10199.02 JPM Tunisia Text 80pp.qxp

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10199.02 JPM Tunisia Text 80pp.qxp
Inhalt
Richtung Tunesien
Rückblende
3
7
Unterwegs
13
Golf von Tunis
Nordküste
Cap Bon
Sahel
Süden
Tunesische Wüste
Kultur und Religion
Einkaufen
Essen und Trinken
Sport
Wichtiges in Kürze
Register
13
Karte
Djerba
Tozeur
44
50
Faltkarte
Tunesien,
Sousse, Tunis,
Hammamet
Rechts: Die Hand der Fatima
20
27
31
43
53
66
69
71
74
75
80
R i c h t u n g Tu n e s i e n
Erwachen
An Ihrem ersten Tag in Tunesien
wird Ihnen schon in aller Frühe
aufgehen, dass Sie sich in einer
gänzlich fremdartigen Umgebung
befinden. Wahrscheinlich wachen Sie vor der Dämmerung auf:
Von einem Minarett ertönt über
Lautsprecher der Ruf des Muezzin. Oder war das nur ein Traum?
Sanftes Wellengeplätscher und
Vogelgezwitscher wiegen Sie
wieder in den Schlaf. Dann
schrecken Sie vom Geschwätz
der Hotelangestellten auf, das wie
Streit und Schimpfen klingt –
doch so tönt die arabische Sprache für europäische Ohren am
Anfang. Das Frühstück mit café
au lait (Milchkaffee) und frischen
croissants wird Sie mit der Wirklichkeit versöhnen.
Der verwirrende Kontrast zwischen Vertrautem und Fremdem
macht Tunesien erst richtig interessant. Die Einheimischen sind
würdevoll, freundlich, sehr familienbewusst und haben viel Sinn
für Humor. Die Frauen sind
emanzipiert und meist westlich
gekleidet; nur in den Dörfern verschleiern sich noch völlig – bis
aufs Gesicht.
Tunesische Superlative werfen
Vorurteile über den Haufen. Haben Sie sich auf eintönige histori-
sche Ausgrabungsstätten eingestellt? Die Zauberwelt der punischen und römischen Zivilisation
wird Sie begeistern. Zweifellos
hat man Ihnen gute Strände versprochen, doch die unendlichen
Weiten von feinem weißem Sand
übertreffen alle Vorstellungen.
Sie haben eine streng traditionalistische Gesellschaft erwartet
und treffen hier auf überaus tolerante und liebenswerte Leute.
Geografiestunde
Das kleinste und gemäßigtste
Land Nordafrikas liegt auf halbem Wege zwischen der Straße
von Gibraltar und Kreta. Tunesien ist mit einer Fläche von
163 610 km2 etwa doppelt so
groß wie Österreich. Abgesehen
von Algerien im Westen und
Libyen im Südosten besitzt das
Land keine Nachbarn. Die nördlichen und östlichen Landesteile
grenzen ans Mittelmeer.
Zwischen dem wüstenhaften
Süden und der nördlichen Küste
hat Tunesien mit vielen landschaftlichen Reizen aufzuwarten.
Die samtig grünen Hügel des
Nordens erinnern an üppige europäische Landstriche. Der Süden
entspricht genau der Vorstellung,
die man sich von einer Wüstenlandschaft macht: Dünen wech- 3
SOUSSE
Die Große Moschee in der Medina von Sousse ist von Festungsmauern
umgeben.
Altstadt, müssen Sie treppab gehen; die Stadt ist um ihr ältestes
Baudenkmal herum in die Höhe
gewachsen. Die Säle, in denen
die islamischen Mönchsritter übten und beteten, und die Zellen, in
denen sie wohnten, kann man besichtigen. (Die murabitin stellten
das muslimische Gegenstück zu
den Kreuzfahrern dar.) Eine
Wendeltreppe führt bis zur Spitze
des Aussichts- und Wachtturms
hinauf, wo Sie ein großartiger
Blick auf die Medina erwartet.
Große Moschee
Ein Säulengang mit maurischen
Bogen umrahmt den stattlichen
32 Innenhof der im Jahr 850 erbau-
ten Großen Moschee. Besucher
mit Eintrittskarten dürfen die
burgartige Anlage betreten und
gelangen in den mit in der Sonne
leuchtendem Marmor ausgelegten Hof, der täglich (außer während des Freitagsgebets) von 9 bis
13 Uhr geöffnet ist. Der Gebetsraum bleibt allerdings Muslimen
vorbehalten.
Museum
Ganz oben in der Nähe des Khalef-Turms, in der Südwestecke
der Medina, befindet sich das
Museum von Sousse mit seiner
eines Cäsars würdigen Sammlung römischer Mosaiken. Diese
Kunstwerke aus dem 1. bis 6. Jh.
SOUSSE • PORT EL KANTAOUI • MONASTIR
SONNTAG IN SOUSSE
Von weit her strömen Besucher
auf den bunten Sonntagsmarkt
von Sousse, der sich beidseits
der Straße nach Sfax fast
grenzenlos ausbreitet. Sie können hier ein Maultier, die letztjährige Mode oder ein gebrauchtes Ersatzteil für Ihren
Wagen erstehen. In einem Gehege, das früher wohl dem
Viehhandel diente, werden
heute Motorräder verkauft.
n. Chr. behandeln religiöse und
mythologische Themen – teilweise auch derbe Szenen – und
kommen in einer üppigen Umgebung mit kühlem Garten schön
zur Geltung. Neben den zweidimensionalen Kunstwerken zeigt
das Museum auch Grabskulpturen von der punischen bis zur
christlichen Zeit.
Port El Kantaoui
Das erste und am großzügigsten
geplante Touristenzentrum Tunesiens, Port El Kantaoui, besticht
durch seinen architektonischen
Stil, der als türkisch-arabisch und
andalusisch bezeichnet wird. Vor
Ihnen erhebt sich eine blendend
weiße Fata Morgana mit einem
Jachthafen voller Traumboote
aus aller Welt. An den Stränden
jenseits des Jachthafens stehen
Hotels in Reih und Glied, darun-
ter einige luxuriöse 5-Stern-Komplexe. Auf dem Landweg betreten Sie Port El Kantaoui durch
ein (nur scheinbar) historisches
Stadttor, hinter dem eine autofreie Welt von niedrigen Ferienwohnungen, Läden, Restaurants,
Cafés wartet. Die Sportmöglichkeiten reichen von Schwimmen
und Bootfahren zum Golfspielen
– auf zwei 18-Loch-Plätzen von
Ronald Fream zwischen Olivenhainen und See. Am Strand sind
Kamele mit ihren umwerfend
koketten Augenwimpern für
Fotos oder Ausritte zu haben.
Monastir
Die Phönizier erkoren diesen
natürlichen Hafen, den sie Rous
nannten, zu einer ihrer Handelsniederlassungen. Die Römer
tauften ihn Ruspina. Im 8. Jh. begründete die Aghlabiden-Dynastie die militärische und geistliche
Machtposition der Stadt.
1903 wurde Habib Bourguiba
hier geboren, und von da ab verlief der wirtschaftliche Aufstieg
von Monastir parallel zu seinem
politischen Erfolg. Als der Präsident auf Lebenszeit 1987 abgesetzt wurde und in seinem Palast
in seiner Geburtsstadt den Ruhestand antrat, war die Infrastruktur
von Monastir bereits gut entwickelt, historische Bauten waren
restauriert, neue erstellt, und das
Touristengeschäft – mit Hotels,
33
Jachthafen und Golf – blühte.
TUNESISCHE WÜSTE
Das größte und schönste Gebäude in jeder Ortschaft ist die
Schule. Den ganzen Tag über
sieht man unzählige schwatzende, lachende Kinder auf dem
Weg zum oder vom Unterricht,
der wegen der überfüllten Klassen in zwei Schichten erteilt werden muss. Neue Straßen werden
gebaut, während am Rande der
Palmenhaine gleißende Marmorpaläste aus dem Wüstensand
wachsen – Luxushotels, meist außerhalb der Dörfer in einer zone
touristique. In Tozeur hat man
sogar einen Golfplatz gebaut.
Erbe der Berber und Araber
Die Berber waren die ersten Bewohner des Landes. Trotz der
Anwesenheit oder der wiederholten Einfälle anderer Völker aus
dem gesamten Mittelmeerraum
ist es ihnen gelungen, über die
Jahrhunderte hinweg ihre Kultur
weitgehend zu erhalten. Von den
Niederungen im Südosten zogen
sie sich nach der Eroberung Tunesiens durch die Araber in die
Berge zurück. Ihre Dörfer, die
sich alle ähnlich sehen, kleben
am Rand von Felsplateaus oder
überblicken von den Höhen herab
die Küstenebene.
Doch dem arabischen Einfluss
konnten sich die Berber ungeachtet ihrer Isolation nicht gänzlich
entziehen. Ein Teil von ihnen
kehrte im 14. Jh. ins Tiefland
54 zurück und schloss sich zu einem
Bund zusammen, während die
unbeugsamsten in ihren Bergfesten blieben. Viele Berber sind
heute aus wirtschaftlicher Notwendigkeit in die Städte gezogen,
wo sie das für ihr Dorf typische
Gewerbe betreiben.
Die ganz ihrer Umgebung angepassten Dörfer sind aus der
Ferne kaum zu erkennen. Beim
Näherkommen hat man den Eindruck, sie seien verlassen, was
bei manchen auch zutrifft. In anderen – wie Douirat, einer einst
blühenden Karawanenstation,
Ghomrassen mit seinen Ghorfas
und Höhlenwohnungen oder
Guermessa bei Tataouine – leben
noch die Nachkommen nun sesshaft gewordener Stämme.
Manche der Wohnstätten sind,
um die sengende Sonne fernzuhalten, in den Fels gehauen. Die
Dörfer ziehen sich oft wie ein
weites Amphitheater den Hang
hinauf, Reihe um Reihe niedriger,
ohne Mörtel gebauter Steinhäuser
an einer staubigen Straße.
Dazwischen entdeckt man hier
und dort ein Torgeviert, das tonnenförmige Dach einer Ghorfa,
die Reste eines Ksar oder das
weiße Minarett einer Moschee,
das sich vom azurblauen Himmel
abhebt.
Ksour und Ghorfas
Zu jedem Berber-, aber auch Araberdorf der Gegend um Matmata
und Tataouine gehören ksour
TUNESISCHE WÜSTE
Ein Berber in der Gegend von Tataouine (beim Dorf Chenini).
(Einzahl ksar) und ghorfas, beide
entstanden zum Schutz der Bevölkerung vor feindlichen Angriffen.
Die Ksour, diese riesigen Wüstenburgen, schützten hinter ihren
Mauern die Ghorfas – Kornspeicher, in denen die Dorfbewohner
bei Kriegen, Raubzügen oder
wenn sie als Nomaden unterwegs
waren, ihre Ernten aufbewahrten.
Erbaut wurden die Ksour möglichst auf unzugänglichen Bergkuppen oder einer Erhebung in
der Ebene, meist ergänzt durch
einen Wachtturm zur Warnung
vor Angriffen, vor allem in der
Umgebung von Tataouine, das
einst im Handelsverkehr durch
die Sahara eine wichtige Rolle
spielte.
Viele Ksour sind, da sie keinen
Zweck mehr erfüllten, verlassen
oder zerstört worden und zerfallen allmählich. Aber in der Gegend von Tataouine, wo alljährlich ein Ksour-Festival stattfindet
(März/April), gibt es noch mehrere gut erhaltene Anlagen, die
man auf einer interessanten
Rundfahrt kennenlernen kann.
Dazu gehören etwa Ksar Haddada, ein kleines, malerisches
Dorf, dessen Festung teilweise in
ein Hotel umgewandelt wurde,
Chenini, wo der Ksar auf einem
Felskamm die in den Steilhang
gegrabenen Wohnhöhlen über- 55
E SSEN
UND
T RINKEN
Fisch und Meeresfrüchte
Wein
Für viele Feinschmecker ist der
frische Fisch einer der Höhepunkte der tunesischen Küste. Oft
werden in einem gekühlten Behälter oder auf einer Servierplatte
im Esssaal die verlockendsten
Exemplare, frisch aus dem Netz,
vorgeführt.
Auf den Speisekarten findet
man meist die französischen Namen – mérou (eine Art Barsch),
rouget (Meerbarbe), loup de mer
(Wolfsbarsch), daurade (Goldbrasse).
Auch an Schal- und Krustentieren besteht in tunesischen
Restaurants eine erfreulich große
Auswahl: moules (Muscheln),
huîtres (Austern), crevettes (Garnelen) und teure, aber köstliche
langouste (Languste).
Schon die Karthager und Römer
hatten eine glückliche Hand mit
Trauben, und im heutigen Tunesien führt man die Winzertradition – mit etwas französischer
Hilfe – fort. Die Weine sind meist
preiswert; häufig werden sie zu
warm serviert, doch stellt der
Kellner Ihnen die Flasche gerne
kühl, wenn Sie ihn darauf aufmerksam machen.
Hier einige lohnende Tropfen:
Muscat sec de Kelibia, ein
fruchtiger Weißwein; Château St
Augustin, ein beliebter Weißer;
Vieux Magon, ein vollmundiger
Rotwein; Château Feriani, ein
kräftiger Roter von der »Côte
d’Utica«; Château Mornag, ein
trockener, leichter Rotwein; Château de Carthage, ein guter Tipp
für Rosé-Liebhaber.
Wer lieber Bier mag, wird mit
Celtia, einem leichten tunesischen Lagerbier, zufrieden sein.
Spezialitäten sind boukka, ein
Feigenbranntwein, und thibarine,
ein aromatischer Dattellikör.
Süßigkeiten
Süßer geht’s wirklich nicht mehr!
Den Türken ist baklawa zu verdanken, ein Blätterteig-Leckerbissen mit Honig und Nüssen.
Loukoum ist klebrigsüßes Konfekt, makroudh ein vor Honig
triefender Grießkuchen mit Dattelfüllung, eine Spezialität aus
Kairouan.
Frisches Obst bietet eine willkommene Abwechslung nach
diesen allzu süßen Nachspeisen.
Je nach Jahreszeit können Sie in
saftigen Melonen, Erdbeeren,
Datteln, Kirschen und anderen
Früchten schwelgen.
Im Café
Tunesier sind buchstäblich kaffeesüchtig. Kaffee taucht in vielen Varianten auf, vom Espresso
über Milchkaffee (café au lait)
bis zum dickflüssigen, süßen türkischen Kaffee (mit Kaffeesatz).
Ebenso beliebt ist thé à la menthe
– Pfefferminztee, der in jedem
Lokal anders zubereitet wird.
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REGISTER
Ain Draham 23
Bardo-Museum 15–17
Biserta (Bizerte)
20–22
Bulla Regia 23–25, 49
Cap Bon 27
Chebika 62
Chenini 55
Chergui 41
Chott el Djérid 49
Djerba, Insel 43–46
Dougga 25
Douirat 54
Douz 48
El Djem 34–35, 49
Gabès 47
Gafsa 58
Gharbi 41
Ghomrassen 54
Ghorfas 54–57
Guellala 46
Guermessa 54–57
Hammam Bourguiba
23
Hammamet 29–30
Houmt Souk 43–45
Kairouan 35–38
Kamele 56
Karthago 7, 17–18
Kebili 48
Kelibia 27–28
Kerkennah-Inseln 41
Kerkouane 27
Korbous 28
Ksour 54–57
La Ghriba 45–46
Lézard Rouge 62
Mahdia 39–40
Makhtar 49
Matmata 47
80 Medenine 57
Metlaoui 62
Mides 62
Midoun 45
Monastir 33–34
Nabeul 29
Nefta 51
Oasen 19, 60–65
Parc Djerba Explore
45
Port El Kantaoui 33
Raf Raf 39
Sahel 31–41
Sbeitla 38–39
Sfax 40–41
Sidi Bou Said 18–19
Sousse 31–33
Sufetula 38–39
Tabarka 22–23
Tamerza 62
Tataouine 54, 55
Thuburbo Majus 19,
49
Tozeur 49–51
Tunis 13–17
Altstadt 14–15
Avenue Habib
Bourguiba 14
Bardo-Museum
15–17
Große Moschee 15
Hammouda-PaschaMoschee 15
Museum für
Volkskunst und
-traditionen 15
Rue Tourbet El Bey
15
Yasmine Hammamet
30
Zaafrane 64
Zarzis 46
DEUTSCHE FASSUNG
Eva Antonnikov
KAPITEL »TUNESISCHE WÜSTE«
Michel Puysségur
GESTALTUNG
Luc Malherbe
FOTOS
hemis.fr/Guiziou, Umschlag
(vorn), S. 2, 5, 6, 11, 12, 21,
26, 28, 36, 41, 42, 60, 65;
–/Barbier, S. 24;
–/Frances, S. 30, 59;
–/Wysocki, S. 52, 55;
–/Rieger, S. 56;
Bernard Joliat, S. 16;
Claude Huber, Umschlag
(hinten), S. 9, 32, 63, 68;
Barbara Ender, S. 72
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Ausgabe 2009