Der die Elektronik knackt

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Der die Elektronik knackt
Sonderdruck
aus 12/2009
Elektronische Steuerboxen: Reparieren und umprogrammieren:
Der die Elektronik knackt…
Endlich gibt’s einen: Ein süddeutscher Elektrotechniker hat sich an
die Reparatur und Umprogrammierung von Fahrzeug-Steuerboxen
gemacht. Dietmar Renfert-Deitermann hat ihn besucht.
Ilgenfritz-electronics
Michael Ilgenfritz
Dorfstr. 23 · 97234 Fuchsstadt
Tel.: 0 93 33 - 9 04 58 90 · Fax: 0 93 33 - 90 35 62
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profi
PRAKTISCH
Elektronische Steuerboxen: Reparieren und umprogrammieren
Ele
So sieht es in einer Steuerbox
aus. Wo der Laie nicht mehr
viel oder besser gesagt gar
nichts mehr versteht, ist der
Elektronikfachmann Michael
Ilgenfritz voll in seinem Element.
Der die Elektronik
knackt…
Endlich gibt’s einen: Ein süddeutscher Elektrotechniker
hat sich an die Reparatur und Umprogrammierung von
Fahrzeug-Steuerboxen gemacht.
Dietmar Renfert-Deitermann hat ihn besucht.
IM
oderne Schlepper sind genauso wie die älteren Baujahre
zum größten Teil aus Stahl
und Eisen gefertigt — daran
hat sich im Laufe der Jahrzehnte nicht viel
geändert. Deutlich geändert haben sich jedoch der Komfort und damit auch die Handhabung der Schlepper. Möglich wurde das
natürlich nur mit dem Einzug der Elektronik
in alle Bereiche der Schlepper- und Erntemaschinentechnik. Elektronische Steuerboxen übernehmen heutzutage die Regelung
des Motorlaufs, der Hydraulik, der Getriebefunktionen, der Fahrzeugelektrik etc. Wer
glaubt, dass es nur eine Steuerbox für den
Motor gibt oder eine kombinierte für alle
profi 12/2009
Bereiche des Fahrzeugs, der irrt sich gewaltig. Über zwanzig Boxen mit unterschiedlichen Aufgaben in nur einem Schlepper sind
keine Seltenheit. Rein technisch handelt es
sich dabei fast immer um den gleichen Typ
Steuerbox. Die Hersteller haben lediglich immer wieder unterschiedliche Software für
die unterschiedlichen Aufgaben aufgespielt.
Obwohl sich das alles sehr gut anhört, bedeutet die Existenz der Elektronik nicht nur
„Segen“, sondern in regelmäßigen Abständen auch „Fluch“. Nämlich immer dann,
wenn es Probleme mit der Elektronik gibt,
wenn sie aussetzt oder komplett ausfällt.
In Eigenleistung lässt sich jetzt in den seltensten Fällen etwas reparieren. Und die
Werkstätten sind leider auch in vielen
Fällen viel zu schnell mit ihrem Latein am
Ende. Sofern es bei schlechten Steckverbindungen, schadhaften oder falsch eingestellten Sensoren bleibt, sind die Mechaniker oft
noch erfolgreich. Liegt der Schaden aber in
einer der Steuerboxen, dann ist Ende. Die
betreffende Steuerbox wird jetzt ausgebaut
und zum Maschinenhersteller eingeschickt.
In den meisten Fällen wird anschließend eine fabrikneue Steuerbox eingebaut.
Ein Elektrotechniker im süddeutschen
Fuchsstadt bei Würzburg hat sich dieses
Missstandes angenommen und endlich eiwww.profi.de
nen Reparaturservice für Fahrzeug-Steuerboxen eingerichtet — wohl den ersten
deutschlandweit. In jahrelanger Kleinarbeit
hat sich Michael Ilgenfritz in die Technik der
Steuerboxen hineingekniet, bis es ihm jetzt
schließlich gelang, Fehlerursachen schnell
aufzuspüren und auch zu beheben. Auch
Umprogrammierungen der enthaltenen Datensätze sind vielfach auf Kundenwunsch
machbar.
Grundsätzlich können hier fast alle Steuerboxen repariert werden, die nicht ver-
Wer reparieren will, braucht auch Ersatzteile.
Die winzigen Kleinteile für das Innenleben einer Steuerbox füllen keine Hallen, da reichen
schon einige wenige Sortierkästen.
gossen sind. Ob der Hersteller dabei Bosch,
Siemens oder Delphi heißt, spielt keine Rolle. Die meiste Erfahrung liegt momentan vor
für Steuerboxen, die an John Deere-Maschinen verbaut werden. Keine Reparaturchance besteht, wenn der Microcontroller einen
Schaden hat. Das ist ein kleines Bauteil im
Innenleben der Box, das die Software beherbergt.
Schlepper in der 50-km/h-Ausführung sind
zwar sehr beliebt, haben jedoch den Nachteil, dass sie jährlich zum TÜV müssen. Wem
das zu lästig oder zu teuer ist, der kann eine Geschwindigkeitsreduktion auf 40 km/h
vornehmen lassen. Auch das bietet Ilgenfritz
an, genauso wie den nachträglichen Einbau
von Kraftstoffmesssystemen.
Angefangen hat alles vor etwa acht bis
neun Jahren, als Michael Ilgenfritz als Landwirtssohn und mittlerweile schon ausgebildeter Elektrotechniker eine Automatik für
die Lastschaltung seines Schleppers selbst
entwickelt hatte. Der hofeigene John DeereSchlepper aus der Reihe 6010 besaß zwar
eine Lastschaltung, Ilgenfritz wollte aber
gerne, dass die Stufen auch automatisch
schalten. Eine Zusatzelektronik wurde entwickelt, die diese Aufgaben übernahm. Die
Vermarktung dieser Technik wurde aber
mittlerweile wieder eingestellt. Weil Ilgenfritz beruflich auch einiges mit der PkwElektronik zu tun hat und hier automatisch
gesteuerte Klimasysteme seit Langem
selbstverständlich sind, entwickelte er
schließlich eine Klimaautomatik für den
Schlepper. Auch diese funktionierte auf Anhieb gut und wurde auch über einen längeren Zeitraum vertrieben.
Aktuell befasst sich die süddeutsche Elektronikschmiede vor allem mit Elektroniken,
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PRAKTISCH
Fast alle Bauteile können
ausgewechselt werden. Nur
beim Microcontroller muss
Michael Ilgenfritz passen.
Mit Hilfe der beigelegten CD kann der Kunde
die Zusatzelektonik selbst umprogrammieren.
Ebenfalls befinden sich auf der CD leicht
verständliche Tipps für die Fehlersuche.
die Arbeitsabläufe zusammenfassen, wie
z. B. dem Vorgewende-Management bestimmter Schlepper. Der einfachen Ausführung der Serie 6030 von John Deere fehlt
diese Komforteinrichtung, bei der der Allrad, die Zapfwelle und das Differenzial automatisch geschaltet werden, beispielsweise völlig. Michael Ilgenfritz empfiehlt nun
den Einbau einer von ihm entwickelten speziellen Zusatzelektronik. Der betroffene
Schlepperbesitzer hat damit den gleichen
Komfort wie derjenige, der sich beim Kauf
für den teureren „Premium“ mit HMS-Steuerung entschieden hat.
Aber auch dem „Premium“-Fahrer kann das
Leben weiter versüßt werden: Auch das
Fronthubwerk kann mit dieser Automatik
nachgerüstet werden. Original gibt es hier
nur eine Automatik, die auf Zeit reagiert.
Beispielsweise schaltet sich die Zapfwelle
drei Sekunden nach Ausheben oder Ablassen des Hubwerks automatisch ein oder aus.
Weil das in vielen Situationen zu ungenau
Die Adresse
Michael Ilgenfritz
Dorfstraße 23
97234 Fuchsstadt
Tel.: 0 93 33/9 04 58 90
Fax: 0 93 33/90 35 62
Mobil: 01 70/6 71 25 15
Mail: [email protected]
www.ilgenfritz.biz
ist, bringt Ilgenfritz nachträglich
einen Winkelsensor an, der die
Schaltautomatik ab einer bestimmten Stellung der Hubarme aktiviert.
Eine Nachrüst-Steuerbox, beispielsweise für das VorgewendeManagement, wird grundsätzlich
mit einer bebilderten Einbauanleitung verschickt. Der Käufer erhält
dann noch die Chance, die Grundeinstellung
der Box individuell auf seine Wünsche umzuprogrammieren. Dazu wird die Box mit
einem USB-Kabel an den heimischen Rechner angeschlossen, ebenfalls wird hier eine
mitgelieferte CD eingelegt, die die Bedieneroberfläche enthält.
Übrigens: Nicht nur Schlepper und Selbstfahrer besitzen Steuerboxen, sondern auch
Feldspritzen und Ballenpressen, beispielsweise für die Bindeeinrichtung.
Was hier liegt, gehört mit zum Lieferumfang
einer Zusatzelektronik (das graue Kästchen).
Motortuning,
Leistungssteigerung,
Leistungsoptimierung…
…wie man es auch nennen mag, wer
ständig mit Steuerboxen zu tun hat und
auch vor Motor-Steuerboxen keinen
Halt macht, der wird zwangsläufig auch
auf die nachträgliche Leistungssteigerung von Motoren („Motortuning“) angesprochen. Vielen Kritikern dieses
heiklen Themas zum Trotz bietet Ilgenfritz auch hier etwas an. Dabei lässt er
die Steuerbox unberührt und vertreibt
ausschließlich kleine Zusatzsteuergeräte, die der Kunde selbst zwischen Pumpe und Düse „stöpseln“ kann. „Im Gegensatz zu Manipulationen am
Datensatz der Motorsteuerbox haben
Zusatzsteuergeräte den Vorteil, dass
sie sich schnell wieder entfernen lassen
und auch keine nachweisbaren Spuren
in der Software der Motorsteuerbox
hinterlassen“, so Michael Ilgenfritz.
Alles eine Frage der Auffassung und
des Anspruchs…
Und was kostet das Ganze? Für viele Steuerboxen wird eine Reparaturpauschale erhoben, unabhängig vom Schadenbild. Das
gilt beispielsweise für Spritzencomputer
und für die BCU (= Basic Control Unit), der
Steuerbox fürs Getriebe. Um eine Größenordnung zu haben: Wenn eine neue BCU
rund 1 000 Euro kostet, dann kommen Sie
bei der Reparatur mit etwa 200 Euro davon.
Die Reparatur erfolgt sehr schnell, mit Inanspruchnahme des Nachtversandes sogar
von einem auf den anderen Tag.
Wer einen Plan über die Unterbringung der
verschiedenen Boxen im Fahrzeug besitzt
oder mit der Werkstatt Rücksprache hält,
der kann die defekte Box ohne weiteres
selbst abschrauben und den Multistecker
abziehen.
Zusatzsteuergeräte zur Leistungssteigerung sind ständig am Lager.
www.profi.de