Presse_files/VIOLIN EXPERIENCE Kritik ZVW
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ZVW - Schorndorfer Nachrichten 18.05.2006 14:08 Uhr Rem-Murr-Kultur Der Geiger Klaus Marquardt aus Urbach. Er kann sein Instrument krachen lassen wie eine E-Gitarre. Klassisch ausgebildet, sein Vorbild aber ist Jimi Hendrix. Immer wieder spielt er mit noch lebenden Helden des Stadionrock. Die Herren von Deep Purple stehen auf seinen harten Streicher-Schmelz. Bild: Privat Erst der Sound, dann die Songs Von unserem Mitarbeiter Michael RiedigerKorb/Winterbach. Den Bezug zur Jimi Hendrix http://www.schorndorfer-nachrichten.de/statisch/druck.php?artikel=108022723&red=6&ausgabe= Seite 1 von 3 ZVW - Schorndorfer Nachrichten 18.05.2006 14:08 Uhr Experience dürfte Klaus Marquardt nicht zufällig gewählt haben. Die E-Geige spielt er bei seiner „Violin Experience“ meist wie eine Stromgitarre, und die 50 Zuhörer im Korber Schützenhaus kriegten krasse Klänge um die Ohren gehauen, die Wah-Wah-Pedal, Doppler und andere Effekte weidlich nutzten. Die Stücke indes sind bekannter Art. Einmal sagt der Rems-Murr-Paganini, für das nächste Stück brauche er eigentlich eine Brille, um die Noten zu lesen, habe diese aber leider vergessen. Macht natürlich nichts, denn wie sein Inspirator Hendrix kann Marquardt improvisieren, trotz (oder wegen?) einer klassischen Ausbildung. Kann nicht nur, sondern will dies auch. Will es gelegentlich krachen lassen mit seinen Experience-Experten Rüdiger Nass (Gitarre), Michael Paucker (E-Bass), Thomas Keltsch (Schlagzeug) und Tanja Telschow (Gesang). Und Jimis „Little Wing“, hier in besonders zerdehntem ZeitlupenZuschnitt, haben sie ohnehin im Programm. Der Unterschied zum großen Experience-Trio der 60er ist auch das einzige Manko, das wir dieser brillanten jungen Formation vorzuhalten haben: dass sie sich an zu wenig Selbstkomponiertem versucht. Der erste Marquardt-Song, ein stampfender Bluesrocker mit dem Titel „Alina“ (seiner kleinen Tochter gewidmet), ist das letzte Stück vor der Pause. Und auch im zweiten Set dominiert Fremdmaterial: Robben Ford, Bonnie Raitt, irische Melodien in Rock-Rezeptur, was Neueres vom jungen US-Songwriter Ryan Adams. Der Gruppenklang wächst durch Live-Auftritte Marquardt und Bassist Paucker erklären die Zurückhaltung beim Komponieren damit, dass dieses Projekt - Band wäre zu viel gesagt, spielen doch die meisten noch bei anderen, oft namhaften Formationen - zunächst nach einem eigenen Sound, dann, als zweiter Schritt, nach eigenen Songs sucht. Der Gruppenklang wachse durch Live-Auftritte, die Songs kämen ganz von selbst. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Gegen die Cover-Kunst des Marquardt-Quintetts spricht nichts, selten hörten wir derart stürmische, derart virtuose und geradezu überwältigend spielfreudige Versionen von Rock-Klassikern. Schon der Beginn lässt Rockfans vor Freude jubeln: „Jessica“ von den Allman Brothers, Marquardt übernimmt im UnisonoDuo mit Rüdiger Nass Duane Allmans Lead-Part in einem glänzend gestalteten Twin-Guitars-Arrangement, und das klingt so frisch, so kernig, so saftig, dass es locker neben dem Original bestehen kann. Von null auf hundert innerhalb eines Taktes - so schnell kam selten mal eine Band auf Touren. Die spielerische Brillanz hält sich bei Funk-Nummern, die von Pauckers detailverliebter Bass-Basis und Keltschs sicherer Akzentuierung profitieren, ebenso wie in Slow-Blueshttp://www.schorndorfer-nachrichten.de/statisch/druck.php?artikel=108022723&red=6&ausgabe= Seite 2 von 3 ZVW - Schorndorfer Nachrichten 18.05.2006 14:08 Uhr Balladen, in denen Nass in Peter-Green-Manier die Töne tropfen lässt und Telschow nicht nur Stimmstärke, sondern auch interpretatorische Reife beweist. Ein Höhepunkt: der Blues-Standard „I just wanna make love to you“: Tanja Telschow scheint mit kräftigem Alt, noch kräftigerem Hüftschwung und deutlich zweideutigen Gesten für jeden männlichen Musiker - und ein paar Gäste im Publikum - das im Titel angedeutete Versprechen wahr machen zu wollen. Da darf sie sich nicht wundern, wenn sie viele mit Janis Joplin vergleichen, die sie ja „eigentlich nicht ankratzen“ will, wie sie versichert. Und doch lassen sich Stimme, Aussehen (die Haare!) und Bühnen-Benehmen als deutliche Referenzen verstehen. Aber warum denn nicht? Warum soll jeder junge Musiker immer so tun, als erfinde er das Rad ganz neu? Warum soll er nicht anhand von Traditionen zu Innovationen kommen, sprich zu einem eigenen unverkennbaren Sound? Dann sind, wie mit einiger Sicherheit bei der Violin Experience, irgendwann auch neue Songs zu erwarten.. Artikel drucken... Fenster schließen... http://www.schorndorfer-nachrichten.de/statisch/druck.php?artikel=108022723&red=6&ausgabe= Seite 3 von 3