung erlangen. Als "nicht ausreichend" empfindet auch Senatsbaudirektor Hans Stimmann (1993b, S. 1129) den geforderten Wohnanteil von 20 Prozent. Viertens bildet "das städtische Haus auf einer Parzelle" die Grundlage für jede Bebauung, "die max. Parzellengröße ist der Block" (ebd., S. 1128). Mit dieser Möglichkeit zur einheitlichen Bebauung eines ganzen Blockes wird aber der Anspruch der Anknüpfung an das kleinteilige Parzellen-, Nutzungs- und Bebauungsgefüge der historischen Dorotheen-/Friedrichstadt stark relativiert. Tatsächlich ist die Tendenz zur Großform im realen Baugeschehen unübersehbar. "Die Wiederentdeckung von 'Haus' und 'Parzelle' liegt quer zur ökonomischen Entwicklung, zur Konzentration des Immobilienkapitals, das danach drängt, Grundstücke zusammenzulegen, um möglichst einen ganzen Block zu planen", muß auch Hans Stimmann (1993b, S. 1129), Verfechter des Leitbildes der kritischen Rekonstruktion, einräumen. Daß die öffentliche Hand diesen "Drang" zu Riesenparzellen befriedigt, muß aber zugleich als Schwäche der Stadtpolitik und -planung interpretiert werden. Das prominenteste Beispiel für diese Entwicklungstendenz sind gewiß die "FriedrichstadtPassagen", deren Konzeption allerdings bereits vor der Verkündung des Leitbildes der "kritischen Rekonstruktion" in Grundzügen feststand. Die Geschichte des Projekts geht bis in die Zeit der DDR zurück: 1987 wurde mit den Bauarbeiten begonnen, 1990 wurde der Bau eingestellt und in der Zeit von März bis August 1992 für 25 Millionen DM abgerissen. Der Kampf um das Prestigeprojekt in hervorragender Lage war besonders hart: Im Vorfeld bewarben sich über hundert Investoren. Von den dann verbliebenen 22 Großinvestoren wurden im Rahmen eines Auswahlverfahrens des Senats und der Treuhandanstalt im März 1991 drei ausgewählt. Nach der Durchführung des Wettbewerbs wurde einer der ausgewählten Investoren wieder herausgedrängt durch die Gruppe Roland Ernst, die sich an einem Teilgrundstück das Erbbaurecht sichern konnte. In diesem Ringen war der Druck auf die öffentliche Hand gewaltig: "Bausenator Nagel sagte im letzten Jahr anläßlich der Vorstellung des Projektes, er habe noch nie erlebt, daß während eines Investorenauswahlverfahrens versucht worden sei, so viel Einfluß auf ihn, seine Mitarbeiter und den Regierenden Bürgermeister auszuüben. Interessierte Investoren hatten sich sogar an den französischen Staatspräsidenten gewandt und ihn gebeten, seinen Einfluß geltend zu machen." (Der Tagesspiegel vom 9.10.1992) Daß hier ein nicht gerade bescheidenes Geschäft auf dem Spiel stand, zeigen schon die hohen Grundstückspreise (zwischen 15.000 und 18.000 DM pro Quadratmeter). Die Besonderheit des Falls "FriedrichstadtPassagen" liegt in der blockweisen Aufteilung eines blockübergreifenden städtebaulichen Projektes. Es gibt drei Blöcke, drei Architekten und drei Großinvestoren: Block 207 mit dem Investor Roland Ernst und dem Architekten Jean Nouvel, Block 206 mit dem Investor Tishman Speyer Properties und dem Architekten Henry N. Cobb sowie Block 205 mit dem Investor Arc Union/Bouygues und dem Architekten Oswald Mathias Ungers. Das Gesamtprojekt mit einem Investitionsvolumen von 1,4 Milliarden DM zielt auf eine Nutzungsmischung von 35 Prozent Läden und Gastronomie, 59 Prozent Büros, 5 Prozent Wohnen und 1 Prozent Kultur auf einer Bruttogeschoßfläche von insgesamt 199.600 Quadratmetern in acht 106 oberirdischen und vier unterirdischen Etagen. Ungefähr 4.000 Menschen werden hier arbeiten. Am 9. Oktober 1992 war die symbolische Grundsteinlegung des Projekts, mit dessen Bau jedoch erst im September 1993 begonnen werden konnte. Fertiggestellt wurde der Komplex zwei Jahre später. Problematisch am Projekt "FriedrichstadtPassagen" sind vor allem die völlig überzogene Bebauungsdichte (Geschoßflächenzahl 6,5), die - im Verhältnis zu nachfolgenden Projekten relativ geringe Zahl von Wohnungen (63), dann die hohe Stellplatzzahl für etwa 1.100 Kraftfahrzeuge, die durch zwei Staffelgeschosse auf 30 Meter angehobene Gebäudehöhe (bei der üblichen Traufhöhe von 22 Metern) und die parzellennegierende Blockgröße der Einzelprojekte. Die allseits kritisierte städtebauliche Großform feiert damit eine fröhliche Wiederauferstehung. Dies gilt insbesondere für den südlichen der drei Blöcke, der in Gänze eine einheitliche Gestaltung erfahren hat; das bis an den Gendarmenmarkt heranreichende Gebäude von Ungers ignoriert die für die Friedrichstadt ursprünglich typische Maßstäblichkeit vollends. Bei den beiden anderen Blöcken wird der Maßstabsbruch durch die hier zum Gendarmenmarkt hin noch vorhandenen bzw. in den achtziger Jahren ergänzten Fragmente des historischen Bebauungsgefüges etwas gemildert. Daß indessen auch auf neugebildeten Großparzellen relativ kleinteilige und architektonisch vielfältige Baustrukturen möglich sind, zeigen die Projekte "Hofgarten am Gendarmenmarkt" (gesamter Block 208) und "Kontorhaus Mitte" (Ostteil des Blocks 109). In beiden Fällen war es Josef Paul Kleihues, der für das städtebauliche Konzept verantwortlich zeichnete und dabei unter den Bedingungen einheitlicher Grundbesitzverhältnisse das Thema "selbständiger Häuser im Block" (Stimmann 1993b, S. 1129) entwickelte. Dieses Konzept gewann seine architektonische Gestalt unter Beteiligung von jeweils drei weiteren Architekturbüros, die in beiden Fällen einige noch vorhandene Fragmente der Vorkriegsbebauung zu ergänzen hatten. "Mit der Kombination selbständiger Häuser in einem eigentumsrechtlich einheitlichen Block verbindet sich die Hoffnung, die Dialektik von Tradition und Innovation auf dem Gebiet der Architektur und des Städtebaus trotz der konzentrierten Besitzverhältnisse wieder in Gang [zu] setzen." (Ebd.) Am Beispiel des "Kontorhauses Mitte", das aus einem vom Senat 1991 durchgeführten zweistufigen Investoren-/Architektenwettbewerb hervorging, erläuterte Josef Paul Kleihues dieses Planungskonzept: "Wo die Parzelle als Einzeleigentum nicht mehr existiert oder Nutzungsansprüche nach größerer Einheit verlangen, kann die künstliche Teilung in Parzellen auch mit dem Hinweis auf 'historische Verpflichtung' nicht ausreichend begründet werden. Verständlich aber bleibt das begründbare Streben nach architektonischer Vielfalt, oder besser gesagt: nach Vielfalt in der Einheit. Dies aber ist mit künstlicher Parzellisierung kaum zu gewährleisten. Deshalb soll hier vom Prinzip des Baukastens die Rede sein, dessen funktionales und formales Regelwerk die Kombination individueller Gebäudeeinheiten verfolgt. [...] Es ist das Prinzip Baukasten, welches die einzelnen architektonischen Bausteine zur lebendigen Vielfalt in der Einheit verbindet und in welchem der vorhandene Altbau eine Integration erfährt, welche über das Denken in Parzellen hinausweist. Lebensfreude und Großstadtatmosphäre zu vermitteln, dazu sollten das Nutzungskonzept und die architektonische Qualität der Ergänzung des Blocks 109 an der Friedrichstraße beitragen." (In Aedes 1993, S. 10) Das Nutzungskonzept des "Kontorhauses" ist typisch für das Baugeschehen in der Friedrichstraße. "Urbanität durch die Integration komplementärer Nutzungen" lautet das Ziel des Projektträgers. Entstehen werden "Boulevardgeschäfte für höchste Ansprüche, Kunsthaus mit Galerien und Verlagen, internationale Gastronomie, qualitativ hochwertige City-Wohnungen" (Claus Bachmann, GERMANICA Projektgesellschaft mbG, in Aedes 1993, S. 3). Exemplarisch für das Konzept der kritischen Rekonstruktion ist auch das Ergebnis des 1992 vom Senat ausgelobten städtebaulichen Ideenwettbewerbs für den "Bahnhofsbereich Friedrichstraße" zwischen der Straße Unter den Linden im Süden und dem Bertolt-Brecht-Platz im Norden. Aus dreizehn Arbeiten wählte das Preisgericht am 3. Februar 1993 diejenige von Johanne und Gernot 107 Nalbach aus, die auf eine Ergänzung der Bebauung entlang der historischen Baufluchten und entsprechend dem um die Jahrhundertwende ausgeprägten Höhenprofil zielt. Neben vielfältigen gewerblichen Nutzungen sehen die Architekten auch den geforderten Wohnanteil von 20 Prozent vor. In diesem Entwurf haben die Hochhäuser des Hotels "Metropol" und des Internationalen Handelszentrums Bestand - allerdings sollen sie anstelle der vorgelagerten Flachbauten durch Neubauten ergänzt werden, die den unterbrochenen Bebauungszusammenhang und das traditionelle Straßenprofil wiederherstellen. Alternative Konzepte, die an die Hochhausträume der zwanziger Jahre erinnerten - Dirk Lohan, ein Enkel von Ludwig Mies van der Rohe, zitierte sogar dessen Wettbewerbsentwurf aus dem Jahre 1922 - oder sich durch andere städtebauliche Figuren von der fragmentarisch noch vorhandenen Vorkriegsbebauung distanzierten, konnten sich in diesem Wettbewerb nicht durchsetzen. Der prämierte Entwurf ist inzwischen in einen städtebaulichen Rahmenplan transformiert worden, der eine Grundlage für alle weiteren Planungen und Baugenehmigungen darstellt. Bereits in der Realisierung befindet sich die Rekonstruktion des Hotels einschließlich einer Umbauung des Hochhauses, die sich in das Konzept der Wettbewerbsgewinner einfügt. Mit diesem nicht vereinbar ist hingegen die im Rahmenplan vorgesehene Neugestaltung des Vorfeldes des Handelszentrums nach Plänen von Christoph Langhof durch vier quer zur Friedrichstraße gestellte, durch Glasdächer verbundene Gebäudezeilen, deren Höhe zum Stadtbahnviadukt hin ansteigt. Diese Idee geht auf den im Wettbewerb mit einem zweiten Preis ausgezeichneten Entwurf Langhofs zurück, den die Jury an dieser Stelle für geeigneter hielt. An symbolträchtiger Stelle ist das größte Neubauprojekt an der Friedrichstraße im Entstehen: das "American Business Center" am Checkpoint Charlie, an jenem ehemaligen Grenzübergang für Ausländer, der weltweit Bekanntheit erlangt hat. Der amerikanische Investor, die Central European Development Corporation (CEDC), bekundete bereits wenige Monate nach Öffnung der Berliner Mauer Interesse an diesem Gelände. "Die Steinwüste, die sich hier mitten im Herzen Berlins wie eine Narbe ausgebreitet hat, wollen wir entfernen und so endlich die Stadt wieder reparieren", mit diesen Worten umriß Abraham Rosenthal, Geschäftsführer der CEDC, das Ziel (zit. nach Reinsch 1992). Die vom Senat neu eingerichtete Stabsstelle zur Betreuung privater Großinvestoren, der Koordinierungsausschuß für innerstädtische Investitionen (KOAI), war bemüht, das Projekt zügig voranzubringen. Die Architekten für drei der vier Blöcke wurden 1992 in einem beschränkten Wettbewerb ausgewählt (David M. Childs, Jürgen Engel, Ulrike Lauber und Wolfram Wöhr sowie Günther Bender und Gisela Glass). Mit der Planung des vierten Blocks wurde Philip Johnson direkt beauftragt. "Dieser Moment ist wohl für uns alle ein ganz besonderer. An diesem Ort, an dem einst amerikanische Panzer die Freiheit verteidigten, werden bald amerikanische Geschäftsleute ihre Büros eröffnen", bemerkte Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen anläßlich der Bekanntgabe der Wettbewerbsgewinner am 2. Oktober 1992 (zit. nach Reinsch 1992), die mit der symbolischen Grundsteinlegung verbunden wurde. Die eigentlichen Bauarbeiten begannen allerdings erst 1994 und sollen bis 1998 zum Abschluß gebracht werden. Das Bauvolumen ist mit einer überbauten Fläche von 20.000 Quadratmetern und einer Bruttogeschoßfläche von 180.000 Quadratmetern (davon 60.000 Quadratmeter unterirdisch) in der Tat gewaltig. Die vorherrschende Nutzung werden Büros (65 Prozent der Fläche) sein, außerdem entstehen Wohnungen (20 Prozent) sowie Läden, Galerien, Restaurants und Cafés (15 Prozent). Über 3.500 Arbeitsplätze sollen angeboten werden. Bausenator Wolfgang Nagel lobte die "berlinische Haltung" (zit. nach Reinsch 1992) der Wettbewerbsgewinner und Investoren und meinte damit die Einhaltung des städtebaulichen Regelwerks der "kritischen Rekonstruktion". Tatsächlich respektieren die Neubauten den Stadtgrundriß und das traditionelle Höhenprofil, und auch der übliche zwanzigprozentige Wohnanteil wird erreicht. Radikal verändert wird allerdings ähnlich wie bei den 108 "FriedrichstadtPassagen" das historische Parzellen- und Bebauungsgefüge: Dieses wird durch die Bildung von vier - nur durch Straßen voneinander getrennten - Riesenparzellen mit einer Bebauung, die infolge der Beteiligung von lediglich vier Architekturbüros relativ gleichförmig ausfällt, stark nivelliert. Lediglich der Eigentümer des in stadträumlich prominenter Lage an der Einmündung der Mauerstraße in die Friedrichstraße gelegenen Grundstückes widersetzte sich mit Erfolg dem Expansionsstreben der CEDC und beauftragte Josef Paul Kleihues mit dem Entwurf für das Wohnund Geschäftshaus "Triangel". Weitgehend getilgt wurde die Erinnerung an die einstige Grenzübergangsstelle, die wie nur wenige andere Abschnitte der Berliner Mauer die Teilung der Stadt symbolisierte. Die Chance, durch die Integration von Teilen der Grenzanlagen in die Neugestaltung des Areals die Erinnerung an diese Narbe inmitten der Stadt auch künftig wachzuhalten, wurde leichtfertig verspielt. Die beabsichtigte Schaffung einer Gedenkstätte im Innern eines der Neubaublocks wird kaum mehr einen authentischen Eindruck von der einmaligen Atmosphäre dieses Ortes vermitteln können. Vergleichsweise bescheiden stellt sich heute das Planungs- und Baugeschehen in der südlichen Friedrichstadt dar, die noch in den achtziger Jahren das Interesse der Fachleute aus aller Welt auf sich zog, als hier im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1984/87 die Kleihuessche Variante der "kritischen Rekonstruktion" in großem Maßstab gebaute Wirklichkeit wurde. Die Wiedergewinnung der "Innenstadt als Wohnort" war damals das oberste Ziel. Erneut in das Blickfeld der Planer geriet jedoch der Mehringplatz, der südliche Endpunkt der Friedrichstraße. Nach schweren Kriegsschäden hatte dieser Bereich in den Jahren 1967-75 eine vollkommen neue Gestalt erhalten. Die eine städtebauliche Idee Hans Scharouns aufgreifende Planung Werner Düttmanns hatte zwar die runde Platzform wiederaufgenommen. Der Platz war jedoch von der Lindenstraße und Wilhelmstraße quasi "abgehängt" und - mit Blick auf eine geplante Stadtautobahn in Ost-West-Richtung - durch eine Hochhausbebauung von der übrigen Friedrichstadt stadträumlich isoliert worden. Das 1991 von Justus Burtin und Julius Spangenberg vorgelegte Gutachten "Das Projekt Mehringplatz" führte das Planungskonzept der sechziger Jahre weiter und stellte eine bauliche Verdichtung (auch durch weitere Hochhäuser) zur Diskussion. Zusätzliche Verdichtungsvarianten brachte das "Kooperative Planungsverfahren Mehringplatz", an dem neben drei Architekturbüros und weiteren Sachverständigen Vertreter des Senats und Bezirks sowie der Eigentümer und Mieter teilnahmen (Ergebnis dokumentiert in Burtin 1994). Im Februar 1993 präsentierten die drei eingeladenen Büros ihre Konzepte für Ergänzungsbauten mit einer Bruttogeschoßfläche von jeweils etwa 100.000 Quadratmetern (!) - Vorschläge, die in Anbetracht der vorhandenen Bebauungs- und Wohndichte sowie der ohnehin schon starken Beeinträchtigung der friedrichstädtischen Silhouette durch die Hochhausmassierung rings um das einstige "Rondell" zu Recht Widerspruch hervorriefen. Gewiß bestehen einige Möglichkeiten für kleinteilige Ergänzungsbauten, so etwa auf dem Parkplatz der Allgemeinen Ortskrankenkasse zur Wilhelmstraße hin. In der vorgeschlagenen Größenordnung ist eine Nachverdichtung jedoch nicht mit der vor allem für die Hochhausbewohner anzustrebenden Wohnumfeldverbesserung vereinbar. Die in allen drei Entwürfen vorgesehenen Hochhäuser würden überdies den durch die Neubebauung in den sechziger Jahren vollzogenen Maßstabsbruch und die damit einhergegangene Beschädigung des Stadtgrundrisses noch verstärken. Eine kritische Bewertung der neuen Friedrichstraße kann nicht nur deren städtebaulicharchitektonische Gestalt betrachten, sondern darf auch die Straße als sozialen Raum nicht aus dem Auge verlieren. Wem gehört die Friedrichstraße? Wer wird hier wohnen, arbeiten, einkaufen, bummeln und so weiter? Die Beantwortung dieser Fragen ist für die Beurteilung der Qualität der neuen Friedrichstraße nicht minder wichtig als der Diskurs über die kritische Rekonstruktion. Bezeichnend für die Entwicklung, die inzwischen an verschiedenen Stellen steinerne Gestalt annimmt, ist gewiß die Prognose des Senatsbaudirektors: In der Vision des Sozialdemokraten Hans Stimmann erscheint die Friedrichstraße der Zukunft als "eine für das neue Berlin höchst attraktive 109 Geschäftsstraße" - als "der Ort der mittleren und höheren Angestellten aus Ministerien und Vorstandsetagen, ein Ort der Lobbyisten, der Banken und Versicherungen, der Parteien, der Museen und der Universitätsinstitute" (1993b, S. 1129). Die einfachen Menschen, die "normalen" Bürger der Stadt und der Region kommen in diesem Bild einer exklusiven Geschäftsstraße nicht einmal als Passanten vor. Das ist durchaus konsequent schließlich werden die neuentstehenden, privat finanzierten und dementsprechend teuren Wohnungen nur für wenige erschwinglich sein, und die Vorstellung des Wohnens quasi "auf dem Dach" - oberhalb von fünf oder sechs Geschäfts- und Büroetagen - wird auch nicht jedermann zusagen. Teuer werden nicht nur die Mieten der neuen Wohnungen, sondern auch die Mieten der neuen Läden und Büros sein - so werden auch die hier entstehenden Arbeitsplätze sowie Einkaufsund Dienstleistungsangebote in erster Linie das "gehobene Publikum" ansprechen. 3.7.5. Leipziger Straße Ein Schlüsselprojekt der "kritischen Rekonstruktion" der Friedrichstadt ist schließlich der Umgang mit der Leipziger Straße. Zu Zeiten der DDR wurde durch die Neugestaltung der Leipziger Straße zwischen Spittelmarkt und Charlottenstraße das barocke, wenig hierarchische Straßennetz erheblich beschädigt. Allerdings wurde damit auch eine neue städtebauliche Figur geschaffen, die als "moderne" Variante der Stalinallee gelten kann: als städtische, funktionsgemischte Straße, die jedoch auf das Umfeld keine Rücksicht mehr nimmt. Im Oktober 1992 legte das Mailänder Architekturbüro Gregotti Associati Int. ein städtebauliches Gutachten zur Leipziger Straße "von der Wilhelmstraße bis zur Getraudenbrücke und Spittelmarkt" vor. In diesem Gutachten wurde davon abgeraten, nostalgisch die Vergangenheit zu rekonstruieren, da die Leipziger Straße ihre historischen Merkmale und Bezüge im Kontext der Friedrichstadt verloren habe. Das Gutachten warb für eine Akzeptanz der neuen Leipziger Straße, deren Bedeutung allerdings zu verändern wäre - zum Beispiel in Richtung eines "großen langgestreckten Platzes", der im Osten durch den Spittelmarkt und im Westen durch neue Baukörper begrenz werden könnte. Dieses Gutachten fand bei den zuständigen Senatsverwaltungen allerdings wenig Beachtung. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz forderte vier Büros auf, in einem städtebaulichen Ideenwettbewerb Neugestaltungsvorschläge zu präsentieren. Prämiert wurde Anfang November 1992 das Konzept von Hans Kollhoff und Helga Timmermann, nach dem die Leipziger Straße von heute 60 Meter auf eine Breite von 22 Metern zurückgebaut werden sollte mit neuen, siebengeschossigen Gebäuden auf der nördlichen Straßeseite (22 Meter Traufhöhe). Für diese Neubebauung wurde folgendes Raumprogramm angegeben: 42.691 Quadratmeter Ladenfläche, 68.428 Quadratmeter Wohnfläche (700 Wohnungen) und 182.969 Quadratmeter Bürofläche. Die künftige Leipziger Straße sollte jeweils zwei Fahrspuren und eine Trasse für die Straßenbahn erhalten. Zwischen den Neubauten und der vorhandenen Hochhausbebauung auf der Nordseite war eine neue, 18 Meter breite Erschließungsstraße vorgesehen. Diese Vorschläge fanden ein kontroverses Echo: Umstritten sind bis heute sowohl der Rückbau der Fahrbahnen als auch die bauliche Verdichtung. Insbesondere der Verkehrssenator machte sich zum Anwalt derer, die den Erhalt der Leipziger Straße als Hauptverkehrsstraße in der heutigen Breite forderten. Streitbar ist zweifellos die von Kollhoff und Timmermann vorgeschlagene Neubebauung im Norden der zurückgebauten Leipziger Straße. Damit knüpfen sie zwar an das im Stadtbild heute nur noch durch wenige Gebäude präsente Raumgefüge der Vorkriegszeit an, das durch die Neugestaltung der siebziger Jahre negiert wurde. Das Ergebnis dieser Neugestaltung stellt jedoch ein ausgereiftes städtebauliches Zeitdokument dar, das jede Planung auch im Interesse der dort lebenden und arbeitenden Menschen zu berücksichtigen hat. Der Freiraum vor den Hochhäusern 110 zum Beispiel ist zweifellos eine wichtige, bewahrenswerte Qualität. "Viel Schatten, wenig Licht!" mit diesen Worten charakterisierte Joachim Eichstätt von der "Betroffenen-Initiative Leipziger Straße" denn auch den preisgekrönten Entwurf (zit. nach Der Tagesspiegel, Beilage "Kiez" N vom 7.10.1993). Aber auch von seiten des Bezirksamtes Mitte erntete das Verdichtungskonzept entschiedene Kritik: "Progressiv mit dem Stadtgrundriß umzugehen heißt nicht in jedem Fall, barocke Stadtstrukturen wiederherzustellen" (zit. nach Der Tagesspiegel vom 24.11.1992). Gewiß ist die Reduzierung des Verkehrs im Sinne der Wohn-, Einkaufs- und Dienstleistungsnutzungen dringend geboten, der Rückbau der Fahrspuren und die Verbesserung des öffentlichen Verkehrs durch eine Wiederkehr der Straßenbahn also unbedingt anzustreben. Auf eine bauliche Verdichtung des Hochhausensembles sollte hingegen verzichtet werden; die Bauaktivitäten sollten auf die brachliegenden Bereiche westlich der Friedrichstraße beschränkt bleiben. Die durch den Straßenrückbau gewonnenen Flächen könnten das grüne Vorfeld der Hochhäuser erweitern - vor allem auf der sonnigen Nordseite der Straße. "Eine grüne Promenade zwischen Friedrichstraße und Spittelmarkt" (Wilczok 1993) wäre das auch von vielen Anwohnern gewünschte Ergebnis. Während die Umgestaltung der Leipziger Straße nach wie vor kontrovers diskutiert wird, hat die Sanierung des Gebäudebestandes durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte bereits begonnen. Inzwischen haben zwei der Hochhausscheiben im Norden eine vollkommen neue Außenhaut erhalten. Gewiß stellen die zu Wintergärten umgebauten Balkone eine Verbesserung der Wohnqualität an der verkehrsreichen Straße dar. Die Glätte und das vorherrschende Grau der kaum gegliederten Fassaden läßt die Häuser heute allerdings kühl und abweisend wirken. Die ursprüngliche und an den bisher nicht erneuerten Gebäuden noch zu besichtigende Gestaltung mit den hellen Farben und der architektonischen Gliederung vermittelt demgegenüber ein geradezu heiteres und freundliches Bild, das allerdings durch die Einheitlichkeit der Formen getrübt wird. Zwei der vier Hochhäuser auf der südlichen Straßenseite verkaufte die Wohnungsbaugesellschaft Ende 1993 an einen privaten Unternehmer, der sich zur Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen verpflichtet hat. Notwendig geworden war dieser Schritt aufgrund des Altschuldengesetzes des Bundes, das eine Privatisierung von Teilen des Wohnungsbestandes fordert. Mit dem Verkaufserlös soll die Sanierung der beiden im kommunalen Eigentum verbleibenden Häuser finanziert werden. Südlich der Leipziger Straße hält neues Leben Einzug in das alte Berliner Zeitungsviertel. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich hier unmittelbar an der Sektorengrenze lediglich der Axel-Springer-Verlag ein neues Domizil errichtet (1961-66) - mit einem gewaltigen Hochhaus, dessen werbende Aufschriften weit nach Ost-Berlin ausstrahlen sollten: eine Geste des kalten Krieges, die wenige Jahre später durch die Hochhausbebauung der Leipziger Straße beantwortet wurde. Ebenfalls in der Kochstraße bezog die alternative "tageszeitung" in den achtziger Jahren einen Neubau. Nach 1989 zog das wohl berühmteste historische Gebäude des Zeitungsviertels erneut Aufmerksamkeit auf sich: das "Mosse-Haus" in der Schützenstraße, dessen Kriegswunden nur notdürftig repariert worden waren. Sowohl der weitgehende Verlust der originalen Gestalt als auch die abseitige Lage zwischen den Hochhäusern der Leipziger Straße und der Berliner Mauer hatten den Bau weithin in Vergessenheit geraten lassen. Im Juni 1993 begann der private Eigentümer mit der Wiederherstellung des geschichtsträchtigen Druck- und Verlagshauses, das Teil eines den gesamten, großteils brachliegenden Block umfassenden Projektes für ein "Medien- und Geschäftszentrum" ist. Seit Anfang 1995 ist das Ergebnis des Versuches zu besichtigen, den Zustand des Altbaus nach dem in den zwanziger Jahren erfolgten Umbau zu rekonstruieren - leider mit Mängeln hinsichtlich mancher Details, die im Entwurf Erich Mendelsohns eine entscheidende Rolle spielten. Fertiggestellt wurde auch ein erster Abschnitt der ergänzenden, umfangreichen Neubebauung, die noch im Verlauf der neunziger Jahre abgeschlossen werden soll. Insgesamt wird dann im "Mosse-Zentrum" eine Nettogeschoßfläche von etwa 64.000 Quadratmetern zur Verfügung 111 stehen, davon 13,5 Prozent für Wohnungen, 81 Prozent für Büro- und Druckereiflächen und 5,5 Prozent für Läden, Praxen und Galerien. Vor allem aus dem Verlags- und Fernsehbereich sollen das künftige Nutzungsprofil entscheidend prägen. Während sich die Neubauten hier an die Höhe der "Berliner Trauflinie" halten, wiederholt der kürzlich - aufgrund des Bebauungsplans aus den sechziger Jahren! - errichtete zwanziggeschossige Erweiterungsbau des Springer-Verlags den übersteigerten Maßstab des älteren Hochhauses. 3.7.6. Wilhelmstraße In das Blickfeld der Hauptstadtplaner rückte das frühere Regierungsviertel im Umkreis der Wilhelmstraße. Auf den ersten Blick erinnern hier heute lediglich die aus der Zeit des "Dritten Reiches" überkommenen Großbauten des ehemaligen Reichsluftfahrtministeriums und des ehemaligen Reichspropagandaministeriums (Mauerstraße) an die einstige Bedeutung dieses Ortes. Im übrigen hatte die Wilhelmstraße im Zuge der Ende der achtziger Jahre begonnenen Neugestaltung als innerstädtische Wohn- und Geschäftsstraße ein vollkommen neues Gesicht erhalten. Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten bezog die Treuhandanstalt das Gebäude des Luftfahrtministeriums; künftig wird hier das Bundesfinanzministerium sein Domizil haben. Das frühere Propagandaministerium wurde zum Amtssitz des Umweltbundesamtes und wird künftig das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beherbergen. Das Interesse der Hauptstadtplaner wandte sich bald auch den früheren Ministergärten zu, die zum Teil in die Grenzsicherungsanlagen der DDR einbezogen gewesen waren. Die Nähe zum künftigen Parlaments- und Regierungsviertel am Spreebogen ließ diesen Bereich für die Unterbringung von Hauptstadtfunktionen als besonders geeignet erscheinen. Ein 1993 von den Senatsverwaltungen für Bau- und Wohnungswesen sowie Stadtentwicklung und Umweltschutz gemeinsam durchgeführtes Gutachterverfahren sollte Ideen für den Umgang mit diesem historisch sensiblen Gelände bringen, das im gleichen Jahr in die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme für das Parlaments- und Regierungsviertel einbezogen wurde. Aus den Konzepten der drei beteiligten Büros wurde schließlich der städtebauliche Entwurf von Hildebrand Machleidt + Partner (mit Wolfgang Schäche und Cornelia Müller) als Grundlage für die Aufstellung von zwei Bebauungsplänen ausgewählt. "Ziel der Planung ist es, auf den Flächen der ehemaligen Ministergärten ein Denkmal für die ermordeten Juden Europas zu errichten und einen Teil der Vertretungen der Bundesländer in der Hauptstadt anzusiedeln. Nachdem anfängliche Überlegungen, beispielsweise das Außenministerium hier zu errichten, verworfen wurden, erschien diese Konzeption dem politischen Gewicht des Ortes und seiner morphologischen Besonderheit besonders angemessen. Der vorliegende städtebauliche Entwurf versucht sich an der Stadtgeschichte zu orientieren. Dabei wird die charakteristische Verzahnung der Friedrichstadt mit dem Tiergarten über das Areal der 'Ministergärten' aufgegriffen und neu interpretiert." (Machleidt 1994) Der Entwurf gliedert das Gelände in drei Teile: Die Fläche im Süden der Behrenstraße ist für das Denkmal reserviert. Südlich davon werden die Vertretungen von zwölf Bundesländern "als palaisartige Solitärbauten" (ebd.) angeordnet und durch Grünflächen abgerundet. Im Osten ist eine Ergänzung des vorhandenen Wohnquartiers insbesondere durch neue Wohngebäude vorgesehen. Aber auch das alte Thema eines Straßendurchbruchs im Bereich der Ministergärten erlebt in diesem Entwurf seine Renaissance - in Form einer breiten, in der gedachten Verlängerung der Französischen Straße liegenden Baumallee zwischen Wilhelmstraße und Ebertstraße. "Diese Verbindung wird im Bebauungsplan als Option für den Straßenverkehr offengehalten." (Lautenschläger 1994, S. 23) Außerordentlich große Resonanz fand der 1994 für die Gestaltung des Holocaust-Mahnmals von der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Berlin und dem Förderkreis zur Errichtung eines 112 Denkmals für die ermordeten Juden Europas e. V. gemeinsam ausgelobte künstlerische Wettbewerb. Das Preisgericht konnte sich allerdings im März 1995 unter den 528 eingereichten Arbeiten nicht zu einer eindeutigen Entscheidung durchringen und vergab zwei erste Preise, zum einen an den Architekten Simon Ungers, zum anderen an die Architekten- und Künstlergruppe Christine Jackob-Marks, Hella Rolfes, Hans Scheib und Reinhard Stangl. Simon Ungers schlägt die Gestaltung eines Platzes vor, der von Stahlbalken umschlossen wird, die mit den Namen der Vernichtungslager perforiert sind. Der Entwurf der Gruppe sieht eine riesige, schräg ansteigende Betonplatte vor, in die die Namen der Juden (soweit bekannt) eingraviert werden, die dem Rassenwahn der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Ungewiß ist die Zukunft eines aus der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft überkommenen Denkmals in dem für die Errichtung der Ländervertretungen vorgesehenen Bereich: der nach dem Abriß der Ruine der Neuen Reichskanzlei erhalten gebliebenen Bunkeranlagen und Überreste eines Innenhofes. Die Frage des Umgangs mit diesen unterirdischen Anlagen wird seit der im Frühjahr 1992 erfolgten Freilegung und Untersuchung durch das Archäologische Landesamt kontrovers diskutiert. Indessen ist die Erhaltung dieser letzten Reste der Neuen Reichskanzlei dringend geboten: angesichts der herausragenden Bedeutung, die dem Amtssitz des "Führers" unter den Schaltstellen der Macht im Umfeld der Wilhelmstraße zukam, aber auch im räumlichen Zusammenhang mit dem geplanten Erinnerungsmal für die Opfer der nationalsozialistischen Rassenpolitik. "Es darf nicht dazu kommen, daß im Schatten des geplanten Mahnmals ein historisch entsorgtes Gelände mit schicken Landesvertretungen in gefälligen Gärten liegen wird. Ein derartiges Umfeld würde dem Holocaust-Mahnmal eine Alibifunktion förmlich aufzwingen. Das verdienen weder der geschichtsträchtige Boden noch das Mahnmal." (Alfred Kernd'l, ehemaliger Wissenschaftlicher Direktor des Archäologischen Landesamtes, 1995) 3.8. Ausblick Die Dorotheen-/Friedrichstadt ist auf dem Weg, wieder zum Herzstück der Berliner City zu werden - zum zentralen Bereich der Berliner "Geschäftsstadt", wie Willy Lesser diesen Bezirk am Ende der Kaiserzeit beschrieb. In der Tat hat die Bautätigkeit der letzten Jahre beeindruckende Dimensionen erreicht, insbesondere in der Friedrichstraße, die in weiten Teilen zu einer großen Baustelle geworden ist. Kritik an der Form dieser Bautätigkeit ist jedoch angebracht. Die von seiten der Senatsbauverwaltung zum städtebaulichen Leitbild erhobene "kritische Rekonstruktion der Stadt" ist gewiß im Grundsatz eine brauchbare Strategie zur Wiedergewinnung verlorengegangener Qualitäten und damit zur Stärkung der besonderen städtebaulichen Eigenart der Dorotheen-/Friedrichstadt. Dabei ist dieses Konzept keineswegs eine ausschließlich "westliche" Erfindung, die erst nach der "Wende" dem Ostteil Berlins segensreich zuteil geworden wäre - so der irreführende Eindruck, den viele veröffentlichte Stimmen erwecken. Tatsächlich hat die "kritische Rekonstruktion" - das zeigt der Blick zurück - ihre Traditionen auch in der Ost-Berliner Planungsund Baugeschichte. In Zukunft gilt es, gerade den kritischen Charakter der Rekonstruktion stärker zu betonen und die einseitige Orientierung der letzten Jahre auf den Vorkriegszustand zu überwinden. Denn auch die Produkte der Stadtbau- und Architekturgeschichte der letzten fünfzig Jahre dürfen nicht einfach negiert werden. Selbst die überkommenen Reste der Vorkriegsbebauung stellen sich keineswegs einheitlich dar, sondern vermitteln ein schillerndes, an Widersprüchen und Brüchen reiches Bild. Planungsziel sollte es heute sein, diese komplexe Entwicklung auch künftig im Stadtbild ablesbar zu erhalten. Das dieser Situation angemessene Leitbild wäre also die "ungleichzeitige Stadt", in der für die Schöpfungen der unterschiedlichen stadtbaugeschichtlichen Epochen aus drei Jahrhunderten Platz ist. Das gilt auch für manche Zeugnisse des Städtebaus und der Architektur der DDR (zum Beispiel in der Straße Unter den Linden, der Friedrichstraße und der Leipziger Straße sowie am 113 Gendarmenmarkt), denen derzeit eine übereilte kulturelle Entwertung widerfährt, obwohl sie nicht nur wichtige stadtbau- und zeitgeschichtliche Dokumente, sondern auch bedeutende Wohnungsbestände bzw. anderweitig nutzbare Ressourcen darstellen. Anspruch auf eine angemessene Würdigung ihrer ästhetischen Qualitäten und ihrer Nutzbarkeit haben auch einige Freiraumgestaltungen aus der DDR-Ära, in erster Linie der Gendarmenmarkt und der Opernplatz. Die Wiederherstellung eines längst vergangenen Vorkriegszustandes - wie von der Berliner Gartendenkmalpflege für den Gendarmenmarkt angestrebt - wäre daher ein höchst zweifelhaftes Unterfangen und würde eine historische Kontinuität im Platzbild vortäuschen, die in Anbetracht der durch den Zweiten Weltkrieg verursachten Verwüstungen und der danach erfolgten bewußten Neugestaltung im Widerspruch zum tatsächlichen Verlauf der Geschichte stünde. Defizite weist die bisherige Interpretation der "kritischen Rekonstruktion" aber auch in der Gestalt der Neubauten auf. Die Tendenz zur Bildung von Großparzellen korrespondiert vielerorts mit einem Bebauungsmaßstab, der mit der traditionellen Kleinteiligkeit des Parzellen-, Nutzungs- und Bebauungsgefüges bricht. Architektonische Großformen haben gewiß ihre Berechtigung bei bestimmten Bauaufgaben (wie zum Beispiel dem Neubau eines Kaufhauses), sollten im Stadtraum der Dorotheen-/Friedrichstadt jedoch die Ausnahme bleiben. Das von Josef Paul Kleihues entwickelte "Prinzip des Baukastens" stellt zumindest eine formale Alternative für Blöcke mit einem Eigentümer dar. Aber auch die Instrumente des städtebaulichen Denkmalschutzes und der baugestalterischen Regelwerke könnten einen Beitrag zur Wiedergewinnung der die historische Dorotheen-/Friedrichstadt prägenden Kleinteiligkeit leisten. Ein wichtiges Anliegen ist schließlich auch die Sicherung der aus der DDR-Zeit überkommenen, überwiegend noch im Eigentum städtischer Wohnungsbaugesellschaften befindlichen Wohnungen für die Zukunft. Die Existenz eines großen, für breite Schichten der Bevölkerung erschwinglichen Wohnungsbestandes im Stadtzentrum stellt eine soziale Qualität dar, die in westdeutschen und westeuropäischen Großstädten alles andere als selbstverständlich ist und im derzeitigen Baugeschehen keine Entsprechung mehr findet. In den neuentstehenden Büro- und Geschäftshäusern spielt das Wohnen nur noch eine untergeordnete Rolle. Gewiß stellt die Durchsetzung eines Wohnanteils von 20 Prozent (in manchen Projekten auch weniger oder überhaupt keine Wohnfläche) schon einen gewissen Erfolg im Vergleich zu den Neubauten in den Zentren vieler anderer Städte dar. Um das Stadtbild, die Nutzungsstruktur und das städtische Leben - vor allem in den Abendstunden - aber wirklich mitzuprägen, ist dieser Anteil allerdings zu gering. Überdies wird über den hohen Mietpreis der Zugang beschränkt und "soziale Mischung" verhindert. Für die Genehmigung von Bauvorhaben nach § 34 des Baugesetzbuches ist eine Bürgerbeteiligung nicht vorgesehen und findet auch faktisch nicht statt. Gewiß besteht an Informationen über die Cityprojekte kein Mangel. Zeitungen und Zeitschriften sind voll von Berichten, die Senatsverwaltungen veröffentlichen Broschüren, veranstalten Ausstellungen und laden zu Baustellenbesichtigungen ein. In Fachkreisen wurden engagierte Diskussionen geführt, die ihren Ort beispielsweise in den abendlichen "Architekturgesprächen" des Bausenators und im "Stadtforum" des Stadtentwicklungssenators haben. Eine Einbeziehung der allgemeinen Öffentlichkeit in die Planungen für die alt-neue City Berlins findet hingegen kaum statt. Die vermehrte Aufstellung von Bebauungsplänen, in deren Verfahren die Beteiligung der Bürger gesetzlich vorgeschrieben ist, könnte hier Abhilfe schaffen und zugleich höhere Wohnanteile in den Neubauten durchsetzen. Aber auch die informellen Planungen (wie zum Beispiel die städtebaulichen Strukturkonzepte) bedürfen der öffentlichen Erörterung, stellen sie doch wichtige Grundlagen für die Aufstellung von Bebauungsplänen und für die Anwendung der "Einfügungsklausel" des § 34 des Baugesetzbuches im konkreten stadträumlichen Zusammenhang dar. Daß eine breite öffentliche und politische Diskussion von den Entscheidungsträgern nicht einfach ignoriert werden kann, hat das Verfahren 114 für den Bebauungsplan "Pariser Platz" (mit den darin integrierten Baugestaltungsvorschriften) gezeigt. Die zeitweilig äußerst heftig geführte Diskussion hatte Folgen: Zum einen förderte sie die Herausbildung eines gesellschaftlichen Konsenses über das grundlegende Ziel einer gegenüber dem historischen Charakter dieses Stadtraums und seines beherrschenden Bauwerks sensiblen Rekonstruktion. Zum anderen führte der Streit auch zu einigen nicht unwesentlichen Änderungen am Entwurf des gestalterischen Regelwerks. Unabhängig von der persönlichen Beurteilung dieser Änderungen belegt dieser Fall die Erfolgschancen demokratischer Planungsprozesse. 115 4. Vom Windschatten in den Sturm: Spandauer Vorstadt und Königstadt Das alte, nicht herrschaftliche, volkstümliche Berlin findet sich heute nicht mehr im Bereich der auf das Mittelalter zurückgehenden Altstadt. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und des Nachkriegsstädtebaus bildet die barocke Stadterweiterung im Norden des Berliner Zentrums den letzten Berliner Stadtteil, dessen städtebauliche Strukturen noch deutlich an das alte, vorindustrielle Berlin erinnern. Diese Stadterweiterung setzt sich aus der Spandauer Vorstadt und der noch verbliebenen westlichen ehemaligen Königstadt, der ältesten berlinischen Vorstadt, zusammen. Sie wird das Alt-Berlin von morgen sein. 4.1. Ein hierarchischer, unregelmäßiger Stadtteilgrundriß Schon der Grundriß der Spandauer Vorstadt (einschließlich der westlichen Königstadt) läßt erkennen, daß dieser Stadtteil kein privilegiertes Gebiet war. Anders als in den fast gleichzeitig angelegten barocken Vorstädten Dorotheen- und Friedrichstadt wird man städtebauliche Kraftakte hier vergeblich suchen: Statt eines regelmäßigen Rastergrundrisses mit einigen wohlgeformten Plätzen ist im Norden des Zentrums ein unregelmäßiges, hierarchisches Straßensystems ohne ausgezirkelte Plätze zu sehen, das auf den ersten Blick eher mittelalterlich als barock anmutet. Doch auch die Unregelmäßigkeit hat System: Ausgangspunkt der nördlichen barocken Stadterweiterung war der Bereich des Hackeschen Marktes, der sich um 1750 in seiner noch heute bekannten Form herausbildete. Auf diesem ursprünglich vor dem mittelalterlichen Spandauer Tor gelegenen Platz liefen einige Ausfallstraßen zusammen, bevor sie in die Stadt eintraten: die Straßen nach Spandau, Neuruppin/Hamburg, Rosenthal, Pankow/Schönhausen und Prenzlau. Die wichtigste dieser Straßen fällt schon durch ihre Breite ins Auge: die nach Spandau führende Oranienburger Straße. Ihr nächster Zielort gab dem Stadtteil den Namen: Spandauer Vorstadt. Der Hackesche Markt selbst wurde im "Neusten Conversations-Handbuch für Berlin und Potsdam" von 1834 abschätzig als einer "der kleinsten und unansehnlichsten öffentlichen Plätze unserer Hauptstadt" (S. 291) bezeichnet. Im Norden wurde der Stadtteil bis 1867 durch die Akzisemauer abgeschlossen, die seit 1705 als Palisadenumwehrung auf Höhe der Linienstraße und nach 1780 auf Höhe der Neuen Torstraße verlief. Durchbrochen wurde diese Mauer, die der Steuererhebung diente und Soldaten an der Desertion hindern sollte, nur durch wenige Tore: das Oranienburger, das Hamburger, das Rosenthaler und das Schönhauser Tor. Damit war das System der Hauptstraßen festgelegt. Die Erschließung des Stadtteils erforderte weitere, die Ausfallradialen vernetzende Straßen zweiter und dritter Ordnung, die weitgehend den vorstädtischen Spuren des Geländes folgten: alten Wegen und Parzellengrenzen. Die die Stadtteilsilhouette prägende Sophienkirche wurde seit 1712, ihr Turm 1732-34 im Zentrum des Gebiets zwischen der Ausfallstraße nach Hamburg und der Sophienstraße errichtet. Die beiden Plätze am Nordrand der barocken Vorstadt - der Koppenplatz und der heutige Rosa-Luxemburg-Platz - sind Produkte der Stadterneuerung des 19. und 20. Jahrhunderts: Der Koppenplatz entstand im Zuge der Umwandlung des aufgegebenen Armenfriedhofs, der Rosa-Luxemburg-Platz (früher Bülowplatz) nach der Kahlschlagsanierung im Scheunenviertel seit 1907. 116 4.2. Soziale und kulturelle Mischung Der fehlenden städtebaulichen Ordnungskraft der Barockzeit in diesem Gebiet entsprach dessen soziale Stellung im Gefüge der Gesamtstadt: Hier fanden weniger angesehene gesellschaftliche Gruppen ihren Wohnort, ihre Einrichtungen, ihren Begräbnisplatz - so Teile der jüdischen und der katholischen Bevölkerung sowie der Garnison. Die neue Synagoge (nach Plänen von Eduard Knoblauch), die jüdische Versorgungsanstalt, das jüdische Krankenhaus, der jüdische Begräbnisplatz, das katholische Krankenhaus, die Kaiser-Alexander-Kaserne, der Begräbnisplatz der Garnison, das Armenhaus und der Armenfriedhof (am späteren Koppenplatz) belegen schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts die kulturelle Vielfalt und soziale Position des Stadtteils. Aus dieser Welt hob sich nur eine "vornehmere" Straße heraus: die großzügig angelegte, "auf beiden Seiten mit Linden besetzt[e]" (Nicolai 1786, S. 44) Oranienburger Straße, an die im Süden die Schloßlandschaft Monbijou grenzte - die einzige herrschaftliche Einrichtung von Gewicht im Norden des Zentrums. Hier ließ Kurfürstin Dorothea in einem ihr 1670 überlassenen Garten eine Meierei anlegen, deren Ländereien "bis an den jetzigen Schiffbauerdamm, und noch jenseits der Spree, bis auf die jetzige Dorotheenstadt" reichten (Nicolai 1786, S. 42). Der Schloßbau selbst begann im Jahre 1708 nach Plänen von Johann Friedrich Eosander von Göthe. Der nach Süden orientierten Schloßlandschaft gelang es allerdings nie, die nördlich gelegene einfache Vorstadt sozial zu überfremden. Im Gegenteil: Das Schloß blieb eine Enklave nördlich der Spree, die auch bei den Hohenzollern keine sonderliche Wertschätzung genoß. An der Oranienburger Straße entfaltete sich vor allem die Post mit ihren Einrichtungen, ein Standort, der 1713 mit der Fertigstellung des Postillonhauses begründet wurde und 1875-81 durch den Bau des Postfuhramtes seine Krönung erhielt. Die relative Pracht der Oranienburger Straße kontrastierte mit der Enge und dem Elend insbesondere der nur sieben bis neun Meter breiten Gassen in der westlichen Königstadt, die seit dem späten 17. Jahrhundert zunächst als Scheunengassen dienten, seit Beginn des 19. Jahrhunderts aber in Goldgruben des Wohnungselends verwandelt wurden. Im Zuge der Herausbildung einer City in der Kaiserzeit verschärften sich diese Situation. Im Vergleich zu den neuen Mietskasernen waren die einfachen Wohnungen in der vorindustriellen Stadt - das wird leicht vergessen - noch ungleich schlechter. Das hatte Auswirkungen auf die sozialen Verhältnisse. Kleinkriminalität, Prostitution, Großstadtvergnügen, Homosexualität waren verbreitete Assoziationen, die sich mit dem Gebiet nördlich des Zentrums verbanden. Hier fanden bald die ärmsten der zugewanderten Juden ihre Bleibe, die Ostjuden, die schon durch ihr Äußeres besonders auffielen. 4.3. Erneuerungsprojekte bis zur nationalsozialistischen Zeit Bereits im Jahre 1817 wurde ein Vorschlag zur Aufwertung des mittleren Teils der barocken Vorstadt präsentiert - von Karl Friedrich Schinkel. Dieser plante eine "Neue Straße am Monbijou", die - anschließend an eine neue "Eiserne Brücke" über die Spree - an dem projektierten Pantheon im Südwesten des Schlosses Monbijou ihren Ausgang nehmen und zu einem gewaltigen rechteckigen Platz führen sollte. Diesen Platz beschrieb Schinkel mit folgenden Worten: "Neuer großer Platz, in dem Raum der Gärten angelegt, wodurch mehr Kommunikationen und Privathäuser gewonnen werden." (Zit. in Rave 1948, S. 10) Die nicht realisierte Operation sollte zu einer "bessere[n] 117 Verbindung der ganzen Gegend um die Oranienburger Straße mit der übrigen Stadt" (S. 11) beitragen. Erst viele Jahrzehnte nach Schinkels Erneuerungsprojekt wurde ein ernsthafter zweiter Versuch zur radikalen Aufwertung der barocken Vorstädte gestartet. Vor allem drei Projekte sind hervorzuheben: der Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Straße und die Kahlschlagsanierung der Scheunengassen im Osten, die Anlage der Hackeschen Höfe im Süden sowie der Bau der Friedrichstraßen-Passage im Westen. Gemeinsam war diesen Offensiven nicht nur das Ziel, die alten, zentrumsnahen Stadtteile der Cityentwicklung zu erschließen, sondern auch der Zeitraum, in dem sie eingeleitet wurden: die Jahre um 1907. Die Stadt Berlin hatte bereits in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts mit dem Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Straße in Alt-Berlin begonnen. Zur Fortsetzung dieser Maßnahme in Richtung barocke Königstadt mußte zu Anfang der neunziger Jahre das Viktoria-Theater fallen, das damals größte Theatergebäude Berlins. Der Durchbruch fand seinen Abschluß im 1906 eingeleiteten Abbruch des Scheunenviertels und in der Anlage eines dreieckigen Platzes, der die Ausfallstraßen nach Schönhausen und Prenzlau aufnehmen sollte. Aus historischer Perspektive ist die Anlage dieser neuen Straße, der heutigen Rosa-LuxemburgStraße, ein harter, gewollter Bruch mit der Umgebung, ein Symbol gewalttätiger baulicher und sozialer Modernisierung, ein Brückenkopf der erwünschten Cityerweiterung in Richtung Osten. Doch die Erwartungen der kaiserzeitlichen Stadtplaner wurden enttäuscht: Die Neubauten der Kaiser-Wilhelm-Straße blieben ein Fremdkörper im Gebiet, der dreieckige Platz selbst war über ein Jahrzehnt weitgehend eine Kahlschlagbrache - lediglich ein U-Bahnhof (1911-13 nach Plänen von Alfred Grenander) und das Theatergebäude der Volksbühne (1913-14 nach Plänen von Oskar Kaufmann) setzten neue Akzente. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, daß sich 1910 Protagonisten der damaligen Berliner Städtebauausstellung wie Rudolf Eberstadt und Theodor Goecke für eine "rationelle Ausnutzung des Scheunenviertels" und die weitere Entwicklung der Sanierung in dieser "Verbrechergegend" mit ihren "engen, übelriechenden und übelbeleumundeten Gassen" (Bauwelt 1/1910, S. 13f.) aussprachen. Doch nach dem Ersten Weltkrieg stagnierte die Erneuerung des Stadtteils. Ein städtebaulicher Ideenwettbewerb zur Neugestaltung des Gebietes im Jahre 1925 blieb ohne jede Folgen. Erst 192830 wurde die Randbebauung des Platzes nach Plänen von Hans Poelzig fertiggestellt. Das Filmtheater Babylon war Bestandteil des neuen Nutzungskonzeptes. Die Hoffnung auf eine Cityerweiterung war damals schon begraben, nicht aber die Hoffnung auf soziale Aufwertung. Doch die Bestrebungen, durch Wohnungen für "Ärzte, Rechtsanwälte und Kaufleute, Angestellte und Beamte" eine soziale Umwälzung des gesamten Gebietes einzuleiten, scheiterten. So blieb auch eine im Jahre 1929 veröffentlichte Untersuchung des Statistischen Amtes der Stadt Berlin, die eine weitere Sanierung der "jüdischen Schweiz" hinter dem Bülowplatz "in nächster Nähe des Alexanderplatzes" nahelegte, ohne Folgen. Ein weiterer bauliches Großprojekt wurde am Hackeschen Markt in Angriff genommen, dem südlichen Verknüpfungspunkt der Vorstadt mit Alt-Berlin, der bereits mit der Fertigstellung der Stadtbahn (Bahnhof Börse) zusätzliche Bedeutung erlangt hatte. Die Anlage der Hackeschen Höfe in den Jahren 1905-07 nach Plänen von Johann Hoeninger und Gustav Reyscher sowie August Endell muß als Brückenkopf einer aufwertungsorientierten Stadtteilerneuerung betrachtet werden. 118 Die auf 9.200 Quadratmetern äußerst dicht bebaute Anlage um acht Höfe zwischen Rosenthaler und Sophienstraße wird durch einen Torweg erschlossen. Die Hackeschen Höfe waren von Anfang an ein neues Modell gemischter Nutzung, ein Ort der Kultur, des Gewerbes und des gehobenen Wohnens. Allerdings folgten dieser Offensive auf die Spandauer Vorstadt von Süden her keine weiteren nach. (Vgl. Brüggemann 1993, S. 59ff.) Wie am Hackeschen Markt war es auch am westlichen Rand der nördlichen barocken Vorstadt ein privater Investor, der mit dem Bau eines Brückenkopfes der Cityerweiterung spekulierte. Die Voraussetzungen schienen nicht ungünstig: Die Friedrichstraße war ja eine Hauptstraße des Berliner Zentrums. Entgegen der ursprünglichen Idee, nur drei Grundstücke an der Friedrichstraße zusammenzufassen und mit einem Geschäfts- und Fabrikationskomplex zu bebauen, entwarf der Architekt Franz Ahrens 1907 unter Einbeziehung von vier zusätzlichen Grundstücken an der Oranienburger Straße ein "Passage-Kaufhaus", das von der zeitgenössischen Architekturkritik euphorisch gefeiert wurde: "Gleich den Bauten des Mittelalters, einfach in der Form und groß gehalten in der Massenwirkung" (Zeitschrift für Bauwesen 1909, S. 18). Auf etwa 10.000 Quadratmetern Grundfläche entstand 1908-09 eine Kathedrale der Waren, deren (damals weltgrößte) Stahlbetonrippenkuppel, Skulpturenschmuck und architektonischer Aufbau den weltstädtischen Anspruch der kaiserlichen Metropole zur Schau stellte. Die "FriedrichstraßenPassage" sollte zugleich das verkehrliche Nadelöhr Oranienburger Tor entlasten und die nördliche Friedrichstraße für Fußgänger über die Oranienburger Straße an den Hackeschen Markt im Westen anschließen. Obwohl scheinbar für die Ewigkeit gebaut, geriet der Monumentalbau schon bald in sehr weltliche Turbulenzen: Die private Spekulation mißlang, und die Betreibergesellschaft stand vor dem Konkurs. Ende der zwanziger Jahre mußte die Passage an einen neuen Eigentümer veräußert werden. Der Elektrokonzern AEG, motiviert durch die Nähe seiner Hauptverwaltung und Produktionsstätten, etablierte hier unter dem Titel "Haus der Technik" eine "Schau, die [...] über den neuesten Stand der Technik aufklärt" (AEG-Mitteilungen 1929, S. 631), eine Informations- und Produktschau im Geiste der damaligen Technikeuphorie. Die neue Nutzung des Gebäudes verdeutlichte eine stadträumliche Verkehrung der ursprünglichen Absicht: Nicht mehr die südlich gelegene City, sondern das nördlich gelegene, industriell geprägte Gebiet setzte seinen Einfluß auf den Standort durch. In der nationalsozialistischen Zeit übernahm die Deutsche Arbeitsfront das "Haus der Technik", wobei - im Zuge der allgemeinen Zentralisierung von NS-Dienststellen im nördlichen Zentrum - auch die SS in dem ehemaligen Warenhaus ihren Sitz fand. Das Interesse der Nationalsozialisten an diesem Stadtteil konzentrierte sich allerdings vor allem auf eine Neuinterpretation des Bereichs um den Bülowplatz. Dieser Platz hatte schon in der Weimarer Republik nationale Bedeutung gehabt: Dort war bei den Märzkämpfen 1919 eine Hochburg der Spartakisten, dort befand sich seit 1926 das Karl-Liebknecht-Haus, das heißt das Gebäude des Zentralkomitees der KPD und der Parteizeitung "Rote Fahne", dort inszenierte Erwin Piscator 1924-27 sein revolutionäres Theater, und dort vor allem lebten die Ostjuden. Nach 1933 sollten diese Traditionen ausgelöscht werden. Der Bülowplatz wurde zu einem nationalsozialistischen Kultplatz umgestaltet, zum "Horst-Wessel-Platz". Höhepunkt war dabei der Umbau des KarlLiebknecht-Hauses zum "Horst-Wessel-Haus". Nicht nur der Platz, sondern auch die Weydinger Straße mußte ihren Namen änderen, sie wurde zur "Horst-Wessel-Straße". Das Theater der Volksbühne mußte einer "Weihestätte deutscher Kunst" weichen und wurde 1939 nach Plänen von Paul Baumgarten umgebaut. Zu beiden Seiten des Theatergebäudes wurde je ein "Ehrenhain" - mit 119 einem "Horst-Wessel-Denkmal" und einem Denkmal für die hier "gemordeten Polizeioffiziere". Hitler selbst bestimmmte am 29. März 1934 den Standort dieser "Denkmäler". Die städtebauliche Neuinterpretation wurde durch die Kahlschlagsanierung eines jüdisch geprägten Baublockes im Norden des Theatergebäudes nach Plänen von Richard Ermisch abgeschlossen. Dieses erste große Stadterneuerungsprojekt der Nationalsozialisten war - wie das Protokoll einer "internen Besprechung" zwischen Bezirksvertretern und Stadtbaurat Kühn (Stenographischer Bericht ... 1934) zeigt - im Vorfeld umstritten. So fand es Bürgermeister Laach vom Bezirk Mitte nicht ganz einsichtig, bei dem verhältnismäßig gut erhaltenen Block an der Linienstraße mit der Stadterneuerung anzufangen, wo doch die Sanierung des Fischerkietzes - wie bereits vom CityAusschuß gefordert - sehr dringlich sei (S. 5f.). Dagegen verwies Stadtbaurat Kühn auf den "Wunsch der hohen und höchsten Stellen" und auf die Unterstützung des Reichsfinanz- wie des Reichsarbeitsministers. Erleichtert würde die Sanierung auch dadurch, "daß nur Herren und Damen nichtarischen Geschlechts dort Besitzer sind und wohnen. Wir können also - wir kommen gleich auf den Punkt - scharf vorgehen. Man wünscht, daß scharf vorgegangen wird." (S. 7) Hand in Hand mit diesen Maßnahmen der Stadterneuerung verschärfte sich die Verfolgung der politischen Gegner und Ostjuden in der "Jüdischen Schweiz", wie das weitere Scheunenviertel von den Nationalsozialisten genannt wurde. Der nationalsozialistische Terror vernichtete die soziale und kulturelle Vielfalt des Stadtteils. 4.4. Die stadträumliche Barriere im Süden der Vorstadt Warum, so bleibt zu fragen, scheiterten die Versuche, die nördliche barocke Vorstadt für die Cityentwicklung zu erschließen? Diese städtebauliche Besonderheit geht vor allem auf die langgestreckte stadträumliche Barriere zwischen der aufblühenden City im Bereich der Dorotheenund Friedrichstadt und der Spandauer Vorstadt zurück. Diese Barriere war vielschichtig: Zuallererst ist die Spree zu nennen, die allein natürlich noch kein unüberwindliches Hindernis bilden kann. Die Spree verzögerte aber die bauliche Nutzung des Ufergeländes, da dieses häufigen Überschwemmungen ausgesetzt war und daher bis heute einen hohen Grundwasserspiegel hat. Zwischen der barocken Dorotheenstadt und der barocken Stadterweiterung im Norden erstreckte sich also zunächst eine unbebaute Fläche. Dieses Gelände ("Neue Auslage") wurde seit 1780 von großen öffentlichen Einrichtungen in Beschlag genommen, die keinen ausgesprochenen Zentrumscharakter hatten: vor allem von Krankenhäusern, Kasernen, Gefängnissen. Diese Nutzungen waren es, die später der Cityerweiterung nach Norden den Weg versperrten. Die Struktur dieser Barriere wurde durch den der Stadtbahn in den Jahren 1875-82 nur noch weiter verfestigt. Die sperrigen stadträumlichen Verhältnisse wurden natürlich auch von den zeitgenössischen Stadtplanern gesehen. Vor diesem Hintergrund muß etwa auch der Wettbewerb um ein Turmhaus am Bahnhof Friedrichstraße betrachtet werden: Der Intention, eine Art Tor zur City zu markieren (und damit auch das Ende der City nach Norden) ist die faktische Wirkung eines solchen Projekts gegenüberzustellen: Das Turmhausprojekt kann durchaus als neuer Versuch gewertet werden, die City endlich über den Bahnhof Friedrichstraße nach Norden hin auszudehnen. Zur gleichen Zeit entwickelte Bruno Möhring seine Vorschläge zur Sprengung der stadträumlichen Barriere, Vorschläge, die neben einem Bürohochhaus am Bahnhof Friedrichstraße eine ganze 120 Phalanx von Hochhäusern umfaßten - insbesondere auf der "Linse" zwischen Stadtbahntrasse und Spree: "Gibt es nun in Berlin eine Stelle, an der man eine Anzahl Hochhäuser errichten könnte, ohne erst sehr große Werte vernichten zu müssen? Die Gunst des Schicksals hat uns einen solchen Stadtteil in allerbester Verkehrslage erhalten. Er bildet wirtschaftlich eine tote Insel, weitläufig gebaut mit Gebäuden, die heute keine Berechtigung mehr haben, auf einem Boden zu stehen, der für den Ausbau unserer Stadt von außerordentlichem Wert ist. Durch eine städtebauliche Operation, die leicht durch die Genehmigung des Hochhausbaues durchgeführt werden kann, würde ein Büroviertel ermöglicht werden, welches eine bedeutende Verbesserung und Verschönerung unserer Stadt bilden würde." (1921, S. 8ff.) Die Neubebauung der "Linse" mit Hochhäusern sollte nur der Auftakt zu weiteren Umbauten sein: "In späterer Zeit könnte auch die für Geschäftshäuser sehr günstig gelegene Umgebung des Bahnhofs Börse [heute S-Bahnhof Hackescher Markt] durch städtebauliche Umgestaltung verbessert werden. Auch der Teil südlich vom Bahnhof Friedrichstraße würde sich für die Freigabe von Hochhäusern eignen." (S. 13) Doch die ökonomischen Möglichkeiten der frühen Weimarer Republik erlaubten keine Anstrengungen solcher Dimension. In der nationalsozialistischen Zeit wurde ein neuer Versuch gestartet, die stadträumliche Barriere umzuwälzen. In einer ersten Phase knüpfte die städtische Verwaltung an Planungen aus der Weimarer Republik zur Erneuerung der Krankenhausbauten an der Ziegelstraße an (vgl. Kiessling 1931), die zugleich die Anlage eines Uferweges ermöglichen sollten. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Generalbauinspektor entwickelte dann Albert Speer - auf der Grundlage der Planungen zur Verlagerung der Universitätskliniken - ein Konzept zur Erweiterung der Museumsinsel, das diese durch neue, jeden Maßstab sprengende Museumsbauten an die weiter westlich zu errichtenden neuen Partei- und Staatsbauten anschließen sollte. Entlang breiter Spreeuferpromenaden waren ein Museum des 19. Jahrhunderts, ein Vorderasiatisches und Ägyptisches sowie ein Germanisches und - südlich der Spree - ein Völkerkundemuseum nach Plänen von Wilhelm Kreis bzw. Hans Dustmann vorgesehen. Zur Realisierung dieses Konzeptes wurden sechs Blöcke in ihrem gesamten Baubestand für den Abbruch bestimmt, das Schloß Monbijou sollte zur Komplettierung einer "Eosander-Werkschau" in den Schloßpark Charlottenburg versetzt werden. Das Speer-Projekt wurde nicht verwirklicht. Die historische Barriere blieb bestehen - bis zur Spaltung der Stadt. 4.5. Stadtteilerneuerung in der DDR-Zeit Da nach der Gründung der DDR der Aufbau eines "sozialistischen Stadtzentrums" zwischen Alexanderplatz und Marx-Engels-Platz die stadtplanerischen Kapazitäten band, verblieb die im Zweiten Weltkrieg verhältnismäßig wenig zerstörte Spandauer Vorstadt im Schatten der Aufmerksamkeit. Zwar wurde dieser Stadtteil durch seine Zentrumsnähe zwangsläufig in die Überlegungen zur Neugestaltung der Mitte Berlins miteinbezogen. Dabei reichte das Spektrum der Überlegungen von der vollständigen Auflösung der überkommenen Stadtteilstruktur bei gleichzeitiger Erhaltung einiger Traditionsinseln wie etwa der teilzerstörten Friedrichstraßen-Passage und der Synagoge bis zur Teilrespektierung des Stadtgrundrisses. Eindrucksvolles Beispiel für eine durchgreifende Kahlschlagsanierung ist ein im Jahre 1951 vorgelegter Plan, dessen Realisierung die barocke Vorstadt hinweggefegt hätte. 121 Tatsächlich blieb das Gebiet aber - trotz weiterer Planungen - im städtebaulichen Abseits. Erst in den achtziger Jahren begann zögernd die punktuelle Erneuerung - durch Abriß und Neubau, allerdings auf der Basis des überkommenen Stadtgrundrisses. "Die ursprüngliche städtebauliche Struktur der Spandauer Vorstadt", so der Ost-Berliner Stadterneuerungfachmann Werner Rietdorf 1989, "hat sich trotz zahlreicher baulicher Veränderungen und Erneuerungen in der zweiten Hälfte des 19. Jh. und Teilzerstörungen während des zweiten Weltkrieges weitgehend bis in die Gegenwart erhalten. Dennoch war die historische Altbausubstanz Ende der siebziger Jahre teilweise stark verschlissen, so daß Anfang der achtziger Jahre daran gegangen werden mußte, partielle Lückenschließungen und Quartierergänzungen nach vorangegangenen Teilabrissen bzw. Beräumungen von Interimsbauten vorzunehmen und so schrittweise das gesamte Wohn- bzw. Wohnmischgebiet komplex umzugestalten und zu erneuern [...]. Mit den maßstabgerecht eingefügten Neubauten wurden die ursprünglichen Baufluchten weitestgehend aufgenommen und die gewachsene Raumstruktur wiederhergestellt." (S. 47) Praktisch wurde die Stadterneuerung also erst im Vorfeld der 750-Jahr-Feier Berlins - mit Lichtund Schattenseiten. Die Sophienstraße, ein "unverwechselbares Kleinod frühbarocker Stadtbaukunst" (Rietdorf 1989, S. 49), wurde seit 1980 zu einer historischen Bilderbuchstraße herausgeputzt - wenn auch nicht ganz so nostalgisch wie die Husemannstraße am Prenzlauer Berg. An anderen Stellen wurde die "Platte" plaziert - sicher in etwas zurückhaltender Form, aber nichtsdestoweniger als harter, zerstörerischer Fremdkörper. Für den langsamen Vormarsch der "Plattenbauten" mußten immer mehr alte Häuser fallen. Der historische Stadtteil, so schien es, hatte im realen Spätsozialismus nur mehr als schrumpfendes Fragment eine Zukunft. 4.6. Aufwertungsdruck nach 1989 Seit der "Wende" ist die in der DDR-Zeit in weiten Bereichen sehr vernachlässigte Spandauer Vorstadt zum Kultort der post-alternativen Szene aufgestiegen. Vor allem die Oranienburger Straße wurde schnell zu einem Wallfahrtsziel von Jugendlichen aus ganz Deutschland, des Nachts aber auch zu einer Bühne des Straßenstrichs. Der historische Stadtteil war und ist seit 1989 insbesondere aber auch ein Standort wie Gegenstand zahlreicher kultureller und sozialer Initiativen. Damit hat er an seine bunte Tradition rasch wieder Anschluß gefunden. Die größte und bekannteste Initiative dieser Art ist das "Kunsthaus Tacheles", das sich in der Ruine der Friedrichstraßen-Passage eingenistet und dessen geplante Sprengung im Jahre 1990 verhindert hat. Die Spandauer Vorstadt ist aber zugleich wegen ihrer zentralen Lage einem harten Aufwertungsund Verdrängungsdruck ausgesetzt. Dieser Druck ist nicht nur ein Ergebnis privater Investoreninteressen, sondern auch Folge des Hereindrängens etablierter Kultureinrichtungen in den Stadtteil, eines Prozesses also, der mit der Einrichtung des "Tacheles" seinen Anfang nahm. Der Druck der Investoren stößt hier allerdings auf größeren Widerstand als im übrigen Zentrum Berlins - nicht nur seitens der lokalen Initiativen. Wenigstens auf dem Papier scheint innerhalb des Berliner Senats und des Bezirks Mitte ein Konsens zu bestehen, die einzigartige Struktur der Spandauer Vorstadt nicht nur in baulicher Hinsicht, sondern auch als Ort multikultureller Aktivitäten und sozialer Durchmischung weiterzuentwickeln. Die Ausweisungen als Gebiet des Sonderprogramms "Städtebaulicher Denkmalschutz" und als Sanierungsgebiet sowie der Erlaß einer Erhaltungsverordnung, die den Abriß historischer Bausubstanz erschweren und die Verdrängung bestehender Nutzungen verzögern können, unterstreichen diesen Konsens. 122 Bereits in den vorbereitenden Untersuchungen zur Spandauer Vorstadt wurde als zentrales "Ziel der Neuordnung" die Erhaltung der "vorhandenen Gestalt" genannt (Arbeitsgruppe für Stadtplanung 1992, S. 43). "Die Spandauer Vorstadt ist das letzte, im Ganzen intakte, seit ihrer Gründung im Kontinuum bebaute Siedlungsgebiet innerhalb der ehemaligen Akzisemauer. Sie ist ihrer Baustruktur nach die 'Altstadt' Berlins. Sie genießt Denkmalsrang und sollte dementsprechend Schutz erhalten." (Ebd.) Schwerpunkte der städtebaulichen Denkmalpflege sind Gebäude in der Tucholskystraße und in der Neuen Schönhauser Straße. Die Frage, wie mit dem historischen Stadtgrundriß umzugehen sei, führte immer wieder zu Konflikten, etwa bei der Alternative "Rekonstruktion der Kleinen Hamburger Straße" oder "Erhaltung und Qualifizierung des bestehenden Sportplatzes" und bei der Wiederherstellung der historischen Raumkanten im Bereich der Rosenthaler Straße vom Hackeschen Markt bis zum Rosenthaler Platz. So wurde angeregt, nicht einfach die Situation des frühen 19. Jahrhunderts wiederherzustellen, sondern auch später entstandene Brachflächen und Baulücken hinsichtlich einer anderen Nutzung sorgfältig zu prüfen. Im August 1993 wurde die Spandauer Vorstadt als Sanierungsgebiet ausgewiesen. Die vom Büro Mieterstadt im Mai 1993 vorgelegte Sozialstudie zeigt die Dimension der Erneuerungsaufgaben: Im Untersuchungsbereich liegen 4.422 bewohnte Wohnungen, 70 Prozent der Wohngebäude wurden vor 1870 errichtet und haben eine schlechte Ausstattung. Der Bedarf an baulicher Erneuerung ist also gewaltig. Schließlich bleibt ein weiterer Widerstandsfaktor struktureller Art zu nennen: die kleinteilige Parzellen- und Baustruktur, die ein Eindringen von Großinvestoren zumindest erschwert. Allerdings ist diese Kleinteiligkeit an einem historischen Brückenkopf der Kahlschlagsanierung nicht mehr vorhanden: im Areal um die ehemalige Friedrichstraßen-Passage. Das hier durch die DDR-Abrisse entstandene Riesengrundstück soll an einen einzigen Großinvestor verkauft werden, der aber wenigstens das Tacheles erhalten soll. Die heftigen, jahrelangen Auseinandersetzungen um diesen Verkauf sind inzwischen abgeschlossen. Das künftige, relativ differenzierte Nutzungskonzept des neuen Eigentümers, des Kölner Investment-Fonds Fundus, ist nicht mehr so bedrohlich wie das anderer Investoren, die an diesem Brückenkopf interessiert waren. Nunmehr soll nicht nur das Tacheles langfristig erhalten werden, auch ein Wohnungsanteil von 50 % ist vorgesehen. Daher scheint die Gefahr gebannt, daß die Spandauer Vorstadt - bei unangemessener Quantität und Qualität der Nutzung - an ihrem Westrand aufgebrochen wird. Für die weitere Entwicklung in diesem Bereich ist aber auch die Umsetzung der Ergebnisse des städtebaulichen Ideenwettbewerbs "Bahnhofsbereich Friedrichstraße" von Bedeutung. Nicht mehr so bedrohlich sind die Erneuerungsperspektiven der Hackeschen Höfe. Nach längerem Ringen zeichnet sich eine Lösung ab, die die frühere kleinteilige Mischung auch in Zukunft bewahren soll. "In den HACKESCHEN HÖFEN", so "Freiraum" Nr. 2/1995, eine Zeitschrift im Auftrag der Kommanditgesellschaft Verwaltung Hackesche Höfe, Berlin GmbH und Co., "wird die historisch und architektonisch angelegte Mischung von Geschäftssitzen und Dienstleistungsbüros (ca. 28 % der Gesamtnutzfläche), Kultur (18 %) und Wohnen (38 %) zeitgemäß wiederbelebt. Sie wird ergänzt um Gastronomie (5 %), Einzelhandel (5 %) und Kleingewerbe (6 %), hauptsächlich im Erdgeschoß." (S. 2) Die Einrichtung eines Planungsbeirates unterstreicht die für ein Modellprojekt offene Haltung des privaten Investors. 123 Auch im übrigen Sanierungsgebiet kann die Stadterneuerung angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen bislang als relativ behutsam bezeichnet werden. Das liegt zunächst an den immer noch weithin ungeklärten Eigentumsverhältnissen. Das ist aber auch den Hauptakteuren geschuldet, dem Bezirk Mitte und dem Sanierungsbeauftragten, dem Koordinationsbüro zur Unterstützung der Stadterneuerung in Berlin, die nicht nur gebietsspezifische Sanierungsziele erarbeitet haben, sondern diese im konkreten Tagesgeschäft auch durchzusetzen versuchen. So sollen die vorhandenen Wohnungen erhalten werden, bei Neubauten wird eine - je nach Lage im Gebiet - gestaffelte Wohnquote gefordert, die aber zumindest 30 Prozent betragen muß. Auch die kleinteilige Parzellenstruktur soll mit Modifikationen erhalten bleiben, bei vorhandenen Großparzellen wird in Einzelfällen eine Teilung angestrebt. Von besonderem Interesse ist die Verfahrensweise bei zwei Großparzellen, die beide eine strategische Lage aufweisen. Auf dem Grundstück zwischen Dircksenstraße, An der Spandauer Brücke und Rosenthaler Straße, in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Hackeschen Höfen, will die Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mit privaten Partnern eine Anlage namens "Neue Hackesche Höfe" errichten. Geplant ist auf einer Grundstücksfläche von etwa 6.000 Quadratmetern ein Raumprogramm für Gewerbe (45 Prozent), Wohnen (49 Prozent) und Kultur (6 Prozent; Stand November 1994). Die Anlage soll als Komplex von "Einzelhäusern" nach Entwürfen von vier Architekturbüros gebaut werden. Die Geschoßflächenzahl beträgt knapp über 4,0. Die zweite wichtige Großparzelle befindet sich ebenfalls an der Rosenthaler Straße, in unmittelbarer Nähe des ehemaligen, von Alfred Messel errichteten Kaufhauses. Hier sind die Vorbereitungen zur Wiederbebauung nicht ganz so vorbildhaft verlaufen. Nach dem gegenwärtigen Stand ist durch eine private Entwicklungsgesellschaft eine zu dichte und zu hoch geratene Neubebauung mit geringem Wohnanteil geplant, die sich zur Rosenthaler Straße hin als gebietsfremde Großstruktur gebärdet. In der Spandauer Vorstadt und westlichen Königstadt ist somit ein ganz anderer Typ des Stadtumbaus eingeleitet worden als etwa in der Dorotheen- und Friedrichstadt: Kleinteiligkeit, bauliche, funktionale und soziale Mischung, Bewahrung der historischen Bausubstanz - das sind Elemente einer Erneuerungspolitik, die eine relativ starke öffentliche Hand, entsprechende planungsrechtliche Instrumente und aufmerksame Initiativen vor Ort zur Voraussetzung haben. Noch fehlen allerdings ein konkretisierter Rahmenplan und die erforderlichen planerischen Maßnahmen zur Sicherung der Standorte für soziale Infrastruktur. Und auch hier stellt sich das Schlüsselproblem des Kraftfahrzeugverkehrs: Bereits jetzt läßt sich absehen, daß zu viele neue Stellplätze geplant werden, die mehr Verkehr anziehen werden, als das historische Straßennetz aufnehmen kann. 4.7. Ausblick Die Spandauer Vorstadt samt den Resten der Königstadt ist eine der barocken "Vorstädte" des alten Berlin, im Gegensatz zur Dorotheen- und Friedrichstadt allerdings eine sozial und funktional "einfache" Vorstadt. Statt eines regelmäßigen Rastergrundrisses mit einigen wohlgeformten Plätzen zeigt die Spandauer Vorstadt noch heute das Bild eines unregelmäßigen, hierarchischen Straßensystems ohne ausgezirkelte Plätze. Doch auch die Unregelmäßigkeit hat System: Das Grundgerüst des Stadtteils wird durch die Ausfallstraßen des alten Berlin geprägt. 124 Entscheidend für die Zukunft der Vorstadt sind die Ausweisungen als Gebiet des "Städtebaulichen Denkmalschutzes" und als Sanierungsgebiet. Mindestens ebenso wichtig sind die geplanten Großinvestitionen am Rande des historischen Stadtteils. Es handelt sich um die gleichen Areale, die bereits in der Vergangenheit - damals aber durchaus offiziell erwünscht - als Brückenköpfe der Aufwertung des widerspenstigen Stadtteils angelegt wurden: der Bereich um das ehemalige Passage-Kaufhaus, der Hackeschen Markt und vor allem der Bereich hinter dem Alexanderplatz. Vom Megaprojekt Alexanderplatz selbst geht die größte Gefahr für die jetzigen Bewohner und Nutzer aus. Der Blick in die Geschichte zeigt auch, daß die Zukunft der nördlichen barocken Stadterweiterung ganz entscheidend mit der weiteren Entwicklung der stadträumlichen Barriere entlang der Spree zusammenhängt. Wird diese Barriere durch Citynutzungen weiter durchlöchert, ist der Stadtteil dem Vormarsch der City schutzlos ausgeliefert. Doch scheint die für die besondere Struktur des Berliner Zentrums verantwortliche Barriere zwischen Dorotheenstadt und Spandauer Vorstadt bis heute noch kaum angemessen erkannt worden zu sein. Insgesamt verlang die Spandauer Vorstadt weit mehr Aufmerksamkeit als bisher, handelt es sich hierbei doch um das letzte zusammenhängende Reststück des historischen Zentrums, also um einen nicht-herrschaftlichen Ort, der für die Identität Berlins von kaum zu überschätzender Bedeutung ist. Dieser Ort ist genausowenig ohne Makel wie die deutsche Geschichte selbst, er zeigt wie kein anderer Teil Berlins die Wunden und Narben einer mehr als hundertjährigen Stadterneuerung. 125 5. Versuch um Versuch: Zentrumserweiterung West Seit sich in der Kaiserzeit ein modernes Zentrum mit West-Ost-Gefälle konsolidiert hatte, gab es auch planerische Anstrengungen, dieses zu erweitern. Bereits erwähnt wurden die Sanierung des Scheunenviertels und die Errichtung des Passage-Kaufhauses am Oranienburger Tor, die als öffentliche bzw. private Strategie zur Ausdehnung des Zentrums nach Norden bzw. Nordosten interpretiert werden können. Bescheidenere Versuche galten auch - insbesondere in der Weimarer Republik - einer Süderweiterung - in Fortsetzung des Belle-Alliance-Platzes jenseits des Landwehrkanals. Bei weitem gewaltiger waren die Bemühungen zur Zentrumserweiterung West, zur Ausdehnung der City über die Grenzen der Dorotheen- und Friedrichstadt sowie der erst seit 1830 entwickelten Friedrich-Wilhelm-Stadt hinaus. Zwei Orte waren hier wichtig. Zuallererst ist der Endpunkt einer der Hauptstraßen der Friedrichstadt zu nennen - der Leipziger Platz, an den sich der Potsdamer Platz als Zwilling anschloß, der Vorplatz eines bedeutenden Fernbahnhofs und damit Transmissionsriemen des Massenverkehrs. Hier lag der "natürliche" Ansatzpunkt für eine Ausdehnung des historischen Zentrums. Als zweiter Schlüsselort fungierte weiter nördlich der Königsplatz, dessen Lage aber deutlich isolierter war. Im Zuge der Überlegungen zum zentrumsstiftenden Ausbau des Spreebogens rückte ein drittes, anschließendes Gelände ins Visier der Planer: das Gebiet um den Lehrter Fernbahnhof. Allerdings war dieses Gelände doppelt abgeschottet: zum Spreebogen hin durch den Flußlauf und zur City hin durch die Barriere der Charité, die nur wenige Verbindungen zuließ. Anders als der Leipziger Platz wurde der Pariser Platz nicht ernsthaft zum Ausgangspunkt einer Zentrumserweiterung auserkoren, wenngleich es auch hier nicht an Versuchen gemangelt hat. Der durch das Brandenburger Tor vermittelte Übergang zwischen der Prachtstraße Unter den Linden und dem Tiergarten schien letzten Endes sakrosankt oder - profaner gesprochen - weniger attraktiv, da die Brückenfunktion zu bereits bebautem Gebiet fehlte. Die in der Kaiserzeit begründeten Bemühungen zur Zentrumserweiterung West wurden über alle politischen Brüche hinweg bis heute fortgesetzt. Sie sind zu unterscheiden in isolierte Einzelplanungen für Brückenkopfprojekte (vor allem am Potsdamer Platz) und systematische, großräumige Planungskonzepte, die die einzelnen Teilräume vom Lehrter Bahnhof bis zum Potsdamer Bahnhof und noch darüber hinaus vernetzen wollten. Die systematischen Konzepte teilen sich noch in solche, die wesentlich auf eine Rationalisierung des Eisenbahnverkehrs setzen, und solche, die eine städtebauliche Komposition neuer Zentralbauten anstreben. Die großräumigen, durch einen ungeheuren Ordnungsanspruch gekennzeichneten Entwürfe sind unter dem Begriff "Nord-Süd-Achse" berühmt geworden. Bislang sind alle Projekte zur Zentrumserweiterung West letztlich gescheitert. Übrig blieben lediglich Einzelanlagen ohne erkennbaren Bezug zueinander. Doch die heutigen Planer nehmen einen abermaligen Anlauf - trotz aller bekannten strukturellen Fußangeln. 5.1. Erste Konturen bis zum Ersten Weltkrieg Die Planungsgeschichte des Zentrumserweiterungsgebietes West in spe begann vor der Mitte des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit eröffnete sich mit der Verlagerung der Königlichen Pulverfabrik 126 nach Spandau die Möglichkeit der städtebaulichen Neustrukturierung des peripher gelegenen Spreebogens nordwestlich des Brandenburger Tores. Im Jahre 1839 präsentierte Peter Joseph Lenné einen ersten Bebauungsplanentwurf zur Gestaltung des Geländes und seines Umfeldes, der im wesentlichen zwischen Charlottenburger Chaussee und Invalidenstraße eine nord-süd-verlaufende Hauptachse - unterbrochen von der Spree - auswies, an deren nördlichem Endpunkt ein Kirchenbau vorgesehen war. Annähernd symmetrisch zu dieser Achse sah der Plan eine Anzahl schräg ausgerichteter Straßenzüge vor. 1840 erarbeitete Lenné einen zweiten Entwurf, der sich vom ersten im Umfeld des Spreebogens vor allem durch einen Brückenschlag über den Fluß im Bereich der Hauptallee und die Südverschiebung des Standortes für den Kirchenbau an das Spreeufer unterschied. In Kenntnis dieser Entwürfe stellte Karl Friedrich Schinkel im selben Jahr einen Alternativentwurf vor, der Grundzüge der Lennéschen Planungen aufnahm. Auch in Schinkels Entwurf sind die in Nord-Süd-Richtung geführte Hauptachse und das Gegenüber von Kirchenbau und Paradeplatz als Symbole für die zentralen gesellschaftlichen Institutionen des preußischen Staates dominierende Gestaltungselemente. Weiter zeigt sich das allgemeine Bemühen Schinkels, quer zu der barock geprägten städtischen Hauptachse Unter den Linden - Charlottenburger Chaussee neue Achsen auszubilden. Nach Schinkels Tod 1841 präsentierte Lenné 1843 zwei weitere Planungsvarianten, wobei die letzte vom Oktober 1843 zur Ausführung bestimmt wurde. Nach Intervention verschiedener Ministerien modifizierte Lenné Ort und Gestalt der Einmündung des im Rahmen des Bebauungsplans ebenfalls auszuweisenden Spandauer Schiffahrts-Kanals in die Spree entscheidend. Statt östlich oder westlich des Spreebogens, wie zunächst vorgesehen, wurde die neue Mündung in der Achse der von Norden nach Süden verlaufenden Hauptallee festgelegt. Im Zusammenspiel mit dem ebenfalls nach einer Planung Lennés plazierten Hamburger Bahnhof entstand so eine stadträumliche Barriere nördlich des Spreebogens in Form eines ständig wachsenden Verkehrs- und Umschlagzentrums. Mit dieser Entwicklung war das Vorhaben einer vernetzenden Westerweiterung der historischen Stadt faktisch gescheitert. Obwohl der Bebauungsplan in seiner letzten Fassung erst 1853 vom preußischen König genehmigt wurde, entwickelte sich im Spreebogen seit 1840 eine rege Bautätigkeit. Anläßlich der 1856 durchgeführten Schinkelkonkurrenz des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Berlin legte August Orth einen Entwurf vor, der noch einmal eine strukturelle Nordeinbindung des Spreebogenareals einzulösen versuchte und einen Kirchenbau mitten in den projektierten Hafen hinein plazierte. Mit der Fertigstellung des Humboldthafens und des Spandauer Schiffahrtskanals 1859 wurden allerdings Fakten geschaffen. Einzig die nach einem Entwurf von Friedrich Stüler 1858-65 gebaute Alsenbrücke knüpfte noch einmal an die gescheiterte Idee einer Nordanbindung an. Mit der Errichtung des Generalstabsgebäudes 1867-71 samt Ergänzungsbauten (1873-82) auf einem Grundstück an der Nordwestseite des Königsplatzes wurde eine Aufwertungsphase des Spreebogens eingeleitet. Unter Vorgabe einer Fläche an der Ostseite des Platzes erfolgte 1871 nach der Reichsgründung die Ausschreibung eines ersten Wettbewerbs für das Gebäude des Reichstags. Die vorgeschlagene Einbeziehung eines Kunsthistorikers in die Jury wurde mit dem Argument zurückgewiesen, daß Wissen und Können zwei verschiedene Dinge seien und daß das Studium der 127 Vergangenheit den Blick auf die Gegenwart trübe (Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 24.11.1871, S. 503). Die Könner blieben so unter sich. 1872 prämiierte die Jury in einem vielbeachteten Verfahren den Entwurf von Professor Bohnstedt mit einem ersten Preis. Bald darauf entbrannte jedoch eine jahrelange Auseinandersetzung über Lage und Größe des Bauplatzes für den Reichstag, die die Realisierung des Preisträgerentwurfes blockierte. Standorte am Kupfergraben auf dem Gelände der damaligen Artilleriekaserne, wo sich nach zeitgenössischer Auffassung zusätzlich ein schöner Park hätte anlegen lassen, an der heutigen Stresemannstraße und auf anderen Grundstücken des Königsplatzes wurden ins Spiel gebracht. Der Standort auf dem Grundstück der Krolloper, der dem Reichstag die Möglichkeit gegeben hätte, der Stadt seine Schauseite zuzuwenden, wurde von einer Abgeordneten-Lobby heftigst bekämpft, da der lange Fußweg durch den märkischen Sand über die Stadtgrenzen hinaus nicht zuzumuten wäre. Stadtbaurat Hermann Blankenstein schlug nach einer sorgfältigen städtebaulichen Abwägung eine Fläche im Norden des Alsenplatzes vor; dieser Vorschlag wurde aber ebenfalls zurückgewiesen. Der Auftakt zu einer der neuen Reichshauptstadt angemessenen, einvernehmlichen Verortung des Staates in der Stadt war so gründlich verpatzt. Damit war eine Tradition des Widerspruchs zwischen staatlichen Eigeninteressen und den städtischen, planerisch motivierten Interessen begründet. Nachdem die strittige Frage des Bauplatzes für das Reichstagsgebäude zugunsten des Standortes an der Ostseite des Königsplatzes entschieden worden war, erfolgte 1882 die Ausschreibung eines zweiten Wettbewerbes. Einen ersten Preis in diesem Verfahren erhielt Paul Wallot zugesprochen, einen weiteren der Architekt Friedrich von Thiersch. Der Entwurf von Wallot wurde von der Jury fast einstimmig zur Ausführung bestimmt. 1882-91 erstellte Wallot mehrere Varianten, die besonders hinsichtlich der Fassaden, der Form und Dimension der Kuppel sowie des Grundrisses des Hauptgeschosses divergierten. Der Wettbewerbsentwurf war noch ganz nach Osten, der Stadt zugewandt, ein Reflex auf die lange von Lobbyisten gelenkte Diskussion im Vorfeld des Wettbewerbes. An der Ostseite hatte Wallot das Hauptportal ausgebildet, hier lag der große Sitzungssaal, und hier war auch die Kuppel plaziert. Erst nach mehreren Überarbeitungsstufen wandte sich das Gebäude zögerlich nach Westen zum Königsplatz hin: Das dortige Portal erhielt die kolossale Auffahrt, die eine Westorientierung des Grundrisses blockierende aufwendige Treppenanlage im Inneren des Gebäudes wurde entfernt, Kuppel und großer Sitzungssaal rückten in den Mittelpunkt der Anlage. Die sich stadträumlich anbietende Ausrichtung auf den Königsplatz war endlich akzeptiert worden. Einen Bezug zum Fluß hatte der Monumentalbau damit aber nicht gefunden. 1884 wurde mit dem Bau des Reichstagsgebäudes begonnen, 1894 erfolgte die feierliche Schlußsteinlegung durch Kaiser Wilhelm II. Bereits Mitte der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts wurde die damals schon Siegesallee bezeichnete Straße bis zum Kemperplatz verlängert. Der Gedanke einer zentralen Nord-Süd-Achse gewann damit immer mehr an Bedeutung. 1898-1901 erfolgte die "Aufwertung" des Straßenzuges durch die Aufstellung von 32 im Volksmund spöttisch "Puppen" genannten Denkmalgruppen, die Szenen aus der Geschichte von vier Geschlechtern darstellen sollten: den Askaniern, den Wittelsbachern, den Luxemburgern und den Hohenzollern. Im Jahre 1908 wurde der städtebauliche Wettbewerb "Groß-Berlin" zur Neuorganisation der gesamten, vor allem aber der inneren Stadt ausgeschrieben. Damit rückte das Thema der Westerweiterung des Zentrums ins Blickfeld der sich neu formierenden Disziplin "Städtebau". Die 1910 prämiierten Entwürfe sahen in ihrer Mehrzahl eine Neufassung des Königsplatzes vor, wobei 128 die Bebauung in Reichstagsnähe entweder verschämt durch Kolonnaden oder ähnliches verstellt wurde oder eine Neubebauung der Grundstücke vorgesehen war. Im Südbereich konzentrierten sich die Planungen auf eine Vermehrung der ost-west-gerichteten Hauptstraßenzüge. Zu diesem Zweck sollten die Bahnanlagen zumindest des Potsdamer Personenbahnhofs beseitigt, die als Barriere empfundenen Ministergärten überwunden und neue Straßenzüge durchgebrochen werden. Die dabei angestrebte Rationalisierung des Schienenfernverkehrs spitzte einen für die Struktur des Zentrums entscheidenden Konflikt zu, der bis heute andauert: die Orientierung entweder auf ein zentralistisches oder ein dezentrales System der Kopfbahnhöfe im Umkreis des Zentrums. Die Vorschläge der Preisträger des Wettbewerbs "Groß-Berlin" zielten mehrheitlich auf eine Zusammenlegung der Bahnhöfe. Zur Frage der Neuordnung im südlichen Bereich waren vor allem die städtebaulich-imperialen Vorschläge von Rudolf Eberstadt/Bruno Möhring/Richard Petersen von Interesse. Die Verfasser eines "Programms für die Planung der neuzeitlichen Großstadt" (1910) planten eine Verlängerung der Französischen Straße über die Wilhelmstraße hinaus, also einen Durchbruch durch das Regierungsviertel, dem nicht nur das Justizministerium zum Opfer gefallen wäre. Der Zusammenstoß der verlängerten Französischen Straße mit der Königgrätzer Straße - so die Verfasser - "bietet vortreffliche Gelegenheit zur Schaffung eines eindrucksvollen monumentalen Platzes. Einmal, um dem sich hier kreuzenden Verkehr die nötige Ausweichmöglichkeit zu geben, dann aber auch, um schöne und würdige Bauplätze für die von ihrer seitherigen Stelle verdrängten Behörden, das Reichsamt des Innern und das Justizministerium zu schaffen." (S. 55) Gekrönt wurde der Monumentalplatz durch ein gewaltiges "Neues Opernhaus". Ein weiterer Vorschlag betraf den Königsplatz. Hier schlugen die Verfasser einen Neubau des Kriegsministeriums auf dem Grundstück des alten Krollschen Theaters vor - "in würdiger und passender Nachbarschaft des Generalstabsgebäudes, dem Reichstage gegenüber" (Eberstadt u. a. 1910, S. 60). Im Norden sollte der Platz durch ein weiteres "Monumentalgebäude" für das Reichsamt der Marine geschlossen werden. Östlich des Reichsmarineamtes vervollständigte das Reichskolonialamt die neugestalteten Platzfronten. Damit sollte "um die Siegessäule herum ein Forum des Reiches" entstehen, "ein gewaltiges Baudenkmal für die Wehrhaftigkeit des Reiches, die von den militärischen Gebäuden, und seine politische Macht, die von Wallots Reichstagshaus verkörpert wird. Dieser Platz würde erst den richtigen Abschluß und die Krönung der Siegesallee bilden: ist diese als eine bildliche Darstellung der brandenburgisch-preußischen Geschichte zu betrachten, so spiegelt sich in ihm ihre Fortsetzung und vorläufiges Endziel, die Gründung des Deutschen Reiches und sein Anwachsen zur Weltmacht." (Ebd.) Entscheidenden Einfluß auf künftige Planungen sollte der seit 1908 erarbeitete und 1917/18 vorgestellte Bebauungsplanentwurf von Martin Mächler erhalten. Mächler wollte den Straßenzug Alsenstraße - Siegesallee durch einen Süddurchbruch aufwerten und im Nordbereich unter Verlegung des Spandauer Schiffahrts-Kanals über die Spree bis an einen an der Invalidenstraße plazierten Nordbahnhof, den "Friedrich-List-Bahnhof", heranführen. Zugleich plädierte er für die Konzentration der staatlich-ministeriellen Bürokratie an Kemperplatz, Königsplatz und im Spreebogen. In seiner Entwurfsbeschreibung rechtfertigte er diesen Ansatz mit folgenden Worten: "Im Laufe der Entwicklung Berlins sind die öffentlichen Gebäude, vor allem diejenigen, die zur Verwaltung und Repräsentation des Staates bestimmt sind, planlos verteilt worden. Die Ursache lag darin, daß teilweise historische und politische Erwägungen, größtenteils aber finanzspekulative Gründe für die Unterbringung und Errichtung dieser Gebäude maßgebend waren. Fast nie war der Gedanke ausschlaggebend, daß die Geschäftsstelle des Staates in allen ihren Teilen zentral und 129 einheitlich gruppiert sein muß. So ist es beispielsweise gekommen, daß das Reichsmarineamt am Landwehrkanal liegt, weit ab von allen anderen Behörden, während die Reichsbank mitten im Konfektionsviertel gelegen ist. Das Wehrministerium, Postministerium, Ministerium für öffentliche Arbeiten und das Herrenhaus befinden sich in der Leipziger Straße und hindern die Entwicklung der besten Geschäftsgegend der Stadt. Das Reichswirtschaftsamt ist in der Luisenstraße untergebracht, das Reichsgesundheitsamt in der Klopstockstraße. Viele Behörden liegen inmitten reiner Wohnviertel." (Mächler 1920 in Balg 1986, S. 47) Ziel der Zentrumserweiterung in Richtung Westen war während der späten Kaiserzeit also vor allem die Rationalisierung des innerstädtischen Eisenbahnverkehrs und die Zentralisierung der Regierungsfunktionen. 5.2. Planerische Offensiven in der Weimarer Republik Mit der militärischen Niederlage, dem Ende der Monarchie und dem damit verbundenen Bedeutungsverlust des alten, höfisch geprägten politischen Zentrums um das Berliner Stadtschloß gewann das Viertel um den Reichstag an stadtstrukturellem Gewicht. Der Spreebogen wurde zum begehrten Objekt der Zentrumsplanung. Doch auch hier blieben die Jahre der Weimarer Republik eine Zeit der Planungseuphorie ohne bauliche Konsequenzen. Strukturell bedeutsam waren die Planungen zur Verbesserung der verkehrlichen Organisation und zur Vernetzung des überkommenen Stadtgrundrisses, dessen Entwicklungsmöglichkeiten als begrenzt eingeschätzt wurden. Beispiele hierfür sind die Umgestaltungsvorschläge von Roman Heiligenthal für den Bereich des Potsdamer Platzes von 1924-26 und die Durchbruchsvarianten von Ernst Giese, die 1925 vorgestellt wurden. Teilweise griff Giese ältere Ideen auf, so beim Durchbruch der Französischen Straße durch die Ministergärten. Weitere - nicht realisierte Durchbruchsvarianten wurden in der Folgezeit von prominenten Büros, etwa von Behrens, Poelzig, Tessenow und Scharoun erarbeitet (vgl. Große Berliner Kunstausstellung 1927, S. 105). Zu einem planerischen Schwerpunkt entwickelte sich das Alsenviertel im Spreebogen. Unmittelbarer Anlaß war die Auslobung eines Wettbewerbs für einen Reichstagserweiterungsbau im Jahre 1927, da im Reichstagsgebäude das Fehlen ausreichender Arbeitsräume für die Abgeordneten seit der Entstehungszeit ein Dauerproblem darstellte. Der erste Wettbewerb scheiterte an den eng gefaßten Vorgaben der Ausschreibung. Die Teilnehmer waren aufgefordert worden, auf dem Areal der beiden Blöcke zwischen Reichstag, Spree und Roonstraße (heute nicht mehr vorhanden) einen mit zwei Brückenbauwerken anzuschließenden Erweiterungsbau zu entwerfen, der hinsichtlich seiner Baumasse und Fassaden einen Bezug zum Reichstagsaltbau erkennen lassen sollte. Bei dem schwierigen Zuschnitt des spitzwinkligen Grundstücks war das eine nur schwer zu lösende Aufgabe. Ein wichtiges Ergebnis dieses Wettbewerbes war denn auch die Erkenntnis, daß die architektonische Aufgabe nur in einem neuen städtebaulichen Rahmen zu lösen sei. Noch im Jahre 1927 wurden auf der Großen Berliner Kunstausstellung innerhalb der "Sonderausstellung Architektur", die von der Architektenvereinigung "Der Ring" organisiert worden war, Durchbruchsvarianten für die Ministergärten und Bebauungsstudien für ein Republikanisches Forum zwischen Reichstag und Schloß Bellevue gezeigt. Als Ruf nach einer Gesamtplanung der Westerweiterung des Zentrums ist die Tatsache zu werten, daß neben diesen 130 thematisch durchaus aufeinander bezogenen Bemühungen der Plan Mächlers für diesen Bereich sowie die Pläne Haussmanns zur radikalen Neuorganisation des Pariser Stadtgrundrisses im Ausstellungskatalog als "kühn und groß" (Große Berliner Kunstausstellung 1927, S. 106) gelobt wurden. Auch der historische Plan Schinkels zur Neugestaltung des Areals von 1840 wurde gezeigt. Daneben präsentierte Hilberseimer seinen Entwurf für einen am Humboldthafen plazierten Kreuzungsbahnhof "Friedrich List" und eine Bebauungsstudie für das gesamte Quartier nördlich der Spree. Vor diesem Hintergrund wurde 1929 der zweite, engere Wettbewerb für die Erweiterung des Reichstages und die Gestaltung des Platzes der Republik ausgeschrieben. Der prämiierte Entwurf von Emil Fahrenkamp sah eine Bebauung des Alsenplatzes und, wie auch die meisten Entwürfe der übrigen Teilnehmer, eine Niederlegung der Bebauung im gesamten Spreebogenareal vor. Der mit dem zweiten Preis ausgezeichnete Entwurf von Holzbauer und Stamm entwickelte die Vorstellung einer großzügigen Ost-West-Achse, die nach dem Abriß der Krolloper und der Siegessäule vom Reichstag bis zum Schloß Bellevue reichen sollte. Im selben Jahr legte Hugo Häring schließlich den vielleicht weitestgehenden Vorschlag zur Schaffung eines Republikanischen Forums in einer nochmaligen Überarbeitung vor: Im Zentrum des Forums stand eine riesige Tribüne am Platz der Republik, die im Norden und Westen von einer ganzen Phalanx von Hochhausscheiben begleitet wurde. Der alte wilhelminische Reichstag wäre so in den Schatten eines republikanischen Hochhaus- und Tribünenensembles geraten. Hugo Häring bezog sich in seinem Kommentar zu diesem Entwurf ausdrücklich auf Martin Mächler. Er beschwor als Bauherrn einer neuen Gesellschaft das "souveräne Volk" und betonte die Notwendigkeit, eine solche Bauanlage "auf den Boden einer höheren Idealität zu erheben" (1929, S. 72). Bisher nämlich, so Häring, habe der Aufbau einer neuen Gesellschaft keinen städtebaulichen Niederschlag gefunden: "Wie äußert sich dieser neue Staatswillen städtebaulich? Bis jetzt äußert er sich überhaupt noch nicht." (Ebd.) Ein weiterer Schwerpunkt der Entwurfstätigkeit waren die zahlreichen Hochhaus- und TurmhausEntwürfe, die für das zentrumsnahe Gebiet zwischen Spree und Landwehrkanal vorgelegt wurden. Zwar hatten bereits im Rahmen des Wettbewerbes "Groß-Berlin" einige Architekten kleinere Hochhäuser vorgeschlagen, einen planerischen Hochhausboom erlebte Berlin aber erst in den zwanziger Jahren. Vor allem die städtebaulich motivierte Idee eines Hochhauses jenseits des Potsdamer Platzes in der Achse der Leipziger Straße - schon 1910 von Havestadt & Contag für den Potsdamer Platz selbst in die Diskussion gebracht - wurde in verschiedensten Varianten präsentiert. Protagonisten der Hochhauseuphorie in der Weimarer Republik waren in erster Linie Otto Kohtz und Bruno Möhring. Bruno Möhring, ein ausgesprochener Gegner der "flachen Stadt", untersuchte zunächst im Auftrag der Akademie des Bauwesens die Möglichkeit des Baus von Hochhäusern im Zentrum. Er sprach sich unter anderem für Hochhäuser am Askanischen Platz (1920) und am Lehrter Bahnhof (1920) aus. Otto Kohtz, Mitinitiator des 1920 gegründeten "Bundes der Hochhausfreunde", entwarf ebenfalls zahlreiche Großbauten, die die kaiserzeitliche Traufhöhe überwinden sollten, so etwa ein Reichshaus am Königsplatz (1920), ein Hochhaus am Blücherplatz (1921) und ein Hochhaus westlich des Potsdamer Platzes (1921). Der von der Figur des Hochhauses faszinierte Architekt überarbeitete seinen Reichshaus-Vorschlag mehrfach und stellte 1929 einen städtebaulichen Entwurf vor, der im Spreebogen einen Hochhausbau als "Point de vue" einer etwa zwei Kilometer langen Nord-Süd-Achse vorsah, die der strukturellen Einbindung des 131 Regierungsviertels dienlich sein sollte. Auf dem Alsenplatz selbst plante er ein Ehrenmal für die Toten des Ersten Weltkriegs. Kernstück blieb jedoch das "Hochhaus für die Reichsbehörden". Von den zahlreichen Hochhausplanungen der Weimarer Republik wurden nur das nach Ansicht Martin Wagners falsch plazierte "Europahaus" am Askanischen Platz (1930, S. 17) und das "Columbus-Haus" Erich Mendelsohns am Potsdamer Platz realisiert. Im Jahre 1930 stellte das Amt für Stadtplanung unter der Federführung Martin Wagners grundlegende Überlegungen zur Neustrukturierung des Eisenbahnverkehrs im Zentrumsbereich vor. Mit überraschender Nüchternheit betrachtete Wagner dieses Problem, das jedem Architekten Anlaß zu weitreichenden Gestaltungsphantasien geben mußte, primär als verkehrliche und erst sekundär als städtebauliche Aufgabe. Vorgeschlagen wurde eine Konzentration des Eisenbahnbetriebs auf zwei Personenbahnhöfe, die als zweigeschossige Verkehrsbauten auf den erweiterten Standorten des damaligen Anhalter Bahnhofs und des Lehrter Bahnhofs errichtet und durch einen im Zuge der Königgrätzer Straße (heutige Stresemannstraße), Bellevuestraße und mit Verschwenkung nach Nordosten im Bereich des Kleinen Sterns zu erstellenden Fernbahntunnel verbunden werden sollten. Mit dieser auf den ersten Blick unverständlich aufwendigen Trassenführung sollte zwei potentiellen Einwänden begegnet werden. Zum einen ermöglichte die Verschwenkung die Höhendifferenz innerhalb der zweigeschossigen Anlage des Lehrter Bahnhofs zu minimieren, wenngleich für dieses Ziel am Südbahnhof immerhin Teile des Landwehrkanals hätten aufgegeben werden müssen. Zum anderen glaubte Wagner, auf diese Weise auch Bedenken hinsichtlich möglicher Vegetationsschäden im Bereich des Tiergartens zerstreuen zu können. Über den Wert des durch die Zurückverlegung oder teilweise Aufgabe der Bahnhöfe zu gewinnenden Baulandes machte sich Wagner keine Illusionen. Er sah in den neugeschaffenen Flächen stadträumliche Entwicklungspotentiale, die aber wahrscheinlich erst langfristig mit Gewinn hätten bebaut werden können. So beklagte er für das Berliner Zentrum eher einen "Mangel an Bauherren als einen Mangel an Bauland". Gleichzeitig fürchtete Wagner, daß bei einer weiten Zurückverlegung der Bahnhöfe aus dem Zentrumsbereich die komplexe Balance des "Citybaukörpers" erschüttert und die in Angriff genommene "rationelle Erneuerung" des alten Zentrumsbereichs irreparabel gestört werden könnte. "Die Geschäftsreisenden, die in Berlin Aufenthalt nehmen, wollen in nächster Nähe der City wohnen und arbeiten und wollen keine weiten Wege von dem Hotel bis zum Bahnhof zurücklegen. Die Zurückverlegung des Anhalter Bahnhofs würde einen operativen Eingriff in den gesamtem Wirtschaftskörper der City bedeuten, der mit Krampf und Verlust an Lebenskraft für die City verbunden wäre." (Wagner 1930, S. 8) Und weiter: "Die City leidet fernerhin an einem Mangel an baulicher Erneuerung [...]. Soll man diese Stagnation in der baulichen Erneuerung der City noch dadurch zusätzlich vergrößern, daß man Hunderttausende von Quadratmetern freiwerdenden Bahngeländes der Bebauung zuführt und die City damit künstlich vergrößert? Die Berliner City verfügt noch über 250.000 qm völlig desolaten Baubodens, der dringendst einer neuen Bebauung zugeführt werden sollte, wenn die City unter diesen 'Scheunenvierteln' nicht leiden soll." (Ebd.) Obwohl Wagner den Begriff des Zentralbahnhofs mit Zurückhaltung verwendete, traf für ihn diese Bezeichnung am ehesten noch auf den Lehrter Bahnhof zu, der sich durch seine Nähe zum neu zu erbauenden "Regierungsforum" und größere Entwicklungspotentiale auszeichnen würde. "Daß an dieser Stelle, wo das Reichsparlament steht und wo ein zukünftiges Regierungsforum erbaut werden kann (und erbaut werden müßte), auch ideologisch gesehen der richtige Platz für den 132 'Zentralbahnhof' der Reichshauptstadt ist, braucht nicht besonders erwähnt zu werden". (Wagner 1930, S. 11) Die Anlage eines Zentralbahnhofs konnte und sollte aber nicht isoliert betrachtet werden. "Der Bau des Zentralbahnhofs am Lehrter Bahnhof rollt nicht nur die architektonische Gestaltung dieses Bahnhofs, sondern auch die ganze Gestaltung des Humboldthafens, der großen monumentalen Achse Alsenstraße - Siegessäule und des zukünftigen Regierungsforums am Platz der Republik auf." (Wagner 1930, S. 16) Baulich tat sich jedoch im Viertel um den Reichstag wenig. Mit dem Abriß der alten Alsenbrücke und dem Neubau der "Hugo-Preuß-Brücke" 1925-28, die nur noch die Ufer des Spandauer Schiffahrts-Kanals nördlich des Alsenviertels überspannte, schien die Option auf eine Nordanbindung des Alsenviertels endgültig aufgegeben zu sein. Die breite Allee der Alsenstraße wirkte unter diesen Bedingungen in Dimensionierung und Gestus wie das Zeugnis einer überlebten Planungsvorstellung. 5.3. Vorbereitungen für ein neues Zentrum in der Zeit des Nationalsozialismus Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begann ein neuer Anlauf zur Westerweiterung des Zentrums. Die Leitbilder wandelten sich von der Weltstadt Berlin zur "Welthauptstadt Germania". Doch waren die Planungen anfangs noch unsicher und standen stark unter dem Einfluß der Diskussion der Weimarer Republik, besonders der Überlegungen Martin Mächlers. Zunächst wurde, noch ganz in der Logik der "Systemzeit", der von der Reichsbahn und der Stadtverwaltung seit langem konzipierte und von Martin Wagner konkretisierte Nord-Süd-S-BahnTunnel gegen den hartnäckigen Widerstand der auf Parallelverkehr verweisenden Berliner Verkehrs-A.G. (BVG) in Angriff genommen und in mehreren Bauabschnitten bis 1939 realisiert. Eine von der städtischen Verwaltung bereits 1933 vorgelegte Nord-Süd-Achsenplanung wurde von Hitler für unzulänglich erklärt. Im Laufe der folgenden Jahre verlor die städtische Verwaltung zunehmend an Einfluß auf die städtebauliche Planung und Realisierung, bis sie ab 1937 völlig im Schatten der Generalbauinspektion Albert Speers stand, die alle größeren Planungs- und Bauvorhaben an sich zog. Albert Speer wurde 1936 von Adolf Hitler mit der Entwicklung eines Neugestaltungskonzeptes beauftragt, seine Ernennung zum "Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin" folgte im Januar 1937. Nach und nach steigerten sich die Speerschen Planungen zu immer weiter ausgreifenden Gestaltungs- und Ordnungsideen. Ging es anfänglich noch um eine tiefgreifende Zentrumserweiterung, wurde bald der Bau eines gänzlich neuen, nordsüd-orientierten Zentrums westlich der alten City projektiert. Kernstück der Achsenplanung war der Abschnitt der Nord-Süd-Achse zwischen der "Großen Halle" und dem als räumlicher Abschluß der Monumentalstraße nach Süden gedachten, von Albert Speer entworfenen Gebäude des Südbahnhofs, das aufgrund seiner stadträumlichen Lage zum Berliner Zentralbahnhof avanciert wäre. Als Abschluß des Bahnhofsvorplatzes nach Norden hin wurde ein 117 Meter hoher und 170 Meter breiter sogenannter Triumphbogen geplant, durch den die Niederlage im Ersten Weltkrieg posthum in einen Sieg uminterpretiert werden sollte. Nach Norden bildete eine 290 Meter hohe und auf einem quadratischen Kubus von 315 Meter Seitenlänge ruhende Kuppelhalle den räumlichen Abschluß der Achse und als weithin sichtbare Dominante zugleich den Höhepunkt der städtebaulichen Neuordnung. 133 Bei der Standortwahl der Kuppelhalle lehnte sich Speer an die Entwürfe zum Reichshaus von Otto Kohtz an, der ebenfalls - im Gegensatz zu Mächler - auf eine unmittelbare Weiterführung der Achse nach Norden verzichtet hatte. In der Speerschen Planung sollte diese Achse östlich des Reichstages und der Kuppelhalle mit einer anschließenden Verschwenkung in Richtung Nordwest fortgeführt werden. Bei einer solchen Lösung wäre der Nordabschnitt der Achse trotz aufwendiger Gestaltung mittels einer kilometerlangen Wasserfläche, die von monumentalen öffentlichen Gebäuden und dem Nordbahnhofsgebäude gesäumt werden sollte, ein Appendix der "Großen Halle" geworden. Im Gegensatz zur Ost-West-Achse, deren präzise Ausrichtung auf die Himmelsrichtungen bereits zur Barockzeit verbaut worden war, wurde die Nord-Süd-Achse genau nach den Polen orientiert. Dies und die Weltkugel auf der "Großen Halle" sollten ihr einen überörtlichen Charakter mit Weltanspruch verleihen, während die alte Lindenachse hierarchisch herabgestuft wurde. Zwischen Reichstag und "Großer Halle" war ein Reichstagserweiterungsbau mit einem Plenarsaal für 1.200 Abgeordnete geplant, der mit dem Altbau über zwei Brückenbauwerke verbunden werden sollte. Der beabsichtigte Abriß des Reichstagsaltbaus wurde durch eine Intervention Hitlers verhindert. Die schließlich beschlossene Planung sah den Baukörper als Hülle zur Aufnahme von Abgeordnetenbüros und eines Lesesaals für die Reichstagsbibliothek vor. Der geplante Bauplatz für die "Große Halle" bedingte eine Verlegung der Spree, deren neues Bett zwischen Reichstag und "Großer Halle" in Ost-West-Richtung verlaufen sollte. Die Hartnäckigkeit, mit der an der Realisierung der Neugestaltungsplanungen festgehalten wurde, zeigt sich auch daran, daß zur Weiterführung der Erdarbeiten am neuen Spreebett noch bis November 1940 die Bebauung zwischen Roonstraße, Reichstagsufer und Reichstagsplatz vollständig abgerissen wurde. In einem Artikel im "Berliner Lokal-Anzeiger" vom 28. Januar 1938 rechtfertigte Albert Speer die Neugestaltungsplanungen: "Weit verstreut liegt heute eine große Anzahl monumentaler Bauten, die erst in den letztvergangenen Jahren entstanden sind. [...] Es ist erklärlich, daß jeder nur dort baute, wo es ihm richtig zu sein schien, d. h. in den meisten Fällen dort, wo sich bereits die Arbeitszelle bzw. das bisherige, veraltete Gebäude des jeweiligen Betriebes befand. So entstanden z. B. der Neubau des umfangreichen Reichsbankkomplexes unmittelbar beim Altbau in abgelegener Gegend Berlins, das Luftfahrtministerium an der Leipziger Straße beim Sitz des Reichsluftfahrtministeriums und Preußischen Ministerpräsidenten, die Deutschlandhalle im Westen der Stadt beim Messegelände, das Hauptverwaltungsgebäude für den Reichsarbeitsdienst im Grunewald, das Stabsgebäude der DAF [Deutsche Arbeitsfront] an der Potsdamer Straße, die Verwaltungsgebäude großer Versicherungen am Fehrbelliner Platz usw." Mit der Neugestaltung der Stadt biete sich nun die Chance, in diese quasi anarchische Struktur ordnend einzugreifen: "Es gilt jetzt also für alle diese Großbauten repräsentative und großräumige Bauplätze zu finden, und es liegt nahe, für diese Bauten, denen viele andere folgen werden, nach Möglichkeit etwas räumlich Zusammenfassendes zu planen, d. h. einen Straßenzug bereitzustellen, der die notwendige Aufnahmefähigkeit besitzt." Ein Umbau des alten Zentrumsbereichs scheide schon aus Verkehrsgründen aus. Außerdem seien die bisherigen Planungen zur Zentrumserweiterung unzureichend, auch wenn sie gelegentlich ebenfalls den Gedanken einer Nord-Süd-Straße aufgegriffen hätten: "Keiner dieser Vorschläge aber war in jeder Weise so grundsätzlich durchgreifend und großzügig, daß von einer umfassenden Neuordnung gesprochen werden konnte." Die Schnittstelle zwischen der Nord-Süd-Achse und der Potsdamer Straße wurde durch die strenge Geometrie des "Runden Platzes" vermittelt. Dieser Platz war der einzige, bewußt gestaltete Verknüpfungsbereich zwischen altem und neuem Zentrum. Mit dem "Kameradschaftshaus der 134 deutschen Künstler", den Gebäuden des "Thüringenhauses", dem Bau eines Großkinos, dem "Haus des Fremdenverkehrs" sowie der aufwendigen, skulpturalen Platzgestaltung von Arno Breker avancierte dieser Platzraum zu einer Art Forum für nationalsozialistische Kunst und Kultur. In Sichtachse der Leipziger Straße sollte - gegenüber der Traufhöhe der übrigen Bauten leicht erhöht - nordwestlich des "Runden Platzes" als Gegenpol zum lärmenden und städtischen Potsdamer Platz der Weimarer Republik die "Soldatenhalle" nach Entwürfen von Wilhelm Kreis entstehen. Mit ihrem quasi-sakralen Duktus hätte sie den Gebäudekomplex des Oberkommandos des Heeres und eines zum Runden Platz orientierten Wehrmachtskasinos dominiert. Alle Gebäude zeigten gestalterisch angeglichene Fassaden, ein abgesetztes Sockelgeschoß mit Arkaden, ein hohes, im Fassadenaufbau akzentuiertes Hauptgeschoß, zwei Mezzanin- oder Attikageschosse sowie eine Attika mit weit ausladendem Gesims. Am Beispiel des Fremdenverkehrshauses erläuterte Speer seine These von der verkehrlichen Unzulänglichkeit des historischen Zentrums, dessen Großbauten gleichwohl erhalten bleiben sollten: "Das Fremdenverkehrshaus sollte zuerst Unter den Linden entstehen. Im Programm dieses Neubaues ist ein Kongreßsaal für 1.600 Personen vorgesehen. Da aber für den heutigen Verkehr weder die notwendige Parkfläche zur Verfügung gestellt werden konnte noch bei einer Veranstaltung die reibungslose Anfahrt der Automobile zu sichern war, mußte dieser Bauplatz aufgegeben werden. [...] In diesem Zusammenhang sei auch betont, daß Gerüchte, die von einem Abriß verschiedener Bauten der Innenstadt (wie Reichstag, Hotel Adlon, Kolumbushaus, Wertheim-Bau) wissen wollen, nicht zutreffen." (Speer im "Berliner Lokal-Anzeiger" vom 28.1.1938) Der Ausbau des alten zentralen Ost-West-Zuges über die Straße Unter den Linden, Charlottenburger Chaussee und Heerstraße, zu dessen einheitlicher Gestaltung Albert Speer persönlich antikisierende Kandelaber entworfen hatte, war Ende 1939 weitgehend abgeschlossen. Der eigentliche Mittelpunkt der neuen Zentrumskonzeption, die Kreuzung von Nord-Süd- und OstWest-Achse, wurde im übrigen sehr zurückhaltend behandelt. Zur Regelung des Verkehrs wie der Aufmärsche war eine Kreuzung mit mehreren Ebenen geplant, wobei die Ost-West-Achse im räumlichen wie symbolischen Sinne untergeordnet wurde: "Etwas weiter südlich, an der Charlottenburger Chaussee, wird durch das Zusammentreffen der beiden Straßenachsen der Brennpunkt des Berliner Verkehrs sich bilden. Hier müssen unterirdische Straßenkreuzungen für eine reibungslose Verkehrsabwicklung sorgen, durch die aber gleichzeitig bei einem Aufmarsch der Ost-West-Verkehr unter der von Süden kommenden Aufmarschstraße weitergeleitet werden kann." (Speer im "Berliner Lokal-Anzeiger" vom 28.1.1938) Von den Planungen zur Nord-Süd-Achse gelangten in den Jahren 1938-40 nur einige Umbauten zur Fertigstellung, das Haus des Fremdenverkehrs war in Teilen bereits nutzbar. Die Maßnahmen zur Realisierung der sonstigen Neugestaltungsplanungen waren jedoch bereits in großem Maßstabe angelaufen. Im Bereich der Matthäikirche und im östlichen Teil des Spreebogens wurden großflächige Abrisse vorgenommen, umfangreiche Gründungsarbeiten für die "Große Halle" hatten bereits begonnen, die Arbeiten für den Spreedurchstich waren weit fortgeschritten, die Tunnelanlagen zur Einfädelung der Kraftfahrzeuge in die Ost-West-Achse teilweise fertiggestellt, und die Tunnelanlagen des Schienennahverkehrs zur Unterfahrung der Spree waren bereits so weit gediehen, daß sie sich bei den Bodenkämpfen als Panzergräben gegen die von Norden vordringende Rote Armee zweckentfremden ließen. 135 Das Teilstück der Ost-West-Achse zwischen S-Bahnhof Tiergarten und Siegessäule wurde in den letzten Apriltagen 1945 als Landepiste der wenigen Versorgungsflugzeuge genutzt. Zu deren Sicherheit wurden die hier befindlichen Speerschen Kandelaber niedergelegt. Die Militarisierung des öffentlichen Raumes hatte so ihren letzten Ausdruck gefunden. 5.4. Randlage an der Sektorengrenze Mit ausgeprägtem Hang zu Symbolik und Theatralik plazierte unmittelbar nach Kriegsende die Rote Armee ihr erstes, weitgehend mit Materialien der "Neuen Reichskanzlei" erbautes Siegesmal an den Abschluß der ehemaligen Siegesallee, auf die Trasse der Speerschen Nord-Süd-Achse, und ließ dadurch jeden neuen Ansatz einer Nord-Süd-Verbindung zu einer stadträumlich brisanten Unternehmung werden. 1947 wurde die Trasse der alten Siegesallee schließlich durch einen Verwaltungsakt der Siegermächte aufgehoben. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erschien die Vernichtung der im 19. Jahrhundert entstandenen Baustruktur auch als Chance, neue weitgreifende Ordnungsvorstellungen zu realisieren. So wurde etwa die überkommene, wenn auch zum Teil ruinöse Bebauung, die den Bombenkrieg und die Speerschen Neugestaltungsmaßnahmen überdauert hatte, durch das Planungskollektiv um Hans Scharoun weitgehend ignoriert. Im "Zehlendorfer Plan" wurde dem Viertel nördlich des noch so bezeichneten "Runden Platzes" eine Wiederaufbaumöglichkeit abgesprochen, der Erhalt des Hauses des Fremdenverkehrs aber erwogen. Auf Grundlage des Zehlendorfer Plans wurden im Jahre 1947 die sogenannten Pläne A und B, Varianten des "neuen Plans von Berlin" von Karl Bonatz, entwickelt. Hier tauchte zum ersten Male der Gedanke einer Nord-Süd-Hauptverkehrsstraße zur Erschließung des Potsdamer Platzes auf. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Verlegung der Potsdamer Straße diskutiert. Das Konzept der Nord-Süd-Straße ging schließlich 1950 in den ersten West-Berliner Flächennutzungsplan ein. Dort wurde die jahrzehntealte Idee einer Nord-Süd-Eisenbahnverbindung zugunsten einer Schnellstraße über den Potsdamer Platz und die Friedrich-Ebert-Straße aufgegeben. Mit der Spaltung der Stadt hatte sich die Lage des potentiellen Zentrumserweiterungsgebietes West allerdings bereits radikal verändert. Aus Ost-Berliner Sicht lag es jenseits der Stadtgrenze, aus West-Berliner Sicht am Rande der Stadt - ein Areal im Dornröschenschlaf bis zur Wiedervereinigung. Hinzu kam ein weiterer Aspekt: Der Potsdamer Platz hatte mit der spurlosen Beseitigung des ersten Berliner Bahnhofs eine seiner wichtigsten Funktionen verloren - die des Bahnhofsvorplatzes. Um Ziegelsplitt für den Straßenbau zu gewinnen, verschwand Ende der fünfziger Jahre auch der ehemalige Lehrter Fernbahnhof. Seine Zerstörung ließ zunächst auch jede Hoffnung auf eine Zentrumsbildung nördlich der Spree erlöschen. Auf seinem Gelände siedelte sich ein Baustofflager an. Auch die Maßnahmen zur Neugestaltung des Spreebogens begannen zunächst mit der für die fünfziger Jahre typischen Entsorgung von Altbausubstanz durch die Abrißbirne. Bis 1958 wurde die schon in den zwanziger Jahren zur Disposition gestellte und in den dreißiger Jahren erheblich dezimierte Bebauung des Alsenviertels mit Ausnahme des noch heute vorhandenen Gebäudes der Schweizer Gesandtschaft abgerissen, die von Lenné geplante städtebauliche Grundfigur des Areals durch neue Straßentrassen bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Auch der Weiterbestand des Reichstagsgebäudes war in den fünfziger Jahren ungewiß. Das Bauwerk wurde schließlich nach 136 einer in die Bausubstanz eingreifenden Umgestaltungsplanung von Paul Baumgarten verändert wiederaufgebaut. Die "purifizierten" Fassaden gewannen nach Entfernung eines Großteils des Dekors und Skulpturenschmucks entgegen der gestalterischen Absicht einen stärker monumentalen Charakter. Die kriegszerstörte Kuppel wurde mitsamt ihrer Tragkonstruktion gesprengt bzw. herausgeschlagen. Der 1957 ausgeschriebene Wettbewerb "Hauptstadt Berlin" konnte dem Gebiet nur Anstöße in Form von Papierarchitektur geben. Der erste Preisträger, das Büro Spengelin, Eggeling und Pempelfort, nahm die schon von der Generalbauinspektion Speers projektierte südliche, neue Uferbegrenzung der Spree auf und schlug orthogonal zum Ufer Ergänzungsbauten zum Reichtagsgebäude vor. Im Bereich des ehemaligen Lehrter Fernbahnhofs sollte ein vielspuriges Autobahnkreuz die Verbindung zwischen dem zentrumsnahen Autobahnring und dem Nordzubringer herstellen. Die geplante Schnellstraße sollte nun vom Potsdamer Güterbahnhof kommend durch einen Tunnel unter dem Tiergarten am Platz der Republik vorbei nach Norden geführt werden. Westlich des Potsdamer Platzes wurden Flächen für die Staats- und Landesregierung ausgewiesen. Der Beitrag von Hans Scharoun, dem ein zweiter Preis zuerkannt worden war, sah südwestlich des Platzes großflächige Stellflächen für Kraftfahrzeuge vor. Parallel zum Wettbewerb hatte Scharoun im Juli 1958 eine Fläche am Kemperplatz als Standort der neuen Philharmonie ins Gespräch gebracht. Dieser Idee war eine prinzipielle Kritik am vorgesehenen, als zu exzentrisch bezeichneten Standort hinter dem Joachimsthalschen Gymnasium an der Schaperstraße vorausgegangen. Mit dem Votum des Abgeordnetenhauses für den Standort von Philharmonie, Staatsbibliothek und der Galerie des 20. Jahrhunderts in Nähe des Kemperplatzes war in zentraler Lage und als bindendes Element für Gesamt-Berlin die Keimzelle des Kulturforums gelegt - als Teil eines Anfang der sechziger Jahre entwickelten und von Werner Düttmann modifizierten Kulturband-Konzeptes. Abseits der West-City sollte in Mauernähe ein Raum für zeitgenössische Kunst entstehen, weitgehend als Gegenkonzept zur Planung und zum architektonischen Duktus des "Runden Platzes" von Albert Speer. Die noch vorhandenen 49 Gebäude des Tiergartenviertels wurden per Bebauungsplan mit Ausnahme von 16 namentlich festgelegten Bauten zum Abriß bestimmt, der auch bis auf wenige Einzelfälle realisiert wurde. Das Haus des Fremdenverkehrs wurde nach mehreren Sprengungen bis 1963 abgeräumt. Die Planungen zum Kulturforum tragen den Stempel der Bundesrepublik jener Jahre: Sie sind Ausdruck einer geistigen Haltung, die dem Fetisch Automobil, der autogerechten Stadt huldigte und die Tradition bzw. Geschichte bis zur Bewußtlosigkeit verdrängte. So ergab sich denn auch die oft kritisierte Lage und Gestalt der neuen Potsdamer Straße aus der verkehrstechnischen Bedingung, die geplante Westtangente an die Landwehrkanal-Uferstraße, die Potsdamer Straße und den Potsdamer Platz anzubinden, woraus sich der Sachzwang einer Nordverschiebung der Straße ableitete. Die Gefahr der Ausbildung einer räumlichen Barriere durch den veränderten Verlauf der Potsdamer Straße wurde bei der Standortwahl und Vorbereitung des Wettbewerbs zur Staatsbibliothek erkannt. Der Text der Ausschreibung wies ausdrücklich auf diesen wichtigen stadträumlichen Aspekt hin: "Von entscheidender Bedeutung ist der Anschluß der Staatsbibliothek an das jenseits der Potsdamer Straße gelegene Forum [...]." (Berlinische Galerie 1992, S. 26) Dieser Anschluß schien jedoch für das Votum des Preisgerichts nicht entscheidend gewesen zu sein. Dies war eher einer der Schwachpunkte des prämiierten Scharounschen Konzeptes. Dagegen lobte das Preisgericht unter 137 Verweis auf das gegenüberliegende Gebäude der Nationalgalerie den Wettbewerbsentwurf für die Qualität der städtebaulichen Einbindung: "Das Ausstellungsgebäude Mies van der Rohes - seine Integrierung ist eine besonders schwierige Aufgabe des Wettbewerbs - [...] findet seine maßstäbliche und formale Entsprechung in dem der Gebäudemasse der Staatsbibliothek - gleichfalls auf einer Terrasse - vorgelagerten großen Lesesaal." (Vesper 1978, S. 138) Diese Qualifizierung ist nur nach Betrachtung des Wettbewerbsentwurfs nachvollziehbar, während sie der heutigen Situation nach mehreren Konzeptüberarbeitungen grundlegend widerspricht. Auf die noch im Wettbewerbsentwurf vorgesehene fußläufige Anbindung der Staatsbibliothek an die zentralen Kultureinrichtungen um die Matthäikirche über zwei die Neue Potsdamer Straße unterquerende Tunnelanlagen ist schließlich verzichtet worden. Ihre Realisierung hätte, wenn auch im Stile der autogerechten Stadt, vielleicht den Inselcharakter der Anlage etwas mindern können. Nach umfangreichen Querelen wurde dem Büro Scharoun 1971 die Projektleitung entzogen, die Bundesbaudirektion übernahm die Verantwortung für den Weiterbau. Bis in die achtziger Jahre hinein stagnierte die bauliche Entwicklung des ehemaligen Alsenviertels. Mit der Ausschreibung des "Städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerbes 'Platz der Republik'" im Rahmen der breiten, aber letztlich folgenlosen Debatte über einen sogenannten "Zentralen Bereich" deutete sich 1985 unter dem Eindruck der fortdauernden deutschen Teilung die Entwicklung des Spreebogenareals von der fragmentierten Regierungslandschaft zum städtischen Forum an. Der offizielle Anspruch war aber viel höher: Der in der Geschichte der Planungen für Regierungsstandorte so wichtige Spreebogen sollte eine Rolle "als politisches Forum und zentraler Ort deutscher Geschichte" spielen (Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz 1988, S. 106). Das vom Preisgericht als unbefriedigend bezeichnete Wettbewerbsergebnis wurde nicht realisiert. Die Realisierung der Planungen zu einem Deutschen Historischen Museum nach einem Entwurf von Aldo Rossi wurden vom Zerfall der DDR überrollt, der 1987 gelegte Grundstein verschwand kurioserweise in den Magazinen des nun im Zeughaus Unter den Linden ansässigen Deutschen Historischen Museums. 5.5. Nach 1989: mit neuem Schwung voran? Nach dem Fall der Mauer wurde das Gebiet der historischen Westerweiterungsbemühungen wiederum zu einem Angelpunkt städtebaulicher Entwicklung: Der beinahe schon mythische Potsdamer Platz avancierte zum ersten Ort städtebaulicher Diskussion und Planung. Dabei gaben sich die Akteure alle Mühe, eine nicht nur von Martin Wagner erkannte Regel des Städtebaus zu brechen: "In einer Weltstadt bildet sich nun nicht hochwertiges Gelände in großen, sondern nur in kleinen Flächen. Baustellen am Potsdamer Platz, in der Leipziger Straße, am Alexanderplatz usw. bilden ihren Wert in einer Entwicklung von über 100 Jahren und mehr. Eine Leipziger Straße, eine Friedrichstraße lassen sich nicht künstlich in wenigen Jahren neu schaffen." (Wagner 1930, S. 18) 5.5.1. Bereich Potsdamer Platz Für den Bereich des Potsdamer Platzes wurde im Juni 1991 der erste große städtebauliche Ideenwettbewerb nach dem Fall der Mauer unter der Bezeichnung "Potsdamer und Leipziger Platz Internationaler engerer Wettbewerb" ausgelobt, dem ein europaweites Bewerberauswahlverfahren vorausgegangen war. Trotz des sehr ortsbezogenen Titels erforderte die gestellte Aufgabe weniger die Gestaltung eines eng begrenzten Ortes als den Entwurf für einen ganzen Stadtteil in all seiner 138 Komplexität. Mit dem Begriff "Platz" wurde - wie im übrigen auch am Alexanderplatz - ein jede Platzdimension sprengendes Großprojekt bemäntelt. Die 17 eingeladenen Teilnehmer, unter ihnen die Büros von Josef Paul Kleihues, Foster Associates, Hans Kollhoff, Axel Schultes, Otto Steidle, Daniel Libeskind und Oswald Mathias Ungers, sollten Stadträume entwerfen, die in der horizontalen Ausprägung die Strukturen der Stadt des 19. Jahrhunderts berücksichtigen: "Die wesentlichen und charakteristischen Merkmale der Berliner Innenstadt, geometrisches Straßenraster, geschlossene Blockränder, Abfolge von Straßen und Plätzen, sollten im Stadtgrundriß und Aufriß erhalten bleiben. Die historische Raumfolge Potsdamer Platz - Leipziger Platz bildet hierbei das verbindende Element." (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz 1991a, Ausschreibung, S. 25) Dabei sollten das polyzentrale Gefüge der Stadt respektiert und eine "Entwicklung dieses Ortes zu der Mitte Berlins, zum Oberzentrum der Stadt" (ebd.) vermieden werden. Weiterhin wurde unter dem Leitmotiv der europäischen Stadt von den Büros gefordert, einen höchstmöglichen Grad an Nutzungsmischung anzustreben und Raumkonzepte zu entwerfen, die die städtebaulichen Defizite der umliegenden Quartiere, insbesondere des zu Zeiten der DDR erstellten Wohngebiets an der Otto-Grotewohl-Straße sowie des Kulturforums, mindern helfen. In bezug auf die Bebauungshöhe hieß es sehr allgemein und unklar: "Ebenso stehen auch Höhenentwicklungen und Dichte im Zusammenhang mit den tatsächlichen Nutzungen und sind im Sinne einer 'Architektur für den einprägsamen Ort' zu formulieren. Bei der Höhenentwicklung sind insbesondere die Raumgestaltung des Leipziger Platzes und der Umgebungsschutz der Denkmale Tiergarten und Kulturforum zu berücksichtigen." (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz 1991a, S. 26) Diese Formulierungen zeigen, daß sich die Auslober nicht zu einer eindeutigen Vorgabe durchringen konnten. Unter Leitung von Thomas Siewerts trat im Oktober 1991 das Preisgericht zusammen. Es vergab einen zweiten und dritten Preis an die Büros Ungers und Steidle, der erste Preis ging mit elf gegen vier Stimmen an die Architekten Heinz Hilmer und Christoph Sattler, die unter dem Motto angetreten waren: "Nicht das weltweit verwendete amerikanische Stadtmodell der kompakten Hochhausagglomeration, sondern die Vorstellung von der kompakten, räumlich komplexen europäischen Stadt liegt dem Entwurf zugrunde." (Hilmer und Sattler 1991, S. 2) Diese Entscheidung löste innnerhalb der Fachwelt einen heftigen Streit über Qualität und Schwächen des schlichten und wenig prätentiösen stadträumlichen Ordnungsschemas aus. Die Jury rechtfertigte ihr Votum mit dem Hinweis, daß das zunächst einfach und traditionell erscheinende Blockmuster genau die Qualitäten besitze, die in der Ausschreibung gefordert worden waren: "Der Verfasser schlägt ein prinzipiell funktionsfähiges System von Kleinblöcken vor, die er als städtebauliche Bausteine versteht. Damit gelingt eine kleinteilige Nutzungsmischung, die nicht nur im Quartier, sondern auch im Einzelblock möglich wird und ausdrücklich erwünscht ist." Und weiter: "Die Nutzungsarten, besonders am Potsdamer Platz, erscheinen in diesem Zusammenhang besonders gelungen. [...] Positiv sind die Torsituationen herauszustellen. Dies gilt auch für die Straßencharakteristiken der Straßentypen." (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz 1991b, Preisgerichtsprotokoll, S. 8f.) Tatsächlich hatten die Auslober ein Ergebnis erzielt, das per Ausschreibung vorgeben worden war: eine formale Orientierung an der europäischen Stadt vor allem des 19. Jahrhunderts. Daß nicht die 139 Berliner Tradition, sondern die Tradition der europäischen Stadt zum Ausgangspunkt genommen wurde, unterstrich auch Christoph Sattler selbst: "Die an Mailänder oder Madrider Maßstäbe erinnernden, längs und quer gereihten, etwa zehnstöckigen Blöcke von 50 mal 50 mal 35 Metern solle ein Netz von je 17,5 Meter breiten Straßen durchziehen; die angestrebte Zwei-zu-einsProportion von Volumen und Profil gewährleiste gute Belichtung und Belüftung; die vorgeschlagene Parzellenstruktur vermittle zwischen der kleinteiligen Friedrichstadt im Osten und dem großräumigen Kulturforum im Westen." (Dok. in Stegers Dritter Teil 1991) Der preisgekrönte Entwurf enthielt auch eine nur um wenige Grad nach Süden hin verschwenkte neue Potsdamer Straße. Diese Trassenführung hatte den Abriß eines großen Teils des eingetragenes Baudenkmals Hotel Esplanade zur Bedingung, ein Vorhaben, das der Fachöffentlichkeit lange verborgen blieb und später um so heftiger kritisiert wurde. Auf der Grundlage des prämiierten Entwurfs von Hilmer und Sattler wurden von den Investoren Realisierungswettbewerbe zu den verschiedenen Flächen um Potsdamer und Leipziger Platz ausgeschrieben. Den ersten Schritt tat bereits im März 1992 die Daimler Benz AG, als sie für ihr "Filetstück", den mit 67.000 Quadratmetern Fläche größten Teilbereich des Areals, der sich vom Potdamer Platz bis zum Landwehrkanal und zur Philharmonie erstreckt, einen beschränkten, internationalen Realisierungswettbewerb auslobte, zu dem sieben renommierte deutsche Büros, darunter Kleihues, von Gerkan, Hilmer und Sattler sowie Ungers, und sieben ausländische Büros, darunter Isozaki, Meier, Rogers und Holzbauer, eingeladen wurden. In der Ausschreibung wurde der Kunstbegriff der "erlebbaren Traufhöhe" von 35 Metern eingeführt, die um zwei Staffelgeschosse bis zur "absoluten Traufhöhe" gesteigert werden könnte. Die Bebauung sollte sich, wie im Entwurf von Hilmer und Sattler vorgesehen, in drei Blöcke aufteilen, die Trasse der alten Potsdamer Straße sollte respektiert und als öffentlicher Raum wiedergewonnen werden. (Daimler Benz AG 1992, S.16ff.) Prämiiert wurde in diesem Verfahren die Arbeit des Büros Renzo Piano, die zum Landwehrkanal hin eine Wasserfläche zeigte, in deren Mitte ein Tunnelmund des geplanten Tiergartentunnels vorgesehen war. Die Organisation der Baustruktur erfolgte in kleinteiligen Blöcken mit Atrien und zwischenliegenden Passageräumen, die sich jeweils orthogonal an der Neuen Potsdamer Straße und der Linkstraße längs des ehemaligen Potsdamer Personenbahnhofs orientierten. Über den Baukörper eines sich formal an den Bau der Staatsbibliothek anlehnenden "Musicaltheaters" am südlichen Ende der alten Potsdamer Straße, der ein als Piazza bezeichneter Platzraum vorgelagert ist, gelang unerwartet der städtebauliche Übergang zur skulpturalen und selbstbezogenen Sechziger-Jahre-Bebauung des Kulturforums. Die vertikale Staffelung sah die Ausbildung von drei Turmgebäuden vor: zwei etwa 80 Meter hohe Baukörper an der Gabelung zwischen alter und Neuer Potsdamer Straße sowie am Landwehrkanal als Teil des Bürokomplexes der Debis-Verwaltung und ein drittes etwa 60 Meter hohes Gebäude an der Ecke Linkstraße. Ebenfalls 1992 wurde auf der Fläche zwischen Neuer Potsdamer Straße und Bellevuestraße von der Firma Sony ein Realisierungswettbewerb ausgelobt. Die Liste der eingeladenen Büros ließ bereits im Vorfeld erkennen, daß bei diesem Projekt zuvorderst international geprägte Architektur und weniger ein Auftakt zur Wiedergewinnung eines Stücks Berliner Stadtgeschichte erwünscht war. Schlüssigerweise stellte das Büro Jahn, Chicago, den Siegerentwurf. Im Zentrum des dreieckigen Gebäudekomplexes steht ein ellipsenförmiges Atrium nordamerikanischer Prägung, um das - wie in der Ausschreibung gefordert - ein Sony-Konzernkomplex, weitere Büro- und Gewerbeflächen, ein 140 Hotel und das hier seit den achtziger Jahren nach einem Wettbewerbsentwurf von Hermann Hertzberger geplante Filmhaus Esplanade angeordnet sind. Die vertikale Dominante wurde wie bei den meisten anderen Entwürfen unmittelbar am zum Potsdamer Platz angesiedelt. Besondere Kritik erfuhr das von Sony geforderte Atrium, das zu Recht als Konkurrenz zum öffentlichen Raum der geplanten Straßen und des Potsdamer Platzes selbst aufgefaßt wurde. "Unter dem Protektorat der traditionellen europäischen Stadt, die zur Abwehr der amerikanischen Stadt ins Feld geführt wurde," so Fritz Neumeyer im "Tagesspiegel" vom 25. Oktober 1992, "wird nun tatsächlich amerikanische Kommerzarchitektur reinsten Wassers gebaut werden: nicht in Gestalt des Hochhauses, das der Straße an Lebendigkeit durchaus etwas zu bieten hat, sondern in Gestalt der Shopping Mall, die ihre Funktionen von der Straße weg nach innen wendet und städtisches Leben somit wie im Aquarium in glasgedeckten, abschließbaren Innenräumen aufnimmt." Der Wettbewerbsentwurf des Büros Jahn präsentierte das amputierte Restgebäude des Hotels Esplanade in einer Glasumrahmung als Lobbygebäude mit historischem Touch für eine moderne Luxusherberge. In der im Frühjahr 1995 präsentierten Entwurfsüberarbeitung ist diese Haltung zu einer aufdringlichen Überformung gesteigert. Die Firma Sony hat sich mittlerweile aus der aktiven Entwicklung des Projekts zurückgezogen und diese dem minderheitsbeteiligten Unternehmen Tishman Speyer Properties überlassen, einem Unternehmen, dem wir auch beim Projekt Lehrter Bahnhof begegnen werden. Als dritter der großen Entwickler am Potsdamer Platz stellte im Jahre 1993 die Firma ABB (Asea Brown Boveri) den ebenfalls über einen Wettbewerb ermittelten Entwurf für ihre entlang der Köthener Straße gelegene Baufläche vor, in den eine Tunnelrampe für den öffentlichen Schienennahverkehr zu integrieren war. Geladen waren hierzu unter anderem die Büros Sawade, Ortner & Ortner und Axel Schultes mit Charlotte Frank. Der erste Preis wurde dem Büro Giorgio Grassi zuerkannt, das meist achtgeschossige, H-förmig organisierte Baukörper mit Rasterfassaden in der dem Büro eigenen Architektursprache vorschlug. Nur an der der Stresemannstraße zugewendeten, nördlichen Kopfbebauung wird der Baukörper durch ein dreigeschossiges Sockelgeschoß akzentuiert und leicht überhöht. Schon wegen der anhaltenden Unklarheit über die Erschließung des Platzes durch den öffentlichen Personennahverkehr wird sich die Realisierung dieses Projekts verzögern. Neben der kaum akzeptablen Vorgehensweise, privaten Entwicklern die Planung eines ganzen Stadtviertels zu überlassen, und den jeweils projektinternen stadträumlichen und strukturellen Problemen bleibt - abgesehen von der Anbindung nach Osten zur Leipziger Straße und Wilhelmstraße - die Anbindung nach Westen eine stadträumliche Schwierigkeit. Die Baukörper des Kulturforums wie der städtebauliche Gesamtentwurf besitzen einen selbstbezogenen, insulärskulpturalen Charakter. Bislang ist nicht erkennbar, ob es gelingt, diese Barriere zu überwinden. Die Zauberformel der Scharoun-Anhänger, zur nachträglichen Realisierung einer historischen Planungsidee angetreten, lautet: "Zu Ende bauen". Ob dies angesichts der völlig veränderten Verhältnisse sinnvoll ist oder ob das Kulturforum durch Additionen zeitgenössischer Architektur mit neuen Funktionen angereichert werden soll, ist weiterhin heiß umstritten. Auf alle Fälle muß es weiter entwickelt werden, damit die Fläche der Zweckbestimmung eines "Forums" im Sinne eines öffentlichen Stadtraumes gerecht werden kann. Die Diskussion um das "Weiterbauen" sollte allerdings stärker aus städtebaulicher Perspektive geführt werden. Dabei muß von der durch 141 Scharoun entwickelten Vorstellung einer durch Schnellstraßen gegliederten "Stadtlandschaft" Abschied genommen werden. Insgesamt entfaltete sich am Projekt Potsdamer Platz eine öffentliche Auseinandersetzung, die sich nicht nur auf Fragen der Architektur und des Städtebaus im engeren Sinne beschränkte, sondern in der auch Fragen des Eigentums, des Verkehrs, des Nutzungsprofils, des Verhältnisses zwischen Investor und öffentlicher Hand thematisiert wurden. Diese Qualität der Auseinandersetzung wurde bei späteren Konflikten nicht mehr erreicht. 5.5.2. Bereich Spreebogen Ein zweiter Schwerpunkt der Zentrumserweiterung West liegt im Spreebogen. Die deutsche Teilung und der Mauerbau hatten hier eine räumliche und funktionale Brache hinterlassen, an der die spärlichen Wiederbelebungsversuche der Nachkriegszeit abprallten. Erst nach dem politischen Zusammenbruch der DDR konnte das Spreebogenareal an seine historisch geprägte, stadtstrukturelle und nationale Bedeutung anknüpfen. Mit der auf politischer Ebene getroffenen Entscheidung, wichtige Regierungsgebäude im Spreebogenareal anzusiedeln, und der anschließenden Ausschreibung des "Städtebaulichen Ideenwettbewerbes Spreebogen" im Juni 1992 gewann die Entwicklung des Gebietes an Dynamik. Nunmehr war - nach dem Auftakt am Potsdamer Platz - der zweite Schritt eines neuerlichen Anlaufs zur Zentrumserweiterung West getan. Der Entwurf des Büros Schultes, der sich auch in der zweiten Wettbewerbsstufe durchsetzte und in einer dritten Stufe überarbeitet wurde, löste sich aus der historisch geprägten und teilweise auch diskreditierten Nord-Süd-Fixierung und stellte sich mit seiner Ost-West-Orientierung in die Tradition von Ansätzen, wie sie etwa von Häring und Holzbauer/Stamm in den zwanziger Jahren vorgeschlagen worden waren. Begünstigt wurde diese Herangehensweise durch den verbreiteten Wunsch nach einem Symbol für das geforderte Zusammenwachsen von Stadt und Land, das der Entwurf im Modell zweifellos bieten konnte. Das Projekt zieht eine 96 Meter breite lineare Bandstruktur vom Stadtteil Moabit nach Mitte, die sich im Spreebogen von West nach Ost in die Bereiche für das Bundeskanzleramt, ein öffentliches Forum und einen als Alsenblock bezeichneten Baukörper gliedert, der als Erweiterung des Reichstagsgebäudes dienen soll. Südlich dieser Bandstruktur ist das der ehemaligen Kongreßhalle vorgelagerte, den Gestus eines hellenistischen Theaters aufnehmende Gebäude des Bundesrates angesiedelt. Parallel zu diesem Verfahren wurde ein Wettbewerb zur Neugestaltung des Reichstages einschließlich des unmittelbaren Umfeldes mit dem Reichstagspräsidentenpalais ausgelobt, zu dem 80 Arbeiten eingereicht wurden. Wie 1882 beim Wettbewerb zum Neubau des Reichstagsgebäudes konnte sich die Jury zu keinem eindeutigen Votum durchringen und vergab gleichberechtigt drei Preise in der ersten Preisgruppe, und zwar an die Architekten Santiago Calatrava, Pi de Bruijn und Norman Foster. Deren Entwürfe sollten noch einmal überarbeitet werden. Die zu diesem Verfahren entwickelten Vorgaben engten den Gestaltungsrahmen derart und auf neue Weise ein, daß die bisherige Entwurfsarbeit vollkommen in Frage gestellt wurde. Der Text dieser Ausschreibung forderte im Gegensatz zur Wettbewerbsausschreibung: "Der Umbau des Reichstagsgebäudes soll mit geringer Eingriffstiefe erfolgen. Die Außenwände und die unmittelbar dahinterliegenden Bau142 und Raumstrukturen sollen soweit wie möglich erhalten bleiben." (Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung 1993, S. 130) Als souverän im Umgang mit den Gewaltigen des Bundestages erwies sich vor allem Norman Foster, der zunächst eine weit ausladende, auf 25 Stützen ruhende Dachstruktur entworfen hatte. Nun trat er mit zwei sehr bescheidenen und sich lernbereit und pragmatisch gebärdenden Entwurfsvarianten an, die den spezifischen Interessen der Bundestags-Lobby entgegenkamen. Sein Entwurf ließ die äußere Gestaltung des Reichstags weitestgehend unangetastet und schlug Veränderungen nur im Inneren des Baukörpers vor. "Wir sind nicht der Ansicht," so Foster in seiner Entwurfsbeschreibung, "daß es angemessen wäre, unseren ursprünglichen Entwurf einfach abzuändern. Es ist vielmehr notwendig, noch einmal von vorne anzufangen - bei neuen Ausgangspunkten. Die Punkte, von denen wir ausgehen, sind die internen Arbeitsabläufe im deutschen Parlament und die historische Struktur des Reichstages. Wir haben diese Punkte detailliert untersucht und dabei für beide Aspekte ein besseres Gespür und ein genaueres Verständnis gewonnen." (Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung 1993, S. 132) Die Konzept- und Baukommission des Bundestages votierte im Sommer 1993 für die Beauftragung von Foster und damit für dessen überarbeiteten Wettbewerbsbeitrag. Mit dieser Entscheidung war der Streit über die äußere Gestalt aber keineswegs beendet. Im Frühjahr 1994 wurde von der Bundesbaugesellschaft unter Vorgabe des städtebaulichen Konzeptes von Axel Schultes ein Wettbewerb zu einem "Alsenblock" genannten Bürokomplex für Bundestagsabgeordnete auf einer nördlich des Reichstags gelegenen Fläche ausgelobt. Dem Realisierungswettbewerb war ein europaweit ausgeschriebenes Bewerberverfahren vorgeschaltet, in dessen Folge 55 Architekten als Teilnehmer geladen wurden, darunter die Büros Krüger/Schubert/Vandreike, Sauerbruch/Hutton, Böhm und Mäckler. Den ersten Preis in diesem Verfahren errang das Büro Stephan Braunfels mit einer heiteren, nach Süden und Norden geöffneten, die Büroflächen fassenden Kammstruktur, die sich dem strengen städtebaulichen Entwurf von Schultes aber dennoch unterordnet. Der mittlere Bauteil nimmt die Sitzungssäle sowie die Flächen für die Bundestagsbibliothek auf. Dem Baukörper ist zur Spree hin ein turmartiger Halbzylinder vorgelagert, dessen ausgewiesene Büronutzung vom Preisgericht als Unternutzung bemängelt wurde (Bundesbaugesellschaft Berlin 1994b, Preisgerichtsprotokoll, S. 11). Der Haupteingangsbereich ist nach Westen auf einen mit Forum bezeichneten Vorplatz hin orientiert. Da den Abgeordneten ähnlich wie bei der Bauplatzdiskussion von 1882 ein zusätzlicher Fußweg von 50 Metern nicht zugemutet werden soll, fordert die Bundesbaugesellschaft eine Abwendung vom westlich gelegenen "Forum" und eine Zuwendung zum Reichstag nach Süden hin. Ende 1994 wurde auch der Wettbewerb zum Bundeskanzleramt entschieden. Diesem war wiederum ein europaweit ausgeschriebenes Bewerbungsverfahren vorgeschaltet, nach dem 41 Büros zum Wettbewerb geladen wurden, eine mittlerweise übliche Praxis bei den Projekten der Hauptstadtplanung. Wieder einmal konnte sich die Jury zu keinem eindeutigen Votum durchringen, vergab zwei erste Preise an die Büros Schultes sowie Krüger, Schubert und Vandreike und verschob die endgültige Entscheidung auf die politische Ebene. Der Entwurf von Axel Schultes lehnt sich von außen betrachtet an die Kammstruktur des Alsenblock-Siegerentwurfs von Stephan Braunfels an und weicht die selbstformulierte scharfe städtebauliche Kante auf. Die über den eigenen städtebaulichen Entwurf festgelegte Bebauungshöhe vermochte er - nach einer entsprechenden Intervention des Bundeskanzleramtes - ebenfalls nicht mehr einzuhalten und projektierte einen zwischen die 22 Meter hohen Verwaltungsbereiche positionierten, erhabenen Baukörper von etwa 143 40 Meter Höhe für den eigentlichen Leitungsbereich. Einer transparenten Lobby mit Blick auf einen Ehrenhof schließen sich drei Bauteile mit Kabinettsälen und dem Kanzlerbüro an. Der zweite Siegerentwurf kann eine gewisse Affinität zum neoimperialen Gestus italienischer Prägung nicht ganz verhehlen. Krüger, Schubert und Vandreike nehmen die scharf gesetzten Kanten des städtebaulichen Konzepts auf, formulieren die Leitungsbereiche als 36 Meter hohen Kubus, an den sich nach Westen ein U-förmiger Hof zur Spree hin öffnet und nach Osten eine beinahe quadratische Anlage mit Ehrenhof für die Verwaltungsbereiche anschließt. In der Fassadengestaltung sind jeweils zwei Geschosse über ein Pfeilergerüst in Kolossalordnung zusammengefaßt und durch weite, gebäudehohe Öffnungen zusätzlich gegliedert. Die Kanzlerresidenz befindet sich auf der Westseite der Spree in einem kleinen Park. 5.5.3. Bereich Lehrter Bahnhof Zu einem dritten, geschichtsträchtigen Schwerpunkt der Zentrumserweiterung West wurde das Gebiet um den ehemaligen Lehrter Fernbahnhof. Hintergrund dieser Entwicklung war auch in diesem Falle die übergeordnete Bahnhofsplanung. Im Juni 1992 beschloß die Bundesregierung das sogenannte Pilzkonzept. Dieses Konzept sieht die Errichtung eines Fernbahnhofs im Bereich des heutigen Lehrter Stadtbahnhofs vor, an dem sich die entlang der Stadtbahn geführte Ost-WestFernbahntrasse mit der durch einen Tunnel geführten Nord-Süd-Fernbahntrasse kreuzen soll. Diese Planung widerspricht der traditionell dezentralen Berliner Eisenbahn- und Stadtstruktur, knüpft aber zugleich an Zentralisierungskonzepte der Vergangenheit an. Abgelehnt wurde das dezentrale Ringkonzept, das von einer starken fachlichen Opposition favorisiert wurde und hinsichtlich einer ausgewogenen Zentrumsstruktur deutliche Pluspunkte aufwies. Erschlossen werden soll der neue Berliner Zentralbahnhof - ein Begriff, den die Verantwortlichen von Bahn und Politik eher vermeiden - in erster Linie durch den öffentlichen Schienennahverkehr, während am zukünftigen "Südbahnhof" an der Papestraße Umsteigemöglichkeiten durch größere Stellplatzflächen für den motorisierten Individualverkehr vorgesehen sind. Zunächst war die Anbindung an den öffentlichen Schienennahverkehr über die Stadtbahn und eine neu zu schaffende U-Bahnlinie vom Alexanderplatz über die Straße Unter den Linden nach Moabit geplant. Nachdem dieser Planung jedoch gutachterlich (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz 1993b, S. 25) schon 1993 Unzulänglichkeit bescheinigt worden war, entschieden sich die politisch Verantwortlichen nach langem Hin und Her für den Bau einer S-Bahnlinie vom Potsdamer Platz über den Lehrter Bahnhof in Richtung Jungfernheide, die in der Vergangenheit schon einmal zur Diskussion gestanden hatte. Die Realisierungschancen der geplanten neuen U-Bahnlinie sind zweifelhaft, obwohl die Trasse bereits medienwirksam präsentiert, per Senatsbeschluß abgesegnet und Finanzhilfe aus Bonn in Aussicht gestellt worden ist. Sie ist in ihrem östlichen Abschnitt planungsrechtlich nicht abgesichert, und auch die Gesamtfinanzierung bleibt weiterhin unklar. Fortgeschritten sind dagegen die Planungen für den Bahnhof selbst und das ihn umgebende neue Stadtviertel. Grundlage aller Projekte im Areal zwischen Stadtbahntrasse und Spree war der gekürte städtebauliche Entwurf von Axel Schultes, der in seiner Beschreibung formuliert hatte: "Unser Vorschlag ist es daher, 'Stadt' dort zu machen, wo sie auch ohne Planung hineinwachsen würde: von der Friedrich-Wilhelm-Stadt und von Moabit aus in das gesamte Areal zwischen Stadtbahn und Spree. Auch der Hansa-Viertel-Ableger im Moabiter Werder sollte durch ein solides Stück Stadt ersetzt werden." (Arbeitsgruppe Berlin-Wettbewerbe 1993, S. 46) Bereits im Herbst 1992 wurden 144 die Büros Kleihues sowie von Gerkan, Marg und Partner mit der Erarbeitung einer Bahnhofsstudie unter Berücksichtigung des direkten baulichen Umfeldes beauftragt. Dabei wurde ein Erhalt des unter Denkmalschutz stehenden Lehrter Stadtbahnhofs zwar intern diskutiert, aber wegen angeblicher Undurchführbarkeit schnell verworfen. Der Ort sollte von lästigen Baukörpern befreit werden. Der Denkmalschutz wurde wieder einmal grob mißachtet. Dabei hätte die Einbeziehung des Stadtbahnhofs in das Konzept eine interessante Entwurfsaufgabe sein können. Die Entscheidung fiel zugunsten einer Projektvariante des Büros von Gerkan, das eine in Ost-WestRichtung gekrümmte Bahnhofshalle vorschlug, die von zwei nord-süd-orientierten Gebäudescheiben geschnitten wird. Der zunächst als Machbarkeitsstudie bezeichnete Entwurf avancierte infolge der Entscheidungsschwäche der Bahn im Zusammenhang mit der Privatisierung und Umstrukturierung nachträglich und unter selbst gesetztem Zeitdruck zum Realisierungskonzept für den neuen Umsteigebahnhof. Der Bahnhofsentwurf wurde im Sommer 1994 neben dem Schultes-Konzept Grundlage eines von Tishman Speyer Properties organisierten zweistufigen, beschränkten Wettbewerbverfahrens, zu dem unter anderem die Büros Dudler, Kleihues, Schultes, Ingenhoven und Ungers geladen wurden. Wieder einmal waren im Vorfeld des Wettbewerbes die grundlegenden Zielsetzungen umstritten diesmal zwischen der Bahn und Berlin. Immerhin gelang es, die ursprünglich diskutierte bauliche Dichte deutlich zu reduzieren, den Wohnungsanteil auf immerhin 30 Prozent festzulegen und die Einzelhandelsflächen zu begrenzen. Aus der ersten Wettbewerbsstufe wurden vier preiswürdige Arbeiten für eine zweite Überarbeitungsphase ausgewählt. Schließlich empfahl Preisgericht im Dezember 1994 den Entwurf von Ungers zur Realisierung. Ungers schlägt zwei nordöstlich und südwestlich des Bahnhofs gelegene Solitärkörper vor, die - orthogonal zum Bahnhofsgebäude plaziert - Büro- und Hotelflächen aufnehmen sollen. Zum Streitpunkt wurde die vorgeschlagene Umbauung des Humboldthafens, die diesen in die Stadtstruktur einbinden soll, ähnlich einer städtebaulichen Geste, wie sie von Martin Wagner bereits 1930 konzipiert worden war. Nördlich der Invalidenstraße wurde dem Entwurf des Büros Dudler der Vorzug gegeben, das hier im Gegensatz zu Ungers nach innen ausgerichtete, geschlossene Blockstrukturen vorsieht, die sich an der Heidestraße orientieren. Eine Fortführung dieser Struktur nach Norden ist für den Zeitpunkt geplant, an dem der Containerbahnhof für die zukünftige Trasse der B 95 freigeräumt sein wird. 5.6. Ausblick Die gegenwärtigen Bemühungen zur Wiederbelebung der Zentrumserweiterung West haben erst gar nicht den Versuch gewagt, aus den reichen und ernüchternden Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen. Gerade die Planungen in diesem Bereich der Stadt entpuppen sich als Musterfall einer Retortenplanung, deren irritierendes und umstrittenes Symbol das immer wieder umgeplante, nordsüd-verlaufende Tunnelsystem ist. Die drei Erweiterungsbereiche Potsdamer Platz samt Umfeld, Spreebogen und Lehrter Fernbahnhof samt Umfeld wurden weitgehend als isolierte Projekte entwickelt, die nur sehr mühsam und mangelhaft miteinander vernetzt werden können. Tatsächlich werden sie ja vor allem durch einen alles andere als städtische Räume bildenden Tunnel verbunden. Natürlich ist die Frage berechtigt, ob hier überhaupt eine Vernetzung angebracht ist. Das südliche geplante private Bürozentrum wird vom nördlichen Bürozentrum am künftigen Zentralbahnhof durch den Tiergarten und eine staatliche 145 Regierungslandschaft getrennt, die ihrerseits einen nur beschränkten Passagencharakter hat und haben soll. Nicht eine Fortsetzung des Zentrums, sondern eine Folge isolierter Areale ist zwangsläufig die Konsequenz. Auch zur bestehenden Stadt sind die Verknüpfungen äußerst unzureichend oder nicht angemessen bedacht. Das Areal um den Potsdamer Platz wird vom historischen Zentrum vermutlich durch einen öden Abschnitt der Leipziger Straße mit privaten oder staatlichen Büros abgeschnitten sein. Die Verdrängungspotentiale des Großprojekts im Bereich des südlichen Tiergartenviertels sind nicht geklärt worden. Das Spreebogenareal soll erst gar nicht mit dem historischen Zentrum in einer unverkrampften Weise verbunden werden - die Debatte um die Verkehrsführung auf der ClaraZetkin-Straße ist nur ein Ausdruck dieser erwünschten Selbstisolierung. Die große symbolische Geste des Schultes-Entwurfes als einer "Ost-West-Brücke" wirkt im östlichen Teil eher als formaler Riegel, der die historische Nord-Süd-Verbindung der Luisenstraße in Frage stellt. Das Areal um den Lehrter Bahnhof wird durch die historische Stadtraumbarriere der Charité vom historischen Zentrum abgeschottet, die höchst bedrohlichen Verdrängungspotentiale für Moabit werden heruntergespielt. Die Projekte zur Zentrumserweiterung West werfen darüber hinaus eine Grundsatzfrage auf: Braucht Berlin in absehbarer Zeit eine Zentrumserweiterung für Büroflächen, sind also die vorhandenen Flächen im historischen Zentrum nicht ausreichend? Der Bedarf an Zentrumsflächen wurde bereits in der Vergangenheit durch Politik und Planung immer wieder in grotesker Weise überschätzt. Ist es nicht abzusehen, daß das Angebot der privaten Großprojekte die Entwicklung des historischen Zentrums, besonders in seinem Ostteil, erheblich behindern wird? Sind diese Projekte nicht wieder faktisch nur ein weiterer Trumpf in der jahrhundertelangen gegensätzlichen Entwicklung der westlichen und der östlichen historischen Stadt, ein Trumpf zu Lasten des Ostens? Welche Auswirkungen hätte eine zögernde Nachfrage auf die Projekte selbst? Wäre dann nicht eine Stagnation am neuen Zentralbahnhof und eine gebremste Entwicklung am Potsdamer Platz zu erwarten? Entsprechende Szenarien wurden nicht in Auftrag gegeben - eine der Unterlassungen der Zentrumsplanung heute. Schließlich bleibt die Frage nach den Folgen des neuen Lehrter Bahnhofs für das Zentrum. Würde der Bahnhof wirklich als Zentralbahnhof funktionieren, dann entzöge er der traditionell wenig hierarchisch geprägten Zentrumsstruktur eine ihrer Grundlagen. Zugleich würde die abseitige Lage - die Abschottung zum historischen Zentrum wie zur Charlottenburger "City" - dramatisch fühlbar. Neue, stadtzerstörerische Verkehrsprojekte würden zu neuen Konflikten Anlaß geben, weitere historische Bauten und Anlagen wären bedroht. Auch hier erweist sich die Verkehrsplanung als die problematischste und im Hinblick auf eine nachhaltige Zentrumsentwicklung am wenigsten ausgewogene Planungsebene, als die Achillesferse der Zentrumspolitik. 146 6. Der Kampf um ein Leitbild für das Zentrum von Berlin Bald sechs Jahre nach dem Fall der Mauer läßt sich langsam erahnen, wie das zukünftige Zentrum Berlins aussehen wird, wer es besitzen, bestimmen, nutzen wird. Auf dem Papier jedenfalls ist das offiziell erwünschte Bild zu bewundern, in Modellen sind die Dimensionen der Neubauten zu erkennen. Der Weg zu diesen Modellen war mit Konflikten gepflastert, die bis heute weiterschwelen. Von welchen Leitbildern haben sich die Verantwortlichen führen lassen? Wer nach solchen Orientierungen sucht, wird schnell fündig: Zu unterscheiden sind vor allem zwei "Leitbilder" - ein städtebauliches, die "kritische Rekonstruktion der Stadt", und ein bauliches, die "Berlinische Architektur". 6.1. Kritische Rekonstruktion der Stadt? Der Zusammenbruch der DDR hat nicht nur zu einem funktionalen Vakuum in weiten Bereichen des alten Zentrums von Berlin geführt, er hatte auch ein planerisches Vakuum zur Folge: Die DDRPlanung wurde außer Kraft gesetzt, und eine neue Planung war nicht sofort verfügbar. Was tun angesichts des großen Investorenandrangs nach der Hauptstadtentscheidung für Berlin? Die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen ließ sich ein städtebauliches "Regelwerk" erarbeiten, das dem baulichen Wildwuchs Einhalt gebieten sollte: das Leitbild der "kritischen Rekonstruktion des Stadt". Dieses "Regelwerk", eine Art Kompendium einzuhaltender städtebaulicher Grundsätze, sollte angesichts fehlender Planwerke durch eine Selbstbindung von Politik und Verwaltung eine relative Verbindlichkeit erhalten und bei den Verhandlungen mit privaten Investoren die zu beachtenden Rahmenbedingungen fixieren. Die wesentlichen Prinzipien eines solchen Regelwerks waren bereits am 4. April 1990 als "Charta für die Mitte von Berlin" vorgelegt worden. Die Verfasser dieser Charta bildeten eine kleine Gruppe engagierter Fachleute aus Ost und West um Dieter Hoffmann-Axthelm, an der auch Bruno Flierl mitwirkte: die Gruppe 9. Dezember. Gegenstand des Regelwerks war zunächst die historische City - die regelmäßigen barocken Stadterweiterungen der Dorotheen- und Friedrichstadt. Als Autoren fungierten die ehemaligen Kreuzberger Protagonisten Dieter Hoffmann-Axthelm und Bernhard Strecker, die - anknüpfend an einen Begriff und ein vorrangig gestalterisches Konzept von Josef Paul Kleihues, des früheren Direktors der West-Berliner Internationalen Bauausstellung (Neubaubereich) - für den Pariser Platz, den Bereich um den Bahnhof Friedrichstraße, den Spittelmarkt und schließlich für den gesamten Bereich der Dorotheen-/Friedrichstadt und des Friedrichswerder 1992 eine städtebauliche Konzeption im Auftrag der Senatsbauverwaltung entwickelten. Was bedeutet aber "kritische Rekonstruktion des Stadt"? Im Vordergrund stand die Orientierung jeder weiteren Zentrumsentwicklung am alten Straßennetz vor 1945, an den historischen Baufluchten und damit an der typischen, im Laufe der Jahrhunderte sich verdichtenden Blockstruktur. Die Blöcke wurden zweidimensional als Zusammenfassung von privaten Parzellen betrachtet, dreidimensional als Resultat der Bauordnungen der Kaiserzeit - mit einer maximalen Traufhöhe von 22 Metern. Darin erschöpfte sich das Leitbild der "kritischen Rekonstruktion" in seiner Anfangsphase aber noch keineswegs. Es zielte auch auf eine Anknüpfung an frühere Nutzungsstrukturen - etwa an das Universitätsviertel, das Medienviertel usw. Und diese 147 Anknüpfungsversuche sollten nicht am Schreibtisch erfolgen, sondern zusammen mit den Nutzern vor Ort - allerdings mit klar ausgesprochener Distanz und Skepsis seitens der Autoren des Regelwerks gegenüber den "unter DDR-Bedingungen implantierten Menschen" (Strecker/Hoffmann-Axthelm 1992c, S. 32). Ein solches Regelwerk war ein "West-Berliner" Leitbild, wenngleich sich in den achtziger Jahren auch in Ost-Berlin eine Rückorientierung auf die historische Stadt angekündigt hatte. Es hatte die Erfahrungen der Internationalen Bauausstellung als Hintergrund - im Bereich Altbau wie Neubau -, Erfahrungen, die mit den Ost-Berliner Projekten des Nikolaiviertels, der Otto-Grotewohl-Straße und der Friedrichstraße nur begrenzte Gemeinsamkeiten aufwiesen. Immerhin schien es im Kontext allgemeiner Unsicherheiten einen Weg zu weisen, der auch in kritischen Fachkreisen des Westteils der Stadt Anerkennung fand. Es korrespondierte im übrigen mit einem positiv besetzten "europäischen Stadtmodell" und dessen Elementen "Haus, Block, Straße, Platz", einem Modell, das vor allem in der Auseinandersetzung um die Gestaltung des Potsdamer Platzes erstmals eine große Rolle spielte. Konzeptionell war die "kritische Rekonstruktion" also durchaus ein richtungsweisender Ansatz. Sie verdeutlichte, daß angesichts fehlender Plangrundlagen eine Orientierung gefunden werden mußte; sie leistete zugleich einen Beitrag, den Streit um die weitere Entwicklung zu strukturieren; sie gab keine deterministischen Lösungen vor, sondern ermöglichte eine Auseinandersetzung im Detail; sie grenzte den DDR-Städtebau nicht von vornherein aus; sie sperrte sich nicht dem Einbezug aktueller städtebaulicher und architektonischer Themen; sie vernetzte gestalterische und funktionale Aspekte; und sie ermöglichte einen ost-west-übergreifenden Dialog. Kurz: sie war flexibel, komplex und undogmatisch. Im Rückblick stellt sich das Leitbild "kritische Rekonstruktion der Stadt" allerdings etwas widersprüchlicher dar, als Ausdruck von Widersprüchen, die im Konzept angelegt waren, mit diesem aber nicht notwendig verhaftet sind. Oder mit anderen Worten: das Konzept versprach zunächst Flexibilität, die bald einer Dogmatisierung weichen mußte. Tatsächlich waren ja die Dorotheen- und Friedrichstadt ein guter Ausgangspunkt, um das Leitbild zu entfalten und zu erläutern. Dieser historische Citybereich war in seiner städtebaulichen Grundstruktur noch weitgehend erhalten, in der DDR-Zeit wurde er - trotz mancher grundrißverändernder Planungen - partiell respektiert (Unter den Linden und Platz der Akademie) und nur im östlichen Bereich der Leipziger Straße und an der Otto-Grotewohl-Straße weitgehend negiert. Das im August 1992 publizierte Gutachten "Städtebaulicher Strukturplan - Kritische Rekonstruktion des Bereichs: Friedrichswerder, Friedrichstadt, Dorotheenstadt" von Dieter Hoffmann-Axthelm und Bernhard Strecker schlug vor, den überkommenen Stadtgrundriß nicht anzustasten und die Veränderungen der DDR-Zeit im Bereich der östlichen Leipziger Straße wieder möglichst zurückzunehmen. Dieses Gutachten wäre eine gute Diskussionsgrundlage gewesen. Leider war es aber nicht der Ausgangspunkt einer Diskussion, sondern schon ihr Ende. Nach diesem Gutachten wurde das Konzept vergröbert und dogmatisiert. Dabei spielten folgende Punkte eine Rolle: * Der DDR-Städtebau wurde a priori als Störung der Stadt betrachtet; allein deren Form vor 1945 schien heilig. Deutlich wurde das zuerst an der östlichen Leipziger Straße. Obwohl diese SechzigerJahre-Neuauflage der Stalinallee eine geschlossene städtebauliche Figur darstellte und die Forderung nach Mischung der Funktionen besser als viele westliche Zentrumsstraßen erfüllte, wurde ein Bruch mit dieser Figur anvisiert. Da damit auch eine Reduktion der Fahrbahnen und so des Kraftfahrzeugverkehrs verbunden war, schien ein solcher Rückbau auf den ersten Blick wünschenswert. Die weitere Entwicklung hat aber gezeigt, daß der programmierte Rückbau der 148 Leipziger Straße ein Verständnis von kritischer Rekonstruktion verfestigte, das als Orientierung allein die Verhältnisse vor 1945 duldete. Die kulturelle Diskriminierung der Leipziger Straße läutete eine Phase der pauschalen Mißachtung des "modernen" DDR-Städtebaus ein, die im konzeptionellen Abrißrausch am Alexanderplatz und Marx-Engels-Platz ihren Höhepunkt fand. Um kein Mißverständnis zu erzeugen: Ein Rückbau von Fahrstraßen nicht nur in der Leipziger Straße, sondern im gesamten Zentrum ist kurz- bis mittelfristig unerläßlich, doch ein solcher Rückbau erfordert keineswegs zwingend Neubauten auf dem jetzigen Straßengelände. * In der Praxis wurde das Konzept des Blocks als Zusammenfassung von privaten Parzellen nicht weiter verfolgt. Das wieder ins Recht gesetzte Privateigentum wurde nicht zum Gegenstand innovativer stadtpolitischer Gestaltungskraft. An Großinvestoren wurden teilweise ganze Blöcke vergeben - zum einen wollten das die Investoren, zum anderen erleichterte das der öffentlichen Hand die Arbeit. Ein Denken in Parzellen, so die These, wäre anachronistisch, der heutigen Immobilienwirtschaft nicht angemessen. Eines ist aber gewiß: In anderen Großstädten müssen sich die Investoren auch mit den verfügbaren, das heißt zumeist kleineren Flächen begnügen, und das Zentrum von Berlin wird in einer Art und Weise "zeitgemäß" sein wie kein anderes großstädtisches Zentrum in Europa - als Konglomerat von Großblöcken in jeweils einer einzigen Hand mit all den Problemen der Monotonie in Gestalt und Funktion. Die Versuche insbesondere von Josef Paul Kleihues, dieses Schlüsselproblem wenigstens gestalterisch durch eine Parzellensimulation mit architektonischen Mitteln ("Baukastenprinzip") zu entschärfen, sind sicher begrüßenswert, führen aber - falls keine eigentumsrechtliche Teilung folgt - bestenfalls zu einer gefälligeren Kulisse. * Die angestrebte kleinräumliche Differenzierung der Nutzung wurde faktisch aufgegeben. Wieder haben sich die Gesetze des Immobilienmarktes durchgesetzt: Die ersten Investoren haben nicht für sich, sondern für noch zu findende Nutzer gebaut. Entsprechend schematisch war ihr bauliches Konzept: hauptsächlich Büros des gehobenen Durchschnitts, garniert mit - hier griff das Grobkonzept des Regelwerks - "Cafés" oder anderen gastronomischen Einrichtungen und einigen wenigen Wohnungen (Zielvorgabe 20 Prozent). Damit wurde - nach der Aufgabe eines durch Parzellen differenzierten Blocktyps - auch eine an differenzierte Nutzer adressierte Architektur unmöglich. Ein Normmodell von "Tortenarchitektur" mußte das Ergebnis sein. * Durch die richtige, aber einseitige Betonung der Traufhöhe von 22 Metern plus (weniger vertretbaren) zwei weiteren zurückgesetzten Geschossen geriet das Bauen unter der Erde in eine unkontrollierte Grauzone. Warum sollte das Prinzip der kritischen Rekonstruktion nur oberhalb der Erde gelten? Jedenfalls wurde die Festsetzung einer das Höhlenwesen begrenzenden "unterirdischen Trauflinie" unterlassen. Folge dieses Versäumnisses waren gesamtstädtisch nicht akzeptable, überzogene bauliche Dichten, die den Interessen der Investoren entgegenkommen, ja Hochhäuser, die in die Erde versenkt werden. Eine weitere Nebenwirkung wurde erst 1994 richtig sichtbar: Eine die historischen Werte bei weitem übersteigende Dichte verstärkte treibhausmäßig das Bestreben, die überkommenen Altbauten abzureißen und durch lukrativere Neubauten mit weitaus höherer Geschoßflächenzahl zu ersetzen. Die absehbaren Abrißwünsche wurden auch nicht durch eine Satzung schon im Vorfeld gebremst. Schließlich gab es noch ein weiteres Problem: die Unzahl der Kfz-Stellplätze, die in den Tiefgeschossen verortet wurden. Diese großen, für das Auto reservierten Zentrumsflächen werden unverträglich viel Autoverkehr ins Zentrum saugen. * Damit ist ein weiterer Schwachpunkt benannt: das fehlende zukunftsweisende Verkehrskonzept. Dies ist nicht so sehr der Bauverwaltung, sondern vor allem der Verkehrsverwaltung anzulasten. Das Zentrum einer europäischen Großstadt von morgen wird keinen Platz mehr für den normalen privaten Kfz-Verkehr von heute haben. Das Konzept der "kritischen Rekonstruktion" erlaubt eine solche Interpretation, ja legt sie nahe. Der Streit um den Verkehr in der Straße Unter den Linden, in der Leipziger Straße und zwischen diesen Hauptstraßen zeigt aber die Widersprüchlichkeit der Positionen im Senat selbst. Eine Folge dieser Widersprüchlichkeit ist das Einfrieren des geplanten 149 Rückbaus der Leipziger Straße durch eine Neubauzeile. Damit ist ein zentrales Problem des Leitbildes angesprochen: Das Regelwerk ist nicht politisch abgestimmt, es wird nicht von einer breiten Mehrheit im Senat und Abgeordnetenhaus getragen, sondern spiegelt vor allem die Position eines Ressorts wider - der Senatsbauverwaltung. * Die politische Schwäche des Konzepts ist allerdings noch tiefgreifender. Es ist das Produkt eines Verwaltungsauftrags und wurde von der Verwaltung in seiner Komplexität reduziert und schematisiert. Das mag in den Handlungserfordernissen einer Administration begründet sein. Aber ein städtebauliches Leitbild für das Zentrum einer Großstadt läßt sich nicht durch einen Auftrag erstellen. Es setzt eine breite fachliche und öffentliche Debatte voraus, in der das Konzept zu bestehen hat und in der es sich festigt - wenngleich mit Modifikationen. Diese unumgängliche Debatte hat nicht stattgefunden. Dies ist um so gravierender, als es als "westliches" Konzept in einen Konsensprozeß mit Bürgern und Fachleuten des Ostteils der Stadt hätte einmünden müssen. Nun ist es sicher allzu einfach, wenn man die Schuld an diesen Versäumnissen allein der Stadtpolitik und Verwaltung in die Schuhe schiebt, denn auch die Verbände und vor allem die Universitäten haben ihre "Hausaufgaben" nicht gemacht. Die eigentliche Krise des Konzepts offenbarte sich allerdings erst bei den Bauprojekten im Bereich des "alten" Berlin. Historisch war das Zentrum von Berlin immer und fundamental vom Gegensatz zwischen der eigentlichen City auf dem Boden der regelmäßigen barocken Stadterweiterungen und der "zurückgebliebenen" Altstadt auf dem Boden und im Umfeld der mittelalterlichen Doppelstadt Berlin-Cölln gekennzeichnet. Die Altstadt war seit Beginn der Kaiserzeit Gegenstand radikaler Umgestaltungsplanungen, die nur zum Teil verwirklicht wurden. Ziel war immer gewesen, die "rückständige" Altstadt strukturell der eigentlichen City im westlichen Teilzentrum anzupassen. In der DDR-Zeit wurde diese alte Sehnsucht auf durchaus eigenständige Weise im Geiste der sechziger Jahre materialisiert - wenn auch auf Kosten des alten westlichen Teilzentrums. Der große Freiraum zwischen Alexanderplatz und Marx-Engels-Platz ist der markanteste Ausdruck dieser DDR-Planung. Was soll unter diesen komplizierten strukturellen Verhältnissen "kritische Rekonstruktion der (Alt)Stadt" heißen? Etwa Orientierung an der Zeit vor 1871 oder vor 1914 oder vor 1945, Orientierung nur am realen Grundriß oder etwa an den Planungen eines Martin Wagners? Und was ist mit den Schöpfungen des DDR-Städtebaus? Die Unsicherheiten sind kolossal, die Hilflosigkeit gebiert Kahlschlagphantasien, die Legitimationen hinsichtlich des Umgangs mit dem Stadtgrundriß sind äußerst dürftig. Deutlich wurde das vor allem am Alexanderplatz und auf der Spreeinsel. Für beide Orte wurden groß angelegte städtebauliche Ideenwettbewerbe ausgelobt - mit westlich dominiertem Programm, mit westlich dominiertem Preisgericht. Das Ergebnis war - hinsichtlich der Kultur des Städtebaus niederschmetternd: Eine archaische Kahlschlagorientierung gegenüber den DDR-Bauten wurde prämiiert, eine nüchterne Auseinandersetzung mit den Bauten unterblieb, Fachleute aus dem Osten wurden ausgegrenzt, Bürger aus dem Osten nicht ernst genommen. Eine Alternative zur Negation des DDR-Städtebaus im Bereich der ehemaligen Altstadt wurde bereits zu Beginn der neunziger Jahre im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz erarbeitet. Der im Juni 1992 veröffentlichte Vorschlag für ein städtebauliches Leitbild "Spreeinsel" der Arbeitsgemeinschaft Jahn,,Kny, Machleidt, Müller und Schäche stellt einen bemerkenswerten Beitrag zum Thema "kritische Rekonstruktion der Stadt" dar. Empfohlen wurde, an die historische Stadt anzuknüpfen, ohne die Zeugnisse der DDR in großem Maßstab abzuräumen. Dies galt auch für den Palast der Republik und das Staatsratsgebäude. Selbst der Freiraum zwischen Spree und Alexanderplatz sollte erhalten werden - wenn auch in seiner Breite verkleinert. Zweifellos gibt es an diesem Konzept aus heutiger Sicht auch Kritikpunkte - so etwa 150 die schematische Nachverdichtung der Fischerinsel. Leider wurde aber auch dieser inzwischen "historische" Vorschlag nicht zum Gegenstand einer breiten öffentlichen Diskussion. Heute scheinen die Weichen stadtpolitisch unwiderruflich gestellt zu sein. Trotzdem repräsentieren die Modelle des neuen Zentrums noch einen Papierstädtebau, der die ehemalige Altstadt im übrigen weitgehend ausspart. Und manches wird - so bleibt zu hoffen - nicht so kommen, wie es die Modelle verkünden. Dazu werden die regionalwirtschaftliche Situation beitragen, die Krise des Büroraummarktes, dann die Sparzwänge der öffentlichen Hand, natürlich auch die Wahlen in Berlin und nicht zuletzt der Protest der Fachleute und Bewohner. Daß im Zuge der zu erwartenden Revision der Pläne auch das Leitbild der "kritischen Rekonstruktion der Stadt" aufgegeben wird, wäre nicht unsere Option und Hoffnung. Das Berliner Zentrum braucht ein städtebauliches Regelwerk, das sich auf die vielfältigen Traditionen Berlins und der europäischen Stadt bezieht! Nicht die Aufgabe, sondern die Weiterentwicklung des Leitbildes wäre das richtige Ziel: möglichst weitgehende Einbindung auch des DDR-Städtebaus, offensive Orientierung auf einen Ost-WestKonsens, radikale Reduzierung des privaten Autoverkehrs sowie (dort, wo noch möglich) die Festsetzung einer "unterirdischen Traufhöhe" und die kleinräumige Differenzierung von Eigentums-, Nutzungs- und Sozialstruktur - das wären Essentials einer solchen Weiterentwicklung. Vielleicht wird im Zuge einer solchen Qualifizierung auch ein neuer Begriff gefunden, der die inzwischen etwas belastete "kritische Rekonstruktion der Stadt" ablöst bzw. in einem erweiterten Konzept aufhebt. 6.2. Berlinische Architektur? Deutlich jünger als das städtebauliche Leitbild "kritische Rekonstruktion der Stadt" ist die Bestimmung eines architektonischen Leitbildes. Das hat seinen guten Grund: In der Hektik des Berliner Zentrumsumbaus galt es zunächst, einen städtebaulichen Rahmen zu setzen. Die Frage nach der baulichen Form folgte dann im Kielwasser der Bauprojekte. Daher grassiert erst seit 1993 ein neues, streitstiftendes Schlagwort in Berlin - die "Berlinische Architektur". Kaum ein Wort hat die Fachwelt nach 1989 derart in Wallung versetzt wie dieses. Voraussetzung dafür war seine Herkunft - aus den Büros der Senatsbauverwaltung, nicht aus den Salons der architekturtheoretischen Diskussion. Das Nachdenken über Berlinische Architektur ist sicher keine gänzlich neue Erscheinung. Die Tradition einer solchen Reflexion ist aber weitgehend verschüttet, unterbrochen vor allem durch den Siegeszug der "modernen" Nachkriegsarchitektur. Wer kennt denn heute mehr als die Titel der berühmten Schriften der Architekturkritiker Karl Scheffler ("Berlin - Ein Stadtschicksal", 1910) und Werner Hegemann ("Das steinerne Berlin", 1930), aber auch von Arthur Moeller van den Bruck ("Der preußische Stil", 1916/1931), dem Vordenker der konservativen Revolution in der Weimarer Republik? Die Tradition des Nachdenkens über Berlinische Architektur ist methodisch wie inhaltlich keineswegs homogen, sondern sehr vielfältig. So zielen Karl Scheffler und Werner Hegemann eher auf eine Kritik der Berlinischen Architektur, während Arthur Moeller van den Bruck die Entdeckung eines vorbildhaften preußischen Stils behauptet. Allen Denkern von gestern ist aber eine relativ komplexe Argumentationsmethode eigentümlich: Architektur wird nicht aus ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang isoliert, sondern als Ausdruck dieses Zusammenhangs beschrieben. Berlin wird nicht nur als materieller Ort verstanden, sondern auch als Ort mit gesellschaftlichen Besonderheiten, die sich in der Architektur widerspiegeln, als Ort, der auch räumlich nicht isoliert werden darf, sondern einen größeren Raum, etwa Preußen, zumindest aber Potsdam mit thematisieren muß. Damit ist die historische Rolle Berlins als Kolonialstadt angesprochen. Für die Architektur in Berlin und Potsdam während der Aufbauära des 18. Jahrhunderts war vor allem der Widerspruch zwischen den Bauprogrammen der Preußenkönige Friedrich Wilhelm I. und 151 Friedrich II. prägend: Den schlichten, in Reih und Glied aufgestellten Zweckbauten mit Soldatenstuben wurden die prächtigen, oft nach Architekturlehrbüchern kopierten Fassaden an Bauten, deren Zweckmäßigkeit dem schönen Schein untergeordnet wurde, entgegengesetzt. Beide Programme hatten eines gemeinsam: Sie waren von oben verordnet, Resultate eines Kommandos, mit Nachdruck oder Zuschüssen erzwungen. Anspruchslose Bescheidenheit und inszenierte Prächtigkeit, die sich später in der Kaiserzeit zur aufdringlichen Parvenühaftigkeit steigerte - in diesem Widerspruch entfalteten sich die Berliner Bautraditionen. Für die kultivierte Zwischenstufe, so etwa das Resümee von Karl Scheffler, blieb in der ständig überformten Stadt des Ostens nur wenig Raum. Berlin ist "so recht eine Hauptstadt der Halbbildung". Hier konnte sich keine bürgerliche Mittelklasse mit differenzierter Kulturtradition entfalten. Anders als bei den Denkern der Vergangenheit ist das Konzept der "Berlinischen Architektur" heute das idealistische Produkt einer unzulässig vereinfachenden Methode, ein Kunstprodukt ohne solides Fundament. Präsentiert wird eine Perlenkette genialer Architekten, die für das Bauen in Berlin stehen sollen: etwa Friedrich Gilly, Karl Friedrich Schinkel, Alfred Messel, Peter Behrens, Ludwig Mies van der Rohe, Max Taut, dazu die heutigen Architekten Josef Paul Kleihues, Hans Kollhoff und Jürgen Sawade. Das bauliche Werk dieser Architekten wird mit einem Strauß wohlfeiler Adjektive geschmückt, die das Berlinische verdeutlichen sollen - so etwa sparsam, einfach, dauerhaft, nüchtern, zweckmäßig, spartanisch, karg und rational, unsentimental. Der gesellschaftliche Kontext des Wirkens dieser Architekten bleibt im Dunkeln - etwa die Tradition einer Kolonialstadt des Ostens, die Besonderheiten Preußens, die Eigenschaften der Herrscher und der herrschenden Kaste. Die unzulässige Methode führt dazu, daß zwei wichtige, Berlin prägende Gebäudetypen schlicht ausgeblendet werden: die Mietskaserne und der DDR-Plattenbau. Das "Steinerne" der Berliner Architektur gerinnt angesichts dieser Schwäche zum Glaubenssatz. Noch für Werner Hegemann war das "steinerne Berlin" kein erstrebenswertes Ziel, kein Problem der Architektur, geschweige denn ein Thema des Fassadenmaterials, sondern ein Ergebnis des verfehlten Berliner Städtebaus, ein Synonym für die verhaßte "größte Mietkasernenstadt der Welt". Die "Berlinische Architektur" heute ist ein Konzept der Verkündigung von oben, nicht eines breiten Konsenses, ein Konzept, das nicht durch das Feuer einer breiten Fachdebatte gegangen ist. Es ist im wesentlichen das Ergebnis einer einzigen Tagung, die von der Senatsbauverwaltung am 15. und 16. Juni 1993 unter dem Titel "Auf dem Wege zu einer Neuen Berlinischen Architektur?" im Rahmen der Berliner Bauwochen veranstaltet wurde. Der Titel, so Senatsbaudirektor Hans Stimmann, "hatte bewußt ein Fragezeichen" (1994a, S. 9). Die Ergebnisse dieser Tagung liegen als Publikation vor. Sie zeigen, daß von einem Konsens über das Konzept einer "Berlinischen Architektur" selbst auf dieser Tagung überhaupt nicht gesprochen werden kann. Dennoch wurde das Konzept nicht modifiziert, sondern als Leitbild verordnet. Aus dem Fragezeichen wurde ein Ausrufezeichen. Eine Kritik am Verkündigungskonzept richtet sich nicht nur an die Senatsbauverwaltung, sondern vor allem an die übrigen Institutionen dieser Stadt, die im Konzert der Leitbildfindung eine Rolle spielen müßten. Das Konzept der "Berlinischen Architektur" heute ist ein westliches Konzept, das der wiedervereinigten Stadt nicht angemessen ist. Ost-Berlin, die ehemalige Hauptstadt der DDR, ihre Architektur und ihre Architekten kommen in diesem Konzept nicht vor, obwohl etwa das Programm der "kritischen Aneignung wertvoller Architekturtraditionen" (Kurt Liebknecht 1951) und sein herausragendes Resultat, die Stalinallee, als ein Vorläufer des heutigen Konzepts betrachtet werden können. Aber auch das industrialisierte Bauen ist kein originäres Produkt der DDR, sondern eine mögliche, wenn auch nicht notwendige Fortsetzung einer (nicht nur) Berliner Traditionslinie. Auf der Tagung der Senatsbauverwaltung gab es nicht einmal im Ansatz eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Architektur in Ost-Berlin nach 1945, Ost-Architekten wurden erst gar nicht beteiligt. Ein solches Vorgehen dient nicht dem Zusammenwachsen der Stadt. 152 Die Argumente der Gegner des Konzepts der Berlinischen Architektur sind oft genauso unzulässig vereinfachend wie die Argumente der Befürworter. Wenn etwa Heinrich Klotz von "Kollhoffs Stadt" spricht, hat er dann wirklich vergessen, wem die Stadt gehört? Wenn er von der Monotonie des Baublocks redet, meint er dann wirklich, daß vor allem die bauliche Form Monotonie gebiert? Wenn wir die propagandistischen Bilder des attackierten Architektentrios Kleihues, Kollhoff, Sawade nüchtern studieren, sehen wir dann - wie Klotz suggeriert - ein "Berlin der Vergangenheit" oder gar "Anklänge an die faschistische Architektur"? Gerade der modische Verweis auf die angebliche Faschismusverwandtschaft zeigt eine erschreckende Unkenntnis, ja Verharmlosung der gesellschaftlichen Verhältnisse der nationalsozialistischen Zeit. So bleiben auch die Gegner merkwürdig kurzatmig, sie verweisen ebenfalls auf eine Perlenschnur genialer, wenn auch anderer Architekten, auch sie geizen nicht mit Adjektiven - zur Abwertung des Konzepts der "Berlinischen Architektur". Erinnert sei an Begriffe wie "konservativ", "reaktionär", "antiliberal", "latent nationalistisch", "antiamerikanisch", "politisch gefährlich". Bedenklich sind hastige Wertungen, die nicht auf einer Analyse der Verhältnisse beruhen. Der vielfach bejubelte Begriff "Neuteutonia" ist ein Höhepunkt dieser medial wirksamen Verflachung. Die Komplexität eines Karl Scheffler und eines Werner Hegemann scheint heute unerreichbar. Doch halt: es gibt sie noch - etwa in den Schriften von Bruno Flierl und Dieter Hoffmann-Axthelm. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Es geht hier um die Methode der Argumentation, um die Argumente muß weiter gestritten werden. 6.3. Ein Regelwerk für den Städtebau, eine Streitkultur fürdie Architektur In Zukunft sollten zwei zu unterscheidende Aufgaben getrennt werden: zum einen das Ringen um die präzisierende Definition von städtebaulichen, rahmensetzenden Regeln, zum anderen der Streit um die architektonische Gestaltung der neuen Bauten in Berlin. Die künftigen Regeln sollten städtebaulicher und nicht zugleich architektonischer Art sein. Städtebauliche Regeln sind auch und gerade in Berlin heute unverzichtbar. Dazu gehört das Bauen im städtischen Kontext, das Bauen an der Straße, im Block, auf der Parzelle; dazu gehört ein Streit um die Traditionen der europäischen Stadt und die "kritische Rekonstruktion der Stadt"; dazu gehört vor allem ein Streit um die bauliche Dichte, um die erforderliche funktionale, soziale und bauliche Mischung sowie um die ökologischen Erfordernisse. Traufhöhen sind zweifellos ein nicht zu unterschätzender Teil dieses Streites, aber nicht nur oberirdische, sondern auch unterirdische Traufhöhen. Es geht also nicht in erster Linie um ästhetische Konzepte, sondern um das Konzept von Stadt überhaupt, um die nachhaltige Weiterentwicklung der "Stadt als soziale Form". Darauf verweist Dieter Hoffmann-Axthelm auch in "ARCH+" - im offenen Widerspruch zu anderen Autoren in diesem Heft: "Wir müssen uns also erst einmal darüber streiten, wofür die Architektur gebraucht wird." (1994a, S. 13) Im Zentrum der Diskussion um eine neue Architektur in Berlin müssen vor allem die neuen Bauaufgaben in dieser Stadt stehen: an der Peripherie das städtische, durchmischte Wohnen, im Zentrum von Berlin das funktional gemischte Gebäude, das sich nicht als Solitär versteht. Es geht ja gar nicht um eine Fortsetzung der widersprüchlichen Tradition des Berliner Geschäftshauses, sondern um die Gestaltung einer wieder neuen Bauaufgabe: den Bau eines "gemischtgenutzten Geschäftshauses" mit städtischen Einrichtungen und Wohnungen, eines Bautypus, der flexibel ist für sich verändernde Nutzungsmischungen. Beim Ringen um die architektonische Gestaltung müssen Experiment und Vielfalt möglich sein - im Rahmen der städtebaulichen Regeln. Daß dieses Ringen um Gestaltung in einem gesellschaftlichen Kontext vor sich geht, dessen Mangel an solider, konsensstiftender kultureller Tradition auf seiten der Politik wie der Bauherren durchaus an die von Karl Scheffler geschilderten Zeiten erinnert, zeigt die Größe der Aufgabe. Die Stadtpolitik ist in der Pflicht, auch architektonische Qualität einzufordern - bei allen Schwierigkeiten, Qualität zu 153 definieren. Es geht im übrigen aber nicht nur um Neubau, sondern auch um die Weiterverwendung des Altbaus, um eine Strategie gegen den Abriß. Mit anderen Worten: der Streit um "Berlinische Architektur" muß fruchtbar gewendet werden. 154 7. Perspektiven Der historische Stadtraum ist ein relativ neues Thema, nicht nur der Berliner Städtebaudiskussion. Die Wiederentdeckung des historischen Stadtraums beinhaltet die Absage an das Konzept eines modernistischen Menschen, der sich nur durch ideelle und materielle Verschrottung des Vergangenen emanzipieren kann; sie impliziert die Anerkennung des Menschen als "homo memor", dessen Dasein die Erinnerung, die Verarbeitung des Gewesenen, die Transformation des Überkommenen umfaßt. Der Kultur des Respekts vor der historischen Stadt war in West-Berlin seit den achtziger Jahren konsensfähig. Sie entstand in der Auseinandersetzung mit dem Städtebau der fünfziger, sechziger und frühen siebziger Jahre und erhielt mit der 750-Jahr-Feier der Stadt zusätzlichen Rückenwind. Diese Kultur hatte allerdings auch ihre Grenzen: Sie orientierte sich in erster Linie an den Stadterweiterungen der Kaiserzeit, sie bezog sich vor allem auf Sanierungsgebiete, und sie war nicht in dem Maße wie heute mit massiven Nutzungsansprüchen auswärtiger Akteure oder mit der Aufmerksamkeit einer äußerst kritischen, überlokalen Öffentlichkeit konfrontiert. Dies stellt sich hinsichtlich der Stadtmitte Berlins heute völlig anders dar. Das westliche Wissen um das historische Zentrum ist in den letzten Jahrzehnten verkümmert, die Frage nach öffentlich zu erstreitenden städtebaulichen Regeln hat sich erst gar nicht gestellt, und demokratische Verfahren haben außerhalb der Sanierungsgebiete keine Tradition. Für die Keimformen einer vergleichbaren östlichen Kultur war vor wie nach 1989 das Klima sehr ungünstig. Es geht aber nicht nur um den Respekt für den historischen Stadtraum, sondern auch um die Erfahrungen mit der Erneuerung dieses Zentrums, den Motiven, Zielen, Erfolgen und Mißerfolgen der Planungen von gestern. Die Probleme des Zentrums wie die bevorzugten Orte der planerischen Intervention heute sind nicht gänzlich neuartig, im Gegenteil: Hier zeigt sich eine erstaunliche Persistenz. Unterschiedlich sind die jeweiligen zeitgenössischen Bewertungen einer Situation - und deshalb auch die Problemlösungsstrategien. Damit ist auch eine Antwort auf die Grundsatzfrage möglich: Was bringt uns die Auseinandersetzung mit den Zeugnissen von gestern? Sie bringt natürlich keine aus der Geschichte selbst abzuleitenden Rezepte, sie ermöglicht aber ein Erfahrungswissen, das mit den aktuellen Anforderungen an eine bessere Stadt konfrontiert werden muß, an eine Stadt, die nachhaltige Qualitäten in sozialer, kultureller, ökologischer und wirtschafticher Hinsicht besitzt. Jede Generation muß ihre Interpretation der Geschichte vor dem Hintergrund aktueller, an den Erfahrungen der Vergangenheit geschärfter Erfordernisse wieder neu finden. Welche Zielsetzungen für ein Zentrum von morgen lassen sich aus dem Blick zurück ableiten? 7.1. Berlin - eine europäischen Stadt? Jede europäische Großstadt ist durch spezifische historische Schichtungen geprägt, die das Bild, die Erinnerungen an diese Stadt bestimmten, ihre Bekanntheit auch anderswo. Berlin ist zu Recht vor allem als Stadt des späten 19. Jahrhunderts berühmt geworden, als Großstadt, die wie keine andere Hauptstadt - abgesehen von Budapest - ihre Gestalt in der Kaiserzeit erhalten hat. Im historischen Zentrum zeugte - bis zum Zweiten Weltkrieg - vor allem der Baubestand von dieser Blütezeit. Der Stadtgrundriß der Berliner Mitte war dagegen wesentlich ein Produkt des Absolutismus: Das gilt nicht nur für den regelmäßigen Grundriß der Dorotheen- und der Friedrichstadt, für den eher unregelmäßigen Grundriß des Friedrichswerder, der Spandauer Vorstadt und der Königstadt, für die Schloßlandschaft im Norden der Spreeinsel, ja die Form der Insel überhaupt, sondern auch 155 indirekt - für den Grundriß der damals vernachlässigten und daher partiell erhaltenen mittelalterlichen Doppelstadt Berlin-Cölln. Der in der Zeit des Absolutismus gefestigte und später nur mehr modifizierte Zentrumsgrundriß wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg, in der DDR-Zeit, teilweise - vor allem in der Altstadt durch radikal neue Grundrißfiguren überformt bzw. aufgelöst. Diese neuen Raumfiguren sind zugleich das Zeugnis einer Besonderheit Berlins - Zeugnis der gespaltenen Stadt, Erinnerung an die Hauptstadt des "kalten Krieges" zwischen Ost und West. 7.1.1. Das in Baublöcken organisierte Parzellensystem Der regelmäßige Baublock war nur ein Element des historischen Grundrißspektrums, allerdings eine besonders wichtige: In der durch Baublöcke gegliederten Dorotheen- und Friedrichstadt konnte sich die City der Kaiserzeit am besten entfalten. Die eigentliche Entwicklungseinheit war aber nicht der Block, sondern der Platz bzw. die Straße mit den angrenzenden Parzellen. Die bebaute Parzelle unterschied eine Vorder- und eine Rückseite, sie erlaubte eine Schichtung der Nutzungen in doppelter Richtung: einmal vertikal vor allem im Hauptgebäude an der Straße und horizontal in die Tiefe des Blockes hinein. Die städtische Entwicklung vollzog sich bekanntlich in einer sehr flexiblen Weise: Im Zuge der Modifikation der Lagequalität einer Straße oder eines Platzes veränderten sich auch die Bebauung und die Nutzung - aber nicht zum gleichen Zeitpunkt und nicht auf allen Parzellen. Diese parzellenbezogene Entwicklung hatte zweifellos ihre Vorteile: Sie vollzog Veränderungen in einem längeren Prozeß, vermittelte Kontinuität und Bruch, erleichterte die öffentliche Auseinandersetzung um die Veränderung und damit auch Korrekturen, und sie machte den Bruch leichter erträglich. Vor allem aber sicherte dieser Prozeß eine Erlebnisvielfalt infolge der kleinräumig erfahrbaren "Ungleichzeitigkeit" des jeweiligen Zustandes - einer Ungleichzeitigkeit, die den nicht gleichschaltbaren unterschiedlichen Perspektiven der jeweiligen Eigentümer und Nutzer der Parzellen entsprach. Ein solcher Prozeß verzögerte die Konzentration von Parzellen und setzte einer privaten Veränderung der Blockgrenzen und damit des Straßensystems nahezu unüberwindliche Schranken. Die letztlich positive Wirkung der Parzellenstruktur wurde durch die Herausbildung von Groß- und Riesenparzellen in Frage gestellt. Ausgangspunkt dieser Entwicklung war die Beanspruchung von großen Flächen für herrschaftliche Funktionen - etwa für das Schloß, das Zeughaus, den Marstall. Im 19. Jahrhundert wurden staatliche Institutionen zu Produzenten parzellenfressender Großstrukturen: etwa die staatliche Bank auf dem Friedrichswerder, die Post in Alt-Berlin, die Stadt mit ihrem Rathaus, das Justizwesen, die Ministerien, insbesondere das Kriegsministerium. Dagegen waren private Investoren weniger erfolgreich: Das sich ausweitende Kaufhaus Hertzog auf der Spreeinsel bildete eher eine Ausnahme. Die öffentliche Hand war der Vorreiter bei der Überwindung des historischen Parzellensystems - für eigene Zwecke, aber auch als planende Institution. Insbesondere den Vertretern der städtebaulichen Moderne war die überlieferte Parzellenstruktur ein Dorn im Auge: War sie doch ein Hindernis auf dem Weg zu einem autogerechten und rein tertiären Zentrum, in dem alle Spuren der Ungleichzeitigkeit ausgelöscht sein sollten. Diese Tendenz zur Gleichschaltung der Nutzung und zur Überwindung der Parzellenstruktur korrespondierte mit dem Drang moderner Architekten, den parzellierten Block zu zerschlagen, die dialektische Einheit von Vorder- und Rückseite zugunsten der verallgemeinerten Vorderseite aufzulösen. Im großen Maßstab erfolgreich war dieses "moderne" Konzept erst in der DDR-Zeit, vor allem in den sechziger Jahren. Nach der "Wende" wurde die Parzelle als Element der Stadt und der Stadtproduktion wiederentdeckt - vor allem durch die Arbeiten von Dieter Hoffmann-Axthelm. Die wünschenswerte 156 Reparzellierung der Zentrumsblöcke wurde aber nicht mit dem notwendigen Nachdruck verfolgt im Gegenteil: Einzelnen Investoren ganz Blöcke zu überlassen, schien der öffentlichen Hand die Arbeit der Zentrumsentwicklung zu erleichtern, sie ersparte sich eine komplexe Koordinierungsarbeit und eine zweifellos schwierige Auseinandersetzung mit Investoren. Für die erforderliche Korrektur dieser auch von der Senatsbauverwaltung erkannten krassen Fehlentwicklung ist nach der Vergabe der meisten Grundstücke der Spielraum aber sehr eng geworden. 7.1.2. Die Silhouette Daß die jeweilige Breite einer Gebäudefront bzw. die Parzellenbreite die Erlebnisvielfalt einer Straße prägt, steht außer Zweifel. Wie steht es aber mit der Höhe der Gebäude? Die Silhouette der europäischen Stadt war stets ein unverzichtbares Markenzeichen, Maßstab und Ausdruck städtischer Identität. Der Dom bzw. die Stadtpfarrkirche, dann die kleineren Kirchen der Bettelordensklöster, die Tortürme der Stadtmauer und der Rathausturm prägten die Silhouette der vorindustriellen Stadt. Die Gestalt dieser Silhouette wechselte im Laufe der Stadtentwicklung. So erhielten die Türme im 18. Jahrhundert oft eine barocke Haube und im 19. Jahrhundert neogotische Spitzen. Kuppeln traten neben die Türme. Selbst im späten 19. Jahrhundert wurde die überkommene Höhen- und Bedeutungsstaffelung noch im Grundsatz gewahrt, wenngleich Fabrikschlote die Türme ergänzten. Die Traufhöhe von 22 Metern ist das vielleicht bedeutendste Merkmal des Berliner Städtebaus der Kaiserzeit, also der Zeit, die Berlin - neben der Nachkriegszeit - am stärksten formte. Aber schon vor dem Ersten Weltkrieg läßt sich ein ökonomischer Druck feststellen, der eine insgesamt höhere bauliche Dichte des Zentrums einfordert. Dieser Druck äußerte sich in der architektonischen Forderung nach einer Überschreitung der baupolizeilich zugelassenen Traufhöhe, vor allem aber im "Schrei nach dem Turmhaus". Insbesondere die Vertreter der städtebaulichen Moderne sahen in der überkommenen Silhouette den Spiegel einer überholten, schlechten Zeit. Sie wollten nicht mehr die Gestalt der alten Türme ändern, sondern diese in den Schatten stellen - vor allem durch Bürotürme des Großkapitals. Bei aller Faszination, die die US-amerikanischen Großstädte ausübten - eine ähnlich chaotische Konfiguration von Wolkenkratzern wollten sie aber in den deutschen Großstädten nicht zulassen. Das städtebaulich geordnete Hochhaus war die Antwort auf die eigene Vergangenheit wie die amerikanische Gegenwart. Diese programmatische Antwort zeitigte in der Weimarer Republik allerdings nur relativ bescheidene praktische Folgen - etwa am Alexanderplatz oder am Potsdamer Platz. Die Hoffnung auf eine städtebaulich geordnete Plazierung von Hochhäusern war, wie die weitere Entwicklung zeigt, angesichts der ökonomischen Mechanismen der Bodenordnung und Parzellenverwertung vergebens. In Europa können wir verschiedene Reaktionen auf diese Erfahrungen beobachten: In den Großstadtzentren etwa von Paris, Wien und Rom, also von selbstbewußten Städten, in denen die Frage der Bedeutung der Stadtsilhouette für die Stadtidentität nicht mehr dauernder Diskussion bedarf, wurde auf den Bau von Hochhäuserrn verzichtet. Ein zweites Modell ist Moskau, wo gleich nach dem Zweiten Weltkrieg der zumindest kurzfristig erfolgreiche Versuch praktiziert wurde, eine städtebaulich geordnete Konfiguration von Hochhäusern zu bauen, die die alte Silhouette in den Schatten stellen sollte. Diese Praxis einer traditionalistischen Moderne setzte allerdings die politischen Verhältnisse der Stalin-Zeit voraus, sie wurde später durch neue, städtebaulich nicht mehr vertretbare Hochhäuser konterkariert. Und schließlich gibt es noch das Modell London, die partielle Zerstörung einer klassischen europäischen Silhouette durch ein Gewirr von Hochhäusern. Die Londoner Entwicklung hat aber sicher mehr mit den gesellschaftspolitischen Verhältnissen der Thatcher-Ära zu tun als mit einem städtebaulichen Konzept. Berlin schließlich hat sich - was das historische Zentrum betrifft - erst in der DDR-Zeit und vor allem seit den sechziger Jahren von der historischen Traufhöhe verabschiedet, ohne die 157 beabsichtigte und durch die realsozialistischen Verhältnisse theoretisch mögliche neue städtebauliche "Ordnung" durch höhere Gebäude in nachvollziehbarer Form zu erreichen. Berlin sollte sich angesichts der europäischen Erfahrungen in die Reihe Paris, Wien und Rom einordnen. Als im wesentlichen durch das späte 19. Jahrhundert geprägte Hauptstadt ist der ortsspezifisch zu differenzierende Respekt vor der historischen Traufhöhe und Höhenstaffelung unverzichtbar zur Wahrung der städtischen, historischen Identität. Darüber hinaus hilft dieser Respekt auch, eine Hyperzentralisierung des Gesamtzentrums im Gefüge der verschiedenen zentralen Gebiete der Region Berlin zu vermeiden. Eine allgemeine Beschränkung der Bebauungsdichte im Zentrum - mit einem ortsspezifisch zu konkretisierenden Spektrum der Geschoßflächenzahl von 3,0 in Anlehnung an den § 17 Absatz 1 der Baunutzungsverordnung bis maximal 4,0 - wäre sinnvoll gewesen und ist es auch heute noch. Die Beschränkung der Dichte wird durch eine maximale (ober- wie unterirdische) Traufhöhe unterstützt. 7.1.3. Stadtstraße und Stadtplatz Die für die europäische Stadt so wichtige und konstitutive Stadtstraße ist nicht nur als formales Gliederungselement des Stadtgrundrisses von Bedeutung, sondern vor allem auch als Sozialraum. Damit ist die Aufgabe einer Straße bzw. eines Platzes angesprochen, zwischen verschiedenen Teilen der Stadt zu vermitteln bzw. als Bühne bestimmter sozialer Gruppen und Nutzungen zu dienen. Ein zentraler öffentlicher Raum lebt aus seinen Fernbezügen wie Nahbezügen. Der Alexanderplatz etwa war Umschlagplatz des öffentlichen Nahverkehrs aus dem Berliner Norden und Osten, er war aber zugleich Ausdruck und Bühne seines näheren Hinterlandes, der Gegend hinter dem Alexanderplatz, des weiteren Scheunenviertels. Die Vitalität des Potsdamer Platzes gründete sich auf seine Bezüge zu den bürgerlichen Wohngebieten des Westens und seine Nähe zu den großen Kaufhäusern und Hotels. Die Planer der Moderne in den späten zwanziger Jahren wollten diese Besonderheiten aufheben durch standardisierte Plätze aus einem Guß. Die Durchsetzung des verkehrsgerechten Architekturplatzes scheiterte damals allerdings - nicht zuletzt an den Widrigkeiten des Parzelleneigentums. Lebendige, komplexe Großstadtplätze können nicht von einer Entwurfshand zu einem fixen Zeitpunkt architektonisch projektiert werden, ihr Nutzungsangebot darf nicht aus einem oder aus wenigen Investoreninteressen abgeleitet sein. Da hilft auch die künstliche Mischung der Funktionen und der architektonischen Form im nachhinein nur noch wenig. Der europäische Großstadtplatz hat nichts mit der privat kontrollierten "Centerworld" an den Peripherien zu tun, mit den Einkaufszentren, Bürozentren und Freizeitzentren, wo sich der öffentliche Raum in riesige Autostellplätze verflüchtigt hat. Auch die aktuelle Zentrumsplanung hat die Besonderheiten der einzelnen öffentlichen Räume nicht angemessen berücksichtigt. Sämtliche Großprojekte - der Alexanderplatz, die Friedrichstraße, der Potsdamer Platz, der Lehrter Bahnhof sowie vor allem das Parlaments- und Regierungsviertel am Spreebogen - wurden als insuläre Projekte angesehen, deren Verknüpfung durch urbane öffentliche Räume mitnichten gewährleistet ist. Dazu kommt der Versuch der Entwertung von Straßen durch private Malls oder Passagen parallel zum öffentlichen Raum - etwa bei den "FriedrichstadtPassagen" und am Potsdamer Platz. Die europäische Stadt definiert sich nicht in erster Linie durch Architektur, sondern durch den Stadtraum. Gegen die nordamerikanische, verschwenderisch in monofunktionale Flächen segmentierte Stadt, deren Vermittlung über das Automobil erfolgt, steht die europäische Tradition und Erfahrung der Vernetzung zentraler Straßen und Plätze über ein Kontinuum öffentlicher Räume, die nicht nur verschiedene Nutzungen erlauben, sondern auch unterschiedlichen sozialen Gruppen offen stehen. Die muß auch die Berliner Zentrumsplanung berücksichtigen. 158 7.1.4. Europäische Stadt - ein kultureller Kampfbegriff Das Konzept der "europäischen Stadt" suggeriert einen Gegensatz zwischen US-amerikanischer und europäischer Großstadt. Aber damit werden die Verhältnisse diesseits wie jenseits des Atlantiks unangemessen vereinfacht. Heute vom Konzept einer europäischen Stadt zu sprechen setzt einen kulturellen Bruch mit modernen Konzeptionen voraus, die nicht unbedingt als US-amerikanisch bezeichnet werden können, auch wenn darin zweifellos US-amerikanische Verhältnisse verarbeitet wurden. Diese Konzeptionen umfaßten die Visionen vom geordneten Wachstum des Automobilverkehrs und von der geordneten Verteilung der Hochhäuser. Vor diesem Hintergrund ist die "europäischen Stadt" ein kultureller Kampfbegriff, kein analytischer Begriff. Denn manche Elemente des Modells der "amerikanischen Stadt" hat die europäische Stadt im Zuge ihres Niederngangs selbst hervorgebracht: Öffnung des Zentrums für den Automobilverkehr, Ausradierung aller Nicht-City-Zonen im Zentrum, Zerstörung des überkommenen Gleichgewichts städtischer Lagen, Beseitigung der historischen Zeugnisse, Ignoranz gegenüber öffentlichen Räumen und deren Reduktion auf funktional verödete Architekturräume, Abkehr von der Parzelle zugunsten des Baublocks in einer Hand, Zerstörung der Höhenverhältnisse der Stadtsilhouette, Peripherisierung zentraler Funktionen in monofunktionale "Centers". 7.2. Besonderheiten des Berliner Zentrums Das Berliner Zentrum hat einige Besonderheiten, die es von anderen Zentren unterscheiden und deren Kenntnis für eine verantwortungsbewußte Zentrumsplanung und -gestaltung heute unverzichtbar ist. Dazu gehört in erster Linie die Kombination von absolutistischem Stadtgrundriß und dominanter kaiserzeitlicher Bebauung, die von den Zeugnissen der gespaltenen Stadt städtebaulich wie baulich überformt wurde. Dazu zählt weiter die ausgeprägte polyzentrale Struktur der Gesamtstadt, die nach der Spaltung Berlins durch die Festigung zweier Hauptzentren noch einmal verstärkt wurde. Was die innere Struktur des historischen Zentrums anbelangt, so sind in erster Linie der historische Gegensatz zwischen östlichem und westlichem Teilzentrum, dann die nicht-zentralistische Struktur des Zentrums sowie die herausgehobene Bedeutung gestalterisch wie funktional differenzierter Ost-West-Hauptstraßenzüge und schließlich die konkrete Form der Hauptstadtverortung hervorzuzuheben. 7.2.1. Der Gegensatz zwischen östlichem und westlichem Teilzentrum Die wichtigste Besonderheit des historischen Zentrums war der Gegensatz zwischen dem erstrangigen westlichen Teilzentrum, der eigentlichen City, und dem zweitklassigen, "zurückgebliebenen" östlichen Teilzentrum. Beide Teilzentren hatten ihre Schlüsselplätze: das westliche den Potsdamer Platz, das östliche den Alexanderplatz. Historische Voraussetzungen der gegensätzlichen Entwicklung waren insbesondere die Westorientierung des Stadtschlosses spätestens seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, die Anlage der wichtigsten Bahnhöfe der Stadt am Rande des westlichen Teilzentrums und das sozial unterschiedliche Hinterland der beiden Teilzentren - der bürgerliche Westen zum einen und der proletarische bis subproletarische Osten und Nordosten zum anderen. Die Gegensätzlichkeit zwischen westlichem und östlichem Stadtzentrum spiegelte sich im Stadtgrundriß, in der Parzellenstruktur, den Bauten, der Bewohnerschaft und den Nutzergruppen wider. Besonders zugespitzt war dieser Gegensatz im Herzen des Gesamtzentrums, auf der Spreeinsel - hier aber als Nord-Süd-Gegensatz. Seit der Kaiserzeit bemühten sich Stadtplaner und Politiker, diesen Gegensatz durch einen radikalen Kahlschlag und eine Modernisierung des östlichen Teilzentrums aufzulösen. Diese Versuche waren bis zum Zweiten Weltkrieg nur sehr fragmentarisch erfolgreich. Nach dem Krieg modifizierte die DDR den historischen Gegensatz auf ihre Weise: durch strategische Vernachlässigung der Dorotheen-/Friedrichstadt, der ehemaligen City, sowie durch die nahezu spurlose Beseitigung der überkommenen Reste der Altstadt sowie 159 durch den Aufbau eines modernen, realsozialistischen Stadtzentrums auf der leergeräumten Fläche des ehemaligen östlichen Teilzentrums. Nach 1989 wurde das Rad der Geschichte wieder zurückgedreht, die ehemalige City feierte eine eindrucksvolle Wiederkehr, das in der DDR-Zeit aufgewertete östliche Teilzentrum fiel in seine Zweitrangigkeit zurück. Diese Verschiebung war kein Ergebnis der Stadtplanung, sondern des sich an den historischen Verhältnissen orientierenden Marktes. Für das östliche Teilzentrum sind keine vergleichbaren Investorenprojekte zu verzeichnen wie für das westliche - mit Ausnahme natürlich des Megaprojektes Alexanderplatz. Doch bei diesem Projekt wurden die alten Fehler der letzten 100 Jahre wiederholt: Ziel war nicht eine Weiterentwicklung des "Platzes des Ostens", sondern ein Retortenprojekt, das mit dem Umfeld radikal bricht und nur als Brückenkopfprojekt, als importierter "Platz des Westens" betrachtet werden kann. Gegenüber der Vorkriegszeit haben sich natürlich die sozialen Verhältnisse, die sich mit dem Berliner "Osten" und dem Berliner "Westen" verbinden, erheblich verändert. Daß sie aber in veränderter Form weiter existieren, kann niemand ernsthaft bestreiten. Heute repräsentiert das östliche Teilzentrum das ehemalige Ost-Berlin, während das westliche Teilzentrum - die künftige City - als neuer Vorposten von West-Berlin bzw. des "Westens" gelten muß. Das östliche Teilzentrum sollte nicht bis zur Unkenntlichkeit kolonialisiert und assimiliert werden, sondern als solches weitergebaut werden - nicht in Fortschreibung der Zweitrangigkeit, sondern als Anerkennung einer komplexen Tradition mit durchaus eigenen, oft verborgenen Qualitäten. So findet sich im östlichen Teilzentrum ein besonderer Edelstein, dessen Entstehungsgeschichte freilich weniger rühmlich ist: der große Freiraum zwischen Palast der Republik und S-Bahnhof Alexanderplatz mit der Marienkirche und dem Fernsehturm. Dieser Edelstein muß aber noch geschliffen werden, um das Gesamtzentrum wirklich bereichern zu können. Die Spreeinsel ist der Übergangsraum zwischen westlichem und östlichem Teilzentrum, und es kann nicht verwundern, daß gerade hier die Auseinandersetzung um die künftige Prägung besonders erbittert geführt wird. An der Spreeinsel wird sich die Fähigkeit der herrschenden Kräfte Berlins erweisen, eine Ost-West-Verständigung herbeizuführen und keine Ostkolonisation. Eine Verständigung kann aber nicht eine Fortschreibung des Status quo bedeuten: Der Erhaltung wichtiger baulicher Zeugnisse der DDR-Zeit muß eine städtebauliche Neuordnung folgen, die den historischen Gegensatz zwischen herrschaftlichem Norden und stadtbürgerlichem Süden zeitgemäß interpretiert. 7.2.2. Ein Zentrum ohne zentralen Punkt Das für die Zentrumentwicklung bedeutendste städtebauliche Erbe ist die nicht-zentralistische Struktur des Zentrums, die zwar schon in der mittelalterlichen Doppelstadt angelegt war, die aber vor allem in den historischen Neustädten bzw. deren Gittergrundriß ihre ausgereifte Form gefunden hat. Die alte Friedrichstadt kannte - abgesehen vom Gendarmenmarkt - keine herausgehobenen Plätze und Straßen. Die Friedrichstadterweiterung modifizierte diese Struktur durch die Betonung der stadtauswärts führenden Hauptstraßen - der Friedrichstraße und der Leipziger Straße. Zusammen mit der Prachtstraße Unter den Linden war damit die besondere Struktur der regelmäßigen barocken Stadterweiterungen geschaffen. Diese Struktur wurde durch keinen zentralen Platz beherrscht, sondern mit peripheren Plätzen innerhalb der Stadttore (Quarré - Pariser Platz, Oktogon - Leipziger Platz, Rondell - Mehringplatz) bereichert, die die drei herausgehobenen Straßen noch einmal städtebaulich akzentuierten. Dieser Grundriß ermöglichte in der Kaiserzeit eine relativ gleichwertige Verteilung zentraler Lagen, sperrte sich also gegen die Aufwertung weniger und die Abwertung vieler Lagen; damit spiegelte er Verhältnisse wider, die der Dynamik einer Großstadtcity angemessen waren. Es ist vor allem diese überkommene flexible Struktur, die die Dorotheen- und Friedrichstadt trotz des Verlustes der Bahnhöfe wieder zum Kernbereich des Berliner Zentrums machen wird. Wichtigste Prämisse jeder 160 städtebaulichen Konzeption muß es daher sein, die Schaffung hyperzentraler Punkte innerhalb oder am Rande des Zentrums zu verhindern. Nur so kann die positiv zu bewertende Grundstruktur des Berliner Zentrums weiterentwickelt werden. Das bedeutet in städtebaulicher Hinsicht eine relativ gleichwertige Dichte und in stadtgestalterischer Hinsicht den Verzicht auf das antiquierte Konzept von Hochhäusern, die die benachbarten Gebäude überragen. 7.2.3. Die großen Ost-West-Hauptstraßenzüge Bei der Stadtgründung Berlins leistete eine bedeutende mittelalterliche Fernstraße Geburtshilfe, die in Höhe des Mühlendamms die Spree passierte. Innerhalb der mittelalterlichen Stadt führte dieser Straßenzug von der Gertraudenstraße über den Mühlendamm zur Spandauer und Oderberger Straße und passierte dabei eine Reihe von Plätzen. Dieser mittelalterliche Hauptstraßenzug wurde in der absolutistischen Zeit durch die Leipziger Straße zwischen Spittelmarkt und Leipziger Platz verlängert. Erst in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde ein zweiter Ost-West-Hauptstraßenzug geschaffen, nachdem die Allee Unter den Linden in der Kaiser-Wilhelm-Straße eine Fortsetzung nach Osten gefunden hatte. Allen weiteren Versuchen, zwischen diesen beiden Ost-WestHauptstraßenzügen noch einen dritten anzulegen - in Höhe der Jägerstraße oder der Französischen Straße - scheiterten bis zum Zweiten Weltkrieg. Nach 1945 wurde die überkommene Struktur der Hauptstraßen stark modifiziert - dem nördlichen Hauptstraßenzug entsprach im Süden eine autogerechte Transitzone, die zwischen Spittelmarkt und Alexanderplatz jede Aufenthaltsqualität vermissen ließ. Im Zuge dieser Modifizierung wurde die ehemalige Königstraße (heute Rathausstraße) zum Fußgängerbereich, an ihrer Nordseite erstreckt sich seither der große Freiraum um den Fernsehturm. Zentrumsplanung bedeutete seit der frühen Kaiserzeit bis zur DDR-Zeit vor allem: Ausbau der großen Ost-West-Hauptstraßenzüge in Profil und Zahl. Dieser Ausbau sollte dem steigenden Verkehr mehr Raum verschaffen. Von außerordentlicher Bedeutung für die Zukunft des Berliner Zentrums ist die künftige Gestaltung der beiden großen Ost-West-Straßenzüge zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz sowie zwischen Alexanderplatz und Pariser Platz. Diese Aufgabe wurde bislang noch allzu selten im Zusammenhang gesehen, erörtert und geplant. Da diese Straßenzüge für die Vernetzung des gesamten historischen Zentrums entscheidend sind, wäre ein abgestimmtes Rahmenkonzept erforderlich, das eine Reurbanisierung der Straßen anvisiert - durch eine gestalterische und funktionale Verbesserung des öffentlichen Raumes sowie eine Reduzierung des ruhenden und fahrenden Kfz-Verkehrs. Bislang beziehen sich Planungen und Gutachten dagegen eher fragmentarisch und isoliert auf die Straße Unter den Linden mit dem Pariser Platz, die östliche Leipziger Straße, die Gertraudenstraße mit Spittelmarkt oder die Grunerstraße. Im Zusammenhang mit den Hauptstraßenzügen sind insbesondere noch zwei komplexe gestalterische Hauptaufgaben zu bewältigen: die Qualifizierung des großen Freiraums zwischen Palast der Republik und S-Bahnhof Alexanderplatz sowie die Restituierung des historisch wichtigsten stadtbürgerlichen Hauptstraßenzuges von Berlin, der Straßen- und Platzfolge zwischen Potsdamer Platz und Alexanderplatz. 7.2.4. Die Hauptstadt Deutschlands Hauptstadt Berlin - das weist nicht nur in die Zukunft, sondern auch in die - nicht immer heitere Vergangenheit. Der Blick zurück zeigt: Berlin war seit der Barockzeit durch eine Dezentralität der Regierungsstandorte gekennzeichnet. Diese Situation war kein Ergebnis planerischer Bemühungen, im Gegenteil: Sie verfestigte sich trotz aller Anstrengungen zur zentralistischen "Rationalisierung". Die entsprechenden Planungen, vor allem in der Weimarer Republik, scheiterten letztendlich an den 161 gesellschaftlichen Verhältnissen. Der privatisierte, über Parzellen vermittelte Bau und Umbau der Stadt erschwerte die ressortorientierte räumliche Konzentration ungemein. Die Hauptstadtfunktionen waren daher in der Vergangenheit relativ stadtverträglich verteilt. Doch die historische Standortentwicklung barg bereits eine große Gefahr in sich: die Tendenz zur Bildung von stadträumlichen Barrieren, die die Struktur des Zentrums insgesamt bedrohen. Die Geschichte der Hauptstadt Berlin ist auch eine Geschichte der Barrieren von Regierungsfunktionen in der Stadt. Die Zwingburg der Hohenzollern wurde im 15. Jahrhundert zur Sicherung der Herrschaft über die Bürgerstadt errichtet, blieb aber von dieser sicherheitshalber durch einen Wassergraben abgekapselt. Die Lage des Herrschaftsbaus war von außerordentlicher strategischer Bedeutung: Das Schloß wurde außerhalb der Doppelstadt plaziert, aber an der Stelle, die die Herrschaft über Berlin und Cölln optimal sicherte. Zur wichtigsten Straße des bürgerlichen Berlin hielt es Abstand. Damit stellte es sich zugleich ins Abseits der Hauptverkehrsstraßen. Das änderte sich auch nach Anlage der Straße Unter den Linden nicht, im Gegenteil: Das Schloß bildete eine Art Riegel zwischen der neuen Dorotheenstadt und der Bürgerstadt im Osten. Erst der Durchbruch der Kaiser-WilhelmStraße in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts, dem auch ein Teil des Schloßbereichs geopfert wurde, beendete diese Situation. Das Schloß als Sitz der Herrschaft über Stadt und Land erwies sich bereits während des Aufschwungs Berlins nach dem Dreißzigjährigen Krieg als zu klein. In der Barockzeit begann die Auslagerung herrschaftlicher Funktionen in die Stadt, oder genauer: in die westlichen barocken Stadterweiterungen. Diese Auslagerung führte bald zu einer neuen Konzentration von Herrschaftsfunktionen am westlichen Rande der erweiterten Stadt: im Bereich der Wilhelmstraße. Zunächst entwickelten sich die neuen Behördenstandorte nur langsam, häufig im Zuge einer gleitenden "Zweckentfremdung" der Palais führender Beamter. Die sich im 19. Jahrhundert verfestigende Konzentration von Ministerialfunktionen an der Wilhelmstraße stellt sich auf den ersten Blick als geradezu klassische stadträumliche Barriere dar, die die Verknüpfung der City mit den Stadterweiterungen der Kaiserzeit im Westen behinderte. Auf den zweiten Blick erscheint diese Barriere nicht ganz so problematisch, grenzte sie doch hauptsächlich an einen nicht verstädterten Bereich, den Tiergarten, den ja zwischen Pariser Platz und Leipziger Platz keine Straße in Ost-West-Richtung mehr querte. Dazu kam, daß diese Barriere von den beiden wichtigsten Ost-West-Straßenzügen des Zentrums gekreuzt und damit "durchbrochen" wurde: der Straße Unter den Linden und vor allem der Leipziger Straße. Nach dem Sturz des Kaiserreiches hatte sich die Wilhelmstraße endgültig - so schien es jedenfalls funktional wie räumlich vom Schloßareal abgenabelt. Die Altstadt von Berlin war nun im wesentlichen von Regierungsfunktionen geräumt. Trotz aller Zentralisierungspläne der Zwischenkriegszeit für einen neuen Regierungsstandort im Westen der City änderte sich an der Struktur der Regierungstandorte grundsätzlich nichts mehr: Die Wilhelmstraße war weiterhin die zentrale Herrschaftsachse des Deutschen Reiches - in der Weimarer Republik und, erheblich aufgeplustert, im "Dritten Reich". Auch die Spaltung Berlins brachte nur wenig Bewegung in diese Verhältnisse. Der (West-Berliner) Spreebogen, seit dem Bau des Reichstags gewichtiger neuer Standort für staatliche Institutionen verwaiste. Die alte Herrschaftsbarriere Wilhelmstraße blieb - wenn auch weniger im veröffentlichten Bewußtsein und räumlich stark reduziert - ein wichtiger Standort für Regierungsfunktionen in der DDR. Bemerkenswert war dagegen die Rückkehr von zentralen staatlichen Einrichtungen in den Dunstkreis des ehemaligen, abgerissenen Hohenzollernschlosses: Staatsratsgebäude, Außenministerium, Gebäude des Zentralkomitees der SED und - in geringerem Maße - Palast der Republik bildeten ein neues Herrschaftsforum. Durch die Rückkehr des Regierungszentrums auf die Spreeinsel wurden die Verhältnisse umgedreht. Orientierte sich das Schloß städtebaulich - quasi mit dem Rücken zur Bürgerstadt - in Richtung Westen, so markierte 162 das neue Herrschaftsforum der DDR den Abschluß der neuen sozialistischen Stadt gegen Westen; vor allem das Außenministerium signalisierte als überhöhter Bauriegel das Ende des modernen Zentrums, hinter dem die weithin vernachlässigte alte City vor sich hin dämmerte. Damit war eine zweite stadträumliche Barriere geschaffen. Nach der "Wende" ergab sich die kuriose Situation, daß die Besetzung des weiteren Schloßareals durch Schaltstellen der DDR die neuen Verhältnisse der Bundeshauptstadt mitbestimmen sollte durch die Kontinuität zwischen dem Bodeneigentums des DDR-Staates und jenem der neuen Bundesrepublik. Die Tatsache, daß der Bund als Erbe der DDR-Herrschaftsflächen diese wieder für Regierungsfunktionen nutzen wollte, blieb im übrigen außerhalb aller offiziellen Diskussion. Um Kontinuität und Bruch in der Architektur und Stadtgestalt wurde heftigst gestritten, das Eigentum, auch wenn es ein reines DDR-Vermächtnis ohne historische Tradition darstellte, war hingegen materiell wie ideologisch offenbar so gewichtig, daß sich daran keine Diskussion zu entzünden wagte. Als Folge der deutschen Vereinigung war Berlin daher mit der Existenz zweier potentieller Hauptstadtbarrieren konfrontiert: der alten, stadträumlich aber geschrumpften Barriere der Wilhelmstraße, die durch den Wohnungsbau an der Otto-Grotewohl-Straße (heute wieder Wilhelmstraße) ein neues Profil erhalten hatte, und der neuen Barriere auf der Spreeinsel, die sich vom Lustgarten bis zum Mühlendamm breit machte. Lange vor Beginn der Diskussion um die Unterbringung von Ministerien und des Bundespräsidenten war dieses Problem offensichtlich. Zwei Barrieren, womöglich verstärkt durch neue Anforderungen an Raumzuwachs und Sicherheit, konnte das Berliner Zentrum nicht verkraften. Darüber bestand Konsens - in Berlin wie Bonn. Doch was war zu tun? Hier stritten sich die Verantwortlichen. Notwendig war es zunächst, die Barrieren zu durchlöchern. So war eine Verbindung der stadtbürgerlichen Funktionen der Wilhelmstraße nach Norden wie Süden hin zu sichern. Auf der Spreeinsel galt es, den Riegel zu lockern. Die Breite Straße könnte durch einen radikalen Rückbau mittelfristig wieder eine lebendige, parzellenvermittelte Straße erster Qualität werden. Die überkommene Bebauungsinsel westlich des ehemaligen Bauministeriums bildet bereits heute einen Ansatzpunkt für ein gestaltreiches und multifunktionales Zentrumsquartier. Im Bereich des ehemaligen Werderschen Marktes kann wieder eine durchmischte Stadt gebaut werden. Schließlich gibt der geplante Wiederaufbau der Schinkelschen Bauakademie der Hauptstadt die einzigartige Chance, wenigstens einen gewichtigen Teil des Gebäudes wieder der Wissenschaft zu widmen - am besten einer wiedergegründeten Bauakademie mit ausdrücklichem Bezug zur Tradition und Zukunft der europäischen Stadt. Die kleinteilige Zerstückelung der potentiellen Barrieren ist aber nur eine Seite der großen stadträumlichen Aufgabe, die Stadt Berlin zur Bundeshauptstadt zu qualifizieren. Notwendig ist weiter die Sicherung und Fortentwicklung des historischen doppelten "Durchbruchs" städtischer Hauptstraßen, der die negativen Wirkungen von Barrieren begrenzen kann: Regierungsfunktionen sollten weder den "Linden" noch der Leipziger Straße ihren Stempel aufdrücken. Inzwischen - nach der Aufgabe der kostspieligen Planungen für umfangreiche Regierungsneubauten - scheint zumindest ein Weiterwuchern der historischen Barrieren gestoppt. Doch die finanziell erzwungene "Behutsamkeit" könnte trügerisch sein: Offen bleibt, was aus den nach aktuellem Planungsstand nicht mehr bebauten, zunächst aber für Regierungsneubauten vorgesehenen Flächen werden soll. Offen bleibt, wie lange die aktuelle Sparfassung Bestand haben wird. Offen bleibt, wie die großen Ost-West-Hauptstraßen - die potentiellen Stadtbreschen durch die Regierungsbarrieren gestaltet werden sollen: als Autotrassen oder als Stadtstraßen. Offen bleibt vor allem auch, wann die Bundesregierung ihre starre Haltung aufgibt, nach der die Erdgeschoßbereiche der langen Fronten von Regierungsbauten nicht für Läden und andere städtische Dienstleistungseinrichtungen genutzt werden dürfen. Eine solche Haltung widerspricht den Regeln der Stadtbaukunst. Die Standorte staatlicher Einrichtungen drohen auch weiterhin als Barrieren das Zentrum zu belasten. 163 7.2.5. Das bauliche Erbe Bei der Entwicklung und Planung des Zentrums wurde zu keiner Zeit große Rücksicht auf das bauliche Erbe genommen. Dies galt für die Zeit des Absolutismus, das frühe 19. Jahrhundert und die Kaiserzeit. Das galt insbesondere für die Konzeptionen der städtebaulichen Moderne, aber auch für die Planungen der Natinalsozialisten. Folge dieser Entwicklung war eine weitgehende Zerstörung der Qualitäten des Zentrums. Diese Ignoranz hatte durchaus verständliche Ursachen, die mit den Besonderheiten einer östlichen "Kolonialstadt" zusammenhängen: so etwa mit dem Fehlen eines stabilen, Traditionen begründenden wie bewahrenden Mittelstandes, mit der Existenz einer wenig selbstbewußten herrschenden Klasse, die ihre Stadt immer wieder als rückständig betrachtete und mit dem Kopieren anderer Kulturen Geltung zu beanspruchen suchte, letztlich auch mit einem - nüchtern betrachtet eher bescheidenen Bestand an herausragenden Bauwerken. Man vergleiche nur die Marienkirche und die Nikolaikirche mit dem Dom, der Katharinenkirche und der Gotthardtkirche in Brandenburg an der Havel! Selbst die absolutistischen Herrscher konzentrierten letztlich ihren Ehrgeiz eher auf Potsdam und verjagten einen Baumeister wie Schlüter. Lediglich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kann Berlin mit den Werken Schinkels europäische Geltung beanspruchen wenngleich keineswegs als einzige deutsche Stadt. Und auch die Pläne und Werke Schinkels setzten oft die Mißachtung der überkommenen Stadt voraus und wurden später selbst nicht immer respektiert. Und die Kaiserzeit, die in baulicher Hinsicht das Zentrum prägende Epoche? Kaufhaus Wertheim und Hotel Adlon, Dom und Reichstag sind zweifellos beeindruckende Bauten - aber zum Teil auch Zeugnisse eines wenig gefestigten kulturellen Fundaments. Die "goldenen zwanziger Jahre" schließlich erzeugten eine Flut von Papierprojekten, haben aber im Zentrum nur wenige architektonische Spuren hinterlassen. Über alle politischen und gesellschaftlichen Brüche hinweg blieb lediglich das herrschende städtische Bewußtsein stabil, in einer Stadt zu wirken, die nicht auf der Höhe der Zeit ist, die erst auf diese Höhe gebracht werden muß - ohne große Rücksicht auf das Überkommene, das ja nur Rückständigkeit verkörperte. In der grenzenlosen Geringschätzung der Altstadt Berlins fand dieses Bewußtsein seinen prägnantesten Ausdruck. Nach 1989 feierte dieser Mangel an Selbstbewußtsein seine elementare Wiederauferstehung. Von neuem schämte sich die herrschende Klasse ihres Zentrums, besonders der Bereiche, die seit den sechziger Jahren in der DDR umgebaut worden waren; von neuem sah sie ihre Stadt nicht gleichauf mit der eingebildeten Konkurrenz von London und Paris; von neuem sollte durch den Import von Stadtmodellen der Anschluß an die Weltspitze geschafft werden, und von neuem galt das Überkommene als Zeichen der Rückständigkeit und wurde zur Disposition gestellt. Inzwischen ist aber eine solche Haltung nicht mehr so eindeutig dominant, die Gegenposition einer selbstbewußten Anerkennung der - durchaus widersprüchlichen - eigenen Tradition Berlins hat an Boden gewonnen. Das Modell einer "europäischen Stadt" orientiert auf eine Stadt, die ihre Geschichte in der Zukunft bewahrt. Heute geht es um eine ausgewogene Erhaltung der historischen Stadt in ihren Strukturen und Bauten vor 1945 wie auch um eine Weiterentwicklung erhaltungswürdiger Zeugnisse des DDRStädtebaus. Ziel muß es sein, Geschichte ablesbar zu belassen, die überkommene Stadt nicht zu ignorieren, sondern weiterzubauen. Das erfordert auch eine politische Stärkung der Denkmalpflege. Die Existenz einer strukturell nicht gebremsten und politisch nicht eingeschüchterten Denkmalpflege ist eine wichtige Voraussetzung für den fachlichen und politischen Abwägungsprozeß, der helfen könnte, die verflachende Konzeption von "kritischer Rekonstruktion der Stadt" zu überwinden. Durch die Zulassung einer überzogenen, unerträglichen Baudichte hat der Druck in Richtung Abriß der wenigen überkommenen Bauten aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg dramatisch 164 zugenommen. Bis heute vernachlässigt die Stadtpolitik den Schutz dieser Bauwerke, der durch geeignete Instrumente der Stadtplanung und des Denkmalschutzes dringend sichergestellt werden muß. Notwendig ist aber nicht nur die fürsorgliche Erhaltung historischer Gebäude und Stadträume, sondern auch eine gestalterische Unterordnung neuer Gebäude unter den Maßstab der historischen Stadt, das heißt Respekt vor der Berliner Traufhöhe, Respekt vor den Baulinien, weitestmögliche Berücksichtigung der Parzellenstruktur. Dies gilt insbesondere für die Dorotheen-/Friedrichstadt mit ihrem noch weitgehend vorhandenen historischen Straßen- und Blockgefüge. Nun war die Geschichte 1945 nicht zu Ende. Eine Weiterentwicklung des Zentrums von Berlin muß sich auch mit den baulichen und städtebaulichen Hinterlassenschaften der DDR-Zeit auseinandersetzen, nüchtern und vorurteilsfrei, mit dem Ziel einer weitgehenden Einbindung dieser Zeugnisse der deutschen Geschichte in die Stadt von morgen. Doch was können die Kriterien einer vorurteilsfreieren Beurteilung sein? Zumindest zwei können gegenwärtig schon benannt werden. Zum einen ist die Gebrauchsqualität der jeweiligen Bauten und Räume für das künftige gesamtstädtische Zentrum zu prüfen, eine Frage, die nur durch umfassende sozialräumliche Studien unter Einbezug der betroffenen Bürger angegangen werden kann. Damit verknüpft ist zum anderen die Frage nach der städtebaulichen Kohärenz und historischen Bedeutung der jeweiligen Stadträume. Zu unterscheiden wären hier zunächst Stadträume, bei denen die städtebaulichen Bemühungen in der DDR-Zeit zu einem gewissen Abschluß gekommen sind. Dazu zählen etwa die Allee Unter den Linden, der östliche Abschnitt der Leipziger Straße, die Fischerinsel, der Alexanderplatz, der Freiraum zwischen Alexanderplatz und Spree, der Platz der Akademie (heute Gendarmenmarkt), das Nikolaiviertel und die Otto-Grotewohl-Straße (heute Wilhelmstraße). Dann zweitens Räume, bei denen trotz großer Anstrengungen dieser Abschluß in der DDR-Zeit infolge ständig sich ändernder Rahmenbedingungen nicht oder nicht mehr erreicht werden konnte - etwa die Friedrichstraße, aber auch der Marx-Engels-Platz (jetzt Schloßplatz). Und drittens Räume, die keine besonderen städtebaulichen Anstrengungen erfahren haben, so etwa der Leipziger Platz, der Pariser Platz, ja große Teile der ehemaligen Dorotheen-/Friedrichstadt, dann der Bereich zwischen MarxEngels-Platz und Fischerinsel, die Gebiete zwischen Karl-Liebknecht-Straße und Stadtbahntrasse bzw. zwischen Rathausstraße und Spree. In der Spandauer Vorstadt finden sich Beispiele für Stadträume aller drei Kategorien. Zur ersten ist ohne Zweifel die Sophienstraße zu rechnen. Ausgangspunkte einer "kritischen Rekonstruktion der Stadt" im Sinne der Wiederherstellung des Stadtgrundrisses vor 1945 sollten in erster Linie die Räume der zweiten und dritten Kategorie sein. Dabei muß die Besonderheit jedes einzelnen Ortes berücksichtigt werden. Während am Schloßplatz über die Neuformung des barocken Stadtraums unter Einschluß von Staatsratsgebäude und Palast der Republik nachgedacht wird, müßten im Bereich zwischen diesem Platz und der Fischerinsel neue, kleinteiligere Strukturen geschaffen werden, die eine abwechslungsreiche Nutzungsfolge auch längerfristig sichern helfen. Besondere Aufmerksamkeit und Behutsamkeit erfordert der Umgang mit den Stadträumen der ersten Kategorie. Vor allem hier muß vorab eine Untersuchung der Gebrauchsqualität in gesamtstädtischer Perspektive - wie etwa bei der Fischerinsel geschehen erfolgen. Nach einer solchen Prüfung wären die erhaltens- bzw. entwicklungswerten städtebaulichen Anlagen durch geeignete planungs- bzw. denkmalschutzrechtliche Instrumente zu schützen, etwa durch den Erlaß von Erhaltungsverordnungen in Verbindung mit der Ausweisung geschützter Baubereiche nach dem Baugesetzbuch bzw. dem Denkmalschutzgesetz Berlin. Die Frage des Umgangs mit den Zeugnissen der DDR berührt aber nicht nur im engeren Sinne städtebauliche, sondern auch allgemein geschichtliche Fragen. Die Geschichte der Spaltung ist die Besonderheit Berlins, die weltweit die größte Aufmerksamkeit erfahren hat. Diese Geschichte darf nicht wieder - wie in erheblichem Maße die Geschichte der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft - durch Abrisse und Neubauten städtebaulich entsorgt werden. 165 7.3. Ein stadtverträglicher Zentrumsverkehr Ohne das historisch völlig neue Phänomen des Massenverkehrs des 19. Jahrhunderts wäre keine City möglich gewesen. Dieser Massenverkehr war bis zum Zweiten Weltkrieg in erster Linie ein schienengebundener öffentlicher Personenverkehr. Die Zentren des Verkehrs - die zentrumsnahen Fernbahnhöfe sowie die Knotenpunkte der Straßenbahn-, S-Bahn- und U-Bahnenlinien - fungierten als Motoren der Citybildung. Der wichtigste Beitrag zur Entwicklung eines nicht-zentralistischen Zentrums war im 19. Jahrhundert die Anlage dezentraler Bahnhöfe der Fernbahn, Stadtbahn und U-Bahn. Auch heute sollte die öffentliche Hand bei der Produktion der Verkehrsinfrastruktur die relativ gleichwertige Stadtstruktur des Zentrums nicht verletzen. Das gilt in erster Linie für die Planung neuer Fernbahnhöfe. Ein einziger zentraler Superbahnhof im Bereich des Lehrter Bahnhofs wäre nicht nur stadtökologisch bedenklich, sondern auch mit der nicht-zentralistischen Struktur des Zentrums unvereinbar. Hier wäre ein Bahnhofssystem wünschenswert, das den Lehrter Bahnhof nicht allzusehr über die weiteren geplanten IC-Bahnhöfe stellt. Auch die Anlage neuer U-Bahnen darf die Zentralität einzelner Punkte, etwa des Potsdamer Platzes, nicht über Gebühr erhöhen. Flankiert werden sollte das Schnellbahnsystem durch ein Verkehrsmittel, das in ganz besonderer Weise Berliner Verkehrstradition verkörpert: die Straßenbahn. Ihre Wiedereinführung auch im Zentrum wäre eine Maßnahme, die die nicht-zentralistische Struktur des Zentrums wirkungsvoll unterstreichen könnte. Historisch gesehen war die Verknüpfung des Zentrums mit der übrigen Stadt immer ein Problem. Paradebeispiel dafür war das Nadelöhr Potsdamer Platz. Seit den späten zwanziger Jahren versuchten die Planer, dieses Problem durch eine Öffnung des Zentrums für den Automobilverkehr zu lösen. Heute wissen wir, daß sowohl der fließende als auch der ruhende Kraftfahrzeugverkehr mit den überkommenen europäischen Großstadtzentren nicht vereinbar ist. Die Vision der zwanziger Jahre von einer geordneten Anpassung der europäischen Stadt an den wachsenden Automobilverkehr ist gescheitert. Die internationalen Erfahrungen mit der autogerechten Stadt lassen den Schluß zu, daß überhaupt nur ein autoarmes Zentrum, das den motorisierten Individualverkehr drastisch reduziert und dem Schienenverkehr wieder absoluten Vorrang gibt, stadtverträglich ist. Nur durch eine solche Zielsetzung kann eine Polarisierung der Lagen je nach Autoverkehrsbelastung vermieden werden. Berlin ist in dieser wichtigen Frage erstaunlich rückständig. Die realistische und zukunftsorientierte Option eines autoarmen Zentrums darf nicht weiter durch falsche Weichenstellungen blockiert werden. Mittelfristig impliziert das den Verzicht auf jede Verkehrsbündelung in irgendeiner Straße des Zentrums und auf jede Massierung von KfzStellplätzen innerhalb des Zentrums. Das bedeutet auch den Rückbau der beiden Ost-WestHauptstraßenzüge zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz sowie Alexanderplatz und Pariser Platz. Nach Abschluß der großen Bauarbeiten im Zentrum sollten nur noch diese beiden Straßenzüge über zwei Fahrspuren in jede Richtung verfügen, wovon eine Bussen, Taxis und - in der Leipziger Straße - Straßenbahnen vorbehalten sein sollte. Die übrigen Straßenzüge könnten zumindest mittelfristig den Autos, vor allem dem Wirtschafts- sowie dem Ver- und Entsorgungsverkehr, zugänglich bleiben, aber nur auf einer Fahrspur pro Richtung. Gleichzeitig wäre das Parken für Einpendler im Zentrum - wie in westdeutschen Großstädten auch - zu erschweren. Eine große Bedeutung kommt dabei der von der Senatsbauverwaltung geplanten Beschränkung der maximal möglichen Stellplätze bei Neubauprojekten zu. 7.4. Aufbau neuer Identitäten Das Zentrum einer europäischen Stadt ist auch heute noch - trotz aller gegenteiligen Behauptungen - mehr als ein Ortsteil neben anderen. Einige Orte, Gebäude, Denkmale und Namen des Zentrums sichern die Identität der Gesamtstadt für ihre eigenen Bürger wie für die Besucher der Stadt - ja sogar für diejenigen, die diese Stadt nie besuchen werden. Für West-Berlin waren die Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und das Europa-Center am Breitscheidplatz identitätsstiftende 166 Bauten, für Ost-Berlin der Fernsehturm am nahegelegenen Alexanderplatz. Gesamt-Berlin wurde schon immer durch das Brandenburger Tor symbolisiert. Seit dem Umbruch des Jahres 1989 wurden immer wieder neue Identifikationspunkte des historischen Zentrums entdeckt, verkündet, vermarktet: so der Potsdamer Platz, die Friedrichstraße, der Alexanderplatz, der Pariser Platz und vor allem der Bereich um das ehemalige Berliner Stadtschloß. Bei Gebäuden ist die Liste etwas kürzer: Neben dem Brandenburger Tor und dem Schloßphantom finden sich allenfalls noch der Dom oder das Berliner Rathaus. All diese Orientierungsversuche beziehen sich auf Orte und Bauten, die bereits vor 1945 existierten. Straßen und Plätze, deren bauliche Form heute in keiner Weise mehr an die Zeit vor 1945 erinnert, werden zumindest namentlich wiederhergestellt, etwa die Wilhelmstraße und - angesichts des aktuellen Stadtraums ein abwegiger Schritt - der Schloßplatz. Auch bei der Erörterung der Denkmallandschaft bleiben die Denkmäler der DDR-Zeit zumeist unberücksichtigt, ihnen wird oft unreflektiert jede Denkmalwürdigkeit abgesprochen. Dabei würe zunächst zu prüfen, welche Ost-Berliner Beiträge aus der DDR-Zeit in ein künftiges Spektrum identitätsstiftender Orte, Gebäude und Namen zu integrieren sind. Unter den Gebäuden wäre zuallererst der Fernsehturm zu nennen, dessen Bau zwar auch ideologisch begründet war, dessen Nutzung und Gestalt aber einer Aneignung durch Gesamt-Berlin wenig im Wege steht. "Die alles überragende, aber durchaus nicht herrschaftssüchtige Dominante der Stadt", so Bruno Flierl schon 1990, "ist der Fernsehturm. Er ist für Ost-Berlin zum Stadtsymbol geworden wie der Eiffelturm in Paris. Er wird als ein solches Symbol auch in Berlin bestehen können, zumal er von überall her in der ganzen Stadt zu sehen ist." (S. 32) Dennoch hat das offizielle Berlin offenbar unsägliche Schwierigkeiten, den Fernsehturm positiv zu würdigen, während der Einzelhandel und andere privaten Akteure - insbesondere ein am Fuße des Turms arbeitender privater Fernsehsender längst die potentielle Bedeutung dieses Bauwerks erkannt haben. Bereichert wird die Reihe potentiell identitätsstiftender öffentlicher Räume zweifellos durch den großen Freiraum zwischen Palast der Republik und S-Bahnhof Alexanderplatz. Um seine Qualitäten zu entfalten, ist aber eine gestalterische Weiterentwicklung erforderlich. Auch im Umgang mit diesem Freiraum hat sich die Stadtpolitik bislang etwas schwergetan. In der Frage der Umbenennung von Straßen und Plätzen wären mehr Gelassenheit, Ruhe und Nachdenken, mehr Ost-West-Vermittlung wünschenswert. Warum sollten die Namen Clara-ZetkinStraße, Niederkirchnerstraße, Rosa-Luxemburg-Straße und Rosa-Luxemburg-Platz sowie KarlLiebknecht-Straße nicht erhalten bleiben? Und der Schloßplatz sollte zumindest auf den Stadtraum vor dem Staatsratsgebäude und dem Neuen Marstall begrenzt werden. Auch die noch vorhandenen Denkmäler der DDR-Zeit sollten nicht einem vorschnellen Bildersturm zum Opfer fallen. Das gilt insbesondere für das Marx-Engels-Denkmalsensemble, dessen konkreter Standort im Kontext der gestalterischen Weiterentwicklung des großen Freiraums überprüft werden könnte. Von ganz außerordentlicher Bedeutung ist aber ein anderes Denkmal des historischen Zentrums, einst ein Monument von größter städtebaulicher Bedeutung für Berlin: das Denkmal des "Großen Kurfürsten" von Andreas Schlüter, welches früher auf der Langen Brücke stand und bis 1945 an die Perspektive einer Ostorientierung des Schlosses, einer Aufwertung der Königstraße zur "via triumphalis" des preußischen Königtums, erinnerte. Diese Statue verkörperte die herrschaftliche Pracht der Residenzstadt auch östlich des Schlosses, in der östlichen Altstadt. Die in der Geschichte vielfach geschundene Altstadt von Berlin hat ein Recht auf die Rückführung dieses 1952 im Ehrenhof des Charlottenburger Schlosses aufgestellten Juwels, auf einen neuen Standort östlich der Spreeinsel. Eine besondere Schwierigkeit stellt die Restitution öffentlicher Räume dar, die in der DDR-Zeit ausgelöscht oder vernachlässigt wurden, zur Identitätsstiftung des Zentrums aber in der Vergangenheit wesentlich beigetragen haben und als solche im gesellschaftlichen Gedächtnis weiter präsent sind. Nach der städtebaulichen Entkernung in der DDR-Zeit sind die weiten Stadträume 167 manchen Ost-Berliner Bürgern vertraut geworden, während West-Berliner eher den Bildern der historischen Fotobände nachtrauern. Dennoch sollte ein öffentlicher Diskurs zur kritischen Rekonstruktion verschwundender Plätze eingeleitet werden. Dies ist im übrigen keineswegs nur ein Thema des Städtebaus im engeren Sinne, sondern auch der Stadtwirtschaft, der Stadtgesellschaft, der Stadtidentität. Wo eine kritische Rekonstruktion berühmter Plätze und Straßen der Vergangenheit nach Abwägung aller Gesichtspunkte möglich ist, sollte sie auch erfolgen. Das gilt etwa für den Werderschen Markt, den Schinkelplatz, den wirklichen (und nicht den heute so genannten) Schloßplatz, den Spittelmarkt, den Hausvogteiplatz, den Petriplatz, den Cöllnischen Fischmarkt, den Molkenmarkt. Gerade diese öffentlichen Räume prägten die nicht-zentralistische Struktur des Zentrums, sie waren Adressen von Rang, die heute nicht ohne Not ad acta gelegt werden sollten. 7.5. Schutz der Cityrandzonen Die Expansion der City hat immer wieder zu problematischen Verdrängungseffekten geführt, die allerdings auch gewollt oder zumindest in Kauf genommen wurden. Das betraf insbesondere die einfachen Bewohner und Gewerbetreibenden in der Altstadt und in den Vorstädten im Norden und Osten des Zentrums. Ziel der seinerzeit geplanten Verdrängung war die Beseitigung der kleinteiligen Grundriß-, Parzellen-, Haus-, Sozial- und Nutzungsstruktur zugunsten monofunktionaler, von Bewohnern befreiter Großbauten auf Großparzellen zwischen autogerechten, breiten Straßen. Diese Verdrängungsstrategie war keineswegs immer erfolgreich, wie die Verhältnisse etwa im Fischerkietz oder in der Spandauer Vorstadt bis 1945 zeigen. Heute gilt - angesichts der Erfahrungen mit "modernisierten" Zentren - der städtebauliche Grundsatz der möglichst kleinteiligen und ökologisch tragfähigen Funktionsmischung einschließlich des Wohnens auch in zentralen Lagen. Daher sind ganz andere Strategien als in der Vergangenheit erforderlich. So bedarf die Berliner City einer eindeutigen räumlichen Begrenzung, um die Cityrandgebiete, die von der Entwicklung der City besonders bedroht sind, etwas zu schützen. Solche Cityrandgebiete sind etwa die Spandauer Vorstadt/Königstadt, die westliche KarlMarx-Allee und die Luisenstadt. Für diese Gebiete ist eine rigorose Schutzpolitik notwendig: städtebaulicher Denkmalschutz, sozialer Milieuschutz und die Förderung der Initiativen vor Ort. Eine Begrenzung des Zentrums impliziert zugleich eine Absage an die Konzeption eines Citybandes zwischen dem historischen und dem Charlottenburger Zentrum. Cityinduzierte Verdrängungsprozesse müssen eingedämmt werden. Nicht-zentrale Stadtteile dürfen nicht der Cityexpansion geopfert werden. Das erfordert weiter eine Bestimmung subzentraler Entwicklungsgebiete, wie sie etwa unter dem Stichwort "Ringstadt" diskutiert werden, aber auch die stadtteilverträgliche Förderung vorhandener und neu zu schaffender Subzentren, insbesondere im Ostteil der Stadt. Unbedingt miteinbezogen werden müssen weitere subzentrale Standorte in der Region, am äußeren Autobahn- und Schienenring, vor allem an den Berührungspunkten dieser beiden Ringe. Daß zum Schutz von Cityrandzonen klassische planungsrechtliche Instrumente allein nicht ausreichen, zeigt vor allem die Geschichte der Spandauer Vorstadt. Dieser Stadtteil war in der Vergangenheit durch eine städtebauliche Barriere zwischen der Dorotheenstadt und der Spandauer Vorstadt relativ geschützt. Folgerichtig zielten die Strategen der zerstörerischen Erneuerung der ungeliebten Vorstadt auf das Aufbrechen dieser Barriere. Dazu kamen Versuche, an strategischen Randpunkten Brückenköpfe der Tertiärisierung zu errichten - so am Oranienburger Tor, am Hackeschen Markt und im Hinterland des Alexanderplatzes, am heutigen Rosa-Luxemburg-Platz. Angesichts der heute allgemein akzeptierten Zielsetzung, die Spandauer Vorstadt strukturell zu erhalten, müssen solche Brückenkopfprojekte als Vorboten der Umstrukturierung unbedingt vermieden werden. Die neuere Entwicklung im Bereich des ehemaligen Passage-Kaufhauses (Tacheles) und bei den Hackeschen Höfen kommt diesem Ziel entgegen. Das bedrohlichste Projekt, das Megaprojekt Alexanderplatz, scheint durch die Überproduktionskrise an Neubauflächen und die enormen unrentierlichen Kosten allein für die unterirdische Neuordnung zumindest kurzfristig 168 entschärft. Über die Zukunft des Kernbereichs der städtebaulichen Barriere zwischen der Spandauer Vorstadt und der City, die Linse im Spreebogen nördlich der Dorotheenstadt, ist noch nicht abschließend entschieden worden. Für die ehemalige Friedrich-Engels-Kaserne, früher Artilleriebzw. Kaiser-Alexander-Kaserne, wurden nach der "Wende" mehrfach Flächenansprüche angemeldet - seitens der Museumsinstitutionen, aber auch seitens der Humboldt-Universität. Auch als provisorischer Regierungsstandort kam das Gelände ins Gespräch. Die heikle städtebauliche Lage dieses Filetgrundstücks des Berliner Zentrums wurde bislang allerdings noch nicht hinreichend gewürdigt. 7.6. Mehr Nüchternheit, mehr Bescheidenheit, mehr Realismus Berlin war in der Vergangenheit hinsichtlich der Zentrumsplanung alles andere als bescheiden. Die Planer waren geradezu trunken in ihrer Annahme eines grenzenlosen Zentrumswachstums, für das immer neue Gebiete erschlossen werden müßten. Dies gilt nicht nur für die Zeiten des Kaiserreiches und des Nationalsozialismus, sondern auch für die wenig prosperierende Ära der Weimarer Republik. Die Wachstumsannahme hat sich in jedem Falle als Illusion erwiesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg mußte sich das doppelte Berlin für Jahrzehnte mit zwei sehr geschrumpften Zentrumsbereichen begnügen. Seit der Wende des Jahres 1989 verfiel die Stadtpolitik und Stadtplanung erneut in eine maßlose Wachstumseuphorie. Insbesondere nach der Entscheidung für die Bundeshauptstadt Berlin wurde ein exorbitanter "Nachholbedarf" an Büroflächen und Einzelhandelsflächen erwartet; Architekten zeichneten ihre Hochhauswälder für diesen fiktiven Bedarf, und private Investoren ließen sich von diesem Fieber anstecken, sie nahmen den erwarteten Boom für bare Realität und kauften in den Euphoriejahren 1991/92 zu entsprechenden Preisen. Besonders verhängnisvoll wirkte sich eine Fehlentscheidung aus: die Zulassung von Baudichten, die das historische und stadtverträgliche Maß bei weitem übersteigen. Dieser historische Fehler wird zu einer grundlegenden Schwächung der überkommenen polyzentralen Struktur Berlins führen: Den vorhandenen Subzentren wird Entwicklungspotential entzogen, die Charlottenburger City wird ohne Not geschwächt, dem geplanten Ringstadtprojekt, der bestechendsten Idee zur Zentrumsentwicklung der Nachwendezeit, wird die erforderliche Entwicklungschance genommen. Die bisherige Planung droht ein kopflastiges Zentrum zu zu fördern, wie es Berlin noch nie gekannt hat, ein Übermaß an Geschoßflächen, das der Stadt schadet,ob diese nun in erheblichem Umfang leerstehen oder alle in Betrieb gehen. Angesichts dieser Fehlspekulation nahezu aller Akteure muß eine Ernüchterungsplanung trotz der bestehenden Restriktionen eingeleitet werden. Einige der bisherigen Empfehlungen ermöglichen Schritte in Richtung einer maßvolleren Zentrumsplanung: so etwa die Begrenzung der baulichen Dichte, die Bewahrung des baulichen Erbes, auch aus der DDR-Zeit, der Schutz der Cityrandgebiete und die Orientierung auf ein autoarmes Zentrum. Auch stadtökologische Gesichtspunkte müssen stärker Berücksichtigung finden - etwa durch Förderung von Maßnahmen, die das Stadtklima verbessern und zur Energieeinsparung beitragen. Eines Ernüchterungsschubes bedürfen vor allem jene Planungen, die die Qualitäten des historischen Zentrums am stärksten in Frage stellen. Zu diesen größten potentiellen Fehlplanungen müssen infolge ihrer überzogenen Baudichte, ihrer Wirkungen auf die überkommene Stadt bzw. ihrer Autoorientierung folgende Projekte gerechnet werden: * das Megaprojekt Potsdamer Platz, das wie kein anderes Projekt die Ignoranz gegenüber dem Parzellensystem und die Überschätzung des Bedarfs an Zentrumsflächen zum Ausdruck bringt; * das Megaprojekt neuer Alexanderplatz mit seinen Hochhäusern, das dem Konzept, den "Platzes des Ostens" weiterzubauen, entgegensteht und das die nahegelegenen Quartiere der Spandauer Vorstadt und an der Karl-Marx-Allee bedroht; 169 * das Projekt eines potentiellen Superbahnhofs mit einem weiteren neuen, abgeschotteten Zentrumsbereich aus der Retorte, das die feine, wenngleich nicht einfach wiederholbare Balance des historischen Bahnhofssystems über alle Gebühr in Frage gestellt; * das Projekt eines äußerst umstrittenen Tunnelsystems zwischen den beiden Retortenprojekten Potsdamer Platz und Lehrter Bahnhof; * das Beharren auf wenig zentrumsgerechten Ost-West-Hauptstraßen in der Tradition der autogerechten Stadtplanung der Zwischenkriegs- und Nachkriegszeit. Das beispiellose Kahlschlag- und Geschichtsentsorgungsprojekt am ehemaligen Marx-EngelsPlatz hat dagegen bereits eine erste, wohltuende Ernüchterung erfahren - erinnert sei an den "Verzicht" auf den Abriß des Staatsratsgebäudes, an die Infragestellung des Abrisses des Palastes der Republik und an die konzeptionelle Verlagerung des Außenministeriums auf den Friedrichswerder. 7.7. Organisation und Verfahren der Zentrumsplanung Die politische Abstimmung, Organisation, der Instrumenteneinsatz und das Verfahren der Zentrumsplanung müssen nach den vorliegenden Erfahrungen noch einmal hinterfragt werden. Der Blick in die Geschichte zeigt allerdings, daß die Rolle der Stadt Berlin beim Zentrumsumbau immer sehr schwach gewesen ist - schwach gegenüber den privaten Akteuren in der Kaiserzeit, schwach gegenüber den diktatorischen Einmischungen des Staates in der nationalsozialistischen Zeit, aber auch in der DDR-Zeit. Die Bemühungen um eine starke städtische Zentrumsplanung sind kläglich gescheitert. Dagegen garantierten die Bauordnungen der liberalistischen Ära wenigstens die Disziplinierung privater Akteure, die allerdings im wesentlichen auf eine maximale Traufhöhe, Hofgröße und damit Baudichte begrenzt war. Dieses Mindestregelwerk gestattete immerhin die Sicherung eines relativ gleichgewichtigen Zentrums im Rahmen einer polyzentral sich erweiternden Stadt. Heute muß das Regelwerk dieses Typs bewahrt und um weitere Aspekte ergänzt werden. Ein zentrales Durchführungsproblem war und ist die Fragmentierung der öffentlichen Administration. Waren schon Abstimmungen innerhalb einer Verwaltung mühsam, so steigerten sich die Schwierigkeiten, wenn mehrere Verwaltungen sich einigen mußten. Zugespitzt wurden die Situation durch parteipolitische und - quer zu den Parteien fachpolitische Konflikte. Letztere entfalteten sich weniger zwischen der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen und der für Stadtentwicklung und Umweltschutz als zwischen diesen beiden Verwaltungen und der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe. Die verschiedenen, von unterschiedlichen Verwaltungen betreuten Projekte entwickelten so in der Regel ein Eigenleben, das für eine Steuerung des Zentrumsumbaus wenig hilfreich ist. Das galt auch und in besonderer Weise für das Ringen um eine Verkehrslösung für das Berliner Zentrum. Wenig beachtet wurden die Folgewirkungen der einzelnen Projekte, die Wirkungen auf das jeweilige Umfeld, die Wirkungen auf die vorhandene wie die geplante polyzentrische Struktur der Stadt. Schließlich bleibt auf die prekäre Lage der Berliner Denkmalpflege hinzuweisen, die in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz bislang nicht gerade eine fürsorgliche Heimstatt gefunden hat. Die politische und fachliche Konkurrenz der Verwaltungen untereinander hat daher den Nachteil, daß konkurrenzbedingte Profilierungsstrategien das Konfliktpotential aufbauschen und die öffentliche Hand im Verhältnis zu den privaten Akteuren schwächen. Sie hat aber den Vorteil, daß Konflikte nach außen hin eher bekannt und damit durch die städtische Öffentlichkeit auch besser beeinflußt werden können. Das Problem eines fehlenden Zielkonsenses der Berliner Senatsverwaltungen läßt sich in einer großen Koalition aufgrund der unterschiedlichen Grundsatzpositionen nicht angemessen lösen. So war es und wird es kaum möglich sein, in einer solchen politischen Konstellation das Konzept der "kritischen Rekonstruktion der Stadt" in einer flexiblen Form für den gesamten Senat verbindlich zu machen. Ungeachtet aller politischen Differenzen muß die Organisation der Verwaltung aber auch fachlich modifiziert werden. Angesichts des politischen Zwangs zur Verkleinerung des Senats sollte auf ein eigenständiges Verkehrsplanungsressort verzichtet werden. Auch und vor allem die städtische Verkehrsplanung muß in eine Gesamtplanung des öffentlichen Raums eingebunden werden. Daher sollte sie mit der Stadtentwicklungs- und Umweltplanung zusammengelegt werden. Zugleich muß ernsthaft überlegt werden, ob die Unabhängkeit und Schlagkraft der Denkmalpflege nicht - zusätzlich zu einer Reform des Berliner Denkmalschutzgesetzes - durch eine Verortung beim Kultursenator gestärkt werden kann. Ob ein Superressort Bauen und Wohnungswesen, Stadtentwicklung und Umweltschutz sowie Verkehrsplanung wirklich wünschenswert wäre, muß erst noch im Detail geprüft werden. Auf alle Fälle müßte ein solches Superressort mit wirksamen, aufwendigen Beiratsstrukturen ausgestattet werden, die weiterhin eine Transparenz der Konfliktlagen ermöglichen und auch oppositionellen Standpunkten Raum geben. Die bisherige Form der Zentrumsplanung - städtebauliche Ideenwettbewerbe, Gutachten, feinkörnige Hauptstadtplanung - hat wesentlich zu einer Verständigung über Einzelfragen der weiteren Entwicklung des Zentrums beigetragen, zugleich aber zwei grundlegende Probleme offengelegt: Die für jedes Zentrum konstitutive Vernetzung der einzelnen Projektstandorte wurde aufgrund der fragmentierten Vorgehensweise vernachlässigt, die Zentrumsstruktur der Region Berlin geriet aus dem Blickfeld, und die Verfeinerung einer Ressortplanung - der Hauptstadtplanung - barg die Gefahr in sich, andere Belange - etwa der Universität, des Wohnens, der Kultur - strukturell zu benachteiligen. Inzwischen scheint diese Gefahr aber gebannt. Erstrebenswert wäre in jedem Falle ein ressortübergreifender Rahmenplan, ein Zentrenentwicklungsplan, der Haupt- und Subzentren in Abstimmung auch mit dem Land Brandenburg thematisiert, der den - gesamtstädtisch betrachtet - unverträglichen Druck auf das historische Zentrum planerisch abzubauen versucht und der mit einem Kfzminimierenden Gesamtverkehrskonzept verknüpft wird. In diesen Zentrenentwicklungsplan wäre die Hauptstadtplanung einzubinden. Ein solcher Plan müßte von einer koordinierenden, politisch gestärkten Stabsstelle erstellt werden, die sich zwar mit den konkurrierenden Positionen der beteiligten Sektoralverwaltungen auseinandersetzt, dieser Konkurrenz aber selbst entrückt ist. Die Stabsstelle müßte ihrerseits mit einem Entwicklungsträger zusammenarbeiten, dessen Aufgabenfeld zu erweitern wäre. Neben der Rahmenplanung wäre eine verbindliche Bauleitplanung für die zentralen Entwicklungsflächen wünschenswert, die zumindest die bauliche Dichte, die Nutzungsmischung und die Stellplatzflächen festzulegen hätte. Für die Cityrandgebiete schließlich sollten Erhaltungverordnungen angewendet werden. Insgesamt wäre ein Planungsverfahren zu verfeinern, das ausreichend flexibel und transparent ist und das die OstBerliner Interessen gebührend berücksichtigt. 171 7.8. Ein Zentrum mit Profil! Die Wiederbelebung des Berliner Zentrums ist weit mehr als eine städtebauliche Aufgabe im engeren Sinne. Welche Funktionen hat das Zentrum zu erfüllen, und wie sollen diese Funktionen räumlich verteilt werden? Diese Kernfragen haben Stadtplanung und Stadtpolitik in historischen Wendezeiten des großstädtischen Berlin immer wieder beschäftigt - so 1871, als Berlin Hauptstadt des Deutschen Reiches wurde, so vor dem Ersten Weltkrieg, als die Erfahrungen mit der liberalistischen Citybildung vorlagen, so in der Weimarer Republik und in der nationalsozialistischen Zeit, so vor allem in der unmittelbaren Nachkriegszeit, und schließlich nahezu während der gesamten DDR-Zeit. Nur heute werden diese Fragen kaum gestellt oder unzulässig - auf die Funktion Regierungssitz - verkürzt. Bis 1945 war das Berliner Zentrum durch ein charakteristisches Nutzungsprofil geprägt. In den einzelnen Zonen dominierte oft eine bestimmte Nutzung, ohne daß diese Zonen in der Regel monofunktional verödeten. Das Einkaufsviertel, das Vergnügungsviertel, das Bankenviertel, das Regierungsviertel, das Hotelviertel, das Zeitungsviertel, das Konfektionsviertel waren mehr oder weniger präzise im Zentrum verortet. In der DDR-Zeit wurde dieses Nutzungsprofil weitgehend zerstört, ohne daß ein gleichwertiger Ersatz entwickelt wurde. Das Zentrum verkümmerte funktional. Ähnliches gilt - vor dem Hintergrund gänzlich anderer gesellschaftlicher Verhältnisse - für das West-Berliner Zentrum. Heute muß sich Berlin bewußt werden, daß die das Zentrum vor 1945 prägenden Funktionen in einem erheblichen Umfang in andere Städte der alten Bundesländer verlagert wurden, und daß deren Rückkehr nur in bescheidenem Umfang stattfinden wird. Die lauthals verkündete Parole "Dienstleistungsmetropole Berlin" war eher ein Wunschtraum, hatte allerdings eine kolossale Wirkung auf Immobilienentwickler. Diese nahmen die Parole für bare Münze und bereiteten den Bau neuer Dienstleistungsräume in erheblichem Umfang vor. Ihre Projekte zeichneten sich angesichts der realen Profillosigkeit des Berliner Zentrums durch eine einzigartige funktionale Monotonie aus: Sie offerierten in erster Linie "luxuriöse" Büroflächen, dann Einzelhandelsflächen, angereichert mit etwas Kultur, Gastronomie und Wohnungen. Mit einem solchen Angebot wird zwar dem Konzept rein monofunktionaler Zonen entgegengetreten, durch die immer gleichen Flächen für unbekannte Nachfrager wird aber eine neue Gleichartigkeit erzeugt. Notwendig wäre dagegen die Förderung eines Nutzungsprofils für das Berliner Zentrum, das von einer neuen Sensibilität und Bescheidenheit getragen wird. Universitätsviertel, Museumsinsel, Regierungsstandorte, Wohngebiete, Einkaufsstraßen, "Kulturmeile" Oranienburger Straße, Zeitungsviertel - die Ansätze einer solchen Profilierung sind ja vorhanden, bei den neuen Retortenprojekten am Potsdamer Platz, Alexanderplatz und am Lehrter Bahnhof wird sie sich allerdings als ungeheuer schwierig erweisen. Schließlich ist mit Werner Sewing grundsätzlich zu fragen, ob nicht das Festhalten an dem Konzept einer "Geschäftsstadt" mit überwiegender, gleichgeschalteter Büronutzung überholt ist, ja der Idee einer europäischen Stadt mit ihrer Mischung von Funktionen und vielfältigen Lebensformen letztlich widerspricht. Sicher, die Überproduktion von Büroraum ist rezessionsbedingt, aber es ist auch mittelfristig unwahrscheinlich, daß massenhaft "Headquarters" nach Berlin strömen werden. Dazu ist fraglich, ob sich die immer wieder bestätigte Spekulation, daß sich nach einer längeren Durststrecke die erforderliche Nachfrage wieder einstellen werde, auch uneingeschränkt für den Büromarkt der Zukunft gilt. Vor diesem Hintergrund muß es als Versäumnis gewertet werden, daß bislang keine größeren Experimente mit "variablen Bauten" gewagt wurden, "die unterschiedliche Wohn- oder Bürogrundrisse zulassen" (Sewing 1995), Bauten mit einer Flexibilität, wie sie bislang lediglich die "Mietskaserne" aufwies. 172 Die funktionale Bedeutung eines Zentrums gründet sich allerdings nicht nur auf ein räumlich differenziertes Funktionsprofil. Erforderlich ist weiter der Aufbau eines überregionalen Aufgabenspektrums. In bezug auf Berlin war das nach 1871 vor allem die Hauptstadtfunktion in all ihrer Komplexität. Nach 1918 begann die unbescheidene Suche nach Megafunktionen, die für Berlin eine Nummer zu groß waren - so der Traum der zwanziger Jahre von der Weltstadt Berlin, dann der nationalsozialistische, mörderische Anspruch auf die Welthauptstadt Germania. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Berlin - diesmal unfreiwillig die Hauptstadt des kalten Krieges. Nach 1989 schien der wiedervereinigten Stadt eine Rolle auf den Leib geschrieben: die der Vermittlerin zwischen West- und Osteuropa. In dieser äußerst schwierigen, aber eminent bedeutsamen Rolle hat Berlin bisher eher versagt - man denke nur an die Auseinandersetzungen über den "Polenmarkt", an die mageren Ergebnisse des kulturellen Austauschs mit osteuropäischen Städten, an das vorherrschende Schweigen der städtischen Öffentlichkeit zum Krieg in Tschetschenien. Das offizielle Berlin blickt weiterhin hauptsächlich nach Westen, tendiert dazu, seine Augen in Richtung Osten zu verschließen. Sicher, die Euphorie der späten achtziger Jahre hat sich verflüchtigt, die Märkte des Ostens sind schwierig, und die Demokratien des Ostens nicht immer überzeugend. Doch die Rolle einer Mittlerin zwischen Ost und West ist ja keine Aufgabe nur für Schönwetterperioden. Und wurde die Entscheidung für Berlin als Hauptstadt nicht auch und gerade mit dieser wichtigen Rolle legitimiert? 173 LITERATUR ABB Asea Brown Boveri AG/Unternehmungsgruppe Roland Ernst: Realisierungswettbewerb Potsdamer Platz - Köthener Straße - Berlin. Auslobung. Berlin, Februar 1993 Abgeordnetenhaus von Berlin: Mitteilung - zur Kenntnisnahme - über Städtebauliche Entwicklung des Bereichs Fernsehturm "Marx-Engels-Forum" in Mitte. Drucksache 12/3163. Berlin, den 19. August 1993 Adam, Peter: Kunst im Dritten Reich. Hamburg 1992 Aedes Galerie und Architekturforum (Hg.): Kontorhaus Mitte. Friedrichstraße Block 109. Berlin. Berlin 1993 AEG-Mitteilungen. 1929 Aengevelt Immobilien KG (Hg.): City Report Region Berlin Nr. IV 1994/95. Berlin u. a. 1994 Akademie der Künste (Hg.): Die Akademie der Künste. Achtzehn Entwürfe. Internes Gutachterverfahren für das Gebäude am Pariser Platz in Berlin. Berlin 1995 Alex-Magazin. Beilage zur Berliner Zeitung. 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In: Magazin, Mitteilungen des Deutschen Historischen Museums 2/1991 Wirth, Irmgard: Bezirk Tiergarten. (Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin.) Berlin 1955 Wirth, Irmgard: Berlin 1650-1914. Von der Zeit des Großen Kurfürsten bis zum Ersten Weltkrieg. Stadtdarstellungen aus den Sammlungen des Berlin Museums. Hamburg 1979 Wohn- und Geschäftshaus Berlin-Friedrichstraße. In: Bauwelt 13/1991 WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH (Hg.): Berlin Mitte 1990-1993. Geschäftsbericht der WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH. Berlin 1994 VEB Wohnungsbaukombinat Berlin: Investitionskomplex Otto-Grotewohl-Straße. Dokumentation zur Aufgabenstellung. Berlin 1986 Wolters, Rudolf: Stadtmitte Berlin. Stadtbauliche Entwicklungsphasen von den Anfängen bis zur Gegenwart. Tübingen 1978 205 Wrobel, Ignaz [d. i. Kurt Tucholsky]: Berliner Verkehr. In: Die Weltbühne 45/1926 Zadow, Mario: Karl Friedrich Schinkel. Berlin 1980 Zechlin, Hans Josef: Das "schönere" Berlin. In: Neue Bauwelt 16/1946 Zelle, Ulli: Unter den Linden. Gesichter und Geschichten eines Boulevards. Berlin 1991 Zettler, Hela/Mauter, Horst: Berlin in frühen Photographien 1844-1900. Berlin 1994 Zimm, Alfred: Die Entwicklung des Industriestandortes Berlin. Berlin 1959 Zimm, Alfred (Hg.): Berlin (Ost) und sein Umland. Ergänzungsheft Nr. 286 zu Petermanns geographischen Mitteilungen. 3. Auflage. Gotha 1990 Zimmer, Dieter/Paeschke, Carl-Ludwig: Das Tor. Deutschlands berühmtestes Bauwerk in zwei Jahrhunderten. Stuttgart 1991 Zimmermann, Florian (Hg.): Der Schrei nach dem Turmhaus. Der Ideenwettbewerb Hochhaus am Bahnhof Friedrichstraße. Berlin 1921/22. Berlin 1988 Zohlen, Gerwin: Was wird aus dem Pariser Platz? In: Die Zeit 9/1994 Zucker, Paul: Gestaltung der Plätze am Opernhaus und des Kopfes der Linden. In: Städtebau 5-8/1925 Zum "Linden"-Wettbewerb. In: Städtebau 5-8/1925 Zwischen Brandenburger Tor und Alexanderplatz. Denkmale in Berlin-Mitte. (Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, Heft 2.) Berlin 1994 Zwoch, Felix (Gesamtredaktion und Konzeption): Hauptstadt Berlin. Stadtmitte Spreeinsel Internationaler Städtebaulicher Ideenwettbewerb 1994. Berlin u. a. 1994 ZEITUNGEN UND ZEITSCHRIFTEN ARCH+; Baumeister; Bauwelt; Berliner Morgenpost; Berliner Zeitung; Berlinische Monatschrift; Deutsche Bauzeitung; domus; Foyer, Magazin der Senatsverwaltung für Bauund Wohnungswesen; Freiraum, Zeitung aus den Hackeschen Höfen; Lotus; Neue Bauwelt; Das neue Berlin; die neue stadt; scheinschlag, zeitung aus mitte; Skyline, Das Magazin für Architektur, Immobilien und Städtebau; Der Spiegel; Stadtbauwelt; Stadtforum-Journal; Städtebau; Der Tagesspiegel; die tageszeitung; wettbewerbe aktuell; Die Zeit; Zentralblatt der Bauverwaltung. 206