Diplomarbeit Rene Neubert

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Diplomarbeit Rene Neubert
Der Ausschluss von Paintball als Sport im Sinne des
Gemeinnützigkeitsrechts
Diplomarbeit
an der Fachhochschule der Sächsischen Verwaltung Meißen
Fachbereich Steuer und Staatsfinanzverwaltung
vorgelegt von
René Neubert
aus Chemnitz
Chemnitz, 13/03/2012
Vorwort
Paintball - Menschenverachtendes Kriegsspiel oder förderungswürdiger Sport?
Diese Frage stellt sich nicht nur bei steuerrechtlicher Betrachtung. In der Vergangenheit geriet
Paintball oder Gotcha immer wieder in den Mittelpunkt des Interesses von Politik und
Medien.
Zuletzt 2009 wurde als Reaktion auf den Amoklauf des 17 - jährigen Tim K. in Winnenden
am 11. März 2009 ein Verbot von Paintball diskutiert. Nach eingehenden Nachforschungen
und dem Protest der Paintballszene musste jedoch festgestellt werden, dass keinerlei
Zusammenhang zwischen dem Amoklauf und Paintball besteht. So wurde ein Verbot mangels
politischer Mehrheit und einem konkreten Entwurf verworfen. Besonders die Medien sorgten
zu dieser Zeit durch teils einseitigen und sachlich unkorrekten Berichterstattungen für viel
Verwirrung über das bis damals ohnehin bereits diskutierte Thema „Paintball“.
Die Paintballgemeinschaft sieht Paintball selbst als die schnellst-wachsende der neueren
Sportarten an und schätzt, dass in Deutschland schon über eine halbe Million Menschen
Paintball gespielt hat. 50.000 Menschen spielen regelmäßig, rund 10.000 davon sind in
Vereinen und Clubs organisiert. Insgesamt leben über 300 Unternehmen von Paintball,
welche Ausbildungs- bzw. Arbeitsplätze stellen.
Ziel dieser Arbeit ist es, Paintball und seine steuerrechtliche Einordnung eingehend zu
untersuchen. Da es sich um eine wissenschaftliche Arbeit handelt, muss Paintball
vorurteilsfrei und objektiv betrachtet werden.
Paintball vorurteilsfrei zu betrachten fiel mir, als selbst Paintballspieler, deutlich leichter als
die Objektivität zu erhalten. Die kritische Hinterfragung eines Teils der eigenen
Freizeitbeschäftigung war somit unverzichtbarer Teil und eine Herausforderung bei dieser
Diplomarbeit.
Doch gerade aufgrund der eigenen persönlichen Erfahrung mit dem Thema, konnten sachlich
irreführende Quellen bei der Untersuchung ausgeschlossen werden. Bei der Recherche bin ich
beispielsweise auch auf Eintragungen zum Thema Paintball in der Internetenzyklopädie
„Wikipedia“ gestoßen, welche sachlich teilweise stark verfälscht sind.
Dank der eingehenden objektiven Untersuchungen des Themas kam ich letztlich zu einem
Ergebnis, das nicht nur einige Paintball-Gegner, sondern auch einige Paintball-Spieler
überraschen dürfte.
II
Inhaltsverzeichnis
VORWORT..............................................................................................................................II
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS............................................................................................V
1 AUSGANGSSITUATION................................................................................................................1
.............................1.1 Würdigung im Gemeinnützigkeitsrecht...........................................1
.............................1.1.1 Allgemeines.............................................................................1
.............................1.1.1.1 Wer unterliegt dem Gemeinnützigkeitsrecht?....................1
.............................1.1.1.2 Ansässigkeit.......................................................................2
.............................1.1.1.3 Inlandsbezug......................................................................3
.............................1.1.1.4 Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit............................4
.............................1.1.1.5 Prüfung der Voraussetzungen............................................4
.............................1.1.1.6 Bedeutung der Gemeinnützigkeit.......................................5
.............................1.1.2 Satzung.....................................................................................6
.............................1.1.3 Steuerbegünstigte Zwecke.......................................................7
.............................1.1.3.1 Kirchliche Zwecke.............................................................7
.............................1.1.3.2 Mildtätige Zwecke ............................................................7
.............................1.1.3.3 Gemeinnützige Zwecke......................................................8
.............................1.1.4 Verfolgung eines nicht steuerbegünstigten
Zwecks............9
.............................1.1.5 Erläuterungen zur Verwaltungsauffassung............................10
.............................1.2 Haltung des Deutschen Olympischen Sportbundes...................11
.............................1.2.1 Der Deutsche Olympische Sportbund.....................................11
.............................1.2.2 Auffassung zu Paintball.........................................................12
2 EINGEHENDE UNTERSUCHUNG DES THEMENKOMPLEXES................................................................14
.............................2.1 Paintball.......................................................................................14
.............................2.1.1 Was ist „Paintball“?...............................................................15
.............................2.1.2 Geschichte..............................................................................16
.............................2.1.3 Spielfelder..............................................................................18
.............................2.1.3.1 Woodland-Felder.............................................................18
.............................2.1.3.2 Speedball-Felder..............................................................19
.............................2.1.3.3 SupAir-Felder...................................................................19
.............................2.1.4 Spielarten...............................................................................20
.............................2.1.4.1 „Capture the flag„............................................................20
.............................2.1.4.2 „Last man standing“.........................................................21
.............................2.1.4.3 „Conquer and defend“......................................................22
.............................2.1.4.4 „Protection“ oder „VIP“...................................................22
.............................2.1.4.5 SupAir- oder Turnier-Paintball........................................22
.............................2.1.4.6 „3-Mann“ und „5-Mann“.................................................23
.............................2.1.4.7 „X-Ball“...........................................................................24
.............................2.1.4.8 „Szenario“ und „Reenactment“ .......................................25
.............................2.1.5 Konflikte aufgrund von Spielarten.........................................26
.............................2.1.6 Sicherheit...............................................................................26
.............................2.1.6.1 Spieler..............................................................................27
.............................2.1.6.2 Zuschauer und Umwelt....................................................27
.............................2.2 Sport..............................................................................................28
.............................2.2.1 Sprachlicher Ursprung...........................................................28
.............................2.2.2 Definition...............................................................................28
III
.............................2.2.2.1 Definition im Sportlexikon..............................................29
.............................2.2.2.2 Klarer Definitionsversuch von Prof. em. Dr. Tiedemann
...................................................................................................................................29
.............................2.2.3 Sportverständnis des DOSB...................................................34
.............................2.2.4 Einordnung von Paintball.......................................................35
.............................2.2.5 Einhaltung der ethischen Werteordnung................................40
.............................2.2.5.1 Vergleichbarkeit mit anderen Sportarten.........................40
.............................2.2.5.2 Kriegsspiel und simulierte Tötung von Menschen...........41
.............................2.2.5.3 Gewalt und Hemmschwellen...........................................43
3 THESEN.................................................................................................................................46
ANLAGENVERZEICHNIS....................................................................................................V
LITERATURVERZEICHNIS..............................................................................................IX
EIDESSTATTLICHE VERSICHERUNG...........................................................................XI
IV
Abkürzungsverzeichnis
Abs.
AEAO
AEUV
Absatz
Anwendungserlass zur Abgabenordnung
Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union
Abgabenordnung
Artikel
Deutsche Olympische Sportbund
Deutsche Paintball Liga
Europäische Union
Europäischer Wirtschaftsraum
fort folgende
Grundgesetz
in Verbindung mit
Körperschaftsteuergesetz
laut
möglicher
Nummer
Oder ähnliche(s)
Paintball Sports League
Punkte
unter anderem / und andere
und so weiter
Xtreme Paintball Sports League
AO
Art.
DOSB
DPL
EU
EWR
ff.
GG
i.V.m.
KStG
lt.
mgl.
Nr.
o.ä.
PSL
pt
u.a.
usw.
XPSL
V
1
Ausgangssituation
.............................1.1
Würdigung im Gemeinnützigkeitsrecht
„Gemeinnützigkeitsrecht“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch als Bezeichnung für
den dritten Abschnitt im zweiten Teil der Abgabenordnung (AO) benutzt und
bezeichnet
die
gesetzlichen
Regelungen
in
Bezug
auf
die
Verfolgung
steuerbegünstigter Zwecke. Zu dem materiellen Recht in diesem Abschnitt der AO,
von § 51 bis § 68, bildet eine Verwaltungsanweisung in Form des
Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) die Grundlage des behördlichen
Handelns. Der Anwendungserlass ist kein materielles Recht, sondern eine Richtlinie
oder Dienstanweisung, welche zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung
(siehe § 85 Satz 1 AO) und der einheitlichen Anwendung des materiellen Rechts in
den Finanzbehörden vom Bundesministerium der Finanzen erlassen wurde.
Verfassungsrechtlich gestützt wird dies durch Art. 108 Abs. 7 des Grundgesetzes,
welcher
einen
Bundesregierung
Erlass
mit
allgemeiner
Verwaltungsvorschriften
Zustimmung
des
Bundesrates
durch
die
ermöglicht.
Die
Verwaltungsanweisungen binden nur die Finanzverwaltung und entfalten gegenüber
Steuerpflichtigen keine unmittelbare Rechtswirkung, sie basieren jedoch größtenteils
auf ständiger Rechtsprechung. Im Januar 2012 erfolgte eine Änderung des
Anwendungserlasses der Abgabenordnung1. Geändert wurden dabei auch Abschnitte
des Anwendungserlasses, welche Regelungen im Gemeinnützigkeitsrecht betreffen.
.............................1.1.1
Allgemeines
.............................1.1.1.1
Wer unterliegt dem Gemeinnützigkeitsrecht?
Dem Gemeinnützigkeitsrecht unterliegen nach § 51 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 AO
nur
Körperschaften,
also
Körperschaftsteuergesetzes
juristische
(KStG),
die
Personen,
ausschließlich
im
Sinne
und
des
unmittelbar
steuerbegünstigte Zwecke verfolgen. Neben der unbeschränkten Steuerpflicht,
bestimmt der § 1 Abs. 1 KStG in abschließender Aufzählung2 auch, auf wen die
Regelungen
der
§§
51
ff
AO
Anwendung
finden.
Dazu
gehören
1 Vgl. BMF v. 17.01.2012 - IV A 3 - S 0062/08/10007-12IV C 4 - S 0171/07/0038-007 BStBl 2012
I S. 83
2 Vgl. Richtlinie 2 Absatz 1 Körperschaftsteuerrichtlinien (KStR)
1
Kapitalgesellschaften (beispielsweise Gesellschaften mit beschränkter Haftung und
Aktiengesellschaften), Genossenschaften, Versicherungs- und Pensionsfondsvereine
auf Gegenseitigkeit, sonstige juristische Personen des privaten Rechts (rechtsfähige
Vereine),
nichtrechtsfähige
Vereine,
Anstalten,
Stiftungen
und
andere
Zweckvermögen des privaten Rechts und Betriebe gewerblicher Art von juristischen
Personen des öffentlichen Rechts. Personengesellschaften und natürliche Personen
können damit zwar auch entsprechende Zwecke verfolgen, jedoch nie eine
Steuerbegünstigung im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts erhalten.
.............................1.1.1.2
Ansässigkeit
Grundsätzlich trifft der § 51 Satz 2 AO keinerlei Aussage zur Rolle der Ansässigkeit
der Körperschaften. Fraglich ist daher, ob sich nur unbeschränkt steuerpflichtige
Körperschaften auf die Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts berufen können,
weil diese ihren Sitz3 oder ihre Geschäftsleitung4 im Inland (gem. § 1 Abs. 3 KStG)
haben und sich damit zweifelsfrei im Anwendungsbereich der gesetzlichen
Grundlagen befinden oder auch Körperschaften ohne Sitz und Geschäftsleitung im
Inland, welche mit ihren inländischen Einkünften beschränkt steuerpflichtig sind 5. In
Ermangelung einer direkten gesetzlichen Regelung, muss hilfsweise auf die
Steuerbefreiungsvorschriften des § 5 KStG zurückgegriffen werden. Gemäß § 5 Abs.
1 Nr. 9 KStG ist bestimmt, dass „Körperschaften, Personenvereinigungen und
Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen
Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und
unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen“ von der
Körperschaftsteuer befreit sind. Dies gilt jedoch (gem. § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG) nicht
„für beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr. 1, es sei denn, es handelt sich
um Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 9, die nach den Rechtsvorschriften
eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder nach den Rechtsvorschriften eines
Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 3.
Januar 1994 (Abl EG Nr. L 1 S. 3), zuletzt geändert durch den Beschluss des
Gemeinsamen EWR -Ausschusses Nr. 91/2007 vom 6. Juli 2007 (ABl EU Nr. L 328
S. 40), in der jeweiligen Fassung Anwendung findet, gegründete Gesellschaften im
Sinne des Artikels 48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
3 § 11 AO
4 § 10 AO
5 § 2 Nr. 1 KStG
2
oder des Artikels 34 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind,
deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich innerhalb des Hoheitsgebiets eines
dieser Staaten befindet, und mit diesen Staaten ein Amtshilfeabkommen besteht“. So
entschied der Bundesfinanzhof am 14.07.2004 um die Niederlassungsfreiheit (Art.
49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union AEUV)
innerhalb
der
Europäischen
Union
zu
gewährleisten.
Das
Gemeinnützigkeitsrecht kann folglich auch auf im Ausland ansässige, beschränkt
steuerpflichtige Körperschaften angewandt werden, wenn diese in einem Staat der
Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ansässig sind
und mit diesem Staat ein Amtshilfeabkommen besteht.
.............................1.1.1.3
Inlandsbezug
Mit dem Jahressteuergesetz 2009 wurde in § 51 Abs. 2 AO geregelt, dass
Körperschaften, welche einer Tätigkeit im Ausland nachgehen, einen Inlandsbezug
haben müssen. Ein Inlandsbezug ist gegeben, wenn die Tätigkeit auch im Inland
ansässige natürliche Personen fördert oder wenn sich die Förderung auf nicht im
Inland ansässige Personen beschränkt aber neben der Förderung steuerbegünstigter
Zwecke auch das Ansehen Deutschlands im Ausland gefördert wird. Indiziell wird
ohne
besonderen
Nachweis
von
einem
Ansehensbeitrag
für
Deutschland
ausgegangen, wenn sich im Inland ansässige Körperschaften „personell, finanziell,
planend, schöpferisch oder anderweitig an der Förderung gemeinnütziger und
mildtätiger Zwecke im Ausland beteiligen“6. Ein Ansehensbeitrag wird für
inländische Körperschaften, welche steuerbegünstigte Zwecke im Ausland verfolgen,
somit unterstellt.
Unproblematisch ist der Inlandsbezug auch bei beschränkt steuerpflichtigen
Körperschaften gegeben, wenn deren steuerbegünstigte Tätigkeit auch im Inland
ansässige natürliche Personen fördert. Andernfalls muss für jeden Einzelfall der
Beitrag zur Verbesserung des Ansehens Deutschlands nachgewiesen werden. Wie
auch Dr. Stephan Schauhoff und Dr. Christian Kirchhain in ihrem Aufsatz zur
Änderung des Anwendungserlasses feststellten, ist jedoch fraglich, ob diese
Regelung nicht im Gegensatz zu den Grundfreiheiten (Art. 45 bis 66 AEUV) der
6 Vgl. BMF v. 17.01.2012 - IV A 3 - S 0062/08/10007-12IV C 4 - S 0171/07/0038-007 BStBl 2012
I S. 83 Textziffer 3b zum neuen AEAO Nr.7 zu § 51 AO
3
Europäischen Union stehen7. Zweifelhaft ist auch, wie ein etwaiger Nachweis zu
erfolgen hat, da dies nicht näher erläutert wird und die Mess- oder Spürbarkeit der
Auswirkungen der Tätigkeit auf das Ansehen Deutschlands nicht gefordert wird.
.............................1.1.1.4
Für
die
Anerkennung
Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit
der
Gemeinnützigkeit
bzw.
zur
Erlangung
einer
Steuervergünstigung müssen gemäß § 59 AO folgende Tatbestandsmerkmale bzw.
Voraussetzungen erfüllt sein:
•
die Körperschaft benötigt eine Satzung (§ 60 AO), aus der die vier
nachstehenden Voraussetzungen hervorgehen müssen
•
Erfüllung eines steuerbegünstigten Zwecks (§§ 52 – 53 AO)
•
Selbstlosigkeit der Zweckverfolgung (§ 55 AO)
•
Ausschließlichkeit der Zweckverfolgung (§ 56 AO)
•
Unmittelbarkeit der Zweckverfolgung(§ 57 AO)
•
die tatsächliche Geschäftsführung muss den Bestimmungen der Satzung
entsprechen (§ 63 AO)
.............................1.1.1.5
Prüfung der Voraussetzungen
Die Voraussetzungen einer Steuervergünstigung werden vom örtlich zuständigen
Finanzamt, das heißt von dem Finanzamt in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung
oder der Sitz der Körperschaft befindet8, geprüft. Die Prüfung findet grundsätzlich
im Veranlagungsverfahren statt, in dem das Finanzamt die rechtlichen und
tatsächlichen Verhältnisse von Amts wegen zu ermitteln hat.9 Die Anerkennung der
Gemeinnützigkeit erfolgt durch Bekanntgabe eines entsprechenden Steuerbescheides,
aus dem die Steuervergünstigung hervorgeht. Eine Steuervergünstigung ist zu
gewähren, wenn sich aus der Satzung der Körperschaft ein steuerbegünstigter Zweck
ergibt und dieser selbstlos, ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird (formelle
7 Vgl. Dr. Stephan Schauhoff und Dr. Christian Kirchhain; DStR Heft 6 Seiten 261 – 324 vom
10.02.2012 Aufsatz: „Was bringt der neue...“ Textziffer 1.
8 Vgl. § 20 Abs. 1, 2 AO
9 Vgl. AEAO Nr. 3 zu § 59 AO
4
Satzungsmäßigkeit) und die tatsächliche Geschäftsführung den Bestimmungen der
Satzung entspricht (materielle Satzungsmäßigkeit).10
Neugegründeten Körperschaften kann auf Antrag eine vorläufige und befristete
Bescheinigung über die Steuervergünstigung ausgestellt werden, da die vollständige
Prüfung der Voraussetzung durch das Veranlagungsverfahren noch nicht
durchgeführt werden kann aber diese Bescheinigung für den Empfang von
steuerbegünstigten Spenden oder sonstigen Vergünstigungen benötigt wird.11 Bei
dieser Bescheinigung handelt es sich jedoch nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne
des § 118 AO, sondern um eine Auskunft über das Vorliegen der grundsätzlichen
Voraussetzungen
einer
Steuervergünstigung,
da
auch
keine
Aussage
zur
tatsächlichen Geschäftsführung getroffen werden kann.12 Da es sich um eine
Auskunft handelt, fehlt es der Bescheinigung schon allein am Regelungsgehalt um
diese als Verwaltungsakt qualifizieren zu können. Der Einspruch gegen eine negative
Bescheinigung wäre damit als unzulässig zu verwerfen, da mangels anfechtbaren
Verwaltungsaktes ein Einspruch nicht statthaft ist.13 Anfechtbar ist das Versagen der
Steuervergünstigung folglich durch Einspruch gegen den ersten Steuerbescheid.
.............................1.1.1.6
Bedeutung der Gemeinnützigkeit
Neben der Steuerfreiheit für Körperschaft- und Gewerbesteuer der Zweckbetriebe
bzw. der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe (wenn die gesamten Einnahmen im
Wirtschaftsjahr 35.000 € nicht übersteigen) findet auch der ermäßigte Steuersatz bei
der Umsatzbesteuerung der Zweckbetriebe Anwendung. Des Weiteren sind als
gemeinnützig anerkannte Körperschaften von der Erbschaft- und Schenkungsteuer,
sowie der Grundsteuer befreit. Bei Sport- oder Musikvereinen können steuerfreie
Entschädigungen bis zu 2.100 € (im Kalenderjahr) an nebenberuflich tätige
Übungsleiter
gezahlt
werden.
Bei
nebenberuflicher
Tätigkeit
in
anderen
gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Bereichen beträgt die steuerfreie
Aufwandsentschädigung 500 €.14
Gemeinnützige
Körperschaften
finanzieren
sich
größtenteils
durch
die
Unterstützungen in Form von Spenden oder Mitgliedsbeiträgen. Für den Zuwenden
10
11
12
13
14
Vgl. § 59 AO
Vgl. AEAO Nr. 4 zu § 59 AO
Vgl. AEAO Nr. 5 zu § 59 AO
Vgl. § 347 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 358 AO
Staatsministerium der Finanzen Dresden; „Vereine und Steuern“ 7.Auflage 2009; S. 6
5
ist dabei meist ausschlaggebend, ob der Empfänger der Leistung berechtigt ist unter
bestimmten Bedingungen eine Zuwendungsbestätigung auszustellen, welche zu einer
steuerlichen Berücksichtigung beim Zuwendenden führt. So kann beispielsweise bei
einem Vereinskonto bei der Sparkasse die Kontoführungsgebühr in Form einer
Spende erlassen werden.
In gemeinnützigen Verbänden ist meist Voraussetzung für die Aufnahme, dass der
Antragsteller ebenfalls als gemeinnützig im steuerrechtlichen Sinne anerkannt ist (so
beispielsweise beim „Deutschen Olympischen Sportbund“).15
Öffentliche Förderungen oder Zuschüsse bedürfen meist auch der Anerkennung der
Gemeinnützigkeit.
Von den finanziellen und steuerlichen Vorteilen abgesehen, bringt die Anerkennung
der Gemeinnützigkeit auch eine gesellschaftliche Anerkennung oder Bestätigung mit
sich.
.............................1.1.2
Satzung
Die Satzung ist eine „schriftlich niedergelegte rechtliche Ordnung, die sich ein
Zusammenschluss von Personen (z.B. ein Verein) oder eine Körperschaft des
öffentlichen Rechts gibt“16. Sie ist zugleich der Gründungsvertrag der Körperschaft.
Vor Gewährung einer Steuervergünstigung ist sorgfältig zu prüfen, ob die
Voraussetzungen
der
Steuervergünstigung
aufgrund
der
formellen
Satzungsmäßigkeit erfüllt sind17. In der Satzung muss der Satzungszweck und die Art
der Verwirklichung klar und eindeutig bestimmt sein, sodass aus ihr unmittelbar
hervorgeht, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Ein bloßer Verweis auf Regelungen
oder Satzungen Dritter ist daher nicht zulässig18. Des Weiteren müssen die anderen
formellen Voraussetzungen durch entsprechende Festlegungen in der Satzung
beschlossen werden19. Die steuerlich notwendigen (Pflicht-)Bestimmungen werden in
einer Mustersatzung in Anlage 1 zu § 60 AO verdeutlicht.
15
16
17
18
19
Staatsministerium der Finanzen Dresden; „Vereine und Steuern“ 7.Auflage 2009; S. 61
Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2003 [CD-ROM], zu „Satzung“
Vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1; 2. Halbsatz und AEAO Nr. 8 zu § 59 AO
Vgl. AEAO Nr. 1 zu § 60 AO
Vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 AO
6
.............................1.1.3
Steuerbegünstigte Zwecke
Steuerbegünstigte Zwecke lassen sich untergliedern in gemeinnützige, mildtätige und
kirchliche Zwecke.20
.............................1.1.3.1
Kirchliche Zwecke
Kirchliche Zwecke werden verfolgt, wenn eine Körperschaft ihre Tätigkeit darauf
richtet, Religionsgemeinschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts
sein müssen, selbstlos zu fördern.21 Keine Förderung kirchlicher Zwecke sondern
Förderung der Religion und damit ein gemeinnütziger Zweck liegt vor, wenn
Religionsgemeinschaften
gefördert
werden,
bei denen
es
sich nicht
um
Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt. Religionsgemeinschaften sind
Körperschaften öffentlichen Rechts, wenn diese als solche nach Art. 140 GG in
Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 der Weimaer Reichsverfassung vom 11. August
1919 anerkannt sind. Als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind
beispielsweise die katholische und die evangelische Kirche in Form ihrer
Landeskirchen, Bistümer oder Pfarrgemeinden, sowie jüdische Kultusgemeinden und
viele andere.22
.............................1.1.3.2
Mildtätige Zwecke
Diese werden verfolgt, wenn Personen, welche aufgrund ihres Zustandes (körperlich,
geistig oder seelisch) oder ihrer wirtschaftlichen Situation hilfebedürftig sind,
selbstlos unterstützt werden. Wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit liegt vor, wenn die
Bezüge des Bedürftigen das Vierfache bzw. Fünffache (bei Alleinstehenden oder
dem Haushaltsvorstand) des Regelsatzes der Sozialhilfe nach §28 SGB XII (Zwölftes
Buch Sozialgesetzbuch) unterschreiten.23 Sollte in der Satzung der Körperschaft
jedoch die Förderung und Unterstützung Angehöriger der Mitglieder, Stifter oder
Gesellschafter als Zweck beschlossen worden sein, so schließt dies die
Steuerbegünstigung aus, da nicht die Förderung mildtätiger Zwecke, sonder vielmehr
die Förderung privater und verwandtschaftlicher Interessen im Vordergrund steht
und es aus diesem Grund an der Tatbestandsvoraussetzung „Selbstlosigkeit“ fehlt.24
20
21
22
23
24
Vgl. § 51 Abs. 1 Satz 1 AO
Vgl. §54 Abs. 1 AO
Vgl. Handbuch der Gemeinnützigkeit, Schauhoff 2005, § 5 Randziffer 87
Vgl. § 53 AO
Vgl. AEAO zu § 53 Nr. 3
7
Im Unterschied zur Förderung gemeinnütziger Zwecke, ist es bei der Förderung
mildtätiger Zwecke irrelevant, wenn nicht die Allgemeinheit, sondern nur ein
abgegrenzter Personenkreis unterstützt wird.25
.............................1.1.3.3
Gemeinnützige Zwecke
Gemeinnützige Zwecke entsprechen der ausschließlich und unmittelbar selbstlosen
Förderung der Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet26.
„Allgemeinheit“ meint, dass der geförderte Kreis der Personen, nicht fest
abgeschlossen sein darf oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere durch
berufliche oder räumliche Merkmale, dauernd nur klein sein kann. 27 Welche Zwecke
die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem und sittlichem Gebiet fördert ist
abschließend geregelt, kann jedoch auch unter engen Voraussetzungen erweitert
werden.28 In § 52 Abs. 2 Satz 1 AO sind gemeinnützige Zwecke abschließend
genannt; unter anderem auch die für Paintball relevante Förderung des Sports:
„Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind als Förderung der Allgemeinheit
anzuerkennen:
...
20. die Förderung der Kriminalprävention;
21. die Förderung des Sports (Schach gilt als Sport);
22. die Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde;
...“29
Was „Sport“ ist, wird vom Gesetzgeber nicht näher erläutert. Im Anwendungserlass
Nummer 6 zu § 52 der Abgabenordnung wird jedoch die körperliche Ertüchtigung
als wesentliches Element des Sports bezeichnet. Im Gegensatz zu Motorsport und
Ballonfahren, sind Skat, Gospiel, Paintball, Gotcha und Tipp-Kick kein Sport im
Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts. Vor der Änderung des Anwendungserlasses im
Januar
2012
war
auch
Tischfußball
nicht
als
Sport
im
Sinne
des
Gemeinnützigkeitsrechts anerkannt, wurde jedoch im neuen Anwendungserlass aus
25
26
27
28
29
Vgl. Handbuch der Gemeinnützigkeit, Schauhoff 2005, § 5 Randziffer 81
Vgl. §52 Abs. 1 Satz 1 AO
Vgl. §52 Abs. 1 Satz 2 AO
Vgl. §52 Abs. 2 Satz 2 AO
§ 52 Abs. 2 Satz 1 AO
8
dieser
Aufzählung
gestrichen.30
Somit
ist
die
Förderung
von
(Drehstangen-)Tischfußball ein gemeinnütziger Zweck nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr.
21 AO.
Grundsätzlich nicht gemeinnützig ist die Förderung des bezahlten Sports, da durch
Bezahlung der Sportler deren eigenwirtschaftliche Zwecke gefördert würden. Sollten
jedoch neben den unbezahlten Sportlern auch bezahlte Sportler gefördert werden,
kann dies unter bestimmten Umständen unschädlich sein.31
.............................1.1.4
Verfolgung eines nicht steuerbegünstigten
Zwecks
Wie bereits erläutert, wird eine Steuervergünstigung gewährt bzw. die Körperschaft
als gemeinnützig anerkannt, wenn sich aus der Satzung der Körperschaft ein
steuerbegünstigter Zweck ergibt und dieser selbstlos, ausschließlich und unmittelbar
verfolgt wird und die tatsächliche Geschäftsführung den Bestimmungen der Satzung
entspricht. Sollte eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt werden, so ist eine
Steuervergünstigung bzw. die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft
ausgeschlossen.
Bei einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft, welche in ihrer, der
Mustersatzung in Anlage 1 zu § 60 AO entsprechenden, Satzung als Zweck die
Förderung des „Paintballsports“ bestimmt hat (Inlandsbezug wird als gegeben
angenommen), wäre aufgrund der Verwaltungsauffassung das Tatbestandsmerkmal
der Erfüllung gemeinnütziger Zwecke nicht gegeben. Darüber hinaus stellt dieser
Zweck auch keine kirchlichen oder mildtätigen Zwecke dar oder lässt sich unter
einen anderen, in § 52 Abs. 2 Satz 1 AO genannten, gemeinnützigen Zweck fassen.
Die Prüfung der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen kann damit unterbleiben, da
eine Steuervergünstigung oder Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft bereits
ausgeschlossen ist. Folglich entbehrt sich auch eine Aussage zu den, in § 59 AO
genannten, weiteren Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung.
30 Vgl. BMF v. 17.01.2012 - IV A 3 - S 0062/08/10007-12IV C 4 - S 0171/07/0038-007 BStBl 2012
I S. 83 Textziffer 4. d.
31 Vgl. AEAO Nr. 7 zu § 52 AO i.V.m. § 58 Nr. 9 AO und § 67a AO
9
.............................1.1.5
Erläuterungen zur Verwaltungsauffassung
Bereits im April 1999 beschlossen die Finanzministerien bzw. Oberfinanzdirektionen
aller Länder mit größtenteils einheitlicher Begründung, Paintball nicht als
steuerbegünstigte Körperschaft aufgrund der Förderung des Sports anzuerkennen.
Die Formulierung der Verfügungen lautete in etwa wie folgt:
„Unter "Paintball-Sport" wird ein Mannschaftsspiel verstanden, bei dem zwei
Mannschaften mit dem Ziel gegeneinander antreten, die Fahne der gegnerischen
Mannschaft zu erobern. Im Spielverlauf setzen die Spieler Farbmarkierungen ein, die
mit C02 angetrieben werden und Farbkugeln verschießen, die aus einer mit
Lebensmittelfarbe gefüllten Gelatinehülle bestehen. Getroffene Spieler müssen
ausscheiden (vgl. Niedersächsisches FG vom 8.9.1998 V I 366/94, EFG 1998 S.
1667).
Paintball ist nicht mit dem Fechtsport vergleichbar. Im Unterschied zum Fechtsport
steht bei der Veranstaltung von Paintball nicht der sportliche Wettkampf im
Vordergrund, sondern das wettkampfmäßige Kriegsspiel durch das Nachstellen
kriegsähnlicher Situationen einschließlich der Tötung von Menschen.
Zur Frage der Gemeinnützigkeit von Paintball - und Gotcha-Vereinen wird folgende
Auffassung vertreten:
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hat Paintball-Spiel als
Kriegsspiel eingeordnet (vgl. Kießling/Buchna, 6. Aufl., Rdn. 2.2.5, S. 63). Darüber
hinaus hat der Bundesrat am 26.9.1997 (Drucks. 579/97) die Einbringung eines
Gesetzentwurfs
zur
Änderung
des
Gesetzes
über
Ordnungswidrigkeiten
beschlossen.“32
Das Finanzministerium Sachsen hat mit Verfügung vom 23.04.1999 präzisiert:
„Es mangelt hier an Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 AO.
Insbesondere findet keine Förderung (= voranbringen, vervollkommnen oder
verbessern – BFH v. 23.11.1988, BstBl II 1989, S 391) der Allgemeinheit auf
geistigem oder sittlichem Gebiet statt. Der (sicherlich vorhandene) Gesichtspunkt der
Ausübung Steigerung körperlicher Aktivitäten tritt hinter den Aspekt der Tötung von
Menschen zurück.
32 OFD Nürnberg, Verfügung v. 22.4.1999 - S 0171 - 6 61/st 31
10
Kriegsspiele missachten geradezu die Werteordnung unserer Gesellschaft; es besteht
(insbesondere bei jungen Menschen) die Gefahr des Abstumpfens und des Abbaus
von Hemmschwellen sowie der Förderung der Anwendung von Gewalt.
Bei diesen Spielen steht weder die körperliche Ertüchtigung noch der sportliche
Wettkampf im Vordergrund. Ziel der Spiele ist auch nicht hauptsächlich die
Förderung schießsportlicher Übungen und Leistungen, sodass diese Sportarten
insofern z.B. nicht mit dem Fechtsport oder herkömmlichen Schießsportarten
vergleichbar sind.“33
.............................1.2
Haltung des Deutschen Olympischen
Sportbundes
.............................1.2.1 Der Deutsche Olympische Sportbund
Der „Deutsche Olympische Sportbund“ (DOSB) ist ein eingetragener Verein,
welcher als oberster (Dach-)Verband die 16 Landessportbünde, 62 Spitzenverbände
und 20 Sportverbände beherbergt, in denen mehr als 91.000 Sportvereine mit
insgesamt ca. 27,6 Millionen Mitgliedern organisiert sind. Er ist somit keine
Organisation des öffentlichen Rechts und hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die
Legislative, die Judikative oder die Exekutive. Der DOSB ist ein Zusammenschluss
aus dem „Nationalen Olympischen Komitee“ und dem „Deutschen Sportbund“. Seit
dem Zusammenschluss am 20.05.2006 ist Thomas Bach der Präsident dieser
Vereinigung. Der Verband sieht sich als Service- und Beratungsstelle der ansonsten
finanziell, fachlich und organisatorisch selbständigen Mitgliedsorganisationen.
Weiterhin ist er deren Interessenvertretung gegenüber den Organen der Europäischen
Union, des Bundes und der Länder, sowie gegenüber Gemeinden und in anderen
gesellschaftspolitischen und kulturellen Belangen. In seiner Satzung hat sich der
DOSB verpflichtet, die Olympische Idee zu wahren, weiter zu entwickeln und sie zu
fördern. Eine Olympische Erziehung und die Vermittlung humaner Werte im und
durch den Sport stehen somit im Vordergrund. Dies zeigt sich im Engagement für
Sport in und mit einer gesunden Umwelt, für die Integration und Zusammenführung
aller Gesellschaftsgruppen, für die Gleichstellung unabhängig von Herkunft,
33 FinMin Sachsen, 23.04.1999, 33 – S0171 – 149/3 - 19633
11
Geschlecht oder Alter und für den Kampf gegen Doping und andere
Manipulationen.34
Die Anerkennung einer Sportart durch den DOSB kommt der gesellschaftlichen
Anerkennung
dieser
gleich.
Denn
obwohl
es
sich
lediglich
um
eine
regierungsunabhängige Organisation und eine Körperschaft des privaten Rechts
handelt, so ist der gesellschaftliche Stellenwert und die Anerkennung als „oberste
Instanz“ des deutschen Sports sehr hoch.
Eine Aufnahme in den DOSB erfolgt auf Antrag eines Verbandes der Sportart. Bei
Prüfung des Antrages wird unter anderem geprüft, ob die entsprechende Betätigung
mit den Werten und den sportlichen Voraussetzungen des DOSB konform sind und
ob eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit wegen Förderung des Sports gem. § 52
Abs. 2 Nr. 2 AO vorliegt (§ 2 Buchstabe c und § 4 Nr.1 Buchstabe c der
Aufnahmeordnung des Deutschen Olympischen Sportbundes e.V.).
.............................1.2.2
Auffassung zu Paintball
Im Rahmen der World Games, einer Art „Olympische Spiele“ für neuartige
Sportarten, wurde als Nebenprogramm Paintball als Demonstrationswettbewerb
veranstaltet. Dies führte durch den Sieg der deutschen Mannschaft zur verfälschten
Mitteilung, Deutschland hätte die Disziplin „Paintball“ bei den World Games
gewonnen und wäre damit Weltmeister. Tatsächlich handelte es sich bei der
Meisterschaft nach Angaben des World-Games-Verbandes jedoch nur um eine Art
Show-Programm ohne Wertung der Sportart.35
Der DOSB nahm dies zum Anlass um zum Thema Paintball wie folgt Stellung zu
nehmen:
„''Bei Paintball-Wettbewerben handelt es sich auch nicht um jene Form von Sport
wie er von uns verstanden und vertreten wird. Paintball ist ein Wettbewerb mit
Gewalt verherrlichendem Hintergrund, und wir distanzieren uns ganz entschieden
davon. Paintball wird national und international nicht als Sport angesehen. Weder
DOSB noch IOC oder die Internationale Vereinigung der Sommersportverbände
wollen damit etwas zu tun haben'', sagte DOSB Generaldirektor Michael Vesper. …
34 Internetauftritt des DOSB – Kurzportrait
http://www.dosb.de/de/organisation/philosophie/kurzportraet-des-dosb/ am 08.03.2012
35 Vgl. DOSB Presse Nr. 30; 2009; S. 5 „National und international nicht als Sport angesehen“
12
Die Aufnahmeordnung des Deutschen Olympischen Sportbundes sieht vor, dass
Sportarten die Einhaltung ethischer Werte wie z.B. Fair Play, Chancengleichheit,
Unverletzlichkeit der Person gewährleisten. Dies ist u.a. dann nicht gegeben, wenn
Handlungen tatsächliche oder simulierte Körperverletzung beinhalten.“36
Eine genaue Prüfung von Paintball erfolgte jedoch noch nicht mangels eines
konkreten Aufnahmeantrages eines Dachverbandes für Paintball.37 Weiterhin würde
eine nähere Prüfung entfallen, da die Aufnahmeordnung des DOSB einen aktuellen
Nachweis über die Anerkennung der Gemeinnützigkeit wegen der Förderung des
Sports (gem. § 52 Abs. 2 Ziffer 2 AO) fordert. Dieser kann aufgrund der
Verwaltungsauffassung nicht erbracht werden. Eine nähere inhaltliche Überprüfung
ist somit unnötig.
36 DOSB Presse Nr. 30; 2009; S. 5 „National und international nicht als Sport angesehen“
37 Vgl. Pers. Information von Herman Latz; Justitiar des DOSB in seiner E-Mail vom 30.01.2012
13
2
Eingehende Untersuchung des Themenkomplexes
Bei der bisherigen Würdigung von Paintball führte die sogenannte „simulierte
Tötung von Menschen“ zu einem zwangsweisen Ausschluss einer geistigen und
sittlichen Förderung der Allgemeinheit und dem damit verbundenen Versagen der
Gemeinnützigkeit. Ebenso führte dies aus Sicht des DOSB zu einer Unvereinbarkeit
mit dessen Sportbegriff. Eine generelle Stellungnahme, ob es sich bei Paintball um
Sport handelt, entfiel aufgrund beider Betrachtungsweisen.
Für eine eingehende wissenschaftliche Untersuchung dieses Themas kommt das
„laterale Denken“ zum Einsatz. Laterales Denken ist eine wissenschaftlich
anerkannte Kreativitätstechnik und bedeutet bewusst unlogisch oder unkonventionell
zu denken bzw. „um die Ecke“ zu denken, um von bestimmten festgesetzten
Betrachtungsweisen oder Prinzipien Abstand zu nehmen und aus bestehenden
festgefahrenen Gedankenschritten auszubrechen. Die Bezeichnung des lateralen
Denkens stammt von Edward DeBono, welcher diese Krativitätstechnik im Jahr 1967
prägte, um festgefahrene Denkgewohnheiten zu überwinden. Er stützt sich dabei u.a.
auf das Prinzip, andere Wege zu suchen um Dinge bzw. Sachverhalte zu betrachten.38
Im Rahmen des lateralen Denkens wird somit zuerst untersucht, worum es sich bei
Paintball handelt. Anschließend ist zu prüfen ob und inwiefern sich Paintball unter
den
Begriff
„Sport“
fassen
lässt.
Erst
danach
wird
ein
möglicher
menschenverachtender Charakter (aufgrund einer etwaigen simulierten Tötung von
Menschen) von Paintball untersucht.
.............................2.1
Paintball
Um „Paintball“ in einen Kontext setzen zu können, genügt es nicht, sich einen
kurzen Überblick über dieses Thema zu verschaffen. Vielmehr muss die Entstehung,
die Erscheinungsformen und das Wesen dieser Beschäftigungsart näher untersucht
werden, da das Thema Paintball deutlich komplexer ist als es scheint und eine
detaillierte
Betrachtung
wahrscheinlich
auch
bei
Verwaltungsauffassung unterblieben ist.
38 Vgl. Anders Björk GmbH; Laterales Denken auf www.grauezelle.de
(http://www.grauezelle.de/gz_later.html) am 08.03.2012
14
der
Entstehung
der
.............................2.1.1
Was ist „Paintball“?
„Paintball“ entstammt der englischen Sprache und bedeutet „Farbball“, welcher das
primäre Spielobjekt darstellt. Im sprachlichen Gebrauch entwickelte sich die
Nutzung des Wortes „Paintball“ als Überbegriff für ein Tätigkeitsfeld bzw. ein
Beschäftigungsfeld, welches sich in verschiedenen Arten oder Formen der Ausübung
differenzieren lässt. „Gotcha“ ist eine Abkürzung für das englische „I got you“.
Tatsächlich wird dieser Begriff international nicht als alternative Bezeichnung für
Paintball benutzt. Einzig in Deutschland war diese Bezeichnung im Umlauf und ist
es bisweilen heute noch, wobei sie fast ausschließlich von Außenstehenden benutzt
wird. In der Paintball-Gemeinschaft ist der Begriff „Gotcha“ mittlerweile
weitestgehend unüblich.
Grundsätzlich gilt bei fast allen aktuellen Ausübungsformen, dass 2 Mannschaften
gegeneinander antreten, um entsprechend der jeweiligen Form ein Ziel zu erreichen.
Mit Hilfe von sogenannten Markierern (ein mit Druckluft oder CO² betriebenes
Gerät zum Verschießen der Paintballs – siehe Anhang I Seite 1) kann die gegnerische
Mannschaft daran gehindert werden das Ziel zu erreichen oder die eigene
Mannschaft in Vorteil gebracht werden. In allen Ausübungsformen gilt, wenn ein
Spieler einen sichtbaren Treffer bekommen hat (am Körper oder an sonstigen
mitgeführten Gegenständen), so gilt er als markiert und hat durch Handzeichen (beim
SupAir muss die Hand beispielsweise flach auf den Kopf gelegt werden) zu
signalisieren, dass er aus dem aktuellen Spielgeschehen ausgeschieden ist und
schnellstmöglich das Spielfeld zu verlassen. Der Spieler gilt für diese Spielrunde als
ausgeschieden und darf nach Entfernung des Flecks wieder an der nächsten
Spielrunde teilnehmen (je nach Ausübungsform nach 2 bis 20 Minuten). Die Spieler
dürfen sich nicht tot stellen und auf dem Spielfeld liegen bleiben. Zum Einen soll
„Paintball“ nicht mit einer simulierten Tötung oder Gewaltakten in Zusammenhang
gebracht werden können, zum Anderen wäre es auch nicht möglich zu beurteilen,
wie viele Spieler sich noch aktiv im Spiel befinden. Weiterhin wäre das
Verletzungsrisiko zu hoch, da über diese Spieler gestolpert werden könnte und diese
auch unberechtigt weiter markiert werden könnten. Die Einflussnahme auf den
Verlauf durch Körperkontakt mit Spielern der gegnerischen Mannschaft ist
strengstens untersagt.
Weitere Besonderheiten werden bei den jeweiligen Ausübungsformen im späteren
Verlauf näher erläutert.
15
.............................2.1.2
Geschichte
Das im Jahre 1940 gegründete Unternehmen „Nelson Paint Company“ produzierte
Farbsprühpistolen für den Forst, wo diese zur Markierung von Bäumen genutzt
wurden. Eine Anfrage des US Forstministeriums, ob es eine Möglichkeit gäbe auch
Bäume auf längere Distanz zu markieren um schwer zugängliche Stellen einfacher
erreichen zu können, brachte Charles Nelson um 1965 auf die Idee Farbbälle zu
produzieren, welche sich aus einer Art Waffe verschießen lässt. Die Farbbälle
bestanden, wie auch heute, aus einer Gelatinehülle mit Farbfüllung. Zur Produktion
wurden Maschinen zur Herstellung von Pferdetabletten genutzt. Die Firma Crosman
wurde beauftragt eine Abschussvorrichtung zu entwickeln und herzustellen,
woraufhin die „Crosman 707“ entwickelt wurde. Bei einem gemütlichen
Zusammensein im Frühjahr 1977, stellten sich Hayes Noel, ein Börsenmakler an der
Wallstreet, und Charles Gaines, ein Schriftsteller, die Frage, ob ein im Berufsleben
erfolgreicher Stratege auch unter freiem Himmel, in fremder Umgebung und unter
ungewohnten Umständen seine berufliche erworbenen Erfahrungen nutzen und
anwenden kann. In Ermangelung eines konkreten Spielkonzeptes kam die Idee
zunächst zum Erliegen. Im Mai 1981 teilten sie ihre Idee mit Bob Gurnsey, einem
Sportartikelverkäufer. In einem Landwirtschaftskatalog fand dieser zusammen mit
Georg Butler die „Nelspot 007“, eine Weiterentwicklung der Crosman 707 der Firma
„Daisy Manufacturing Company“. Am 27. Juni 1981 fand das erste Spiel unter
vorher festgelegten Regeln statt. Gespielt wurde auf einem ca. 32 ha großen Areal
eines Skigebietes. Jeder Spieler (es waren insgesamt 12 Spieler) musste an vier
Flaggenstationen, an denen jeweils zwölf Flaggen hingen, eine Flagge aufnehmen
und zu seinem Ausgangspunkt zurückbringen. Alle Spieler starteten in gleicher
Entfernung um das Spielfeld. Zur Orientierung pfiffen die an den Flaggenstationen
stehenden Schiedsrichter in fünfzehn-minütigem Abstand. Gegnerische Mitspieler
konnten durch Markierung und ihrem damit verbundenen Ausscheiden am Sieg
gehindert werden. Gespielt wurde jeder gegen jeden. Der Gewinner des ersten Spiels
war Richie White, welcher alle vier Flaggen einsammelte ohne dabei einen Schuss
abzugeben. Im Anschluss wurden Artikel über dieses Spiel in der „Sports
Illustrated“, „Sports Afield“ und der „Time“ veröffentlicht. Die Resonanz waren
unzählige Leserbriefe, in welchen nach Möglichkeiten und Ausrüstungen gefragt
wurde um dieses Spiel zu spielen. Gurnsey, Hayes und Gaines vermarkteten das
Spiel fortan und verkauften Startausrüstungen. Im März 1982 eröffnete Bob Gurnsey
16
das erste offizielle Spielfeld in New Hempshire. Gegen Ende des Jahres wurde das
erste internationale Spielfeld in Kanada (Ontario) eröffnet. Die erste Meisterschaft
wurde 1983 unter Beteiligung von 6 amerikanischen und 2 kanadischen Teams in
New Hampshire auf einem etwa 16 ha großen Gelände einer Farm ausgetragen. Die
Teams qualifizierten sich über regionale Ausscheidungswettkämpfe und bestanden
aus jeweils 12 Spielern. Das Spiel hatte sich von einem Einzelspieler- zu einem
Teamspiel entwickelt, bei dem die Teams gegeneinander antraten. Spielziel war
jedoch weiterhin das Sammeln von Flaggen. Der, vom „People Magazin“ gefeierte,
erste Weltmeister wurde das Team aus Ontario, Kanada. Da sich das Spiel, auch
international, stetig entwickelte und verschiedene Namen des Spiels und dessen
Spielarten im Umlauf waren, verbreitete sich die Verwendung des Überbegriffes
„Paintball“. Dies spiegelt sich in der Namensgebung der, im Jahr 1988 gegründeten,
„International Paintball Players Association“ (IPPA) wieder. Die IPPA, eine nichtkommerzielle Vereinigung, setzte sich zum Ziel, Paintball weiterzuentwickeln und
dessen
Wachstum
zu
fördern.
Neben
der
Einführung
internationaler
Sicherheitsrichtlinien führte sie auch Fortbildungen für Spieler und Feldbetreiber
durch. Anfang der 90'er Jahre fasste Paintball auch in Deutschland Fuß. Die
„National Professional Paintball League“ (NPPL), eine der beiden großen Ligen der
USA, wurde 1992 gegründet und trägt seither zum Wachstum und zur Entwicklung
hin zu einem sportlichen Spiel bei, indem an vielen Orten Ausscheidungs- und
Meisterschaftsturnierserien veranstaltet werden. Bereits 1995 wurden die Finalspiele
des NPPL Worldcups vom amerikanischen Sportsender ESPN erstmals im Fernsehen
übertragen. Im gleichen Jahr wurde der OPM Cup in Deutschland ausgetragen, dem
bis heute größten 5-Mann Turnier in Europa. Teilgenommen haben 72 Mannschaften
aus 10 Nationen. Die Firma „SUP'AIR BALL“ aus Frankreich entwickelte 1996 die
ersten aufblasbaren Deckungen, welche sich schnell im Turnierbereich etablierten
und heutzutage aus dem „Paintballsport“ nicht mehr weg zu denken sind. Aus dem
Zusammenschluss 3 internationaler Turnierserien, den Maxs Master in Deutschland,
dem Worldcup Toulouse in Frankreich und den Joy Masters in Schweden, entstand
2001 eine professionelle europäische Liga auf höchsten Niveau, die „MLILLENIUM
SERIES“. Zwei Jahre später entstand die „Deutsche Paintball Liga“ (DPL) aus dem
Zusammenschluss einiger offener Ligen bzw. Turnierserien. Im Jahr 2005 fusionierte
die DPL mit der „German Professional Paintball League“ (GPPL). Die erste
Bundesliga entstand. Im folgenden Jahr beherbergte die DPL bereits eine 1. und 2.
17
Bundesliga und Regionalligen. Parallel zur DPL entstanden zwei weitere Ligen mit
leicht abweichendem Konzept, die „Paintball Sports League“ (PSL) und die „X5
Championship“ (X5). Europas größte nationale Paintballliga entstand 2007 durch
Einbindung der „Deutschen Nachwuchsliga“ (DNL) und der „Deutschen Amateur
Liga“ (DAL) in die DPL. Rhein Main TV berichtet in diesem Jahr, erstmals
öffentlich im deutschen Fernsehen, in den Sportnachrichten regelmäßig nach jedem
Spieltag der DPL 1. Bundesliga über die Spielergebnisse. Ende 2007 entstand aus
dem Zusammenschluss von PSL und X5 die zweite große deutsche Liga, die
„Xtreme Paintball Sports League“ (XPSL).39
Die aktuelle Ligastruktur der DPL und XPSL kann im Anhang II eingesehen werden.
.............................2.1.3
Spielfelder
Unterschieden wird zunächst grundsätzlich zwischen den drei Spielfeldtypen, auf
welchen dann diverse Spielsysteme möglich sind.
.............................2.1.3.1
Woodland-Felder
Woodland (siehe Anhang I Seite 2) ist das ursprüngliche Spielfeld, der Wald.
Kennzeichnend für diese Spielfelder sind natürliche Hindernisse wie Bäume und
Sträucher, Hügel und Senken, Wälle und Gräben. Eine Spielfeldgröße ist nicht
festgeschrieben.
Woodland-Felder
befinden
sich
in
speziell
gesicherten
Privatwäldern. In Deutschland ist das Spielen in öffentlichen Wäldern strikt untersagt
und kann als „Verstoß gegen das Waffengesetz“ zur Anzeige gebracht werden. Die
ersten Turniere wurden auf den Waldspielfeldern ausgetragen. Mit Aufkommen der
„Speedball-Felder“ entwickelte sich der Turnierbereich jedoch fast ausschließlich auf
diesen Spielfeldern weiter. Heutzutage werden vereinzelt organisierte Turniere oder
kleinere Turnierserien auf Waldspielfeldern ausgetragen. Dabei handelt es sich
jedoch eher um „Just-for-fun“-Wettkämpfe von Gelegenheitsspielern und sind nicht
mit den sportlichen Turnieren auf „SupAir-Feldern“ (siehe Anhang I Seite 3) zu
vergleichen. Beliebt ist dieser Spielfeldtyp vor allem bei sogenannten Leihspielern,
39 Vgl. Stefan Endtmann; Internetseite von Semper Fidelis – Geschichte Paintball;
http://www.semper-fidelis-dresden.de/geschichte_paintball.html
Vgl. DPL GmbH; „Historie – Entwicklung der Deutschen Paintball Liga“ http://www.dplonline.de/index.php/ueber-uns/historie am 08.03.2012
Vgl. Paintball Sport ltd.; „Über die XPSL“ http://xpsl.de/home/ueber-die-xpsl am 08.03.2012
18
also Personen die ein bis zwei mal im Jahr spielen und sich die nötige Ausrüstung
beim Spielfeldbetreiber ausleihen oder bei Gelegenheitsspielern (welche ca. ein mal
pro Monat spielen) mit eigener Ausrüstung.
.............................2.1.3.2
Speedball-Felder
Speedball-Felder (siehe Anhang I Seite 2) sind kleinere Spielfelder auf welchen
„künstliche“ Deckungen bzw. Hindernisse zum Einsatz kommen. Die Felder sind
größtenteils rechteckig. Das Spiel startet für beide Mannschaften auf den jeweils
kürzeren Seiten des Rechteckes. Untergrund ist meist Wiese oder der jeweils
vorliegende natürliche Untergrund. Anders als beim Waldspielfeld ist der natürliche
Untergrund jedoch begradigt. Die Deckungen oder Hindernisse können unter
anderem Paletten, Tonnen, Stapel aus Autoreifen, Bretterwände oder sonstige
Gegenstände sein, welche eine entsprechende Größe besitzen um dahinter Deckung
zu finden. Die Gegenstände können dabei auch symmetrisch zu einer gedachten
Mittellinie platziert werden, um gleiche Bedingungen für die Mannschaften zu
schaffen.
Durch die offenere Gestaltung der Spielfelder gewann das Spiel an
Dynamik
und
stellte
den
Spieler
mitunter
vor
größere
körperliche
Herausforderungen.
.............................2.1.3.3
SupAir-Felder
Im Jahr 1996 entwickelte das französische Unternehmen „SUP'AIR BALL“ die
ersten aufblasbaren Hindernisse. Eine Erfindung, die das Spiel revolutioniert hat.
Binnen weniger Jahre setzten sich diese Hindernisse und der Spielfeldaufbau im
Turnierbereich durch und sind heutzutage von keinem Turnierfeld weg zu denken.
Die Hindernisse oder Deckungen bestehen aus einem Verbundmaterial. Dabei wird
ein Gewebe beidseitig mit Kunststoff beschichtet und verklebt. Das Material ist mit
dem von Hüpfburgen für Kinder vergleichbar. Ähnlich wie diese werden auch die
SupAir - Hindernisse aufgeblasen und mittels Sandsäcken oder durch Einfüllen von
Wasser am Boden fixiert. Formen für die Hindernisse, welche bei SupAir auch als
„Obstacles“ (engl. für Hindernisse, ähnlich wie beim Skateboarding) bezeichnet
werden, sind vielfältig und reichen von einfachen geometrischen Figuren bis hin zu
Buchstaben, wie „M“ oder „X“. Auf Spielfeldern auf denen Ligaspiele stattfinden
sind jedoch die Anzahl und Form der Deckungen reglementiert. Für den
19
„Paintballsport“ bieten die Hindernisse vielerlei Vorteile. Die Verletzungsgefahr ist
deutlich geringer, da die Hindernisse bei Kontakt nachgeben. Der Aufbau des
Spielfeldes kann durch Verschieben der Hindernisse problemlos variiert werden.
Weiterhin ist die Reinigung des Spielfeldes durch die glatte Oberfläche einfacher.
Bei SupAir-Feldern ist der Untergrund Rasen oder sogenannter Turf. Bei Turf
handelt es sich um Kunstrasen, wie er auch auf Fußball- oder Hockeyfeldern
eingesetzt wird. Da Kunstrasen strapazierfähiger ist und für das Spielen generell die
besseren Eigenschaften hat, wird dieser jedoch häufiger eingesetzt als natürlicher
Rasen. Die Größe der Spielfelder hängt von der Anzahl der Spieler ab. LigaSpielfelder sollten nach den Millennium-Regeln (letztmalige Änderung der
Spielfeldgröße 2009) ca. 36 Meter breit und 50 Meter lang sein. Der Spielfeldaufbau
ist zwingend symmetrisch und wird an der Mittellinie (auf 25 Meter) gespiegelt um
beiden Mannschaften gleiche Bedingungen zu bieten.
.............................2.1.4
Spielarten
Wie schon bei der Erläuterung des Begriffs „Paintball“ beschrieben, handelt es sich
dabei um einen Überbegriff für ein Tätigkeitsfeld, basierend auf einem einheitlichen
Spielprinzip. Zu differenzieren sind demnach die Ausübungsformen bzw. Spielarten.
Diese sind abhängig von oben genannten Spielfeldtypen. Die wichtigsten und am
meist verbreitetsten Spielarten (mit Angabe der Spielfelder auf denen diese Spielart
ausgeübt wird) sind:
.............................2.1.4.1
„Capture the flag„
Gespielt wird diese Form hauptsächlich auf Woodland- und Speedballfeldern, jedoch
kommt eine abgewandelte Form auch auf SupAir-Feldern zum Einsatz (mehr dazu
unter „3-Mann und 5-Mann“).
Diese Spielform reicht bis zur „Erfindung“ von „Paintball“ im Jahr 1981 zurück.
Jedoch werden heutzutage nicht mehr für jeden Spieler Flaggen bzw. Fahnen in
Flaggenstationen bereitgestellt. Die Anzahl der Fahnen ist beliebig und hängt von
Spielfeldgröße und Anzahl der Spieler ab. Gespielt werden kann das sogenannte
„Centerflag“, bei dem in der Mitte des Spielfeldes eine Fahne postiert wird über
„Recapture the flag“, bei dem an beiden Startpunkten eine Fahne postiert wird bis zu
20
„Multiflag“, bei dem beliebig viele Fahnen mit unterschiedlicher Punktzahl an
verschiedenen Stellen postiert werden. Grundsätzlich gilt jedoch, dass bei jeder
Variante die zu erobernde Fahne oder zu erobernden Fahnen, in einem vorgegebenen
Zeitlimit zum jeweiligen Startpunkt der Mannschaft zurückgebracht werden müssen.
Bei „Centerflag“ gewinnt die Mannschaft, welche die eine zentrale Fahne zum
Startpunkt zurückbringt und der zurückbringende Spieler nicht markiert wurde.
Analog dazu ist „Recapture the flag“, wobei hier bis zum Startpunkt des Gegners
vorgedrungen werden muss um die Fahne zu holen und gleichzeitig aufgepasst
werden muss, dass die eigene Fahne nicht erobert wird. Bei „Multiflag“ werden die
zum
Startpunkt
zurückgebrachten
Fahnen
bzw.
deren
Punktewert
beider
Mannschaften gezählt und die Mannschaft mit den meisten Punkten hat das Spiel
gewonnen. Bei jeder Variante müssen markierte Spieler, welche eine Fahne tragen,
diese unverzüglich nach dem Markieren fallen lassen. Die Fahne kann dann von
jedem (unmarkierten) Spieler erneut aufgenommen werden. Untersagt ist es, einem
Gegenspieler die Fahne aus der Hand zu reißen, wenn dieser noch nicht aus dem
Spiel ausgeschieden ist. Weiterhin ist untersagt, die Fahnen, welche die gegnerische
Mannschaft bereits an ihrem Startpunkt gesichert hat, wieder aufzunehmen und dem
Spielbetrieb zuzuführen. Weiterhin dürfen die Fahnen nicht den Mitspielern
zugeworfen werden. Wichtig bei dieser Spielart ist ein strategisches Denken und eine
gute Kommunikation unter den Spielern.
.............................2.1.4.2
„Last man standing“
Dies ist die „einfachste“ Spielform und wird auf Woodland- oder Speedballfeldern
gespielt. Ziel ist es, alle Spieler der gegnerischen Mannschaft zu markieren.
Gewonnen hat folglich die Mannschaft, die am Ende noch unmarkierte Spieler hat
oder beim Spielen mit Zeitlimit, nach Ablauf der Zeit am meisten unmarkierte
Spieler hat. Folglich kann diese Spielvariante nicht ohne die Markierung von
Gegenspielern gewonnen werden. „Last man standing“ ist vorallem bei den Spielern
beliebt, die sich Ausrüstungen beim Spielfeldbetreiber ausleihen um im
Freundeskreis oder mit Arbeitskollegen einen spannenden Tag zu verbringen, ohne
sich aufwendige Strategien auszudenken oder sich mit Kommunikation zu
beschäftigen bzw. bei noch unerfahrenen oder Gelegenheitsspielern. Durch die
Einfachheit ist das Spiel für jeden Teilnehmer verständlich, kann aber nach gewisser
Zeit eintönig werden. Nichts desto trotz ist dies die beliebteste Spielart unter
21
Leihspielern und Anfängern. Gespielt werden kann auch jeder gegen jeden, dies ist
jedoch eher unüblich.
.............................2.1.4.3
„Conquer and defend“
Diese Spielform kann auf Woodland- oder größeren speedballähnlichen Feldern
gespielt werden. Ziel ist es, eine Position auf dem Spielfeld bis zum Ablauf der
Spielzeit zu besetzen und zu verteidigen. Die Mannschaft, welche zum Abpfiff die
Position besetzt hat, gewinnt das Spiel. Dabei können auch mehrere Positionen
vereinbart werden, sodass die Mannschaft gewinnt, welche die meisten Positionen
hat oder es kann zu einem Unentschieden kommen.
.............................2.1.4.4
„Protection“ oder „VIP“
Zentrale Figur dieser Spielvariante ist ein Spieler ohne Markierer. Dieser Spieler ist
von seiner Mannschaft zu einem festgelegten Punkt auf dem Spielfeld zu bringen.
Sollte dieser Spieler jedoch markiert werden, hat seine Mannschaft verloren.
Während bei vorgenannten Spielarten die Mannschaften gleichgroß, bzw.
ausgewogen sein sollten, ist hier die beschützende Mannschaft meist zahlenmäßig
überlegen. Alternativ können auch beide Mannschaften jeweils einen Mitspieler
schützen. Diese Spielform wird, wie „Conquer and defend“ auf Woodland- oder
größeren speedballähnlichen Feldern mit oder ohne Zeitbegrenzung gespielt.
.............................2.1.4.5
SupAir- oder Turnier-Paintball
Als sich die Turnierszene von den Speedball-Felder zu den SupAir-Feldern
entwickelte, festigte sich der Begriff „SupAir“ als Symbol bzw. Name für die
Ausübung von sportlichem Turnier-Paintball. Körperlich, taktisch, technisch und
kommunikativ werden deutlich höhere Anforderungen an die Spieler bzw. die
Mannschaft gestellt als bei vorgenannten Varianten. „SupAir“ zu spielen bedeutet in
der Paintball-Gemeinde, dass auf einem SupAir-Feld eine der folgenden Spielarten
ausgeführt wird.
22
.............................2.1.4.6
„3-Mann“ und „5-Mann“
Diese eine Spielform wird beim sportlichen Paintball in den unteren Ligen gespielt.
Im 3-Mann Format wird beispielsweise in der DPL Bezirksliga oder der XPSL
Landesliga gespielt. In der DPL Landesliga und XPSL Regionalliga wird
beispielsweise im 5-Mann Format gespielt. Bei dem 3-Mann Format spielen zwei
Mannschaften mit jeweils 3 Spielern gegeneinander. Entsprechend spielen beim 5Mann Format zwei Teams mit jeweils 5 Spielern gegeneinander. Die Spielfelder
beim 3-Mann sind dabei meist kleiner als beim 5-Mann und auf den Spielfeldern
befinden sich weniger Hindernisse. Weiterhin beträgt die Spielzeit im 3-Mann
Format drei bis vier Minuten für jede Begegnung und im 5-Mann ca. fünf Minuten
(entsprechend den jeweiligen Liga- oder Turnierregelwerken). Wenn das Startsignal
ertönt, müssen alle Spieler mit dem Lauf ihres Markierers die „Base“ (engl. für
Ausgangspunkt), eine ca. zwei Meter breite und ein Meter hohe Tafel, berühren. Erst
nach dem Startsignal dürfen sich die Spieler von der Base entfernen und versuchen
den Gegner zu markieren. Ziel des Spiels ist es, die Base der anderen Mannschaft zu
erreichen, dort anzuschlagen und zur eigenen Base zurück zu laufen und dort
wiederum anzuschlagen. Sollte der anschlagende Spieler jedoch beim Zurücklaufen
zur eigenen Base markiert werden, so muss ein anderer Spieler des Teams erst
wieder bei der gegnerischen Base anschlagen und darf erst dann wieder zur eigenen
zurücklaufen, um das Spiel zu beenden. Sollte keine der beiden Mannschaften das
Ziel erreichen, so endet die Partie unentschieden. Das Spielprinzip ist somit dem
„Recapture the flag“ entsprechend und wurde bei der Entwicklung des
„Paintballsports“ vom Speedball- hin zum SupAir-Feld übernommen und auf das
veränderte Spielfeld angepasst. Für die Überwachung des Spielgeschehens, die
Einhaltung der Regeln und zur Leitung der Spiele, befinden sich ausgebildete
Schiedsrichter auf dem Spielfeld. Bei einer Mannschaftsstärke von fünf Personen
befinden sich acht Marshalls (engl. für Schiedsrichter) auf dem Feld und ein HeadMarshall außerhalb, welcher eventuelle Fehler der Schiedsrichter auf dem Feld klärt,
Ansprechpartner für die Mannschaften bei Unstimmigkeiten ist und die Spielstände
aufzeichnet, welche von den Mannschaftskapitänen der Mannschaften nach Ende der
Begegnung unterzeichnet werden müssen. Sollte sich ein Spieler unsportlich
verhalten, eine Markierung wegwischen oder beim Verlassen des Feldes mit
Mitspielern reden bzw. Schiedsrichter beleidigen, so dürfen diese Strafen von einen
„one for one“ über ein „three for one“ bis hin zu Einem „tournamentban“
23
aussprechen. Das „one for one“ bedeutet, dass der Spieler, wegen dem die Strafe
verhängt wird und ein weiterer seiner Mannschaftskameraden für die Spielrunde
ausscheiden. Bei höchst unsportlichem Verhalten wird der Spieler vom Turnier, vom
Spieltag oder der Liga-Saison durch ein „tournament-ban“ (engl. für Verbannung
aus dem Turnier) ausgeschlossen.
.............................2.1.4.7
„X-Ball“
Dies ist die Spielart, die in den höheren Ligen Anwendung findet.
Entwickelt hat sich diese Spielform, aufbauend auf 3- bzw. 5-Mann, auf SupAirFeldern, auf welchen ein großes Hindernis in Form des Buchstaben „X“ steht.
Zumindest in Europa wurden diese Felder von den „Millennium-Feldern“ abgelöst.
Diese sind genormt durch das Regelwerk der „Millennium-Series“ und haben statt
des „X“ ein großes „M“ in der Mitte des Spielfeldes. Beim heutigen „X-Ball“ (nach
den Millennium-Regeln) besteht eine Partie bzw. eine Begegnung zweier
Mannschaften aus mehreren Punkten. Die Gesamtspielzeit der Begegnung beträgt
10-15 Minuten. Gewinner der Partie ist die Mannschaft, welche zuerst 4 Punkte
erreicht. Zum Spielbeginn müssen die Läufe der Markierer aller Spieler, jeweils fünf
pro Mannschaft, an ihrer jeweiligen Base anliegen und erst mit dem Ertönen des
Startsignals darf sich von dort entfernt werden. Ein Punkt bedeutet, dass der Spieler
einer Mannschaft an der Base der anderen Mannschaft einen sogenannten „Buzzer“
(„Buzzer“ sind die großen Knöpfe die auch in Quizshows gedrückt werden müssen)
drücken muss. Der Spieler der auf den Buzzer drückt darf nicht markiert worden
sein. Am Spielfeldrand befinden sich zwei sogenannte „Pitboxen“, in diesen stehen
Auswechselspieler und weitere Hilfspersonen (sog. Pitcrew), welche für die
technische Unterstützung, die Reinigung und die Versorgung der Spieler zuständig
sind. Markierte Spieler müssen schnellstmöglich vom Spielfeld in die Pitbox. Gelingt
es einer Mannschaft einen Punkt zu erzielen, so wird die Spielzeit gestoppt und beide
Teams haben zwei Minuten Zeit in der Pitbox die Taktik zu ändern, technische
Probleme zu beheben, die Spieler zu reinigen, Spieler auszutauschen und Paintballs
und Druckluft aufzufüllen. Nach den zwei Minuten Pause wird das Spiel wieder
eröffnet. Befindet sich ein Spieler zu diesem Zeitpunkt nicht an seiner Base, so ist er
für diesen Punkt automatisch ausgeschieden. Wenn die Spielzeit von 15 Minuten
abgelaufen ist, so gewinnt die Mannschaft, die am meisten Punkte hat. Bei einem
24
Unentschieden gibt es eine Nachspielzeit bzw. gewinnt die Mannschaft, welche den
nächsten Punkt erringt. Wie auch bei 3-Mann bzw. 5-Mann überwachen
Schiedsrichter das Spielgeschehen. Zusätzlich ist beim X-Ball ein Trainer
zugelassen, welche den Spielern im Spielgeschehen Anweisungen und Hinweise
geben darf. Dies geschieht durch zurufen und kann die Kommunikation unter den
Spieler durch weitere Informationen unterstützen. X-Ball ist damit die wohl
anspruchsvollste Art Paintball zu spielen.
.............................2.1.4.8
„Szenario“ und „Reenactment“
Szenario entfernt sich von der sportlichen Ausübung von Paintball und nähert sich
eher einer Art Rollenspiel an. Dabei wird ein Szenario vorgegeben und im Rahmen
dieser Geschichte ein oder mehrere zu erfüllende Spielziele gestellt. Im Rahmen des
Rollenspielcharakters kommen auch bei einigen Spielern entsprechende optische
Anpassungen zum Einsatz. So wird durch das Tragen von Tarnkleidung und anderen,
den militärischen Vorbildern ähnliche oder entsprechende, Ausrüstungsgegenständen
eine besondere Spielatmosphäre erzeugt. Weiterhin kommen sogenannte „Replicas“
(siehe Anhang I Seite 1) zum Einsatz. Diese sind umgebaute oder bereits modifiziert
zu erwerbende Markierer, welche echten Waffen nachempfunden sind. Die
Ausübung dieser Art des Spiels ist nur auf Spielfeldern möglich, welche Camouflage
und Replicas
nicht explizit ausgeschlossen haben. Es muss jedoch darauf
hingewiesen werden, dass auch eine erhebliche Anzahl der Spieler dieser Variante
auf den Einsatz von militärischer Optik verzichten.
Eine verschärfte Form dieser Ausübung ist „Reenactment“, welches vom Englischen
ins Deutsche übersetzt soviel bedeutet wie „nachgestellt“. Dabei handelt es sich um
das Nachstellen historischer Schlachten wie beispielsweise die Invasion der
Normandie. Der Ursprung dieses sehr fragwürdigen Rollenspiels liegt in Japan. Auch
in den vereinigten Staaten gibt es viele Anhänger und Veranstaltungen dieser Art. In
Deutschland gilt diese Auslegungsart des Szenario jedoch aufgrund unseres
historischen Hintergrundes als verpönt und pietätlos und wird deswegen nicht
ausgeübt.
25
.............................2.1.5
Konflikte aufgrund von Spielarten
Mitte der 90'er Jahre begann in Deutschland die „No Camo“ Bewegung, welche das
Ziel hat die militärische Optik aus dem Bereich Paintball auszuschließen, um der
Öffentlichkeit zu verdeutlichen, dass es sich bei Paintball nicht um ein Kriegsspiel
handelt. Durch Beteiligung vieler Spielfelder und der Turnierszene konnten in
diesem Bereich deutliche Erfolge verzeichnet werden. So sind mittlerweile auf einem
Großteil der Spielfelder und im gesamten sportlichen Bereich Replicas und
Camouflage verboten. Nichts desto trotz können weiterhin derartige Markierer und
Ausrüstungsgegenstände erworben und auf einigen Spielfeldern auch genutzt
werden. Ein Rückgang in diesem Bereich ist aktuell nicht zu erwarten, da auch ein
gewisser Anteil der Neueinsteiger Gefallen an dieser Ausübungsform findet. Dies
führt in der Paintball-Gemeinschaft zu einem teils sehr scharfen Meinungskonflikt
speziell zwischen den SupAir-Spielern und den eingefleischten Szenariofans.
Während sich die SupAir-Gemeinschaft zum Ziel gesetzt hat, das gesellschaftliche
Ansehen und die Akzeptanz ihrer Spielform bzw. Paintball im Allgemeinen zu
steigern, kann dieses Vorhaben aufgrund von oft einseitiger Berichterstattung in den
Medien über den Szenariobereich nicht erfüllt werden. Natürlich gibt es auch
vereinzelt neutrale bzw. positive Berichterstattungen über SupAir-Paintball, die
mediale und psychologische Resonanz ist jedoch deutlich geringer. Die persönliche
Erfahrung zeigt, dass der Begriff „Paintball“ ein Synonym für „durch den Dreck
kriechender Hobbysoldat“ für den überwiegenden Teil der Bürger ist. Anderen
wiederum ist „Paintball“ gar kein Begriff. Geschätzt 1 % der Bevölkerung kennt
SupAir-Paintball und weiß, dass es eine entsprechende Ligastruktur gibt.
Nichts desto trotz ist es fraglich, ob eine besondere moralische Verwerflichkeit oder
eine Verbotswürdigkeit
des Szenariobereichs gegeben ist. Unter Betrachtung
anderer Rollenspielvarianten (sog. „Live Action Role Play“ oder „L.A.R.P“) bzw.
Mittelalterfestspiele oder diverse Computerspiele scheint jedoch meines Erachtens
kein erhöhter Unwertgehalt vorzuliegen.
.............................2.1.6
Sicherheit
Sicherheit ist eines der wichtigsten Themen bei Paintball. Spielfelder, Ligen und
Turniere haben alle einheitliche Sicherheitsstandards, welche sowohl für die
Sicherheit der Spieler, als auch des Publikums und der Umwelt sorgen.
26
.............................2.1.6.1
Spieler
Prinzipiell geht von den Paintballs keine große Verletzungsgefahr aus, vorausgesetzt
die Sicherheitsbestimmungen werden eingehalten. Auf dem Spielfeld ist eine, für
Paintball entwickelte, Schutzmaske zu tragen. Diese mag zwar für Außenstehende
„martialisch“ wirken, bedeckt und schützt jedoch lediglich empfindliche Bereiche
des Kopfes, wie Ohren, Mund und Augen. Paintballs hinterlassen bei dem markierten
Spieler im schlimmsten Falle kleinere Blutergüsse. Bei Augen, Mund und Ohren
wäre die Verletzungsgefahr deutlich höher. Die Spieler dürfen die Schutzmaske auf
dem Spielfeld nie absetzen, sonst würden sie neben ihrer Gesundheit auch einen
Verweis vom Spielfeld riskieren. Neben der Schutzmaske sollte strapazierfähige
Kleidung und Handschuhe getragen werden. Dies ist jedoch nicht Pflicht. Es gibt
speziell für Paintball entwickelte Kleidung und spezielle Protektoren und Polster für
den SupAir-Bereich, welche jedoch auch von Hobby- und Gelegenheitsspielern
getragen werden. Dabei handelt es sich jedoch weniger um Schutz vor den Bällen,
als mehr um den Schutz für den Bewegungsablauf. So wird beim SupAir auf
Unterarmen, Hüfte und Knien gerutscht. Diese Bereiche können durch die
Protektoren bzw. Polster geschützt werden.
.............................2.1.6.2
Zuschauer und Umwelt
Paintballspielfelder, ganz egal welcher Art, müssen durch speziell für Paintball
entwickelte Netze gesichert werden, sodass kein Paintball das Spielfeld verlassen
und einen Zuschauer oder Passanten verletzen kann.40 Diese Netze sind engmaschig,
zwischen drei und fünf Metern hoch und umzäunen das gesamte Spielfeld. Teilweise
werden diese Netze auch über das Spielfeld gespannt, wenn dies aufgrund einer
eventuellen Flugbahn der Bälle nötig sein sollte. Außerhalb des Spielfeldes ist der
Markierer von jedem Spieler mit einer sogenannten „Barrelsock“ zu schützen. Dabei
handelt es sich um einen Überzug aus strapazierfähigen Gewebe, welcher über den
Lauf gestülpt wird und mittels Gummibänder am Markierer gesichert wird. Dies
verhindert, dass bei versehentlicher Abgabe eines Schusses außerhalb des Spielfeldes
der Ball aus dem Lauf bzw. dem Überzug entweichen kann. Zusätzlich befinden sich
am Markierer weitere Sicherungsmöglichkeiten. Da bei Waldspielfeldern der
verschossene Paintball in der Umwelt verbleibt und der menschliche Körper der
Farbfüllung ausgesetzt sein kann, wird bei der Herstellung der Paintballs auf
40 Vgl. § 12 Abs. 4 Nr. 1 a WaffG
27
Umweltverträglichkeit geachtet. Paintballs bestehen aus einer Hülle aus Gelantine.
Die Füllung basiert auf Pflanzenfetten oder pflanzlichen Ölen bzw. auf Wasser und
wird mit Nahrungsmittelfarbe eingefärbt. Damit sind die Paintballs ökologisch
abbaubar. Ihnen wird jedoch ein Bitterstoff beigemischt, der verhindern soll, dass
eventuelle Gesundheitsschäden durch den Verzehr der Kugeln durch Mensch oder
Tier entstehen.
.............................2.2
Sport
Wie bereits erwähnt, wird der Begriff „Sport“ vom Gesetzgeber nicht näher erläutert.
Nach AEAO Nr. 6 Satz 1 zu § 52 AO ist ein wesentliches Element des Sports die
körperliche Ertüchtigung. Der Bundesfinanzhof ergänzt dahingehend, dass Sport mit
einer „über das ansonsten übliche Maß hinausgehenden körperlichen Aktivität“
verbunden sein muss und eine „äußerlich zu beobachtende Anstrengung“ oder eine
„Kunstbewegung“
erfordert41.
Vorgenannte
Erläuterung
scheint
jedoch
weitestgehend zu allgemein. Bei genauerer Betrachtung würde somit unter gewissen
Umständen die Vollziehung des menschlichen Paarungsaktes unter diesen
Sportbegriff fallen.
Um derartige Irrtümer auszuschließen, sollte ein, durch sportwissenschaftliche
Kenntnisse fundierter, Sportbegriff als Bewertungsmaßstab bestimmt werden.
.............................2.2.1
Sprachlicher Ursprung
Das Wort „Sport“ kommt aus der englischen Sprache und ist eine Kurzform von
„disport“, welches sich wiederum aus dem altfranzösischen „desport“ ableitet. Dies
stammt wiederum vom vulgärlateinischen „deportare“, welches „sich vergnügen“
bedeutet.42
.............................2.2.2
Definition
In der Sportwissenschaft gibt es (noch) keine einheitliche und von allen
Sportwissenschaftlern als richtig anerkannte Definition. Gründe dafür sind die
Entwicklung von Sport in der Gesellschaft und die Entwicklung der Gesellschaft
41 Vgl. BFH Urteil vom 29.10.1997 I R 13/97, Bundessteuerblatt II 1998, 9 m.w.N.
42 Schülerduden „Der Sport“ 1. Auflage, Bibliographisches Institut Mannheim 1987, Seite 409
28
generell. Aber auch Wissenschaftlern der Sporthistorik fällt es schwer den Begriff
„Sport“ zu damaliger Zeit eindeutig zu definieren.
.............................2.2.2.1
Definition im Sportlexikon
Verdeutlicht wird die „Zurückhaltung“ Sport zu definieren, durch die Ausführungen
im Sportwissenschaftlichen Lexikon von Röthig und Prohl: „Seit Beginn des 20.
Jahrhunderts hat sich Sport zu einem umgangssprachlichen, weltweit gebrauchten
Begriff entwickelt. Eine präzise oder gar eindeutige begriffliche Abgrenzung lässt
sich deshalb nicht vornehmen. Was im allgemeinen unter Sport verstanden wird, ist
weniger eine Frage wissenschaftlicher Dimensionsanalysen, sondern wird weit mehr
vom alltagstheoretischen Gebrauch sowie von den historisch gewachsenen und
tradierten Einbindungen in soziale, ökonomische, politische und rechtliche
Gegebenheiten bestimmt. Darüber hinaus verändert, erweitert und differenziert das
faktische Geschehen des Sporttreibens selbst das Begriffverständnis von Sport.“43
.............................2.2.2.2
Klarer Definitionsversuch von Prof. em. Dr.
Tiedemann
Prof. em. Dr. Claus Tiedemann, Fachbereichsleiter des ehemaligen Fachbereichs
Sportwissenschaft (nun Bewegungswissenschaft) der Universität Hamburg hat im
Januar 2002 erstmals einen klaren Definitionsversuch unternommen, welcher
mehrfach überarbeitet wurde und im Dezember 2011 den, meines Erachtens,
gelungensten Definitionsversuch darstellt. Prof. em. Dr. Tiedemann sieht es als
absolut notwendig an, den Begriff „Sport“ eindeutig und klar zu definieren, da die
oben genannte Definition im Sportlexikon von Röthig und Prohl, welche in ihrer
Essenz schon seit 1983 in diesem Sportlexikon steht, eine „Kapitulation vor der
notwendigen begrifflichen Anstrengung“ sei und er dies für einen folgenschweren
Gedankenschritt hält, der die deutschsprachigen Veröffentlichungen der letzten zwei
bis drei Jahrzehnte negativ beeinflusst hat.
Nach
Prof.
em. Dr. Tiedemann
benötigt jede Wissenschaft
eine klare
Begriffsbestimmung ihres Gegenstandes, welche so klar und trennscharf wie möglich
sein sollte.
Seine Definition des Sports lautet:
43 Röthig/Prohl Hrsg.: Sportwissenschaftliches Lexikon, 6. Aufl., Schorndorf 2003 unter „Sport“
29
„''Sport'' ist ein kulturelles Tätigkeitsfeld, in dem Menschen sich freiwillig in eine
wirkliche oder auch nur vorgestellte Beziehung zu anderen Menschen begeben mit
der bewussten Absicht, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten insbesondere im Gebiet der
Bewegungskunst zu entwickeln und sich mit diesen anderen Menschen nach selbst
gesetzten oder übernommenen Regeln zu vergleichen, ohne sie oder sich selbst
schädigen zu wollen.“
Dabei subsumiert er die Begrifflichkeiten der Definition wie folgt:
„''Tätigkeitsfeld'': Dies ist das „genus proximum“ für den zu definierenden Begriff
''Sport''. Tätigkeitsfeld (nicht: Tätigkeit!) soll auch klären, dass es sich bei ''Sport'' um
einen abstrakten Sachverhalt handelt, nicht etwa um einen Gegenstand, Zustand o. ä.
''Sport'' ist auch kein Begriff für eine Tätigkeit, sondern ein Oberbegriff (ein Feld) für
viele Tätigkeiten. Schwimmen, Laufen oder Segeln sind nicht gleich Sport, sondern
sind Worte für bestimmte Tätigkeiten, die in einer bestimmten Ausprägung zum
(kulturellen) Tätigkeitsfeld Sport gehören. (...)
''kulturell'': Auf der Grundlage der natürlichen Umstände und Bedingungen, die von
den Menschen in historisch zunehmendem Ausmaß auch verändert werden,
entwickeln die Menschen ihre Lebensformen kulturell / gesellschaftlich. In der
Stammesgeschichte, im Tier-Mensch-Übergangsfeld bedeutet die Fähigkeit zur
(Selbst-) Reflexion den entscheidenden Schritt von ''tierischer'' zu ''menschlicher'' und damit kultureller - Entwicklung. Erst nach diesem Entwicklungsschritt kann man
von ''Sport'' (und anderen kulturellen Tätigkeitsfeldern wie ''Kunst'') reden. Kultur ist
die bewusste Gestaltung der eigenen Entwicklung, sowohl auf der Ebene der
menschlichen Gattung als auch auf der des einzelnen Menschen.
''freiwillig'': Dieses Kriterium schließt solche Menschen aus, die unter Druck oder
Zwang handeln, auch wenn sonst ihre Tätigkeit alle übrigen Kriterien für Sport
erfüllt.“ Dienstsport bei Polizei oder Bundeswehr bzw. Schulsport (nicht fakultativ)
sind fallen damit nicht unter den Begriff „Sport“, da diese in Zwangssystemen
ausgeführt werden. (...)
''sich in eine wirkliche oder auch nur vorgestellte Beziehung begeben'': Eine
''sportlich'' zu nennende Tätigkeit wird dadurch erst begründet, dass ein Mensch sich
in diesem Tätigkeitsfeld, durch dieses sein Tun mit anderen (zumindest einem
anderen) Menschen in eine besondere, vergleichende Beziehung begibt. (...)
30
Das Adjektiv ''wirkliche'' soll verdeutlichen, dass es im Sport meistens um eine
Beziehung hier und jetzt geht (bzw. im Falle des Trainierens später gehen soll): Die
anderen Menschen sind mir bekannt (oder werden es sein), zeitlich und räumlich nah
(und ich ihnen), der angestrebte Vergleich findet direkt mit ihnen statt (oder soll und
wird später so stattfinden). Eine innere Beziehung mag dabei auch eine Rolle spielen,
ist für mich aber nicht wesentlich. Das Aufnehmen einer Beziehung zu einem
anderen Menschen und die damit verbundenen Absichten und Ziele sind in den
einzelnen, konkreten Handlungen von außen nicht immer einfach, manchmal
überhaupt nicht zu erkennen; die Absichten und Ziele sind aber meines Erachtens
entscheidend für die Beziehung der beteiligten Menschen und damit dafür, ob ihre
Handlungen als sportliche zu bezeichnen sind oder nicht. Deshalb muss man den
sozialen und psychischen Zusammenhang genau betrachten. (...)
''mit der bewussten Absicht'': Auch in anderen Tätigkeitsfeldern begeben sich
Menschen in Beziehungen zueinander. Ihre subjektiven Absichten und die
kommunizierbaren Ziele charakterisieren die Beziehungen und Tätigkeiten. Für eine
sportliche Beziehung und Tätigkeit ist die Absicht eines regel-bestimmten Vergleichs
mit einem anderen Menschen auf dem Gebiet der Bewegungskunst kennzeichnend.
Die bewussten Absichten werden unter den Menschen ausgetauscht. Sie münden in
Vereinbarungen und Regeln. (...)
''Fähigkeiten'': Die unterschiedlich begabten Menschen haben bzw. entwickeln
unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern, so
auch im Sport. Der Begriff Fähigkeiten bezeichnet eher allgemeine, umfassende
Handlungsmöglichkeiten, die auf Begabung, Konstitution, Übung und Erfahrung
beruhen können, z. B. reaktionsschnell oder gelenkig oder ausdauernd sein oder eine
komplexe Situation schnell und richtig einschätzen können.
''Fertigkeiten'': Dieser Begriff bezeichnet speziellere Handlungsmöglichkeiten, die
insbesondere durch intensives Üben (Training) erworben / entwickelt werden
können, z. B. sicher mit Hanteln umgehen, einen Salto springen oder (beim Segeln)
eine schnelle Wende / Halse fahren können.
''insbesondere im Gebiet der Bewegungskunst'': Jedes Handeln hat einen - wenn auch
möglicherweise geringen und äußerlich kaum wahrnehmbaren - motorischen Anteil.
Eine Kennzeichnung des zu definierenden Tätigkeitsfelds nur mit dem Begriff
Bewegung wäre darum wenig trennscharf. Durch Hinzufügen von ''insbesondere''
31
will ich aussagen, dass die Bewegung in dieser Definition eine abstufende
(graduierende) Bedeutung hat, allerdings schon eine bestimmende, unverzichtbare.
Es muss auf die Bewegung ankommen. (…)
Mit dem Wortteil (Bewegungs-) ''-kunst'' will ich auf eine ebenfalls abstufende
Betrachtung der Qualität der Bewegung hinweisen, durch die eine Abgrenzung von
alltäglichen Bewegungen deutlich wird. Statt ''... der Bewegungskunst'' könnte ich
auch ''... der gekonnten Bewegung'' sagen. (...)
Beim Sport kommt es darauf an, durch gekonnte Bewegung(en) eine vorher
geregelte Anforderung zu meistern; die leibliche (vielleicht besser als körperliche)
Bewegungskunst ist das Bestimmende, das, worauf es ankommt. (...)
''entwickeln'': Menschen müssen an sich ''arbeiten'', um ihre ererbten (''natürlichen'')
Veranlagungen in kulturell und individuell ausgeprägte Handlungsmöglichkeiten zu
verwandeln, auch auf dem Gebiet der Bewegungskunst. Dabei werden sie beeinflusst
von anderen Menschen wie Gleichaltrigen, Eltern, Lehrern und Trainern, sowie
allgemein von der Kultur und Gesellschaft, in der sie sich entwickeln. Das Ergebnis
dieser Entwicklung, die Ausprägung der entwickelten Handlungsmöglichkeiten im
Sport, ist nicht nur je individuell verschieden, sondern auch kulturell/gesellschaftlich
beeinflusst. (...)
''sich
vergleichen'':
Die
Menschen
mit
ihren
so
entwickelten
Handlungsmöglichkeiten können und wollen (offenbar in fast allen Kulturen) sich
auch auf dem Gebiet der Bewegungskunst mit anderen Menschen vergleichen, um in
verschiedenen Tätigkeitsweisen, die kulturell um der besseren Vergleichbarkeit
willen entwickelt wurden und noch werden (''Sportarten''), den Besseren bzw. Besten
zu ermitteln. Dies geschieht naturgemäß in Form eines direkten Vergleichs
(''Wettkampfs'') an einem bestimmten Ort zur selben Zeit (mit oder ohne Zeugen
und / oder ''Schiedsrichter'').
In Vergleichen, die anfänglich viele Individuen oder Teams in Konkurrenz
zueinander bringen, haben die Menschen im Laufe der Geschichte verschiedene
Formen von Vorausscheidungen, Herausforderungs- oder Qualifikationswettkämpfen
o. ä. entwickelt. Die Formen solcher Vergleiche machen den empirischen Reichtum
der Sportgeschichte aus. Welche Motive hinter den einzelnen handelnden Menschen
oder den sie tragenden gesellschaftlichen Gruppen standen, welche Bedeutung diese
32
Vergleiche für sie hatten, sind ebenfalls interessante historische und aktuelle
Begleitumstände. (...)
''nach selbst gesetzten oder übernommenen Regeln'': Da es beim Sport um freiwillige
Handlungen sowie um einen Vergleich der Bewegungsfähigkeiten und -fertigkeiten
geht, müssen sich die Menschen in diesem Tätigkeitsfeld vereinbaren, auf Regeln
einigen oder bewährte übernehmen, nach denen der Bessere, der Gewinner des
Wettstreits, ermittelt und festgestellt werden soll. Ohne eine solche Verabredung für mich selbstverständlich auf der Grundlage des Respekts vor dem eigenen und
fremden Leben - würde aus Sport leicht ein zügelloser, vernichtender Kampf, Krieg.
Manche Autoren halten den todernsten Zweikampf übrigens für den Ursprung des
Sports, der eben durch Regelverabredung kulturell ''entschärft'', ''gezähmt'' worden
sei. Die vereinbarten Regeln können noch so skurril erscheinen, für Außenstehende
nur schwer verständlich sein; sobald sie allen beteiligten Handelnden einsichtig und
von ihnen akzeptiert sind, konstituieren sie für sie ein eigenes Tätigkeitsfeld - eben
Sport -, in dem dann auch mit regeln-ausnutzender Härte um den ''Sieg'' gestritten,
gekämpft wird. (...)
''ohne sie oder sich selbst schädigen zu wollen'': Dieses Element ist für mich
sprachlich zwar noch von der frühen Formulierung ''in der bewussten Absicht''
abhängig gemeint, aber mit dem Zusatz ''(zu) wollen'' wird deutlicher, dass ich jede
absichtliche Schädigung ausschließen will. Dass es beim Sporttreiben aus
Unachtsamkeit und in unglücklichen Situationen zu Schädigungen kommen kann, ist
leider so - wie ''im richtigen Leben''; wichtig ist nur, dass keine Absicht vorliegt,
auch keine bewusste Fahrlässigkeit, kein billigendes Inkaufnehmen. Allgemein gilt
schon, dass niemand einem anderen Menschen absichtlich schaden darf. Dies gilt
insbesondere auch für das Verantwortungs-Verhältnis, das Erwachsene (Eltern,
Trainer usw.) gegenüber Kindern und Jugendlichen haben. Auch im Tätigkeitsfeld
Sport gelten selbstverständlich zunächst einmal die allgemeinen ethischen Normen;
die je besonders verabredeten ''Regeln'' stellen weitere, ergänzende Normen dar.
(...)“44
Da das Wort „Sport“ im alltäglichen Gebrauch weitaus mehr umfasst als die
vorstehende Definition, hat Prof. Dr. Tiedemann einen erweiterten Sportbegriff
definiert:
44 Prof. em. Dr. CLAUS TIEDEMANN, UNIVERSITÄT HAMBURG; Felde, den 15. 12. 2011
http://www.sportwissenschaft.uni-hamburg.de/tiedemann/documents/DefinitionSport.pdf
33
„''Bewegungskultur'' ist ein Tätigkeitsfeld, in dem Menschen sich mit ihrer Natur und
Umwelt auseinandersetzen und dabei bewusst ihre insbesondere körperlichen
Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln, gestalten und darstellen, um einen für sie
bedeutsamen individuellen oder auch gemeinsamen Gewinn und Genuss zu
erleben.“45
.............................2.2.3
Sportverständnis des DOSB
Der DOSB definiert Sport nicht selbst.46 Er bedient sich der, von Prof. Dr.
Tiedemann als „Kapitulation vor der notwendigen begrifflichen Anstrengung“ und
„folgenschweren Gedankenschritt“ bezeichneten, „Definition“ von Röthig und Prohl
im Sportwissenschaftlichen Lexikon (siehe Punkt 2.2.2.1), welche dem Grunde nach
keine konkrete Definition von „Sport“ ist. In der Aufnahmeordnung werden
zusätzlich die sportlichen Voraussetzungen, die vom DOSB vertreten werden, wie
folgt festgelegt:
„§ 3 - Sportliche Voraussetzungen
Spitzenverbände, Sportverbände mit besonderen Aufgaben und Sportverbände ohne
internationale Anbindung müssen Sport im Sinne der nachfolgenden Definition
betreuen.
1. Die Ausübung der Sportart muss eine eigene, sportartbestimmende
motorische Aktivität eines jeden zum Ziel haben, der sie betreibt.
Diese eigenmotorische Aktivität liegt insbesondere nicht vor bei Denkspielen,
Bastel- und Modellbautätigkeit, Zucht von Tieren, Dressur von Tieren ohne
Einbeziehung der Bewegung des Menschen und Bewältigung technischen
Gerätes ohne Einbeziehung der Bewegung des Menschen.
2. Die Ausübung der eigenmotorischen Aktivitäten muss Selbstzweck der
Betätigung sein.
Dieser Selbstzweck liegt insbesondere nicht vor bei Arbeits- und
Alltagsverrichtungen und rein physiologischen Zustandsveränderungen des
Menschen.
45 Prof. em. Dr. CLAUS TIEDEMANN, UNIVERSITÄT HAMBURG; Felde, den 15. 12. 2011
http://www.sportwissenschaft.uni-hamburg.de/tiedemann/documents/DefinitionSport.pdf
46 Herman Latz, Justitiar DOSB, E-Mail vom 30.01.2012
34
3. Die Sportart muss die Einhaltung ethischer Werte wie z.B. Fairplay,
Chancengleichheit, Unverletzlichkeit der Person und Partnerschaft durch
Regeln und/oder ein System von Wettkampf- und Klasseneinteilungen
gewährleisten.
Dies ist nicht gegeben insbesondere bei Konkurrenzhandlungen, die ausschließlich
auf materiellen Gewinn abzielen oder die eine tatsächliche oder simulierte
Körperverletzung bei Einhaltung der gesetzten Regeln beinhalten.“47
.............................2.2.4
Einordnung von Paintball
Nach Prof. Dr. Tiedemann wäre Paintball ein Sport, wenn sich Menschen „freiwillig
in eine wirkliche oder auch nur vorgestellte Beziehung zu anderen Menschen
begeben mit der bewussten Absicht, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten insbesondere
im Gebiet der Bewegungskunst zu entwickeln und sich mit diesen anderen Menschen
nach selbst gesetzten oder übernommenen Regeln zu vergleichen, ohne sie oder sich
selbst schädigen zu wollen“48.
Freiwilligkeit ist gegeben, da kein Zwang auf die Ausübenden ausgewirkt wird. Bei
allen Spielarten wird ein Gewinner bestimmt, die Spieler stehen somit prinzipiell im
Vergleich zueinander. Ob bei Gelegenheitsspielern oder Spielarten wie Szenario eher
das „Erlebnis“ im Vordergrund steht oder wie beim SupAir- oder Turnierpaintball
der sportliche Vergleich gesucht wird trägt lediglich zur Gewichtung des Vergleiches
bei. Die Spieler begeben sich bei allen Spielarten durch den mannschaftsinternen
Vergleich oder den externen Vergleich mit Spielern oder Mannschaften in eine
wirkliche Beziehung zu anderen Menschen.
Sicher muss auch bei den benötigten Fähigkeiten eine Wertung erfolgen, in welcher
Ausprägungsform diese erforderlich sind, generell erfordert Paintball jedoch diverse
Fähigkeiten,
wie
Reaktionsschnelligkeit,
Gelenkigkeit,
Belastbarkeit,
Ausgeglichenheit, die Fähigkeit sich auf sich, seine Mitspieler und Gegenspieler
(trotz physischer und psychischer Extremsituationen) zu konzentrieren und
veränderte Spielsituationen schnell und richtig einschätzen zu können. Paintballs
fliegen mit einer Geschwindigkeit von in etwa 235-300 km/h. Entsprechend der
zurückzulegenden Entfernung können nur Bruchteile einer Sekunde zum
47 Aufnahmeordnung des Deutschen Olympischen Sportbundes e.V. vom 20.05.2006
48 Prof. em. Dr. CLAUS TIEDEMANN, UNIVERSITÄT HAMBURG; Felde, den 15. 12. 2011
http://www.sportwissenschaft.uni-hamburg.de/tiedemann/documents/DefinitionSport.pdf
35
Ausweichen bleiben. Besonders bei SupAir-Paintball sorgen geringe Abstände;
schnelle und wiederholt andauernde Bewegungsabläufe und sich in sekündlich
änderbare Spielsituationen, für eine hohe körperliche und geistige Anforderungen.
So sind Fertigkeiten wie Schnellkraft, Ausdauer, Koordination, sichere und schnelle
Körperbewegungen, spezielle Bewegungstechniken, Kommunikation, Anpassungen
auf veränderte Situationen, blitzschnelles Umsetzen einer geänderten Strategie und
der Umgang mit Stresssituationen auch in diesem Bereich besonders wichtig.
Schnellkraft wird beispielsweise beim Sprint nach dem Startsignal oder von einem
Hindernis zum nächsten, vielleicht spielentscheidenden, Hindernis benötigt. Da diese
Sprints in kurzen Zeitabständen (Sekunden oder Minuten) immer wiederholt
auftreten oder eine unbequeme Körperhaltung über längere Zeit beibehalten werden
muss, ist Ausdauer unerlässlich. Dies gilt besonders bei Turnieren und LigaSpieltagen, da dort mehrere Begegnungen an einem Tag oder innerhalb weniger
Stunden
ausgetragen
werden.
Die
Koordination
zwischen
den
Sinneswahrnehmungen und dem Körper ist entscheidend für die Umsetzung der
sicheren und schnellen Körperbewegungen, welche ein eigenes Ausscheiden, das
eines
Mitspielers
oder
eines
Gegenspielers
bedeuten
kann.
Spezielle
Bewegungstechniken dienen dem möglichst schnellen oder unmarkierten Erreichen
eines Hindernisses oder der Spielgestaltung an den unterschiedlich geformten
Hindernissen. Kommunikation ist eines der wichtigsten Elemente des Spiels.
Mitspieler und Trainer müssen im ständigen Informationsaustausch stehen und sich
über die aktuelle Situation der eigenen und der gegnerischen Mannschaft
verständigen um darauf hin spielentscheidende taktische Entscheidungen zu treffen
und sich auf geänderte Spielsituationen hinzuweisen und durch möglichst vorher
abgestimmte Abläufe innerhalb von Sekunden darauf reagieren zu können. Punkte
oder Begegnungen werden zum Teil in unter 20 Sekunden ab Startsignal
entschieden. Gemessen an einem 100-Meter-Sprint-Leichtathleten mag dies zwar
zunächst nicht erstaunlich wirken, jedoch müssen dabei 50 Meter in deutlich
schwererer Kleidung und mit Schutz- und Spielausrüstung unmarkiert überwunden
werden, was körperlich mindestens gleiche Belastungen darstellt. Aber auch generell
ist durch die Vielzahl der Bewegungen und Vorgänge, in den kurzen Zeitfenstern der
Begegnungen oder Punkte, eine „über das ansonsten übliche Maß hinausgehenden
körperlichen Aktivität“ und eine „äußerlich zu beobachtende Anstrengung“ für diese
36
Art des Paintball unzweifelhaft gegeben49. Auch die Verwendung des Markierers
stellt erhöhte Anforderungen an die Spieler. Sei es aus in ruhender Position durch
eine spezielle Körperhaltung und teilweise nötiger Atemtechnik, ähnlich wie beim
Biathlon, ist auch die Kontrolle in der Bewegung bzw. beim Sprint durch eine
angepasste Lauftechnik entscheidend. Dabei muss auch permanent die Ausrichtung
des Markierers korrigiert werden, da ein Paintball kein Geschoss ist, dessen
Flugbahn mit der einer Gewehrkugel vergleichbar ist, sondern in einer deutlich
spürbaren und optisch erkennbaren ballistischen Kurve fliegt. Weiterhin gleicht die
Flugbahn eines Paintballs dadurch nicht dem Nächsten.
Die vorgenannten Fähigkeiten kommen natürlich auch in den anderen Spielformen
zur Anwendung, dort allerdings teilweise in stark abgeschwächter Form. Dies müsste
evtl. notwendigerweise bereits zu einer separaten Betrachtung dieser Variante des
Spiels führen, ähnlich wie auch Drehstangen-Tischfußball getrennt von anderen
Tischfußballarten gewürdigt werden muss50.
Dies wird auch deutlich wenn man das folgende Tatbestandsmerkmal, die
Bewegungskunst, näher betrachtet, welche der BFH in seinem Urteil vom
29.10.1997
auch
Kunstbewegung“51
als
„die
beschrieben
einem
persönlichen
wurde.
Diese
Können
gekonnte(n)
zurechenbare
oder
qualitativ
höherwertige(n) Bewegung(en) müssen sich erkennbar von alltäglichen Bewegungen
unterscheiden. Unter dieser Betrachtungsweise muss wiederholt eine getrennte
Betrachtung des SupAir-Paintball von den übrigen Formen von Paintball erfolgen.
Während in den übrigen Arten vorwiegend alltägliche Bewegungen oder
Bewegungsformen angewendet werden, wobei sich beim Bedienen des Markierers
aus der Bewegung (bzw. generell) oder dem trotzdem immer vorhandenen Laufanteil
darüber sicher gestritten werden kann, kommen beim SupAir-Paintball spezielle
Bewegungen und Techniken zum Einsatz, die teilweise auch nur auf diesen
speziellen Spielfeldern ausführbar sind. Anzuführen wäre beispielsweise das
„Snapshooting“ (aus dem engl. für „Abgeben von Schnappschüssen“). Dabei handelt
es sich um eine Schusstechnik, bei der durch Einnahme eines tieferen Schwerpunktes
(Füße schulterbreit auseinander und leicht versetzt, Oberschenkel ca. im 45 Grad
Winkel eingeknickt) und durch eine spezielle Armhaltung, der Ausgangspunkt für
eine seitliche Rollbewegung (auf einer stabilen Bahn) über das Hüftgelenk durch
49 Vgl. BFH Urteil vom 29.10.1997 I R 13/97, Bundessteuerblatt II 1998, 9 m.w.N.
50 Hessisches FG v. 23.06.2010 - 4 K 501/09
51 BFH Urteil vom 29.10.1997 - I R 13/97; BStBl 1998 II S. 9
37
Kontraktion des Latissimus geschaffen wird, durch die der Spieler blitzartig aus dem
Hindernis oder der Deckung heraus und wieder hinein schnappen und am
Scheitelpunkt der Rollbewegung ein bis drei Schüsse abgeben kann. Der komplette
Bewegungsablauf vollzieht sich dabei innerhalb einer halben Sekunde mit dem Ziel,
den in einer besseren Ausgangsposition befindlichen Gegenspieler unter Druck zu
setzen, sich mögliche Laufwege zu öffnen und die Wahrscheinlichkeit
zu
minimieren, markiert zu werden. Im besten Fall markiert man dabei den
Gegenspieler. Diese Technik kommt auch beim Ausweichen vor heranfliegenden
Paintballs zum Tragen, vergleichbar mit dem Ausweichen beim Boxen. Das
Bewegungsbild bei dieser Spielform ist darüber hinaus vor allem geprägt durch sog.
„Slides“. Dabei wird aus dem Sprint heraus (durch antrainierte automatisierte
Bewegungsabläufe) die Bewegung und Bewegungsenergie in ein Rutschen auf
Oberschenkel oder Unterarme umgewandelt. Dies ist nötig um möglichst schnell und
sicher die Entfernungen zwischen den Hindernissen zurück zu legen.
Bei der bewussten Absicht diese Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entwickeln, handelt
es sich um eine Vereinbarung mit anderen Menschen in Beziehung zu treten, um eine
Verbesserung der Fähigkeiten und Fertigkeiten für einen regel-bestimmten Vergleich
herbeizuführen. Meines Erachtens ist diese Formulierung ein Synonym für den
Begriff „Training“. Liga- und Turniermannschaften kommen ohne Training nicht
aus. Trainiert werden dabei unter anderem bereits genannte Bewegungstechniken, die
Kommunikation, Verhalten in Spielsituationen aber es werden auch Kenntnisse über
Regelwerk, Spielaufbau und Sicherheitsfragen vermittelt. Neben den mehrmals
monatlichen oder wöchentlichen Team-Trainings muss jedoch auch jeder Spieler
selbst auf seine körperliche Fitness achten, um den motorischen Anforderungen
gewachsen
zu
sein.
Neben
Seminaren
gibt
es
auch
Trainer
und
Trainingsprogramme52, welche Kenntnisse an Spieler weitergeben. Außerhalb des
SupAir-Paintball ist diese Art eines gezielten Trainings von Fähigkeiten und
Fertigkeiten insbesondere im Bereich der Bewegungskunst nicht anzutreffen.
Aufgrund einer weitreichenden Ligastruktur (siehe Anhang II) von zwei großen
deutschen Ligen (DPL und XPSL), mit jeweils Bundes-, Regional-, Landes- und
Bezirksligen,
sowie
einer
Europaliga
(Millennium-Serie)
und
vielfältigen
Turnierangeboten, bietet SupAir-Paintball eine für Paintball (speziell in Deutschland)
oder „Sport“ im Allgemeinen weitreichende Wettkampfstruktur. Generell werden in
52 Siehe beispielsweise http://www.talent-system.com
38
anderen Spielformen zwar auch vereinzelt Wettkämpfe ausgetragen, jedoch wird in
der
Rechtsprechung
insbesondere
hervorgehoben,
wenn
ein
Vergleich
„wettkampfmäßig in Gestalt von Ligaspielen, Weltmeisterschaften und Turnieren“
stattfindet.53
Neben den allgemeinen Verhaltens- und Spielregeln auf den Spielfeldern gibt es
detaillierte Wettkampfregeln in den Ligen, welche der Chancengleichheit, des
Fairplay und der Sicherheit auf und um das Spielfeld dienen (siehe Auszug aus dem
Regelwerk der XPSL und Millennium-Serie im Anhang III). Diese lehnen sich
grundsätzlich an dem Regelwerk der Millennium-Serie an, können jedoch bei
sekundären Regelungen, wie die Regelung der Spielzeit, abweichen. Die Regelwerke
sind schriftlich festgehalten und werden von den Spielern akzeptiert. Für ihre
Einhaltung sorgen die Schiedsrichter durch Ermahnung oder das Aussprechen von
Strafen. Strafarten und Strafmaß werden auch in den Regeln der Millennium-Serie
bestimmt.
Die bewusste Absicht oder ein billigendes Inkaufnehmen sich oder einen anderen
Spieler zu schädigen, ist beim Paintball nicht gegeben. Allein durch die allgemeinen
Verhaltens- und Spiel- und Sicherheitsregeln wird dies deutlich. Nach den Regeln
der Millennium-Serie ist zudem auch beispielsweise Körperkontakt verboten, sodass
es anders als beim Fußball nicht zu entsprechenden Kontaktverletzungen kommt.
Fraglich ist, ob die grundsätzlichen ethischen Normen eingehalten werden, oder ob
es durch eine etwaige „simulierte Tötung“ zu einer Verletzung der Menschenwürde 54
kommt (siehe Textziffer 1.1.5 und 1.2.2). Zu dieser Frage verweise ich auf die
Erläuterungen in der folgenden Textziffer.
Zur Bestimmung der Art des Sports wurde in mehrfacher Rechtsprechung deutlich,
dass es sich bei Paintball nicht um Schießsport, sondern um Mannschafts- und
Bewegungssport handelt, bei dem der Einsatz einer Schusswaffe lediglich
unselbständiger Teil des komplexen Spielgeschehens ist55
53 Hessisches FG v. 23.06.2010 - 4 K 501/09
54 Vgl. Art. 1 Abs. 1 GG
55 Niedersächsisches FG; Urteil vom 08.09.1998 – VI 366/94 und Niedersächsisches OVG; Urteil
vom 18.02.2010 1LC 244/07
39
.............................2.2.5
Einhaltung der ethischen Werteordnung
Nach Verwaltungsauffassung steht bei Paintball nicht der sportliche Vergleich,
sondern das „… wettkampfmäßige Kriegsspiel durch das Nachstellen kriegsähnlicher
Situationen einschließlich der Tötung von Menschen“56 im Vordergrund. Diese
Kriegsspiele würden geradezu die Werteordnung der Gesellschaft missachten und
eine Gefahr, insbesondere für junge Menschen, darstellen, da die Anwendung von
Gewalt gefördert würde und Hemmschwellen abgestumpft und abgebaut würden.57
Auch der DOSB geht von einem Gewalt verherrlichenden Wettbewerb aus, bei dem
eine Einhaltung der ethischen Werte nicht gegeben sei, da dieser Handlungen
simulierter oder tatsächlicher Körperverletzung beinhaltet.58
.............................2.2.5.1
Vergleichbarkeit mit anderen Sportarten
Die angeführten Thesen gilt es nun mithilfe der bisher erlangten Kenntnisse auf ihre
Richtigkeit zu untersuchen.
Dabei fällt zunächst auf, dass bei einer Würdigung von Paintball als Sport im Sinne
des Gemeinnützigkeitsrechts nicht das Tätigkeitsfeld „Paintball“ allgemein betrachtet
werden darf. Meines Erachtens erfüllt lediglich die Variante „SupAir-Paintball“ die
grundsätzlichen Voraussetzungen des Sportbegriffen (die Einhaltung der ethischen
Werte bleiben vorbehalten, da dies Gegenstand der aktuellen Prüfung ist). Somit ist
diese
Variante
(ähnlich
der
Entscheidung
des
Hessischen
FG
zum
Drehstangenfußball) selbständig zu betrachten59. Ebenso lässt sich an dieser Stelle
bereits klarstellen, dass in dieser Variante gerade der sportliche Vergleich oder der
sportliche Wettkampf im Vordergrund steht, bedenkt man die weit gefächerte
Ligastruktur und die entsprechenden Regelwerke.
Damit muss, entgegen der
Verwaltungsauffassung60, auch der Vergleich mit etablierten Sportarten wie Fechten
oder Boxen akzeptiert werden. Dies bestätigt auch das Niedersächsische
Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 18.02.2010 in dem über die
Verletzung der Menschenwürde durch Paintball bzw. Reball entschieden wird61.
„Reball“ ist im Grunde keine selbständige Variante von Paintball, sondern SupAir56
57
58
59
60
61
OFD Nürnberg, Verfügung v. 22.4.1999 - S 0171 - 6 61/st 31
Vgl. FinMin Sachsen, 23.04.1999, 33 – S0171 – 149/3 - 19633
Vgl. DOSB Presse Nr. 30; 2009; S. 5 „National und international nicht als Sport angesehen“
Vgl. Hessisches FG v. 23.06.2010 - 4 K 501/09
Vgl. OFD Nürnberg, Verfügung v. 22.4.1999 - S 0171 - 6 61/st 31
Vgl. Niedersächsisches OVG; Urteil vom 18.02.2010 1LC 244/07
40
Paintball unter Verwendung von wiederverwendbaren Bällen, den sog. „Reballs“.
Diese haben keine Farbfüllung, bestehen vollständig aus einem kautschuk- oder
gummiartigem
Material
und
werden
aus
Kostengründen
vor
allem
zu
Trainingszwecken genutzt.
Nach vorgenanntem Urteil verstößt SupAir-Paintball / Reball nicht gegen die
Menschenwürde im Sinne von Art. 1 Abs. 1 GG, was jedoch die Untersuchung der
von Verwaltungsseite benannten Bedenken nicht entbehrlich macht.
.............................2.2.5.2
Kriegsspiel und simulierte Tötung von Menschen
Bei der Untersuchung, ob es sich bei dieser Variante um ein Kriegsspiel handelt und
dabei kriegsähnliche Situationen und die Tötung von Menschen simuliert werden, ist
darauf abzustellen „... nahe die einzelne Handlung - innerhalb der Bandbreite der
Möglichkeiten - dem realen Vorgang des Tötens kommt und welche innere Haltung
der Spieler dabei einnimmt, welche historische Entwicklung die Sportart oder das
Spiel genommen hat, welche soziale Bedeutung ihnen beigemessen wird und welcher
Grad an "Sublimation" erreicht worden ist ...“62.
Eine Einstufung der „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften und Medien“
(BPJM) für Paintball als Kriegsspiel gibt es nicht. Nach Information der BPJM
existiert generell auch keine Kategorie „Kriegsspiel“ für eine entsprechende
Einstufung.63
Grundsätzlich muss gewürdigt werden, dass ein historischer Entwicklungsprozess
von Paintball bis hin zu der Variante SupAir erfolgt ist. In dieser Entwicklung
entfremdete sich das Spiel immer weiter von kriegsähnlichen Handlungen.
Abgesehen davon, dass es der Lebenserwartung kaum zuträglich wäre, wenn man die
eingeübten
Spiel-
und
Bewegungsarten
auf
realistische
bewaffnete
Auseinandersetzungen übertragen würde64, kann auch die Spielumgebung nicht als
realistisch oder kriegsähnlich erachtet werden. Immerhin wird auf einer deutlich
begrenzten Spielfläche, auf Gras oder Kunstrasen und mit aufblasbaren (meist
blauen) Hindernissen in diversen geometrischen Formen gespielt. Weiterhin spricht
die begrenzte Spielzeit und das Auftreten von Schiedsrichtern gegen eine
62 Niedersächsisches OVG; Urteil vom 18.02.2010 1LC 244/07
63 Vgl. Markus Marquardt (IG Turnierpaintball) im E-Mail-Verkehr mit der Bundesprüfstelle für
jugendgefährdende Medien vom November 2010 bzw. Januar 2011
64 Vgl. Niedersächsisches OVG; Urteil vom 18.02.2010 1LC 244/07
41
Kriegsähnlichkeit. Die „innere Haltung“ oder die Auffassung, welche die Spieler
von ihrem Handeln haben, kann beispielsweise an den selbst auferlegten Regularien
bezüglich dem Verbot von Camouflage-Optik, Verwendung von „Replicas“ und mit
roter Farbe gefüllter Paintballs abgeleitet werden. Bei derartigen bewussten
Verfremdungen einer realistischen Umgebung und der Abkehr von realen
militärischen Handlungen kann bzw. muss davon ausgegangen werden, dass auch
rein psychisch von den Spielern keine Verknüpfungen in diese Richtung vorliegen
oder zumindest größtmögliche Anstrengungen unternommen werden um dies zu
unterbinden. Inwieweit dies für andere Varianten von Paintball gilt, ist bei dieser
konkreten Betrachtung unbeachtlich.
Eine ähnliche Beurteilung führt auch zu Irrationalität einer simulierten Tötung.
Markierte Spieler gelten als ausgeschieden und haben dies durch Handzeichen zu
signalisieren und das Spielfeld bis zum Beginn der nächsten Spielrunde zu verlassen.
Ausscheiden und Wiedereintritt in das Spiel können damit innerhalb von Minuten
geschehen. Wenn dies bereits als eine abstrakte, simulierte Tötung gewertet werden
kann, so ist fraglich durch welchen Tatbestand diese verwirklicht wird. Das
Ausscheiden eines Spielers allein kann im Vergleich zu anderen Sport- und
Spielarten nicht als Indiz gewertet werden. So ist das Ausscheiden von Spielern
elementarer Spielbestandteil beispielsweise bei Brennball (bzw. Völkerball) und
Baseball. Das Verwenden einer Schusswaffe könnte dagegen als Indiz gewertet
werden, auch wenn diese als Markierer bezeichnet werden. Sicherlich auch aus
historischer Sicht scheint es fragwürdig, wenn mit einem optisch waffenähnlichen
Sportgerät auf einen Menschen geschossen wird. Es besteht jedoch letztlich kein
relevanter Unterschied zum Fechten. Dort wird im Gegensatz zu Paintball mit einer
Hieb- und Stichwaffe gearbeitet und es gibt Punkte für das Treffen von
elektronischen Sensoren am Körper des Gegners. Bei Paintball werden keine Punkte
für das Markieren eines Gegenspielers vergeben. Auch wo der Spieler markiert
wurde, ist für ein Ausscheiden irrelevant. Entsteht durch den direkten Aufprall des
Balls keine Markierung, so gilt der Spieler als nicht markiert.
Auch das
Niedersächsische Oberverwaltungsgericht beschreibt die Gemeinsamkeiten von
Paintball (SupAir) und Fechten wie folgt: „Der Senat folgt nicht der Wertung, dass
sich das sportliche Fechten komplett von der Simulation des Tötens im klassischen
Duell wegentwickelt hat. Zwar entbehrt der Fechter heute jeder Tötungs- oder
Verletzungsabsicht,
wenn
man
von
42
Randerscheinungen
bei
schlagenden
studentischen Verbindungen absieht. Gleichwohl stellt der Fechtsport die
ursprüngliche Kampfsituation genau nach. Seinen Reiz dürfte die Teilnahme für den
Fechter nicht zuletzt dadurch gewinnen, dass sich die körperliche und geistige
Anspannung beim sportlichen Fechtkampf derjenigen bei einem echten Duell wohl
durchaus annähert.
Auch in anderen Details zeigen sich eher Ähnlichkeiten als Unterschiede. Wie
andere sozial anerkannte Wettkampfarten ist das Fechten davon geprägt, dass die
Beteiligten zwar über unterschiedliches Geschick verfügen mögen, im Prinzip aber
die gleiche Ausgangschance haben; nichts anderes gilt für Paintball/Reball. Auf der
Ebene der einzelnen Auseinandersetzung muss bei diesen Sportarten niemand die
Rolle eines bloßen Objekts einnehmen. Beim Fechten kann ähnlich wie in dem Fall
des "Laserdrome" durch Sensoren in der Schutzkleidung ermittelt werden, ob ein
Körpertreffer erzielt worden ist. Das Element des "Spielerischen" beim Töten wird
beim Fechten gerade durch die Eleganz betont, die dieser Sportart zu Eigen ist und
die hinsichtlich des Duellierens Attraktion nicht weniger Historienfilme war
(namentlich "Die drei Musketiere" in mehrfachen Varianten). Wie andere anerkannte
Sportarten auch findet der Fechtsport in einem belastbaren sozialen Zusammenhang
statt (vgl. Wikipedia-Stichwort "Deutscher Fechter-Bund"), der genaue Regeln und
Betreuung bereitstellt und damit die Wahrscheinlichkeit eines individuellen
Abgleitens in eine missbräuchliche Anwendung der Fechtkunst zum Schaden anderer
Menschen minimiert; eine Entsprechung findet sich im Ligasystem [bzw. dessen
Regelwerk] für Paintball/Reball.“65
Sollte das Verwenden einer Waffe somit eine simulierte Tötung indizieren, so darf
keine
Differenzierung
aufgrund
des
Alters
und
der
bereits
erreichten
gesellschaftlichen Akzeptanz einer Sportart erfolgen. Meines Erachtens kann weder
bei SupAir-Paintball, noch im Fechtsport eine simulierte Tötung nachvollzogen
werden, da diese zu stark abstrahiert ist.
.............................2.2.5.3
Gewalt und Hemmschwellen
Seit dem Aufkommen von Paintball in Deutschland und der Kritik am Spiel, wird
diesem bezüglich der charakterlichen Entwicklung eine negative Wirkung
nachgesagt. Wissenschaftliche Ergebnisse die diese Vermutung belegen, gibt es
65 Niedersächsisches OVG; Urteil vom 18.02.2010 1LC 244/07
43
jedoch trotz intensiven Bemühungen nicht. In ihrer Inauguraldissertation zur
Erlangung
des
Grades
eines
Doktors
der
Philosophie
im
Fachbereich
Gesellschaftswissenschaften der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität zu Frankfurt
am Main beschäftigte sich Diplom Pädagogin Linda (Dietlinde) Steinmetz im Jahr
2001 zum Thema „Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrungen im Kontext von
Gewalt“ neben der Sadomaso-Szene auch mit Hooliganismus und Paintball. Sie
beschäftigte sich zwischen 1996 und 2000 mit der Entwicklung und den Spielern der
Paintballszene und nahm intensiven Kontakt zu Spielern auf, führte Einzel- und
Gruppeninterviews und nahm auch an Veranstaltungen aktiv teil. Bei ihrer Analyse
kam sie jedoch nicht zu dem Schluss, dass Paintball kriegsverherrlichend oder
gewaltverherrlichend sei oder Hemmschwellen negativ beeinflusst.66 Auch das
Oberverwaltungsgericht
Niedersachsen
bestätigte,
dass
auch
das
Bundesverwaltungsgericht67 keine Nachweise für die Gefährdung der Förderung von
Gewaltneigungen festgestellt habe oder Paintball im Projektbericht „Medien und
Gewalt“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von
2004 aufgeführt sei.68 Da es sich um ein Mannschaftsspiel handelt, bei dem sich der
Spieler in einem sozialen Gefüge befindet, ist auch die Einhaltung gesellschaftlicher
Werte und Normen zwangsläufig. In Trainingsspielen wird beispielsweise auch
gegen die eigenen Team-Kameraden gespielt. Ein hemmungsloses aggressives
Verhalten wäre nicht nur kontraproduktiv für den Trainingserfolg, sondern würde das
Mannschaftsgefüge zum Zerbrechen bringen.
Die Verwaltung konstatiert insbesondere eine Gefahr für junge Menschen. 69 Fraglich
ist, inwieweit die Hervorhebung „jung“ bei Paintball zutrifft. Da es sich bei
Markierern um als druckgasbetriebene Schusswaffen mit dem Merkzeichen „F“
(geringe Mündungsenergie bis max. 7,5 Joule) eingeordnete Sportgeräte handelt, ist
der Kauf und der Umgang mit ihnen erst ab dem 18. Lebensjahr gestattet.70 Damit
kann davon ausgegangen werden, dass weder in der Phase der Kindheit noch in der
pubertären Phase ein negativer Einfluss gegeben sein kann. Mit Erreichen des 18.
Lebensjahrs
sollte
die
charakterliche
Entwicklung
und
Akzeptanz
des
gesellschaftlichen Werte- und Normensystems bereits weitestgehend abgeschlossen
sein. Vergleicht man jedoch, welchen Zugang zu Gewalt insbesondere Jugendliche
66
67
68
69
70
Vgl. Linda Dietlinde Steinmetz; Dissertation; Frankfurt a. M.; 2001 Seiten 215 - 251
Siehe Vorlagebeschluss vom 24.10.2001 – 6 C 3.01 – BverwGE 115, 189 = GewArch 2002, 154
Vgl. Niedersächsisches OVG; Urteil vom 18.02.2010 1LC 244/07
Vgl. FinMin Sachsen, 23.04.1999, 33 – S0171 – 149/3 - 19633
Vgl. § 2 Abs. 1 WaffG
44
durch diverse Medien haben, so ist fraglich inwieweit Paintball unter Einbeziehung
vorgenannter Aussagen überhaupt einen negativen Einfluss ausüben könnte.
Bedenkt man, dass soziales Verhalten, durch beispielsweise Kommunikation und
Fairness, einen spielentscheidenden Faktor darstellt und durch ein Regelsystem
Verstöße (durch beispielsweise aggressives oder beleidigendes Verhalten) geahndet
werden, so könnte auch die Argumentation vertreten werden, dass gerade soziales
Verhalten und die gesellschaftliche Werteordnung gefördert werden.
Das niedersächsische OVG argumentiert ähnlich: „Gemessen am Realitätsgrad
mancher
Computerspiele,
deren
Schauplatz
historische
oder
fiktionale
Kriegshandlungen sind, wirkt Paintball / Reball geradezu harmlos. Dass die
Teilnehmer, die - wie andere Mitbürger auch - wesentlich plastischeren
Gewaltdarstellungen in Fernsehen, Kino und Internet ausgesetzt sind, gerade durch
dieses Spiel zu einer Einstellung gelangen sollen, die den fundamentalen Wert- und
Achtungsanspruch
leugnet,
der
jedem
Menschen
zukommt,
ist
schwer
nachvollziehbar. Eher ist anzunehmen, dass die Teilnehmer das Spiel ebenso als
Gemeinschaftserlebnis empfinden wie andere Mannschaftsspiele auch und dass
soziale Kontakte dadurch eher geknüpft und bestärkt werden als dass moralischer
Verfall eintritt.“71
Die Verwaltung kann sich umso weniger auf die bisher nur vermutete Wirkung von
Paintball berufen, je länger keine der genannten nachteiligen Effekte von
behördlicher Seite belegt werden können.72
71 Niedersächsisches OVG; Urteil vom 18.02.2010 1LC 244/07
72 Vgl. Niedersächsisches OVG; Urteil vom 18.02.2010 1LC 244/07
45
3
Thesen
1. Paintball ist in seiner jeweiligen Ausübungsformen gesondert zu würdigen.
2. Paintball in Form von SupAir-Paintball bzw. Reball sind Sport, alle anderen
Ausübungsformen erfüllen die Voraussetzungen der Definition von „Sport“
nicht allumfassend bzw. nicht in genügender Ausprägung.
3. Andere Sportarten wie Fechten oder Boxen müssen sich mit Paintball in o.g.
Form vergleichen lassen, da auch dort der sportliche Wettkampf im
Vordergrund steht.
4. Paintball verletzt in o.g. Form nicht die Würde des Menschen, es liegen keine
wissenschaftlichen Kenntnisse über ein Gefährdungspotential durch Paintball
vor.
4. Paintball
in
o.g.
Formen
ist
damit
auch
Sport
im
Sinne
des
Gemeinnützigkeitsrechts.
5. Die Förderung von Paintball als Sport in o.g. Form ist ein gemeinnütziger
Zweck nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 AO (Stand 2011).
46
Anlagenverzeichnis
Anlage I:
Bildmaterial zu Paintball
Anlage II:
Ligastruktur XPSL und DPL
Anlage III:
Auszüge aus Regelwerken
V
Literaturverzeichnis
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(http://www.grauezelle.de/gz_later.html) am 08.03.2012.
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Sportbundes e.V. (liegt als Zusatzmaterial der el. Dipl.-Arb. bei)
http://www.dosb.de/fileadmin/sharepoint/DOSB-Dokumente%20%7B96E58B185B8A-4AA1-98BB-199E8E1DC07C%7D/Aufnahmeordnung.pdf gef. am 15.01.12.
Deutscher Olympischer Sportbund e.V.: Kurzportrait
http://www.dosb.de/de/organisation/philosophie/kurzportraet-des-dosb/ am
08.03.2012.
Deutscher Olympischer Sportbund e.V.: Presse Nr. 30; 2009; S. 5 „National und international
nicht als Sport angesehen“
http://www.ehrenamt-im-sport.de/fileadmin/fm-ehrenamtimsport/dsbpresse/2009_30.pdf gef. am 26.01.2012.
DPL GmbH: „Historie – Entwicklung der Deutschen Paintball Liga“ http://www.dplonline.de/index.php/ueber-uns/historie am 08.03.2012.
Dr. Stephan Schauhoff: Handbuch der Gemeinnützigkeit, 2. Auflage, München: C.H. Beck,
2005.
Duden: Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2003.
Herman Latz: Justitiar des DOSB; E-Mail vom 30.01.2012 (s. PDF-Dok. in Zusatzmaterial).
Linda Dietlinde Steinmetz: Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von Gewalt;
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main; 2001 (liegt als PDFDokument als zusätzliches Informationsmaterial bei);
Markus Marquardt: (IG Turnierpaintball) im E-Mail-Verkehr mit der Bundesprüfstelle für
jugendgefährdende Medien vom November 2010 bzw. Januar 2011 (liegt als PDFDokument als zusätzliches Informationsmaterial bei).
Paintball Sport ltd.: „Über die XPSL“ http://xpsl.de/home/ueber-die-xpsl am 08.03.2012.
Prof. em. Dr. Claus Tiedemann: „Sport“ - Vorschlag einer Definition; Universität Hamburg;
Felde, den 15. 12. 2011 (liegt als PDF im Zusatzmaterial bei)
http://www.sportwissenschaft.unihamburg.de/tiedemann/documents/DefinitionSport.pdf.
Red. Für Sport d. Bibliograph. Inst.: Schülerduden „Der Sport“; Unter Leitung von Gerhard
Kwiatkowski. Bearb. von Herbert Haag u. weiteren Mitarb. - Mannheim; Wien;
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Röthig/Prohl: Sportwissenschaftliches Lexikon, hrsg. von, 6. Aufl., Schorndorf 2003.
IX
Staatsministerium der Finanzen Dresden: „Vereine und Steuern“, 7.Auflage, Dresden:
Druckhaus Dresden GmbH, 2009.
Stefan Endtmann: Internetseite von Semper Fidelis – „Geschichte Paintball“;
http://www.semper-fidelis-dresden.de/geschichte_paintball.html.
Urteile:
BFH Urteil vom 29.10.1997 I R 13/97, Bundessteuerblatt II 1998, 9 m.w.N.
Hessisches FG v. 23.06.2010 - 4 K 501/09.
Niedersächsisches FG; Urteil vom 08.09.1998 – VI 366/94.
Niedersächsisches OVG; Urteil vom 18.02.2010 1LC 244/07.
Verwaltungsanweisungen:
BMF v. 17.01.2012 - IV A 3 - S 0062/08/10007-12IV C 4 - S 0171/07/0038-007 BStBl 2012
I S. 83.
FinMin Sachsen, 23.04.1999, 33 – S0171 – 149/3 – 19633.
OFD Nürnberg, Verfügung v. 22.4.1999 - S 0171 - 6 61/st 31.
Gesetze:
Abgabenordnung mit Anwendungserlass zur Abgabenordnung; Stand 01. Januar 2011.
Grundgesetz; Stand September 2010.
Waffengesetz; Stand 2002 (http://www.gesetze-im-internet.de/waffg_2002.html).
Alle nicht mit Quelle versehenen Informationen, insbesondere zum Thema Paintball,
stammen aus meinen persönlichen Erfahrungen und meinem, in den vergangenen 5 Jahre
angesammelten, Wissen über dieses Thema. Ich habe Ende des Jahres 2007 das erste Mal
Paintball gespielt, seither habe habe ich Spielfelder in ganz Deutschland besucht, fast jede
Spielform gespielt und sowohl bei Woodland-Meisterschaften, in der DPL Landesliga, in
DPL Regionalliga als auch in den letzten beiden Jahren in der XPSL 2. Bundesliga für das
Paintball-Team „Uniques Jena“ gespielt.
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