Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“
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Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“
Gesundheitsamt Jahresbericht 2013 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Hochsauerlandkreis -Der LandratGesundheitsamt Steinstraße 27 59872 Meschede 2 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Sehr geehrte Damen und Herren, die Fachstelle Sexuelle Gesundheit hat sich seit ihrer Weiterentwicklung im Jahre 2012 durch den Zusammenschluss von der Beratungsstelle für sexuell übertragbare Krankheiten und der AIDS-Koordination und -Beratung sowie der Schwangerschaftsberatungsstelle des Gesundheitsamtes im Laufe des Jahres 2013 gut etabliert. Durch die Anerkennung des Jahresberichtes 2012 durch die Arbeitsgemeinschaft AIDSPrävention NRW (Fachstelle zur AIDS-Prävention des Landes Nordrhein-Westfalen) wird die fachlich und strukturell gut aufgestellte Arbeit der Fachstelle bestätigt. Sie signalisiert damit auch den innovativen Charakter einer modernen Sexualprävention auf der Grundlage des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten (Infektionsschutzgesetz - IfSG) und des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ÖGDG NRW), vor allem unter den Gegebenheiten eines Flächenkreises. Somit bekommt der strukturelle und operative Arbeitseinsatz der Fachstelle beispielhaft auch überregionale Bedeutung. Mit der Übersendung des Jahresberichtes 2013 möchte ich Sie über die vielfältigen Arbeitsbereiche der Fachstelle informieren und Sie anregen, die verschiedenen Präventionsangebote vielleicht auch in ihrem beruflichen oder ehrenamtlichen Zusammenhang zu nutzen. Dr. Karl Schneider Landrat des Hochsauerlandkreises Meschede, im Juni 2014 3 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Inhaltsverzeichnis 1. Kontaktdaten / Mitarbeiter 2. Einleitung 3. Aufgaben der Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ (FSG) 4. Beratung – Diagnostik – Unterstützungshilfen 4.1. Leistungsinanspruchnahme der Fachstelle 4.2. Kennzahlen aus den Arbeitsbereichen 4.2.1. STI 4.2.1.1. HIV 4.2.1.2. sonstige STI 4.2.2 Schwangerschaftsberatung 5. Studie des Robert-Koch-Institutes (RKI) 5.1 STI-HIT-Studie 5.2 STI-Outreach-Studie 6. Prävention 6.1. SexarbeiterInnen 6.2. Freier 6.3. Allgemeinbevölkerung 6.4. Nachwachsende Generation 7. Koordination 7.1. Öffentlichkeitsarbeit 7.2. Vernetzung 7.3. Aspekte der Qualitätssicherung 8. Entwicklungen in NRW und Bund 9. Fazit 4 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ 1. / Mitarbeiter Kontaktdaten / Kontaktdaten Mitarbeiter Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Telefon: 0291 / 94-4440 E-Mail: [email protected] http://www.hochsauerlandkreis.de Dr. Barbara Binhold Ärztin der STI-Beratung Telefon: 02931/94-4440 Fax: 02931/94-4283 E-Mail: [email protected] Johannes Kleine AIDS-Koordinator AIDS-Berater Telefon: 0291/94-4711 Fax: 0291/94-1195 E-Mail: [email protected] Gerlinde Ossenbrink Schwangerschaftsberatung, Schwangerschaftskonfliktberatung Familienplanungsberatung Telefon: 0291/94-1209 Fax: 0291/94-1195 E-Mail: [email protected] Gudrun Befeld-Elkemann Stefanie Striebe Miriam Kreft- Avcioglu Medizinische Fachangestellte Telefon: 02931/94-4288 Fax: 02931/94-4283 Sozialmedizinische Assistentin Telefon: 0291/94-1207 Fax: 0291/94-1195 Kauffrau im Gesundheitswesen Telefon: 0291/94-1117 Fax: 0291/94-1195 5 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ 2. Einleitung Die organisatorische Zuordnung der Schwangerschaftsberatungsstelle zur Fachstelle Sexuelle Gesundheit hat sich bewährt. Fachliche Diskurse aus den unterschiedlichen Perspektiven der Aufgabenbereiche regten zu erweitertem fachlichen Denken an. Kurze Kommunikations- und Entscheidungswege sorgten für eine effektivere Gestaltung der Arbeit. Die Welt kämpft seit fast 30 Jahren gegen den AIDS-Erreger: weltweit laufen die medizinischen Forschungen unter Einsatz von hohen Finanzmitteln, große Kampagnen werden staatlicherseits aufgelegt zur Aufklärung der Bevölkerung und zudem sind Nichtregierungs-Organisationen (NGO`s) in der Prävention aktiv. Die Medikation hat sich sehr verbessert, Menschen haben vermutlich bis auf sehr wenige Jahre eine normale Überlebenszeit mit frühzeitig therapierter HIV-Infektion – aber viele Menschen haben zu dieser noch keinen Zugang. Die großen Anti-AIDS-Kampagnen waren durchaus erfolgreich, seit 2012 sind sie dem neuen Wissen, dass sich alle sexuell übertragbaren Erkrankungen gegenseitig in ihrer Infektiösität unterstützen, angepasst, sie umfassen neben HIV inzwischen die wichtigsten anderen sexuell übertragbaren Infektionen: Syphilis, Chlamydien, Gonokokken (als bakterielle Infektionen), Hepatitiden sowie Herpes (als virale Infektionen) und Trichomonaden als Infektionen durch Einzeller, Filzläuse als Infektionen durch Parasiten. Trotzdem schnellen die Syphilisinfektionen in die Höhe, Chlamydien halten vermutlich den ersten Platz unter der Häufigkeit der STI`s, weltweit gehört die Hepatitis B zu den häufigsten Infektionskrankheiten, Hepatitis C nimmt in Risikogruppen zu. In Deutschland leben ca. 70.000 Menschen mit einer HIV-Infektion. Dies entspricht nach Einschätzung des RKI aufgrund der verbesserten Therapie seit den 1990er Jahren einer Verdoppelung. Statistische Berechnungen ergeben zu dem, dass wir allein in Deutschland von 14.000 nicht diagnostizierten Fällen ausgehen müssen. Die Deutsche Gesellschaft für sexuell übertragbare Infektionen mahnt daher zu erhöhter Wachsamkeit, Aufklärung und Diagnostik im Sinne der WHO-Definition „Sexuelle Gesundheit“. Diesem ganzheitlichen Ansatz ist der Hochsauerlandkreis durch die Zusammenlegung von AIDS-Koordination und STD-Beratung sowie zuletzt 2012 auch Schwangerschaftsberatung nachgekommen. Von hier aus suchen wir im Rahmen von Projekten und im Casemanagement die entsprechenden Kooperationspartner im Sinne eines Ansatzes der Ganzheitlichkeit. 6 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ 3. Aufgaben der Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Koordination A Öffentlichkeitsarbeit Rahmenplanung Regionale und überregionale Vernetzung Prävention U Prävention für Jugendliche junge Erwachsene Multiplikatoren Risikogruppen Aufsuchende Arbeit bei Risikogruppen F Beratung Individuelle Beratung zu STI Beratung von Betroffenen und Angehörigen zu sexueller Identität und Lebensweise G Schwangerenberatung, Schwangerschaftskonfliktberatung, Familienplanungsberatung Untersuchung A Individuelle Risikoabklärung zu allen STI Klinische Untersuchung Spezifische Testdiagnostik einschließlich HIV-Standard- und –Schnelltest B Versorgung Medizinische, materielle und psychosoziale Basisversorgung HIV-Positiver und AIDS-Kranker E N Subsidiäre Behandlung anderer STI/ Überleitung in die Regelversorgung Unterstützung bei Schwangerschaft, Familienplanung, der Durchsetzung gesetzlicher Ansprüche, Vermittlung von Beihilfen aus Hilfefonds, Motivationsarbeit, Vermittlung an weitere Dienste Case-Management Gewährung von Zuwendungen aus der Bundesstiftung „Mutter und Kind“ 7 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ 4. Beratung – Diagnostik – Unterstützungshilfen Die individuelle Beratung ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit der Fachstelle Sexuelle Gesundheit. Durch sie wird eine adäquate Zuordnung zu den jeweiligen Leistungsangeboten / zu indizierten Interventionen gewährleistet. 4.1 Leistungsinanspruchnahme der Fachstelle Im Jahre 2013 wandten sich 560 Menschen an die Fachstelle mit ihren Fragen und Problemen. 162 Personen nahmen die diagnostischen Möglichkeiten zu Aids/STI wahr. In der Schwangerschaftsberatung nahmen 159 Personen die verschiedenen Möglichkeiten des Leistungsportfolios in Anspruch. Die Altersstruktur aller Ratsuchenden ergibt sich aus folgender Tabelle: Leistungsinanspruchnahme der FSG nach persönlicher Beratung 140 120 Achsentitel 100 80 60 40 Schwangerschaftsberatungen HIV STI 20 0 FSG insgesamt Erstmalig hat sich im Rahmen der Schwangerschaftskonfliktberatung die Anzahl der 21- bis 26-jährigen Ratsuchenden erhöht. Sie bildet ein Spitzenplateau mit den 27- bis 34-jährigen. Insgesamt liegt der Schwerpunkt der Ratsuchenden im Alter von 18 bis 35 Jahren. Erwartungsgemäß ergibt sich für die STI- und AIDS-Beratung in der Altersgruppe der 40- bis 50jährigen eine weitere Spitze. Dieser Altersgipfel spiegelt sich auch in den statistischen Daten des Landeszentrums Gesundheit NRW (LZG NRW) wieder. Es erscheint schlüssig anzunehmen, dass in dieser Lebensphase eine Neuorientierung der Lebensperspektive stattfindet, in der Sexualität und somit auch die Frage nach der sexuellen Gesundheit eine erhöhte Aufmerksamkeit erfahren. 8 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ 4.2 Kennzahlen aus den Arbeitsbereichen 4.2.1 Sexuell übertragbare Infektionen ( STI ) Die Prävention der STI’s einschließlich AIDS stellt eine besondere Herausforderung an die Medizin und die Gesellschaft dar: „Allen Screening-Untersuchungen zum Trotz verteidigt Chlaymydia trachomatis erfolgreich seinen Spitzenplatz als häufigste STI , immer noch sehen wir zu viele Neuinfektionen mit HIV und die Zahl der Syphilis-Neuinfektionen schnellt in die Höhe. Gleichzeitig entwickeln sich neue Epidemiologien: Die sexuell übertragene Hepatitis C ist zu einer festen Größe geworden und das vergessen geglaubte Lymphogranuloma venerum (LGV) erlebt in Gestalt der LGV-Proktitis eine völlig unerwartete Renaissance.“ so Professor Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft. Durch sich verändernde Sexualgewohnheiten werden Mundhöhle und Anus auch bei heterosexuellen Kontakten zu Manifestationsorten von STI’s und die präventiven Beratungsgespräche müssen sich diesen Gegebenheiten anpassen. Da STI’s immer noch ein Tabuthema sind, das grundsätzliche Wissen dazu in der Bevölkerung sehr gering ist, sind diese Gefahren umso schwerer zu vermitteln. Die Bedeutung der STI-Bekämpfung zeigt sich darin, dass der Vormarsch dieser z.T. vergessen geglaubten Erkrankungen noch dadurch kompliziert ist, dass die Erreger gefährliche Resistenzen entwickeln1. Die Deutsche STI-Gesellschaft wird aus diesem Grund in Zukunft mindestens jährlich den „Leitfaden STI Therapie“ überarbeiten. Prävention von STI’s bekommt noch einmal besonderen Stellenwert, da Therapie schwieriger wird, z. B. haben Gonokokken inzwischen Resistenzen gegen die üblichen Antibiotika entwickelt. Die WHO hat mit einem Global Action Plan zur Bekämpfung der Gonorrhoe unter dem Motto „Antibiotika-Resistenzen können töten“ reagiert. 1 O.Hamouda, V. Bremer, U.Marcus, B. Bartmeyer (2013): Epidemiologische Entwicklung bei ausgewählten sexuell übertragbaren Infektionen (STI) in Deutschland, Bundesgesundheitsblatt 2013-56: 1600-1608 9 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ 4.2.1.1 HIV Die Anzahl der HIV-/STI-Beratungen haben im Berichtszeitraum nicht das Niveau des Vorjahres erreicht. Die Inanspruchnahme der HIV-/STI-Beratung unterliegt einer schwankenden Nachfrage, die u. a. durch die massenmediale Präsenz des Themas beeinflusst wird. Die Nachfrage aus der Allgemeinbevölkerung hat auch in diesem Jahr ein hohes Niveau erreicht. Tradierte Vorbehalte gegenüber den Beratungs- und Testmöglichkeiten des Gesundheitsamtes, die auf den früher nach dem Geschlechtskrankengesetz erforderlichen Pflichtuntersuchungen von Prostituierten beruhten, haben offensichtlich keine hohe Relevanz mehr. Die Liberalisierung der sexuellen Einstellungen der Menschen in unserer Gesellschaft mit dem einhergehenden Risikoverhalten dürfte u.a. zu einer verstärkten Anfrage der Allgemeinbevölkerung bzgl. einer kompetenten und vorurteilsfreien Beratung und Diagnostik geführt haben. Zudem werden sich auch durch die Öffentlichkeitsarbeit der Fachstelle zu Ihren Beratungsund Testangeboten für alle Bevölkerungsgruppen Vorurteile abgebaut haben. Anzahl der HIV/STI-Beratungen 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 435 401 274 272 Beratungen 212 118 2010 162 142 2011 2012 HIV-Teste 2013 Die Beratungen werden in Vier-Augen-Gesprächen, telefonisch oder durch aufsuchende Arbeit durchgeführt. Aus dieser Beratung ergeben sich die Entscheidungen zu Diagnostik und/oder Untersuchung bzw. anderweitiger Unterstützung. 10 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Die Verteilung der Beratungen nach den klassischen Risikogruppen ergibt folgendes Bild: Verteilung der Beratungen nach Risikogruppen 250 185192 200 150 144 2010 139 2011 109 105 100 2012 82 61 39 50 2013 52 24 24 3 5 16 15 9 19 34 33 0 Hetero Prostitution MSM Bisex ohne Angabe Aus dieser Tabelle ergibt sich augenscheinlich, dass sich im Jahre 2013 die Anzahl der Ratsuchenden aus der Allgemeinbevölkerung um ca. 4 % erhöht hat. Der Bedarf aus dem Bereich der Prostitution und MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) ist um 27 bzw. 17 % zurückgegangen. In wieweit diese Zahlen sich im Rahmen der üblichen Schwankungsbreite von angebotsbedingten Tätigkeiten bewegen, dürfte sich erst aus den Zahlen der folgenden Jahre erschließen lassen. Anzahl der HIV-Schnell-/Standardteste 250 213 200 179 162 150 142 119 2011 99 100 2012 43 50 34 43 21 38 33 2013 0 HIV-Teste insgesamt Standardteste Schnellteste Außendienst Entsprechend den Trends der HIV-/STI-Beratungen verringerte sich auch die Anzahl der Testdiagnostik. Allerdings hat sich der Anteil der Schnellteste vom Vorjahresniveau von 19 % auf 36 % im Berichtszeitraum erhöht. Aus den Beratungen der Testwilligen ergibt sich der Trend, dass die Möglichkeit eines Schnelltestes durch das Internet bekannter geworden ist und der Solidität eines Schnelltestes immer mehr vertraut wird. 11 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Im Landesdurchschnitt ergibt sich aus den statistischen Daten des Landeszentrums Gesundheit NRW (LZG NRW) eine andere Verteilung von Schnell- und Standardtests. Von insgesamt 24.534 HIV-Tests im Jahre 2013 haben die Schnellteste mittlerweile einen Anteil von 51 % erreicht. Im Berichtszeitraum wurden 3 Personen als HIV-infiziert getestet. Dies entspricht einer positiven Rate von 1,85 %. Im Vergleich hat die bundesweit durch das RKI zuletzt durchgeführte STI-Sentinel-Surveillance in Deutschland vom 25.11.2010 für die Gesundheitsämter eine positive Rate von 0,59 % ergeben. Die statistischen Erhebungen des LZG NRW weisen für den Berichtszeitraum für alle durchgeführten HIV-Tests an den Gesundheitsämtern in Nordrhein-Westfalen eine positiven Rate von 0,57 % aus. 4.2.1.2 Sonstige sexuell übertragbare Infektionen Eine durch eine STI entzündete Schleimhaut verliert an Schutz- und Barrierefunktion, so dass das HI-Virus leichter eindringen kann und sich eine sogenannte „Huckepackinfektion“ entwickelt. Zudem sind vermehrt Entzündungszellen in der erkrankten Schleimhaut, die eben gerade die Zielzellen für das HI-Virus sind. Umgekehrt geben HIV-positive Menschen mit STI-Infektion HI-Viren schneller weiter, da sich in den Schleimhautveränderungen durch STI’s vermehrt Viren befinden. So ist die Konzentration von HI-Viren z.B. in Herpesbläschen oder Syphilis-Geschwüren besonders hoch. Syphilis ist zudem eine systemische Erkrankung, die die Viruslast im Blut HIV-positiver Menschen erhöht und damit auch die Viruslast in Sperma und Vaginalflüssigkeit. In der Konsequenz erhöht sich das Risiko für die Weitergabe der HIV-Infektion2 Syphilis Bei 303 Menschen, die die STI-Beratung 2013 in Anspruch genommen haben, muss leider festgestellt werden, dass selbst dann, wenn gezielt nach Syphilis-Infektionen gefragt wurde, über diese Zusammenhänge keinerlei Kenntnisse vorhanden waren. Bei 86 Personen ergab sich nach Bewertung des Risikos die Indikation für eine Blutuntersuchung auf Syphilis, die immer zunächst durch den TPHA-Screening-Test durchgeführt wird, der auch 2013 vom Land NRW finanziert wurde. Ist dieser positiv, so wird untersucht, ob es sich um eine ausgeheilte Syphilis handelt oder eine akute Infektion. (siehe Grafik Infektionen Syphilis/ Hepatitis B und C Seite 13 ). Die so gefundenen Infektionen oder auch ausgeheilten Infektionen entsprechen in etwa dem Vorjahr. Für 2013 liegen die Zahlen des RKI, dem Syphilis – Infektionen ohne Namensnennung gemeldet werden, noch nicht vor. 2012 hatte der Anstieg der Syphilis-Infektionen, der seit 2010 beobachtet wird, noch nicht nachgelassen. Besonders betroffen waren größere Städte, aber kleinere Städte und auch Landkreise waren nicht ausgenommen. Insbesondere infizierten sich Männer, die Sex mit Männern haben / hatten. Von Seiten des RKI wird hier eine zunehmende Sorglosigkeit im Hinblick auf „Safer Sex“ vermutet oder auch „Kondommüdigkeit“. 2 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: www.stdinfo.de 12 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ In Städten wie Dortmund, Wuppertal und Essen kam es aber auch zu einem dramatischen Anstieg bei heterosexuellen Kontakten (z.B. in Essen von 2011 auf 2012 um ca. 110%). In diesem Zusammenhang raten Experten dazu, in den Kommunen ein effizientes Beratungsangebot für den Bereich Prostitution vorzuhalten – auch wenn die Ursache und Wirkung aus den statistischen Zahlen nicht eindeutig zuzuordnen sind. Der epidemiologisch nachgewiesene Wiederanstieg der Syphilis nach rückläufigen Zahlen bis 2009 wird in der Fachwelt als besorgniserregend wahrgenommen3 Inzwischen reagieren auch Printmedien mit Schlagzeilen: „Lustseuche“ Syphilis greift in Deutschland um sich (Die Welt) Syphilis hat Deutschland wieder fest im Griff (Die Welt) Unter dem Begriff „Lustseuche“ ist die Erkrankung eher bekannt als unter dem medizinische Namen Syphilis. Das Wissen um die Auswirkungen dieser gut behandelbaren Erkrankung und ihrer Symptome ist jedoch ausgesprochen gering. Die DSTIG mahnt auch an, dass die Syphilis wie andere STI’s im Laufe der Jahre, in denen sie seltener wurden, in Vergessenheit geraten ist – auch in der Fachwelt, so dass es hier inzwischen an Erfahrung mangelt. Sie fordert eine bessere Ausbildung der Mediziner auf diesem Sektor. Bei der Syphilis ist dieses besonders wichtig, da sie in ihren vielfältigen Symptomen als das „Chamäleon“ unter den Erkrankungen gilt. Prävention wird umso wichtiger, als dass zurzeit das Antibiotikum der Wahl nur noch eingeschränkt zur Verfügung steht. Serologische Diagnostik Syphilis / Hepatitis B und C 140 118 120 91 87 100 74 80 60 40 55 86 73 73 64 63 TPHA/Syphilisteste Hepatitis B - Teste 31 29 Hepatitis C -Teste 20 0 2010 3 2011 2012 2013 Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 4.November 2013, Nr. 44, Syphilis in Deutschland 2012 13 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Hepatitis B Die WHO geht davon aus, dass die Hepatits B eine der häufigsten Infektionskrankheiten der Welt überhaupt ist. Besondere Bedeutung kommt den chronischen Infektionen zu, die zu Leberzirrhose und Leberzellkarzinomen führen können. In Deutschland wurden die Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission angepasst, da ein gut verträglicher Impfstoff zur Verfügung steht. Dadurch hat sich wie im „Bundesgesundheitssurvey“ nachweisbar die Situation in Deutschland schon verbessert.4 Gesundheitspolitisch bedeutsam sind ca. 600.000 Todesfälle weltweit, die trotz vorhandenem Impfstoff auf Hepatitis B – Infektionen zurückzuführen sind. Die Häufigkeit der Hepatitis B ist in den europäischen Ländern sehr unterschiedlich. In der Beratungsstelle finden sich viele Menschen aus anderen europäischen Ländern. Ein großes Problem bei vielen Prostituierten ist die Tatsache, dass sie kaum Kenntnisse über Hepatitis haben. Weit verbreitet ist immer noch der Glaube, sie würde überwiegend durch Bluttransfusionen und mangelnde Hygiene übertragen. Die Tatsache, dass der Übertragungsweg in 40% – 70% der Fälle ein sexueller ist, ist fast unbekannt. Die Durchimpfungsrate bei Prostituierten aus dem Ausland geht gegen Null. „Safer Use“ ist weitgehend unbekannt. Ferner ist eine kontinuierliche Aufklärung erforderlich, dass das gemeinsame Benutzen von Nagelscheren, Nagelfeilen, Zahnbürsten, Rasierern etc. unbedingt zu unterlassen ist. 73 Klienten wurden 2013 auf Hepatitis B in der Fachstelle Sexuelle Gesundheit untersucht. Dabei war niemand akut infiziert, aber es konnte auch kein Impfschutz nachgewiesen werden, 2 Personen hatten eine Hepatitis B im Ausland (Bulgarien) durchgemacht, ohne davon zu wissen. Hepatitis C Zurzeit gibt es keinen Impfstoff gegen Hepatitis C. Menschen mit häufig wechselnden Sexualpartnern müssen daher eigenverantwortliche Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. - Kondomgebrauch beim Anal- und Vaginalverkehr Dildos müssen vor der Weitergabe mit einem neuem Kondom versehen werden Sexspielzeug und andere Instrumente, die mit Blut in Kontakt kommen können, müssen korrekt desinfiziert werden Verwendung von Handschuhen beim Fisten Letzteres ist insbesondere der BDSM-Szene ( „Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism“) zuzuordnen. Es bedarf einer maximalen Vertrauensbasis zwischen Beratungsstelle und den Ratsuchenden, bis man diese Themen ansprechen kann, einschließlich der damit insgesamt verbundenen Gefahren: Analdehnung, Perforation, die zum medizinischen Notfall werden kann. 4 Bundesgesundheitsblatt 2013, 56:707-715, online publiziert 27.05.2013 Die Seroepidemiologie der Hepatitis A, B und C in Deutschland C. Poethko-Müller, R. Zimmermann, O.- Hamouda, M.Faber, K. Stark, R.S. Ross, M. Thamm http://edoc.rki.de/oa/articles/reQSlDoohK4xI/PDF/25IbkZiG9fWY.pdf 14 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Besondere Aufklärung erhalten Menschen auch, wenn sich der Verdacht auf Drogengebrauch ergibt, da nicht nur Übertragungsgefahr durch die Spritzen, sondern auch durch Röhrchen beim Sniefen, Spritzbestecke und Zubehör besteht. 73 Personen wurden 2013 auf Hepatitis C untersucht. Dabei fanden sich 3 Personen, die eine Hepatitis C durchgemacht hatten. Zwei deutsche Frauen waren durch Gastroenterologen behandelt worden, eine aus Lettland stammende Frau wusste nichts von dieser Infektion. Es wurde bei einer ebenfalls aus Lettland stammenden Prostituierten eine akute Hepatitis C gefunden. Mit Hilfe des Bordellbetreibers konnte eine Zuführung zum deutschen Versorgungssystem erreicht werden im Sinne eines Case-Management. Sowohl Hepatitis A, B und C sind namentlich meldepflichtig. Bisher hat die an dieser Stelle notwendige Aufhebung der Anonymität nicht zu Problemen geführt. Hepatitis A Die Hepatitis A wird in der Regel zusammen mit der Hepatitis B thematisiert, da für diese ein Kombinationsimpfstoff zur Verfügung steht, der gegen A und B immunisiert. Zudem werden die Klienten aufgeklärt, dass Schmierinfektionen, Analverkehr und fäkal-orale Infektionswege besondere Risikofaktoren sind. Gesundheitsämter, die bei einer Kostenübernahme für den Impfstoff durch den Patienten ein eigenes Impfangebot vorhalten, impfen in aller Regel gegen Hepatitis A und B. Als Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ sollte man überlegen, ob das Impfangebot auch durch das Gesundheitsamt des HSK gemacht werden sollte, da die in der Beratung ausgesprochene Impfempfehlung eher selten zu einer Impfung führt. Gonorrhoe Im Verlauf des Jahres 2013 wurde bei einem bisexuellen Mann mit häufigem Partnerwechsel eine akute Gonorrhoe diagnostiziert. Die Behandlung wurde entsprechend der Therapierichtlinien durchgeführt. Mit dem Klienten wurden die möglichen Infektionsquellen im kritischen Zeitraum durchgegangen: er konnte glaubhaft versichern und bei seiner Kontrolluntersuchung in der Fachstelle berichten, dass sich drei weitere Personen, die als Infektionsquelle in Betracht kamen und zwei weitere Personen, für die der Klient selbst möglicherweise die Infektionsquelle war, in hausärztliche Behandlung begeben haben. Der Klient selbst befand sich auf der „Durchreise“, eine Krankenversicherung bestand nicht. Er hatte sich nach Suche im Internet an die Fachstelle gewandt. Es besteht in Deutschland keine Meldepflicht für die Gonorrhö. Damit sind Deutschland und Liechtenstein die einzigen europäischen Länder, in denen keine Meldepflicht besteht. Die WHO schätzt die Zahl der Infektionen mit Gonokokken weltweit auf 106.000.000, in Europa wurden aus 28 Ländern für 2010 32.000 Infektionen gemeldet. Sehr kritisch ist die Situation im Hinblick auf die zunehmende Antibiotika-Resistenz des Erregers. 15 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ 4.2.2 Schwangerschaftsberatung Beratung zu Schwangerschaftskonflikten, Schwangerschaft und Familienplanung Im Jahr 2013 war bundesweit die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche weiterhin rückläufig. Die Konfliktberatungen im Gesundheitsamt verringerten sich ebenfalls deutlich. Die Zahl der Schwangerschafts- und Familienplanungsberatungen haben sich nur unwesentlich verringert. Insgesamt suchten 159 KlientInnen die Beratungsstelle auf. Schwangerenberatung 120 99 100 80 98 90 89 76 74 69 Konfliktberatung 55 60 Schwangerenberatung Familienplanung 40 20 18 11 15 14 0 2010 2011 2012 2013 Frauen kommen häufig allein in die Beratungsstelle. Bei 25% der Gespräche war der Partner anwesend, bei ca. 30% eine oder mehrere andere Begleitpersonen. Im Rahmen der o.g. Fallzahlen erfolgten allerdings mehr Beratungsgespräche, da eine intensive Beratung und Begleitung bei zunehmend komplexen Problemen erforderlich war. Der Beratungsaufwand pro Fall ist somit weiterhin steigend. Finanzielle Hilfen Aus der „Bundesstiftung Mutter und Kind“ wurden im Jahr 2013 insgesamt 25.200,- € für 38 Neuanträge und 8 Vorjahresanträge ausgezahlt. Für 2014 wurden bereits 1.600,- € bewilligt. Zum größten Teil handelte es sich, wie auch in den Vorjahren, um Beihilfen für Schwangerschaftskleidung und Erstausstattung, in Einzelfällen für Wohnung und Einrichtung. Aus dem „Sonderfonds des Hochsauerlandkreises für Schwangere und zur Verhütung“ wurden Beihilfen für 12 Frauen/Paare beantragt, 4 Anträge allerdings aus verschiedenen Gründen storniert bzw. die Kostenübernahme anderer Stellen mit Unterstützung der Beratungsstelle durchgesetzt. Insgesamt wurden für 8 Fälle 2.450,-€ bewilligt, davon in 7 Fällen für Verhütung/Familienplanung. 16 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Kinderwunschberatung Eine Frau wandte sich mit Fragen wegen Kinderwunsches an die Beratungsstelle. Die Fortbildung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Münster wurde besucht. Allerdings wurde in dieser Veranstaltung deutlich, dass in vielen Fällen eine psychosoziale Beratung über die Kinderwunschpraxen, z.B. in Münster, angeboten und durchgeführt wird. Dies erklärt möglicherweise die geringe Zahl an Beratungswünschen in unserer Region. Das Angebot, Frauen und Paare in der Zeit vor, während und nach einer Kinderwunschbehandlung zu unterstützen, wird im Rahmen unserer Möglichkeiten aufrecht erhalten. 5. Studie des Robert-Koch-Institutes Im Frühjahr 2012 initiierte das Robert-Koch-Institut gemeinsam mit dem Labor Krone und der Firma Gen-Probe eine Studie mit Unterstützung des LZG NRW ( Landeszentrum Gesundheit NRW). Vor dem Hintergrund der bestehenden guten Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsämtern NRW und dem Labor Krone wurde diese Studie primär in NRW angelegt. Das Robert-Koch-Institut bot allen Gesundheitsämtern in Nordrhein-Westfalen die Teilnahme an dieser Studie an. Die Studie hat das Ziel, die Prävalenz (Anzahl der Erkrankungsfälle in der Bevölkerung) von genitalen Gonorrhö-, Chlamydien- und Trichomonas-Infektionen bei Personen, die die anonyme Testberatung der Gesundheitsämter in Anspruch nehmen, zu ermitteln. Denn zurzeit gibt es kaum aktuelle Daten zur Prävalenz dieser Infektionen in Deutschland. Keine dieser drei STI ist meldepflichtig. Alle drei Infektionen sind häufig asymptomatisch. Da auch die asymptomatischen Infektionen zu Folgeschäden und weiteren Infektionen führen können, möchte das Robert-Koch-Institut zu diesem Bereich verwertbare Daten akquirieren. Das Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreises entschied sich für eine Teilnahme. Zum einen wird den Testwilligen eine ergänzende Möglichkeit gegeben, einen erweiterten Status zu ihrer sexuellen Gesundheit zu erfahren, zum anderen erhält das Gesundheitsamt selber Einblick in die örtliche Prävalenz-Situation. Die Studie teilte sich in 2 Arme, die sich an jeweils unterschiedliche Personengruppen richteten. RKI- Studie STI-HIT-Studie mit TeilnehmerInnen, die wegen einer HIV-Testung ins Gesundheitsamt kommen STI-Outreach-Studie mit Sexarbeiterinnen durch aufsuchende Arbeit 17 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Zur Aufrechterhaltung der Anonymität wurden die Aufklärungsbögen nicht von den Studienteilnehmerinnen unterschrieben, sondern vom verantwortlichen Berater/Beraterin. Die Bögen für die Teilnehmerinnen wurden vom RKI in mehreren Sprachen zur Verfügung gestellt. Im üblichen Beratungsgespräch wurde den Testwilligen der Sinn der RKI-Studie, die Möglichkeiten für den Betroffenen selber und das Prozedere dargestellt. Voraussetzung für die Teilnahme war die Abgabe von Urin bei Männern und ein selbst durchgeführter Vaginalabstrich bei Frauen sowie die Bereitschaft zur Beantwortung eines Fragebogens. Das Referenzlabor Krone hat die eingereichten Proben auf 3 Erreger untersucht: - Chlamydia Trachomatis (Chlamydieninfektion) - Neisseria Gonorrhöe (Gonokokken/Tripper) - Trichomonas Vaginalis (Trichomonadeninfektion) Die Ergebnisse des letztgenannten Erregers konnten noch nicht an die Studienteilnehmer weiter gegeben werden, da eine Zulassung des Tests in Deutschland als Selbstuntersuchung noch nicht vorlag. Die StudienteilnehmerInnen waren vorab darüber informiert. Die Studie wurde im Dezember 2012 begonnen. Im September 2013 wurde sie abgeschlossen. Die vollständige Auswertung der Studie wird das RKI im Sommer 2014 veröffentlichen. 5.1 STI-HIT-Studie Diese Studie richtete sich an Menschen die zunächst einzig wegen eines HIV-Testes Kontakt mit dem Gesundheitsamt aufgenommen hatten. Viele der Testwilligen waren an der Erweiterung der Testdiagnostik interessiert. So beteiligten sich über 70 % der Testwilligen an dieser Studie. Von insgesamt 38 Teilnehmerinnen wurden 37 negativ befundet. 1 Teilnehmer hatte sich mit Chlamydien infiziert. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichtes liegt noch keine Auswertung der Studie durch das RKI vor, so dass noch keine Bewertung der hiesigen Zahlen dargestellt werden kann. 5.2 STI-Outreach-Studie Die KABP-Surv STI Studie5 (Knowledge, Attitude, Behaviour, Practices) des RKI aus 2011 hat gezeigt, dass ein höheres Infektionsrisiko für STI’s bei SexarbeiterInnen ohne Kontakt zu den lokalen Gesundheitsämtern besteht. Das RKI hat Ende 2012 die Fragestellung, ob schwer zu erreichende SexarbeiterInnen ein höheres Risiko für STI’s tragen, in die Studie aufgenommen. Die schwer zu erreichenden SexarbeiterInnen kennzeichnen sich insbesondere durch: Angst vor Stigmatisierung Ungeklärter Aufenthaltsstatus Fehlende Krankenversicherung Mangelnde Sprachkenntnisse Geringer Bildungssstand 5 Robert Koch-Institut. Bericht: Workshop des Robert Koch-Instituts zum Thema STI-Studien und Präventionsarbeit bei Sexarbeiterinnen, 13.-14. Dezember 2011. Berlin 2012 18 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Die Studienmaterialen (Abstrichtupfer / Labor- und Erfassungsbögen) wurden zur Verfügung gestellt. Es handelte sich um Selbstabstriche, was bei den angesprochenen Personen die Akzeptanz stark positiv beeinflusst hat. Ohne Selbstabstriche wäre die Studie im Übrigen bei aufsuchender Arbeit, also in Bars, Clubs, Bordellen etc. auch gar nicht durchführbar gewesen. Vaginalabstrich Urinprobe Die Ergebnisse der Untersuchung hat jedes Gesundheitsamt an die TeilnehmerInnen in der auch bei anderen Befunden üblichen Art und Weise weitergegeben. Falls eine Anbindung an das Regelversorgungssystems zur Behandlung einer Infektion nicht gelingen konnte, waren die Gesundheitsämter aufgerufen, selbst im Sinne einer subsidiären Versorgung nach den vom RKI vorgegebenen Standards zu therapieren und das Therapieergebnis zu kontrollieren. Häufigkeit der diagnostizierten Errreger in der Gesamtauswertung der Studie durch das RKI6 6 „High prevalence of genital infections with chlamydia, gonorrhoea and trichomonas in hard-to-reach female sexworkers in Germany: prliminary data oft he STI-Outreach study“ www.ecdc.europa.-en-ESCAIDE-MaterialsPresentations%202013-chlamydia-gonorrhoae-trichomonas-Jansen-session-18-2013.pdf 19 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Von den 75 durch die Fachstelle durchgeführten Proben waren 8 auf Chlamydien positiv, was einem Prozentsatz von 10,6 entspricht. Damit entsprechen die Ergebnisse im HSK denen, die bisher für die gesamte Studie vom RKI publiziert wurden. Die Ergebnisse für die Untersuchungen auf Trichomonaden erhalten die beteiligten Gesundheitsämter nicht. 6. Prävention Neben der Möglichkeit der anonymen Beratung bestimmt eine unvoreingenommene Haltung die Qualität der persönlichen Gespräche. Eine lebenswelttaugliche Beratung ermöglicht den Betroffenen - über den gewünschten Test hinaus - ein gesundheitsbewusstes Handeln zu verankern. Auch in den Präventionsveranstaltungen mit Gruppen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind diese Paradigmen unabdingbar. Diese Gruppen lassen sich gut erreichen durch lebenswelttaugliche sexualpräventive Arbeit. Sie kann somit Anstoß sein zu verantwortlichem und gesundheitseinsichtigem Verhalten. Die Präventionsschwerpunkte aus dem Jahr 2012 wurden 2013 weitergeführt. Als Zielgruppen standen die SexworkerInnen und die nachwachsende Generation im Mittelpunkt der Aufklärungsarbeit. Die Anfragen zu Gruppenveranstaltungen von Schulen, Vereinen, Jugendfreizeitstätten, Institutionen der Berufsförderung etc. wurden mit der Schwangerschaftsberatung reflektiert und bei Eignung gemeinsam gestaltet und umgesetzt. Die Integration beider Aufgabenbereiche hat eine gemeinsame Konzeptionierung der Präventionsarbeit in diesem Bereich sehr erleichtert. 6.1 Sexarbeiterinnen Die folgende Übersicht zeigt, aus wie vielen Bereichen Information, Beratung und Hilfe für SexarbeiterInnen erforderlich sein kann (die Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit): Ämter Amt für Ausländerangelegenheiten Bauaufsichtsamt Finanzamt Ordnungsamt Notfälle Rettungsdienst/ Feuerwehr Polizei Übernachtungsmöglichkeiten in Notfällen Gesetzliche Grundlagen Prostitutionsgesetz Gewerbeordnung Steuerrecht Sozialrecht Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen Infektionsschutzgesetz Allgemeine Lebensberatung / Ausstiegshilfen Krankenversicherung Arge Hydra e.V. – Treffpunkt und Beratung für Prostituierte Madonna e. V. – Beratung und Hilfe für Prostituierte 20 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Die Beratungsstelle kann in ihrer Konstellation zusammen mit der AIDS – Koordination und der Schwangerschaftsberatung hier Beratung und Prävention rund um gesundheitliche Aspekte leisten. Im Übrigen kann sie vermitteln, Adressen und Ansprechpartner benennen, die in anderen Problemlagen weiterhelfen. Die Beratungsstelle sucht SexworkerInnen auch an ihren Arbeitsstellen auf, da sonst viele in einem flächengroßen Landkreis gar keinen Zugang finden würden. Zudem schafft die aufsuchende Tätigkeit eine bessere Vertrauensbasis, die es dann auch erlaubt, stark tabuisierte Themen anzusprechen. Problematisch ist die Wissensvermittlung sehr oft durch Sprachbarrieren: ein großer Teil der im HSK arbeitenden SexarbeiterInnen stammt aus Bulgarien und Rumänien, viele aus Lettland, danach rangieren Polen und Russland. Nur noch wenige stammen aus Afrika und Südamerika. Die Beratungsstelle setzt hier die z. B. über die BZgA verfügbaren Materialien in verschiedenen Sprachen ein. Allerdings ist oft festzustellen, dass SexarbeiterInnen – insbesondere aus Bulgarien und Rumänien – Analphabeten/Analphabetinnen sind. Somit müssen Freunde / Freundinnen der betreffenden Personen gesucht werden, die als Sprachmittler dienen können. Grundsätzlich ist eine sehr individuelle Beratungs- und Präventionsarbeit auf der lokalen Ebene erforderlich, zusätzlich zu den allgemeinen Präventionsbotschaften der großen Kampagnen. Über die Lebensrealitäten von SexarbeiterInnen gibt es in großen Städten inzwischen szenische Lesungen für einen Blick hinter die Kulissen. Die auf HIV-Übertragung zugeschnittenen Safer-Sex-Botschaften sind nur bedingt gegenüber anderen STI’s wirksam. Das RKI benennt in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit weiterer Botschaften: neben dem konsistenten Kondomgebrauch häufigere Untersuchungen, ein aggressiveres therapeutisches Management (z. B. wie in den Richtlinien des CDC (Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention) beschriebene vorbeugende Therapie bei Kontaktpersonen), der ÖGD (Öffentlicher Gesundheitsdienst) soll bei besonders gefährdeten Gruppen Beratung, Untersuchung und ggf. auch ambulante Behandlung für STI’s anbieten, wenn erforderlich aufsuchend (§ 19 Infektionsschutzgesetz). Dieses Angebot muss nach RKI – Einschätzung flächendeckender als bisher aufgebaut werden, um die weitere Verbreitung von HIV und anderen STI’s tatsächlich eindämmen zu können. 21 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ 6.2. Freier Die Einbeziehung der Freier in die Präventionsarbeit ergibt sich aus den Beratungsgesprächen und Anfragen. Es fragen immer wieder Menschen nach Beratung und Test, die im Rahmen der Prostitution ungeschützten Sex hatten. Auch Studien belegen, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Freier auf einer Dienstleistung ohne Kondom besteht. Daher wurde seitens der Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ die Anfrage eines Saunaclubs positiv aufgenommen, im Rahmen eines „Tages der offenen Tür“ die Anliegen der Fachstelle im Club zu präsentieren. Mit einer Präsentationswand mit verschiedenen einschlägigen Postern der Deutschen AIDSHilfe sowie der Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ im Barraum, einem Informationsstand im Eingangsbereich mit spezifischem Informationsmaterial und Give-Aways sowie dem Angebot einer Testdiagnostik war die Fachstelle präsent. Im Rahmenprogramm des Clubs wurde immer wieder auf das Thema der sexuellen Gesundheit und die Angebote des Gesundheitsamtes hingewiesen. Für die Prostituierten war es eine absolut erste Erfahrung, dass das Gesundheitsamt während der Arbeitszeit mitten unter ihren Kunden auf die Verantwortung der eigenen sexuellen Gesundheit aufmerksam machte. Für die meisten Gäste war die Anwesenheit des Gesundheitsamtes zunächst überraschend, spätestens aber nach der Aufklärung zu den Gründen der Aktion gab es ausschließlich positive Zustimmung. Einige Gäste und Prostituierte nahmen die Gelegenheit zur Testdiagnostik zu HIV und STI wahr. Tag der offenen Tür Parkschloss Dali, Frau Dr. Binhold im Gespräch 22 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Präventionsmaßnahmen für Freier werden in der Fachdiskussion unbedingt als notwendig angesehen. Die Fachleute halten die Freier aber auch übereinstimmend für ein sehr schwierig zu erreichendes Klientel im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit. Es gibt eine nicht unerhebliche Zahl von Freiern, die auf ungeschützten Geschlechtsverkehr bestehen. Ggf. mit finanziellen Anreizen wird die Einwilligung der Prostituierten erkauft. Die Veranstaltung machte Gespräche darüber möglich, dass Kondomverzicht ein emotional gesteuertes Verhalten darstellt und sich rationalen Überlegungen entzieht. Die Fachstelle Sexuelle Gesundheit des Gesundheitsamtes des Hochsauerlandkreises und der Saunaclub sind mit dieser Aktion einen ungewöhnlichen Weg gegangen. Der Fachstelle sind keine solchen Aktionen bekannt, die sich inhouse sowohl an die Prostituierten als auch an die Freier richten. Anlässlich einer Sitzung der Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention wurde diese Aktion als Bespiel gebend hervorgehoben. 6.3. Allgemeinbevölkerung Durch die Liberalisierung der sexuellen Einstellung der Menschen in unserer Gesellschaft ist von gesteigertem Risikoverhalten auszugehen. Vor diesem Hintergrund suchen auch Menschen, die nicht den klassischen Risikogruppen zuzuordnen sind, eine kompetente und vorurteilsfreie Beratung mit der Möglichkeit der STI-Diagnostik. Innerhalb der Regelversorgung gibt es durchaus Defizite bzw. ein nicht angepasstes Angebot (insbesondere fehlende Anonymität). Im Sinne des gesetzlichen Auftrags des Infektionsschutzgesetzes ist die zu beobachtende zunehmende Frequentierung der Sprechstunden der Fachstelle eine gewünschte Entwicklung. Die Öffentlichkeitsarbeit, vor allen Dingen im Rahmen der Printmedien, bezog in Information und Ansprache die Allgemeinbevölkerung mit ein. 6.4. Nachwachsende Generation Die personalkommunikative Präventionsarbeit der Fachstelle in Gruppen mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurde auch im Jahr 2013 gleichbleibend nachgefragt. Die weiblich/männliche personelle Besetzung der Fachstelle machte das Präventionsangebot für die Institutionen attraktiv und war auch für die anfragenden Institutionen ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Bei 10 Veranstaltungen wurden insgesamt 210 Jugendliche und junge Erwachsene erreicht, die sich im Rahmen interaktiver Methoden mit den Themen Sexuelle Lebensweise, HIV/AIDS, Verhütung, Liebe/Sexualität auseinandersetzten. Die Fachstelle beteiligte sich an 3 „Babybedenkzeiten“ verschiedener Jugendämter im Hochsauerlandkreis. Bei diesen Projekten haben Schüler/Innen mit „Babysimulatoren“ im Rollenspiel über einen mehrtägigen Verlauf die Elternrolle erprobt. Informationen über Möglichkeiten der Familienplanung waren ein abschließender Bestandteil dieser Projekte. Insgesamt nahmen 65 Schüler/Innen teil. 4 Veranstaltungen zum Thema „Verhütung und Schutz“ fanden im Rahmen des schulischen Sexualkundeunterrichts in verschiedenen Förderschulen statt. Daran nahmen 30 Schüler teil. 23 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Das zu Beginn des Schuljahres 2012/2013 gestartete Projekt Body & Grips als gemeinsames Projekt des Gesundheitsamtes (AIDS-Beratung, Schwangerschaftsberatung, Suchtprävention) und der Jugendämter im Hochsauerlandkreis konnte zum Ende des Schuljahres bilanziert werden. 11 Schulen nahmen in den verschiedenen Zuständigkeitsbereichen der jeweiligen Jugendämter an diesem Projekt teil. Die Jahrgangsstufen 6 und 7 der jeweiligen Schulen durchliefen einen attraktiven Mitmachparcours des Deutschen Jugend-Rot-Kreuzes zu den Präventionsthemen Beziehung, Sexualität, Sucht und Bewegung. Die 12 Stationen wurden von den Schülern der 10. Klasse der jeweiligen Schule moderiert. Hierzu wurden sie durch Jugend- und Gesundheitsamt geschult. Dieses Peer-Konzept hat die Schulen auch überzeugt, auf diesem Wege Schüler zu fördern und in ihrer Personalkompetenz zu stärken. Für ca. 770 Schüler war der Mitmachparcours ein spannendes, abwechslungsreiches, zeitgemäßes und ganzheitlich erfahrbares Lernkonzept. Projekt Body & Grips als gemeinsames Projekt des Gesundheitsamtes und der Jugendämter Zum Abschluss des Projektes im Schuljahr 2012/2013 wurde ein Theaterspiel verlost. Der glückliche Gewinner war die Hauptschule Freienohl, für deren Schüler das Theaterstück „Liebe, Love and Sexperts“ einen ereignisreichen Vormittag bescherte. Die Beteiligung der Schüler als auch der Zuspruch des Lehrpersonals hat die Qualität des Theaterstücks und ihrer Akteure rundum bestätigt. Der Zuspruch zu diesem Projekt gab die Veranlassung, dies auch im Schuljahr 2013/2014 fortzusetzen. 24 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Theaterstück „Liebe, Love and Sexperts“ in der Hauptschule Freienohl Eine besondere Herausforderung waren die Organisation und Durchführung der ersten JugendFilmTage im Hochsauerlandkreis. In bewährter Zusammenarbeit mit dem Jugendamt wurde dieses Projekt organisiert. Es umfasste ein Fortbildungsangebot für Lehrer und zwei Kinotage mit Filmvorführungen und interaktiven Mitmach-Aktionen für Schulklassen. Das Mescheder Kino Linden-Center unterstützte dieses Projekt. Die Jugendfreizeitstätte „Das Förderband“, das Kinder- und Jugendzentrum Offene Tür, Donum Vitae, die Diakonie RuhrHellweg e.V., das Frauenzentrum Meschede und das Julie-Postel-Haus engagierten sich als Kooperationspartner in der begleitenden Mitmachaktion. Mitmachstationen bei den Jugendfilmtagen in der Jugendfreizeitstätte „Das Förderband“ 25 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Die Eröffnung der Jugendfilmtage stand im Zeichen des nahen Welt-AIDS-Tages. Joe Bausch ( Arzt, Drehbuchautor und Schauspieler, z. B. Gerichtsmediziner im Tatort ) als Schirmherr eröffnete die Jugendfilmtage und stand den interessierten Medien ausgiebig und kompetent zur Verfügung. Schulen aus Bestwig, Olsberg und Meschede beteiligten sich. Sowohl bei den Schülern als auch bei den Lehrern gab es für die Organisatoren und Kooperationspartner eine positive Resonanz. 7. Koordination 7.1 Öffentlichkeitsarbeit Öffentlichkeitsarbeit ist eine wichtige Aufgabe der Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“. Im Rahmen von „massenmedialer Präsenz“ wird angestrebt, die Bevölkerung des Hochsauerlandkreises mit den verschiedenen Medien zu erreichen. Auch in diesem Jahr beteiligten sich wieder viele Veranstalter zur Karnevalszeit an der Aktion der AIDS-Koordination „Niemals ohne“. 11 Veranstalter - verteilt im gesamten Hochsauerlandkreis - wollten an dieser besonderen Aktion teilnehmen. Zu ihren großen Hallenveranstaltungen zur 5. Jahreszeit zeigten sie durch Plakatierung sowie die Vergabe von Kondomen mit dem Logo der Fachstelle Sexuelle Gesundheit ihr Engagement. Die Resonanz sowohl der Veranstalter als auch der Besucher war durchweg zustimmend positiv. Aktion der AIDS-Koordination „Niemals ohne“. 26 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Der Jahresbericht 2012 erhielt eine besondere Resonanz. Die AG-AIDS-Prävention NRW als Koordinationsstelle des Landes zur AIDS-Prävention präsentierte den Jahresbericht 2012 auf ihrer Homepage. Sie würdigte damit sowohl den Inhalt des Berichtes als auch die Arbeit der Fachstelle. Diese Aufmerksamkeit führte gegen Ende des Jahres zu der Anfrage ihre 9. Sitzung im Hochsauerlandkreis durchführen zu können, um dabei die Fachstelle kennen lernen zu können. Dieser bisher erst zweiten externen Sitzung des Gremiums wurde seitens des Hochsauerlandkreises zugesagt. Sie wird im Frühjahr 2014 stattfinden. Eine neue zusätzliche Form der Öffentlichkeitsarbeit ergab sich für die Fachstelle durch die Teilnahme am Tag der offenen Tür eines Saunaclubs ( siehe Seite 22/23). In diesem Jahr dienten die ersten Jugendfilmtage im Hochsauerlandkreis dazu, in den Medien auf den Welt-AIDS-Tag und seine Anliegen aufmerksam zu machen. Die Organisatoren und die Kooperationspartner standen der Presse (Radio Sauerland, Westfalenpost, Sauerland-Kurier) ausgiebig Rede und Antwort. Durch das Engagement von Joe Bausch konnte eine sehr gute Medienpräsenz erreicht werden. Pressegespräch bei den Jugendfilmtagen mit Joe Bausch In einer weiteren Aktion zum Welt-AIDS-Tag wurden alle weiterführenden Schulen im Hochsauerlandkreis angesprochen. Mit den Welt-AIDS-Tags-Plakaten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und dem Hinweis auf die Arbeit der hiesigen Fachstelle Sexuelle Gesundheit präsentierten sie ihren Schülerinnen und Schülern die diesjährige Botschaft zum Welt-AIDS-Tag „Positiv zusammen leben“. 27 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ 7.2 Vernetzung Das Bestreben der Fachstelle, Präventionsarbeit mit Akteuren anderer Institutionen zu vernetzen, war in verschiedenen Projekten erfolgreich. Mit den Jugendämtern Arnsberg, Meschede und Schmallenberg wurde das gemeinsame Projekt „Body und Grips“ mit dem Kooperationspartner des Deutschen Jugendrotkreuzes durchgeführt. Das Projekt erhielt von den Schulen eine gute Resonanz; die Projektpartner waren mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden. Daher wurde dieses Projekt auch im Schuljahr 2013/14 weitergeführt. Auf der Jahrestagung der Jugendämter im Landschaftsverband Westfalen-Lippe wurde gemeinsam mit dem Jugendamt das Projekt „Body und Grips“ vorgestellt und erhielt eine gute Resonanz. In Arnsberg wurde 2013 auf Initiative von Donum Vitae und dem Gesundheitsamt ein Netzwerk mit den Akteuren im sexualpädagogischen Bereich unter Federführung des Jugendamtes Arnsberg eingerichtet. Gemeinsame Aktionen und eine gemeinsame Präsentation in einem Flyer werden die ersten Schritte für eine vernetzte Zusammenarbeit sein. Ein Fazit der gemeinsamen Veranstaltung zum Jugendfilmtag ist der Wunsch der Kooperationspartner, sich auch im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes des Hochsauerlandkreises stärker zu vernetzen und weitere gemeinsame Aktionen ins Auge zu fassen. Mit dem Jugendamt HSK wurden Akteure im Präventionsbereich aus Freizeitstätten und Schulen zu einer Multiplikatorenschulung eingeladen. In dieser Schulung wurden sowohl zum Thema Sucht und Nikotin als auch zum Thema Sexualität interaktive Medien vorgestellt. Sowohl ein Methodenkoffer zur Sucht und Nikotin als auch ein Parcours zum Thema Sexualität, Liebe, HIV/AIDS wurde den Teilnehmern in einem mehrstündigen Seminar vorgestellt. Die Methodenmaterialien werden den Multiplikatoren zur Ausleihe vorgehalten. Bei Bedarf erfolgt eine Unterstützung von Jugendamt oder Gesundheitsamt vor Ort. Der Regionale Arbeitskreis der Schwangerschaftsberatungsstellen im Hochsauerlandkreis traf sich 2013 im Julie-Postel-Haus in Bestwig, um die erneuerte und erweiterte Mutter-KindEinrichtung kennenzulernen. Der gemeinsame Flyer wurde aktualisiert und neu aufgelegt. An zwei Treffen der kommunalen Schwangerschaftsberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen wurde teilgenommen. Die Schwangerschaftsberatungsstelle beteiligte sich an 4 Netzwerken für Kinderschutz nach § 4 Abs. 2 Schwangerschaftskonfliktgesetz (in Arnsberg, Brilon, Schmallenberg und Sundern) sowie am Projekt „Kein Kind zurücklassen“ in Arnsberg. 7.3 Aspekte der Qualitätssicherung Im Bereich der Testorganisation ergaben sich für 2013 keine organisatorischen Veränderungen. HIV-Standard- und HIV-Schnelltest sowie eine Syphilis-Diagnostik werden kostenmäßig vom Land Nordrhein-Westfalen getragen. 28 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Seit 1. Juli 2013 wird durch die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen auch für die in niedrigschwelligen Beratungs- und Testangeboten durchgeführten HIV-Schnelltests eine externe Qualitätssicherung durch Beteiligung an Ringversuchen zwingend vorgeschrieben. Diese sind zweimal jährlich durchzuführen. Auf diese Weise wird sowohl die Qualität des angewandten Schnelltestes, als auch die korrekte Handhabung vor Ort unter Beweis gestellt. Dem Anliegen der Beratungs- und Testwilligen kommt die Durchlässigkeit der Beratungssysteme (STI-Beratung, HIV-Beratung und Schwangerschaftsberatung) entgegen. Schon in der telefonischen Anfrage wegen eines Termins können die Anliegen selbstverständlicher koordiniert und an die geeignete Stelle weitergeleitet werden. So kann den Anfragenden ein Zeitaufwand für eine Mehrfachberatung erspart bleiben. Die von der Arbeitsgemeinschaft Aids-Prävention (AG AIDS-Prävention NRW) geplante webbasierte landesweite Datenerhebung zu HIV und AIDS wurde 2013 zum ersten Mal erhoben. Im Rahmen des in den letzten Jahren erarbeiteten „Konzeptes zur Weiterentwicklung der HIV/AIDS-Prävention in NRW“ besteht nunmehr eine webbasierte Datenerhebung zu Strukturen und Maßnahmen der HIV/AIDS-Prävention. An der statischen Erhebung beteiligen sich Akteurinnen und Akteure der AIDS-Prävention von freien Trägern und Kommunen. Seitens des Landes besteht die Perspektive, auf diese Weise zukünftig eine Basis für sachliche Entscheidungen zu erhalten. Die für 2013 avisierte Implementierung der gemeinsamen Datenerfassung der Fachstelle verzögert sich wegen der Überlastung der Mitarbeiter, die die entsprechende Software entwickeln können. Wie im Jahr zuvor wurden die Fort- und Weiterbildungen je nach Schwerpunktarbeit in der Fachstelle belegt. Die AIDS-Beratung besuchte eine dreitägige Fortbildung des Verbandes der AIDS-Koordinatoren NRW und die vom Sprecherkreis angebotenen vier Fachtagungen auf Landesebene. Im Rahmen der Mitarbeit im Sprecherkreis der AIDS-Koordinatorinnen NRW wurde an der Klausurtagung des Sprecherkreises und den verschiedenen fachspezifischen Treffen u. a. mit dem Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen (MGEPA NRW) und der AIDS-Hilfe NordrheinWestfalen teilgenommen. Im Arbeitskreis Sexuelle Gesundheit (AK Sexuelle Gesundheit) des Landeszentrum Gesundheit NRW (LZG NRW) ist die Vorstelle durchgehend vertreten. Die landesweite Ausrichtung der operativen und strategischen Themen und Diskussionen begünstigen die Qualitätsentwicklung auch der Fachstelle. Die zentrale Datenerfassung der Schwangerschaftsberatungsstellen in NRW wurde im Jahr 2013 leicht verändert online durchgeführt. Die Datenerhebung musste 2013 zu halbjährlichen Stichtagen vollständig eingegeben sein. Wegen der anstehenden Neuregelung der Finanzierung der Schwangerschaftsberatungsstellen durch das Land fanden im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW Workshops und Arbeitskreise mit allen Trägern zur Vorbereitung des Gesetzentwurfs statt. Die Beratungsstelle des Hochsauerlandkreises nahm auf Bitte des Arbeitskreises kommunaler Schwangerschaftsberatungsstellen und der zuständigen Vertreterin des Landkreistages an 3 dieser Sitzungen teil. Auf Anregung der Schwangerenberatungsstellen führte der Landschaftsverband WestfalenLippe eine Fortbildung zum Thema „Kinderwunsch“ durch. Es wurde über die ethischen, medizinischen und psychosozialen Aspekte ungewollter Kinderlosigkeit und der möglichen Behandlungsmethoden informiert und diskutiert. 29 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ 8. Entwicklungen in NRW und Bund Die Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW (AG AIDS-Prävention NRW) wurde im Jahr 2011 vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA NRW) als Koordinationsstelle zur AIDS-Prävention eingerichtet. Sie hat 2013 die landesweite Datenerhebung auf den Weg gebracht. Die Datenerhebung wendet sich an alle Akteure der AIDS-Prävention sowohl der freien Trägerschaft als auch an die Kommunen. Sie will mit der Erhebung die Aktivitäten der HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen erfassen. Die Daten sind Grundlage für die Beurteilung von Entwicklungen sowie für sachliche Entscheidungen und fachliche Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft. Im Februar 2013 gab die Arbeitsgemeinschaft Empfehlungen zur HIV-Prävention. Sie empfiehlt, die Intensivierung der Prävention und Diagnostik, vor allem für die Zielgruppe „schwule Männer und andere Männer, die Sex mit Männern haben“ und „SexarbeiterInnen“.7 Mit dieser Empfehlung bezieht die AG AIDS-Prävention die Erkenntnisse aus den PrävalenzDaten zur Syphilis und die Erkenntnisse über den Zusammenhang mit HIV-Infektionen deutlich mit ein. Die Präventionsarbeit mit SexarbeiterInnen erhält hier eine besondere Bedeutung. Die Deutsche AIDS-Gesellschaft e. V. (DAIG) hat unter Beteiligung einschlägiger Fachgesellschaften eine neue Leitlinie zur Postexpositionsprophylaxe (PEP) herausgegeben.8 Eine Postexpositionsprophylaxe ist die vorsorgliche Einnahme antiretroviraler Medikation zum Schutz vor einer HIV-Infektion nach einer HIV-Exposition. Die neuen Leitlinien berücksichtigen u. a. die Erkenntnis der stark reduzierten HIVÜbertragbarkeit unter einer konsequenten medikamentösen HIV-Therapie. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat ihre bisher auf HIV und AIDS konzentrierte Kampagne mehr und mehr auf die anderen sexuell übertragbaren Infektionen ausgedehnt. Massenkommunikative Medien (Plakate, Radio- und Fernsehspots etc.) rücken das Thema STI vermehrt in den Mittelpunkt. Die Deutsche STI-Gesellschaft - Gesellschaft zur Förderung der sexuellen Gesundheit (DSTIG) - präsentiert sich auch weiterhin als eine Fachgesellschaft, die im qualifizierten präventiven Umgang und in der medizinischen Versorgung von sexuell übertragbaren Infektionen engagiert ist. Der 2013 herausgegebene Leitfaden zur STI-Therapie ist auch für die Fachstelle Handlungsgrundlage subsidiärer Therapie. Das Robert-Koch-Institut (RKI) als die zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention hat auch im Jahr 2013 die epidemiologischen Daten zur Syphilis analysiert. Sie empfiehlt dem öffentlichen Gesundheitsdienst, die Angebote auf kostenfreie STI-Tests auf jeden Fall aufrechtzuerhalten. Das Land Nordrhein-Westfalen muss bis 2015 eine neue gesetzliche Regelung für die Förderung .von Schwangerschaftsberatungsstellen erarbeiten. Hintergrund ist eine gerichtliche Entscheidung über die Notwendigkeit des sogenannten „open shops“, also die Möglichkeit für neue Träger, in die Landesförderung aufgenommen zu werden. Dies bedeutet, einen Teil der zur Verfügung stehenden Fördermittel über neue Entscheidungskriterien zu verteilen. An der Entscheidung über die neuen förderrelevanten Merkmale für alle Beratungsstellen wurde im Jahr 2013 in langwierigen und kontroversen Diskussionen intensiv gearbeitet. Im Jahr 2014 soll der Gesetzentwurf vorgelegt werden. Die Landesförderung soll ab 2015 jeweils für einen 5-Jahres-Zeitraum nach Auswertung der 7 Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW, Empfehlungen zur HIV-Prävention vor dem Hintergrund der Entwicklung der Syphilis in Nordrhein-Westfalen, 26. Februar 2013. 8 Als Fußnote ist eine Internetadresse: www.daignet.de/site-content/hiv-therapie/leitlinien. 30 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ förderrelevanten Daten bewilligt werden. Kleine Beratungsstellen bis zu einer Vollzeitstelle werden nicht gekürzt, um die gesetzliche vorgeschriebene Mindestgröße zu garantieren und keine Beratungsstelle in ihrer Existenz zu gefährden. Eine Minderung der Förderung ist daher für die Beratungsstelle im Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreises nicht zu erwarten. Ab 2014 soll bundesweit das neue Gesetz zur Regelung der vertraulichen Geburt in Kraft treten. Ziel dieses Gesetzes ist die Verhinderung von Kindesaussetzungen oder - tötungen in Krisensituationen von Schwangeren, bessere medizinische Betreuung von Mutter und Kind sowie die Wahrung des Rechtes des Kindes auf die Kenntnis der eigenen Herkunft. Die Anonymität der Schwangeren soll gewahrt, die Daten bundesweit zentral archiviert werden. Ein vertraulich geborenes Kind kann sich ab dem Alter von 16 Jahren bei dieser zentralen Stelle über die eigene Herkunft informieren. Gewichtige Gründe gegen eine Offenlegung kann die Kindesmutter darlegen und damit diese verhindern. In diesem Gesetz sollen die Schwangerschaftsberatungsstellen ausdrücklich als Beteiligte am Verfahren aufgeführt werden. Fortbildung zu diesem Thema wird voraussichtlich im Jahr 2014 für die kommunalen Beratungsstellen über den Landschaftsverband Rheinland erfolgen. 31 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ 9. Fazit: Die Konzeption der Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ aus den drei Säulen: HIV-Aids-Beratung STI-Beratung und Schwangerenberatung hat sich über das Jahr 2013 weiter bewährt. Die Zuweisung der Klienten, die die Fachstelle kontaktieren, kann sehr direkt und unkompliziert erfolgen. Die Inanspruchnahme der Fachstelle durch die Bevölkerung zeigt für 2013 leicht geringere Fallzahlen im Vergleich zu 2012 bei weiter deutlich oberhalb der Jahre 2010 / 2011 liegenden Zahlen. Ob es sich um einen Trend oder „normale Schwankungen“ handelt, muss aus dem weiteren Verlauf beurteilt werden. Festzustellen aus den statistischen Analysen, aber auch aus den Gesprächskontakten, ist aber, dass sich innerhalb der Bevölkerung weiter eine eher sorglosere Haltung gegenüber den STI’s einschl. AIDS zeigt. Dies dürfte eine Reaktion auf bessere Behandlungsmöglichkeiten wie auch den medialen Umgang mit dem Thema sein. Das Robert-Koch-Institut sowie die in Deutschland zentral mit der Therapie befassten Institutionen rufen über die Fachpresse, die Organisationen auf Bundes- und Landesebene derweil immer wieder dazu auf, dass in der Prävention nicht nachgelassen werden darf. Geschätzte 14.000 Meschen in Deutschland mit einer nicht diagnostizierten HIV-Infektion können nicht akzeptiert werden. Die Renaissance vergessen geglaubter sexueller Infektionen kann nicht hingenommen werden. Insofern bleibt es wichtig, die großen Präventionskampagnen angemessen auf die lokale Ebene herunterzubrechen. Für das Jahr 2014 hat sich die AG AIDS-Prävention des Landes Nordrhein-Westfalen im Hochsauerlandkreis angekündigt, um dort die zweite außerhalb der Landeshauptstadt geplante Sitzung durchzuführen mit der Bitte an den HSK, die eigene Fachstelle als „Best Practice“ Modell vorzustellen. Der HSK wird dieser Bitte der gerne nachkommen, zeigt sich doch darin auch die Anerkennung und Würdigung der Arbeit in ihrer derzeitigen Konzeption. Die Bedeutung der bisher im HSK schon oft aufsuchend durchgeführten Beratung und Diagnostik der STI’s ist durch die RKI – Studie noch einmal herausgestellt worden, da auch das RKI davon ausgeht, dass viele Menschen - insbesondere eben Risikogruppen, die besonders gefährdet sind - , nur auf diesem Weg erreichbar sind. Damit ist auch nur über diese Wege eine Eindämmung der STI’s letztlich möglich. Genaues dazu wird die Auswertung der Studie durch das RKI im Sommer 2014 liefern. Die Nachfrage nach Präventionsveranstaltungen, die Bereitschaft zur Kooperation und aktiven Teilnahme war in 2013 unverändert hoch. Die Fachwelt zeigt einen großen Konsens darin, dass nur eine mit fundiertem Wissen ausgestattete nachwachsende Generation einen verantwortungsbewusst selbstbestimmten Umgang mit dem Thema „Sexualität“ für ihr Leben wird umsetzen können. 32 2013 Jahresbericht – Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Mitarbeiter der Fachstelle Sexuelle Gesundheit Obere Reihe v. l. : Frau Dr. Binhold, Herr Drees, Frau Striebe, Herr Kleine Untere Reihe v. l.: Frau Befeld-Elkemann, Frau Ossenbrink, Frau Kreft-Avioglu Wir sind weiterhin gerne für Sie da. 33