Kroatien
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Kroatien 1. Siedlungs- und Sprachgeschichte Die kroatischen Länder waren seit 1102 in Personalunion mit Ungarn vereinigt, doch konnte der König nur über Slawonien verfügen, während Kroatien-Dalmatien unter dem Einfluss einheimischer Magnaten verblieb. Ende des 14. Jahrhunderts verfiel die Zentralgewalt fast völlig und Dalmatien geriet 1419 unter die Herrschaft Venedigs, die bis 1797 dauerte. Nach der Niederlage des ungarischkroatischen Herres in der Schlacht bei Mohács 1526 wurden die südöstliche Hälfte Slawoniens und Kroatien zudem bis 1699 osmanisch. Zumindest in den nördlichen und westlichen Landesteilen entstand aber eine reiche, teils lateinische, teils volkssprachige mittelalterliche Literatur (Tornow 2005: 178-180). Als Österreich dann 1797 im Frieden von Campoformio von Napoleon die Republik Venedig östlich der Etsch und damit Istrien und Dalmatien erhielt, waren die Kroaten erstmals wieder in einem Reich vereint. Zwar dauerte die Phase nur wenige Jahre, denn schon 1809 mußte Österreich Kroatien und weitere Gebiete an Frankreich abtreten, doch fällt gerade in diese Zeit die Anerkennung des Kroatischen als regionale Amtssprache. Erst der Wiener Kongreß brachte dann alle kroatischen Gebiete wieder gemeinsam unter die habsburgische Herrschaft. Die kroatischen Kronländer waren jedoch ethnisch gemischt und eine kroatische Nation gab es noch nicht (Tornow 2005: 444). Auch in sprachlicher Hinsicht war die Lage in Kroatien zu Beginn des 19. Jahrhunderts mehr als kompliziert. Das Bürgertum sprach im Binnenland Deutsch und an der Küste Italienisch. Die verschiedenen südslavischen Varianten waren noch wenig standardisiert und es war noch unentschieden, welche sich zur Standardsprache eignen würde (Tornow 2005: 445). Unter der Herrschaft Maria Theresias (1740-1780) werden mehr als 50.000 Deutsche in den weitläufigen und nach dem Abzug der Osmanen weithin entvölkerten Gebieten an Donau, Drau und Save angesiedelt. Die Bevölkerungsgruppe soll den österreichischen Einfluß stärken und die Herrschaft der Habsburger stabilisieren (Pavelić 2005: 7). Neben dieser überwiegend landwirtschaftlich tätigen Bevölkerungsgruppe beteiligten sich deutsche Einwanderer im 19. und 20. Jahrhundert auch an der Urbanisierung und Industrialisierung Kroatiens. Eine gewisse Rolle spielte das deutsche Bürgertum daher vor allem in Agram/Zagreb, Samobor, Esseg/Osijek, Waraschdin/Varaždin, Sissek/Sisak, Kopreinitz/Koprivnica, Vinkovitz/Vincovici, Vukovar, Karlstadt/Karlovac, Rijeka und anderen Städten im Norden des Landes, weniger in Split und Zadar sowie im südlichen Dalmatien. Der aus dem Deutschen stammende Ausdruck purgeri für deutsche Bürger in Zagreb und Varaždin wird zur Bezeichnung der alteingesessenen Stadtbevölkerung insgesamt (Pavelić 2005: 8f.). Mit der Gründung des Königreichs Jugoslawien nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Rechte der deutschen Bevölkerung Kroatiens zunehmend eingeschränkt.1 2. Mediengeschichte Die Geschichte des deutschsprachigen Zeitungswesens in Kroatien beginnt Ende des 18. Jahrhunderts mit der Agramer Deutschen Zeitung (1786), es folgt 1789 ebenfalls in Agram der Kroatische Korrespondent. Wie die Agramer Deutsche Zeitung sind viele der deutschsprachigen Periodika Mittel- und Osteuropas nur in Quellen belegt, nicht (mehr) in National- oder Universitätsbibliotheken verzeichnet oder bisher nur lückenhaft bibliographisch erfasst. Auch werden viele Blätter an unterschiedlichen 1 Siehe dazu auch Böhm (2009). 1 Orten aufbewahrt; Herausgeber, Drucker, Beziehungen, Erscheinungsorte und -zeiträume der einzelnen Zeitungen sind oftmals unzureichend – und in verschiedenen Katalogen unterschiedlich – dokumentiert. Maßgeblichen Anteil an der Erforschung der deutschsprachigen Presse Kroatiens hat Marina Fruk. Sie (2005: 393f.) gliedert deren Geschichte bis zum Kriegsbeginn in drei Phasen: 17861848: Anfangsphase mit acht Zeitungen, die vor allem das kroatische Nationalgefühl stärken und – in deutscher Sprache – zur Förderung des Kroatischen aufrufen. 1848-1918: 66 Zeitungen und Zeitschriften jetzt vor allem für die deutsche Minderheit, aber auch als Verbindung und Brücke zur Wiener und europäischen Kultur. 1918-1941: eine etwa gleichbleibende Zahl mit Konzentration auf Zagreb und Osijek, bei zunehmender Politisierung. Die erste Zeitung in kroatischer Sprache, Novine Horvatzke (Kroatische Zeitung), erscheint ab Januar 1835 und wird später unter anderen Namen ab 1849 zum offiziellen Blatt Kroatiens ŠVOGER (2006): 2152. ERSCHEINUNGSORTE: Agram/Zagreb (ab 1786: Agramer Deutsche Zeitung, nicht erhalten, ab 1789: Kroatischer Korrespondent), Essegg/Osijek (1848: Der Volksredner für Vaterland, Freiheit und Gesetz, für Kunst, Gewerbe und Wissenschaft, dann ab 1864), Fiume/Rijeka (ab 1867), Wukowar/Vukovar (ab 1868), Sissek/Sisak (ab 1871), Csakathurn/Čakovec (ab 1881), Vinkowitz/Vinkovci (ab 1893), Abazzia/Opatija (ab 1904), Pola/Pula (ab 1905), Zadar (ab 1920, zuvor Landesregierungs-Blatt fuer Dalmatien = Bollettino provinciale degli atti ufficiali per la Dalmazia = Pokrajinski list uredovnih spisah za Dalmaciu, ab 1853), Zelina (ab 1924), Dubrovnik (ab 1938). BEITRÄGER (in Auswahl): ZOFKA KVEDER, Ps. Dimitrije Gvozdanović (*1878 in Ljubljana; †1926 in Zagreb): Journalistin und Schriftstellerin. Erzählungen und Romane in slowenischer und kroatischer Sprache, journalistische Texte in der → Agramer Zeitung und im Agramer Tagblatt sowie in der Prager Politik [Staničić 2013: 300]. PETAR VON PRERADOVIĆ d.Ä. (*1818 in Grabrovnica, Kroatien; †1872 in Fahrafeld, Niederösterreich): Offizier und Schriftsteller, ab 1844 überwiegend in kroatischer Sprache. Mitarbeiter der Luna, der Literaturbeilage der Mitarbeiter der → Agramer Zeitung. Erstveröffentlichung von zwei deutschen Gedichten aus dem Nachlass am 30. Juni 1886 im Agramer Tagblatt, s. Staničić (2013: 114) [Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Bd. 8, 264f.; Staničić 2013: 308]. PETAR PRERADOVIĆ (*1892 in Wien; †1941 in Zagreb): Journalist und Schriftsteller, Enkel von Petar von Preradović d.Ä., Lyriker und Dramatiker, mit erfolgreich am Burgtheater aufgeführten Stücken, ab 1918 Redakteur des Agramer Morgenblatts [Staničić 2013: 308f.]. PETER PAUL VON RADICS (*1836 in Adelsberg/Postojna; †1912in Laibach/Ljubljana): Historiker, Schriftsteller und Journalist. Redakteur der → Agramer Zeitung 1864, auch → Laibacher Zeitung 1880-1884 [Staničić 2013: 310]. ALEXANDER RODA RODA (*1872 in Drnowitz, Mähren als Sándor Friedrich Rosenfeld; †1945 in New York). Schriftsteller. Romane und Erzählungen; ab 1900 Texte für den Simplicissimus. Beiträge in der → Slavonischen Presse, auch dem Agramer Tagblatt, → Pester Lloyd, Neue Freie Presse [NDB 21, 2003, 687-689; Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Bd. 9, 1988, 193; Staničić 2013: 311]. WILMA VON VUKELICH (*1880 in Essegg; †1956 in Zagreb): Schriftstellerin. Romane und Erzählungen, u.a. „Die Heimatlosn“, Wien 1923. 1897 Veröffentlichung ihrer ersten Texte in → Die Drau, dort 1915 2 Übersetzungen von Milan Begović ins Deutsche [Vlado Obad (Hg.), Wilma von Vukelich: Spuren der Vergangenheit; Osijek um die Jahrhundertwende. München, 1992; Staničić 2013: 320f.]. 3. Literatur BABIC, Josip (2007): Kulturbeiträge in den Esseker Zeitungen Die Dran und Hrvatska Obrana [Kroatische Verteidigung] im letzten Kriegsjahr (1918). In: Mira MILADINOVIĆ ZALAZNIK/ Peter MOTZAN/ Stefan SIENERTH (Hg.), S. 43-60. BETHKE, Carl (2013): (K)eine gemeinsame Sprache? Aspekte deutsch-jüdischer Beziehungsgeschichte in Slawonien, 1900 – 1945. Berlin 2013. BÖHM, Johann (2009): Die deutsche Volksgruppe in Jugoslawien 1918-1941. Frankfurt/M. – Berlin – Bern. BÖSENDORFER, Josip (1952): Povijest tipografije u Osijeku. [Die Geschichte der Typographie in Essegg]. In: Građa za povijest književnosti hrvatske. [Materialien zur Geschichte der kroatischen Literatur]. Bd. 5. Zagreb, S. 132–146. FRUK, Marina (1991a): Deutschsprachige Presse Kroatiens – Ein Niemandsland in der Forschung. In: Znanstvena revija. Bd. 1. Maribor, S. 233–237. – (1991b): Novine iz davnine. [Neue Nachrichten von gestern]. In: Svijet. Bd. 11, 32–33. – (1993): Der Segen der Presse – Eine deutschsprachige Zeitschrift für vaterländisches Interesse. In: Zagreber germanistische Beiträge. Bd. 2, S. 239–252. – (1994): Njemačko novinstvo u Zagrebu u prvoj polovici 19. stoljeća. [Deutschsprachiges Zeitungswesen in Zagreb in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts]. In: Nijemci u Hrvatskoj jučer i danas, Njemačka narodnosna zajednica, Bd. 1. Zagreb, S. 73–78. – (1995): Županova „Croatia“ u kulturnom životu Hrvatske. [Suppans „Croatia“ im Kulturleben Kroatiens]. Dissertation. Philosophische Fakultät Zagreb. – (1997a): Njemačko novinstvo u Osijeku. [Deutschsprachiges Zeitungswesen in Osijek]. In: Godišnjak njemačke narodnosne zajednice, Njemačka narodnosna zajednica. Bd. 4. Osijek, S. 29–34. – (1997b): Die Illyristen als Mitarbeiter der Zeitschrift „Croatia“ (1839–1842). In: Zagreber germanistische Beiträge. Bd. 6. Zagreb, S. 185–197. – (1998): „Ilirski jezik” u zagrebačkim listovima na njemačkom jeziku (1836–1848). [“Illyrische Sprache“ in Zagreber deutschsprachigen Blättern (1836–1848)]. In: Jezična norma i varijeteti. Zbornik HDPL. Zagreb-Rijeka, S. 163–170. – (1998a): Počeci njemačkog novinstva u Osijeku. [Die Anfänge des deutschsprachigen Zeitungswesens in Osijek]. In: Godišnjak njemačke narodnosne zajednice. Bd. 5, S. 79–83. – (1998b): Njemački jezik u službi ilirske ideje. [Die deutsche Sprache im Dienst der illyrischen Idee]. In: Riječ. Bd. 1. Rijeka, S. 136–140. – (1999a): „Der Syrmier Bote“ – njemački list iz Vukovara. [„Der Syrmier Bote“ – ein deutsches Blatt aus Vukovar]. In: Godišnjak njemačke narodnosne zajednice. Bd. 6. Osijek, S. 141–145. – (1999b): „Agramer Sonntags-Zeitung” – das erste Anzeigenblatt im kroatischen Pressewesen. In: Zagreber germanistische Beiträge. Bd. 8. Zagreb, S. 161–173. – (2000a): Njemački oglasi u riječkom tisku 19. st. – „Fiumaner Zeitung” (1867). [Deutsche Anzeigen in Rijekaer Presse im 19. Jahrhundert – „Fiumaner Zeitung” (1867)]. In: Zbornik Riječki filološki dani. Rijeka, S. 105–112. 3 – (2000b): Gospodarska tematika u osječkim listovima na njemačkom jeziku. [Wirtschaftsthematik in Osijeker Blättern in deutscher Sprache]. In: Godišnjak njemačke narodnosne zajednice. Bd. 7. Osijek, S. 129–137. – (2000c): Hrvatski listovi na njemačkom jeziku u službi ilirske ideje. [Kroatische Blätter in deutscher Sprache im Dienst der illyrischen Idee]. In: Časopis za suvremenu povijest. Bd. 3. Zagreb, S. 443–450. – (2002): Der hassgeliebte Nachbar – die Ungarnthematik in der kroatischen deutschsprachigen Presse des Jahres 1842. In: Wynfried KRIEGLEDER/ Andrea SEIDLER/ Jozef TANCER (Hg.), S. 185-193. – (2005): Das deutschsprachige Zeitungswesen in Kroatien. In: Jörg RIECKE / Britt-Marie SCHUSTER (Hg.), S.393-404. – (2007): Das deutschsprachige Zeitungswesen in Slawonien – Essegger Presse. In: Walter SCHMITZ/ Jürgen JOACHIMSTHALER (Hg.), S. 533-540. – (2007): Der Courier für Damen (1840) – die erste Frauenzeitschrift im kroatischen Pressewesen. In: Mira MILADINOVIĆ ZALAZNIK/ Peter MOTZAN/ Stefan SIENERTH (Hg.), S. 27-42. HEIDE, Walther [Hg.] (21940): Handbuch der deutschsprachigen Zeitungen im Ausland. Essen. HERGEŠIĆ, Ivo (1936): Hrvatske novine i časopisi do 1848. [Kroatische Zeitungen und Zeitschriften bis 1848]. Zagreb. HORVAT, Dragutin (2005): Literaturbeilagen in der kroatischen deutschsprachigen Presse. In: Jörg RIECKE / Britt-Marie SCHUSTER (2005), S.405-414. HORVAT, Josip (1962): Povijest novinstva Hrvatske 1771-1939. [Die Geschichte des kroatischen Zeitungswesens 1771–1939]. Zagreb. JANJETOVIĆ, Zoran (1991): German minority press and publishing in the inter-war Yugoslavia. JAREB, Mario (2000): Njemačko novinstvo i periodika u Nezavisnoj Državi Hrvatskoj 1941–1945. [Das deutsche Zeitungswesen und Periodika im unabhängigen Staat Kroatien 1941–1945]. In: Godišnjak njemačke narodnosne zajednice [Jahrbuch der deutschen Volksgemeinschaft in Kroatien]. Bd. 7, S. 139-172. KESSLER, Wolfgang (1981): Politik, Kultur und Gesellschaft in Kroatien und Slawonien in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Historiographie und Grundlagen. München. - (2007): Zur deutschsprachigen Presse im kroatischen Binnenraum 1785-1918. In: Mira MILADINOVIĆ ZALAZNIK/ Peter MOTZAN/ Stefan SIENERTH (Hg.), S. 15-26. KRIEGLEDER, Wynfried/ SEIDLER, Andrea/ TANCER, Jozef [Hg.] (2002): Deutsche Sprache und Kultur im Raum Pressburg. Bremen (=Presse und Geschichte – Neue Beiträge 4). LAUER, Reinhard (Hg.): Serbokroatische Autoren in deutscher Übersetzung. Bibliographische Materialien (1776 – 1993). Wiesbaden 1995. MALBAŠA, Marija (1978): Povijest tiskarstva u Slavoniji. [Die Geschichte des Druckes in Slawonien], Zagreb. MILADINOVIĆ ZALAZNIK, Mira/ MOTZAN, Peter/ SIENERTH, Stefan [Hg.] (2007): Benachrichtigen und vermitteln: deutschsprachige Presse und Literatur in Ostmittel- und Südosteuropa im 19. und 20. Jahrhundert. München. OBAD, Vlado [Hg.] (2007): Regionalpresse Österreich-Ungarns und die urbane Kultur. Wien. OBAD, Vlado (2007): Slavonische Presse. In: Vlado OBAD (Hg.): Regionalpresse Österreich-Ungarns und die urbane Kultur, S. 115-164. 4 OBAD, Vlado (2007a): Deutschsprachige Journalistik in Mitteleuropa (1848-1918). In: Lukas Marcel Vosicky (Hg.): Kultur://Übersetzung. Wissens- und Kulturtransfer im Netzwerk der Österreich-Bibliotheken im Rahmen des Südosteuropaprogramms der Auslandskultur „Culture for Stability“. Chancen kultureller Netzwerke II, S. 27-33. PAVELIĆ, Kristjan (2005): Deutsche Zeitungen in Kroatien als Quelle der Sprachgeschichte. Magisterarbeit Gießen. PREDAROVIĆ, Petar (1926): Ein Jahr Pit. Hundertundetliche ausgewählte Aufsätze aus einjähriger Mitarbeit an einer Tageszeitung [Agramer Morgenblatt]. Zagreb. RÉZ, Heinrich (1935): Deutsche Zeitungen und Zeitschriften in Ungarn von Beginn bis 1918. München. RÉZ, Heinrich (1932): Deutsche und deutsch−ungarische Zeitungen und Zeitschriften im ehemaligen Oberungarn bis 1914. In: Karpathenland 5 H ľ, S. 133−141 RIECKE, JÖRG/ SCHUSTER, Britt-Marie [Hg.] (2005): Deutschsprachige Zeitungen in Mittel- und Osteuropa. Sprachliche Gestaltung, historische Einbettung und kulturelle Traditionen. Berlin. (= Germanistische Arbeiten zur Sprachgeschichte 3). SCHMITZ, Walter/ JOACHIMSTHALER, Jürgen [Hg.] (2007): Zwischeneuropa/ Mitteleuropa. Sprache und Literatur in interkultureller Konstellation. Akten des Gründungskongresses des Mitteleuropäischen Germanistenverbandes. Dresden. SEKULIĆ, Ljerka (1968): Njemačka «Luna» u kulturnom životu Hrvatske. [Die deutsche «Luna» im Kulturleben Kroatiens]. Zagreb. STANIČIĆ, MIRJANA (2013): Verschüttete Literatur. Die deutschsprachige Dichtung auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien von 1800 bis 1945. Wien/ Köln/ Weimar. ŠVOGER, Vlasta (2002): Südslawische Zeitung, 1849-1852: Organ nove epohe kod južnih Slavena. [Organ der neuen Epoche bei den Südslawen]. Zagreb: Hrvatski institut za povijest. ŠVOGER, Vlasta (2006): Das kroatische Pressewesen. In: Helmut RUMPLER/ Peter URBANITSCH (Hg.): Die Habsburgermonarchie 1848-1918, Bd. VIII/2: Die Presse als Faktor der politischen Mobilisierung. Wien, S. 2149-2176. TORNOW, Siegfried (2005): Was ist Osteuropa? Handbuch der osteuropäischen Text- und Sozialgeschichte von der Spätantike bis zum Nationalstaat. Wiesbaden. UJEVIĆ, Mate (Hg.) (1955): Građa za bibliografiju jugoslavenske periodike. Zagreb. VILSMEIER, Gerhard (1987): Deutscher Antisemitismus im Spiegel der österreichischen Presse und ausgewählter Zeitungen in der Tschechoslowakei, Ungarn Rumänien und Jugoslawien. Die Jahre 1933 bis 1938. Frankfurt/M. Vinković, Hinko (1936): Jugoslawische Literatur im “Morgenblatt” (2.I.1886 – 31.XII.1935). Zagreb. ŽIVKOVIĆ, Daniela (1983): Časopisi objavljeni u nas na njemačkom jeziku od početka jugoslavenske periodike do 1945 godine. [Zeitschriften, veröffentlicht in Kroatien in deutscher Sprache seit dem Anfang der jugoslawischen Periodika bis 1945]. Diplomarbeit. 5 4. Periodika (in Auswahl) 4.1 Die Drau Abbildung 1: Titelblatt Die Drau vom 13.4.1870, Nr. 43, 3. Jg., Quelle: Internationales Zeitungsmuseum Aachen. 6 Titel Die Drau. Organ für Politik und Volkswirtschaft Zeitraum 1868-1929 (vgl. Obad 2007); fortgesetzt (nach Bethke 2013: 216f.) am 8.6.1929, vom 26.11.1932-11.11.1933, am 1.8.1936, vom 1.5.1937-22.1.1938 Ort Essegg/ Essek/ Osijek/ Eszek/ Osek Weitere Titel Die Drau. Unabhaengiges Wochenblatt (nach 1929) Beilagen k.A. Herausgeber Gustav Wagner, Jakob Frank (1868); Julius Pfeiffer (ab 1876); letzter Herausgeber Hugo Krieshaber (†Juli 1942 Auschwitz) Redakteure Julius Pfeiffer; Jakob Frank; Guido Jenny; Erwin und Otto Kraus, Leopold Selinger (seit 1918) Periodizität täglich; ab 1918 wöchentlich Auflage k.A. Charakteristik Stellung innerhalb des kroatischen Pressewesens: Nach Einstellung der ersten Osijeker Zeitung Esseker Lokalblatt und Landbote (18641867), dessen Redakteur der Journalist und spätere Schriftsteller Johannes Wawerka aus Wien nach Osijek gekommen war (ab 1886 war Wawerka Schriftleiter der Zeitung Der Syrmier Bote in Vukovar, Staničić 2013: 159, 321) übernahm Die Drau den Platz der ersten Osijeker Tageszeitung. Sie ist in ihren Anfängen ein von Wien unabhängiges Informationsblatt, das lokale Interessen vertritt und von Essekern verfasst wird; sie wird zur führenden Zeitung Slavoniens mit ungarnfreundlicher Haltung; verwendet wird ausschließlich der ungarische Ortsname Essek. Die Leserschaft war vor allem die jüdisch-deutsche Stadtbevölkerung, bei der sich die deutsche Sprache länger hielt als im katholisch-kroatischen Millieu. Weiteres Bethke (2013: 74f., 165ff., 216f.) Organisation: Wie der Slavonischen Presse wird auch der Drau von Wien keine Kulturmission vorgeschrieben; sie agiert selbstständig und unabhängig; finanziert sich u.a. durch Wirtschaftsannoncen; Journalisten schrieben parallel auch für kroatische Zeitungen. Inhaltliche Schwerpunkte und (politische) Zielsetzung: Lokale Meldungen zur Kulturvermittlung; Wirtschaftsannoncen; Feuilletons wurden v.a. von Lehrern, Historikern, Ärzten, Juristen, Hobby-Schriftstellern und Übersetzern verfasst und inhaltlich durch deren Interessengebiete geprägt; ungarnfreundliche Politik, so dass sie auch in der Hauptstadt Agram Verbreitung fand; der Kampf gegen die kroatische Opposition führte zu Bestrafungen und Zensierungen; große Aufmerksamkeit galt der Rubrik ‚Theater, Kunst, Literatur‘; Beleg für „die wachsende demokratische Entwicklung, für die Bereitschaft zur öffentlichen Diskussion und zum Pluralismus der Meinungen“ (Obad 2007: 132) sind die in ihr veröffentlichten „Zuschriften“ ihrer Leser. In ihrem kulturellen Teil ahmte sie den „weltgebildeten“ Stil des Pester Lloyd nach. Am 22.4.1933 verurteilte Die Drau die Machtergreifung im Deutschen Reich. Format: 7 k.A. Bibliothek 1 Bibliothek des Slawonischen Museums Osijek (HR) Digitalisiert nein Literatur Réz (1935), Rózsa (2003); Obad (2007) Kommentar Literaturkritiken schrieb Guido Jeny, ein Mitbegründer der Wiener Zeitschrift Mladost [Jugend], die sich an der Wiener und Münchner Moderne orientierte. Jeny selbst war – meist in kroatischer Sprache – ebenfalls literarisch tätig (Staničić 2013: 196, 296f.). Die in den 30er Jahren neu erscheinende Drau nimmt einen bürgerlichhumanistischen, anti-totalitaristischen Standpunkt ein, spricht sich gegen den Nationalsozialismus und den „Anschluß“ ebenso aus wie gegen das „blutige Trauerspiel“ des Stalinismus. Veröffentlicht werden u.a. Texte der Hitler-Gegnerin Irene Harand („Sein Kampf“). Der verantwortliche Herausgeber Hugo Krieshaber wird im Juni 1942 in Auschwitz ermordet (Bethke 2013: 216f.). 8 4.2 Slavonische Presse Abbildung 2: Titelblatt der Slavonischen Presse vom 20.8.1889, Nr. 98, 5. Jg., Quelle: Internationales Zeitungsmuseum Aachen. 9 Titel Slavonische Presse. Politisches Tageblatt. Zeitraum 1885-1929 Ort Essegg/ Essek/ Osijek/ Eszek/ Osek Weitere Titel k.A. Beilagen k.A. Herausgeber Dragutin Laubner Redakteure Dragutin Laubner, Carl M. Benda (1889-1920; vgl. Staničić 2013: 161, 283f.) Periodizität täglich Auflage k.A. Charakteristik Stellung innerhalb des kroatischen Pressewesens: Von Wien unabhängiges Informationsblatt, das lokale Interessen vertritt, jedoch habsburgtreu. Verwendet wird der deutsch Ortsname Essegg. Im Gegensatz zur Drau überschritt es kaum die lokalen Grenzen. Organisation: Sie finanziert sich u.a. durch Wirtschaftsannoncen; agiert selbständig und unabhängig. Durch ihre Werbung wurde sie zum Träger der Aktivitäten für die Einführung des Telefonnetzes in Osijek. In Nr. 123 vom 31.5.1894 wurde die Liste aller 77 Abonnenten veröffentlicht, die diesen Tag an die Telefonzentrale angeschaltet wurden. Diese Liste kann man als erstes Telefonbuch bezeichnen, das unter anderem das Gesellschafts- und Wirtschaftsbild der Stadt Osijek aus dieser Zeit wiederspiegelt. Inhaltliche Schwerpunkte und (politische) Zielsetzung: Politisches Tageblatt; mit kulturellem Schwerpunkt auf der Rubrik „Spaziergänger“, die Ereignisse einer vergangenen Woche besprach. Dazu frühe Beiträge des Schriftstellers Roda Roda (1872-1945). Obad (2007: 124f.) unterstellt den literarischen Beilagen ein „kleinbürgerliches Ethos“, auch die politische Orientierung erscheint ihm wegen der Treue zu Habsburg „unzeitgemäß“, denn „Militärisches“ wurde ausführlich dargestellt. Die Treue zur Armee zeigt sich in mehreren Feuilletons, in denen die Geschichte des slavonischen Infanterie-Regiments Nr. 78 dargestellt wird. Die Leser waren vermutlich primär die aus Österreich zugewanderten Handwerker. Format: k.A. Bibliothek 1 Internationales Zeitungsmuseum Aachen (D) Bibliothek 2 Bibliothek des Slawonischen Museums Osijek (HR) Digitalisiert nein Literatur Obad (2007) Kommentar k.A. 10 4.3 Südslavische Zeitung Abbildung 3: Titelblatt der Südslavischen Zeitung vom 2.4.1849, Nr. 39, Quelle: Internationales Zeitungsmuseum Aachen. 11 Titel Südslavische Zeitung Zeitraum 3. Januar 1849 - 1852 (vgl. Rósza 2003) Ort Agram/ Zagreb/ Zágráb Weitere Titel anfangs: Südslawische Zeitung Fortsetzer: Südslavische Zeitung. Neue Folge (ab 1871 in Sissek) Beilagen k.A. Herausgeber Dimitrije Demeter; Josip Praus (ab Juli 1849) Redakteure Josip Praus 1848-1852 (→ Agramer Politische Zeitung) Periodizität täglich (vgl. Rósza 2003); anfangs dreimal wöchentlich, später sechsmal wöchentlich (vgl. ZDB) Auflage k.A. Charakteristik Nach den Angaben von Vlasta ŠVOGER (2002), (2006) war die Zeitung oppositionell und liberal orientiert. Sie verstand sich als Sprachrohr der Interessen der Südslawen und vertrat Forderungen wie territoriale Autonomie und Föderalismus in der Habsburgermonarchie. Sie erschien auf Deutsch, um eine möglichst große Breitenwirkung in der gesamten Monarchie zu erreichen. Wegen seiner „zu kritischen Ausdrucksweise“ („eine deutliche und kühne Sprache“) wurde Josip Praus im Januar 1852 zu einer einmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt. „Bald darauf wurde die Zeitung unter bis heute nicht ganz geklärten Umständen eingestellt“ ŠVOGER (2006: 2153f.), vgl. auch ÖBL 1815-1950, Bd. 8, 247). Unter dem Titel Südslavische Zeitung. Neue Folge wird sie nach einer längeren Unterbrechung von Josip Praus in Sissek fortgesetzt. Bibliothek 1 Nationalbibliothek Kroatien, Zagreb (HR) Bibliothek 2 Staatsbibliothek zu Berlin (D) Bibliothek 3 Bayrische Staatsbibliothek, München (D) Digitalisiert Nein; verfügbar über google-books [12.7.2012]: 5.1.1852-3.2.1852 (books.google. com/books/about/Südslawische_Zeitung). Literatur Réz (1935), Rózsa (2003), Švoger (2002). Kommentar Die Zeitung wurde vom griechischstämmigen Arzt, Dramaturg und Schriftsteller Dimitrije Demeter (Staničić 2013: 110, 288) gegründet, einem Anhänger der illyrischen Bewegung. Erster Redakteur war der tschechiche Publizist Josip Praus (ÖBL 18151950, Bd. 8, 247f.), ebenfalls ein Anhänger der nationalen Erneuerungsbewegung. 12 4.4 Agramer Zeitung Abbildung 4: Titelblatt der Agramer politischen Zeitung vom 2.1.1841, Nr. 1, 16. Jg., Quelle: Österreichische Nationalbibliothek – Anno (http://anno.onb.ac.at/cgicontent/anno?apm=0&aid=apz&datum=18410102&zoom=2, 1.10.2011, 21:30 Uhr) 13 Titel Agramer Zeitung Zeitraum 1826-1912 (vgl. Obad 2007; Réz 1935) Ort Agram/ Zagreb/ Zágráb Weitere Titel Kaiserlich Königlich Privilegierte Agramer Politische Zeitung (bis 1848) Beilagen Luna: Beiblatt zur Agramer politischen Zeitung, verschiedenen Inhalts (1828-1858); Intelligenzblatt zur Agramer Politischen Zeitung Herausgeber Franz S. Stauduar; Henrik K. Bresnik (ab 1848); Ferdinand Rosenau Redakteure Franz S. Stauduar, Ferdinand Rosenau (ab 1826); F. S. Stauduar; Josip Praus 18461848, 1864-1865 (→ Südslavische Zeitung); Ivan Sonvan (ab 1848); Peter Pauk von Radics → Laibacher Zeitung (1864); der tschechische Schriftsteller Josef Václav Frič (Pseudonym M. Brodský, 1873-76) Periodizität zweimal wöchentlich, ab 1848 täglich Auflage k.A. Charakteristik Stellung innerhalb des kroatischen Pressewesens: Gilt als die erste in Kroatien redigierte und gedruckte moderne Zeitung. Organisation: Mehrsprachige Tageszeitung Inhaltliche Schwerpunkte und (politische) Zielsetzung: Der von den Zagrebern verliehene Kosename Agramerica (= Agramerin) verweist auf eine hohe Identifizierung ihrer Leser und ihre große Bedeutung für die gesellschaftliche Entwicklung der Stadt; Zielgruppe war die deutschsprachige Oberschicht der Städte, darunter die zugewanderte jüdische Intelligenz sowie die Offiziere der Militärgrenze; zentrale Inhalte waren Politik und Inserate. Die Besonderheit ihres Beiblattes Luna war die politische Orientierung der eigentlichen Unterhaltungszeitschrift, die sich 1848 der allgemeinen Entwicklungstendenz der kroatischen deutschsprachigen Blätter anschloss, die einheimische Politik in Augenschein zu nehmen. Format: k.A. Bibliothek 1 Nationalbibliothek Österreich, Wien (A) Bibliothek 2 Nationalbibliothek Kroatien, Zagreb (HR); (ab 1834?) Digitalisiert Österreichische Nationalbibliothek (einige Jahrgänge zwischen 1841 und 1912): http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=apz, 1.10.2011, 22:00 Uhr Literatur Fruk (2004); Horvat (2005), Obad (2007); Réz (1935); Rózsa (2003) Kommentar Die Agramer politische Zeitung wird zuerst mit der Ausgabe vom 3.6.1831 mit einer Meldung „von der bosnischen Gränze“ am 29.6.1831, und dann wiederholt, in der Münchener Politischen Zeitung zitiert. Die Rezeption der Zeitung über Kroatien hinaus wäre weiter zu erschließen. Nicht zu unterschätzen ist zudem durch den Abdruck zahlreicher Übersetzungen ihr Einfluss auf die Vermittlung serbokroatischer 14 Literatur im deutschen Sprachraum, dazu Vinković (1936) und Lauer (1995). Mitarbeiter war der Schriftsteller Otto Kraus (1875–1923), neben Guido Jeny Mitbegründer der Wiener Zeitschrift Mladost [Jugend], die sich an der Wiener und Münchner Moderne orientierte. Kraus schrieb auch für Das literarische Echo, Berlin. Erster Redakteur ist der Schauspieler und Schriftsteller Ferdinand Rosenau (Staničić 2013: 311f.), er schrieb auch in der Literaturbeilage Luna, u.a. seit dem ersten Heft in Fortsetzungen „Auszüge aus der vaterländischen Geschichte“. Vor allem die Literaturbeilage Luna gibt Raum für einen breiten Strom von „Trivialliteratur“mit folkloristischen Motiven, Ida von Düringfeld (1815-1876), Guido Polz (†1853; → Prager Abendblatt) und Josephine Kubin (1817-1860) veröffentlichen hier ihre in Volksbräuche und Folklore eingebetteten Geschichten als Fortsetzungsromane. Sie sind der Kern des Literaturstreits zwischen der Schriftstellerin Zofka Kveder, ab 1906 in der Redaktion des Agramer Tagblatts und Leiterin seiner Wochenbeilage Frauenzeitung und dem Schriftsteller Roda Roda, der 1913 im Agramer Tagblatt ausgetragen wird (Staničić 2013: 169f.). Mitarbeiter der Luna war auch der Schriftsteller Petar von Preradović d.Ä. (1818-1872). 15