4 Wasserstraße - Wasser- und Schifffahrtsschule
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4 Wasserstraße - Wasser- und Schifffahrtsschule
Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/1 Wasserstraßen Ziel der Lerneinheit Die Lerneinheit beantwortet folgende Fragen: Was sind Wasserstraßen? Welche Bedeutung haben sie für uns? Was ist das Besondere an unseren Wasserstraßen? Wie soll ich mich beim Wassersport verhalten, um keine Tiere oder Pflanzen zu schädigen? Folgende Lerninhalte sollen vermittelt werden: Wasserstraßen sind wichtige Transportwege, vor allem für den Gütertransport. Viele technische Bauwerke und Einrichtungen sind notwendig, um eine Wasserstraße schiffbar und sicher zu machen. Wasserstraßen verbinden viele wichtige Städte sowie Industrie- und Handelszentren in Europa. Flüsse und Kanäle sind die einzigen Verkehrswege in denen Tiere und Pflanzen leben. Je nach Lage der Schule sollen die Kinder „ihre Wasserstraße(n)“ näher kennenlernen. Sport und Erholung am Wasser sind eine tolle Sache, solange man sich rücksichtsvoll gegenüber der Natur verhält und sich der Gefahren bewusst ist. Unterrichtseinheiten Wasserstraßen – Natur und Technik Wasserstraßen verbinden Europa Der Rhein Die Elbe Die Berliner und Märkischen Wasserstraßen Die Havel-Oder-Wasserstraße Durchgängigkeit für Fische Sparschleusen Spaß am Wasser Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/2 Anregungen für den Unterricht Was geht uns die Wasserstraße an? Im Alltag werden Flüsse oft als Erholungsmöglichkeit oder auch als Hochwassergefahr wahrgenommen; dass sie auch wichtige Transportwege sind, ist weniger bekannt. Dies kann zum Beispiel durch eine Umfrage zum Thema Wasserstraße oder durch die Suche nach Zeitungsartikeln zum Thema deutlich gemacht werden. Unterrichtsgang an der Wasserstraße Welche Nutzungen kann man erkennen? (s. auch Kap. 3/16). Welche Bauwerke sind für die Schifffahrt notwendig? Könnt ihr Verkehrzeichen für Schiffe entdecken? (Dazu gehören auch Tonnen!) Straßen am Fluss Falls ihr in einer Stadt am Fluss lebt: Der Fluss war früher für die Einwohner Eurer Stadt vermutlich noch wichtiger als heute. Achtet doch einmal darauf, wie viele Namen von Straßen und Plätzen Hinweise auf den Fluss enthalten („Fischergasse“ usw.). Unterrichtsgang zu einem Hafen Welche Schiffe liegen im Hafen? Woher kommen die Schiffe? Was haben sie geladen und wie wird die Ladung gelöscht (ausgeladen)? Wofür werden die Schiffe genutzt? Gibt es Zeichen, die den Verkehr regeln wie auf Straßen? Internet Unterrichtsgang Besuch einer Schleuse. Hier kann man beobachten, wie ein Schiff geschleust wird. Achtet dabei besonders auf die Höhe des Wasserspiegels! (Informationen über die nächstliegende Schleuse erhalten sie bei den zuständigen Wasser- und Schifffahrtsämtern). Beobachtet wieviel Wasser bei der Einfahrt eines Schiffes aus der Schleusenkammer strömt und bei der Ausfahrt eines Schiffes wieder in die Schleusenkammer zurück strömt. Unterrichtsgang Besuch eines Hafens Plakat gestalten Wasserstraße – Natur und Technik Orte an Flüssen und Wasserstraßen Flüsse waren immer schon wichtige Transportwege, aber auch natürliche Barrieren, die man nur an bestimmten Orten mittels Brücken oder Furten überschreiten konnte. Daher haben viele Städte- und Ortsnamen „ihren“ Fluss oder einen Hinweis darauf („-furt“, „-brücken“) im Namen. Welche Ortsnamen fallen euch ein? www.wsv.de Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes www.bafg.de Seite der Bundesanstalt für Gewässerkunde mit zahlreichen Informationen zu Wasserstraßen www.binnenhafen.de Bundesverband öffentlicher Binnenhäfen e.V. (mit Anschriften aller öffentlichen Binnenhäfen) www.binnenschiff.de Der Bundesverband der deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) www.binnenschifffahrtswelt.de Infos für Landratten und Schiffer www.elwis.de Seite mit allgemeinen Daten und Fakten zu Schifffahrt und Wasserstraßen, einschließlich Hinweise für Wassersportler www.irn.org International River Network, Informationen zu NGOs, Kampagnen, Informationen über Flüsse Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/3 www.sluizen.com Schleusenspiel für den Computer www.schiffahrtsverein.de Deutscher Wasserstraßen- und Schifffahrtsverein www.planet-wissen.de Informationen und eine Multimediapräsentation zum Thema Wasserstraßen und Binnenschifffahrt (Internetseite der Fernsehsendung von WDR, SWR und BRalpha) www.hausbooteboeckl.com/ hausboote_wissen/hausboote_boot_raus.htm kann man üben, durch eine Schleuse zu fahren (es passiert erst dann etwas, wenn man den richtigen Vorgang wählt!) www.stmuv.bayern.de/ umwelt/naturschutz/freizeit/index.htm Beim Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit gibt es zahlreiche Tipps für Spaß und Freizeit in der Natur – und wie man sich dabei umweltgerecht verhält. Literaturtipps Deger, Hermann/Götz, Axel/Reinold, Petra: Ikarus – Natur und Technik 5 Oldenbourg Schulbuchverlag GmbH 2003 München Das große Malbuch der Schiffe. Historische und moderne Schiffe Buchverlag Junge Welt, 2001 Eckoldt, Martin: Flüsse und Kanäle – Die Geschichte der deutschen Wasserstraßen – Schifffahrtswege, Wasserbau, Verkehr Dsv-Verlag, 1998 Wassersport auf Bundeswasserstraßen zwischen Elbe und Oder Herausgeber: Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost, 2012 Lavery, Brian: Schiffe – 5.000 Jahre Seefahrt In diesem umfassenden Nachschlagewerk erwacht die faszinierende und abenteuerliche Geschichte der Seefahrt zum Leben. Es berücksichtigt alle Aspekte wie Handel, Kriegsführung, Sport, Fischfang und Forschung und dokumentiert Technologie, Kartografie, geschichtliche Hintergründe, und Schlachten. Molkenthin, Ralf: Straßen aus Wasser Lit Verlag, 2006 Petzold, Eberhard: Schifffahrt Weltweit. Meere Schiffe Hafenstädte Koehlers Verlagsgesellschaft, 2004 WAS IST WAS – Schiffe; Band 025 (auch DVD) ISBN-10: 3788602651 WAS IST WAS-TV begibt sich an Bord eines der größten Containerschiffe der Welt, der Vespucci. Die Schiffsreise von Kapitän Werner und seiner Crew steht im Mittelpunkt der Episode. Folgende Fragen werden in der Episode u.a. beantwortet: – Welche Schiffstypen gibt es? – Wie wurden die ersten Boote gebaut? – Wie entwickelte sich die Schifffahrt? – Wie werden Schiffe heutzutage beladen? – Was ist ein Containerschiff? – Wie wird ein Schiff angetrieben? – Wie funktionieren ein Segel oder eine Schiffsschraube? – Wieso schwimmt ein Schiff? Zeitler, Walther: Durch Bayern nach Europa. Die Rhein-Main-Donau-Wasserstraße; Dieses Buch schildert in Kürze die Versuche und den Bau dieses grandiosen Projekts. Der Autor berichtet über die erste Fahrt eines Schiffes 1846 auf der durchgehenden Wasserstraße von Amsterdam bis Wien und über die Rolle des genialen Ingenieurs Paul von Denis, des Erbauers der ersten deutschen Eisenbahn, beim Ludwig-Kanal. Die Probleme und die Schwierigkeiten beim Bau des Main-Donau- Kanals in neuerer Zeit werden aufgezeigt, die Argumente der Kanalgegner nicht verschwiegen. Der Autor hat dabei die gesamte bayerische Wasserstraße von Aschaffenburg bis Jochenstein an der österreichischen Grenze berücksichtigt. Dieses Buch beschreibt in prägnanter Kürze die fundierte 1.200jährige Geschichte der RheinMain-Donau-Wasserstraße. Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/4 Danube Box: Ein Medienset für den Unterricht in der 4. bis 6. Schulstufe für LehrerInnen in allen Donauländern. Die Danube Box besteht aus einem Ordner mit Hintergrundinformationen und Lehrmitteln, einer CD-ROM, einem Donau-Poster und einem Donau-Quartett. Sie kann kostenlos (die Zustellungsgebühren bezahlt allerdings der Empfänger) bestellt werden bei: IKSD Sekretariat Vienna International Centre, Raum D0412 PO Box 500, A-1400 Wien oder bei Charlotte Kjellander, IKSD Tel: 00431 260 60 5737 Fax: 00431 260 60 5895 E-mail: [email protected] Der Fluss. Eine Entdeckungsreise durch die Natur. von René Mettler. ArsEdition 2002 Exkursionen Besuch einer Schleuse oder eines Schiffshebewerks Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt - Außenstelle Ost Gerhart-Hauptmann-Straße 16 39108 Magdeburg Telefon: (0391) 2887-0 Telefax: (0391) 2887-3030 E-Mail: [email protected] www.ast-ost.gdws.wsv.de Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt - Außenstelle Süd Wörthstraße 19 97082 Würzburg Telefon: (0931) 4105-0 Telefax: (0931) 4105-380 E-Mail: [email protected] www.ast-sued.gdws.wsv.de Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt - Außenstelle Südwest Brucknerstraße 2 55127 Mainz Telefon: (06131) 979-0 Telefax: (06131) 979-155 E-Mail: [email protected] www.ast-suedwest.gdws.wsv.de Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt - Außenstelle West Cheruskerring 11 48147 Münster Telefon: (0251) 2708-0 Telefax: (0251) 2708-115 E-Mail: [email protected] www.ast-west.gdws.wsv.de Schiffshebewerk Niederfinow Schüler können Deutschlands höchstes Schiffshebewerk Niederfinow mit Informationszentrum besuchen und den Baufortschritt am Neuen Schiffshebewerk Niederfinow beobachten. Schiffshebewerk Niederfinow Hebewerkstraße 70 16248 Niederfinow Telefon: (033362) 619122 www.wsa-eberswalde.de Besichtigungszeiten: Sommerzeit: täglich von 9.00 bis 18.00 Uhr Winterzeit: täglich von 9.00 bis 16.00 Uhr Das Schiffshebewerk ist täglich 24 Stunden in Betrieb; Trogfahrten werden nach dem Bedarf der Schifffahrt durchgeführt. Eine besondere Anmeldung ist nicht erforderlich. Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/5 Besuch eines Hafens www.binnenhafen.info Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie mit Übersicht und Ansprechpartner aller Binnenhäfen in Bayern www.binnenhafen.de Internetseite des Bundesverbandes öffentlicher Binnenhäfen e.V. mit Anschriften aller öffentlicher Binnenhäfen Museen Deutsches Technikmuseum Berlin Trebbiner Straße 9 10963 Berlin Telefon (030) 90 25 40 www.sdtb.de E-Mail: [email protected] Informationszentrum zur Geschichte des Oder-Spree-Kanals Wasserbauliche Ingenieurkunst – sichtbar und erlebbar Informationen zu Bundeswasserstraßen und ihrer Funktion als Transportweg, Lebensraum, sowie ihre Bedeutung für Wasserhaushalt, Industrie und Freizeitgestaltung. Geschichtlicher Hintergrund zum Bau von Schleusen, Wehren und Pumpwerken eines Wasserweges, von dem Teilstücke zu den ältesten in Brandenburg gebauten Kanälen zählen. Schleuse Kersdorf 15518 Briesen Besichtigungen können unter Telefon (03361) 77 32-0 vereinbart werden. Deutsches Museum Museuminsel 1 80538 München www.deutsches-museum.de [email protected] Wasserstraßen Was sind Wasserstraßen? Wasser- und Schifffahrtsschule 4/6 Wasserstraßen – Straßen aus Wasser. Das klingt zunächst wie ein Widerspruch. Wir nutzen Wasser heute im Allgemeinen nur zum Vergnügen als Verkehrsweg, auf Booten oder auf einem Ausflugsschiff. Wasserstraßen waren jedoch die ersten Straßen überhaupt. Menschen reisten schon mit Flößen und Booten, bevor die ersten Fahrzeuge mit Rädern erfunden waren. Bereits die steinzeitlichen Rentierjäger gingen während der letzten Eiszeit in Einbäumen oder in Booten aus Rentiergeweihen, Holz und Fellen auf die Jagd. Flüsse waren lange Zeit die schnellsten und bequemsten Reise- und Handelswege. Auch heute noch sind Wasserstraßen sehr wichtige Verkehrswege für den Güterverkehr – wenn auch fast unbemerkt. Schiffe transportieren Baustoffe, Erdöl, Dünger und Getreide, aber auch Textilien, Konserven und Fahrzeuge. Jedes Jahr werden mehrere Hundert Millionen Tonnen Güter über die Wasserstraßen der Bundesrepublik transportiert, leise und deutlich energiesparender als mit Bahn oder LKW. Und sehr sicher – Binnenschiffe werden aufgrund der geringen Unfallwahrscheinlichkeit bevorzugt für Gefahrentransporte wie Mineralölprodukte und explosive Chemikalien verwendet. Als Wasserstraßen bezeichnet man also Schifffahrtswege: die großen, schiffbaren Flüsse, Kanäle, aber auch viel befahrene Routen auf den Meeren. Schifffahrtskanäle sind überwiegend künstliche von Menschen hergestellte Wasserstraßen, die zum Beispiel wie der Mittellandkanal zwei Flusssysteme verbinden können. Die ersten Kanäle für die Schifffahrt wurden schon vor sehr langer Zeit gegraben – der erste „SuezKanal“, also die erste Verbindung des Roten Meeres mit dem Mittelmeer, wurde schon etwa 500 v. Chr. vollendet. Meister im Wasserbau waren bis zur Neuzeit die Chinesen. Der um 600 v. Chr. zum ersten Mal fertiggestellte Kaiserkanal zwischen Peking und Hanzhou ist über 1.700 Kilometer lang. Mit Hilfe von Kanälen können Schiffe sogar Höhenzüge und Wasserscheiden überwinden. Die durch Staustufen getrennten Kanalabschnitte führen dann treppenartig „über den Berg“, in Schleusen und Schiffshebewerken können die Schiffe die Höhenzüge überwinden. Die Rhein-Main-Donau-Wasserstraße verbindet über eine Strecke von ca. 3.500 Kilometern die Nordsee mit dem Schwarzen Meer. Städte wie Nürnberg, Würzburg, Frankfurt und Regensburg erhalten dadurch quasi einen „Meeresanschluß“. Der Rhein ist nicht nur Bestandteil dieser Verbindung, sondern die verkehrsreichste Wasserstraße Europas. Im Jahr 2012 sind rund 198 Millionen Tonnen Güter transportiert worden, das entspricht ungefähr 70 Prozent aller auf den Bundeswasserstraßen transportierten Güter. Rund 30.600 Schiffe passierten im Jahr 2011 die Schleuse Iffezheim am Oberrhein. An keiner anderen der bundesdeutschen Wasserstraßen findet die Binnenschifffahrt ganzjährig so gute Voraussetzungen vor. Auch im Meer gibt es Wasserstraßen. Das sind schmale Routen mit Regeln wie beim Autoverkehr, die von zahlreichen Schiffen befahren werden. Für den internationalen Warenaustausch sind sie sehr wichtig – gut 85 Prozent des internationalen Handels erfolgen über See und die Hauptschifffahrtsstraßen der Welt führen durch Meerengen, zum Beispiel 62 Prozent der Weltschifffahrt durch die Straße von Calais, die engste Stelle des Ärmelkanals. Wasserstraßen Der Fluss als Wasserstraße Wasser- und Schifffahrtsschule 4/7 Große Ströme wie der Unterlauf von Rhein, Donau oder Elbe waren schon immer gut mit Schiffen befahrbar. Weiter stromaufwärts dagegen wurde die Schifffahrt oft schwierig und gefährlich – warum? Wie sieht ein natürlicher Fluss aus? Natürliche Fließgewässer sind von ständigem Wandel geprägt. Im Laufe eines Jahres gibt es manchmal viel und manchmal wenig Wasser. Sie schlängeln sich in Mäandern durch Ebenen und verlagern immer wieder ihren Lauf. Sie haben flachere und tiefere Abschnitte, bilden Sandbänke und Strudel und stürzen manchmal in reißenden Stromschnellen bergab. An ihren Ufern ziehen sich breite Auwaldgürtel und oft auch sumpfige Gebiete hin. Für die Schifffahrt waren solche Flüsse mühsam und gefährlich. Bereits die Römer nutzten viele unserer Flüsse als Wasserstraßen. Funde und Urkunden aus dem Mittelalter zeigen die hohe Bedeutung der Schifffahrt. Zahlreiche Siedlungen verdanken ihre Entwicklung entweder der Rolle als Umschlagplätze oder als Zollstationen. Die Schiffe des Mittelalters dienten dem Perso nen- und Gütertransport, aber auch der Post beförderung und konnten 10 bis 20 Tonnen laden. Die Schifffahrt hatte vor allem bei dem Trans port von großer und schwerer Ladung deutliche Vorteile gegenüber dem Transport mit Fuhrwerken auf unbefestigten Straßen. Flussaufwärts mussten die Schiffe gestakt oder getreidelt werden. Bereits im 12. Jahrhundert gab es eine regelmäßige Verbindung zwischen einzelnen Städten. Im 19. Jahrhundert konnten nur kleine Dampfschiffe den Main oder die Elbe befahren, während auf dem Rhein Schiffe mit 800 Tonnen verkehrten. Die Schifffahrt auf vielen Flüssen wurde durch Versandungen und die jahreszeitlich oft geringe Wasserführung beeinträchtigt. Auch die Siedlungen an den Flüssen wurden immer wieder von sich verlagernden Flussläufen und Hochwasser bedroht. Die Flüsse wurden aber zu der damaligen Zeit auch für eine andere wichtige Funktion genutzt. Die Kraft des Wassers trieb die zahlreichen Mühlen an Flüssen an, damit zum Beispiel das Korn zu Mehl gemahlen werden konnte und dadurch die Versorgung der Bevölkerung gesichert wurde. Die ersten Wasserbaumaßnahmen dienten der Stabilisierung des Flusslaufs und dem Hochwasserschutz („Landeskultur“), sowie den Mühlenstauen und (an den Wildbächen der Gebirge) dem Schwemmen (Triften) von Baum stämmen. Das gilt für (fast) alle Flüsse und Bäche in Mitteleuropa, auch für die nicht schiffbaren. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele Flüsse ausgebaut und der Wasserstand angehoben, so dass dadurch mehr Wasserkraft zur Verfügung stand und große Güterschiffe fahren konnten. Was macht einen Fluss zur Wasserstraße? Eine moderne und sichere Wasserstraße benötigt zahlreiche technische Einrichtungen. Durch Uferbefestigungen, Buhnen oder Staustufen wird sichergestellt, dass die Fahrrinne tief genug für die modernen Güterschiffe ist. Mit Hilfe von Tonnen und Schifffahrtszeichen wird der Verkehr genauso streng geregelt wie auf Autostraßen – Schiffe können nicht schnell ausweichen und haben auch einen längeren Bremsweg. Und schließlich haben alle größeren Städte am Fluss einen Hafen. Hier wird Ladung aufgenommen oder gelöscht (ausgeladen), die Schiffe werden gewartet und betankt. In den letzen 150 Jahren wurden in alle großen Flüsse Staustufen eingebaut. Eine Staustufe ist eine Anlage zum Aufstauen eines Flusses zur Regelung des Wasserstandes flussaufwärts und flussabwärts. Sie verhindert auch das Absinken des Grundwasserspiegels und kann zukünftig bei einem Klimawandel auch zum Rückhalten des kostbaren Wassers gebraucht werden. Sie sperrt im Wesentlichen nur den Fluss und nicht die ganze Talbreite ab und beseht aus Absperrbauwerken (Wehr ggf. mit seitlichen Dämmen), einem Krafthaus zur Gewinnung der umweltfreundlichen Wasserkraft und einer Schiffsschleuse, um der Schifffahrt die Überwindung des Höhenunterschieds zu ermöglichen, sowie der Stauhaltung. Die Wehre sind regelbar, somit kann der Wasserstand im Oberwasser des Wehres bedarfsgerecht gesteuert werden. Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/8 Im Hochwasserfall kann ein Wehr gelegt bzw. gezogen werden und somit ein nahezu freies Abfließen des Hochwassers gewährleisten. Meistens liegen in einem staugeregelten Fluss abschnitt mehrere Staustufen hintereinander. Beispiele für durch Staustufen stark geregelte Flüsse sind der Main und teilweise die deutsche Donau. Problematisch sind diese Bauwerke für die Durchgängigkeit der Fische und für den natürlichen Sedimenttransport des Flusses. Seit dem Jahr 2010 ist die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes verantwortlich für Erhaltung und Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit an Bundeswasserstraßen. Eine Bestandsaufnahme hat ergeben, dass an rund 250 Bauwerken Handlungsbedarf besteht. Vielerorts wird versucht, mit Umgehungsgerinnen und Fischaufstiegsanlagen den Fischen wieder ihre natürlichen Wanderrouten zu ermöglichen. Während es zum Fischaufstieg schon viel Forschung gibt und funktionierende Anlagen existieren, ist das Problem des Fischabstiegs bei Staustufen und vor allem Wasserkraftanlagen ein zumeist noch wenig erforschtes und selten gelöstes Problem. Schleusen ermöglichen Schiffen wie mit einem Aufzug von einem niedrigeren (Unterwasser) zu einem höheren Wasserspiegel (Oberwasser) bzw. umgekehrt zu gelangen. Dazu fährt das Schiff beispielsweise vom Unterwasser in die Schleusenkammer, ein Wasserbecken, das über Schleusentore sowohl mit dem Ober- als auch mit dem Unterwasser verbunden ist. Die Tore werden geschlossen und so lange Wasser in die Schleusenkammer geleitet, bis der höhere Wasserspiegel erreicht ist. Das Interessante daran ist, dass das Wasser durch Einlasskanäle ohne Pumpeneinsatz in das Becken fließt. Nun kann das Tor zum Oberwasser geöffnet werden und das Schiff weiterfahren. Der gesamte Vorgang wird als Schleusung bezeichnet und dauert im Allgemeinen etwa eine halbe Stunde. Mit Schleusen sind Hubhöhen bis ca. 30 Meter möglich. Die höchsten Schleusen in Deutschland finden sich mit einer Hubhöhe von 25 Meter am Main-Donau-Kanal. Mittels 16 Schleusen überwindet er die 406 Meter über Normalnull hohe europäische Hauptwasserscheide. Für größere Höhen sind Schiffshebewerke notwendig. Das größte Schiffshebewerk in Deutschland steht in Niederfinow und überwindet den 36 Meter großen Höhenunterschied zwischen der Wasserscheide zwischen Havel und Oder. Neben dem im Jahr 1934 in Betrieb genommene Schiffshebewerk Niederfinow, das für moderne Güterschiffe zu klein geworden ist, wird derzeit ein neues größeres Schiffshebewerk gebaut. Im Gegensatz zu einem Fluss, der das oberirdisch und unterirdisch abfließende Wasser aus einem ganzen Einzugsgebiet sammelt, fließen künstliche Kanäle nicht. Sie bestehen praktisch aus einer Reihe von sehr langestreckten, waage rechten Wasserbecken, die dann durch Schleusen getrennt sind, wenn Höhenunter schiede ausgeglichen werden müssen. Wenn ein Kanal einen Berg überwindet, werden besonders viele und hohe Schleusen benötigt. Da bei dem künstlichen Kanal der natürliche Zulauf fehlt, muss Wasser zurück gepumpt und somit der Wasserverbrauch reduziert werden. Hier baute man deshalb so genannte Sparschleusen (siehe auch „Wie funktionert eine Sparschleuse“, Seite 4/105). Warum wurden Wasserstraßen ausgebaut? Staustufen, Schleusen, Kanäle – warum lohnt sich dieser riesige Aufwand? Wenn eine Wasserstraße erst einmal ausgebaut ist, bietet die Binnenschifffahrt unschlagbar kostengünstige und umweltfreundliche Transportmöglichkeiten. Hinzu kommt, dass die meisten deutschen Wasserstraßen bei Weitem noch nicht ausgelastet sind – hier bestehen also noch ungenutzte Möglichkeiten der Entlastung von Schiene und Straße. Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/9 Anregungen für den Unterricht Staudamm bauen: In einem Bach mit Steinen einen Staudamm bauen – was passiert? Steine danach wieder zurücklegen! Wie unterscheidet sich ein Kanal von einem natürlichen Fluss/Bach? (Spiel): Ein Kind stellt das Wasser dar und bekommt die Augen verbunden. Die übrigen bilden zwei sich gegenüberstehende Reihen und fassen sich an den Händen. Kanal: Die Ufer sind gerade: Die Reihen stehen ganz gerade in etwa 1 Meter Entfernung. Das Kind mit den verbundenen Augen kann schnell durchlaufen: Das Schiff kann zügig fahren. Natürlicher Bach: Die Ufer sind kurviger, mit Pflanzen bewachsen. Es gibt Wurzeln und Steine: Die Kinder stellen sich entsprechend unregelmäßig auf. Das Wasser stößt öfter an Ufer und Hindernisse und muss langsamer „gehen“. (Idee: Markus Knödler, Büro am Fluss e.V., Plochingen). Wasserstraßen Wasserstraßen – Straßen aus Wasser Wasser- und Schifffahrtsschule 4/10 Wasserstraßen Schiffshebewerk Niederfinow Das klingt zuerst einmal wie ein Widerspruch: Wie soll man auf einer Straße aus Wasser fahren können? Aber Menschen haben Flüsse schon als Reise- und Transportwege genutzt, bevor das erste Fahrzeug mit Rädern erfunden war: Schon am Ende der letzten Eiszeit gingen die Steinzeit-menschen mit Einbäumen oder Fellbooten auf die Jagd. Auch heute noch sind Wasserstraßen wichtige Transportwege, obwohl uns dies im Alltag wenig bewusst ist. Wir fahren meist nur noch zum Vergnügen Schiff, da wir an viel schnellere Verkehrsmittel gewöhnt sind. Aber für den Güterverkehr – den Transport von Dingen – sind Wasserstraßen immer noch sehr wichtig, da große Mengen oder große und schwere Teile von einem Fahrzeug bewegt werden können. Große Flüsse wie die Elbe oder Rhein sind Wasserstraßen, weil auf ihnen Flussschiffe sicher fahren können. Es wurden aber auch künstliche Wasserstraßen gegraben, man nennt sie Kanäle. Auf einem Kanal können Schiffe sogar über Berge fahren! Die Höhenunterschiede werden mit Hilfe von Schleusen oder Schiffshebewerken überwunden. Gibt es auf Wasserstraßen auch Verkehrszeichen? Wasser- und Schifffahrtsschule 4/11 Wasserstraßen Aber sicher, auch auf Wasserstraßen muss der Verkehr geregelt werden – viele Binnenschiffe sind sehr groß und sie haben einen langen Bremsweg. Tonnen im Wasser zeigen die Fahrrinne an. Vom Meer kommend lässt das Schiff die grünen Tonnen an seiner Steuerbordseite (rechts) und die roten Tonnen an seiner Backbordseite (links) liegen. Verkehrszeichen wie an Straßen weisen zum Beispiel auf ein Überholverbot hin oder zeigen die erlaubte Durchfahrt unter einer Brücke – sie sehen nur ein bisschen anders aus als Straßen-Verkehrsschilder. Verkehrszeichen auf Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/12 Wasserstraßen Was bedeuten diese Verkehrszeichen? Was meinst du? Verkehrszeichen auf Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/13 Wasserstraßen Fahrerlaubnis für Fahrzeuge, die weder mit Maschinenantrieb noch unter Segel fahren. Erlaubnis zum Festmachen am Ufer auf der Seite der Wasserstraße, auf der das Tafelzeichen steht. Hinweis auf eine Wendestelle für Schiffe. Fahrverbot für Fahrzeuge mit Maschinenantrieb Badeverbot Die Breite der Durchfahrtsöffnung oder des Fahrwassers ist begrenzt. Erlaubnis zum Ankern auf der Seite der Wasserstraße, auf der das Tafelzeichen steht. Gebot, die Fahrwasserseite zu halten, die auf der Backbordseite des Fahrzeugs liegt. Aufzüge für Schiffe Wasser- und Schifffahrtsschule 4/14 Wasserstraßen Schleusen sind sozusagen Aufzüge für Schiffe. Sie werden eingesetzt, wenn Schiffe von einem höher gelegenen Wasserabschnitt in einen tiefer gelegenen hineinfahren wollen oder umgekehrt. Das kann man sich vorstellen wie eine Treppe. Und da Schiffe nicht Treppen steigen können, müssen sie mit einem Aufzug von Stufe zu Stufe fahren. Wie funktioniert eine Schleuse? Zwischen zwei unterschiedlich hohen Abschnitten eines Kanals oder eines Flusses befindet sich die Schleusenkammer. Wenn ein Schiff von dem höheren Abschnitt (dem Oberwasser) in den niedrigeren (das Unterwasser) fahren will, passiert folgendes: Erst wird durch eine Fülleinrichtung (-kanal) so viel Wasser in die Schleuse geleitet, dass es in der Schleusenkammer genauso hoch steht wie im Oberwasser. Dann wird das obere Schleusentor geöffnet und das Schiff fährt in die Schleusenkammer hinein. Nun wird so lange Wasser aus der Schleusenkammer in das Unterwasser oder in sogenannte Sparbecken abgelassen, bis der Wasserspiegel in der Schleusenkammer genauso hoch ist wie im Unterwasser. Jetzt kann das untere Schleusentor geöffnet werden und das Schiff kann in das Unterwasser hineinfahren. Aufgabe: Was muss passieren, wenn das Schiff vom Unterwasser in das Oberwasser fahren will? Versucht mal, es zu erklären. Wie funktioniert eine Schleuse? Wasser- und Schifffahrtsschule 4/15 Wasserstraßen +25 Meter 170 Kilometer Scheitelhaltung Europäische +18 Meter +18 Meter +12 Meter +5 Meter +7,5 Meter +11 Meter Schleusenschema Main-Donau-Kanal -17 Meter -17 Meter +25 Meter +25 Meter +19,5 Meter +9 Meter Kanäle sind künstliche Wasserstraßen. Sie verlaufen immer waagerecht. Wenn man einen Kanal über einen Hügel führen will, muss man Staustufen mit Schleusen einbauen. Das kann man sich vorstellen wie eine nasse Treppe, wobei zu jeder Stufe ein Aufzug hochführt. Flusswasser fließt von der Quelle bis zur Mündung bergab. Wo das Wasser zu steil bergab fließt, muss man eine Staustufe mit einer Schleuse bauen, um den Fluss schiffbar zu machen. Wo baut man Schleusen? Hauptwasserscheide +176 Meter Main -68 Meter Donau -8,5 Meter -8,5 Meter -17 Meter Wasserstraßen 4/16 Wasser- und Schifffahrtsschule Daumenkino: Ein Schiff in der Schleuse Malt die Schleuse, das Schiff und den Fluss farbig an. Schneidet dann die Kärtchen aus und klebt sie am linken Streifen von hinten (Karte 24) der Reihe nach aufeinander. Wasser- und Schifffahrtsschule 4/17 Wasserstraßen Daumenkino: Ein Schiff in der Schleuse Wasser- und Schifffahrtsschule 4/18 Wasserstraßen Daumenkino: Ein Schiff in der Schleuse Wasser- und Schifffahrtsschule 4/19 Wasserstraßen Was macht einen Fluss zur Wasserstraße? Wasser- und Schifffahrtsschule 4/20 Wasserstraßen Ausmalbild „Staustufe“ Wasser- und Schifffahrtsschule 4/21 An einer Staustufe gibt es neben Schiffen noch viele andere Dinge zu sehen. Beschreibe, was du alles erkennst: Wasserstraßen Technik am Fluss Wasser- und Schifffahrtsschule 4/22 Wasserstraßen Kameras und Monitoren überwacht. Über Funk und Telefon wird der Kontakt mit den Schiffen hergestellt. Die Fernsteuerzentralen sind rund um die Uhr besetzt. Die Wehre werden von einer Fernsteuerzentrale aus gesteuert. Dort sitzen Techniker vor zahlreichen Bildschirmen und Steuerpulten und regeln, wie viel Wasser hindurchfließen kann, so dass bei optimaler Gewinnung von Wasserkraft die Schifffahrt nicht behindert wird. Für eine sichere Schifffahrt reicht es nicht aus, einmal Staustufen mit Schleusen zu bauen. Diese Einrichtungen müssen auch ständig überwacht und gesteuert werden. Heute werden bis zu vier Schleusen von einer Fernsteuerzentrale aus bedient. Von hier aus können die Schleusentore geöffnet und geschlossen werden. Der Betrieb der nicht besetzten Schleusen wird von Auch die Fahrrinne muss ständig überwacht werden, damit die Schiffe immer genug Wasser unterm Kiel haben. Das geschieht mit Peilbooten, die die Fahrrinne entlangfahren und dabei die Wassertiefe mit Echolot messen. Wo sich zu viel Sand oder Schlamm angesammelt hat, wird die Fahrrinne von einem Löffelbagger auf einem Schiff wieder freigeschaufelt. Auch Taucher sind manchmal in einem Fluss im Einsatz, zum Beispiel, um zu überprüfen, ob an einer Schleuse unter Wasser alles in Ordnung ist. Technik am Fluss Wasser- und Schifffahrtsschule 4/23 Wasserstraßen Historischer Wasserbau Wasser- und Schifffahrtsschule 4/24 Wasserstraßen Schiffe waren lange Zeit die schnellsten und bequemsten Verkehrsmittel. Daher werden schon seit dem Mittelalter Flüsse für die Schifffahrt ausgebaut und Kanäle gegraben. Jahrhunderte lang mussten die Menschen das in Handarbeit mit der Schaufel machen, da Baumaschinen ja erst viel später erfunden wurden. Die Schiffe waren früher viel kleiner als heute, daher erscheinen Schleusen und Brückendurchfahrten heute oft sehr klein (wie zum Beispiel beim Finowkanal). Vor ca. 200 Jahren wurde versucht mit Buhnen und Parallelwerken die Fahrrinne für größere Schiffe zu vertiefen. Lange Zeit waren Flussufer ganz ohne Büsche und Bäume, um das Treideln von Schiffen zu ermöglichen. Dies war die einzige Möglichkeit, mit einem Schiff flussaufwärts zu kommen, ohne segeln zu müssen! Zuordnungsrätsel Verkehrsmittel benötigte Einrichtungen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/25 Wasserstraßen Wie wird ein Fluss genutzt? Wasser- und Schifffahrtsschule 4/26 Unterrichtsgang zu einem Fluss: Nutzungen am Fluss Wer benutzt den Fluss? (Arbeit/Freizeit)? Welche Spuren von Nutzungen sind am Fluss zu erkennen? Welche Schiffe fahren auf dem Fluss? Was transportieren sie? Welche Verkehrszeichen seht ihr im und am Fluss (Tonnen usw.) Wasserstraßen „Kinderstuben des Flusses“ Buhnenfelder Heute dienen sie dazu, durch die Einengung des Flussquerschnitts die Wassertiefe der Fahrrinne bei Niedrigwasser zu erhöhen. Bei normalen Wasserständen reduzieren sie die Strömungsgeschwindigkeit. Neu gebaute Buhnen verändern die Beschaffenheit und die Vegetation des Ufers sowie die Flussdynamik beträchtlich. Andererseits sind in einem ausgebauten Fluss die Buhnenfelder, in denen nur eine geringe Strömung herrscht, hervorragende Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten. In den geschützten Buchten können sich Wasserpflanzen ansiedeln, legen Fische ihren Laich ab, wachsen die Jungfische heran und bilden sich Muschelbänke. Dies gilt vor allem, wenn die Buhnenfelder durch Leitwerke – das sind Bauwerke parallel zum Ufer – vor dem Wellenschlag der Schiffe geschützt sind. Dieser Wellenschlag führt nämlich dazu, dass sich keine Wasserpflanzen ansiedeln können und viele Kleinlebewesen losgerissen und mit der Strömung davongetragen werden. An vielen Flüssen sieht man zahlreiche gepflasterte oder mit Schotter bedeckte Bauwerke senkrecht in den Fluss hineinragen. Diese Bauwerke nennt man Buhnen, die Flächen zwischen den Buhnen heißen Buhnenfelder. Bei Hochwasser sind Buhnen oft überflutet und nicht mehr sichtbar. Buhnen werden schon seit Jahrhunderten in die Flüsse gebaut. Ursprünglich dienten sie der Landgewinnung und dem Schutz des Ufers vor Hochwasser, besonders bei Eisgang. Vorsicht beim Begehen von Buhnen! Am Buhnenkopf – der Spitze der Buhne zur Flussmitte hin – bilden sich oft reißende Strömungen und Wirbel. Hier sollte man auch auf keinen Fall Baden gehen! Inzwischen werden Buhnen auch bei Gewässerrenaturierungen eingesetzt. Dann werden sie so gebaut, dass der Fluss zum Mäandrieren oder zur Bildung eines natürlichen Ufers angeregt wird. Wasser- und Schifffahrtsschule 4/27 Wasserstraßen Buhnenfelder Wasser- und Schifffahrtsschule 4/28 Wasserstraßen „Kinderstuben des Flusses“ Buhnen sind Bauwerke, die in den Fluss hineinragen. Die Wasserflächen dazwischen heißen Buhnenfelder. Buhnen wurden gebaut, um den Fluss zu verengen und dadurch genügend Wasser in der Fahrrinne des Flusses zu behalten. In den Buhnenfeldern ist die Strömung nur gering. Daher sind sie heute wichtige Lebensräume für kleine Wassertiere und für Fische, vor allem, wenn die Buhnenfelder an ihrem Ende durch Querbauwerke vor dem Wellenschlag der Schiffe geschützt sind. Die Spitze einer Buhne zur Flussmitte hin heißt Buhnenkopf. An einem Buhnenkopf darf man niemals baden gehen, da sich hier oft reißende Strömungen und Wirbel im Fluss bilden! Rätsel und Rechenaufgaben Wasser- und Schifffahrtsschule 4/29 1. Richtig oder falsch? 4 8 Flüsse fließen von der Mündung bis zur Quelle. Kanäle fließen bergauf. Kanäle sind von Menschen gebaut worden. Das Wasser steht zu beiden Seiten einer Schleuse unterschiedlich hoch. Bei natürlichen Flüssen gibt es keine Schleusen. Jedes Schiff hat eine Schleusenkammer. 2. Alles im Fluss Schon bei Jochenstein an der Grenze von Deutschland zu Österreich fließen pro Sekunde 1.420.000 Liter Wasser die Donau hinunter. An der Mündung sind es 5.880.000 Liter pro Sekunde – soviel wie Rhein, Weser und Elbe zusammen. Wie viele Badewannen wären das, wenn eine Badewanne 200 Liter fasst? Nach Jochenstein ist die Donau noch 2.200 km lang unterwegs, bis sie in das Schwarze Meer mündet. Die Donau hat eine Fließgeschwindigkeit von durchschnittlich knapp 6 km/h. Wie lang braucht ein Wassertropfen von der deutschen Grenze bis zum Schwarzen Meer? Wasserstraßen 1.094 km 524 km 171 km 135 km 129 km Elbe Main Main-Donau-Kanal Havel-Oder-Wasserstraße Spree-Oder-Wasserstraße 6 4** 16 34 1* 10 18 $Q]DKO6FKOHXVHQ 2.330 m3/s 870 m3/s 195 m3/s 198.735 km2 148.268 km2 27.292 km2 Ein Gütermotorschiff hat eine Geschwindigkeit von ca. 10-12km/h. ----- ----- ----- ----- ----- 6.700 m3/s 820.000 km2 ----- 0LWWOHUHU$EƃXVV (LQ]XJVJHELHW Abfluss: Wie viel Wasser pro Sekunde fließt durch einen Fluss (hier: im Bereich der Mündung). 129 km 135 km 171 km 387 km 727 km* 883 km 2.411 km 6FKLIIEDUH/ÁQJH ** + Schiffshebewerk Niederfinow 1.324 km Rhein * in Deutschland 2.888 km /ÁQJH Donau Wasserstraßen im Vergleich Wasserstraßen 4/30 Wasser- und Schifffahrtsschule Flüsse verbinden Europa Wasser- und Schifffahrtsschule 4/31 Wasserstraßen bilden in manchen Gebieten Mitteleuropas ein dichtes Netz, anderswo gibt es keine schiffbaren Flüsse oder Kanäle. Dort liegen meist Mittelgebirge oder Hochgebirge, in denen die Flüsse erst entspringen und zu reißend oder zu wasserarm für die Schifffahrt sind. Die Dichte des Wasserstraßennetzes hat jedoch auch etwas mit dem Grad der Industrialisierung zu tun: Wasserstraßen, die an wichtigen Industrie- und Handelszentren vorbeiführen, wurden schon früh für die moderne Schifffahrt schiffbar gemacht. Und hier entstanden auch schon bald große Kanäle, wie zum Beispiel der 1938 fertiggestellte Mittellandkanal, der (über weitere Kanäle) Rhein und Elbe bzw. Oder verbindet. Aus der Karte wird deutlich, dass die Schifffahrt an den Verlauf der Wasserstraßen gebunden ist. Andererseits wurden Industrien, die stark abhängig vom Transport großer Mengen von Massengütern (Stahlhütten, Mälzereien, Düngemittelherstellung) oder Gefahrgütern (Raffinierien, chemische Industrie) sind, schon lange bevorzugt an Wasserstraßen gebaut. Ein wichtiger Punkt ist auch, dass die Schifffahrt aufgrund der durch den Computer vereinfachten Logistik mehr und mehr in kombinierte Transportsysteme eingebaut wird: Güter werden also per Schiff zu einem Hafen, dann über Bahn oder LKW weiter transportiert. Mögliche Aufgaben zur Europa-Karte: Male Flüsse und Kanäle blau, Städte rot an. Trage die Namen von Flüssen, Ländern und Städten in die vorgegebenen Kästchen ein. Trage mit Pfeilen ein, in welche Richtung die Flüsse fließen. (Vorsicht: Kanäle fließen nicht, sondern bestehen eher aus einer Abfolge von ebenen Wasserbecken!) Fragen: Welche Meere werden von den Flüssen und Kanälen Europas miteinander verbunden? Wo entspringt zum Beispiel der Main? Wo liegt unser Ort? Wo wart ihr schon einmal? Wo liegen Wasserscheiden? Das niederländische Gütermotorschiff „Groningen“ transportiert Container mit Zellstoff vom Seehafen Antwerpen zum Binnenhafen Kelheim. Trage die Fahrtroute in die Landkarte ein. Welche Länder sind über Rhein, Main, MainDonau-Kanal und Donau miteinander verbunden? Wasserstraßen in Deutschland Die Gesamtlänge des deutschen Binnenwasserstraßennetzes, also aller schiffbaren Flüsse und Kanäle in Deutschland, beträgt ca. 7.300 km. Die wichtigste Wasserstraße Europas, und zugleich die verkehrsreichste Binnenwasserstraße der Welt, ist der Rhein. Alle bedeutenden deutschen Industrie- und Handelszentren sowie mehr als 55 deutsche Großstädte liegen an einer Wasserstraße. Suche folgende Routen: Emden – Duisburg Bremen – Magdeburg Hamburg – Berlin Hamburg – Salzgitter Bremen – Emden Duisburg – Passau Ludwigshafen – Nürnberg Emden – Hannover Frankfurt am Main – Basel Lübeck – Dresden Kiel – Hamburg Magdeburg – Szczecin / Stettin Berlin – Frankfurt an der Oder Wasserstraßen Bedeutende europäische Wasserstraßen Wasserstraßen 4/32 Wasser- und Schifffahrtsschule Bedeutende europäische Wasserstraßen Wasserstraßen 4/33 Wasser- und Schifffahrtsschule Bundeswasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/35 Wasserstraßen Bundeswasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/36 Wasserstraßen Einzugsgebiete und Wasserscheiden Wasser- und Schifffahrtsschule 4/38 Hintergrund Anregung für den Unterricht Wohin fließt das Wasser, das gerade auf das Schuldach tropft? Wenn es nicht versickert, fließt es ober- oder unterirdisch dem nächsten Bach oder Fluss zu. Dann in einen größeren Fluss. Und schließlich ins Meer. Das Einzugsgebiet eines Flusses ist das Gebiet, aus dem das gesamte Wasser über die Bodenoberfläche, Bäche und das Grundwasser in den Fluss hinein fließt. Zwischen zwei Fluss-Einzugsgebieten liegt eine Wasserscheide. Auf Karten kann man das Einzugsgebiet einzeichnen, indem man den Fluss – an der Mündung beginnend – mit allen seinen Nebenflüssen umrandet. Die Linie darf dabei niemals einen Fluss schneiden! Eine Wasserscheide verläuft zwischen dem Einzugsgebiet der Elbe und dem Einzugsgebiet der Oder. Ein Tropfen, der im Einzugsgebiet der Elbe auf den Boden fällt, fließt in die Nordsee. Und ein Tropfen, der im Einzugsbereich der Oder auf den Boden fällt, landet in der Ostsee. Direkt auf der Wasserscheide können also wenige Zentimeter darüber entscheiden, ob ein Wassertropfen nach einigen Wochen in die Nordsee oder in die Ostsee gelangen wird. Wasserstraßen Kennst du die wichtigsten deutschen Gewässer? Wasser- und Schifffahrtsschule 4/39 Wasserstraßen � � � 쐉 � � � 쐈 � 쐅 � � Trage die richtigen Nummern der Gewässer ein! Rhein Neckar Weser Main Mosel Saale Main-Donau-Kanal Saar Elbe Donau Ruhr Oder Kennst du die wichtigsten deutschen Gewässer? Lösungsblatt Wasser- und Schifffahrtsschule 4/40 Wasserstraßen � � � 쐉 � � � 쐈 � 쐅 � � Trage die richtigen Nummern der Gewässer ein! � Rhein 쐅 Neckar � Weser � Main � Mosel � Saale � Main-Donau-Kanal 쐈 Saar � Elbe � Donau 쐉 Ruhr � Oder Der Rhein Wasser- und Schifffahrtsschule 4/41 Wasserstraßen Länge 1.233 km Schiffbare Länge 885 km (zwischen Rheinfelden bei Basel und der Nordsee) Quellen Vorderrhein und Hinterrhein Mündung Nordsee (Niederlande), Haringvliet Dam und Nieuwe Waterweg bei Rotterdam und Ijsselmmer Einzugsgebiet 198.735 km2 Größte rechte Nebenflüsse Ill (Vorarlberg), Neckar, Main, Lahn, Sieg, Ruhr, Lippe, Vechte Größte linke Nebenflüsse Aare, Ill (Elsass), Nahe, Mosel, Maas, Anzahl Schleusen 12 zwischen Rheinfelden und Iffezheim Fahrrinnentiefe - Rheinfelden bis Schleuse Iffezheim: mind. 3 Meter, - Schleuse Iffezheim bis Koblenz: mind. 2,1 Meter1, 2 - Koblenz bis Duisburg: mind. 2,5 Meter1 - Duisburg bis niederländische Grenze: 2,8 Meter1 Fahrrinnenbreite - Rheinfelden bis Neckarmündung: mind. 88 Meter, - Neckarmündung bis Mündung Mosel: mind. 120 Meter - Mündung Mosel bis niederländische Grenze: mind. 150 Meter Großstädte Basel, Straßburg, Karlsruhe, Mannheim, Ludwigshafen, Mainz, Wiesbaden, Koblenz, Bonn, Köln, Leverkusen, Neuss, Düsseldorf, Krefeld, Duisburg, Nijmegen, Rotterdam, Arnheim, Utrecht, Leiden 1 Unter „Gleichwertiger Wasserstand“ (GlW). Dieser ist ein für die Verkehrssicherung maßgeblicher Niedrigwasserstand. Bei Mittel- und Hochwasser sind die Wassertiefen deutlich größer. 2 Zwischen Mainz-Budenheim bis St. Goar 1,9 Meter unter GlW Die verkehrsreichste Wasserstraße Europas Der Rhein verbindet bedeutende Wirtschaftsräume zwischen Alpen und Nordsee und ist einer der wichtigsten Flüsse Europas und der längste Fluss Deutschlands. Rund 58 Millionen Menschen leben in seinem Einzugsgebiet. Er ist 1.233 Kilometer lang, davon sind rund 885 Kilometer ab Rheinfelden schiffbar. Einige Nebenflüsse des Rheins (Neckar, Main und Mosel) sind für die Schifffahrt ausgebaut. Über Kanäle, wie dem Rhein-Herne-Kanal, dem Wesel-Datteln-Kanal oder dem DortmundEms-Kanal, ist der Rhein mit weiten Gebieten Deutschlands verbunden. Zusätzlich ist der Rhein ein wichtiges Verbindungsstück für Schiffe zwischen Nordsee und Schwarzem Meer. Wasser- und Schifffahrtsschule 4/42 Wasserstraßen Der Rhein ist die verkehrsreichste Wasserstraße Europas. Im Jahr 2012 sind rund 198 Millionen Tonnen Güter transportiert worden, das entspricht ungefähr 70 Prozent aller auf den Bundeswasserstraßen transportierten Güter. Rund 30.600 Schiffe passierten im Jahr 2011 die Schleuse Iffezheim am Oberrhein. Auf dem Rhein findet die Binnenschifffahrt sehr günstige Bedingungen vor: eine wirtschaftliche Abladetiefe über einen Großteil des Jahres, ausreichende Fahrrinnenabmessungen und eine Brückendurchfahrtshöhe, die selbst einen vierlagigen Containerverkehr zulässt. Auf dem Rhein können Schiffe bis zu einer Länge von 135 Meter und einer Breite von 22,80 Meter fahren. Koppelverbände können auf dem Niederrhein bergwärts in den Abmessungen von 269,50 Meter und einer Breite von 22,9 Meter fahren. Talwärts sind Koppelverbände bis zu einer Länge von 193 Meter und einer Breite von 34,35 Meter zugelassen. Auf dem Main sind auf weiten Strecken hingegen nur Schiffe vom Typ „Großes Rheinschiff“ mit bis zu 110 Meter Länge und 11,45 Meter Breite zugelassen. Verlauf des Rheins Wasser- und Schifffahrtsschule 4/43 Hauptabschnitt Abschnitt Grenzpunkt/Strecke Flusskilometer Alpenrhein St. Gotthard Bodensee Bregenz Hochrhein Bodensee – Basel 0 -167 Staugeregelter Oberrhein Basel – Iffezheim 167 - 334 Freifließender Oberrhein Iffezheim – Nockenheim 334 - 486 Rheingau Nockenheim – Bingen 486 - 529 Gebirgsstrecke Bingen – Koblenz 529 - 592 Mittelrhein Koblenz – Bad Honnef 592 - 640 Niederhein Bad Honnef – Niederl. Grenze 640 - 858 Mündungsdelta Niederl. Grenze – Mündung (Hoek von Holland) Alpenrhein Hochrhein Oberrhein Mittelrhein Niederrhein Rheinquellen Der Rhein wird aus einer Vielzahl von Quellflüssen gespeist. Die beiden bedeutendsten sind der Vorderrhein und der Hinterrhein. Der Tomasee am Oberalppass im Gotthard-Massiv ist die Quelle des Vorderrheins und gilt als offizielle Rheinquelle. Der etwas kürzere Hinterrhein entspringt am Paradiesgletscher am Rheinwaldhorn in der Nähe des St. Bernhard-Passes. Alpenrhein Im Schweizer Ort Tamins-Reichenau vereinigen sich Vorderrhein und Hinterrhein zum Alpenrhein. Dieser bildet auf seinem Weg zum Bodensee die Grenze zwischen der Schweiz im Westen und Österreich und Liechtenstein im Osten. Der Alpenrhein fließt bei Hard (Öster- 858 - 1.030 reich) in den Bodensee und verlässt diesen bei Stein am Rhein (Schweiz) als Hochrhein. Hochrhein Im Hochrhein, kurz hinter dem Bodensee, ist der Rhein zumindest auf ein paar Strecken noch ein naturbelassener Fluss. Dort können sich bis heute viele ursprüngliche Fische und Unterwassertiere halten. Der anschließende Rheinfall in der Nähe von Schaffhausen in der Schweiz ist einer der größten Wasserfälle Europas. Er ist 23 Meter hoch und 150 Meter breit. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es mehrfach Versuche und Pläne, den Rhein von Basel bis zum Bodensee schiffbar zu machen, also auch den Rheinfall zu überwinden, die aber alle nicht umgesetzt wurden. Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/44 Wasserstraßen Oberrhein Der Rhein ist ab Rheinfelden – zunächst als baden-württembergerisch/schweizerische Landeswasserstraße befahrbar. Erst ab der schweizerisch-deutschen Grenze bei Basel ist der Rhein Bundeswasserstraße. Der Rhein ist zwischen Basel und Iffezheim staugeregelt. Die Schifffahrt fährt in dem staugeregelten und kanalisierten Bereich zwischen Basel und Breisach auf dem Grand Canal d’Alsace. Bei Straßburg münden der Rheine-Marne-Kanal und der Rhein-Rhône-Kanal in den Rhein. Die Kanäle dienen als Bindeglieder zwischen der Schifffahrt des Rheinstromgebiets und Frankreich. Die Bundeswasserstraßen Neckar, Main und Mosel münden als schiffbare Seitenflüsse in den Rhein. Mittelrhein Zwischen Nockenheim bei Mainz und Bonn spricht man vom Mittelrhein. Die felsenreiche Stromstrecke von Bingen bis St. Goarshausen war von jeher das gefährlichste Fahrwasser für die Rheinschifffahrt. Die bekanntesten Bereiche sind das Binger Riff und die engen Kurven um die Loreley. Das Binger Riff ist ein Felsenriff im Rhein, das Lastkähnen im Mittelalter die Durchfahrt unmöglich machte. Erst ab dem 17. Jahrhundert gelang es, eine Durchfahrt zu schaffen, das sogenannte Binger Loch. Diese Strecke wurde im Laufe der Jahre immer stärker für den Schiffsverkehr ausgebaut, bleibt aber trotzdem ein schwieriger Abschnitt für die Schifffahrt. Die Loreley ist ein Schieferfelsen bei St. Goarshausen. Der Felsen ragt rund 130 Meter fast senkrecht aus dem Wasser. Der Rhein umfließt die Loreley auf drei Seiten. Schiffe müssen hier die engsten und tiefsten Stellen des Flusses überwinden. Kurz oberhalb der Loreley ist der Rhein nur noch 145 Meter breit und 22 Meter tief. Niederrhein Als Niederrhein wird die Strecke zwischen Bonn und dem Rheindelta in den Niederlanden bezeichnet. Bei Emmerich und Kleve erreicht der Rhein je nach Wasserstand dabei Breiten bis 730 Meter. Die Ufer des Niederrheins sind meist stark besiedelt und industrialisiert. Hier durchfließt der Fluss auch den größten Ballungsraum Deutschlands, die Metropolregion Rhein-Ruhr. Köln ist die größte deutsche Stadt am Rhein. Schon im 13. Jahrhundert übte Köln das sogenannte Stapelrecht aus. Es zwang jeden Händler, seine Waren abzuladen, zu stapeln und den Bürgern drei Tage lang zum Verkauf anzubieten. Die Kölner hatten damit Zugriff auf alle Waren, die auf dem Rhein transportiert wurden. Wasser- und Schifffahrtsschule 4/45 Wasserstraßen Duisburg liegt am Westrand des Ruhrgebiets, an der Mündung der Ruhr in den Rhein. Diese günstige Lage ließ mit dem Duisburger Hafen zum größten Binnenhafen Europas heranwachsen. Im Stadtgebiet dehnen sich 21 Hafenbecken auf einer Wasserfläche von über 180 Hektar aus. Die Güter werden an insgesamt sieben Containerterminals umgeschlagen. Der Duisburger Hafen ist ein wichtiges Verteilzentrum für die großen Nordseehäfen Rotterdam und Antwerpen, wo viele Güter von Seeschiffen auf Binnenschiffe umgeladen werden, um sie nach Duisburg zu transportieren. An der niederländisch-deutschen Staatsgrenze bei Lobith gabelt sich der Rhein in mehrere kleine Nebenarme. Waal und Lek münden in die Nordsee, die Ijssel ins Ijsselmeer. Sarah und ihre Freundin Ayaka auf dem Rhein Sarah erhält Besuch von ihrer japanischen Austauschschülerin Ayaka und deren Eltern. Die beiden Freundinnen kennen sich durch die Städtepartnerschaft der Stadt Freiburg mit der japanischen Stadt Matsuyama und haben sich schon öfter gegenseitig besucht. Ayakas Eltern sind Besitzer einer Fabrik für Elektronikbauteile und haben eine neue Fertigungsmaschine in Deutschland gekauft. Sie nutzen die Gelegenheit, um in ihrem Urlaub die Fertigstellung ihrer Maschine anzusehen und deren Transport in ihre Heimatstadt Matsuyama zu begleiten. Die beauftragte Spedition holt die Maschine aus Stuttgart ab und lässt diese im Container mit dem LKW zum Binnenhafen nach Karlsruhe bringen. Hier wird der Container dann per Binnenschiff die erste Etappe seiner langen Reise nach Japan antreten. Zur gleichen Zeit beziehen die Eltern, Ayaka und Sarah ihre geräumigen Kabinen auf dem Kabinenschiff MS Rhein Princess, mit der sie auf dem Rhein in drei Tagen von Karlsruhe bis nach Rotterdam fahren werden. Während des Frühstücks berichtet Sarah ihrer Freundin aus ihrem Reiseführer, dass der Rhein in den Alpen im St. Gotthard-Massiv aus mehreren Quellen entsteht. „Sieh nur, er fließt sogar durch den Bodensee und man sieht deutlich die Strömung. Jetzt verstehe ich auch, warum wir nicht mit dem Schiff zum Bodensee fahren können, der Rheinfall ist immerhin 23 Meter hoch und gehört zu den größten Wasserfällen Europas. Das schöne Wetter lockt und alle verbringen den Vormittag in Ruhe auf dem Sonnendeck und lassen das Ufer mit den zahlreichen verwunschenen Auen an sich vorbeiziehen. Nach einem guten Mittagessen in Speyer und einem Besuch im Dom zu Speyer, in dem früher deutsche Kaiser gekrönt wurden, geht es weiter rheinabwärts. Bei Mannheim und Ludwigshafen trägt mit dem Neckar ein großer Fluss seine Wassermassen in den Rhein. Vom Schiff aus sieht man auch die riesigen Anlagen einer der größten deutschen chemischen Fabriken. Bei Mainz nimmt der Schifffahrtsverkehr nochmals zu. „Hier fließt der Main, einer der größten Flüsse Deutschlands, in den Rhein. Über den Main, den Main-Donau-Kanal und die Donau kann man mit dem Schiff von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer fahren“ erzählt Sarah ihrer Freundin, „aber das sollten wir uns für deinen nächsten Besuch aufheben.“ Wasser- und Schifffahrtsschule 4/46 Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule In Eltville im Rheingau erreicht die MS Rhein Princess ihren ersten Übernachtungsort. Der Rhein ist voller unterschiedlicher Schiffe, da derzeit die alljährliche Sommerveranstaltung „Rhein in Flammen“ stattfindet. Ayakas Eltern genießen das Essen und den guten Wein, während Sarah und Ayaka fasziniert das mit Musik untermalte Feuerwerk betrachten. Einen besseren Platz als vor unsere Kabine gibt es nicht, freuen sich die beiden. Am nächsten Morgen lädt sie der Schiffsführer zu sich in den Steuerstand ein. „Ihr kommt gerade richtig, wir nähern uns dem schwierigsten Teil unserer Reise. Da vorne ist das Binger Loch. An dieser Stelle geht ein Felsenriff quer über den Rhein. Im Mittelalter konnten die Lastkähne diese Stelle nicht passieren und mussten ihre Waren umladen. Erst später gelang es, eine Durchfahrt in den Felsen zu schlagen und auch heute ist diese Stelle noch sehr eng und schwierig zu durchfahren.“ Bei St. Goar versperrt ihnen ein riesiger Felsen die Sicht auf den weiteren Verlauf des Rheins. „Das ist der berühmte Felsen der Loreley“ erklärt der Schiffsführer: „an dieser Stelle soll früher eine blondhaarige Frau gesessen und ihre Haare gekämmt haben. Sie soll der Sage nach so schön gewesen sein, dass die Schiffer reihenweise Schiffsbruch erlitten haben sollen. Wahr ist auf jeden Fall, dass man sehr aufpassen muss, um diese enge Kurve zu durchfahren.“ Ayaka wundert sich, wie man sich denn sicher sein kann, dass einem kein Schiff entgegenkommt, viel Platz zum Ausweichen ist nicht da. Der Schiffsführer erklärt, „dass es wegen des tief eingeschnittenen und stark gewundenen Rheintals, weder eine ausreichende Sicht noch eine direkte Sprechfunkverbindung gibt. Dafür wurde eine eigens konstruierte Schiffsampel, eine sogenannte Lichtwahrschau, errichtet, die auf der 5 Kilometer langen Strecke zwischen Oberwesel und St. Goar, den Schiffsführern anzeigt, ob und mit wie viel Gegenverkehr man zu rechnen hat. „Überall stehen hier alte Burgen auf den Hügeln entlang des Rheins“ wundert sich Ayaka. „Der Mittelrhein war aufgrund seiner strategischen Lage seit jeher ein beliebter Ansiedlungspunkt und jeder Fürst wollte seine eigene Burg haben“ erklärte ihr Sarah. In Koblenz hält das Schiff und alle gehen in der Stadt spazieren. Bald erreichen sie das Deutsche Eck, wo mit der Mosel die zweitwichtigste Wasserstraße Deutschlands in den Rhein mündet. Dieser ist mit einem Anteil von rund 70 Prozent der auf deutschen Wasserstraßen transportierten 4/47 Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule Güter die verkehrsreichste und wichtigste Wasserstraße Europas. Rund 30.000 Schiffe passieren jährlich die Schleuse Iffezheim in der Nähe von Rastatt. Anders als bei vielen anderen Wasserstraßen hat der Rhein auf dem größten Teil der Strecke auch ohne Schleusen ganzjährig genug Wasser für die Schifffahrt. Wieder auf dem Schiff passieren sie gerade Andernach, als auf einer Halbinsel, dem Namedyer Werth, überraschenderweise eine riesige Wasserfontäne in die Höhe schießt. Dies ist mit 50-60 Meter Höhe der größte Kaltwassergeysir der Welt. Anschließend erreichen sie Bonn, die ehemalige Hauptstadt Deutschlands. Der Rhein wird hier immer breiter und der Schiffsverkehr nimmt zu. Der Rhein ähnelt hier einer Schiffsautobahn. Ihnen begegnen großeSchiffe mit einer Länge von 135 Meter Länge und mehr als 22 Meter Breite. Koppelverbände, das heißt zusammenhängende Schiffe und Schubleichter, können sogar bis zu rund 270 Meter lang werden. Kurz vor Köln, der größten Stadt am Rhein, wird die MS Elisabeth von einem großen Containerschiff überholt, auf dem die Container in vier Ebenen gestapelt sind. „In dem roten Container da oben befindet sich bestimmt unsere neue Maschine“ freut sich Ayaka. Vorbei an Köln legt das Schiff zur Übernachtung in Düsseldorf an. Ayakas Eltern nutzen die Gelegenheit für eine umfangreiche Shoppingtour auf der Königsallee. An ihrem dritten Tag auf der MS Rhein Princess steht eine Hafenrundfahrt im Ruhrport Duisburg, dem größten Binnenhafen Europas, an. Alle sind beeindruckt von der Vielzahl von Hafenbecken und Containerterminals, die sich auf einer riesigen Fläche von mehr als 180 Fußballfeldern verteilen. „Schau mal Ayaka“ ruft Sarah „da ist Xanten, die einzige Stadt Deutschlands, die mit dem Buchstaben X beginnt. Hier soll nach einer der bekanntesten Sagen Deutschlands Siegfried der Drachentöter geboren sein. In der mittelalterlichen Nibelungensaga machte sich der Held Siegfried als junger Mann von Xanten auf nach Königswinter am Rhein, wo er einen riesigen Drachen tötete. Später wurde er von seinem Gegner, Hagen von Tronje, ermordet. Dieser soll auch den sagenhaften Schatz der Nibelungen – den Nibelungenhort – im Rhein versenkt haben. Vielleicht sollten wir versuchen unser Taschengeld aufzubessern und auf Schatzsuche gehen.“ 4/48 Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule Am Nachmittag erreichen sie die niederländische Grenze. Kurz danach teilt sich der Rhein in zwei Hauptarme und mehrere kleine Nebenarme und wechselt dabei noch mehrmals seinen Namen. Die MS Elisabeth folgt auf ihrer Fahrt dem südlichen Hauptarm, dem größten und bedeutendsten Strom, auf seinem Weg nach Rotterdam. In Rotterdam besuchen Sarah, Ayaka und deren Familie einen der größten Seehäfen der Welt. In all dem Durcheinander von Schiffen, Containern, LKWs und Eisenbahnwaggons befindet sich auch der Container mit der neuen Maschine. Dieser wird gerade auf ein anderes Containerschiff geladen, das rund um die halbe Welt nach Japan fährt. Obwohl auf dem Containerschiff genug Platz wäre, bevorzugen Ayaka und ihre Eltern dann doch den schnelleren Weg mit dem Flugzeug. Vorher bringen sie aber Sarah mit dem Zug nach Freiburg zurück zu ihren Eltern. Nach einer herzlichen Verabschiedung und mit dem Versprechen, sie bald in Japan wieder zu besuchen, fliegen Ayaka und ihre Familie wieder nach Matsuyama zurück. Der Container braucht für diese Strecke noch einige Wochen mehr. 4/49 Wasserstraßen Sarah und ihre Freundin Ayaka auf dem Rhein Fasse die Geschichte von Sarah und Ayaka in wenigen Sätzen zusammen! An welchen Orten kommen die Beiden auf ihrer Reise vorbei? In welchen Städten am Rhein bist du schon gewesen und was hat dir am besten gefallen? Wasser- und Schifffahrtsschule 4/50 Wasserstraßen Geschichten und Gedichte zum Rhein Wasser- und Schifffahrtsschule 4/51 Über den Rhein Wasserstraßen Der Rhein vereinigt alles – er ist schnell wie die Rhone, breit wie die Loire, eingeschlossen wie die Mosel, gewunden wie die Seine, klar und grün wie die Somme, geschichtlich wie der Tiber, königlich wie die Donau, geheimnisvoll wie der Nil, goldbesät wie ein Strom Afrikas, bedeckt mit Sagen und Geistern wie ein Asiatischer Fluss. (Victor Hugo, 1842) Der Handstand auf der Loreley Wir wandeln uns. Die Schiffe inbegriffen. Der Rhein ist reguliert und eingedämmt. Die Zeit vergeht. Man stirbt nicht mehr beim Schiffen bloß weil ein blondes Weib sich dauernd kämmt. (Erich Kästner, 1932) Loreley Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, Daß ich so traurig bin; Ein Märchen aus alten Zeiten, Das kommt mir nicht aus dem Sinn. Sie kämmt es mit goldnem Kamme, Und singt ein Lied dabey; Das hat eine wundersame, Gewaltige Melodey. Die Luft ist kühl und es dunkelt, Und ruhig fließt der Rhein; Der Gipfel des Berges funkelt Im Abendsonnenschein. Den Schiffer, im kleinen Schiffe, Ergreift es mit wildem Weh; Er schaut nicht die Felsenriffe, Er schaut nur hinauf in die Höh'. Die schönste Jungfrau sitzet Dort oben wunderbar, Ihr goldnes Geschmeide blitzet, Sie kämmt ihr goldnes Haar. Ich glaube, die Wellen verschlingen Am Ende Schiffer und Kahn; Und das hat mit ihrem Singen Die Loreley getan. (Heinrich Heine, 1844) Wasser- und Schifffahrtsschule 4/52 Bei Andernach Auf dem gegenüberliegenden Ufer des Rheins treidelten am Fuß eines lang gestreckten, düsteren Berges dreizehn Pferde langsam ein Schiff stromaufwärts, das ihnen mit seinen beiden großen, dreieckigen Segeln half, die vom Abendwind gebläht waren. Der gleichmäßige Schritt des Gespanns, das Schellengebimmel und das Peitschenknallen klangen zu mir herüber. (Victor Hugo am Rhein im Jahr 1840) Undines gewaltiger Vater Und ich habe immer noch Angst vor dem Rhein, … der unheimlich und so sanft durch die Träume der Kinder murmelt, ein dunkler Gott, der bewiesen haben will, dass er noch Opfer fordert: heidnisch, Natur, nichts von Lieblichkeit, wird er breit wie ein Meer, dringt in Wohnungen ein, steigt grünlich in den Kellern hoch, quillt aus den Kanälen, brüllt unter Brückenbogen dahin: Undines gewaltiger Vater (Heinrich Böll, 1960) Briefe eines reisenden Russen Der Rhein und der Neckar waren von den vielen Regengüssen sehr angeschwollen, und ihre verheerenden Wellen strömten über Gärten, Felder und Dörfer. Hier schwamm ein Stück eines zertrümmerten Hauses, … Dort wurde ein armes blökendes Schaaf von den Wellen getragen! – Wir mussten an einigen Stellen durchs Wasser fahren, das manchmal bis in den Wagen drang. (Nikolaj Michailowitsch Karamsin, 1766) Wasserstraßen Panoramakarte Rhein Wasser- und Schifffahrtsschule 4/53 Wasserstraßen Fotos vom Rhein Wasser- und Schifffahrtsschule 4/54 Wasserstraßen Die Elbe – weißer Fluss aus dem Riesengebirge 1.094 km Schiffbare Länge in Deutschland 727 Kilometer Quellen Riesengebirge (Tschechien) Mündung Nordsee bei Cuxhafen Einzugsgebiet 148.268 km2 Größte rechte Nebenflüsse Schwarze Elster, Havel, Elde, Sude, Alster, Jizera Größte linke Nebenflüsse Moldau, Eger, Mulde, Saale, Ohre, Ilmenau, Este, Seeve, Oste Anzahl Schleusen 24 Schleusen in Tschechien, 1 Schleuse in Deutschland Großstädte Dresden, Magdeburg, Hamburg Die Elbe gehört neben dem Rhein und der Donau zu den größten Flüssen in Deutschland. Sie ist seit langer Zeit Schifffahrtsweg, Handelsroute und natürliche Grenze. Schon die Römer drangen kurz vor Christi Geburt von Süden her bis an die Elbe vor. Die Elbe (tschechisch: Labe) entspringt im Riesengebirge in Tschechien. Der Name Elbe ist angelehnt an das lateinische Wort albus (= weiß), wahrscheinlich wegen ihres schäumenden Wassers im Oberlauf. Zunächst durchquert der Fluss das nördliche Tschechien in einem weiten Bogen, fließt dann durch Deutschland und dabei unter anderem durch die Städte Dresden, Magdeburg und Hamburg und mündet schließlich bei Cuxhaven in die Nordsee. Aufgrund der großen Bedeutung des Hamburger Hafens war die Elbe in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gemessen an der Zahl der Schiffe die meistbefahrene Wasserstraße Europas. Der Zweite Weltkrieg und die Teilung Deutschlands beeinträchtigten die Entwicklung der Wasserstraße Elbe deutlich. Erst nach der Wiedervereinigung konnte der Hafen Hamburg seine Rolle als zentrale Logistikdrehscheibe für Mittel- und Osteuropa wieder einnehmen. Die Bundeswasserstraße Elbe verbindet 4/55 Wasserstraßen Länge Die Elbe besaß schon seit Jahrhunderten eine zentrale Bedeutung als Transportweg. Ähnlich wie beim Rhein erlaubte die Elbe ein weites Vordringen der Hanse bis fast an die Mittelgebirge. Neben Hamburg war zum Beispiel Magdeburg eine wichtige Elbestadt der Hanse. Die Elbe war daher ab dem 12. Jahrhundert Bestandteil eines kontinentalen Handelssystems, das von Brügge bis nach Königsberg reichte. Wasser- und Schifffahrtsschule zum Beispiel Tschechien über die deutschen Binnenhäfen mit dem Seehafen Hamburg und damit mit dem internationalen Seeverkehr. Der ursprüngliche Verlauf der Elbe war geprägt von einem weiträumigen Verlauf mit zahlreichen Nebenarmen und Tümpeln. Wechselnde Verläufe bei Niedrigwasser und unberechenbare Hochwasser machten die Elbe als Transportweg nur für kleine Boote nutzbar. Seit dem 12. Jahrhundert wurde die Elbe von Menschenhand für die Bedürfnisse der Landwirtschaft, der Besiedlung, des Hochwasserschutzes und auch für die Schifffahrt gestaltet. Heute stabilisieren rund 6.900 Buhnen und fast 320 Deck- und Parallelwerke den Lauf der deutschen Binnenelbe. Unterschieden wird die Elbe von ihrer Quelle bis zur Nordsee in Oberelbe, Mittelelbe, Unterelbe und Außenelbe. Wasser- und Schifffahrtsschule © bildpixel/pixelio.de 4/56 Nach Dresden verändert die Elbe ihren Charakter als Mittelgebirgsfluss und fließt langsam in großen Windungen an der berühmten Porzellanmanufaktur in Meißen vorbei sowie entlang der Sächsischen Weinstraße bis sie in das Norddeutsche Tiefland kommt. Mittelelbe Oberelbe Als Oberelbe wird der Lauf der Elbe von der Quelle bei Schloss Hirschhausen zwischen Meißen und Riesa bezeichnet. Die Elbe entspringt im tschechischen Riesengebirge in der Nähe der Grenze zu Polen. Sie fließt zunächst in südlicher und südöstlicher Richtung, erst ab Pardubice ändert sie ihren Verlauf nach einem scharfen Knick in Richtung Westen und fließt danach die meiste Zeit nach Nordwesten. Bei Mělník mündet der mit 430 Kilometer längste Nebenfluss, die Moldau, in die bis dahin noch viel kürzere und wasserärmere Elbe. In Tschechien wurden zur Verbesserung der Schifffahrtsverhältnisse auf der Elbe 24 Staustufen errichtet. Der deutsche Verlauf der Elbe beginnt mit einem weiten Mäander zwischen Bad Schandau und Pirna und nimmt dann wieder die Fließrichtung Nordwesten ein. Kurz vor Dresden mit seiner barocken Altstadt und der bekannten Loschwitzer Brücke („Blaues Wunder“) befindet sich eine der schwierigsten Passagen für die Schifffahrt. Grund hierfür ist der Flussbogen vor der Dresdner Altstadt mit sehr hoher Fließgeschwindigkeit und die dicht hintereinander liegenden Bogenbrücken. In Dresden hat auch die größte und älteste Raddampferflotte in der Welt ihre Heimat. Die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe hat 1992 eine geografische Gliederung der Elbe festgelegt, wonach der Oberlauf bei Schloss Hirschstein zwischen Meißen und Riesa endet. Die Elbe fließt in nordwestlicher Richtung vorbei an der Lutherstadt Wittenberg und der Stadt Dessau, bis sie bei Magdeburg einen stärkeren Knick macht. Sie fließt danach etwa 80 Kilometer nach Norden und sogar teilweise nach Nordosten. Nördlich von Magdeburg kreuzt der Mittellandkanal mit einer Trogbrücke die Elbe – der größte Wasserverkehrsknoten in Europa. Das 2003 fertiggestellte Wasserstraßenkreuz Magdeburg lässt über die Kanalbrücke ein Überqueren der Elbe in Ost-West- Richtung zu und schließt den Mittellandkanal sowie den Elbe-Havel-Kanal an die Elbe an. Über diese Kreuzung ist die Elbe mit der Oder, dem Rhein, dem Main und so auch mit der Donau verbunden. Dadurch sind per Binnenschiff die Nordsee, die Ostsee und das Schwarze Meer zu erreichen. Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule © davis/fotolia.de 4/57 Nach der Mündung der Havel, dem längsten rechten Nebenfluss der Elbe, wendet sich diese wieder in nordwestliche Richtung. Kurz vor Hamburg, an der Staustufe Geesthacht, der einzigen Staustufe der Elbe in Deutschland, erreicht die Elbe das untere Ende ihres Mittellaufs. Vom Ende des zweiten Weltkrieges bis zur Wiedervereinigung bildete die Mittelelbe die Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (93,7 Kilometer zwischen Schnackenburg und Lauenburg). Die im zweiten Weltkrieg zerstörte Elbbrücke Dömitz, eine 970 Meter lange Brücke zwischen Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, blieb lange ein Symbol der deutschen Teilung. Die heutige 178 Meter lange Brücke wurde zu Beginn der 1990er Jahre im Rahmen des Projektes Wiedervereinigung der Verkehrswege neu errichtet. Unterelbe Der gezeitenabhängige Abschnitt des Flusses ab dem Wehr in Geesthacht wird als „Unterelbe“ bezeichnet. Obwohl das Wasser bei jeder Flut von der Nordsee flussaufwärts fließt, ent hält die Unterelbe überwiegend Süßwasser. Der Bereich eines Flusses in dem sich Süß- und Salzwasser vermischen, wird als Brackwasserzone bezeichnet. Wasserstraßen Der Hamburger Hafen ist nach Rotterdam der zweitgrößte Seehafen in Europa. In Hamburg teilt sich die Elbe in die Norder- und Süderelbe, die den größten Teil des Hafens und zwei Stadtteile der Hansestadt umschließen. Nach Hamburg beginnt das 100 Kilometer lange Mündungsgebiet der Elbe. Das Teilstück der Elbe zwischen Hamburg und Nordsee gehört zu den am stärksten befahrenen Wasserstraßen in Europa. Das Binnendelta der Elbe weitet sich bis auf 15 Kilometer Breite auf. Das Ende der Binnenelbe ist festgelegt durch die „Verbindungslinie zwischen der Kugelbake in Cuxhaven und der westlichen Kante des Deichs des Friedrichskoogs“. Auf ihrem Weg durch das Wattenmeer wird die Elbe als Außenelbe bezeichnet. Von dem übrigen Wattenmeer unterscheidet sich diese durch niedrigeren Salzgehalt, Tiefe, Strömungsgeschwindigkeit und -richtung. Hier ist die Elbe auch nicht mehr Binnenwasserstraße, sondern Bestandteil der Seewasserstraße Nordsee. Karte Wasserstraße Elbe Wasser- und Schifffahrtsschule 4/58 Wasserstraßen Nils auf großer Fahrt Wasser- und Schifffahrtsschule 4/59 Nils fährt gerade mit dem Zug von Bayreuth nach Dresden und freut sich auf sein Schülerpraktikum auf der MS „Wotan“. Obwohl man auf dem Roten Main höchstens mit dem Paddelboot fahren kann, war für ihn immer klar, dass er später etwas mit Schiffen machen will. Umso mehr hatte er sich gefreut, als Freunde seiner Eltern, Karl und Marie, zugestimmt hatten, ihn auf ihrem Güterschiff auf eine Fahrt von Dresden nach Hamburg mitzunehmen. Die beiden sind schon seit einer Ewigkeit Schiffsführer und freuen sich, nachdem ihre eigenen Kinder schon erwachsen sind und studieren, auf den Besuch von Nils. „Hallo Nils, willkommen auf der MS ‚Wotan‘ “, begrüßt ihn Karl im Dresdner Hafen. „Gerade werden die letzen Einzelteile einer biotechnischen Anlage auf unser Schiff verladen. Die Anlage wird von Hamburg nach Rio de Janeiro in Brasilien verschifft und ist zu groß, um sie mit dem LKW zu transportieren. Sobald wir mit dem Beladen fertig sind, machen wir die Leinen los. Der Wasserstand der Elbe ist für die nächsten Tage gut und wir werden keine Probleme haben, Hamburg zu erreichen.“ Nachdem Nils auch Marie begrüßte und sein Gepäck verstaut hatte, fragte er die beiden, was es denn mit den vielen Raddampfern auf sich hat. „In Dresden befindet sich die größte Raddampferflotte der Welt. Raddampfer haben konstruktionsbedingt kaum Tiefgang und sind bestens für die Fahrt auf der Elbe mit ihren stark schwankenden Wasserständen geeignet“, erklärt ihm Marie. „In Tschechien wurden 24 Staustufen gebaut, in Deutschland hingegen befindet sich nur eine kurz vor Hamburg. Dafür wurden in der Elbe über 7.000 Buhnen und Parallelwerke gebaut, um für die Schifffahrt eine ausreichende Fahrtiefe zu ermöglichen“, ergänzt Karl von hinten. Als die Reise endlich losgeht, übernimmt Karl das Steuer. „Wir kommen gerade von Prag und mussten kurz vor Dresden eine der schwierigsten Passagen für die Schifffahrt passieren. Der enge Flussbogen vor der Dresdner Altstadt mit hoher Fließgeschwindigkeit und den dicht hintereinander liegenden Bogenbrücken ist selbst für eine geübte Schiffsführerin wie Marie keine einfache Sache. Deshalb macht sie jetzt erst einmal eine Pause und wir freuen uns über die Fahrt.“ Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/60 Was Winnetou, Luther und ein Hungerfelsen gemeinsam haben Die beiden genießen den Blick auf die Weinreben der Sächsischen Weinstraße. Diese ist rund 60 Kilometer lang und verläuft von Pirna bis hinter Meißen und ist das nordöstlichste Weinanbaugebiet Deutschlands. „Kennst du noch Karl May?“ fragt Karl. „Natürlich, ich habe alle 72 Bände seiner Geschichte gelesen“, antwortet Nils. „Gleich kommen wir an Radebeul vorbei, wo Karl May die Geschichten von Winnetou und Old Shatterhand geschrieben hat. Heute ist in der Villa Shatterhand ein Museum eingerichtet“, erzählt Karl. Bald danach fährt die MS „Wotan“ an der Stadt Meißen vorbei. Meißen ist berühmt für das Meissener Porzellan, das seit 1708 hergestellt wird und als Luxusmarke weltbekannt ist. Das Markenzeichen dieses Porzellans sind die gekreuzten Schwerter. Kurz hinter Meißen kommt Marie wieder nach vorne und zeigt Nils das Güterschiff und vor allem den Maschinenraum, auf den Nils sehr gespannt ist. Nach einer längeren Fahrt erreichen sie Wittenberg, wo sie die Nacht verbringen. Bekannt ist Wittenberg vor allem als Heimatstadt von Martin Luther. Am 31. Oktober 1517 hing der Augustinerpater Luther seine 95 Thesen an die hölzerne Kirchentür der Schlosskirche Allerheiligen und löste damit die Reformation aus, die zur Gründung der evangelischen Kirche führte. Nach einer entspannten Nacht fahren sie am nächsten Morgen an der Bauhausstadt Dessau vorbei. Das Staatliche Bauhaus wurde 1919 von Walter Gropius in Weimar als Kunstschule gegründet. Es stellt heute die einflussreichste Bildungsstätte im Bereich der Architektur, der Kunst und des Designs dar. „Wir haben auf unserem Schiff am Esstisch auch ein Bauhausprodukt. Der Freischwinger, also der Stuhl ohne Hinterbeine, auf dem man so schön wippen kann, ist im Bauhaus entwickelt worden“, erklärt Marie dem interessierten Nils. Ein Schiff über meinem Kopf Zur Mittagszeit ruft Marie Nils zu: „Wir erreichen jetzt gleich Magdeburg, das mit einer über 1.200-jährigen Geschichte eine der ältesten Städte Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/61 Deutschlands ist. Da hinten siehst du mit dem Magdeburger Dom eines der Wahrzeichen dieser Stadt. Weiter vorne könnten wir bei niedrigem Wasserstand den Hungerfelsen sehen.“ Die Elbe führt im Jahresverlauf viele unterschiedliche Wassermengen mit sich. Hochwasser wechseln sich mit sommerlichen Niedrigwasserständen ab, die charakteristisch für die Elbe sind. Der Magdeburger Domfelsen, früher Hungerfelsen genannt, erscheint, wenn der Pegel an der Strombrücke Magdeburg weniger als 1,30 Meter anzeigt. Für die Schifffahrt bedeutet dies jedoch eine Fahrrinnentiefe von 1,90 Meter. Ein niedriger Wasserstand des Flusses geht einher mit Einschränkungen oder der kompletten Einstellung der Schifffahrt auf der Elbe. „Ich glaube, ich träume!“, ruft Nils, „Über mir fährt ein Güterschiff!“, als die MS „Wotan“ das Wasserstraßenkreuz Magdeburg auf der Elbe passiert. Nördlich von Magdeburg kreuzt der Mittellandkanal mit einer Trogbrücke die Elbe – der größte Wasserverkehrsknoten in Europa. Das 2003 fertiggestellte Wasserstraßenkreuz Magdeburg lässt über die Kanalbrücke ein Überqueren der Elbe in Ost-West-Richtung zu und schließt den Mittellandkanal sowie den Elbe-Havel-Kanal an die Elbe an. Über diese Kreuzung ist die Elbe mit der Oder, dem Rhein, dem Main und so auch mit der Donau verbunden. Dadurch sind per Binnenschiff die Nordsee, die Ostsee und das Schwarze Meer zu erreichen. Vor dem Bau des Wasserstraßenkreuzes mussten die Schiffe einen Umweg von 12 Kilometern über die Elbe nehmen, um den 18,50 Meter großen Höhenunterschied zwischen Mittellandkanal und Elbe-Havel-Kanal zu überwinden. Sie mussten dabei sowohl das Schiffshebewerk Rothensee als auch die Schleuse Niegripp passieren. Bei niedrigem Wasserstand der Elbe mussten die Schiffe zum Teil entladen werden, um auf der Elbe ohne Grundberührung vorwärts zu kommen. „Die Landschaft ist wunderschön“, schwärmt Nils, als sie an Wittenberge vorbeifahren. Karl erwidert: „Wir müssen jetzt gleich gut aufpassen, denn zwischen der Havelmündung und Hitzacker befindet sich der so genannte ‚Böse Ort‘ – ein schmaler 90 Grad Knick bei Schnackenburg, der für die Schifffahrt schwierig zu passieren ist.“ Vom Ende des zweiten Weltkrieges bis zur Wiedervereinigung bildete die Mittelelbe in der Strecke zwischen Schnackenburg und Lauenburg die Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/62 Deutschen Demokratischen Republik. Bis in die heutige Zeit hat sich dadurch ein relativ naturnahes, unverbautes Ufer erhalten. „Da vorne siehst du die Einfahrt des Elbe-Seitenkanals in die Elbe“, ruft Karl Nils zu. „Erinnere dich an das Wasserstraßenkreuz Magdeburg, dem Verbindungsstück zwischen Mittellandkanal und Elbe. Vor der Wiedervereinigung diente der Elbe-Seitenkanal für die Bundesrepublik Deutschland als Verbindung zwischen Elbe und Mittellandkanal, heute wird er als Abkürzung zwischen nördlicher Elbe und westlichem Mittellandkanal genutzt und dient als Ausweichstrecke, wenn die Elbe zwischen Schnackenburg und Magdeburg Niedrigwasser führt. Wir haben aber auf unserer Fahrt genügend Wasser in der Elbe und können entspannt die schöne Landschaft genießen.“ Die Nordsee kommt näher Nicht weit von Hamburg erreichen sie die Schleuse Geesthacht. Während des Schleusenvorgangs erklären Marie und Karl die Funktion der Schleuse. „Bis zur Schleuse machen sich Flut und Ebbe der Nordsee bemerkbar. Im Normalfall liegt die Schleusungshöhe zwischen 1,30 Meter und 3,50 Meter. Damit die immer größer werdenden Schiffe den Hamburger Hafen anlaufen können, musste die Unterelbe immer wieder vertieft werden. Das mit der Schleuse Geesthacht verbundene Wehr hilft, dass im Staubereich die Wassertiefe für die Schifffahrt stabil bleibt.“ „Wie können denn die Fische dann über das Wehr kommen?“ fragt Nils die beiden. „Siehst du da hinten, den Abzweig von der Elbe? Dies ist einer von zwei Fischaufstiegsanlagen, über die die Fische das Wehr passieren können“, antwortet ihm Karl. Hinter der Schleuse nimmt der Schiffsverkehr zu und sie erreichen bald den Hafen Hamburg, der noch etwa 100 Kilometer von der Mündung in die Nordsee entfernt ist. Karl erklärt Nils: „Er ist nach Rotterdam der zweitgrößte Seehafen in Europa. Das Hafengebiet ist riesig und man kann sich leicht verirren. Hier werden die Teile der biotechnischen Anlage von dem Binnenschiff auf ein Seeschiff umgeladen und nach Brasilien transportiert. Was hältst du noch von einer Hafenrundfahrt und einem Besuch auf dem Fischmarkt, bevor du deine Heimreise nach Bayreuth antrittst?“, fragt Marie Nils, der ungläubig all die riesigen Schiffe bestaunt und nur noch zustimmend nickt. Wasserstraßen Arbeitsblatt „Nils auf großer Fahrt“ Wasser- und Schifffahrtsschule 4/63 Fasse die Geschichte von Nils, Marie und Karl in wenigen Sätzen zusammen! An welchen Orten kommen die drei auf ihrer Reise vorbei und was weißt du über die Orte? In welchen Orten an der Elbe bist du schon gewesen und was hat dir am besten gefallen? Wasserstraßen Der Teufel in der Elbe Wasser- und Schifffahrtsschule 4/64 Ein Kapitän ging traurig an einem Hafen auf und nieder, weil er gar nicht wusste, wie er ein Schiff bekommen sollte. Da trat ein feiner Herr zu ihm, der aber niemand anders als der Teufel selber war, und versprach ihm ein Schiff: er solle es sogar für immer behalten, wenn er ihm, dem Teufel, bei seiner Rückkehr in die Elbe etwas zu tun geben könne, das ihm auszurichten unmöglich wäre. Der Kapitän nahm in seiner Not das Anerbieten an und er erhielt ein Schiff; es war ganz leer, aber neu und gut; er bemannte es, fand Ladung und machte die vorteilhafteste und schnellste Reise. Als er aber wieder vor die Elbe kam, gedachte er seines Versprechens und voller Sorgen ging er auf dem Verdeck hin und her. Sein Sohn, der Steuermann war, bemerkte seine Verstimmung und drang mit Fragen in ihn. Da bekannte der Kapitän endlich, wie es zwischen ihm und dem Teufel stünde. Aber der Sohn sagte: „Wenn's weiter nichts ist, so geh nur ruhig in den Raum und lass mich nur machen.“ Der Vater ging hinunter; der Junge saß am Steuer, die Flut kam mit Macht herein, ein scharfer Wind war mit: da ließ er alle Segel aufsetzen und wie ein Blitz flog das Schiff in die Elbe. Cuxhaven gegenüber kam der Teufel mit einem Male an Bord und forderte, man möchte ihm nun seine Aufgabe stellen, oder er würde mit dem ganzen Schiff davon gehen. Da befahl der Junge den Matrosen, den großen Anker herunter zu lassen, und wie nun das große dicke Tau von der Welle flog, musste der Teufel zugreifen und sollte das Schiff im Laufe aufhalten. Da war aber die Fahrt so groß und der Teufel hielt das Tau so fest, dass er durch das Loch, darin das Tau ging, hindurch gezogen ward und weit hinaus ins Wasser flog. – Seit der Zeit hat er für immer darin bleiben müssen. Bei stürmischem Wetter, wenn Leute von einem Ufer zum andern wollen und niemand sie übersetzen will, dürfen sie nur rufen; dann muss der Teufel kommen und sie über den meilenbreiten Strom hinübertragen; er darf kein Fährgeld nehmen. Man sagt, dass er viel zu tun und immer hin und her zu waten hat. Der Amtmann von Zewen im Hannöverschen hat vor zweihundert Jahren einen Kontrakt mit ihm gemacht. Mündlich aus Marne in Dithmarschen. Wasserstraßen Panoramakarte Elbe Wasserstraßen 4/65 Wasser- und Schifffahrtsschule Fotos von der Elbe Wasser- und Schifffahrtsschule 4/66 © Gabriele Rohde/fotolia.de © davis/fotolia.de Wasserstraßen Wasserstraßenkreuz Magdeburg Wasser- und Schifffahrtsschule 4/67 Wasserstraßen Richtung Hamburg, Nordsee Richtung Hannover, Elbe-Seitenkanal, Weser, Rhein-MainDonau Wasserstraße Richtung Dresden Richtung Berlin, Oder, Havel-OderWasserstraße, Stettin, Ostsee Wasserstraßenkreuz Magdeburg Wasser- und Schifffahrtsschule © Roland Kayser/pixelio.de 4/68 Wasserstraßen Wasserstraßenkreuz Magdeburg Wasser- und Schifffahrtsschule 4/69 Überblick Wasserstraßenkreuz (4/136) Bilder Wasserstraßenkreuz (4/137) Nördlich von Magdeburg kreuzt der Mittellandkanal mit einer Trogbrücke die Elbe – der größte Wasserverkehrsknoten in Europa. Das 2003 fertiggestellte Wasserstraßenkreuz Magdeburg lässt über die Kanalbrücke ein Überqueren der Elbe in Ost-West- Richtung zu und schließt den Mittellandkanal sowie den Elbe-Havel-Kanal an die Elbe an. Über diese Kreuzung ist die Elbe mit der Oder, dem Rhein, dem Main und so auch mit der Donau verbunden. Dadurch sind per Binnenschiff die Nordsee, die Ostsee und das Schwarze Meer zu erreichen. Kanalbrücke (Bild oben) Das Kernstück des Wasserstraßenkreuzes ist Europas längste Kanalbrücke. Sie führt den Mittellandkanal über die Elbe hinweg und ist insgesamt 918 Meter lang. Die Kanalbrücke wird im Richtungsverkehr befahren, das heißt, dass die Schiffe immer nur in eine vorgegebene Richtung fahren dürfen. Vor dem Bau des Wasserstraßenkreuzes mussten die Schiffe einen Umweg von 12 Kilometern über die Elbe nehmen, um den 18,50 Meter großen Höhenunterschied zwischen Mittellandkanal und Elbe-Havel-Kanal zu über winden. Sie mussten dabei sowohl das Schiffshebewerk Rothensee als auch die Schleuse Niegripp passieren. Bei niedrigem Wasserstand der Elbe mussten die Schiffe zum Teil entladen werden, um auf der Elbe ohne Grundberührung vorwärts zu kommen. Schleuse Rothensee und Schiffshebewerk Rothensee (Bilder Mitte) Die Anbindung des Magdeburger Hafens an den Mittellandkanal und an die Elbe erfolgte früher über das Schifffshebewerk Rothensee (2006 stillgelegt) und den Rothenseer Verbindungskanal. Um diese wichtige Anbindung auch mit großen Güterschiffen und Schubverbänden passieren zu können, wurde die Schleuse Rothensee errichtet. Doppelsparschleuse Hohenwarthe (Bild unten links) Die Schleusenanlage bildet das Verbindungsstück zwischen dem Mittellandkanal und dem 18,50 Meter tieferen Elbe-Havel-Kanal. Schleuse Niegripp (Bild unten rechts) Um von der Elbe aus direkt in den Elbe-HavelKanal zu gelangen, passiert die Schifffahrt den 1,8 Kilometer langen Niegripper Verbindungskanal mit der Schleuse Niegripp. Wasserstraßen Wasserstraßenkreuz Magdeburg Wasser- und Schifffahrtsschule 4/70 Richtung Hamburg, Nordsee Richtung Berlin, Oder, Havel-OderWasserstraße, Stettin, Ostsee Richtung Hannover, Elbe-Seitenkanal, Weser, Rhein-MainDonau Wasserstraße Richtung Dresden Aufgabe 1: Wie würdest du einen Tanker mit über 1.000 Tonnen Heizöl von Dresden nach Berlin steuern und welche Schleusen musst du passieren? Aufgabe 2: Welche Wege gibt es, um ein Containerschiff mit 400 Containern voller Fernseher von Berlin zum Umladen in den Magdeburger Hafen zu bringen? Aufgabe 3: Stelle dir vor, dass die Kanalbrücke wegen Reparaturarbeiten gesperrt ist und ein Schiff mit Düngemittel aus Hannover nach Potsdam fahren will! Wie würdest du fahren und welche Schleusen musst du passieren? Wasserstraßen Modellbaubogen Güterschiff Wasser- und Schifffahrtsschule 4/71 Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/72 Wasserstraßen Berliner und Märkische Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/73 Wasserstraßen Die Region Berlin-Brandenburg ist geprägt durch ein eng verzweigtes Wasserstraßennetz. Bedeutsam sind vor allem die Flüsse Spree, Havel und Dahme und die Vielzahl von Seen. Durch die Verbindung mit Kanälen entstand somit ein Verkehrsnetz von überregionaler Bedeutung. Auf dem Gebiet zwischen Havel bei Spandau und der Oder bei Eisenhüttenstadt, sowie Rüdersdorf im Norden und Teupitz im Süden befinden sich rund 400 Kilometer Wasserstraßen mit 17 Schleusen und 27 Schleusenkammern. Für die Güterschifffahrt ist vor allem die Verbindung von Berlin an die Elbe und an die Oder von großer Bedeutung. Die Anbindung Berlins an die Elbe erfolgt durch die Havel und Havelkanal. Für die Anbindung an die Oder und damit an die Ostsee gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen kann die Havel-Oder-Wasserstraße gewählt werden (für weitere Informationen siehe Lehrerhandreichung Seiten 4/1434/154), zum anderen steht die Oder-SpreeWasserstraße der Schifffahrt zur Verfügung. Für die Fahrgastschifffahrt und Sport- und Freizeitschifffahrt ergibt sich durch das dichte Netz der Berliner und Märkischen Wasserstraßen eine der größten und schönsten Wasserlandschaften in Europa. Für die Region Berlin-Brandenburg sind die Wasserstraßen zudem sehr wichtig für die Stabilisierung des Wasserhaushalts und für den Erhalt des Lebensraumes von Pflanzen und Tieren. Aus historischer Sicht waren die Wasserstraßen für die Entwicklung Berlins zu einer Weltmetropole von elementarer Bedeutung. Der rasche Wachstum Berlins im 19. und 20. Jahrhundert konnte nur durch den Transport von Baumaterialien, Brennstoffen und Lebensmitteln bewältigt werden. Nicht umsonst gab es den Spruch, dass „Berlin aus dem Kahn gebaut wurde“. Erst mit dem Aufkommen der Eisenbahn veränderte sich das Bild. Heute haben Bahn und Schifffahrt eine gut funktionierende Arbeitsteilung übernommen. Die Wasserstraßen sind für die regionale Nahversorgung von Berlin von großer Bedeutung. Noch wichtiger sind sie allerdings als Erholungsraum und touristischer Anziehungspunkt. Wasser- und Schifffahrtsschule 4/74 Ein Blick auf die Karte der Berliner und Brandenburger Wasserstraßen die im Zuständigkeitsbereich des Wasser- und Schifffahrtsamtes Berlin liegen, zeigt ein sehr dichtes Netz miteinander verbundener Wasserstraßen. Leider kann im Folgenden nur auf die wichtigsten Wasserstraßen eingegangen werden. Für Fragen zu einer Wasserstraße die nicht beschrieben wird, steht Ihnen das Internetangebot des Wasser- und Schifffahrtsamtes Berlin www.wsa-b.de oder dessen Mitarbeiter zur Verfügung. Beschrieben werden vor allem die folgenden Wasserstraßen, da sie die großen Verbindungsstrecken darstellen: 쮿 Spree-Oder-Wasserstraße 쮿 Landwehrkanal 쮿 Teltowkanal Spree-Oder-Wasserstraße Die Spree-Oder-Wasserstraße (SOW) ist eine Bundeswasserstraße und verbindet die Havel mit der Oder. Sie durchquert Berlin vom Nordwesten kommend in südöstlicher Richtung. Die Wasserstraße ist eine Sammelbezeichnung mehrerer staugeregelter Flussstrecken und Kanalstrecken für die Verbindung von der unteren Havel ab der Spreemündung bis zur Oder in Eisenhüttenstadt. Die Gesamtlänge der Spree-Oder-Wasserstraße beträgt 128,66 Kilometer. Die Spree-Oder-Wasserstraße beginnt an der Spreemündung in die Havel in Berlin Spandau. Am einfachsten kann die Wasserstraße im Verlauf ihrer einzelnen Abschnitte betrachtet werden. Untere Spree In der Nähe der Zitadelle Spandau fließt die Spree in die Havel. Am Wasserstraßenkilometer 6,90 wird die Eisenbahnbrücke in Charlottenburg erreicht. Die Schleuse Charlottenburg war bis zu ihrem Neubau im Jahr 2003 ein Engpass auf dem Weg zum West hafen. Die Abmessungen der beiden vorhandenen Schleusenkammern mit 64,5 Metern beziehungsweise 82,0 Metern nutzbarer Länge und einer Breite von 10,0 Metern reichten für moderne Großmotorgüterschiffe nicht mehr aus und wurden auf eine Breite von 12,5 Meter und einer nutzbaren Länge von 115,0 Meter vergrößert. An der Schleuse Charlottenburg zweigt auch der Westhafenkanal ab. Dieser führt zu dem größten Hafen Berlins, dem Westhafen. Danach mündet der Westhafenkanal in den Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal, der weiter nördlich in die Havel führt. Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/75 Treptower Spree und Dahme Die Strecke von der Abzweigung des Landwehrkanals bis zur Einmündung der Müggelspree in Köpenick (Wasserstraßenkilometer 21,39 bis 32,85) wird als Treptower Spree bezeichnet. Vorbei am Treptower Park und dem Rummelsburger See verläuft die Wasserstraße in südöstlicher Richtung. In Köpenick wird die Treptower Spree zur Müggelspree, die durch den Großen Müggelsee fließt und eine Verbindung zu den Rüdersdorfer Gewässer darstellt. An diesen liegt ein großes Kalksandsteingebiet von dem Berlin einen Großteil seiner Baustoffe bezog. Berliner Spree Von der Charlottenburger Eisenbahnbrücke bis zur Abzweigung des Landwehrkanals verläuft der Abschnitt der Berliner Spree (Wasserstraßenkilometer 6,90 bis 21,39). Bevor die Berliner Spree ihren Weg durch das Zentrum nimmt, umschließt sie im Spreebogen Park und Schloss Charlottenburg. Am so genannten „Spreekreuz“ treffen Landwehrkanal, Charlottenburger Verbindungskanal und Spree aufeinander. An der Spitze der Halbinsel hat sich die Wache 2 der Wasserschutzpolizei niedergelassen. Diese überwacht große Teile der Berliner Wasserstraßen. Am Wasserstraßenkilometer 15,29 lag fast drei Jahrzehnte lang die Wasserstraßen-Grenzübergangsstelle Marschallbrücke (Güst). Mit dem Mauerbau verlief die Grenze zwischen Ostund West-Berlin am Ostrand des Spreebogens und überquerte dort die Spree. Unmittelbar an der Marschallbrücke war der Kontrollpunkt für den grenzüberschreitenden Schiffsverkehr, an der die vorwiegend mit polnischer Kohle beladenen Frachtschiffe auf ihrem Weg zum Kraftwerk Reuter auch unter Wasser nach Flüchtlingen abgesucht wurden. Kurz danach zweigt von der Spree-Oder-Wasserstraße der parallel verlaufende Spreekanal, der auch Kupfergraben genannt wird ab. Vorbei an der Mühlendammschleuse und der Oberschleuse endet die Berliner Spree an der Abzweigung des Landwehrkanals. Die Spree-Oder-Wasserstraße verläuft ab Köpenick entlang der Dahme (Langer See) bis nach Seddinsee (Wasserstraßenkilometer 32,85 bis 45,11) und von da ab in den Oder-Spree-Kanal. Oder-Spree-Kanal Der 1891 fertiggestellte Kanal verbindet die Spree mit der Oder und war vor allem zwischen den beiden Weltkriegen eine sehr wichtige Verkehrsverbindung (Wasserstraßenkilometer 45,11 bis 130,16). Der westliche Abschnitt des Oder-Spree-Kanals verläuft rund 24 Kilometer vom Seddinsee bis er die ausgebaute Fürstenwalder Spree in der Nähe von Fürstenwalde erreicht. Nach rund 20 Kilometern zweigt der Oder-Spree-Kanal von der Spree ab und verbindet diese mit der Oder. Bei Biegenbrück über- Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/76 quert der Oder-Spree-Kanal in seiner Scheitelhaltung die Wasserscheide von Elbe und Oder. Danach mündet der Kanal bei Eisenhüttenstadt in die Oder. Landwehrkanal Der Landwehrkanal, der zwischen 1845 und 1850 erbaut wurde, diente der Entlastung der Spree als Transportweg. Der Landwehrkanal verbindet die untere Spree (am Spreekreuz) mit der oberen Spree am Osthafen mit der unteren Spree und fließt dabei durch die Stadtbezirke Charlottenburg, Mitte, FriedrichshainKreuzberg, Neukölln und Treptow-Köpenick. Der rund 11 Kilometer lange Landwehrkanal wird heute vorrangig für die Fahrgastschifffahrt und den Sportbootverkehr genutzt. Rund 1,1 Millionen Fahrgäste fahren auf 800 Fahrgastschiffen pro Jahr durch das wertvolle Naherholungsgebiet Berlins. Von 2007 bis 2013 wurde das Mediationsforum „Zukunft Landwehrkanal“, das sich aus 25 Institutionen, Organisationen und Gruppen zusammensetzte, durchgeführt. Ein zentrales Ergebnis der intensiven sechsjährigen Zusammenarbeit ist die gemeinsam entwickelte Sanierungslösung für den 120 Jahre alten und instandsetzungsbedürftigen Landwehrkanal. Teltowkanal Seit 1906 verbindet der Teltowkanal als südliche Umfahrung Berlins die Elbe mit der oberen Oder. Er beginnt als Abzweig aus der Potsdamer Havel am Maschinenhaus am Babelsberger Park und mündet nach 37,83 Kilometern bei Grünau in die Spree-Oder-Wasserstraße. Neben seinem Stellenwert als Wasserstraße profitierten seitdem das südliche Berlin und die Mittelmark von der natürlichen Entwässerung. Das Befahren der Wasserstraße war früher auf einen elektrischen Treidelbetrieb ausgerichtet. Für das Treideln (Schleppen) wurden beidseitig des Kanals zwei Meter breite Treidel- wege (Leinpfade) angelegt. Auf diesen lagen Eisenbahngleise für die Treidellokomotiven, die mit den Schiffen über Stahlseile verbunden waren und diese durch den Kanal schleppten. Wasserstraßen Karte Berliner und Märkische Wasserstraßen Wasserstraßen 4/77 Wasser- und Schifffahrtsschule Mariella, Dirk und Claudio auf großer Fahrt Die drei Freunde Mariella, Dirk und Claudio genießen die Fahrt auf der Havel und freuen sich auf ihr baldiges Ankommen in Berlin. Überraschenderweise haben Mariellas Eltern dieses Jahr beschlossen, ihre Motorjacht früher als sonst von Magdeburg nach Usedom zu bringen. Da gerade Osterferien sind, durfte Mariella auch ihre beiden Schulfreunde mitnehmen. Gemeinsam haben sie sich für die Route Elbe, Havel-Kanal, Untere Havel-Wasserstraße, Spree-Oder-Wasserstraße und Oder bis zur Ostsee entschieden. Getrübt wird ihre Freude nur dadurch, dass sie einen Aufsatz für die Schule über ihre Ferienerlebnisse anfertigen müssen. Claudio hatte vor seinem Umzug mit seinen Eltern in Berlin gelebt und freut sich, den anderen die Stadt zu zeigen. Mariellas Vater Klaus, der kein Freund von großen Städten ist, macht noch einen letzten Versuch, die Route zu ändern: „Schaut da vorne ist der Abzweig zum Teltowkanal, ich kenne eine wunderbare Eisdiele am Kleinmachnower See“. Seine Tochter hat sich die Strecke auf der Karte angesehen und lächelt nur: „Du willst ja bloß die südliche Umgehung nutzen, um dich auf den Berliner Wasserstraßen nicht zu verirren“. „In Ordnung“, antwortete ihr Vater, „beschwert euch aber nicht, wenn die Fahrt zu lange dauert“. Bei Spandau erreichen sie den Zusammenfluss von Havel und Spree und biegen rechts ab. Der Plan ist, auf Wunsch von Dirk erst einmal einen Abstecher in den Westhafen zu machen. Dieser ist der größte Hafen Berlins und ein wichtiger Umschlagplatz für die Versorgung von Berlin mit den verschiedensten Waren. Dirk erzählt ihnen, dass früher der Bau und die Versorgung Berlins mit Bau- und Brennstoffen ohne die vielen Wasserstraßen und Güterschiffe gar nicht möglich gewesen wäre. Auf den Wasserstraßen hat es nur so von Lastkähnen gewimmelt und es kam zu langen Staus. Auf der weiteren Fahrt, zeigt ihnen Mariellas Mutter am Kreuzungspunkt von Spree, Charlottenburger Verbindungskanal und Landwehrkanal ein eher ungewöhnliches Gebäude. „Seht ihr das Gebäude da vorne, das wie ein Lastkahn in die Spree ragt? Es wurde 1936 gebaut und war eine Müllverladestation. In der Halle konnten vier Müllwagen ihre Ladung gleichzeitig in eine 600 Tonnen fassende Schute entleeren. Etwa ein Viertel des Berliner Hausmülls wurde von diesem „Müllhafen“ über die Wasserstraßen zu den Deponien abtransportiert. Mit der Teilung Berlins war damit dann allerdings Schluss.“ Wasser- und Schifffahrtsschule 4/78 Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/79 Danach halten sie am Spreebogen an einer der öffentlichen Schiffsliegestellen und die drei Freunde wollen den Nachmittag genießen, sich den Deutschen Bundestag und das Brandenburger Tor sowie vielleicht noch andere Sehenswürdigkeiten ansehen. Mariellas Eltern zieht es hingegen zur Museumsinsel in das Bode- und Pergamonmuseum. Nach einem gemütlichen Abendessen fallen alle in ihre Betten und lassen sich von der Spree in den Schlaf schaukeln. Am nächsten Tag, einem Sonntagmorgen, staunen sie erst einmal über die Menge an Fahrgastschiffen und Sportbooten. Viele der Berliner Wasserstraßen werden vorrangig für den Tourismus und die Freizeit genutzt. Rund 1,1 Millionen Fahrgäste fahren auf 800 Fahrgastschiffen pro Jahr durch Berlin. Nach einem ausgiebigen Frühstück fahren sie weiter auf der Spree und passieren den Abzweig des Landwehrkanals. Während sie auf der Treptower Spree langsam Richtung Köpenick fahren, beratschlagen sie die weitere Route. Claudio würde gerne dem weiteren Verlauf der Spree-Oder-Wasserstraße über den Langen See (Dahme) folgen und einen Abstecher in die Teupitzer Gewässer machen. Mariella und Dirk hingegen würden lieber auf der Müggelspree zu den Rüdersdorfer Gewässern fahren und sich im Museumspark Rüdersdorf über die Bedeutung des Kalksandsteinabbaus für die Entwicklung Berlins informieren. Der Münzwurf entscheidet für den Weg über Berlins größten See, dem Müggelsee, und Claudio tröstet sich mit dem Gedanken an ein leckeres Abendessen am Seddinsee und der Vielzahl an Schleusenpassagen, die am nächsten Tag auf dem Weg zur Oder anstehen. Früh am Morgen machen sie sich auf die Reise über den Oder-Spree-Kanal. Der 1891 fertiggestellte Kanal verbindet die Spree mit der Oder und war vor allem zwischen den beiden Weltkriegen eine sehr wichtige Verkehrsverbindung. Bei Biegenbrück überquert der Oder-Spree-Kanal in seiner Scheitelhaltung die Wasserscheide von Elbe und Oder und mündet danach bei Eisenhüttenstadt in die Oder. Claudio verfolgt während der Fahrt den Verlauf des Kanals aufmerksam auf seiner Karte und informiert Mariellas Vater über die anstehenden Schleusen. „Auf dem Weg nach Biegenbrück müssen wir die Schleusen in Wernsdorf, Fürstenwalde und Kersdorf passieren, um auf die knapp 7,8 Meter höher gelegene Scheitelhaltung zu kommen. Bis jetzt fließt das ganze Wasser zur Spree und damit über Havel und Elbe in die Nordsee. Nach Biegenbrück neigt sich das Gelände der Oder zu und das ganze Wasser fließt über die Oder in die Ostsee. Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/80 In der Domstadt Fürstenwalde/Spree legen sie an der Sportbootliegestelle an der Schleuse an. Sie haben gelesen, dass hier – gegenüber dem Dom beim Museum der Stadt Fürstenwalde – ein echter Leuchtturm stehen soll und wollen erkunden, warum dieser Wegweiser der Seeschifffahrt hier mitten im "Flachland" steht. Im Museum erfahren sie unter anderem viel Interessantes über die Firma Pintsch aus Fürstenwalde, die schon um 1900 die Wasserstraßen der Welt mit Leuchtbojen und Leuchttürmen ausgerüstet hat. Nach diesen Erkenntnissen und einem leckeren Eis auf dem Marktplatz geht es weiter auf der Spree-Oder-Wasserstraße in Richtung Oder. Nach dem Passieren der Schleuse Kersdorf entscheiden sie sich zu einem zusätzlichen Halt. Ein Hinweisschild macht Mariella, Emre und Claudio neugierig. „Wasserbauliche Ingenieurkunst – sichtbar und erlebbar gemacht“ im Informationszentrum für die Geschichte des Oder-SpreeKanals. Sie folgen der Karte und fragen beim Schleusenmeister nach einer Führung. Da sich gerade keine Schiffe für eine Schleusung angemeldet haben, zeigt er ihnen das Informationszentrum im denkmalgeschützten ehemaligen Schleusengebäude auf der Nordseite der Schleuse. Dort können die Besucher die Entwicklung dieser Wasserstraße verfolgen, von dem Teile zu den ältesten in Brandenburg gebauten Kanälen gehören. Claudio interessiert besonders das Modell der Schleuse von 1904 im Maßstab 1:20. Er ist erstaunt, welche Leistungen vor über hundert Jahren schon möglich waren. Nach dem Abendessen können sie noch einen Biber beobachten, der hier an vielen Bäumen bereits seine Spuren hinterlassen hat. Am nächsten Morgen geht es dann auf der Scheitelhaltung des Kanals weiter Richtung Oder. Bei Wasserstraßenkilometer 96 zweigt am Südufer ein kleiner Kanal ab. Anhand der Karte erfahren sie, das dieser nach Neuhaus führt. Dort sorgt ein Pumpwerk mit Wasser aus der Spree dafür, dass im Kanal immer genug Wasser für die Schifffahrt vorhanden ist. In Eisenhüttenstadt passieren sie die Zwillingsschachtschleuse, die in den Jahren 1924-1929 gebaut wurde. Damals war sie mit ihren 14 Metern Höhenunterschied die größte Schachtschleuse Europas. Heute ist sie ein voll funktionsfähiges Industriedenkmal. Die hohen Schleusenwände und das riesige Hubtor beeindrucken die Kinder beim Ausfahren in den Unteren Vorhafen. Nach drei Kilometern erreichen sie die Oder. Die drei Freunde rufen „Ostsee, wir kommen“ und freuen sich auf die noch vor ihnen liegenden Erlebnisse. Wasserstraßen Arbeitsblatt zu „Mariella, Dirk und Claudio auf großer Fahrt“ Schaue auf der Karte der Berliner Wasserstraßen nach und versuche den Weg von Mariella, Dirk und Claudio auf dem Weg von der Elbe zur Oder zu verfolgen. Schreibe die wichtigsten Stationen auf. Wie viele Schleusen müssen sie hier passieren? Auf welchem Streckenabschnitt der Oder-Spree-Wasserstraße liegt die Wasserscheide zwischen Spree und Oder? Welche Höhenunterschiede müssen überwunden werden? Wasser- und Schifffahrtsschule 4/81 Wasserstraßen Berlin ist aus dem Kahn gebaut Wasser- und Schifffahrtsschule 4/82 In einem Gedicht aus dem 19. Jahrhundert von Theodor Fontane über die Mark Brandenburg heißt es: „Nichts ist entlehnt und nichts geborgt, Für Großes und Kleines ringsrum gesorgt. Ja, ja, wir haben es leicht und bequem: Im Brieselang Eichen, in Glindow Lehm, In Rauen Kohlen, in Linum Torf, Kalkgeschiebe in Rüdersdorf.“ Vor allem die Kalksteinbrüche in Rüdersdorf waren für den Bau und die Entwicklung Berlins zu einer Weltmetropole sehr wichtig. In dieser Gegend werden seit 700 Jahren Kalksteine im Tagebaubetrieb gebrochen. Verbaut wurden die Steine in ganz Deutschland, vor allem aber in Berlin. Einige der bekanntesten Bauwerke aus dem Rüdersdorfer Kalksandstein sind das Schloss Sanssouci in Potsdam, das Brandenburger Tor, der Reichstag, der Deutsche Dom am Gendarmenmarkt, die Staatsoper, das Olympiastadion und das Hotel Adlon. Bevor es LKWs gab, mussten Güter, wie zum Beispiel die schweren Steine mit Pferdegespannen und Frachtwagen transportiert werden. Die Zuladung war allerdings stark beschränkt. Man rechnete bei guten Straßen, das ein Pferd maximal eine Tonne Ladung ziehen konnte. Zum Vergleich konnte ein Pferd ein Schiff mit 300 Tonnen ohne größere Probleme ziehen. Ein Plauermaß-Kahn mit Motor konnte um 1940 zum Beispiel 650 Tonnen Güter transportieren. Aber selbst kleinere Schiffe waren den damaligen Lastwagen vielfach überlegen. Transportiert wurden die Steine zum großen Teil über die märkischen Wasserstraßen. Mit den Kähnen wurden Sand, Kies und Steine aus den Rüdersdorfer Brüchen nach Berlin geschippert. Kähne waren die LKWs des 18. und 19. Jahrhunderts, Flüsse und Kanäle die Landstraßen und Autobahnen dieser Zeit. Aus diesem Grund gab es auch den Spruch, dass Berlin mit seiner Vielzahl von Kanälen und Flüssen „… aus dem Kahn gebaut“ sei. Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/83 Die Rüdersdorfer Kalksteinbrüche und die Rüdersdorfer Gewässer sind seit dem Mittelalter untrennbar verbunden. Es begann 1550 mit einer Stauschleuse bei Woltersdorf, die die Spree mit den Rüdersdorfer Gewässern verbindet. Diese Schleuse wurde immer wieder für die größeren Güterschiffe angepasst. Im Jahr 1847 wurden rund 216.000 Kubikmeter Kalkstein über die Schleuse Woltersdorf transportiert. Hierfür waren über 15.000 Plauer Maßkähne mit einer Ladungskapazität von 745 Tonnen (bei einer Länge von 65 Metern, Breite von 8 Metern und einem Tiefgang von 2 Metern) erforderlich. Die Grundinstandsetzung der Schleuse in den neunziger Jahren bedeutete einen starken Einschnitt für die Schifffahrt. Seit Mai 1999 können die Rüdersdorfer Firmen jedoch wieder Güter über den Wasserweg transportieren. Vor allem im Sommer passieren zusätzlich auch hunderte von Sportbooten die Schleuse. Konkurrenz bekam die Schifffahrt erstmals durch die Schiene, als 1872 eine erste, 12,5 Kilometer lange Industriebahn gebaut wurde. Später kam es dann durch die motorisierten Lkws zu einem Rückgang der Schifffahrt. Trotzdem ist die Ladekapazität der Binnenschiffe im Vergleich zu Zügen und LKWs unübertroffen groß. Auch heute werden viele Massengüter mit dem Schiff über die Wasserstraßen nach Berlin transportiert. Wasserstraßen Arbeitsblatt „Berlin ist aus dem Kahn gebaut“ Wasser- und Schifffahrtsschule 4/84 Wasserstraßen Welche Güter wurden vor allem aus Rüdersdorf nach Berlin transportiert? Sieh dir die Karte der Berliner Wasserstraße an und überlege, wie du am besten von den Rüdersdorfer Gewässern zum Zusammenfluss von Spree und Havel in Spandau fahren würdest? Welche Menge an Gütern konnte ein Pferd mit einem Frachtwagen und welche Menge mit einem Schiff ziehen? Welche weiteren Güter fallen dir ein, die für den Bau von Berlin benötigt und größtenteils per Schiff transportiert wurden? Versorgung Berlins mit Baumaterialien Wasser- und Schifffahrtsschule 4/85 Wasserstraßen ‡ Kalksteintagebau in Rüdersdorf Hafen in Rüdersdorf ‡ ‡ Langerhanskanal Schleuse Woltersdorf ‡ ‡ Spree-Oder-Wasserstraße Reichstag Panoramakarte Berliner und Märkische Wasserstraßen Wasserstraßen 4/86 Wasser- und Schifffahrtsschule Fotos Berliner und Märkische Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/87 Wasserstraßen Die Havel-Oder-Wasserstraße Wasser- und Schifffahrtsschule 4/88 Wasserstraßen Länge circa 135 Kilometer Beginn Havel, Schleuse Spandau in Berlin Ende Oder bei Mescherin Wichtige Bauwerke Schleuse Lehnitz, Schiffshebewerk Niederfinow, Schleusen Hohensaaten Ost und West, Schleuse Schwedt Ortschaften Berlin, Henningsdorf, Oranienburg, Eberswalde, Hohensaaten, Schwedt, Friedrichsthal, Mescherin Verbindungskanäle Havel, Havelkanal, Veltener Stichkanal, Ruppiner Kanal, und Flüsse Vosskanal, Werbellinkanal, Finowkanal, Oder Häfen Hafen Eberswalde, Hafen Schwedt Das Gebiet zwischen Havel und Oder wurde aufgrund der geringen Höhenunterschiede von alters her als Handelskorridor, teilweise bis in die Bronzezeit zurück genutzt. Da das Schiff bis weit ins 19. Jahrhundert hinein das effektivste Transportmittel war, nutzte man die vorhandenen Wasserläufe soweit es ging. Die damaligen Schiffe waren klein und trugen im Mittelalter nur selten mehr als 5-7 Tonnen was gegenüber dem Landtransport aber schon ein riesiger Vorteil war. Die heute auf der Havel-Oder-Wasserstraße fahrenden Schiffe können bis zu 1.000 Tonnen transportieren. Die circa 135 Kilometer lange Havel-OderWasserstraße verbindet die Elbe mit der Oder. Sie beginnt im Nordwesten Berlins an der Schleuse Spandau und mündet bei Friedrichsthal im Grenzbereich zwischen Deutschland und Polen in die Westoder. In ihrem Verlauf überwindet sie durch das Schiffshebewerk Niederfinow die Wasserscheide zwischen Havel und Oder. Die Wasserstraße wurde 1914 als „Großschiffahrtsweg Berlin-Stettin“ von Kaiser Wilhelm II eröffnet und feiert im Jahr 2014 sein hundertjähriges Bestehen. Hauptziel des „Großschiffahrtsweges Berlin-Stettin“ war die Steigerung der Kapazitäten des Gütertransports zwischen Berlin und Stettin und die Gewinnung einer Verbindung zur Ostsee. Schon im Mittelalter waren für Berlin die schiffbaren Verbindungen zur Nordsee (über Havel und Elbe) und Ostsee (über Havel und Oder) aus wirtschaftlichen und militärischen Gründen wichtig. 1603 verordnete der Kurfürst Joachim Friedrich, dass ein Kanal von der Havel bei Liebenwalde bis zur Finow bei Schöpffurt und die Finow unterhalb Schöpffurt kanalisiert werden solle. Der 1620 fertiggestellte 1. Finowkanal wurde in den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) zerstört und geriet in Vergessenheit. Erst durch die Initiative des Königs Friedrich II konnte der Finowkanal im Jahr 1746 zum zweiten Mal eröffnet werden. Von Berlin bis zur Oder waren bis zu 20 Schleusen zu durchfahren. Vor allem durch die Entwicklung Berlins zu einer bedeutenden Großstadt nahm der Verkehr auf der Wasserstraße immer mehr zu. 1906 wurden über 2.700.000 Tonnen Güter befördert. Wichtig waren vor allem Baumaterialien, Brennstoffe und Stahl. Wasser- und Schifffahrtsschule 4/89 Gewässern mit einer Verbindung zur Oder bei Hohensaaten und der Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße mit einer Querverbindung zur Oder bei Schwedt bis sie bei Friedrichsthal in die Westoder mündet. So lieferte zum Beispiel die königliche Ziegelei bei Joachimsthal Ziegel und Mörtel für die 14 neuen massiven Schleusen im Finow-, Werbellin-, Voß-, Malzer- und Oranienburger Kanal. Dies war die Voraussetzung, dass mit Ziegeln aus Mildenberg die Berliner Stadtbezirke Prenzlauer Berg und Mitte und 1950 die „Karl-MarxAllee“ erbaut werden konnten. Zur Blütezeit produzierte Mildenberg 700 Millionen Ziegel pro Jahr, das reichte um 27.000 Mietwohnungen zu bauen. Eine Menge, die zum größten Teil mit dem Binnenschiff transportiert wurde. Dem weiteren Wachsen des Verkehrs konnte nur durch eine leistungsfähigere Wasserstraße für Schiffe mit größeren Abmessungen begegnet werden. Dies hat zu dem Bau des „Großschifffahrtswegs Berlin-Stettin“ geführt. Die Havel-Oder-Wasserstraße gliedert sich in vier Abschnitte (Havel-, Scheitel-, Oderhaltung und die Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße), die durch die Schleuse Lehnitz, das Schiffshebewerk Niederfinow und die Schleuse Hohensaaten West miteinander verbunden sind. Sie beginnt an der Spreemündung unterhalb der Schleuse Spandau und verläuft entlang der Spandauer Havel, über die Oranienburger Havel zum Oder-Havel-Kanal. Nach dem Schiffshebewerk in Niederfinow folgt sie den Oderberger Ein zentrales Bauwerk der Havel-Oder-Wasserstraße ist das Schiffshebewerk in Niederfinow. Mit seiner Hilfe überwinden jährlich circa 20.000 Wasserfahrzeuge einen 36 Meter großen Höhenunterschied. Anders als in einer Schleuse fährt das Schiff in einen beweglichen, mit Wasser gefüllten Schiffstrog und fährt – wie in einem überdimensionierten Aufzug – nach oben oder unten. Rund 150.000 Besucher jährlich besuchen das „historische Wahrzeichen der Ingenieursbaukunst“ und das dazugehörige Informationszentrum. Das im Jahr 1934 in Betrieb genommene Schiffshebewerk ist nach jahrzehntelangem Betrieb immer schwieriger instandzuhalten und ist zu einem maßgeblichen Engpass im transeuropäischen Netz der Binnenwasserstraßen geworden, da es für moderne Güterschiffe zu klein geworden ist. Aus diesem Grund wird derzeit ein neues Schiffshebewerk gebaut. Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/90 Im „Neuen Schiffshebewerk Niederfinow“ können Schiffe mit 110 Meter Länge und 11,40 Meter Breite oder auch 114 Meter lange Dreierschubverbände die Passage nutzen. Allein der wassergefüllte Trog des neuen Hebewerks wiegt über 9.000 Tonnen. Er wird mittels 224 Seilen, die über insgesamt 112 Doppelseilrollen, mit 220 Gegengewichten und vier Seilgewichtsausgleichsketten an zwei Seilrollenträgern aufgehängt. Durch diese Gegengewichtskonstruktion wird das Troggewicht nahezu ausgeglichen. Das neue Schiffshebewerk arbeitet (wie schon sein Vorgänger) daher mit minimalem Energieaufwand. Wasserstraßen Wie keine andere deutsche Wasserstraße hat die Verbindung von Berlin nach Stettin in ihrer nun hundertjährigen Geschichte politische und gesellschaftliche Umbrüche, Wirtschaftskrisen und Kriegszerstörungen, Gräuel der Gewaltherrschaft und neue Grenzziehungen erfahren und den ursprünglichen Rang als einst meist befahrene Magistrale im preußischen Wasserstraßennetz eingebüßt. Ein weiteres beeindruckendes Bauwerk an der Havel-Oder-Wasserstraße ist der 1911 fertiggestellte höchste Kanaldamm Europas, der Ragöser Damm. Zur Überquerung des Ragöser Fließes, einem rund 10 Kilometer langem Bach, wurde ein Kanaldamm erbaut, der an seiner höchsten Stelle 28 Meter über dem Tal liegt. Für den Bau des rund 800 Meter langen Bauwerks wurden etwa 1 Million Kubikmeter Erdmassen aufgeschüttet. Gleichwohl wird der Wasserweg bis heute erhalten und genutzt. Nach wie vor bilden Berlin und Stettin die Endpunkte der Verbindung. Entlang der Havel-Oder-Wasserstraße wurden moderne neue Häfen in Eberswalde und Schwedt erbaut, und die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung hat in den 1990-er Jahren eine grundlegende Instandsetzung der Wasserstraße in Verbindung mit einem Ausbau für moderne Großmotorgüterschiffe begonnen. Die Bedeutung der Havel-OderWasserstraße wird auch durch ihre Aufnahme in das Transeuropäische Verkehrswegenetz der Europäischen Union dokumentiert. Eine Zeitreise auf der Havel-Oder-Wasserstraße Luzia, Martha, Emre und Mark freuen sich auf den Ausflug mit ihren Klassenkameraden aus der Grundschule Havelburg zum Schiffshebewerk Niederfinow, dem zweithöchsten in Europa. Am Informationszentrum angekommen staunen die Kinder nicht schlecht, die Schiffe müssen einen Höhenunterschied von 36 Metern überwinden. Zu Fuß geht es erst einmal zum oberen Scheitelpunkt des Kanals. Oben angekommen sehen sie neben dem alten Schiffshebewerk noch eine riesige Baustelle mit vielen Baumaschinen, Lastwagen und Menschen. Der Mitarbeiter vom Wasser- und Schifffahrtsamt der die Führung übernommen hat, erklärt den Schülern, dass es immer schwieriger wird, das 1934 gebaute Schiffshebewerk instandzuhalten und es auch zu klein für moderne Güterschiffe ist. Aus diesem Grund wird in unmittelbarer Nähe ein neues Schiffshebewerk gebaut. „Was denn der Unterschied zwischen einer Schleuse und einem Schiffshebewerk ist“, will Emre wissen. „In einer Schleuse werden die Schiffe durch in die Schleusenkammer hereinströmendes oder abfließendes Wasser hochgehoben oder runtergelassen. Die höchsten Schleusen in Deutschland wurden am Main-Donau-Kanal mit bis zu 25 Metern Höhe gebaut. Für einen größeren Höhenunterschied ist diese Bauart nicht geeignet. In einem Schiffshebewerk fährt das Schiff in einen wassergefüllten Trog. Anschließend wird dieser mit dem Schiff wie in einem Personenaufzug nach oben oder unten befördert. Nur dass allein der wassergefüllte Trog des neuen Hebewerks über 9.000 Tonnen wiegen wird. Im „Neuen Schiffshebewerk Niederfinow“ können Schiffe mit 110 Metern Länge in den „Aufzug“ fahren“, erklärt der Schifffahrtsexperte. Um einen Eindruck davon zu bekommen wie es ist, mit einem Schiffsaufzug zu fahren, wird die Schulklasse eingeladen, in einem Bereisungsschiff der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung einen Ausflug zu unternehmen. Die Schüler steigen in das Schiff und dieses fährt langsam in den Schiffstrog ein. Angesichts der großen Höhe wird es den Kindern etwas unheimlich. Luzia klammert sich an das Geländer und hofft, dass sie wieder heil unten ankommen. Leise hört sie eine ruhige Stimme: „Du brauchst keine Angst zu haben, ich bin seit hundert Jahren hier und sorge dafür, dass den Schiffen auf ihrer Reise nichts passiert“. Luzia glaubt zu träumen, es ist außer ihren Klassenkameraden und der Schiffsbesatzung keiner zu sehen. „Ich bin der Drehriegel Ulli und sorge mit meinen drei Kameraden dafür, dass bei einem Unfall der Schiffstrog sicher abgebremst wird, aber keine Angst, wir mussten bislang in der ganzen Zeit noch nie ein- Wasser- und Schifffahrtsschule 4/91 Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/92 greifen. Ich gebe zu, dass ich mit 10 Tonnen Gewicht kein Leichtgewicht bin, aber dafür bin ich auch sehr stark. Willst du noch ein bisschen mehr über die Havel-Oder-Wasserstraße erfahren, dann nehme ich dich auf eine Zeitreise mit“. „Wow“, sagt Luzia „können da auch meine Freunde Martha, Emre und Mark mitkommen?“ „Kein Problem“ kommt es von Drehriegel Ulli zurück, „kommt einfach mit“. Auf dem Weg ins Mittelalter Die drei Freunde staunen nicht schlecht, als Luzia ihnen von der Zeitreise berichtet. Neugierig stimmen sie dem Vorhaben zu. „Setzt euch auf mich, die erste Etappe der Reise führt uns ins Mittelalter“ spricht Drehriegel Ulli zu ihnen. „Im Gebiet zwischen Havel und Oder verlaufen seit Ewigkeiten schon Handelswege, diese reichen sogar bis in die Bronzezeit zurück. Schiffe waren schon lange das effektivste Transportmittel, viel leistungsfähiger und sicherer als Lastkarren. Kaufleute und Regierende aus Berlin suchten nach Lösungen für eine Schiffsverbindung zu Nord- und Ostsee. 1603 gab der Kurfürst Joachim Friedrich das Signal zum Bau eines Verbindungskanals zwischen Havel und Oder, dem Finowkanal. Seht wie viele Menschen am Kanal arbeiten und fast ohne Maschinen. Zu der damaligen Zeit und ohne heutige Maschinenkraft war dies ein schwieriges Unterfangen, das viel Zeit, Geld und Menschenleben kostete. Erst 17 Jahre später wurde der 1. Finowkanal mit 11 Schleusen eröffnet.“ Stau auf dem Kanal „Ich würde vorschlagen, dass wir den Dreißigjährigen Krieg überspringen, in dieser Zeit wurden die Schleusen und Teile der Dämme zerstört und der Kanal war somit unbrauchbar und geriet in Vergessenheit“, erklärt Drehriegel Ulli bevor sie weiterfliegen“. Mark ruft den anderen zu: „Seht nur, da fährt ein Schiff auf dem Kanal.“ Sie waren gerade rechtzeitig im Jahr 1746 angekommen, um die zweite Eröffnung des Finowkanals durch König Friedrich II mit zu erleben. Zu diesem Zweck fuhr ein Salzschiff die kostbare Ladung von 100 Tonnen Salz von Staßfurt nach Oderberg. Angesichts der steigenden Schifffahrtszahlen wurde der Kanal immer weiter ausgebaut. Durchquerten 1749 1.047 Kähne den Kanal stieg die Anzahl 1841 auf 13.334 Kähne und 48.000 Stämme Floßholz an. „Da ist ja ein richtiger Stau vor der Schleuse“, wundert sich Luzia“. Kähne mit Ziegeln, Sand, Hölzern und Kohle warteten ungeduldig auf die Schleusenpassage. Ulli, der schwergewichtige Drehriegel, erklärt ihnen, dass die Schleusen Tag und Nacht in Betrieb waren, um das Verkehrsaufkommen Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/93 zu bewältigen. Trotzdem verlängerten sich die Wartezeiten von einer zweitägigen Normalfahrt auf 14 Tage. Um die Situation für die Schifffahrt zu verbessern, wurde der Kanal immer weiter ausgebaut. Ein wesentlicher Grund für die vielen Schiffe war das Wachstum von Berlin. Schon 1880 gehörte Berlin zu den Städten mit mehr als einer Million Menschen. Drehriegel Ulli schlägt vor, sich das Berlin um die Jahrhundertwende anzusehen. „Ich sehe nur Baustellen mit ganz vielen Bauarbeitern“ staunt Mark. „Kein Wunder, wir sind am Prenzlauer Berg und hier werden pro Jahr einhundert neue Wohnhäuser gebaut. Die meisten Ziegel kommen aus Mildenberg, in der Nähe von Eberswalde, und diese Menge kann nur mit dem Güterschiff transportiert werden“, bemerkt Drehriegel Ulli stolz. Der Bau des alten Schiffshebewerkes Niederfinow „Die Reise ist unglaublich spannend, wohin fahren wir als nächstes Ulli?“ fragt Luzia neugierig. „Langsam müssen wir zurückkehren, aber eine Sache will ich euch noch zeigen und zwar den Bau des alten Schiffshebewerks in Niederfinow“, antwortet Drehriegel Ulli. „Aufgrund des starken Anstiegs des Schiffsverkehrs wurde der ‚Großschiffahrtsweg Berlin- Stettin‘ gebaut und 1914 fertiggestellt. Allerdings mussten die Schiffe bei Niederfinow erst eine Schleusentreppe mit vier Schleusen hintereinander passieren. Das kostete viel Zeit und verbrauchte viel Wasser, das wieder mühevoll die 36 Meter hinauf gepumpt werden musste“, kommt die Erläuterung von Drehriegel Ulli. „Deswegen wurde dann bestimmt das Schiffshebewerk gebaut“, gibt Martha ihre Meinung kund. „Seht nur diese wunderschöne Stahlkonstruktion und was sind das für riesige Gewichte die gerade befestigt werden?“ „Stimmt, mit dem Schiffshebewerk konnten die Schiffe schneller und vor allem auch größere Schiffe transportiert werden. Wir befinden uns gerade in der Bauphase des Schiffshebewerks und diese 192 Gewichte, jedes einzelne wiegt knapp 21 Tonnen, bilden den Ausgleich zum Gewicht der Trogwanne. So können die Schiffe mit minimalem Energieaufwand hoch und runter befördert werden“, erklärt Drehriegel Ulli. „Leider ist unsere Reise jetzt zu Ende, das Schiff ist unten angekommen und eure Lehrer wollen mit euch nach Hause gehen. Verbringt noch eine schöne Zeit“. Kaum hatte Drehriegel Ulli diese Worte ausgesprochen, waren Luzia, Martha, Emre und Mark wieder bei ihren Schulkameraden in der Gegenwart. „Wenn wir diese Geschichte in unserem nächsten Deutschaufsatz bringen, glaubt uns das bestimmt keiner!“, flüstert Emre den anderen drei Freunden zu und sie beschlossen, die Geschichte besser für sich zu behalten. Wasserstraßen Arbeitsblatt „Eine Zeitreise auf der Havel-Oder-Wasserstraße“ Welche historischen Zeiten und Orte haben die vier Freunde mit Drehriegel Ulli auf ihrer Reise besucht? Die 192 Gewichte bilden das Gegengewicht zu der Trogwanne des alten Schiffshebewerkes Niederfinow. Wie schwer ist die Trogwanne in Tonnen? Wie viel schwerer ist die Trogwanne des neuen Schiffshebewerks? Zu Ehren der zweiten Eröffnung des zweiten Finowkanals wurde ein Schiff auf die Reise geschickt. Was und wie viel davon hatte das Schiff transportiert? Ein Güterschiff fährt in die Trogwanne voller Wasser ein und will nach unten transportiert werden. Verändert sich das Gewicht der Trogwanne mit der Einfahrt des Schiffes und warum? Wasser- und Schifffahrtsschule 4/94 Wasserstraßen Panoramakarte Havel-Oder-Wasserstraße Wasserstraßen 4/95 Wasser- und Schifffahrtsschule Fotos von der Havel-Oder-Wasserstraße Wasser- und Schifffahrtsschule 4/96 Wasserstraßen Schiffshebewerk Niederfinow – seit 1934 in Betrieb Wasser- und Schifffahrtsschule 4/97 Wasserstraßen Ein zentrales Bauwerk der Havel-Oder-Wasserstraße ist das Schiffshebewerk in Niederfinow. Mit seiner Hilfe überwinden jährlich circa 20.000 Wasserfahrzeuge den 36 Meter großen Höhenunterschied zwischen der Wasserscheide Havel und Oder. Das Schiffshebewerk ist seit 1934 in Betrieb und hat seitdem rund 800.000 Schiffe transportiert. Anders als in einer Schleuse fährt das Schiff im Schiffshebewerk in einen beweglichen, mit Wasser gefüllten Schiffstrog und fährt wie in einem überdimensionierten Aufzug nach oben oder unten. Das Neue Schiffshebewerk Niederfinow – ein Bauwerk für die Zukunft Wasser- und Schifffahrtsschule 4/98 Wasserstraßen Direkt neben dem bestehenden Schiffshebewerk wird seit 2008 das „Neue Schiffshebewerk Niederfinow“ gebaut. Das alte Schiffshebewerk ist nach jahrzehntelangem Betrieb immer schwieriger instandzuhalten und zu klein für moderne Güterschiffe geworden. Zukünftig können dann Schiffe mit 110 Meter Länge und 11,40 Meter Breite oder auch 114 Meter lange Dreierschubverbände die Passage nutzen. Die Dimensionen des neuen Schiffshebewerks sind riesig. Allein der wassergefüllte Trog des neuen Hebewerks wiegt über 9.000 Tonnen. Das Gewicht des Trogs wird durch 220 Gegengewichte mit je 41 Tonnen Gewicht ausgeglichen und kommt dadurch mit minimaler Antriebskraft aus. Wie funktioniert ein Schiffshebewerk? Wasser- und Schifffahrtsschule 4/99 Station 1: Das Schiff fährt von der oberen Scheitelhaltung in den beweglichen, mit Wasser gefüllten Schiffstrog. Nach dem Schließen der Tore fährt der Schiffstrog nach unten und die Gegengewichte wie bei einem Aufzug nach oben. Station 2: In der Mitte der Trogfahrt befinden sich Trog und Gewichte auf gleicher Höhe. Sollte es zu einer Störung während der Fahrt kommen, sorgen an den vier Antrieben ein Sicherungssystem mit Mutterbackensäulen und Drehriegeln (vorstellbar als eine 10 Tonnen schwere Riesenschraube ohne Kopf) für einen sicheren Halt. Station 3: Hat der Schiffstrog die Fahrt nach unten beendet, sind die Gewichte ganz oben. In der Andockstellung wird der Spalt zwischen Schiffstrog und Kanal durch eine Spaltdichtung verschlossen und mit Wasser gefüllt. Die Tore öffnen sich und das Schiff verlässt das Hebewerk. Wasserstraßen Durchgängigkeit für Wasserlebewesen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/100 Durchgängigkeit für Wasserlebewesen Bäche und Flüsse spielen eine besondere Rolle im Leben der Menschen. Zugleich sind Gewässer Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Seitdem Menschen die großen Flüsse nutzen, greifen wir in deren natürlichen Zustand ein und formen sie nach unseren Bedürfnissen. Problematisch ist dies besonders für Fische, die ihr Leben als Pendler verbringen. Bäche und Flüsse sind ihre Wanderrouten. Doch vielerorts schränken Staustufen die Durchgängigkeit der Flüsse für Lebewesen, aber auch für den Sedimenttransport auf der Flusssohle stark ein. Diese so genannte „ökologische Durchgängigkeit“ gilt es wieder herzustellen. Sie ist ein wesentliches Kriterium, um die Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen. Bei dieser geht es darum, die Qualität der Gewässer in allen europäischen Flussgebieten zu verbessern und sie in einen guten ökologischen Zustand zu versetzen. Mit dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), das am 1. März 2010 in Kraft getreten ist, wurde die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) hoheitlich für die Erhaltung und Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit an Bundeswasserstraßen zuständig. Unsere Flüsse sind für zahlreiche Fischarten Kinderstube, Lebensraum und Rückzugsgebiet, Jagd- und Wanderrevier zugleich. Sie und ihre Nebengewässer bilden ein engmaschiges Netz von Teillebensräumen. Sie stehen in Verbindung mit Altarmen und Auen, fließen ins Meer und vernetzen so Süß- und Salzwasserbiotope. Viele der in unseren Fließgewässern heimischen Fischarten legen teilweise lange Wanderungen zurück. Sie tun dies, weil sie nur in bestimmten Abschnitten ablaichen und aufwachsen können. Für einige Fischarten wie Lachs, Meerforelle, Aal, Maifisch oder Stör ist es lebenswichtig, sich ohne Hindernisse zwischen Fluss und Meer hin und her bewegen zu können. Nur so können sie sich fortpflanzen und ihre Art erhalten. Europäische Lachse leben zumeist im Nordatlantik vor Grönland und steigen zum Laichen in die Flüsse und Bäche auf, in denen sie geboren wurden. Nach dem Schlüpfen der Larven wandern die Junglachse wieder ins Meer und wachsen dort heran, bis sie selbst erwachsen sind. Dann kehren sie in die Flüsse zurück und ein neuer Lebenszyklus beginnt. Aale kommen dagegen in der Sargassosee vor den Bahamas auf die Welt und legen eine Strecke von rund 5.000 Kilometern zurück, bis sie als Jungtiere die europäischen Küstengebiete erreichen und in die Flüsse aufsteigen. Als erwachsene Tiere folgen sie ihrem genetisch verankerten Trieb und schwimmen wieder in die Sargassosee, um sich dort fortzupflanzen. Andere Fischarten in unseren Flüssen – wie Barben, Nasen oder Rapfen – wandern zwar nicht bis ins Meer, legen aber doch bis zu 300 Kilometer zurück, um verschiedene Lebensräume aufzusuchen. Doch egal, ob Langoder Kurzdistanzwanderer, eines gilt für alle Fischarten: Für den dauerhaften Erhalt ihrer Bestände müssen sie ihre natürlichen Wanderrouten wieder ungehindert nutzen können – auch in den Bundeswasserstraßen. Barrierearme Wasserstraßen Die Bundeswasserstraßen stellen für wandernde Fischarten die Hauptverbindungsgewässer zwischen Lebensräumen im Meer oder in Flussunterläufen und Laich- und Nahrungsgebieten in Flussoberläufen und Zuflüssen dar. Über das Netz der Bundeswasserstraßen lassen sich große Gewässersysteme für Wanderfische wieder anschließen – vorausgesetzt, es gelingt, dass sie die Hindernisse überwinden können. Derzeit stehen etwa 250 Staustufen in den Bundeswasserstraßen den Fischen im Weg. Ideal wäre der Rückbau von Stauanlagen, um den Fischen wieder den Weg zu ihren Wanderzielen zu öffnen. Doch dies ist nur selten möglich. Eine Alternative ist der Bau von Fischwanderhilfen. Grundsätzlich unterscheiden wir zwei Arten von Wanderhilfen, je nachdem, ob sie die Fische flussaufwärts oder flussabwärts bringen sollen. Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/101 Fischaufstieg Damit Fische über die Staustufen der Bundeswasserstraßen hinweg flussaufwärts ziehen können, werden unterschiedliche Fischaufstiegsanlagen gebaut. Funktionierende Anlagen zeichnen sich dadurch aus, dass sie von verschiedenen Fischarten an den meisten Tagen im Jahr, in ausreichender Anzahl gefunden und von diesen auch problemlos durchschwommen werden. Zwei Hauptaspekte gilt es im Blick zu behalten: Auffindbarkeit und Passierbarkeit. Die Stauanlagen der Bundeswasserstraßen sind aufgrund ihrer Größe und den hier zumeist befindlichen Wasserkraftwerken eine besondere Herausforderung. Nutzung und Artenschutz müssen dabei Hand in Hand gehen. Der beste Platz für Fischaufstiegsanlagen ist immer dort, wo die größte Strömung herrscht, denn Fische orientieren sich vorzugsweise an der Strömung. Damit die Tiere in die Fischaufstiegsanlage hineinfinden, werden so genannte Leitströmungen angelegt. Das ist meist kein leichtes Unterfangen, denn diese Leitströmung muss sich häufig gegen starke Turbulenzen durchsetzen können, die zum Beispiel von Turbinen oder Wehren erzeugt werden. Bei der Planung der Fischaufstiegsanlage muss auf die speziellen Bedürfnisse, Größe und Fähigkeiten der jeweiligen Fischarten Rücksicht genommen werden. Einen Fischpass zu erklimmen ist anstrengend. Daher müssen Fischaufstiegsanlagen neben den Wanderkorridoren mit höherer Fließgeschwindigkeit auch Ruhezonen bereitstellen, in denen die Tiere wieder Kraft für den weiteren Aufstieg sammeln können. Fischaufstiegsanlagen können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Wie eine Anlage am Ende aussieht, hängt stark von den räumlichen und technischen Möglichkeiten vor Ort ab. Wenn ausreichend Platz vorhanden ist und es die örtliche Situation ermöglicht, kann vielleicht ein naturnaher Gewässerlauf als Umgehung einer Stauanlage angelegt werden. Meist jedoch ist es erforderlich und zweckmäßig, die Aufstiegsanlage als technisches Bauwerk zu errichten. Eine sehr flexible und daher häufig gebaute Form ist der Becken-Schlitzpass. Er besteht aus aufeinanderfolgenden Becken, die durch Schlitze miteinander verbunden sind. So können die Fische von Becken zu Becken schwimmen und Stufe für Stufe nach oben gelangen. Je nach Standort können auch Kombinationen mehrerer Bauweisen sinnvoll sein. Fischabstieg Wer den Aufstieg von Fischen fördern will, muss allerdings auch deren Abstieg gewährleisten. Wanderungen flussabwärts sind durch einen Aufstau nicht vollständig blockiert. An Staustufen ohne Wasserkraftanlagen erfolgt die Wanderung über das Wehr hinweg. Führt der Weg abwärts jedoch durch eine Wasserkraftturbine, ist das Verletzungsrisiko groß. Dort müssen die Tiere geschützt werden. Hier ist allerdings noch ein großer Forschungs- und Entwicklungsbedarf gegeben. An den meisten Wasserkraftanlagen und Wasserentnahmebauwerken gibt es keine funktionierenden Schutz- und Abstiegsanlagen. Fortwährende Erfolgsbeobachtung Wenn eine Fischaufstiegs- oder Fischabstiegsanlage fertig ist, hört die Arbeit längst nicht auf. Erst eine Erfolgskontrolle kann nachweisen, dass die Fische auch wirklich wie gewünscht die Anlage passieren. Das einfachste Mittel, die Fischwanderung zu kontrollieren, sind in der Anlage angebrachte Reusen, die täglich geleert werden. Mit neueren Techniken lassen sich die Tiere jedoch auch zählen, ohne ihren Aufstieg zu unterbrechen. So kann etwa mit InfrarotSensoren automatisch das Profil vorbeiziehender Tiere registriert und auf diese Weise nicht nur ihre Anzahl bestimmt werden, sondern auch ihre Art. Zeitgleich nimmt dabei eine Unterwasserkamera ein Bild auf, um immer wieder die Auswertung der Tierprofile zu überprüfen. Wasserstraßen Lebenszyklus Lachs Wasser- und Schifffahrtsschule 4/102 Wasserstraßen 5. Meerlachs 6. Wanderlachs 4. Silberlachs 7. Wanderlachs 3. Buntlachs 2. Brütlinge 8. Lachs beim Ablaichen 1. Dottersackbrut Lebenszyklus Lachs Wasser- und Schifffahrtsschule 4/103 Wasserstraßen Der Lebenszyklus der europäischen Lachse beginnt jedes Jahr im Frühling, wenn in Bächen die tief im Kiesbett vergrabenen Larven aus den Eihüllen schlüpfen . Sie wachsen als Buntlachse ein bis zwei Jahre in dem heimatlichen Gewässer auf. Nach dieser Zeit wandern die etwa 12-20 Zentimeter langen und silbrig gewordenen Jungfische (Silberlachse) zum Meer ab. Im Atlantik ziehen sie als Meerlachse bis nach Grönland und ernähren sich von Krebsen und kleineren Fischen. Nach meistens zwei bis drei Wintern schwimmen die Meerlachse mit Einsetzen der Geschlechtsreife tausende Kilometer durch den Atlantik zurück zur Mündung ihres Herkunftsflusses und wandern stromaufwärts . Sie wandern von der Mündung „ihres“ Nebenflusses, bis sie zu dem Bach mit kiesigem Grund kommen, in dem sie geschlüpft sind . Die Lachse finden den Weg zu ihrem „Heimatbach“ wohl vor allem nach dem Geruch. Im Herbst ist Paarungszeit und die befruchteten Eier werden im Kiesbett abgelegt. Während die meisten Lachse nach dem Laichen sterben und nur wenige wieder das Meer erreichen, beginnt nach vier Monaten wieder ein neuer Lebenszyklus. 1. Aallaich Sargassosee 6. Fortpflanzung Blankaale Lebenszyklus Aal 2. Weidenblattlarven 3. Glasaale 4. Gelbaale 4. Gelbaale 5. Blankaale Wasserstraßen 4/104 Wasser- und Schifffahrtsschule Lebenszyklus Aal Wasser- und Schifffahrtsschule 4/105 Wasserstraßen Aale schlüpfen im Atlantik, genauer gesagt, in der Sargassosee in der Nähe der Bahamas. Aufgrund ihrer Form heißen die Aallarven Weidenblattlarven . Etwa drei Jahre brauchen die Weidenblattlarven, um von der Sargassosee an die europäischen Küsten zu gelangen. Die zurückgelegte Strecke beträgt rund 5.000 Kilometer. Wenn die Weidenblattlarven in den europäischen Küstengewässern ankommen, wandeln sie sich zu den circa 7 Zentimeter langen, fast durchsichtigen Glasaalen . Im Frühjahr schwimmen sie von den europäischen Küsten in die Binnengewässer im Landesinneren. Während dieser Zeit heißen sie „Steigaale“ oder auch „Gelbaale“ wegen ihrer gelblichen Bauchfärbung. In Flüssen und Bächen wachsen sie die nächsten Jahre zur vollen Größe heran. Weibliche Tiere werden mit 12-15 Jahren geschlechtsreif, männliche bereits in einem Alter von 6-9 Jahren. Zum Ablaichen wandern die Tiere im September und Oktober aus den Binnengewässern zu den Küsten und wieder zurück in die Sargassosee. Während der letzten Zeit in den Binnengewässern und auf dem Weg zurück in das Meer verändert sich die Farbe der Aale von grün-braun zu silbrig-grau, der Aal wird zum „Blankaal“ . In der Sargassosee laichen die Tiere ab und sterben . Nach mehreren Monaten beginnt dann ein neuer Lebenszyklus. Fischwanderung Wasser- und Schifffahrtsschule 4/106 Anadrome Fischarten (Nahrungsgebiete im Meer, Laichplätze im Süßwasser): zum Beispiel Lachs, Meerforelle, Maifisch, Stör Meerforelle Lachs Maifisch Stör Katadrome Fischarten (Nahrungsgebiete im Süßwasser, Laichplätze im Meer): zum Beispiel Aal Spitzkopfaal Breitkopfaal Potamodrome Fischarten (ausgedehnte Wanderungen – wenige Kilometer bis rund 300 Kilometer – innerhalb von Flusssystemen): zum Beispiel Barbe, Nase, Äsche, Bachforelle, Barsch, Hecht, Wels Hecht Barbe Nase Barsch Äsche Wels Bachforelle Wasserstraßen Hindernisse für Wasserlebewesen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/107 Quelle: Dr. K. Seifert Wasserstraßen Quelle: Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) Quelle: Dr. K. Seifert Quelle: Dr. K. Seifert Quelle: Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) Quelle: Dr. K. Seifert Überwindung von Hindernissen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/108 Wasserstraßen Freie Fahrt für Fische Wasserstraßen 4/109 Wasser- und Schifffahrtsschule Fischrechen Aalrohr Schiffsschleuse Freie Fahrt für Fische Beckenschlitzpass Umgehungsgerinne Fischabstieg über das Wehr Wasserstraßen 4/110 Wasser- und Schifffahrtsschule Ein Leben mit Hindernissen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/111 Bachforellen ______________________ in vielen unserer Gewässer. Sie sind zwar nicht so große Wanderer wie Lachse oder Wasserstraßen ______________________ , die auf ihren Wanderungen Tausende von Kilometern zurücklegen. Trotzdem brauchen auch sie, wie die meisten unserer ______________________________ Fischarten, für ihr Überleben __________________________ miteinander zusammenhängende Lebensräume. Zwischen Oktober und März werden von den ________________________ etwa 10.000 Eier am Gewässergrund abgelegt und mit Kies bedeckt. Nachdem die Larven geschlüpft sind, __________________________ ______________________ sich die Jungforellen von und fliegenden Insekten. Von ihren Laichgebieten wandern sie in Bächen und Flüssen zu verschiedenen Nahrungsgebieten, in denen sie weiter wachsen. Diese Wege sind häufig mit Staustufen versperrt. Damit die _________________ trotzdem weiter wandern können, ______________________ an solchen Bauwerken Umgehungsgewässer oder ______________________ Fischaufstiegsanlagen wie Schlitzbeckenpässe oder Borstenfischpässe gebaut. Auch wenn damit ein Durchlass im Gewässer ______________________ wurde, ist es für die Fische oft schwierig, den Eingang zu solchen Anlagen zu finden. Nach der Wanderung zu den verschiedenen __________________________________ geht es wieder zu einem geeigneten Laichgewässer, wo der Lebenszyklus der ________________________________ Aale von vorne beginnt. verschiedene geschaffen Bachforelle Wasserinsekten einheimischen Fische Weibchen Fische leben werden Nahrungsgebieten ernähren technische Wie funktioniert eine Sparschleuse? Wasser- und Schifffahrtsschule 4/112 Wasserstraßen Die Sparschleuse Rothensee gehört zum Wasserstraßenkreuz Magdeburg und verbindet den Mittellandkanal mit den Magdeburger Häfen und der Elbe. Um die Wasserverluste für die Schleusungen und die Kosten für das Hochpumpen des Verlustwassers so gering wie möglich zu halten, wurden an der Schleuse drei Sparbecken gebaut. Bei der Leerung der Schleusenkammern fließen rund 60 Prozent des Schleusungswassers (dies entspricht circa 15.000 Kubikmeter Wasser pro Schleusung) in die Sparbecken und nur die Restwassermenge von 40 Prozent gehen dem Mittellandkanal verloren. Bei den Sparschleusen befinden sich neben der Schleusenkammer zusätzliche Wasserbecken, die in der Höhe gestaffelt sind. Bei einer Talschleusung werden zunächst nacheinander diese Sparbecken gefüllt und nur der Rest des Wassers läuft talwärts ab. Bei einer Bergschleusung wird umgekehrt die Schleusenkammer zunächst mit dem Wasser aus den Becken gefüllt, und nur der Rest kommt aus dem Oberwasser. Bei diesen Vorgängen werden keine Pumpen eingesetzt, da das Wasser durch den Höhenunterschied quasi von selbst in die Sparbecken beziehungsweise in die Schleusenkammer fließt. Man muss nur zum jeweils richtigen Zeitpunkt die Absperrorgane öffnen und schließen. Sparschleuse Wasserstraßen 4/113 Wasser- und Schifffahrtsschule Sparschleuse – Talschleusung Auffüllen der Sparbecken Wasser- und Schifffahrtsschule 4/114 Wasserstraßen Sparschleuse – Bergschleusung Entleeren der Sparbecken Wasser- und Schifffahrtsschule 4/115 Wasserstraßen Sparschleuse Wasser- und Schifffahrtsschule 4/116 Das Schiff fährt im Oberwasser vor der Schleuse und will zu Tal geschleust werden. Versuche die einzelnen Schritte zu beschreiben, bis das Schiff im Unterwasser der Schleuse weiterfahren kann. Wasserstraßen Kommunizierende Wassergläser Wasser- und Schifffahrtsschule 4/117 Wasserstraßen Ihr braucht Zwei Gläser, Wasser, ein Stück Küchenkrepp und eventuell etwas Lebensmittelfarbe oder Tinte. So geht’s Ein Glas voll mit Wasser (gerne auch eingefärbt) füllen und beide Gläser nebeneinander stellen. Verbindet die beiden Gläser mit dem zusammengerollten Küchentuch. Warum steigt das Wasser in dem Küchenpapier über den Glasrand und fließt in das andere Glas? Was denkt ihr, wie viel Wasser in das leere Glas fließen wird? Spaß am Wasser – Sport und Freizeit an Flüssen und Seen Welche Wassersportaktivitäten gibt es? 쮿 쮿 쮿 쮿 쮿 쮿 Schwimmen, Baden Bootfahren (Tret-, Paddel- oder Ruderboot) Tauchen Segeln und Surfen Motorbootfahren und Wasserski Kanufahren, Rudern und Rafting Am Wasser faulenzen und Sport treiben macht Spaß. Flüsse und Seen sind aber nicht nur tolle Sport- und Erholungsorte, sondern auch der Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten. Wassersport macht wiederum den meisten Spaß in einer schönen, möglichst natürlichen Umgebung. Daher liegt es im eigenen Interesse aller, die gerne am oder im Wasser sind, intakte Ufer und eine gute Wasserqualität zu erhalten. Konflikte zwischen Sport und Naturschutz treten immer dann auf, wenn der Lebensraum von Tieren oder Pflanzen zerstört wird oder wenn seltene und scheue Tiere wie zum Beispiel Fischotter oder Vogelarten gestört werden. Lebensräume werden zerstört, wenn zum Beispiel Pflanzen am Ufer oder im flachen Wasser zertrampelt oder herausgerissen werden, oder wenn Sand oder Schlamm am Grunde eines Baches oder Sees aufgewirbelt werden, so dass Kleinlebewesen und Fischeier überdeckt werden und ersticken. „Störung“ hört sich harmlos an, aber es bedeutet, dass die Tiere solche lebenswichtigen Aktivitäten wie Nahrungssuche oder Jungenaufzucht nicht mehr durchführen können. Gelege oder Jungvögel werden einfach verlassen, manche Vögel schaffen es im Herbst nicht mehr in den Süden, da sie sich nicht genügend Fettreserven anfuttern konnten. Störungen von Tieren und andere Schädigungen werden oft gar nicht bemerkt. Man kann durchaus Wassersport betreiben und an Seen baden gehen, ohne seltene Tiere und Pflanzen zu gefährden, wenn man sich an ein paar einfache Regeln hält! Gewässer sind um so empfindlicher, je kleiner und naturbelassener sie sind: 쮿 Kleine, natürliche Seen und Flüsse sollte man besser in Ruhe lassen. 쮿 Längere Störungen an naturnahen Bächen in Mittelgebirgen sollte man vermeiden. Hier sollte man also zum Beispiel nicht „wild“ zelten, um Wasseramsel und Eisvogel nicht an der Nahrungssuche zu hindern. Neben dem Konflikt zwischen Sport und Naturschutz gibt es bei Wasserstraßen die Gefahren durch Schiffe und technische Bauwerke zu beachten. Schiffe haben einen sehr langen Bremsweg und können auch nicht so schnell ausweichen. Darüber hinaus kann der Schiffsführer in einem Bereich von ca. 250 Metern vor dem Bug seines Schiffes die Wasserfläche nicht einsehen (Sichtschatten). Deshalb gilt immer, auf den Schiffsverkehr zu achten und einen großen Sicherheitsabstand zu halten. Vor allem nicht in den Sichtschatten hineinfahren, um den Fahrweg des Schiffes „ noch schnell“ zu kreuzen. Auch nicht an Schiffe anhängen, um sich mitziehen zulassen. Wassersportler wie Ruderer und Kanuten sollten aus Sicherheitsgründen nicht auf Bug- oder Heckwellen der Schiffe „surfen“ oder sich von diesen mitziehen lassen. Vorsicht auch bei Bauwerken wie Staustufen, Wehren oder Buhnenfelder. Hier gibt es sehr gefährliche Strömungen, auf die man achten muss. Wasser- und Schifffahrtsschule 4/118 Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/119 Am Ufer und beim Baden Mit dem Boot 쮿 Nicht querfeldein zum Gewässer laufen oder gar eigene Trampelpfade durch die Ufervegetation bahnen, stattdessen befestigte Wege zum Gewässer nutzen, auch wenn diese etwas länger sein sollten. 쮿 Auf Wasserstraßen immer den Schiffsverkehr im Auge behalten und die Verkehrsregeln beachten. 쮿 Nie in Schilf oder andere Röhrichtbestände eindringen (Das ist nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz ausdrücklich verboten!) und auch Hunde nicht hineinlassen. Hier sind wichtige Rückszugsmöglichkeiten für Säugetiere und Vogelarten. 쮿 An ausgewiesenen Badestellen schwimmen und sonnenbaden, möglichst keine naturnahen Badestellen mit dichtem Pflanzenbewuchs aufsuchen. 쮿 Beim Baden in großen Flüssen auf den Schiffsverkehr achten. 쮿 Nicht im Gefährdungsbereich von Wehren oder Staustufen baden. 쮿 Boden von Bächen und Flüssen nicht aufwirbeln. 쮿 Keine Abfälle zurücklassen und Lärm vermeiden. 쮿 Bei Anfahrt mit dem PKW nur freigegebene Wege und Parkplätze benutzen. Möglichst öffentliche Verkehrsmittel nutzen. 쮿 Bei Bauwerken wie Wehre oder Staustufen auf die ausgeschilderten Sperrbereiche sowie die Strömung achten und sich rechtzeitig entfernen bzw. einen großen Sicherheitsabstand halten. 쮿 Mit Booten nicht durch Wasserpflanzenbestände oder im Wasser stehendes Schilfröhricht fahren. Flachwasser- und Schwimmblattzonen meiden. 쮿 Nicht zu nahe an Schilfbestände und andere naturnahe Ufervegetation heranfahren, besonders nicht zur Brutzeit. Daumenregel: Wenn man das Schilf mit dem Daumen der ausgestreckten Hand abdecken kann, ist man weit genug weg. 쮿 Nicht gezielt auf größere Trupps von Wasservögeln zufahren. Während der Brutzeit, der Mauser (während sie die Federn wechseln) und der Winterrast sind Vögel besonders empfindlich. 쮿 Nicht in gekennzeichnete Fisch-Schonbezirke hineinfahren. 쮿 Mit dem Boot nicht an ungestörten natürlichen Ufern anlanden. Vogelinseln und Kiesbänke während der Brutzeit und Aufzucht nicht betreten (1. März bis 31. Juli). 쮿 Keine Abfälle zurücklassen und Lärm vermeiden. Wasserstraßen Spaß am Wasser Wasser- und Schifffahrtsschule 4/120 Wasserstraßen 10 goldene Regeln für das Verhalten von Wassersportlern in der Natur (Erarbeitet von den Wassersportspitzenverbänden im Deutschen Sportbund und dem Deutschen Naturschutzring im November 1980) Helfen sie mit, die Lebensmöglichkeiten von Pflanzen und Tierwelt in Gewässern und Feuchtgebieten zu bewahren und zu fördern. Auch bei uns in Mitteleuropa sind viel zu viele Pflanzen und Tierarten bereits in ihrem Bestand gefährdet. Die Bemühungen für den Schutz der Natur kommen letztlich auch dem Menschen selbst zu gute, denn er ist nicht nur Teil der Natur, sondern benötigt für sein Wohlergehen eine intakte Umwelt. Beachten sie insbesondere die folgenden Regeln: 1. Sensible Bereiche Meiden sie das Einfahren in Röhrichtbestände, Schilfgürtel, Ufergehölze und in alle sonstigen dicht und unübersichtlich bewachsenen Uferpartien. Meiden sie darüber hinaus Kies-, Sandund Schlammbänke (Rast- und Aufenthaltsplatz von Vögeln) und Ufergehölze. Meiden sie auch seichte Gewässer (Laichgebiete), insbesondere solche mit Wasserpflanzen. unter ganz bestimmten Bedingungen möglich. Wildwasserfahrer dürfen unter keinen Umständen das Flussbett verändern, etwa durch Ausräumen störender Felsbrocken. 4. Feuchtgebiete Nehmen sie in „Feuchtgebieten internationaler Bedeutung“ bei der Ausübung von Wassersport besondere Rücksicht. Diese Gebiete dienen als Lebensstätte seltener Tier- und Pflanzenarten und sind daher besonders schutzwürdig. 5. Starten und Anladen Benutzen sie beim Landen die dafür vorgesehenen Plätze oder solche Stellen, an denen sichtbar kein Schaden angerichtet werden kann. 6. Lebensräume Nähern sie sich auch von Land her nicht Schilfgürteln und der sonstigen dichten Ufervegetation, um nicht in den Lebensraum von Vögeln, Fischen, Kleintieren und Pflanzen einzudringen und diese zu gefährden. 2. Abstand halten 7. Im Watt Halten sie einen ausreichenden Mindestabstand zu Röhrichtbeständen, Schilfgürteln und anderen unübersichtlich bewachsenen Uferpartien sowie Ufergehölzen – auf breiten Flüssen, beispielsweise 30 bis 50 Meter. Halten sie einen ausreichenden Mindestabstand zu Vogelansammlungen auf dem Wasser, wenn möglich mehr als 100 Meter. Laufen sie im Bereich der Watten keine Seehundbänke an, um die Tiere nicht zu stören oder zu vertreiben. Halten sie mindestens 300 bis 500 Meter Abstand zu Seehundliegeplätzen und Vogelansammlungen und bleiben sie hier auf jeden Fall in der Nähe des markierten Fahrwassers. Fahren sie hier mit langsamer Fahrstufe. 8. Beobachtung 3. Naturschutzgebiete Befolgen sie in Naturschutzgebieten unbedingt die geltenden Vorschriften. Häufig ist Wassersport in Naturschutzgebieten ganzjährig, zumindest zeitweilig, völlig untersagt oder nur Beobachten und fotografieren sie Tiere möglichst nur aus der Ferne. Wasser- und Schifffahrtsschule 4/121 Wasserstraßen Wasser- und Schifffahrtsschule 4/122 9. Sauberes Wasser Helfen sie, das Wasser sauber zu halten. Abfälle gehören nicht ins Wasser, insbesondere nicht der Inhalt von Chemietoiletten. Diese Abfälle müssen genauso wie Altöle in bestehenden Sammelstellen der Häfen abgegeben werden. Benutzen sie in Häfen selbst ausschließlich die sanitären Anlagen an Land. Lassen sie beim Stillliegen den Motor Ihres Bootes nicht unnötig laufen, um die Umwelt nicht zusätzlich durch Lärm und Abgase zu belasten. 10. Information Machen sie sich diese Regeln zu eigen und informieren sie sich vor Ihren Fahrten über die für ihr Fahrtgebiet bestehenden Bestimmungen. Sorgen sie dafür, dass diese Kenntnisse und ihr eigenes vorbildliches Verhalten gegenüber der Umwelt auch an die Jugend und vor allem an nichtorganisierte Wassersportler weitergegeben werden. Wussten sie schon... ... was „Störung“ für die Tiere in der Natur bedeutet? 쮿 Zusätzlichen Stress und verminderte „Fitness“ im Kampf um das Überleben in einer enger werdenden und zivilisationsgeschädigten Umwelt, 쮿 Die Tiere kommen nicht zur Ruhe und verbrauchen auf der Flucht wichtige Energiereserven, 쮿 sie können nicht genug Nahrung aufnehmen und keine Energie speichern ... dass sich nur wenige Vogelarten an den Menschen gewöhnen können? 쮿 Gerade die sensibleren und deshalb besonders gefährdeten Arten können dies nicht, 쮿 oft sehen sie diese Arten erst, wenn sie bereits vor ihnen fliehen, 쮿 an die Jungvögel auch dieser Arten kommen sie oft sehr nahe heran; sie sind jedoch, wie die Gelege, perfekt getarnt und sie verharren in einer „Scheintodstellung“ oder flüchten in die Vegetation – nicht selten werden sie totgetreten, 쮿 gerade die scheuen Vögel verlassen auf der Flucht ihre Gelege; die Eier kühlen aus und sterben ab. ... wann die Vögel besonders störungsempfindlich sind? 쮿 Zu den Zugzeiten im Frühjahr und Herbst; sie müssen Kräfte sammeln, 쮿 in der Brutzeit (zahlreiche bedrohte Vogelarten brüten im späten Frühjahr oder im Sommer), 쮿 zur Zeit der Mauser im Spätsommer; dann können einige Vogelarten nicht fliegen und versammeln sich in bestimmten Gebieten, 쮿 in der Rastzeit im Winter; dann halten sich einige Arten aus kälteren Gebieten in unseren Breiten auf. ... wie stark auch ihr Altöl das Wasser verschmutzt? 쮿 Ein Kubikzentimeter Öl breitet sich auf der Wasseroberfläche über 3 bis 4 Quadratmeter aus, 쮿 Vögel, die durch solche Lachen schwimmen, können daran sterben, 쮿 0,1 bis 1 Milligramm giftiger Substanzen aus dem Erdöl machen 1 Liter Wasser ungenießbar, auch für die Tiere. Wasserstraßen ] Schon gewusst? Wasserstraßen Die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt ist der NordOstsee-Kanal. Er führt von der Elbe bei Brunsbüttel bis zur Kieler Förde bei Holtenau – oder umgekehrt Über 41.000 Schiffe befahren den NordOstsee-Kanal pro Jahr, dazu über 15.000 Sport- und sonstige Kleinfahrzeuge. Die längsten künstlichen Wasserstraßen (Kanäle) 쮿 Die längste künstliche Wasserstraße der Welt ist der Kaiserkanal in China. Er führt von Peking nach Hangzhou und ist fast 2.000 Kilometer lang. Die ältesten Abschnitte sind 2.500 Jahre alt. Der Kanal wird auf weiten Strecken heute immer noch mit Schiffen befahren. 쮿 Der längste Kanal Deutschlands ist der Mittellandkanal mit 324,4 Kilometern. Er verbindet über weitere Kanäle und Flüsse den Rhein mit Weser, Elbe und Oder. Die größten Häfen 쮿 Der größte Hafen der Welt ist der Europort Rotterdam an der Mündung des Rheins in die Nordsee. 36 000 Hochseeschiffe und 120.000 Binnenschiffe werden hier jedes Jahr be- und entladen. (Frage: Weißt du, warum es so viel mehr Binnenschiffe als Hochseeschiffe sind?) 쮿 Als größter Containerhafen der Welt wurde der Containerterminal (CT) Bremerhaven ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen. Nach dem Ausbau wird die Stellfläche auf rund 3.000.000 Quadratmeter angewachsen sein – das entspricht in etwa der Fläche von 360 Fußballfeldern. Wasser- und Schifffahrtsschule 4/123 Wasserstraßen ] Schon gewusst? Die größten Schleusen 쮿 Die größte Schleuse der Welt ist die "Berendrecht-Schleuse" bei Antwerpen in Belgien. Sie ist 500 Meter lang und 90 Meter breit. Auf einmal können darin bis zu vier Hochseeschiffe und mehrere Binnenschiffe geschleust werden. 쮿 Die größte Schleuse in Deutschland und zweitgrößte Schleuse der Welt ist die Seeschleuse in Wilhelmshaven. Sie hat zwei Schleusenbecken mit einer Länge von 390 Meter und einer Breite von 60 Metern. Das Schleusentor mit einer Durchfahrtsbreite von 60 Metern wiegt ungefähr 1.700 Tonnen. Eine der größten Binnenschleusen, die Mainschleuse bei Würzburg hat eine Länge von ca. 300 Metern bei 12 Metern Breite. Die höchsten Schiffshebewerke 쮿 Schleusen können nur eine Höhe von etwa 30 Metern überwinden. Für größere Höhen braucht man Schiffshebewerke. Darin werden Schiffe in einem großen Trog – einer Art Riesenbadewanne – gehoben oder abgesenkt. Beide Seiten des Trogs und die Kanalabschnitte werden mit Toren abgedichtet, die nur zur Ein- bzw. Ausfahrt der Schiffe geöffnet werden. 쮿 Im russischen Schiffshebewerk Krasnojarsk am Jenissei werden Schiffe 102 Meter angehoben oder abgesenkt. 쮿 Wenn der Drei-Schluchten-Staudamm am Jangtse in der Volksrepublik China fertiggestellt sein wird, wird das neue Schiffshebewerk beim Drei-Schluchten-Damm 150 Meter überwinden. Der Trog ist 120 Meter lang und 18 Meter breit. Mit Wasser gefüllt wiegt er 11.800 Tonnen. …und das längste Wort Donaudampfschiffahrtselektrizitätenhauptbetriebswerkbauunterbeamtengesellschaft stand von 1992 bis 1996 als längstes Wort der deutschen Sprache im Guinness-Buch der Rekorde. Wasser- und Schifffahrtsschule 4/124 Wasserstraßen