Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus
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Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus
Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland Lina Franken M.A., Finalversion, 28.04.2013 Inhaltsverzeichnis 1. Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen Erzählwelten: von Märchenwald und Märchenstraße bis zu 3D-Film- und Freizeitpark 2 2 Kunsthandwerk am Beispiel Weihnachtsschmuck 10 Karneval und Fastnacht 15 Stadtfeste als Ausdruck der Karnevalisierung der Festkultur 22 Wandel der Bräuche im Jahreslauf am Beispiel Sankt Martin und Halloween 26 Berufsbedinge Bräuche am Beispiel der Bergmannsgesänge 36 Interkulturelle Imbisskulturen 42 Gärtnerkulturen vom Schrebergarten bis zum Urban Gardening 47 Wandern und Bergsteigen 57 Handwerk als Prinzip am Beispiel Orgelbau 64 2. Weitere Möglichkeiten von KAF in und aus Deutschland 71 3. KAF mit internationalem Bezugsrahmen 71 4. Bereits bestehende Vorschläge von Trägergruppen, Medien und Forschung 72 4.1 Vorschläge von Trägergruppen 72 4.2 Vorschläge und Beispiele in Medienberichten und Forschungsprojekten 73 Die kulturellen Ausdrucksformen (KAF) in und aus Deutschland sind kaum überschaubar. Unzählige mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen, darstellende Künste, gesellschaftliche Bräuche und Rituale, Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum sowie traditionelle Handwerkstechniken werden in Deutschland von den Menschen mit ihren Traditionen und Werten, ihrem Wissen und ihren künstlerischen und/oder handwerklichen Fertigkeiten von Generation zu Generation weitergeben. Es existieren zahlreiche Träger der kulturellen Ausdrucksformen, welche diese leben und gestalten. Eine Auflistung der bestehenden Forschungen zu einzelnen KAF wäre uferlos. Deshalb soll im Folgenden versucht werden, besonders exemplarische und innovative KAF einer lebendigen, modernen Pflege des immateriellen Kulturerbes in und aus Deutschland aufzuzeigen. Dies geschieht thematisch sortiert, um Gemeinsamkeiten und größere Kontexte an modellhaften Beispielen ausführlicher darstellen zu können. Zudem werden bereits bestehende Vorschläge von Trägergruppen, Medien und Forschung in einem Überblick zusammengestellt. Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 1 1. Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen Anmerkung: Es folgen ausführliche Darstellungen von kulturellen Ausdrucksformen, die einen klaren Bezug zu Deutschland haben. Dabei werden bewusst sowohl sehr konkrete Beispiele als auch allgemeinere Prinzipien dargestellt, um die Bandbreite der Möglichkeiten aufzuzeigen. Bezeichnung Erzählwelten: von Märchenwald und Märchenstraße bis zu 3D-Film- und Freizeitpark Quellenverzeichnis Deutsche Märchenstraße1 Rölleke, Heinz (Hg.): Kinder- und Hausmärchen gesammelt durch die Brüder Grimm. Vollständige Ausgabe auf der Grundlage der dritten Auflage (1837). Frankfurt a.M. 1985. Brednich, Rolf Wilhelm: Die Spinne in der Yucca-Palme. Sagenhafte Geschichten von heute. München 1990. Brednich, Rolf Wilhelm: Die Maus im Jumbo-Jet. Neue sagenhafte Geschichten von heute. München 1991. Brednich, Rolf Wilhelm: Das Huhn mit dem Gipsbein. Neueste sagenhafte Geschichten von heute. München 1994. Brednich, Rolf Wilhelm: Die Ratte am Strohhalm. Allerneueste sagenhafte Geschichten von heute. München 1996. Brednich, Rolf Wilhelm: Pinguine in Rückenlage. Brandneue sagenhafte Geschichten von heute. München 2004. 16.01.2013, Frankfurter Rundschau, Frederik Bombosch: Urbane Legenden. Kommt ein Hund ins China-Restaurant...2 24.12.2012, Die Zeit, Stefan Beuse: Aschenbrödel. Hach!3 21.12.2012, Die Zeit, Heinz Rölleke: Brüder Grimm. Märchen über Märchen.4 20.12.2012, Der Stern, Video: Rapunzel, Frau Holle & Co. Grimm-Märchen feiern 200. Jubiläum.5 20.12.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Tilman Spreckelsen: 200 Jahre Grimms Märchen. Schlaffer Hänsel, taffe Gretel.6 20.12.2012, Frankfurter Rundschau: Fernsehprogramm Weihnachten. Drei Nüsse für die Satellitenschüssel.7 1 http://www.deutsche-maerchenstrasse.com/de/ http://www.fr-online.de/kultur/urbane-legenden-kommt-ein-hund-ins-china-restaurant--,1472786,21468672.html 3 http://www.zeit.de/2012/52/Schloss-Moritzburg-Dresden-Aschenbroedel/komplettansicht 4 http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2012/04/Maerchen-Brueder-Grimm-Urspruenge/komplettansicht 5 http://www.stern.de/kultur/rapunzel-frau-holle-co-grimm-maerchen-feiern-200-jubilaeum1945179.html 6 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 2 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 2 19.12.2012, Frankfurter Rundschau, Cornelia Geissler und Kerstin Krupp: 200 Jahre Brüder Grimm Es war einmal ...8 17.12.2012, Der Spiegel, Matthias Matussek: Zeitgeist. Die Angst vorm bösen Wolf.9 16.12.2012, Die Zeit, Christian Staas: Gebrüder Grimm. Weder deutsch noch Volk.10 14.12.2012, Frankfurter Rundschau, Judith von Sternburg: Brüder Grimm. Die MärchenBrüder.11 30.11.2012, Die Zeit, Christiane Peitz: Volker Schlöndorff. „Europa ist ein Geflecht von Geschichten“.12 25.10.2012, Die Zeit, KinderZEIT: 200 Jahre Grimmsche Märchen: Alte Schätze.13 29.09.2012, Die Welt, Kirsten Schiekiera: Erzählerin mit Zertifikat.14 31.05.2012, Die Zeit, Martin Schwickert: Film „Snow White and the Huntsman“. Schneewittchen ist keine Haushälterin.15 04.04.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Sabine Börchers: Dieter Gring. Geschichtenerzähler mit Stand- und Spielbein.16 23.03.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Luise Glaser-Lotz: Brüder Grimm. MärchenJubiläum soll Touristen locken.17 21.03.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Hermann Kurzke:Es war einmal... Eine Geschichte gegen eine Tasse Kaffee.18 12.03.2012, Süddeutsche Zeitung, Wolfgang Schäl von Gamm: Wolfratshausen. Zwist am Märchenwald.19 09.02.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Tilman Spreckelsen: Grimms Märchen. Aus dem Haushalt einer Hexe.20 22.12.2011, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Tilman Spreckelsen: Weihnachtsmärchen im ZDF. Und im Wald verschwinden die Menschen.21 14.11.2011, Süddeutsche Zeitung, Petra Markovic: Die Geschichtenerzählerin. Ein Leben mit Mäuschen und Bratwürsten.22 7 http://www.fr-online.de/freizeittipps/fernsehprogramm-weihnachten-drei-nuesse-fuer-diesatellitenschuessel,1474298,21159252.html 8 http://www.fr-online.de/literatur/200-jahre-brueder-grimm-es-war-einmal----,1472266,21150962.html 9 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-90157610.html 10 http://www.zeit.de/2012/50/Brueder-Grimm-Maerchen-Roelleke/komplettansicht 11 http://www.fr-online.de/literatur/brueder-grimm-die-maerchen-brueder,1472266,21119404.html 12 http://www.zeit.de/kultur/film/2012-11/europaeischer-filmpreis-volker-schloendorff/komplettansicht 13 http://blog.zeit.de/kinderzeit/2012/10/25/200-jahre-grimmsche-marchen-alte-schatze_12935 14 http://www.welt.de/print/die_welt/karriere/article109536437/Erzaehlerin-mit-Zertifikat.html 15 http://www.zeit.de/kultur/film/2012-05/snow-white-huntsman-rezension 16 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 17 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 18 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 19 http://www.sueddeutsche.de/muenchen/wolfratshausen/wolfratshausen-zwist-am-maerchenwald1.1303035 20 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 21 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 3 19.02.2011, Frankfurter Allgemeine Zeitung: Brüderpaar. Wilhelm Grimm war mehr als ein „Bruder Grimm“.23 21.01.2011, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Florian Balke: Literaturland Hessen. Die Schwester Grimm.24 09.12.2010, Die Welt, Jens Hinrichsen: Es war einmal, dreidimensional.25 19.10.2010, Süddeutsche Zeitung Moderne Märchen. Q33NY, 23 und der Teufel.26 14.09.2010, Der Stern: Cornelia Funkes neues Buch „Reckless“. Nach „Tintenherz“ nun die Grimmsche Märchenwelt.27 10.05.2010, Süddeutsche Zeitung, Marco Eisenack: „Weltgeschichtentag“. Münchens neue Mündlichkeit.28 06.01.2010, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Luise Glaser-Lotz: Kulturzentrum. Demokraten, erste Germanisten, Märchensammler.29 Brüder-Grimm- 15.07.2009, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Luise Glaser-Lotz: Märchenfestspiele. Mit Schaumstoff und Schminke zum Fabelwesen.30 Brüder-Grimm- 27.10.2008, Der Spiegel, Anke Dürr. Aufruhr im Märchenwald.31 12.05.2008, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Luise Glaser Märchenfestspiele. Eine Lektion für die verwöhnte Prinzessin.32 Lotz: Brüder-Grimm- 13.09.2006, Der Stern, Anja Lösel: Disney-Ausstellung. Cinderellas Schloss steht in Bayern.33 06.10.2005, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Bert Rebhandl: Kino. Krawallmacher im deutschen Wald. [Film „Brothers Grimm“]34 06.10.2005, Der Stern: „Brothers Grimm“. In der Heimat ungeliebt.35 21.06.2005, Frankfurter Allgemeine Zeitung: Unesco. Grimms Märchen sind Teil des Welterbes.36 02.07.2004, Der Stern: Freizeitpark Deutschland. Höher, schneller, weiter.37 22 http://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen/die-geschichtenerzaehlerin-ein-leben-mitmaeuschen-und-bratwuersten-1.982738 23 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 24 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 25 http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article11496330/Es-war-einmal-dreidimensional.html 26 http://www.sueddeutsche.de/politik/moderne-maerchen-qny-und-der-teufel-1.930291 27 http://www.stern.de/kultur/buecher/cornelia-funkes-neues-buch-reckless-nach-tintenherz-nun-diegrimmsche-maerchenwelt-1603467.html 28 http://www.sueddeutsche.de/muenchen/weltgeschichtentag-muenchens-neue-muendlichkeit1.671411 29 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 30 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 31 http://www.spiegel.de/spiegel/kulturspiegel/d-61630093.html 32 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 33 http://www.stern.de/kultur/kunst/disney-ausstellung-cinderellas-schloss-steht-in-bayern-570014.html 34 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 35 http://www.stern.de/kultur/film/brothers-grimm-in-der-heimat-ungeliebt-547172.html 36 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 37 http://www.stern.de/reise/deutschland/freizeitpark-deutschland-hoeher-schneller-weiter-526283.html Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 4 02.07.2001, Süddeutsche Zeitung: Münchner Filmfest. Weltbeste Märchenfilmer.38 28.02.1977, Der Spiegel: Märchen: Lebenshilfe für Kinder.39 Sekundärliteratur Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. 14 Bände Berlin/New York 1977ff. Bendix, Regina (Hg.): Hören, Lesen, Sehen, Spüren. Märchenrezeption im europäischen Vergleich (Schriftenreihe Ringvorlesungen der Märchen-Stiftung Walter Kahn, Band 8). Baltmannsweiler 2008. Brednich, Rolf Wilhelm: Erzählkultur. Beiträge zur kulturwissenschaftlichen Erzählforschung. Hans-Jörg Uther zum 65. Geburtstag. Berlin u.a. 2009. Brunold-Bigler, Ursula (Hg.): Hören, Sagen, Lesen, Lernen. Bausteine zu einer Geschichte der kommunikativen Kultur. Festschrift für Rudolf Schenda zum 65. Geburtstag. Bern u.a. 1995. Drascek, Daniel: „SimsalaGrimm“. Zur Adaption und Modernisierung der Märchenwelt. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 97 (2001), S. 79-89. Fischer, Helmut: Erzählen - Schreiben - Deuten. Beiträge zur Erzählforschung. Münster u.a. 2001. 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Marburg 2009. 40 http://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2012/0119/pdf/dnns.pdf Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 6 Träger der kulturellen Ausdrucksform geographische Verortung Erzählerpersönlichkeiten, Zuhörende, Medi- Deutschland mit regionalen Unterschieden enproduzenten und -rezipienten und Schwerpunkten Mögliche Ansprechpartner: Märchengesellschaft e.V.41 Europäische Kurzbeschreibung Die Erzählkultur hat in Deutschland lebendige gegenwärtige Ausdrucksformen. Es bestehen nicht nur in den Familien und Erziehungseinrichtungen vielfältige Formen des Erzählens von sagenhaften und märchenhaften Geschichten. Auch im öffentlichen Raum findet diese Erzählkultur statt, so etwa in Form von Märchenstunden professioneller Märchenerzähler, in Märchenwäldern oder Theaterstücken sowie im alltäglichen Erzählen. Dabei greift die Erzählkultur auf eine lange Tradition zurück, waren doch schon im 19. Jahrhundert Märchen und Sagen in und aus Deutschland nicht nur von den Brüdern Grimm gesammelt worden. Gerade auch in vorindustrieller Zeit war die mündliche Weitergabe von Geschichten und Neuigkeiten grundlegend für die Kommunikation. Heute haben sich die Erzählmuster verändert, Fantastisches und Außergewöhnliches steht stärker im Mittelpunkt. Dazu kommen neue Formen der Vermittlung, in Film und Fernsehen sind die märchen- und sagenhaften Erzählmuster ebenso präsent wie in Freizeitparks und Kultureinrichtungen. Historische Entwicklung Mündliches Erzählen hatte gerade in Zeiten geringer Literalität und Buchverbreitung eine hohe alltagskulturelle Relevanz. Durch das Erzählen von Geschichten und Begebenheiten wurden Neuigkeiten verbreitet, Normen und Werte vermittelt und lokale oder regionale Geschichte weitergegeben. Gerade vor Erfindung des Buchdrucks waren die handschriftlich kopierten Bücher nur in kirchlichen Institutionen oder adligen, wohlhabenden Privathaushalten zu finden. Auch nach Erfindung des Buchdrucks blieb die Bibel das einzige Buch in den meisten Haushalten, teilweise ergänzt durch praktische Anleitungsbücher wie beispielsweise die Bauernkalender. Umso zentraler war die Bedeutung von Geschichtenerzählern, die im Mittelalter auch als Minnesänger Neuigkeiten und Musik verbanden. Die fiktiven Erzählungen von Sagen und Märchen hatten zudem wichtige pädagogische Funktionen. So bestand in der Vormoderne eine lebhafte Erzählkultur gerade in den Mustern alltäglichen Erzählens. In den heimischen Räumlichkeiten wurden Geschichten erzählt, auch bei Jahrmärken oder Festen war eine geübte Erzählpersönlichkeit häufig anzutreffen. Dabei ist insbesondere die jeweils spezifische Anpassung von Gehörtem oder Gelesenem an die eigene Welt bedeutsam, die jedoch auch in Wechselwirklung mit der Veränderung der eigenen Umwelt nach dem Gehörten oder Gelesenen steht. Orale Traditionen, mündlich weitergegebenes Erzählgut, waren damit ständigem Wandel unterzogen und wurden dem jeweiligen Kontext angepasst. Es bestand etwa eine Vielzahl von Sagenmotiven, die in je unterschiedlichen lokalen Anpassungen an verschiedenen Orten erzählt und verändert wurden. Während Sagen ortgebunden sind und einen Bezugspunkt zur jeweiligen Gegenwart setzen sind Märchen ahistorische Erzählmotive, die fantastische Elemente enthalten und ein positives Ende haben. Diese sind damit losgelöst vom Alltag, Sagen hingegen berichten von scheinbar historischen Begebenheiten, die auch ein Indikator für das jeweilige Geschichtsver- 41 http://www.maerchen-emg.de/index.php/maerchenerzaehlen/maerchenerzaehler.html Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 7 ständnis oder den Aberglauben erzählen. Im Zuge der Industrialisierung änderte sich an der Relevanz des alltäglichen Erzählens zunächst wenig, die Erzählmotive wurden jedoch der zunehmend verstädterten und durch Fabrikarbeit geprägten Umwelt angepasst. Im 19. Jahrhundert machten sich die Romantiker, darunter frühe Volkskundler, auf die Suche nach Erzählungen, welche ihrer Einschätzung nach im Verschwinden begriffen waren und vor dem Vergessen gerettet werden sollten. Eine Vielzahl von lokalen und regionalen Sammlungen entstand, in denen die Erzählmotive verschriftlicht, damit aber in der Regel auch den Ansichten der Sammler angepasst wurden. Hier, so glaubten die Sammler, hatte sich in den Erzählungen „uraltes“ Kulturgut erhalten – eine Ansicht, die gerade für mündlich tradierte Erzählstoffe heute wiederlegt ist. Die heute bekannteste dieser Sammlungen ist ohne Zweifel die der Brüder Jakob und Wilhelm Grimm, die mit ihren „Kinder- und Hausmärchen“ eine umfangreiche Zusammenstellung von pädagogisch bearbeiteten Märchen veröffentlichten, in welchen sie die „deutsche Volksseele“ manifestiert sahen. Anders als von den Grimms selbst berichtet sind diese nicht durch das Land gezogen, um die Menschen nach ihren jeweils eigenen und regional spezifischen Märchen zu befragen und diese Erzählungen zu verschriftlichen. Vielmehr hatten sie nur wenige Gewährspersonen, die jeweils eine große Zahl von Märchen erzählten, zudem übernahmen sie bekannte Erzählstoffe aus bestehenden Sammlungen. So wurde etwa das Märchen des Franzosen Charles Perrault „Le Petit Chaperon rouge“ aus dem 17. Jahrhundert von den Grimms zum „Rotkäppchen“, welches in Sprache und Verlauf an deren romantische Vorstellungen des 19. Jahrhunderts angepasst wurde. Die Grimms fassten diese Texte in ihre eigene Sprache, die stark von einer Suche nach dem spezifisch Deutschen geprägt ist. Schnell verbreiteten sich die Kinder- und Hausmärchen, es erschienen Erweiterungen und Neuauflagen. Seither sind zahlreiche Neubearbeitungen sowohl aus künstlerischen wie aus kommerziellen Interessen heraus entstanden. Dem kam eine zunehmende Literalisierung, bedingt durch die staatliche Schulpflicht, sowie eine stärkere Verbreitung von Büchern auch in der bürgerlichen Mittelschicht zur Hilfe, die eine breite Rezeption erst ermöglichte. Mit Erfindung des Radios wurden orale Traditionen dann auch über technische Geräte einem großen Publikum zugänglich gemacht, die Schallplatte ergänzte dies ab dem beginnenden 20. Jahrhundert. Auch der Film griff schon in seiner Frühzeit Märchenmotive auf, bereits im Stummfilm wurden zahlreiche Märchenfilme gedreht. Bereits 1937 produzierte Walt Disney den Zeichentrickfilm „Schneewittchen und die sieben Zwerge“, dem seither zahlreiche Verfilmungen von Märchen wie „Aschenputtel“ oder „Dornröschen“, aber auch Erzählstoffe wie „Robin Hood“ gefolgt sind. Spielfilme mit Märchenstoffen erfreuten sich auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einer großen Beliebtheit. Bis heute wird etwa die deutschtschechische Produktion „Drei Haselnüsse für Aschenputtel“ von 1973 zu Weihnachten von den öffentlich-rechtlichen Sendern ausgestrahlt, in welcher das schöne Mädchen Aschenputtel als selbstbewusst und stark darstellt wird. Die Erzählungen der Märchen werden bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts auch in Märchenwäldern darstellt. Dabei werden einzelne Szenen mit Figuren, meistens in einer Hütte oder einem Haus, nachgestellt, das entsprechende Märchen wird in der Regel mit einer Tonspur per Lautsprecher am Haus vorgetragen. Der Deutsche Märchenwald in Odenthal-Altenberg besteht bereits seit 1931, seither ist eine Vielzahl von kleinen Märchenwäldern dazu gekommen Durch die Einbettung der fantastischen Geschichten in ein natürliExemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 8 ches Umfeld – der Wald, in dem viele Märchen auch spielen – wurden diese anders nachvollziehbar. Zunächst rein handwerklich hergestellt wurden die Puppen im Laufe der Zeit immer mehr technisiert, so dass sich die Bewegungsabläufe verbesserten. Doch auch das mündliche Erzählen märchenhafter Geschichten blieb nach der Verbreitung von Buch, Radio und Film ungebrochen. Es verlagerte sich jedoch zunehmend in den privaten Raum, wurde zum pädagogischen Erzählen für Kinder, die noch nicht selbst lesen können. Märchen wurden moralisierend erzählt, in den 1970ern entfachte sich eine Diskussion darüber, ob die teils gewalttätigen Geschichte mit klassischen Rollenzuweisungen nicht nur der Geschlechter noch zeitgemäß seien. Während die Generation der Studentenunruhen und antiautoritären Erziehung diese als reaktionär verurteilte verteidigten andere gerade die pädagogischen Funktionen der Märchen. Gleichzeitig entwickelten sich neue fantastische Erzählungen, welche andere Normen, wie etwa den Zusammenhalt und das Selbstbewusstsein von Kindern, zentral setzten. Große Bedeutung hatten auch weiterhin die sagenhaften Erzählungen, die um kontemporäre sagenhafte Erzählungen erweitert wurden, die etwa technische Geräte oder Fernreisen in die Geschichten einbauten. aktuelle Ausübungsformen Heute sind die Kinder- und Hausmärchen als UNESCO-Dokumentenerbe weltbekannt. Sie sind ein zentraler Erzählstoff der Gegenwart und haben auch weiterhin eine hohe alltagskulturelle Relevanz, was sich nicht allein in den Auflagenzahlen zeigt. Immer wieder werden die Erzählstoffe der Sammlung neu bearbeitet, ob als pädagogische Bearbeitung oder in Form einer Anpassung an die heutigen Gesellschaftsstrukturen. Zudem werden märchenhafte Erzählstoffe heute nicht nur in schriftlicher bzw. vorgelesener Form weitergegeben. Neben der medialen Vermittlung erfreuen sich Märchenerzähler in den letzten Jahren wieder zunehmender Beliebtheit, die ein Repertoire von Märchen oder auch anderen Geschichten frei vor Publikum erzählen. Diese Angebote werden teilweise auch gebündelt in Märchenfesten, so etwa in Hanau42 oder im Thüringer Märchen- und Sagenfest.43 Die Märchenwälder erfreuen sich regional weiterhin großer Beliebtheit, gerade bei Familien mit Kindern. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass der große Vergnügungspark Europapark Rust erst 2011 einen Märchenwald als Teil der Anlage neu eröffnete.44 Durch diese Integration in größere Freizeitparks werden jedoch die lokalen Märchenwälder vermehrt als nicht ausreichend angesehen, so dass sich die Nachfrage hier eher verringert. Damit werden nicht nur die lokalen Formen der Darstellung, sondern auch die jeweils spezifische Herstellung und Pflege der einzelnen Schaubilder und Figuren gefährdet. Bestehende Märchenwälder kombinieren dieses Angebot deshalb häufig mit einem großen Spielplatz oder einem Streichelgehege, um gerade für Familien weiterhin attraktiv zu sein. Märchenmotive werden auch weiterhin in filmischen Bearbeitungen aufgegriffen. So produzierte etwa Disney zuletzt den Spielfilm „Snow White and the Huntsman“ (2012), in dem neben dem Märchen „Schneewittchen“ auch Erzählstrukturen anderer Kinder- und Hausmärchen eingestreut sind. In anderen Produktionen wird der klassische Trickfilm mit Animationen auch in 3D aktualisiert. Gleichzeitig werden verstärkt unterschiedliche Erzählstränge in einer Geschichte zusammengeführt, so dass die Motive nicht mehr eindeutig zuzuordnen sind, sondern vom Publikum nur noch bei entsprechendem Vorwissen als Märchen ent42 http://www.hanau.de/kultur/grimm/ http://www.meiningen.de/Kultur/Feste_Festivals/M%C3%A4rchen_und_Sagenfest/ 44 http://www.europapark.de/lang-de/Park-und-Attraktionen/Themenbereiche/Maerchenwald/c424.html 43 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 9 schlüsselt werden können. Doch bleibt die Funktion des Fantastischen erhalten, auch die der Vermittlung von Normen ist weiterhin zentral. Weitergabe und Gefährdung Erzählkultur ist durch fortlaufenden Wandel geprägt, so dass eine Gefährdung der von den Grimms festgeschriebenen Formen nicht kritisch gesehen werden muss. Die Erzählmotive bleiben erhalten, werden jedoch an die aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen angepasst. Gerade in pädagogischen Kontexten bleiben die Kinder- und Hausmärchen zudem weitestgehend in den Grimmschen Versionen bestehen, ob es sich dabei um das Vorlesen der Sammlung oder um die Darstellung etwa in Märchenwäldern handelt. Gefährdet sind hingegen die kleinen Märchenwälder, die vorrangig ein regionales Publikum anziehen. In der Erlebnisgesellschaft können sich bewegende Puppen mit Audiospur kaum als Attraktion gesehen werden. Da jedoch die Herstellung und Wartung mit handwerklichen Techniken, Basteln und Tüfteln jeweils individuell erfolgt liegt hier eine besondere kulturelle Leistung. Durch massenmedial verbreitete Märchenversionen werden die vormals regional und lokal unterschiedlich erzählten Geschichten globalisiert und verlieren so ihre Vielfalt. Regionale Erzählmuster verschieben sich allerdings in andere Zusammenhänge, wenn etwa kontemporäre sagenhafte Geschichten jeweils unterschiedlich erzählt werden. Hier liegt eine Chance der innovativen Erhaltung und Pflege des immateriellen Kulturerbes der mündlichen Erzählkultur, ebenso wie bei den Geschichtenerzähler, die als Träger dieses Erbes auch öffentlich auftreten. thematische Bereiche mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen Bezeichnung Kunsthandwerk am Beispiel Weihnachtsschmuck Quellenverzeichnis Website der Herrnhuter Sterne GmbH.45 21.12.2012, Die Zeit: Heiligabend. Meine Weihnachtskirche.46 20.12.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Andreas Platthaus: Leuchtwende. In oriente lux.47 10.12.2012, rbb, Cosima Jagow-Duda: Von Sternen, Stollen und Weihnachtschören.48 29.10.2012, Radio PSR: 50 Dinge. Tag 42: Sterne-Manufaktur Herrnhut. Video.49 14.12.2011, Freistaat Sachsen: Weihnachtsland Sachsen - Zauber im Advent. Video.50 26.11.2011, Die Welt, Rita Schulze: Hier kauft der Weihnachtsmann.51 45 http://www.herrnhuter-sterne.de/ http://www.zeit.de/2011/52/Weihnachtskirche/komplettansicht 47 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 48 http://www.rbb-online.de/doku/programm/doku.f.10_12_2012.l.9154737582.html 49 http://www.youtube.com/watch?v=f-ubgc6xbsg 50 http://www.youtube.com/watch?v=MVg0gAs3cZo 4646 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 10 15.11.2011, Ostdeutscher Sparkassenverband: Video. Unternehmer des Jahres 2011 für Sachsen. Die Herrnhuter Sterne GmbH.52 22.12.2010, Die Zeit, Angela Merkel: Wie verletzlich der Mensch ist.53 24.12.2009, Frankfurter Rundschau, Maurice Farrouh: Evangelische Stadtkirche. Ein Leuchten in der Nacht.54 29.12.2009, Deutsche Welle TV, Euromaxx: Weihnachtssterne aus Herrnhut.55 28.04.2008, Der Spiegel, Peter Wensierski: Christen. 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Als Fest der Geburt Jesu kommt diesem in der Liturgie neben Pfingsten als dem Fest der Auferstehung hohe Bedeutung zu. In den letzten Jahren kommt es vermehrt zu einer Substituierung der christlichen durch jahreszeitspezifische Symbole. Eine besondere Rolle spielen dabei Lichtsymbolik und Sternform, sowohl für die dunkle Jahreszeit als auch im sakralen Kontext. Die bekannteste handwerkliche Arbeit eines Sternsymbols ist der Herrnhuter Weihnachtsstern, welcher von der evangelischen Brüdergemeine in Herrnhut / Oberlausitz bereits seit dem 19. Jahrhundert hergestellt wird. Die Sterne mit 25 Zacken in geometrischer Form sind meist aus Papierbögen gefertigt und werden in Einzelteilen verkauft. Der Zusammenbau erfolgt in vielen Familien gemeinsam am ersten Adventssonntag und läutet die besinnliche Vorweihnachtszeit ein. Somit ist das handwerkliche Produkt mit einer alltagskulturellen Handlung verbunden. 1894 als Bastelbogen erstmals verkauft wurde die spezifische Sternform 1925 durch Patent geschützt und in großer Stückzahl in Handarbeit hergestellt. Auch international erfreut sich der Herrnhuter Weihnachtsstern einer hohen Symbolkraft und entsprechender Verbreitung. Die Herrnhuter Gemeinde produziert mit rund 60 Mitgliedern in der Manufaktur heute etwa 240.000 Sterne jährlich, seit 2002 ist ein Besucherzentrum vorhanden. Das Sternsymbol ist besonders geeignet, um kulturellen Wandel und Bedeutungsvielfalt der weihnachtlichen Brauchhandlungen aufzuzeigen ist zugleich Ausdruck einer lebendigen 58 http://www.zdh.de/fileadmin/user_upload/themen/Gewerbefoerderung/kultur/200809%20Handwerk%20als%20immaterielles%20Kulturerbe%20-%20Papier.pdf 59 http://www.zeit.de/2011/10/Angela-Merkel-Weihnachtsbotschaft Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 12 Handwerkskunst. Historische Entwicklung Als zentraler Brauch des christlichen Jahreslaufes hat Weihnachten eine lange Geschichte, die bisher jedoch in großen Teilen aus Perspektive der EE/VK/KA/EKW nicht untersucht wurde. So bleibt eine allgemeine Darstellung bruchstückhaft und kann an dieser Stelle nicht geleistet werden. Es kann jedoch allgemein festgestellt werden, dass sich Weihnachten von einem besinnlichen, vorrangig christlich geprägten Brauchtermin, der bis ins 20. Jahrhundert als Zeit der Einkehr und des Glaubens geprägt war, gewandelt hat hin zu einem medial inszenierten und stark durch Konsum bestimmten Termin. Heute feiern auch Menschen ohne christlichen Glauben, auf der anderen Seite hat sich die soziale Verbindlichkeit der Teilnahme in Teilen auf die vorweihnachtliche Adventszeit mit Weihnachtsmärkten und Weihnachtsfeiern unterschiedlichster sozialer Bezugsgruppen verschoben. Mit der zunehmenden Entsakralisierung des Brauchkomplexes Weihnachten gehen auch Verschiebungen in der entsprechenden Symbolik einher: weniger die spezifisch christliche Symbolik, etwa in Form von Engeln oder Krippen, als vielmehr die allgemein winterliche Symbolik steht bei öffentlichen und privaten Dekorationen mittlerweile im Vordergrund. So sind Kälte und Schnee, Licht und Wärme zu zentralen Motiven geworden. Ein besonderes Symbol ist dabei der Stern, welcher zum Einen aus der christlichen Liturgie als Weihnachtsstern übernommen ist, der die heiligen drei Könige nach Bethlehem führte, zugleich aber der allgemeinen Lichtsymbolik entspricht. In der dunklen Jahreszeit wird der beleuchtete Stern zu einem Symbol ohne spezifisch christliche Aufladung. Gleichzeitig bestehen handwerkliche Produktionen zur Herstellung von speziellen Weihnachtssternen, die in der Folge als exemplarischer Ausschnitt des großen Brauchkomplexes Weihnachten dienen sollen. Die weltweit bekannten Herrnhuter Weihnachtssterne werden von der evangelischen Brüdergemeine in Herrnhut / Oberlausitz in manueller Produktion hergestellt. 1821 bauten Lehrer des Herrnhuter Internats einen Stern zum Schmuck des Gemeinschaftsraums, da die Sterne mit 25 Zacken gleichzeitig ein gutes Anschauungsobjekt für Geometrie im Mathematikunterricht waren wurde der Bau in den Mathematikunterricht der Vorweihnachtszeit übernommen. Die in den Internaten der Herrnhuter Bürgerschaft lebenden Kinder von Missionaren stellten die Sterne als Geschenk für ihre Eltern her und schmückten auch ihr Internat mit ihnen. Schnell verbreiteten sich die handgefertigten Sterne in die Missionsorte der Brüderschaft und wurden dort in den Gemeinschafts- und Sakralräumen zum Advent aufgehängt. Als Stern von Bethlehem blieb dieser bis zum Dreikönigsfest am 6. Januar hängen und schloss somit den Weihnachtsfestkreis der Kirche. 1894 wurden erstmals Bastelbögen mit der spezifischen Sternform verkauft, die zum eigenen Aufbau in privaten Haushalten gedacht waren. Einige Jahre später entwickelten die Herrnhuter einzelne Trapezformen, die sich zu einem Stern zusammensetzen lassen. Dabei wurde gleichzeitig ein gemeinschaftsstiftendes Brauchelement der Familien im Advent initiiert, wo die Sterne am ersten Advent gemeinsam zusammengesetzt und aufgehängt wurden. 1925 wurde die Form durch Patentrecht geschützt, die Produktion erfreute sich wachsender Beliebtheit und auch in vielen Kirchen und öffentlichen Gebäuden hingen Herrnhuter Sterne. Mit dem Zweiten Weltkrieg kam die Produktion zum Erliegen, konnte jedoch in der DDR im VEB „Oberlausitzer Stern- und Lampenfabrik“ verstaatlicht wieder aufgebaut werExemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 13 den. Ungewöhnlich früh wurde der Betrieb 1969 an die Herrnhuter Brüderschaft rückbertragen, welche die Produktion seither als alleiniger Inhaber und seit 1991 unter der Marke „Herrnhuter Sterne GmbH“ betreibt. Mittlerweile gibt es neben dem Papierstern auch eine Version aus Kunststoff, welche für den Außenbereich gedacht ist. Die Produktion erfolgt weiterhin im Manufaktur-Betrieb. aktuelle Ausübungsformen Die Herrnhuter Gemeinde produziert mit rund 60 Mitgliedern in der Manufaktur etwa 240.000 Sterne jährlich, seit 2002 ist ein Besucherzentrum vorhanden. Seit der Patentierung ist die eigentliche Form und Herstellung unverändert geblieben, die Kunststoffsterne bedienen die zunehmende Nachfrage für weihnachtlichen Schmuck auch im Außenbereich, zudem sind Lichterketten mit den Sternen erhältlich. Die Produktion erfolgt auch weiterhin in Handarbeit in der Manufaktur. Der Stern als Symbol erfreut sich großer Beliebtheit in der winterlichen, oft von christlichen Symbolen entfernten Dekoration. Als Zeichen für Licht und Glanz, aber auch für Unerreichbarkeit spielt er eine große Rolle insbesondere in der christlichen Liturgie. Der Stern als Verbindung zwischen Himmel und Erde, als unerreichbares und nicht immer erkennbares „Licht von oben“ symbolisiert er die Suche nach Licht und der göttlichen Ordnung. Dabei ist der Herrnhuter Stern als eine spezifische Form weit verbreitet, in vielen evangelischen Kirchen ebenso wie in öffentlichen Gebäuden hängen Herrnhuter Sterne. Doch auch in den Fenstern von Privathäusern sind im Advent zahlreiche Herrnhuter Sterne zu sehen. Allerdings verbreitet sich die allgemeine Form eines beleuchteten Sterns insgesamt, so dass mittlerweile viele Nachbauten und an die Form angelehnte Sterne erhältlich sind, die nicht aus der Herrnhuter Produktion stammen und oft industriell hergestellt werden. In vielen Familien, gerade mit protestantischem Glauben, wird auch heute noch am ersten Advent gemeinschaftlich ein Herrnhuter Stern zusammengebaut und im Wohnbereich aufgehängt, dort bleibt er in der Regel beleuchtet bis zum Ende des Weihnachtsfestes mit den heiligen drei Königen hängen. Auch in einigen konfessionell gebundenen Kindergärten und Schulen werden Herrnhuter Sterne gebastelt und aufgehängt. Zudem hat sich das Produkt mittlerweile in der gesamten Welt verbreitet und wird aus Herrnhut in alle Welt verschickt, aber auch von Touristen als Andenken mit nach Hause genommen. Weitergabe und Gefährdung Das Interesse an den Herrnhuter Sternen ist ungebrochen, nach wie vor erfolgt die Herstellung in der Manufaktur der Bruderschaft in reiner Handarbeit. Allerdings finden sich in den vergangenen Jahren verstärkt auch andere Sternformen, die von innen beleuchtbar sind und oft als industrielle Massenfertigung für wenig Geld angeboten werden. Damit ist das Handwerk der Sternherstellung gefährdet. Die Herrnhuter Brüderschaft arbeitet jedoch selbst offensiv und innovativ an der Erhaltung ihrer Manufaktur, etwa mit einem verstärkten Einbezug der Öffentlichkeit durch ein Besucherzentrum. thematische Bereiche traditionelle Handwerkstechniken in Verknüpfung mit gesellschaftlichen Bräuchen, Ritualen und Festen Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 14 Bezeichnung Karneval und Fastnacht Quellenverzeichnis Anmerkung: Aufgrund der sehr umfangreichen Medienberichterstattung wurde exemplarisch für die Jahre 2012/2013 recherchiert. Themenseiten des WDR.60 Themenseiten des SWR.61 Karneval im ZDF.62 05.02.2013, Frankfurter Rundschau: Karneval in Köln. Wagen für Rosenmontagszug vorgestellt.63 03.02.2013, Die Welt, Leon Scherfig: Karnevalsumzug. Närrischer Frohsinn mit Hindernissen [Karneval in Berlin].64 03.02.2013, Die Welt: "Fünfte Jahreszeit". 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Historische Entwicklung Keinesfalls handelt es sich bei Karneval und Fastnacht um ein heidnisches Ritual zur Austreibung des Winters, vielmehr sind Bezüge und alltagskulturelle Relevanz von christlicher Liturgie und Jahresfestkreis hier besonders deutlich: Der Termin des Brauchkomplexes richtet sich nach dem Osterfest, welches im christlichen Kalender auf den ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsbeginn festgelegt und somit variabel ist. Mit dem Epiphania-Fest am 6. Januar endet der Weihnachtsfestkreis, die bereits am 11. November gestartete Narrenzeit steuert auf ihren Höhepunkt zu. Das christliche Fasten 40 Tage vor Ostern beginnt am Aschermittwoch mit dem Ende der „tollen Tage“ von Weiberfastnacht bis Veilchendienstag, damit beginnt auch eine Zeit der Enthaltsamkeit, in der weder Fleisch gegessen noch (menschliches) Fleisch berührt werden darf. Deshalb mussten vor der Entwicklung der modernen Konservierungsmethoden alle verderblichen Lebensmittel vorher verbraucht werden, weshalb verschiedenste Fett- und Eiergebäcke fest in das Brauchgeschehen eingebunden sind. Hieraus erklärt sich auch die große Bedeutung von Eiern zu Ostern, welche in der Fastenzeit nicht gegessen werden durften und somit zu den Ostertagen in großer Zahl vorhanden waren. In der Forschung der EE/VK/KA/EKW ist die Bedeutung der karnevalesken Formen umstritten. Während einige Fachvertreter, allen voran Dietz-Rüdiger Moser, die Bedeutung des Brauchs als Ausdruck des lasterhaften Lebens (civitas diaboli) im Rahmen der christlichen Zwei-Welten-Theorie und entsprechenden Liturgie als Gegensatz zur Gemeinschaft der Gläubigen (civitas dei) als bestimmend bezeichnen sehen andere Forscher, wie Hans Moser und Hermann Bausinger, diese zeitliche und inhaltliche Beschränkung als nicht begründbar. Sie stimmen zwar der grundsätzlichen Bedeutung der Fastenzeit für die zeitliche und inhaltliche Zuordnung zu, stellen aber die fehlende theologisch-didaktische Anleitung durch die Kirche heraus. Karl Braun hat in jüngster Vergangenheit die Perspektive erweitert und gefordert, alle Masken- und Festereignisse im europäischen wie außereuropäischen öffentlichen Raum als karnevaleske Formen zu beachten. In der Folge werden zunehmend unterschiedliche Formen der Festivalisierung in den Blick genommen. Während der Begriff der Fastnacht als Bezeichnung des Vorabends der Fastenzeit bereits seit dem 12. Jahrhundert belegt ist verbreitete sich das Wort Karneval erst im 17. Jahrhundert, es wurde aus den romanischen Sprachen als Bedeutung für die Fleischwegnahme übernommen und hat damit ebenfalls einen direkten Bezug zur christlichen Fastenzeit. Faseln kann jedoch auch übersetzt werden mit der Bedeutung von gedeihen, fruchtbar sein und Unsinn treiben. Bereits seit dem 13. Jahrhundert sind Heischebräuche vor der Fastenzeit belegt, in Nürnberg fand seit dem ausgehenden Mittelalter der Schembartlauf statt, ein Maskentanz mit Umzug und Schaulaufen, der im 16. Jahrhundert wegen unzüchtigem Verhalten der Brauchteilnehmer von der Obrigkeit verboten wurde. Um 1450 entstand ein klares Figurenrepertoire der Fastnacht, welches Negativgestalten wie der Teufel, der wilde Mann oder Verkörperungen der sieben Todsünden dominierten. Es fanden öffentliche Gelage mit Musik, Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 19 Tanz, Spielen und auch Ausschweifungen statt, bei denen letztmals vor der Fastenzeit geschlachtet wurde und Reste verderblicher Speisen aufgebraucht wurden. Diese Bräuche wurden zunächst durch die Kirchen beider Konfessionen als starker Kontrast zur Fastenzeit abgelehnt. Insbesondere die Reformation bekämpfte die Fastnachtsbräuche im 16. Jahrhundert, in der Folge vollzog sich vor allem im katholischen Köln eine Umdeutung und neue Wertschätzung des Festes, auch Klöster und wohlhabende Häuser feierten dieses nun. Ab dieser Zeit entwickelte sich auch der Narr zur zentralen Figur, besonders in den katholischen Regionen entfaltete sich der Brauch immer mehr. Vermummte oder mit Mehl unkenntlich gemachte Gesichter zeigten erste Formen der Verkleidung, im 17. Jahrhundert wurden durch den Einfluss des Barocks kunstvollere und dauerhaftere Masken sowie italienische Einflüsse in das Figurenrepertoire übernommen. Im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus und der beginnenden Industrialisierung galten die regionalen Formen von Karneval und Fastnacht zunehmend als unmodern und wurden marginalisiert. Sie verlagerten sich in den privaten Raum, wurden zugleich jedoch auch vermehrt in höfischen Kreisen in Form von Bällen ausgeübt. Wegen wiederholten Verstößen gegen die kirchliche und weltliche Ordnung bestanden zudem immer mehr Verbote und Einschränkungen. Mit der französischen Herrschaft einher ging schließlich ein vollständiges Verbot, das zu einem Traditionsabbruch führte. Die Karnevals- und Fastnachtsbräuche kamen einige Jahre lang komplett zum Erliegen und wurden erst nach dem Wiener Kongress durch die Romantik neu entdeckt. Die folgende Erneuerung war demzufolge bürgerlich-romantisch, vorher bestehende Figurationen in Form und Inhalt wurden zerstört. Gleichzeitig wurde der Brauch nun in geregelte Bahnen gelenkt: 1823 in Köln, 1825 in Düsseldorf, 1826 in Bonn, 1838 in Mainz und 1842 in Rottweil gründeten sich „Festordnende Komitees“, welche die Brauchelemente seither maßgeblich prägen. Aufwendige historische Festzüge mit Motto wurden inszeniert, die alten Masken verschwanden fast vollständig. Um 1900 vollzog sich dann die Trennung zwischen den Brauchformen im Rheinland in Form von Sitzungskarneval und Umzügen und dem deutschen Südwesten, wo eine eher konservative Brauchreorganisation stattfand. Im Folgenden kam es in beiden Regionen zu einer jeweils unterschiedlichen Homogenisierung und Institutionalisierung. Der rheinische Karneval von Mainz bis zum Niederrhein mit Motto-Umzügen und zunehmend aufwendig gestalteten Wagen entwickelte sich von einem Straßenspiel und einer Parodie des preußischen Militarismus zu einem feierlich zelebrierten pompösen, teils recht ernsthaft betriebenen Brauch, der mit großem finanziellen Aufwand und entsprechenden kommerziellen Interessen betrieben wird. Die nicht in entsprechenden Vereinen organisierte Bevölkerung wurde in diesem Zusammenhang zu einem Publikum degradiert, welches hauptsächlich zuschaut. Durch die im Rheinland starke Industrialisierung sind hier weniger Bezüge zur regionalen, vormodernen Traditionen vorhanden. Die schwäbisch-alemannische Fastnacht hingegen wird in einer weit weniger industrialisierten und mehr ländlich-kleinstädtischen Region gefeiert, hier waren Handwerker maßgeblich an der Rückkehr zu „historischen“ Narrenkleidern und Masken beteiligt, im Zuge des Historismus kam es um 1900 zu einem verklärten Bild der mittelalterlichen Formen. So wurde der Rottweiler Narrensprung, der seit dem 16. Jahrhundert belegt ist, 1903 wieder gegründet, ab 1910 bildeten sich Narrenzünfte, die in Organisationsform und Namensgebung stark den Handwerksbünden ähneln. Diese „Traditionsfastnacht“ erfreute sich schnell wachsender Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 20 Beliebtheit und entsprechendem Zulauf, in der Folge entstand eine Vielzahl neuer Masken nach alten Vorbildern. In den ersten Jahren der Weimarer Republik kam es immer wieder zu Verbotsversuchen, die jedoch nicht durchgesetzt werden konnten, Im Gegenteil: in diese Zeit fallen die Gründungen vieler Narrenzünfte und auch der ersten überregionalen Narrenverbände und -treffen. Auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestand weiterhin ein starker Zulauf zu bestehenden Narrenzünften, neue wurden gegründet und Fastnacht institutionalisierte sich auch in ehemals protestantisch geprägten Siedlungen. Der bayrische Fasching hat im Vergleich zu Karneval und Fastnacht nur eine geringe alltagskulturelle Bedeutung, seit dem 13. Jahrhundert sind Feiern in Ballsälen, Maskenbällen mit eher höfischem Charakter belegt, die heute auch in Verknüpfung mit dem Wintersport festivalisiert werden. aktuelle Ausübungsformen Karneval, Fastnacht oder auch Fasching sind generalisierende Bezeichnungen von Kulturformen, die schon auf regionaler Ebene uneinheitliche Ereignisse zusammenfassen wollen. Während im Rheinland Sitzungskarneval und Umzüge das Brauchgeschehen dominieren sind in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht mittelalterliche Formenvielfalt und hintersinniger Humor zu finden, im bayrischen Alpenvorland dominieren die Maskenbälle im Fasching. Doch in der multilokalen Gegenwart entstehen immer mehr Mischformen, so gibt es auch außerhalb dieser Regionen mittlerweile entsprechende Feierlichkeiten. In der schwäbisch-alemannischen Fastnacht wird verstärkter Bezug auf historische Traditionen genommen, welche Legitimation und ein gewisses Überlegenheitsgefühl gegenüber dem rheinischen Karneval begründen. Auch hier existieren militärische Elemente wie Trommeln, Pfeifen oder der Morgenstreich, es dominieren jedoch Holzmasken mit verschiedenen Typenausformungen. Tradition, Selbstbewusstsein und Stolz werden vorrangig durch die Kostbarkeit der Maske ausgedrückt. Weitaus stärker als im Rheinland sind hier heute jedoch Tendenzen der Historisierung, Ästhetisierung und auch Uniformierung in einer scheinbaren Urtümlichkeit ausgeprägt. Heute hat das Fasten kaum noch Bedeutung für die Brauchausübenden von Karneval und Fastnacht. Zudem kommt es zu Vermischungs- und Verschiebungstendenzen zwischen den unterschiedlichen regionalen Formen. Betrachtet man die regional unterschiedlichen Ausformungen des Karnevalesken, insbesondere im Rheinland und in Baden, so wird schnell deutlich, dass jeweils internationale Anknüpfungspunkte bestehen. Doch die Kontakte vom Rheinland in die belgischen Karnevalsregionen sind vergleichsweise gering, stärker sind die Vernetzungen im ländlich geprägten Baden-Württemberg in die Schweiz. Da allerdings der Schweizer Fastnachtstermin eine Woche nach den deutschen Festivitäten liegt findet vorrangig ein gegenseitiger Besuch und Partizipation an den Brauchhandlungen der Nachbarn statt. Trotz global vorhandenen karnevalesken Formen – erinnert sei nur an den Karneval von Rio – haben die deutschen Formen eigene Spezifika, die sich gerade in einer Vernetzung mit den festivalisierten Formen der Stadtfeste gut aufzeigen lassen. Das Verkleiden als ein Grundbedürfnis des Menschen zur Herstellung von Unkenntlichkeit und damit auch des Entzugs der Kontrolle der Obrigkeit ist fester Bestandteil aller karnevalesken Formen. Der Narr galt in der Liturgie als ein Symbol für Geistesblindheit und Gottesleugnung und als Prototyp der verkehrten Welt, was die christliche Entstehung wiederum verdeutlicht. Auch die Narrenzahl Elf bezieht sich auf ein Überschreiten des Normalen, des Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 21 Dekalogs der zehn Gebote. Die gesellschaftlichen Normen und Werte verwandeln sich während der Narrenzeit in ihr Gegenteil: Verbotenes ist erlaubt, Ordnung wird zu Unordnung, oben dreht sich nach unten, Narren richten über Kluge. In diesem offenen, gesellschaftlich anerkannten Rahmen kann mit der verkehrten Welt gespielt werden, Geselligkeit ausgelebt werden. Die eigene Identität verschwindet temporär hinter einer Maske, was einen Rollenwechsel ermöglicht. Dieses Spiel mit der eigenen Identität weitet sich zunehmend aus der engeren Narrenzeit aus und ist zu verschiedenen Terminen und Anlässen gesellschaftlich akzeptiert oder sogar gewünscht. Weitergabe und Gefährdung Karnevaleske Formen sind heute profane Elemente, die christliche Symbole in einem Synkretismus mit anderen Zusammenhängen, wie dem politischen, verbinden. Gefährdet scheinen vor allem regional spezifische und ländliche Kulturmuster, welche durch die längst vollzogene Homogenisierung kaum noch praktiziert werden. Doch finden karnevaleske Formen ungebrochenen Zulauf, so dass eine Gefährdung nicht besteht. Zumindest eine passive oder in Teilen aktive Teilnahme an den karnevalesken Formen ist ohne großes Vorwissen oder eine organisierte Form möglich. thematische Bereiche gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste Bezeichnung Stadtfeste als Ausdruck der Karnevalisierung der Festkultur Quellenverzeichnis Anmerkung: Aufgrund der sehr umfangreichen Medienberichterstattung wurde exemplarisch für die Jahre 2012/2013 recherchiert. 02.10.2012, Süddeutsche Zeitung, Johan Schloemann: Zum ersten Mal auf dem Oktoberfest. Feingeist im Bierdunst.91 20.09.2012, Der Spiegel, Denis Krick: Wiesn 2012: Das verkannte Volksfest. Ein Plädoyer. 92 22.08.2012, Süddeutsche Zeitung, Lisa Sonnabend und Beate Wild: Oktoberfest 2011. Vorhang auf für den Wahnsinn!93 22.07.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Bettina Dobe: Christopher Street Day. Ist hier Karneval, oder was? 09.07.2012, Die Welt, Maximiliane Koschyk: Christopher-Street-Day 2012. CSD balanciert zwischen Karneval und Emanzipation.94 91 http://www.sueddeutsche.de/muenchen/zum-ersten-mal-auf-dem-oktoberfest-feingeist-im-bierdunst1.1484484 92 http://www.spiegel.de/reise/deutschland/oktoberfest-in-muenchen-plaedoyer-fuer-den-besuch-derwiesn-2012-a-855800.html 93 http://www.sueddeutsche.de/muenchen/oktoberfest-vorhang-auf-fuer-den-wahnsinn-1.1144863 94 http://www.welt.de/regionales/koeln/article108128818/CSD-balanciert-zwischen-Karneval-undEmanzipation.html Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 22 23.06.2012, Der Stern: Hunderttausende beim "Christopher Street Day" in Berlin.95 27.05.2012, Die Welt: Karneval zu Pfingsten. So heiß kann Kultur in Berlin sein.96 27.05.2012, Die Zeit, Video: Berlin. Der Karneval der Kulturen zieht durch Berlin.97 27.05.2012, Der Stern, Video: Karneval der Kulturen: Die Welt trifft sich in Berlin.98 Sekundärliteratur Bublitz, Ilona; Ballin, Cornelius: Love Parade Story 89-99. O-Töne einer Bewegung. Hamburg 1999. Egger, Simone: Phänomen Wiesentracht. Identitätspraxen einer urbanen Gesellschaft (Münchner ethnographische Schriften, Band 2). München 2008 [Magisterarbeit EE München 2006] Gebhardt, Winfried; Hitzler, Ronald; Pfadenhauer, Michaela (Hg.): Events. Soziologie des Außergewöhnlichen (Erlebniswelten, Band 2). Opladen 2000. Hartl, Andrea: Oktoberfest und Cannstatter Volksfest. Vom Nationalfest zum Massenvergnügen. München 2010. [Diss EE Augsburg 2009] Hettling, Manfred; Nolte, Paul: Bürgerliche Feste. Göttingen 1993. Hitzler, Ronald; Kirchner, Babette; Betz, Gregor: Das Beispiel Loveparade. Zur Selbstverständlichkeit und Verselbstständigung eines urbanen Events. In: Gregor Benz, Ronald Hitzler, Michaela Pfadenhauer (Hg.): Urbane Events. 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Träger der kulturellen Ausdrucksform geographische Verortung Brauchausübende (Teilnehmende und Be- Städte und Ballungsregionen sucher der Karnevalesken Feste), Schausteller Kurzbeschreibung Bei den Stadtfesten gilt insbesondere das Münchener Oktoberfest schon als Stereotyp des Deutschen. Gemeinsam ist den im 19. Jahrhundert institutionalisierten Kulturmustern von Karneval und Stadtfest, dass sie sich im Wandel hin zu einer Festivalisierung und Eventisierung befinden. Der Berliner Karneval der Kulturen oder der Christopher Street Day, aber auch die Ausbreitung von Halloween sind Beispiele für das Entstehen neuer Ausdrucksformen im Rahmen dieser Veränderung. Doch die Funktion als Ventil im Gegensatz zur täglichen Alltagskultur, welches gleichzeitig eine Strukturierung des Jahreslaufes anbietet, ist in vielen Bereichen ähnlich geblieben. Historische Entwicklung Stadtfeste und Umzüge greifen auf Traditionen der Vormoderne zurück, in der Kirmessen das Jahr strukturierten und etwa als Termine für den Gesindewechsel oder für Fronabgaben bedeutsam waren. Sie waren terminlich meist an ein religiöses oder lokal bedeutendes Datum gebunden und fanden jährlich an wiederkehrenden Orten statt. Mit der Industrialisierung wurden Kirmessen und Feste verstärkt auch im urbanen Raum durchgeführt, sie knüpften an bekannte Kulturmuster der aus dem ländlichen Raum migrierten Bevölkerung an und veränderten diese. So waren Neues und Altes ineinander verstrickt. Um 1900 wurde Kritik an den Kirmessen von Behörden, Unternehmern und Kirchen laut, die sich gegen die Schausteller und ihre Unterstützer jedoch nicht durchsetzen konnte und der Beliebtheit von Jahrmärkten und Kirmessen keinen Abbruch tat. Haushaltswaren und Lebendvieh wurden auch im 19. und 20. Jahrhundert auf den angeschlossenen Märkten verkauft. Dieses Angebot wurde gerade dort intensiv genutzt, wo nach rascher Bevölkerungszunahme lokale Geschäfte noch fehlten oder nur ein begrenztes Sortiment bereithielten. Neben Lebensmitteln aller Art fanden sich auf den Märkten auch Kleidung und Schmuck. Auf der Kirmes fanden Wettkämpfe statt, Schießbuden, Lotterien, Fahrgeschäfte wie Schaukeln und erste Karussells boten Unterhaltung. In Schaubuden und Panoptiken wurden andere Welten und „wissenschaftliche“ Erkenntnisse zugänglich. Die örtlichen Wirte organisierten Tanzveranstaltungen, die mit polizeilicher Genehmigung oft nur an Kirmestagen stattfanden. In der Nachkriegszeit wurden in beiden Teilen Deutschlands die Stadt- oder Heimatfeste wieder eingeführt, oft mit explizitem Bezug auf historische Traditionen. Dabei wurde eine gemeinsame Identität betont, die früh auch die Zugezogenen einband. Große Stadt- und Volksfeste wie der Cannstatter Wasen in Stuttgart, das Münchener Oktoberfest, die Größte Kirmes am Rhein in Düsseldorf oder die Cranger Kirmes im Ruhrgebiet erlangten schnell eine überregionale Bekanntheit und Anziehungskraft. Zunächst als politische Veranstaltungen entwickelten sich ab dem 1980ern auch in Deutschland die Christopher Street Days (CSD) in verschiedenen Städten, die sich zunächst als Demonstrationen gegen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben wendeten. Benannt nach einem Aufruhr in der Christopher Street in New York fanden diese Veranstaltungen in Amerika und Europa schnell Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 24 weite Verbreitung in den Städten. Doch in den 1990ern begann eine Festivalisierung, welche die CSDs zu Festen mit Umzugsparaden veränderte, an denen vermehrt auch Menschen teilnahmen, die sich nicht der homosexuellen Szene zugehörig fühlten. 1996 fand der erste Karneval der Kulturen in Berlin statt, welcher das multiethnische Berlin zeigen will. Bewusst wurde dabei von den Veranstaltern, einer städtischen Einrichtung zur Betreuung von Migranten, dabei der Bezug zum Karneval gesetzt. Mit Musikformationen aus der ganzen Welt, aber auch mit entsprechenden Kostümen und Wagengestaltungen wird der zentrale Umzug seither immer größerer Anzugspunkt für die Bevölkerung ebenso wie für Touristen. aktuelle Ausübungsformen In der Gegenwart wird an immer mehr Orten das wohl berühmteste deutsche Stadtfest, das Münchener Oktoberfest, gefeiert. In verschiedensten deutschen und internationalen Kleinund Großstädten finden im Herbst Festivitäten statt, die als Oktoberfest bezeichnet werden und sich hauptsächlich durch die Verwendung von Stilmustern und Symbolen wie dem Dirndl oder blau-weißer Dekorationselemente als bayrisch titulieren. Bei Oktoberfesten außerhalb Münchens ist anzunehmen, dass die Mehrzahl der Dirndl- und Lederhosentragenden diese „Tracht“ eher als Verkleidung denn als regional-historisch entstandene Kleidung mit klarer Symbolhaftigkeit betrachten, zumal Dirndl und Lederhosen mittlerweile in Massenproduktion auch in Kostümläden zum Standardrepertoire gehören. Auch in karnevalesken Formen wie dem Christopher Street Day wird gerade die Kostümierung aus dem engeren Kontext von Karneval / Fastnacht übernommen. Nicht nur die aktiven Teilnehmer an den Umzügen – ein weiterer Bezugsrahmen zum Karnevalsken –, auch die Zuschauenden sind zum großen Teil verkleidet. Das Fest, entstanden als Rückbezug auf die gewalttätige Niederschlagung von Protesten für die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Liebe, findet heute nicht nur in der Szene lesbischer, schwuler, bi- und transsexueller Akteure großen Anklang, sondern wird verstärkt auch von anderen gesellschaftlichen Gruppen als Anlass zum Feiern wahrgenommen. Diese hybriden Formen zeigen die Vielfalt der Lebensrealitäten, betonen dabei jedoch stark das Positive und blenden gesellschaftliche Problemkontexte zumindest temporär aus. In der Gegenwart zeigt sich eine um sich greifende Festivalisierung als Spiegel gesellschaftlicher Verfasstheit. Große Events, wie der Berliner Karneval der Kulturen, der in mehreren Städten veranstaltete Christopher Street Day oder die Veränderungen in der Ausgestaltung von Stadtfesten zeigen hybride Mischformen, die als karnevaleske Formen der Festkultur bezeichnet werden können. Hier dominiert die kurzlebig verkehrte Welt als Gegenwelt zum Alltag. Zentral ist ein Gefühl des Miteinanders mit offeneren Handlungsspielräumen und eine Abkehr von der Zweckhaftigkeit des Seins. Es greifen die Mechanismen der Umkehrungen, Herabwürdigungen und Parodien, die Individualisierung wird temporär für ein Gemeinschaftsgefühl aufgehoben. Doch auch hier sind Ordnungsmechanismen vorhanden, es findet eine Disziplinierung der Feier durch ordnende Instanzen statt, welche die verkehrte Welt in einen geregelten Rahmen einbindet. Zudem nimmt die Eventisierung zu, welche planmäßig erzeugte Großveranstaltungen als einzigartige Erlebnisse in der Regel aus kommerziellen Interessen meint, die medial inszeniert wird. Die Straßenpartys entsprechen gleichzeitig dem mobilen Leben der Postmoderne. Zumal ist die wirtschaftliche Bedeutung karnevalesker Formen der Festivalisierung nicht zu unterschätzen. Allein im Kölner Karneval werden jährlich rund vier Milliarden Euro umgesetzt. Die Brauchformen werden dabei Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 25 öffentlich und medial inszeniert und verlieren hierdurch zumindest in Teilen ihre regionalen Spezifika. Weitergabe und Gefährdung Die Stadtfeste zeigen zunehmende Tendenzen von Festivalisierung. Besonders deutlich ist dies in den an verschiedensten Orten stattfindenden Oktoberfesten, welche mit wenigen Formen und Symbolen auf das Münchener Stadtfest Bezug nehmen, diese jedoch aus ihrem Kontext herauslösen. Gerade die hier beschriebenen verhältnismäßig neuen Formen des Karnevalesken bringen ganz andere Bedeutungskontexte in den Festkontext ein: im Karneval der Kulturen wird explizit auf die multiethnische Bevölkerung rekurriert, diese wird als etwas explizit Positives und Bereicherndes eingebunden. Ähnlich gilt es für die Vielfalt sexueller Identitäten im Christopher Street Day. Insgesamt lässt sich feststellen, dass das Bedürfnis nach einem Ausbruch aus dem Alltag, welcher zugleich eine Strukturierung des Jahreslaufes bildet, gegeben zu sein. thematische Bereiche gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste) Bezeichnung Wandel der Bräuche im Jahreslauf am Beispiel Sankt Martin und Halloween Quellenverzeichnis 09.11.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Britta Beeger: Martinstag. Der Gans geht es an den Kragen.99 08.11.2012, Frankfurter Rundschau, Regine Seipel: Sankt Martin. Wo gibt's die beste Gans.100 06.11.2012, Süddeutsche Zeitung, John Lambert: Mein Deutschland. Halloween früher und jetzt.101 04.11.2012, Welt am Sonntag, Till-R. Stoldt: Sankt Martin war ein frommer Mann.102 03.11.2012, Frankfurter Rundschau, Elena Weidt: Halloween Ginnheim. Der Geisterspielplatz.103 31.10.2012, Die Welt: Happy Halloween. Hexen waren gestern – Der Trend geht zum Monster.104 31.10.2012, Frankfurter Rundschau, Clara Hebel und Annsophie Rohde: Halloween Frankfurt. Frankfurt, mach dich auf was gefasst!105 99 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. http://www.fr-online.de/ratgeber/sankt-martin-wo-gibt-s-die-beste-gans,1472794,20821244.html 101 http://www.sueddeutsche.de/service/mein-deutschland-halloween-frueher-und-jetzt-1.1515407 102 http://www.welt.de/print/wams/nrw/article110595969/Sankt-Martin-war-ein-frommer-Mann.html 103 http://www.fr-online.de/frankfurt/halloween-ginnheim-der-geisterspielplatz,1472798,20780694.html 104 http://www.welt.de/vermischtes/article110446075/Hexen-waren-gestern-Der-Trend-geht-zumMonster.html 105 http://www.fr-online.de/frankfurt/halloween-frankfurt-frankfurt--mach-dich-auf-was-gefasst,1472798,20752730.html 100 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 26 31.10.2012, Frankfurter Rundschau, Christina Franzisket: Domäne Mechtildshausen. Halloween echt amerikanisch.106 31.10.2012, Spiegel Online, Judith Horchert: Geeky Halloween: So wird der Kürbis zum Todesstern.107 31.10.2012, Der Stern, Carsten Heidböhmer: Brauchtum Halloween. Warum es am Reformationstag Saures gibt.108 30.10.2012, Die Welt: Kürbis mit Stammbaum: Gute Gene für großen Nachwuchs.109 30.10.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Reiner Burger: Halloween Ein Nachbar zum Gruseln.110 29.10.2012, Die Welt Kompakt: Das Geschäft mit dem Grusel.111 29.10.2012, Frankfurter Rundschau: Ob als Suppe oder Gnocchi: Kürbisgerichte zu Halloween.112 29.10.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Peter Lückemeier: Kommentar. Blutsuppe, Kürbismatsch.113 28.10.2012, Welt am Sonntag: Süßes oder Saures?114 28.10.2012, Welt am Sonntag: Gruseliges Gemüse.115 17.10.2012, Frankfurter Rundschau: Halloween-Spektakel. Fratzen auf Burg Frankenstein.116 13.09.2012, Frankfurter Rundschau: Gruselige Kugeln aus dem Garten - Kürbisse ernten.117 09.11.2011, Die Zeit, Redaktion KinderZEIT: Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind.118 08.11.2011, Frankfurter Rundschau, Clemens Dörrenberg: Martinsumzüge. Santa Martina.119 08.11.2011, Frankfurter Rundschau, Sandra Busch: Martinsumzüge in Frankfurt. Wohin mit meiner Laterne?120 106 http://www.fr-online.de/wiesbaden/domaene-mechtildshausen-halloween-echtamerikanisch,1472860,20756542.html 107 http://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/halloween-der-geeks-ein-kuerbis-mit-dem-todesstern-a864473.html 108 http://www.stern.de/lifestyle/lebensart/brauchtum-halloween-warum-es-am-reformationstag-sauresgibt-1745520.html 109 http://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article110381927/Kuerbis-mit-Stammbaum-Gute-Genefuer-grossen-Nachwuchs.html 110 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 111 http://www.welt.de/print/welt_kompakt/koeln/article110337942/Das-Geschaeft-mit-dem-Grusel.html 112 http://www.fr-online.de/verbraucher/ob-als-suppe-oder-gnocchi--kuerbisgerichte-zuhalloween,1473052,20734530.html 113 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 114 http://www.welt.de/print/wams/nrw/article110319403/Suesses-oder-Saures.html 115 http://www.welt.de/print/wams/wirtschaft/article110319307/Gruseliges-Gemuese.html 116 http://www.fr-online.de/kreis-gross-gerau/halloween-spektakel-fratzen-auf-burgfrankenstein,1473014,20616628.html 117 http://www.fr-online.de/wohnen/gruselige-kugeln-aus-dem-garten---kuerbisseernten,3242122,17240538.html 118 http://blog.zeit.de/kinderzeit/2011/11/09/sankt-martin-ritt-durch-schnee-und-wind_10949 119 http://www.fr-online.de/freizeittipps/martinsumzuege-santa-martina,1474298,11115522.html Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 27 01.11.2011, Die Zeit, Mark Spörrle: Das Halloween der Väter.121 31.10.2011, Spiegel Online, Frank Patalong: Halloween-Kürbisse: Spukgesichter zum Fürchten.122 31.10.2011, Die Welt: Kürbis, Klum & Co. Was zum Teufel ist eigentlich Halloween? 123 31.10.2011, Die Welt: Trick or treat.124 31.10.2011, Süddeutsche Zeitung, Sarah K. Schmidt und Violetta Simon: Halloween. Kampf der Kürbisse.125 31.10.2011, Der Stern, Carsten Heidböhmer: Halloween. Wie Deutschland das Gruseln lernte.126 28.10.2011, Der Stern: Halloween 2011. Blut schmeckt meistens nach Erdbeere.127 27.10.2011, Die Welt: Christliche Feste. Kirche kämpft mit Luther-Bonbons gegen Halloween.128 22.10.2011, Spiegel Online: pern.129 Halloween in Freizeitparks: Heulen, Kreischen, Zähneklap- 11.11.2010, Die Zeit, ZEITmagazin, Matthais Stolz: Deutschlandkarte. Martinsbräuche.130 05.11.2010, Frankfurter Rundschau, Alina-Louise Kramer: Feiern & Ausgehen. Martinszug.131 05.11.2010, Frankfurter Rundschau, Sandra Busch: Freizeit. Laterne, Laterne.132 31.10.2010, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Sibylle Tönnies: 31. Oktober. In dieser Nacht sind alle Grenzen offen.133 30.10.2010, Die Welt: Heidnische Tradition. 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Der Event-Kürbis.136 18.10.2010, Frankfurter Rundschau, Jan Paulin: Interview zu Halloween. „Keine Konkurrenz zu christlichen Festen“.137 01.11.2009, Welt am Sonntag: Halloween ist auch eine Chance.138 01.11.2009, Spiegel Online: Halloween weltweit: Schweine, Gerippe und tote Popstars.139 30.10.2009, Die Zeit, Maxie Thielemann: Hexen an Halloween. Magische Selbstverwirklichungs-Gruppe.140 30.10.2009, Süddeutsche Zeitung, Ulrike Bretz: Zum Gruseln. Halloween scheidet die Geister.141 30.10.2009, Süddeutsche Zeitung, Willi Winkler: Pseudo-Brauchtum. Zur Hölle mit Halloween!142 30.10.2009, Süddeutsche Zeitung, Uwe Ritzer: Halloween. Alle wollen Kürbis.143 30.10.2009, Süddeutsche Zeitung, Joachim Käppner: NullAchtNeun. Von Kürbissen und Gruselknirpsen.144 18.12.2008, Süddeutsche Zeitung, Matthias Drobinski: Halloween. Kirche gegen Kürbisköpfe.145 09.11.2008, Welt am Sonntag, Till-Reimer Stoldt: Irrational, asketisch, gewinnend: Sankt Martin. 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Dort oben leuchten die Sterne.152 31.10.2006, Der Stern: Halloween. Mit Angst und Grusel spielen.153 13.10.2006, Die Welt: Lust am wohligen Grauen.154 06.10.2006, Die Welt: Lutherbonbons sollen „Halloween“-Geister vertreiben.155 12.11.2005, Die Welt: St. Martin zu Ehren: Mit Laternen durch die Straßen.156 31.10.2005, Der Stern: Halloween. Einzelhandel im Kürbis-Rausch.157 30.10.2005, Frankfurter Allgemeine Zeitung: Leitartikel. Bildung statt Lutherbonbons.158 30.10.2005, Spiegel Online, Sebastian Knauer: Halloween-Aktion: Lutschen für Luther.159 25.10.2005, Der Stern: Halloween-Einkauf. Leichenteile für jeden Geschmack.160 11.11.2004, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Martina Dreisbach: Sankt Martin. Gans und gar.161 05.11.2004, Spiegel Online, Cornelia Höhling: Tours: Auf St. Martins Spuren.162 31.10.2004, Frankfurter Allgemeine Zeitung: Gespensterfest. Der Markt zum Gruseln - Wirtschaftsfaktor Halloween.163 29.10.2004, Frankfurter Allgemeine Zeitung: Kommentar. 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Ein Tag voller Traditionen.167 09.11.2003, Welt am Sonntag: Halloween verdrängt St. Martin.168 151 http://www.welt.de/print-welt/article93549/Laterne-Laterne-Lichtblicke-am-Martinstag.html Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 153 http://www.stern.de/reise/deutschland/halloween-mit-angst-und-grusel-spielen-575225.html 154 http://www.welt.de/print-welt/article159299/Lust-am-wohligen-Grauen.html 155 http://www.welt.de/print-welt/article157617/Lutherbonbons-sollen-Halloween-Geistervertreiben.html 156 http://www.welt.de/print-welt/article177467/St-Martin-zu-Ehren-Mit-Laternen-durch-dieStrassen.html 157 http://www.stern.de/wirtschaft/news/unternehmen/halloween-einzelhandel-im-kuerbis-rausch548359.html 158 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 159 http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/halloween-aktion-lutschen-fuer-luther-a-382351.html 160 http://www.stern.de/lifestyle/mode/halloween-einkauf-leichenteile-fuer-jeden-geschmack548264.html 161 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 162 http://www.spiegel.de/reise/europa/tours-auf-st-martins-spuren-a-326284.html 163 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 164 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 165 http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/meldungen/halloween-kuerbis-kult-laesst-kassenklingeln-531619.html 166 http://www.welt.de/print-welt/article272853/Glaenzende-Kinderaugen-zur-Martins-Nacht.html 167 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 152 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 30 06.11.2003, Die Zeit: Halbe-halbe. [Rezension Manfred Becker-Huberti: Der heilige Martin]169 31.10.2003, Der Stern: Halloween. Gruseliges Geschäft.170 30.10.2003, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Theo Stemmler: Halloween. An jeder Ecke lauerndes Leuchten.171 10.11.2002, Die Welt, Michaela Freund: Für Sankt Martin: Deutsche Mäster quälen Gänse zu Tode.172 31.10.2002, Die Welt: Wenn Kürbisse leuchten.173 31.10.2002, Die Zeit, Tom Schimmeck: Der große Hallowahn174 31.10.2002, Die Zeit: Cooler Kürbis.175 12.10.2002, Die Welt: Grusel-Rausch im Kaufhaus.176 09.10.2002, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Eva Mayer-Wolk: Erntezeit. Mehr als nur Zierde: Der Kürbis.177 30.10.2001, Die Welt: Ein Geschäft zum Gruseln.178 30.10.2001, Frankfurter Allgemeine Zeitung: Stichwort: Halloween. So feierten und feiern die Kelten, die Amerikaner, die Europäer.179 28.10.2001, Welt am Sonntag: Die Nacht der Kürbisse.180 25.10.2001, Die Welt: Geisterspuk zum keltischen Winteranfang.181 22.10.2001, Die Welt: Deutsche Gemüse-Bauern profitieren von Halloween.182 01.11.2000, Die Welt: Wo die Geister zu Hause sind.183 31.10.2000, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Jens Meyer: Einzelhandel. Das Geschäft mit der Geisterstunde.184 30.10.2000, Der Spiegel, Susanne Beyer: Feste. Germanen auf dem Horrortrip.185 168 http://www.welt.de/print-wams/article102631/Halloween-verdraengt-St-Martin.html http://www.zeit.de/2003/46/Halbe-halbe 170 http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/meldungen/halloween-gruseliges-geschaeft515066.html 171 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 172 http://www.welt.de/print-wams/article122384/Fuer-Sankt-Martin-Deutsche-Maester-quaelenGaense-zu-Tode.html 173 http://www.welt.de/print-welt/article419196/Wenn-Kuerbisse-leuchten.html 174 http://www.zeit.de/2002/45/Der_grosse_Hallowahn 175 http://www.zeit.de/2002/45/Cooler_Kuerbis 176 http://www.welt.de/print-welt/article415969/Grusel-Rausch-im-Kaufhaus.html 177 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 178 http://www.welt.de/print-welt/article484293/Ein-Geschaeft-zum-Gruseln.html 179 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 180 http://www.welt.de/print-wams/article616575/Die-Nacht-der-Kuerbisse.html 181 http://www.welt.de/print-welt/article483417/Geisterspuk-zum-keltischen-Winteranfang.html 182 http://www.welt.de/print-welt/article482659/Deutsche-Gemuese-Bauern-profitieren-vonHalloween.html 183 http://www.welt.de/print-welt/article541665/Wo-die-Geister-zu-Hause-sind.html 184 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 185 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-17704695.html 169 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 31 30.10.2000, Die Welt: Halloween.186 09.11.1999, Die Welt: Von Martinsgänsen und anderen Bräuchen.187 29.10.1999, Spiegel Online, Sarah Sebhatu: Halloween: Kollektiver Kürbis-Wahn.188 Sekundärliteratur Becker-Huberti, Manfred: Der Heilige Martin. 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Hieran zeigt sich besonders deutlich die Orientierungsfunktion von Brauchterminen im Jahreslauf, die in einer entsakralisierten Gesellschaft mit neuer Bedeutung belegt werden. Historische Entwicklung Bräuche sind kulturelle Totalphänomene und Grundbausteine unserer Kultur. Sie folgen Regeln des sozialen Handelns in einem Kommunikationsprozess, bestehen in der Regel aus mehreren Handlungselementen und haben dabei zeichenhafte Funktionen, welche die Brauchausübenden kennen und deuten können. Ein Brauch erfordert eine bestimmte Regelmäßigkeit und Wiederkehr, etwa im Jahres- oder Lebenslauf, und eine den Brauch ausübende Gruppe, für welche das Handeln eine Bedeutung erlangt. Diese Kulturmuster befriedigen menschliche Grundbedürfnisse nach Orientierung, Struktur und Zeiteinteilung. Natur- und Kirchenjahr bestimmen zyklische Bräuche im Jahreslauf. Brauchhandlungen geben tradiertes Wissen weiter, die Bräuche wandeln sich dabei ständig, können an Bedeutung verlieren oder auch neu entstehen. Dabei besteht ein ständiges Wechselspiel zwischen Tradition und Wandel, Beharrung und Anpassung sowie zwischen Statik und Dynamik. Die meisten Bräuche sind regional spezifisch geprägt, durch die mobile Kommunikationsgesellschaft vollzieht sich jedoch eine zunehmend nationale und auch europäische Homogenisierung. Als Beispiel soll hier der Martinstag in Verbindung mit Halloween dienen. Sankt Martin als Termin des Kirchenjahres war in der Vormoderne Termin für Fronabgaben, den Abschluss von Pachtverträgen, aber auch für den Gesindewechsel. Am Patronatstag des Heiligen Martin, dem 11. November, fanden Feste zum Abschluss der Ernte und Beginn der Weihnachtszeit statt. Mit den Abgaben wurde oft auch das Winterschlachten verbunden, gleichzeitig war die Weinlese zu dieser Jahreszeit beendet und der junge Wein konnte probiert werden. Vor Beginn der vorweihnachtlichen Fastenzeit mussten verderbliche Lebensmittel wie Eier und Milch verbraucht werden. Die Gans als Naturalabgabe wurde als MarExemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 33 tinsgans vielerorts als Braten zubereitet. Der Tag hatte im Alltag der Menschen eine große Bedeutung, die er auch mit der Industrialisierung nicht verlor. Allerdings wandelte sich das Geschehen am Martinstag. Der Heilige Martin, der seinen Mantel mit einem Armen teilt, war für die bürgerliche Pädagogik gut geeignet, um das Teilen als kulturelle Norm an Kinder zu vermitteln. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert fanden vor allem im Rheinland Martinsumzüge statt, in deren Rahmen die Geschichte des Heiligen erzählt wurde. Die Kinder gingen im Anschluss von Haus zu Haus, sangen Martinslieder und sammelten Gaben, ein so genannter Heischebrauch. Mit selbst gebastelten Laternen wurde zudem an eine Lichtsymbolik angeknüpft, die in der dunklen Jahreszeit vor der Elektrifizierung große Bedeutung hatte und durch ein abschließendes Martinfeuer noch verstärkt wurde. Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts wurde in terminlicher Nähe jedoch ein anderer Brauch eingeführt, der aus den USA und vor allem aus den Medien übernommen wurde. Halloween am Abend vor Allerheiligen (All Hallows Eve) greift bekannte Handlungsmuster wie das Heischen auf: auch hier gehen die Kinder von Tür zu Tür und bitten um Gaben. Allerdings wird dieses nicht mehr verbunden mit einer Erzählung der moralischen Wertigkeit des Teilens, sondern mit der Androhung von Sanktionen in Form des Spruchs „Süßes oder Saures“. Gleichzeitig werden hier karnevaleske Formen sichtbar, denn das „gruselige“ Verkleiden ist fester Bestandteil der Brauchausübung auch der Erwachsenen, welche sich vor allem in Mottopartys zeigt. Bereits im 19. Jahrhundert war Halloween mit irischen Auswanderern in die USA gelangt und hatte sich dort rasch etabliert, gleichzeitig jedoch in Form und Funktion gewandelt. Erst hier entstanden heute verbreitete Motive wie der ausgehölte und mit Grimasse verzierte Kürbis, in welchen eine Kerze gesetzt wird. Seit den 1930er Jahren setzten sich Heischebräuche von verkleideten Kindern durch, die mit Sprüchen wie „Trick or Treat“ Süßigkeiten in der Nachbarschaft sammelten. Mit amerikanischen Besatzungssoldaten, vor allem aber mit den sich globalisierenden Medien und entsprechenden Thematisierungen gewann Halloween auch in Deutschland zunehmend an Bekanntheit. Seit den 1990ern findet sich eine entsprechende Symbolik vermehrt in der Werbung sowie in speziellen Veranstaltungen zunächst von Irish Pubs, dann auch anderer Kneipen und Diskotheken. Gruselund Horrorkostüme sowie Kürbis- und Gespenstmotive in der Dekoration begleiteten diese Veranstaltungen. Privathaushalte griffen die Motive auf und integrierten sie in herbstliche Dekorationen, auch weil der Einzelhandel entsprechende Artikel schnell ins Sortiment integrierte. Damit einher ging eine zunehmende Verwendung des Nahrungsmittels Kürbis in der Herbstzeit. Doch auch der Heischebrauch verbreitete sich schnell, so dass seit den späten 1990er Jahren immer mehr gruselig verkleidete Kinder am Abend des 31. Oktobers vor den Haustüren standen. Jedem Brauch liegt eine Regelmäßigkeit zugrunde, meist im Jahres- oder im Lebenslauf, so dass eine Rhythmisierung in Alltag und Festtage bewirkt wird, der Orientierungsfunktion zukommt. Dabei geben die Brauchhandlungen Aufschluss über den funktionalen Kontext und über Motivation und Intention der Brauchausübenden im sozialen Kontext, aber auch über die gruppenspezifischen kulturellen Wert- und Normstrukturen. In der pluralistischen Gesellschaft kommt es zu einer Vervielfältigung der Brauchformen. Doch sind diese auch in der Vergangenheit jeweils Übergangsformen gewesen, welche in der je gelebten Ordnung stimmig waren und in einem dynamischen Prozess ständigem Wandel unterlagen. Solche Bräuche befriedigen menschliche Grundbedürfnisse nach Orientierung, Struktur und Zeiteinteilung. Sie ermöglichen Aussagen zu Gruppenidentitäten, zur Strukturierung und zu Veränderungsprozessen der Alltagskultur. Die meisten Brauchformen sind regional spezifisch Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 34 geprägt, durch die mobile Kommunikationsgesellschaft vollzieht sich jedoch eine zunehmende nationale und auch europäische Homogenisierung. aktuelle Ausübungsformen Die Martinsumzüge in regionalen Formen werden in der Gegenwart in lokalen Zusammenschlüssen durchgeführt. In Kindergärten und Schulen werden die Umzüge vor- und nachbereitet, so ist das Basteln von Laternen fest in den Kunstunterricht des Herbstes integriert, zudem werden entsprechende Lieder gemeinsam eingeübt und am Martinsabend gesungen. Die Umzüge finden meist nach Klassen aufgestellt statt und werden durch die örtlichen Musikvereine, Feuerwehr und Hilfsdienste begleitet. Auch die Kirche spielt nach wie vor eine Rolle, denn entsprechende Gottesdienste sind ebenfalls Bestandteil des Brauchkomplexes. Als Abschluss der Umzüge finden an zentralen Plätzen der Städte und Dörfer Martinsfeuer statt, danach wird der Heischegang, auch „schnörzen“ oder „krippschen“ genannt, in Kleingruppen organisiert. Sankt Martin hat sich zum Brauchtermin vorrangig für Kinder gewandelt, in der Alltagskultur Erwachsener hat allein die Martinsgans in Form eines saisonalen Gerichts noch eine Bedeutung, wobei diese in der Regel nicht mehr mit dem Erntejahr in Verbindung gebracht wird. Der Kürbis als vielfältig einsetzbares, zudem kalorienarmes Saisongemüse steht der Gans jedoch an Bedeutung kaum noch nach. Das Kulturmuster Halloween setzt sich zunehmend und unabhängig von Altersgruppe oder regionaler Spezifika durch. Befördert durch umfangreiche Medienberichterstattung finden seit einigen Jahren öffentliche und private Halloween-Partys statt, deren zentrales Spezifikum das Motiv des Grusels ist. Entsprechende Verkleidungen sind, ähnlich wie in der Karnevalssession, in Kaufhäusern erhältlich, auch Getränke und Snacks werden mit Horror-Motiven angeboten. Kommerzielle Abendveranstaltungen werden durch den gesetzlichen Feiertag Allerheiligen am Folgetag begünstigt. Nicht nur von kirchlicher Seite wird Halloween kritisiert, die in beiden Konfessionen mit dem Reformationstag am 31. Oktober bzw. Allerheiligen am 1. November um die schwindende Bedeutung religiöser Brauchtermine fürchtet. Auch in der Medienberichterstattung wird die zunehmende Amerikanisierung und Globalisierung der Kultur immer wieder kritisch betrachtet. Der Brauchtermin hat sich nicht nur in Deutschland, sondern in weiten Teilen Europas fest etabliert. Viele Motive und Handlungselemente, wie der Heischebrauch der Kinder, das Verkleiden oder die saisonal spezifische Speisenpalette sind aus anderen Kontexten bereits bekannt und setzen sich so schnell durch. Wie Sankt Martin ist eine Vielzahl der Bräuche im Jahreslauf aus der christlichen Liturgie und deren lebensweltlichen Bedeutung entstanden. In der entsakralisierten Gesellschaft schwindet die religiöse Bedeutung von Bräuchen, dies kann zu einem Brauchsterben führen, alte Strukturen brechen weg. Daraus entsteht jedoch auch ein Popularisierungsschub für neue Bräuche mit veränderten Funktionen. Dies führt zu einer Fülle weiterhin gelebter Bräuche, bleibt doch die Orientierungsfunktion notwendig und wird durch nicht-religiöse Kulturmuster befriedigt. Christliche Symbole und Handlungsanleitungen bleiben häufig erhalten, werden in ihrer christlichen Bedeutung jedoch nicht mehr entschlüsselt. Dieser tiefgreifende Wandel vollzieht sich hin zu einer bewussten und zielgerichteten Inszenierung, denn „Brauchfunktionäre“ ordnen das Geschehen und inszenieren dieses gleichzeitig, etwa für den Tourismus. Weitergabe und Gefährdung Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 35 Halloween als vergleichsweise junges Kulturmuster unterliegt keiner Gefährdung, denn der Brauchtermin wird von Jahr zu Jahr populärer und von unterschiedlichen sozialen Gruppen ausgeübt. Der Termin ist jedoch eng an kommerzielle Interessen geknüpft und unterliegt damit der Gefahr, lediglich von der Wirtschaft gefördert zu werden. Sankt Martin hingegen ist in den letzten Jahren aus der öffentlichen Aufmerksamkeit eher verschwunden, dem Termin kommt medial und kommerziell kaum Bedeutung zu. Er wird aufrechterhalten durch die pädagogischen Institutionen sowie die katholische Kirche. Gerade in Wandel und Zusammenhang beider Termine liegt jedoch eine Innovation und ein Prinzip, welches auch in vielen anderen Kulturmustern sichtbar wird. Bekannte Elemente und Handlungen werden dem veränderten Kontext angepasst und mit neuen Bedeutungen belegt. Hier zeigt sich besonders der historisch bedingte Wandel auch in der Gegenwart. thematische Bereiche gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste Bezeichnung Berufsbedinge Bräuche am Beispiel der Bergmannsgesänge Quellenverzeichnis 03.06.2012, Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Pascal Hesse: Eine Klangbrücke fürs Revier.189 03.05.2012, Die Welt: NRW Kompakt Düsseldorf. 50.000 Sänger melden sich für Day of Song.190 16.10.2011, Welt am Sonntag, Christiane Hoffmans: Kulturspitzen. Frisches Geld für alte Bekannte?191 12.10.2011, Die Welt: "Ruhr.2010". Kommunen wollen Kultur-Projekte fortsetzen.192 04.05.2011, Süddeutsche Zeitung: Kulturhauptstadt 2010: Ruhr/Essen. Perlen im Ruhrgebiet.193 20.12.2010, Süddeutsche Zeitung, J. Schloemann: Kulturhauptstadtjahr im Ruhrgebiet. „Woanders is auch scheiße“.194 20.12.2010, Frankfurter Allgemeiner Zeitung, Andreas Rossmann: Ein Jahr im Ruhrgebiet. Pott-Pourri Kulturhauptstadt.195 18.12.2010, Die Welt, Rolf Schraa: Kulturhauptstadt. Finale mit kalten Füßen – Ruhr.2010 189 http://www.derwesten.de/staedte/essen/eine-klangbruecke-fuers-revier-id6728152.html http://www.welt.de/print/welt_kompakt/duesseldorf/article106253096/NRW-KompaktDuesseldorf.html 191 http://www.welt.de/print/wams/nrw/article13663162/Frisches-Geld-fuer-alte-Bekannte.html 192 http://www.welt.de/regionales/duesseldorf/article13656826/Kommunen-wollen-Kultur-Projektefortsetzen.html 193 http://www.sueddeutsche.de/reise/kulturhauptstadt-ruhressen-perlen-im-ruhrgebiet-1.76510 194194 http://www.sueddeutsche.de/kultur/kulturhauptstadtjahr-im-ruhrgebiet-woanders-is-auchscheisse-1.1038225 195 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 190 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 36 geht zu Ende.196 14.12.2010, Die Zeit, Christoph Siemes: Liedkultur. Das Volk singt wieder.197 16.09.2010, Die Zeit, Christoph Siemes: Ruhr 2010. Hurra, wir machen etwas Großes!198 05.09.2010, Welt am Sonntag, Stefan Keim: Melodien für Millionen.199 23.06.2010, Die Zeit, Christoph Siemes: Kulturhauptstadt Ruhr 2010. Klarer Fall von Projektitis.200 17.05.2010, Süddeutsche Zeitung, Dirk Graalmann: Europäische Kulturhauptstadt Ruhr 2010. „Komm zur Ruhr“.201 05.06.2010, WDR: Komm zur Ruhr (Herbert Grönemeyer), Chor bei !SING - DAY OF SONG.202 05.06.2010, Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Chorprojekt. Tausende geben der Kulturhauptstadt ihre Stimme.203 05.06.2010, Frankfurter Rundschau: Ruhr.2010. Das Revier singt.204 05.06.2010, Frankfurter Rundschau: Das Ruhrgebiet singt - «Day of song» gestartet. 31.05.2010, Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Annika Fischer: Ruhr.2010. Day of Song tausend Stimmen für das Revier.205 17.05.2010, Süddeutsche Zeitung, Sonja Zekri: Interview mit Fritz Pleitgen. Ein langer Tisch auf der A40.206 03.05.2010, Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Annika Fischer: Ruhr.2010. Chor-Projekt soll der Region aus der Singkrise helfen.207 10.04.2010, Der Stern: Kulturhauptstadt Ruhr.2010. Wann sich die Reise in den Kultur-Pott lohnt.208 09.12.2009, Der Spiegel: Kulturhauptstadt Ruhr 2010: Licht im Schacht.209 22.10.2008, Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Gelsenkirchen. Riesenchor auf Schalke geplant.210 196 http://www.welt.de/kultur/article11715710/Finale-mit-kalten-Fuessen-Ruhr-2010-geht-zu-Ende.html http://www.zeit.de/2010/50/Volkslieder/komplettansicht 198 http://www.zeit.de/2010/38/WMIH-Mahler 199 http://www.welt.de/welt_print/regionales/koeln/article9407234/Melodien-fuer-Millionen.html 200 http://www.zeit.de/2010/25/Ruhrgebiet-Kulturhauptstadt/komplettansicht 201 http://www.sueddeutsche.de/kultur/europaeische-kulturhauptstadt-ruhr-komm-zur-ruhr-1.53775 202 http://www.youtube.com/watch?v=k8gFxkXi-GA 203 http://www.derwesten.de/nachrichten/tausende-geben-der-kulturhauptstadt-ihre-stimmeid3352205.html 204 http://www.fr-online.de/kultur/ruhr-2010-das-revier-singt,1472786,4471112.html 205 http://www.derwesten.de/kultur/day-of-song-tausend-stimmen-fuer-das-revier-id3539789.html 206 http://www.sueddeutsche.de/kultur/interview-mit-fritz-pleitgen-ein-langer-tisch-auf-der-a-1.634594 207 http://www.derwesten.de/kultur/chor-projekt-soll-der-region-aus-der-singkrise-helfenid3497362.html 208 http://www.stern.de/kultur/kunst/kulturhauptstadt-ruhr2010-wann-sich-die-reise-in-den-kultur-pottlohnt-1534069.html 209 http://www.spiegel.de/reise/deutschland/kulturhauptstadt-ruhr-2010-licht-im-schacht-a-665874.html 210 http://www.derwesten.de/staedte/gelsenkirchen/riesenchor-auf-schalke-geplant-id1001089.html 197 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 37 Sekundärliteratur Borsdorf, Ulrich; Eskildsen, Ute (Hg.): Untertage. 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Ruhrgebiet Organisation „!Sing - Day of Song“: Ruhr Tourismus GmbH (Nachfolgegesellschaft Ruhr.2010 GmbH) Kurzbeschreibung Die historische Bindung der Handwerker an ihre Berufsstände ist hoch. Bereits im Mittelalter in Zünften organisiert, blieben diese Organisationsformen in ihrer Struktur erhalten, wandelten sich jedoch in ihren Bedeutungen. Mit der Industrialisierung verlor das Handwerk seine prägende Rolle, die Zahl der Arbeiter wuchs ständig. Die ehemals handwerklich ausgeübten Tätigkeiten verlagerten sich in die industrielle Produktion, doch wurden viele der Organisationsformen und vor allem der berufsspezifischen Bräuche beibehalten. Dies gilt auch für den Bergbau, wo zunächst Knappenvereine die Traditionen aufrechterhielten und weiterentwickelten. Im 21. Jahrhundert wird das industrielle Erbe beispielsweise in der ehemaligen Bergbauregion Ruhrgebiet unter anderem durch eine aktive Singkultur insbesondere bergmännischer Lieder wie dem „Steigerlied“ weitergegeben. Historische Entwicklung In der Vormoderne wurde der Bergbau in kleinen Betrieben durchgeführt, in denen wenige Bergleute mit großem Spezialwissen den Abbau von Rohstoffen wie etwa Erz im Erzgebirge, Salz im heutigen Niedersachsen oder Steinkohle im Saarland betrieben. Die Bergleute waren in Knappschaften organisiert, die unter anderem Kranken- und Rentenversicherung, aber auch das gesellschaftliche Leben organisierten. Mit der Industrialisierung wurden weitere Abbaugebiete vor allem im Ruhrgebiet erschlossen. Hier konzentrierte sich auch der industrielle Steinkohleabbau, der innerhalb weniger Jahrzehnte Millionen von Menschen auf der Suche nach Arbeit in die Region brachte. Die Knappschaften als Organisationsform verloren an Bedeutung und die Bräuche wandelten sich mit den veränderten Bedingungen. Neue Gruppenidentitäten und eine andere Strukturierung der Alltagskultur ließen einige Formen wegbrechen, andere gewannen an Relevanz. Mit dem Aufstieg des Bürgertums begann im 18. Jahrhundert die Organisation gesellschaftlicher Gruppen mit gemeinsamen Interessen in Vereinen. Vom Lesezirkel über den Turnund Sportverein bis zu politischen und anderen unterschiedlichsten Vereinen prägt Deutschland seither ein äußerst reges Vereinsleben. Sowohl Organisationen mit mehr als hundertjähriger Tradition als auch neu gegründete, sowohl Vereine mit vielen Tausend Mitgliedern als auch kleine Gruppen entstanden. Eine besondere Rolle spielten im Bergbau die Knap- 211 http://www.liederlexikon.de/lieder/glueck_auf_glueck_auf_der_steiger_kommt Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 40 penvereine, die nach der Liberalisierung des Bergrechts und Abschaffung der ständischen Organisationsform Aufgaben der Knappschaften aufgriffen und sie den geänderten Bedingungen anpassten. Die Mitgliedschaft war hier nun freiwillig, doch im Rahmen des Vereins wurden bekannte Verhaltensweisen und Bindungen aufrechterhalten. Die einzelnen Vereine blieben oft auf eine Zeche beschränkt, die Mitglieder kannten sich von der Arbeit. Bis zur Jahrhundertwende blieben hier ständische Formen in überkommenen, mehr und mehr sinnentleerten Symbolen und Handlungen erhalten. Vereinheitlichte Uniformen spiegelten ein Bild des Bergmanns, was schon vor der Industrialisierung nur selten in der Praxis anzutreffen war, Vereinsfeste waren oft stark an religiöse Rituale gekoppelt. Zu den verschiedensten Anlässen wurden Bergmannslieder gesungen, als bekanntestes Beispiel soll hier nur das „Steigerlied“ mit dem Refrain „Glück auf, der Steiger kommt“ genannt werden, dessen Text sich auf die Hierarchien unter Tage und die Kontrolle der Bergleute durch ihren Vorgesetzten, den Steiger, bezieht. Auch im 20. Jahrhundert behielten die Knappenvereine ihre Relevanz im Ruhrgebiet, die weiterhin stark durch Bergleute und ehemalige Bergleute geprägt waren. Gleichzeitig blieben auch die Bergmannsgesänge bedeutsam, auch beim Protest gegen Zechenschließungen in den 1960ern wurden diese immer wieder gesungen. Mit dem Strukturwandel wurden die Knappenvereine mehr und mehr zu Organisationen, in denen vor allem ehemalige Bergleute ihren Bräuchen und Traditionen nachgingen. Die Mitgliederstruktur alterte und besteht zu Beginn des 21. Jahrhunderts fast ausschließlich aus Rentnern. aktuelle Ausübungsformen Die Gesangstraditionen der Bergleute lebten jedoch in anderen Kontexten im Ruhrgebiet weiter. Das Steigerlied wird etwa bei Heimspielen des Fußballclubs FC Schalke 04 vor Spielbeginn im Stadion eingespielt. Herbert Grönemeyer, der wohl bekannteste Pop-Sänger des Ruhrgebiets, stimmt bei Livekonzerten vor seinem Song „Bochum“ meist die erste Strophe des Steigerlieds an. Ähnliche Tendenzen gelten auch für das Saarland als zweiter Region Deutschlands mit starker Bindung an den Steinkohlebergbau sowie im Erzgebirge. Auch hier sind die Knappen- oder Bergsmannsvereine stark überaltert, die Kultur der Bergmannsgesänge lebt jedoch weiter. Der Saarländische Rundfunk nutzte die Melodie des Steigerlieds viele Jahre als Jingle des Senders, zahlreiche lokale und regionale Pop-Bands haben dieses im Repertoire, es wird bei Stadtfesten gesungen und bei Tanzveranstaltungen gespielt. Mit der Ernennung Essens für das Ruhrgebiet zur Kulturhauptstadt Europas 2010 gingen zahlreiche Initiativen einher, um die Verbundenheit der Region mit dem Bergbau zu aktualisieren und in ihrer heutigen Relevanz aufzuzeigen. Nicht nur mit den „Schachtzeichen“212 wurde die Bedeutung der Zechen hervorgehoben, auch die Umnutzung vieler Industriebrachen zu Stätten des Kulturbetriebs steht in diesem Zusammenhang. Eine weitere Initiative war der „!Sing - Day of Song“, der zum gemeinsamen Singen der Ruhrgebietsbevölkerung aufrief. Die organisierende Institution Ruhr.2010 berichtet: „Über eine Million Menschen vernahmen am 5. Juni 2010 mit großer Spannung das landesweite Radiosignal, das zum Mitsing-Impuls für alle singbegeisterten Menschen wurde, ob auf Marktplätzen, auf Schiffen, bei der Arbeit, im Auto oder im Krankenhaus. Alleine oder in der Gemeinschaft. Zwei Lieder wurden nacheinander um 12.10 Uhr angestimmt: Das alte Steigerlied ‚Glück Auf‘ und die 212 http://www.schachtzeichen.de/ Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 41 neue Hymne der Kulturmetropole: ‚Komm zur Ruhr‘ von Herbert Grönemeyer. GänsehautFeeling! Wir-Gefühl!“213 Hier zeigt sich, wie sehr die Bergmannsgesänge auch heute noch die Gruppenidentität prägen. Ein innovativer Umgang mit der gewachsenen Tradition ermöglichte die Aktualisierung der Traditionen. Die große Resonanz auf den „Day of Song“ zeigte sich schon im Kulturhauptstadtjahr selbst, etwa wenn bei weiteren Großveranstaltungen wie dem „Still-Leben“ auf der Autobahn A40214 das Steigerlied von Teilnehmern an verschiedenen Stellen der Strecke gesungen wurde. Das gemeinsame Singen wurde auch von den Bildungseinrichtungen als Möglichkeit der kulturellen Bildung erkannt und in der Folge verstärkt praktiziert. 2012 fand eine Folgeveranstaltung des „Day of Song“ mit über 50.000 aktiven Teilnehmern, verteilt über das ganze Ruhrgebiet, statt. Weitergabe und Gefährdung Die Einbindung eines Liedes, welches für einen Großteil der Bevölkerung einer Region lange Zeit prägend war, in neue gesellschaftliche Bräuche und Rituale ist als vorbildliche Weitergabe und Weiterentwicklung zu sehen. Dabei wird Neues und Altes miteinander verbunden, denn nicht mehr Bergarbeiter singen das Steigerlied, sondern die gesamte Bevölkerung macht mit. Vielfalt und Kreativität sind dabei explizit gewollt. Ein gefährdetes Kulturmuster wird damit aktualisiert und mit neuer Bedeutung belegt. Das Vorgehen im Ruhrgebiet könnte modellhaft auch in andere Regionen mit ehemals hoher Prägekraft durch eine Berufsgruppe übertragen werden. thematische Bereiche mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen in Verknüpfung mit gesellschaftlichen Bräuchen, Ritualen und Festen Bezeichnung Interkulturelle Imbisskulturen Quellenverzeichnis 02.01.2013, Die Zeit, Christian Staas: Gastarbeiterküche. Deutschland al dente.215 28.12.2012, Deutsche Welle, Michael Scaturro: Germany's fast-food favorite takes on the US.216 24.10.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Sarah Engel: Imbissbude in Wien. True Curry Wurst never dies.217 16.07.2012, Focus: Ernährung. Berlin oder Schwaben – Woher kommt der deutsche Döner?218 213 http://www.dayofsong.de/die_idee/die_idee.php http://www.ruhr2010.still-leben-ruhrschnellweg.de/ 215215 http://www.zeit.de/2012/52/Kuechengeschichte-Deutschland-Gastarbeiter 216 http://www.dw.de/germanys-fast-food-favorite-takes-on-the-us/a-16480726 217 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 218 http://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/geniessen/ernaehrung-berlin-oder-schwaben-woherkommt-der-deutsche-doener_aid_834788.html 214 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 42 26.03.2012, Focus, G. Stauch und M. Miersch: Brennpunkt. Fast Food.219 15.01.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Dirk Engelhardt: Frankfurter Würstchen. Der Inbegriff des Fastfood.220 11.01.2012, Süddeutsche Zeitung, Robert Lück: Niedergang der Imbissbuden. 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Träger der kulturellen Ausdrucksform geographische Verortung Imbissbetreiber und -personal; mögliche Ansprechpartner wären etwa der Verein türkischer Dönerhersteller in Europa (ATDID) oder das Deutsche Currywurst Museum Berlin, Imbiss-Konsumenten bzw. -Kunden Deutschland mit Bezügen in die Herkunftsländer Kurzbeschreibung Nahrung vermittelt ein Gefühl der Identität, Geschmack wird kulturell gelernt. Als soziales Totalphänomen ist Essen allgegenwärtig. Im Deutschland des 21. Jahrhunderts wird so viel wie noch nie außer Haus verzehrt, das Essen unterwegs oder in Form eines Imbisses ist in der mobilen Gesellschaft zum Mainstream geworden. Vor allem in der Folge von Migrationen hat sich eine interkulturelle Ernährungskultur ausgebildet, welche sich besonders in der Imbisskultur zeigt. Seit den 1960er Jahren sind Pizza, Döner oder Gyros zunehmend feste Bestandteile deutscher Nahrungskultur geworden. Gleichzeitig bestehen regionale Spezifika in den Angeboten des Lebensmittelhandwerks, welche den Trend zum schnellen Essen außer Haus aufgegriffen haben. Imbissformen wie Brat- und Currywurst oder Pommes Frites waren schon früher etabliert oder haben ihren Weg aus den Nachbarländern gefunden. Insbesondere auch Mischformen und neuere Erscheinungen wie Sushi zeugen von der Wandelbarkeit dieser kulturellen Ausdrucksform. Historische Entwicklung Aufbauend auf die bereits im 19. Jahrhundert existierenden Trinkhallen in Großstädten und Arbeitervierteln entstand nach dem Zweiten Weltkrieg schnell eine Infrastruktur von Imbissbuden. Der Grund hierfür lag vor allem in einem veränderten Umgang mit der Verzehrsituation, ein Essen im Laufen wurde erst durch die Vorbildfunktion der alliierten Soldaten kulturell anerkannt und in der Folge in den eigenen Alltag übernommen. Das Angebot der oft improvisierten Stände bestand zunächst aus Gerichten wie etwa Reibekuchen, die aus den verfügbaren Lebensmitteln hergestellt wurden. Brühwürste kamen schnell hinzu, dann wurden aus den Niederlanden und Belgien die Pommes Frites übernommen. 1947 erfand laut eigenen Angaben die Berlinerin Herta Heuwer die Currywurst aus den ihr im Mangel zur Verfügung stehenden Zutaten. Auch ungarischer Gulasch war schon in den 1950er Jahren als Imbiss erhältlich. Der Durchbruch des interkulturellen Imbisses in den 1960ern kam jedoch mit dem Anwerben der ersten so genannten Gastarbeiter. Anwerbeabkommen mit Italien, Spanien, Griechenland, der Türkei und weiteren Ländern brachten zahlreiche Arbeitskräfte in die Bundesrepublik. Allen in der Folge auftretenden Imbissformen ist gemeinsam, dass die Speisen von den Arbeitsmigranten mitgebracht und als ein Stück ihrer Heimat beibehalten wurden. Hier zeigt sich besonders die Orientierungsfunktion von Nahrung, welche kulturell tradiert wird und auch in unbekannten Situationen und Umgebungen ein Gefühl der Sicherheit und Kontinuität vermitteln kann. Schnell eröffneten einfache Gaststätten in Deutschland, die sich zu Treffpunkten der Landsleute entwickelten und nach und nach auch deutsches Publikum anzogen. Doch die Gerichte mussten an die erhältlichen Zutaten, Möglichkeiten der Zubereitung und den Geschmack der zunehmend auch deutschen Kundschaft angepasst werExemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 45 den. So wurde etwa der Döner Kebap, in der Türkei als Tellergericht mit Reis serviert, in ein Fladenbrot verpackt und mit Salaten und Saucen ergänzt. Laut Medienberichten wurde diese Form 1972 von einem Gastarbeiter in Berlin erfunden, es gibt aber auch Berichte über die Erfindung 1969 in Reutlingen. So war der Döner transportfähig und auch in kleinen Ladenlokalen verkäuflich. Etwa zeitgleich eröffneten erste Imbisse mit griechischem Gyros, der in Griechenland ebenfalls als Tellergericht bekannt war. Auch chinesische Imbisse waren seit den 1960er Jahren zunehmend zu finden, erste Restaurants hatten in Berlin bereits in der Weimarer Republik bestanden. Die Pizza war in Italien bereits seit der Frühen Neuzeit aus dem Straßenverkauf bekannt, sie verbreitete sich in Amerika und davon rückwirkend in ganz Europa. Auch hier gaben die Arbeitsmigranten durch ihre Restaurants und Imbisse den Ausschlag. Diese Etablierung interkultureller Nahrungskomponenten wurde begünstigt durch zunehmende Urlaubsfahrten der Deutschen, welche auch Kontakte mit der Nahrungskultur des Reiseziels mit sich brachten. Da diese Entwicklung mit der Massenmotorisierung und einer Konsumwelle zusammenfiel, weckten die fremdländischen Imbissbuden und Restaurants schnell das Interesse breiter gesellschaftlicher Gruppen. Ein Adaptions- und Innovationsprozess machte den Imbiss mit internationalen Speisen innerhalb weniger Jahre zum festen Bestandteil der deutschen Nahrungskultur. Neben italienischen, griechischen und Restaurants weiterer Nationalitäten nahm gerade die Zahl der Imbisslokale, die dem Trend hin zu einer schnellen und kostengünstigen Mahlzeit entsprachen, immer weiter zu. Die handwerklich arbeitenden Metzgereien sahen sich ab den 1980ern einem verstärkten Konkurrenzdruck durch Supermarktware ausgesetzt und erweiterten ihr Angebot auf Partyservice und Imbissgerichte. Hier werden nicht nur Fleischprodukte wie Bratwurst und belegte Brötchen, sondern auch Eintöpfe und insbesondere regionale Spezialitäten für den schnellen Verzehr angeboten. So finden sich etwa die Mettwurst in Westfalen, der Labskaus in Norddeutschland oder das Leberkäs-Semmel im Süden. Diese Imbisse erfreuen sich seit den 1990ern zunehmender Beliebtheit und haben sich teilweise zum Hauptgeschäft der Metzgereien entwickelt. Dabei werden durch den starken Regionalbezug nicht nur touristische Bedürfnisse abgedeckt, sondern etwa für Alleinstehende ein Angebot von Speisen bereitgestellt, die nur unter größerem Aufwand selbst zu kochen wären, in den Geschmackserinnerungen jedoch fest verankert sind. aktuelle Ausübungsformen Heute bestehen zahlreiche Angebote der interkulturellen Imbisskultur. Die Pizza ist das in Europa wohl am meisten verbreitete Gericht überhaupt und vom Tiefkühlprodukt bis zur Sterneküche zu finden, sie ist aber auch in der Imbisskultur fest verankert. Anders verhält es sich mit dem Döner, der weitestgehend auf den Imbissbereich begrenzt bleibt, sich hier jedoch größter Beliebtheit erfreut. Griechische Restaurants erlebten besonders in den 1980ern eine Konjunktur, heute ist der Gyros überwiegend als Imbiss erhältlich. Die Pommes Frites und alle Formen der Wurst, insbesondere als Curry- oder Bratwurst, sind ebenso wie regionale Ausformungen der so genannten Hausmannskost in Metzgereien omnipräsent. Neue Imbissgerichte wie etwa das Sushi entsprechen der Globalisierung insofern, als dass nicht mehr Arbeitsmigranten ihre Geschmackserinnerungen aktualisieren, sondern ein internationaler Trend auf die deutschen Gegebenheiten angepasst wird. Je nach Migrationsbewegungen im 20. Jahrhundert und Ernährungsmustern der vorindustriellen und industriellen Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 46 Zeit existieren allerdings auch heute lokale und regionale Schwerpunkte im Angebot. Darüber hinaus bestehen Mischformen von verschiedenen Produkten, wie etwa die mit Döneroder Gyrosfleisch belegte Pizza. Zahlreiche Imbisse bieten Speisen aus unterschiedlichen kulturellen Kontexten an, beispielsweise chinesische und italienische Gerichte auf einer Speisekarte oder Pizzastücke in Metzgereiverkäufen. Innovationsprozesse verändern die Gerichte, so dass sie mit dem aus der Heimat mitgebrachten Rezept oder der regionalen Festspeise teils nur noch wenig gemeinsam haben. Weitergabe und Gefährdung Angesichts der unzähligen Imbissbetriebe und des durchgehend hohen Konsums kann von einer Gefährdung der interkulturellen Imbisskultur keine Rede sein. Allerdings werden kleine Betriebe mit eigenen Spezialitäten und frischer Zubereitung zunehmend von Fast-FoodKetten der Systemgastronomie verdrängt, die einheitliche Speisekarten global vermarkten. Hierdurch sind regionale Spezifika, gewachsene Traditionen und Vielfalt des Speisenangebots gefährdet. Gleichzeitig finden Innovationen statt, so werden vegetarische Angebote zunehmend auch im Imbiss zum Standard, hybride Formen ohne eindeutige Zuordnung der nationalen Herkunft der angebotenen Speisen nehmen zu. thematische Bereiche gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste in Verknüpfung mit mündlich überlieferten Traditionen und Ausdrucksformen und traditionellen Handwerkstechniken Bezeichnung Gärtnerkulturen vom Schrebergarten bis zum Urban Gardening Quellenverzeichnis Beispielhafte öffentliche Gärten: Prinzessinengarten Berlin (Kreuzberg)230, NeuLand Köln231. Mietbare Ackerparzellen: Meine Ernte.232 Stiftung Interkultur: Konzept der interkulturellen Gärten.233 30.11.2012, Die Welt: Integration im Beet.234 10.10.2012, Die Zeit, Stefan Ruwoldt: Ost-Blog. Famos gegen Himmel und Erde [Schrebergärten und Bebauungspläne in Berlin].235 06.10.2012, Die Welt, Ulf Poschardt: Bauland in Berlin. Schrebergärten sind die Favelas der Mittelschicht.236 26.09.2012, Die Zeit, Hans W. Korfmann: Tempelhof. Berlins größter Spielplatz.237 230 http://prinzessinnengarten.net/wir/ http://www.neuland-koeln.de/ 232 http://www.meine-ernte.de/ 233 Vgl. http://www.stiftung-interkultur.de/ 234 http://www.welt.de/print/welt_kompakt/frankfurt/article111691179/Integration-im-Beet.html 235 http://blog.zeit.de/ost/2012/10/10/famos-gegen-himmel-und-erde/ 236 http://www.welt.de/kultur/article109666184/Schrebergaerten-sind-die-Favelas-der-Mittelschicht.html 237 http://www.zeit.de/2012/39/Berlin-Tempelhof-Flughafen-Park/komplettansicht 231 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 47 03.08.2012, Der Stern, Video-Beitrag: Urban Gardening. Der Kopfsalat von der Rollbahn.238 09.07.2012, Der Stern: Urban Gardening. So ungesund ist das Stadtgemüse.239 15.06.2012, Die Zeit, Pia Volk: Mobile Gärten. Jäten und ernten auf dem Pick-up.240 10.06.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 241 Erfahrungsbericht. Mein grünes Wunder. Julia Schaaf: Schrebergarten- 31.05.2012, Die Welt: Begehrtes Grün. [Schreibergärten]242 27.05.2012, Süddeutsche Zeitung, Ulrike Heidenreich: Besuch im Kleingartenverein. Wo die Gartenzwerge noch nett aussehen. http://www.sueddeutsche.de/bayern/besuch-imkleingartenverein-wo-die-gartenzwerge-noch-nett-aussehen-1.1367249 02.05.2012, Der Stern, Video-Beitrag, Sophie von Hoyningen-Huene: Grüne Stadtoasen. Der Trend zum Kleingarten.243 20.04.2012, Der Stern, Katrin Schmermund: Urban Gardening. Wenn die Plastiktüte wieder blüht.244 16.04.2012, Die Welt, Christin Bohmann: "Samenbombe". Wie Guerilla-Gärtner illegal Städte begrünen.245 11.11.2011, Die Welt, Maria Braun: Gemüse ernten in der Großstadt.246 08.11.2011, Die Welt, Roland Mischke: Schrebergarten. Warum immer mehr Deutsche Hobby-Gärtner werden.247 28.08.2011, Die Welt am Sonntag, Stephanie Geiger: Münchens Hobbygärtner zieht es aufs Land.248 31.07.2011, Die Welt, Stefan Kaufmann: Guerilla-Gardening. "Mobile Gärten sind auch soziale Projekte".249 03.07.2011, Die Welt, Andreas Fasel: Die grünen Piraten.250 02.06.2011, Die Zeit, Jan Thomas Otte: Integration. Steht ein Kasache im Schrebergar238 http://www.stern.de/lifestyle/lebensart/urban-gardening-der-kopfsalat-von-der-rollbahn1839654.html 239 http://www.stern.de/ernaehrung/aktuelles/urban-gardening-so-ungesund-ist-das-stadtgemuese1852992.html 240 http://www.zeit.de/lebensart/2012-06/mobile-gaerten/komplettansicht 241 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 242 http://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_muenchen/article106395510/Begehrtes-Gruen.html 243 http://www.stern.de/lifestyle/lebensart/gruene-stadtoasen-der-trend-zum-kleingarten-1700652.html 244 http://www.stern.de/lifestyle/lebensart/urban-gardening-wenn-die-plastikkiste-wieder-blueht1816339.html 245 http://www.welt.de/dieweltbewegen/article106186353/Wie-Guerilla-Gaertner-illegal-Staedtebegruenen.html 246 http://www.welt.de/print/welt_kompakt/vermischtes/article13710854/Gemuese-ernten-in-derGrossstadt.html 247 http://www.welt.de/dieweltbewegen/oekologische_verantwortung/article13704553/Warum-immermehr-Deutsche-Hobby-Gaertner-werden.html 248 http://www.welt.de/print/wams/muenchen/article13569818/Muenchens-Hobbygaertner-zieht-esaufs-Land.html 249 http://www.welt.de/regionales/koeln/article13518562/Mobile-Gaerten-sind-auch-sozialeProjekte.html 250 http://www.welt.de/print/wams/nrw/article13464751/Die-gruenen-Piraten.html Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 48 ten.251 16.05.2011, Die Zeit, Johanna Kutsche: Urban Gardening. Ein Acker zur Miete für Städter.252 06.05.2011, Die Zeit, Diane Hielscher: Datscha. Meine Zuflucht auf dem Lande.253 04.05.2011, Die Zeit, David Hugendick: Gardening. Subversion auf dem Kompost.254 03.05.2011, Die Zeit, Anne Haeming: Prinzessinnengärten. Der Garten als Marke.255 11.04.2011, Frankfurter Rundschau, Christoph Manus: Dietzenbach Mehr als Obst und Gemüse. [Interkulturelle Gärten]256 15.03.2011, Die Zeit, Julia Kimmerle und Dörthe Nath: Schrebergärten. Von wegen spießig.257 29.11.2010, Die Zeit, Iris Radisch: Berliner Gartenkolonie. Das Paradies auf Erden.258 21.08.2010, Die Welt, Solveig Rathenow: Gemeinschaftsgärten. Immer mehr Großstädter entspannen bei der Gartenarbeit.259 06.08.2010, Die Zeit, Anne Haeming: Großstadt-Gärten. Wenn Städter Wurzeln schlagen.260 06.07.2010, Die Welt: Multikulti im Schrebergarten.261 27.05.2010, Die Welt, Anne Heidrich: Miete ein Beet.262 21.05.2010, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Petra Kirchhoff: Verbraucherservice. 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Die Guerilla-Gärtner.266 251 http://www.zeit.de/lebensart/2011-05/schrebergarten-kleingaertner-heidelberg/komplettansicht http://www.zeit.de/lebensart/2011-05/meine-ernte-gaertnern-stadt/komplettansicht 253 http://www.zeit.de/lebensart/2011-04/datscha-liebeserklaerung/komplettansicht 254 http://www.zeit.de/lebensart/2011-05/gardening-glosse 255 http://www.zeit.de/lebensart/2011-04/prinzessinnengarten-neu/komplettansicht 256 http://www.fr-online.de/kreis-offenbach/dietzenbach-mehr-als-obst-undgemuese,1473032,8332694.html 257 http://www.zeit.de/zeit-wissen/2011/s2/Natur-Schrebergaerten 258 http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2010/04/reportage-gartenkolonie-eden/komplettansicht 259 http://www.welt.de/lifestyle/wohnen-design/article9096404/Immer-mehr-Grossstaedter-entspannenbei-der-Gartenarbeit.html 260 http://www.zeit.de/lebensart/2010-08/grossstadt-gaerten/komplettansicht 261 http://www.welt.de/welt_print/regionales/article8327526/Multikulti-im-Schrebergarten.html 262 http://www.welt.de/welt_print/regionales/article7800715/Miete-ein-Beet.html 263 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 264 http://www.sueddeutsche.de/muenchen/trend-schrebergarten-daheim-bei-den-laubenpiepern1.743972 265 http://www.sueddeutsche.de/leben/kleingarten-boom-in-deutschland-laube-liebe-hoffnung1.201179 252 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 49 12.05.2010, Die Welt, Cornelia Wolter: Grüner Trend. Schrebergärten sind längst kein Spießer-Idyll mehr.267 11.05.2010, Süddeutsche Zeitung, Eike Schrimm: Schrebergarten Lust auf Zucht und Ordnung.268 11.05.2010, Süddeutsche Zeitung, Jan Grossarth: Schrebergarten. Die Ruhe vor dem Wurm.269 17.04.2010, Die Welt, Richard Haimann: Die neue Lust auf Schrebergärten.270 06.04.2010, Die Welt, Claudia Ehrenstein: Die heimlichen Gärtner.271 29.03.2010, Frankfurter Rundschau, Mirjam Ulrich: Nordenstadt. Bio-Gärten für Stadtmenschen.272 18.09.2008, Die Zeit, Birgitt Cordes: Guerilla Gardening. Die Gartenpiraten.273 17.06.2008, Die Welt, Philip Cassier: Trend. Öko statt Ordnung – Kleingärten in Deutschland.274 29.05.2008, Die Welt: Trend. Schrebergarten statt eigenes Haus.275 20.01.2008, Die Welt, Annette Leyssner: Großstadt-Grün. Die klammheimlichen Samenspender.276 30.03.2007, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Tina Schramm: Schrebergärten. Integration auf dem Kartoffelacker.277 21.03.2007, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Sascha Lehnartz: Berlin. Der Kreuzberger Guerrilla-Garten.278 2007, Dokumentarfilm, Guillaume Giovanetti und Cagla Zencirci: Shanty Garden Town. [Schrebergärten in Berlin]279 10.10.2006, Der Stern: Schrebergarten-Doku. Jenseits der Gartenzwergklischees.280 19.07.2005, Die Welt, Henrike Roßbach: Berlin. Im Schrebergarten Eden. 03.07.2005, Die Welt, Susanne Ziegert: Wohnzimmer im Grünen. 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Brachflächen werden bepflanzt, kleine Balkone zu grünen Oasen gemacht und öffentliche Gärtnerflächen erfreuen sich regem Zulauf, sogar Äcker werden parzelliert angemietet. Diese Rückbesinnung auf die Ursprünge des Essens, die Herkunft unserer Konsumgüter und die freiwillige körperliche Tätigkeit im Rahmen des Anbaus sind Reflex und Gegenbewegung auf die beschleunigte Welt gleichzeitig, sie knüpfen an bekannte Kulturmuster an und belegen diese mit neuer Bedeutung: die lästige Pflicht wird zum Freizeitvergnügen, sogar zum Prestigeobjekt. Historische Entwicklung Gärten zum Anbau von Nahrungsmitteln bestanden schon in den frühen Hochkulturen, bereits hier wurden die Nutzflächen auch mit Zierpflanzen bepflanzt. Gerade im ländlichen 287 288 http://www.lwl.org/LWL/Kultur/VOKO/Forschungsprojekte/Gemeinschaftsgarten http://www.kleingarten-bund.de/ Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 52 Raum blieb der Garten vor dem Haus zur Versorgung der Familie neben den landwirtschaftlichen Nutzflächen bedeutend. In den Städten blieb spätestens seit dem ausgehenden Mittelalter immer weniger Platz für diese privaten Flächen. Im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert veränderte sich die Gartenkultur und -gestaltung sich insgesamt weg von den geometrischen Linien der höfischen Gärten hin zu naturnahen, eher bürgerlich geprägten Landschaftsarchitekturen. Damit einher ging auch die Entwicklung vom öffentlichen, einsehbaren Garten hin zum privaten Raum des Rückzugs und der Entspannung. Die Grünfläche wurde jetzt nicht mehr nur zum Anbau von Obst und Gemüse genutzt, sondern auch zur Erholung und Freizeitgestaltung. Die neue „Gartenlust“ führte zu einem regelrechten Boom von Gärten auch bei den Stadtbewohnern. Enge, Arbeitsalltag und strengen Verhaltensnormen konnte hier „hinaus in die Natur“ entflohen werden. Dezidiert von der Wohnung getrennt angelegte innerstädtische Gärten entstanden erst im 19. Jahrhundert als Armen- oder Arbeitergärten konzipiert und sollten den kostengünstigen Verzehr von frischem Obst und Gemüse fördern. Schrebergärten entstanden in der Folge vorrangig als Instrument zur Verbesserung der Ernährungs- und Wohnsituationen armer Bevölkerungsschichten, sie wurden von städtischen oder karitativen Institutionen gegründet und waren Teil der Existenzsicherung. In seiner Geschichte wurde der Kleingarten jedoch zunehmend vom nutzungs- zum freizeitorientierten Raum. Mit der zunehmenden Industrialisierung wurde der Platz für neue Gartenanlagen zunehmend knapper. Gleichzeitig wurden gerade in den neuen Industrieregionen mit vielen Zuwanderern aus dem ländlichen Bereich verstärkt Nutzgärten in unmittelbarer Nähe der Arbeiterwohnungen bereitgestellt, um die knappen Löhne durch Subsistenzwirtschaft ergänzen zu können. So gehörte beispielsweise in der Anwerbestrategie der Industriellen im Ruhrgebiet gerade die Existenz von Gärten und Ställen in den Arbeiterkolonien zu den in den Herkunftsregionen der Arbeiter beworbenen Vorteilen. Der Name des Schrebergartens stammt vom Leipziger Orthopäden Daniel Gottlob Moritz Schreber, welcher die Gartenarbeit als Ausgleich für einseitige körperliche Belastungen propagierte. Sein Freund Ernst Innocenz Hauschild benannte 1864 nach dessen Tod den ersten Schreberverein in Leipzig nach ihm. Hier waren Beete angelegt, aber auch Spielplätze für Kinder auf den Gemeinschaftsflächen. Damit war das Motiv der Selbstversorgung um das Motiv der körperlichen Betätigung ergänzt. Schon in dieser Zeit wurden Kleingartenkolonien elementarer Bestandteil der städtischen Grünflächenplanung, denn neben den privaten Parzellen war die Nutzung der öffentlich zugänglichen Wege auch für Spaziergänge anderer Stadtbewohner vorgesehen. Die Bedeutung der Gärten auch in der öffentlichen Wahrnehmung dieser Zeit zeigt sich beispielsweise darin, dass der Titel der wohl bekanntesten deutschen Zeitschrift des 19. Jahrhunderts „Die Gartenlaube. Illustriertes Familienblatt“ lautete. Titel und Inhalt bezogen sich auf das Private, das Innenleben der Familien: unterhaltsame Bildung in Form von Berichten, praktische Anleitungen und Literatur waren an eine breite Leserschaft gerichtet, die Auflagenstärke lag in der zweiten Jahrhunderthälfte weit über 100.000 Stück. In der Weltwirtschaftskrise konnten sich Arbeitslose teilweise keine Wohnung mehr leisten und die Laube wurde zur Behelfswohnung. Das soziale Zusammenleben war hier intensiver, gerade durch die größere Offenheit der Gartengrundstücke und den geringen Platz in den Innenräumen, doch auch die gemeinsame Not verband. Berthold Brecht stellte diesen Alltag im Film „Kuhle Wampe oder wem geht die Welt“ 1932 anschaulich der Weltöffentlichkeit vor. Gerade in Zeiten von Not und Mangel wurde die Funktion der existenzsichernden SubsisExemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 53 tenzwirtschaft in den Kleingärten immer wieder zentral, insbesondere während der beiden Weltkriege und in der Nachkriegszeit. In den Städten, in welchen die Lebensmittelknappheit besonders fatale Folgen hatte, war die Möglichkeit des eigenen Anbaus überaus wertvoll. Lauben dienten dabei zudem abermals als Notunterkünfte. Gemüse- und Kartoffelanbau war beispielsweise während der Berlin-Blockade 1948/49 ein verbreitetes Mittel der Selbsthilfe: nicht nur in den Schrebergärten, auch auf Balkons und Brachflächen sowie in öffentlichen Grünflächen wurden Lebensmittel angebaut, um den Hunger zu stillen. Erst mit dem einsetzenden Wirtschaftswunder verlor die Existenzsicherung durch die Gartenparzelle wieder an Bedeutung. In den 1960ern kam es in der Folge zu einem Funktionswandel hin zu verstärkter Nutzung in Freizeit und Erholung. Dabei spielte auch die Kompensation fehlender Orte gerade für die einkommensschwachen Schichten eine zentrale Rolle. Nach einem kurzen Einbruch der Zahlen gibt es seit den 1970ern wieder eine steigende Zahl von Schrebergärten in Deutschland. Eine besonders hohe kulturelle Wertschätzung kam dem Schrebergarten, der so genannten Datsche, in der DDR zu. Hier konnte die Parzelle – anders als die Mietswohnung – individuell und nach außen sichtbar gestaltet werden, hier konnte gebaut und gewerkelt werden. Die Grundstücke, insbesondere aber die darauf stehenden Gebäude wurden deshalb oft mit viel Liebe und Leidenschaft ausgebaut und für die Abende, Wochenenden und Ferien hergerichtet. Gleichzeitig konnte das Nahrungsangebot durch eigenen Anbau ergänzt werden, viele Gärtner verkauften ihre Produkte darüber hinaus sogar an den Handel. Dies war über den staatlichen Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) staatlich geregelt. Galt die Datsche in den 1950ern noch als kleinbürgerliches Relikt, welches bald überwunden sein sollte, so entwickelten sich die Kleingärtner bald zu einem wichtigen Bestandteil der Versorgungsstruktur für Obst und Gemüse. Die staatliche Planung sah immer weitere Erschließungen von neuen Anlagen vor, dabei wurden kinderreiche Familien in der Regel bevorzugt. Oft wurden diese Kleingartenkolonien in unmittelbarer Nähe zum Wohnraum, etwa der Plattenbausiedlung, geplant, um eine tägliche und dementsprechend intensive Nutzung zu ermöglichen. Andere Datschen lagen außerhalb der Städte und dienten eher der Wochenendnutzung. Mit 2,6 Millionen Wochenendgrundstücken und fast einer Millionen Kleingärten hatte die DDR die höchste Dichte an Gartengrundstücken in der ganzen Welt. aktuelle Ausübungsformen Der Trend auch der jüngeren Generation geht zum eigenen Garten in Form eines Schrebergartens. Gerade die Nachfrage von jungen Familien mit Kindern, welche sich in Städten nur selten ein eigenes Haus mit Garten oder eine entsprechende Wohnung mieten können, ist hoch. Dazu kommen Menschen mit Migrationshintergrund, die ein verstärktes Interesse auch an der Subsistenzwirtschaft im eigenen Garten haben. Diese Nachfrage belegen unter anderem die teils jahrelangen Wartelisten der Kleingartenvereine. Damit ändert sich auch das verbreitete Stereotyp des Schrebergartens als Hort der Spießigkeit und der Gartenzwerge. Das Stereotyp des spießigen Gärtners mit Gartenzwerg wird kontrastiert durch den hilfsbereiten und oft freundschaftlichen Umgang untereinander. Hier zeigt sich beispielhaft, wie unterschiedlich Selbst- und Fremdbilder sein können. Die Sozialstruktur der Pächter ändert sich, der Altersdurchschnitt sinkt. Mittlerweile werden rund die Hälfte aller Schrebergärten an Familien mit Kindern verpachtet. Derzeit gibt es mehr als eine Millionen Kleingärten in Deutschland, Tendenz steigend. In den Schrebergärten galten und gelten feste Regeln, die Gärten sind in Vereinsform orgaExemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 54 nisiert. Gartenordnungen regeln die Nutzung bis in Details, so muss etwa ein bestimmter Prozentsatz der Parzelle tatsächlich mit Nutzpflanzen bepflanzt werden. Dafür sind die Parzellen jedoch vergleichsweise günstig zu mieten. Es wird zwar in den einzelnen Parzellen gegärtnert und gelebt, doch der Verein organisiert auch gemeinsame Aktivitäten vom Vereinshaus bis zu großen Gartenfesten. Das Grundstück im Schrebergarten und das dort befindliche Gartenhaus nivellierten und nivellieren soziale Unterschiede: jeder Pächter erhält eine Parzelle, die Bauten folgen einheitlichen Vorschriften. Nach außen gerichtet, nur als Rückzugsraum und Abstellgelegenheit konzipiert, sind die Gartenhäuser und -lauben offener gehalten als Wohnräume, große Fenster und Glasflächen sind einfacher möglich, da in der Regel nicht geheizt wird. Der Kleingarten in einer Großstadt bildet ein Subsystem innerhalb des Städtischen, welches spezifische Aneignungen ermöglicht, er ist ein rein städtisches Phänomen. Die Kleingärtner werden oft mit der Gruppe der Dauercamper verglichen, denn beiden wird zugeschrieben, dass sie mit ihrer Parzelle die heimische Wohnform durch ein provisorisches, temporäres Wohnumfeld kompensieren und ungezwungen Zeit in der Natur verbringen möchten. Beide Gruppen verorten sich zudem in einem sozialen Raum und legen sich auch geografisch relativ langfristig fest. Die meisten Kleingartenparzellen werden von Menschen aus dem unmittelbaren Nahraum gepachtet, so dass der Garten ohne große Fahrwege in den Alltag integriert werden kann. Die eigene Ernte ermöglicht neben dem sichtbaren Erfolg der eigenen Arbeit auch die Erfahrung geschmacklicher Unterschiede, welche zu einer höheren Wertschätzung des Selbstangebauten führen. Neben der äußeren Form des Gärtnerns kommen weitere Aspekte hinzu, die den Alltag im Garten von dem im weiteren Umfeld unterscheiden: die Kleidung ist legerer, die Umgangsformen informeller. Auch die Nahrungsgewohnheiten werden auf die oft nur begrenzten Kücheneinrichtungen angepasst, häufig kommt dem Grill eine hohe Bedeutung zu. Ähnliches gilt auch für die Schlaf- und Hygienestellen. Dazu kommt das beständige Leben unter freiem Himmel. Die soziale Lage wird in der Kleingartenanlage zunächst einmal nivelliert - alle erhalten die gleiche Parzellengröße, alle sind Mitglied im selben Verein, für alle gilt die gleiche Gartenordnung. Gleichzeitig wird der Raum klar nach außen abgegrenzt, etwa durch Hecken und Tore. Aber durch die individuelle Ausstattung und Pflege des Grundstücks setzen sich die Gärtner trotz einer vereinheitlichenden Gestaltungssatzung wiederum voneinander ab, hier greifen Symbole und Zuschreibungen ähnlich wie in Nachbarschaften. Auch die Flächen der Schrebergärten werden für spezifische, wiederum private Freizeitaktivitäten genutzt. Eine Sitzecke mit Grill, ein Schwimmbereich oder Sportgeräte sind dabei nur einige Möglichkeiten. Dieser private Raum zur freien Gestaltung entfällt beim Urban Gardening weitestgehend. Verschiedene Projekte haben zwar Gemeinschaftsflächen unterschiedlicher Größe und Nutzungsintensität installiert, private Räume ohne die primäre Nutzung als Anbaufläche gibt es jedoch in der Regel nicht. Gärten bedürfen kontinuierlicher Pflege, da sie bereits nach kurzer Vernachlässigung beginnen zu verwildern. Sie sind somit mit der mobilen Gegenwartskultur nur bedingt zu vereinbaren. Diesem Problem kommen Konzepte wie das Urban Gardening entgegen: hier wird nur temporär gegärtnert, oft in gemeinschaftlichen Aktionen. Für Zeiten der Abwesenheit kann, unkomplizierter als für die großen Schrebergarten-Flächen, eine Vertretung organisiert werden. So werden beispielsweise die Freiflächen des ehemaligen Flughafens TemExemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 55 pelhof in Berlin auch durch öffentliche Gärten des Stadtteilzentrums genutzt. Andere Städte geben Flächen für Projekte des interkulturellen Gärtnerns frei, bei denen explizit Menschen mit unterschiedlichen Herkunftsländern angesprochen werden, die hier gleichzeitig kostenlos Gemüse anbauen, neue Sozialkontakte knüpfen und interkulturelle Kompetenzen erwerben können. Guerilla Gardening unterscheidet sich in seiner Form von den anderen Gärten darin, dass es nicht auf hierfür vorgesehenen Flächen stattfindet: die Subkultur nutzt brachliegende Fläche auf noch so engem Raum, um dort illegal Samen zu streuen oder Blumen einzupflanzen. Hier spielen keine Selbstversorgung oder Sozialkontakte eine Rolle, vielmehr geht es um eine politische Inanspruchnahme der öffentlichen Flächen, die als zu wenig grün bezeichnet werden. Mit „Saatbomben“ werden auch auf kleinen Erdflächen, wie Baumeinfassungen oder Lücken im Straßenpflaster, Grünpflanzen gesät, die meist Blüten tragen und so in den Sommermonaten deutlich sichtbar sind. Doch auch die bürgerlichere Form des Bepflanzen und Pflegens etwa der Baumumrandung vor der eigenen Haustür nimmt in den letzten Jahren deutlich zu. Während in den 1980ern und 1990ern Kleingärtner weiterhin vorwiegend den mittleren und niedrigen Einkommensschichten entsprachen, gibt es heute auch den Trend der Besserverdienenden zum Schrebergarten als einer Form der „Rückkehr zur Natur“. Doch Schrebergärten werden weiterhin eher von Geringverdienern gepachtet. Denn es muss auch Zeit vorhanden sein, um den eigenen Garten zu pflegen und zu nutzen. Dem kommen Konzepte entgegen, bei denen Teile der Arbeit durch professionelle Landwirte erledigt werden. So gibt es mittlerweile Anbieter, die ein vorbepflanztes Stück Acker in Stadtnähe für eine Saison verpachten, so dass nur noch gejätet und geerntet werden muss. Diese flexiblen Lösungen kommen auch der mobilen Gesellschaft entgegen, in der die langfristige Bindung an einen Schrebergarten eher sesshaften Bevölkerungsgruppen wie Familien möglich ist. In den letzten Jahren kommt es zu einem regelrechten Boom sowohl von klassischen als auch von neuen Formen des „Gardening“, entsprechend viele Medienberichte lassen das öffentliche Interesse erkennen. Weitergabe und Gefährdung Von einer Gefährdung der Gärtnerkulturen kann angesichts des aktuellen Booms nicht die Rede sein. Mit den heute unterschiedlichen Gartenkulturen werden ländlich-agrarische Elemente in die Stadt übertragen. Sie ermöglichen so die Partizipation am Anbau auch für Menschen, die sonst nur schwer einen direkten Bezug zur ihren Nahrungsmitteln erhalten könnten. Hier liegt auch ein Potential der Gärtnerkulturen: sie fördern die aktive Auseinandersetzung mit der umliegenden Natur und ermöglichen so erfahrungsbasierte Lernprozesse, welche zu einem nachhaltigeren Verhalten des Einzelnen führen können. Auch für die formalen Bildungsprozesse bieten sich hier Vermittlungsmöglichkeiten. Das zweite Potential der Gärtnerkulturen liegt in der Kommunikation der Gärtner untereinander: in informellen, oft kurzen Gesprächen entstehen Kontakte zwischen Menschen unterschiedlicher sozialer Gruppen, die etwa im Wohnraum so nicht zustande kommen würden. Gerade Projekte wie Stadtteilgärten oder interkulturelle Gärten sind hier als exemplarisch zu nennen. Die Funktion der Subsistenzwirtschaft wird somit abgelöst durch das Ausgleichen von Defiziten auch sozialen Umfelds, der Naherholung ohne Konsum, des direkten Bezugs zur eigenen Nahrung und der Gemeinschaftsorganisation. Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 56 thematische Bereiche Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum Bezeichnung Wandern und Bergsteigen Quellenverzeichnis 26.02.2013, Süddeutsche Zeitung, Axel Hechelmann: Alpenverein hat bald eine Million Mitglieder. „Der Bergsport ist ein riesiger Markt geworden“.289 30.12.2012, Welt am Sonntag, Friederike Gehlenborg: Damit der Aufstieg zum Gipfel gelingt.290 30.12.2012, Welt am Sonntag: Geld für die Schutzhütten.291 15.10.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Antonia Mauersberg: Frankfurter Alpenverein Dort oben geht es nicht mehr weiter.292 28.09.2012, Die Welt, Holger Kreitling: Zum Gipfel, zur Freiheit.293 26.09.2012, Die Zeit, Manuel Andrack: Auf dem Vormarsch.294 16.09.2012, Süddeutsche Zeitung, Christian Sebald: Modesport Wandern. Trend nach oben.295 06.09.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Andreas Lesti: Bergsteiger-Posse. Das ist der Gipfel, oder ist er es nicht?296 01.09.2012, Die Welt, Sören Kittel: „Berge wollen nichts von uns, sie sind einfach da“. Interview mit Reinhold Messner.297 26.07.2012, Die Zeit, Till Hein: Wanderzeiten. Wann bin ich endlich da?298 19.07.2012, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Melanie Mühl: Moderner Alpinismus. Wenn der Berg warnt.299 09.07.2012, Der Spiegel: Bergsteigen. Absolut trittsicher sein.300 04.07.2012, Der Spiegel: Hochtouren in den Alpen: „Die richtige Selbsteinschätzung ist 289 http://www.sueddeutsche.de/muenchen/alpenverein-hat-bald-eine-million-mitglieder-der-bergsportist-ein-riesiger-markt-geworden-1.1600306 290 http://www.welt.de/print/wams/hamburg/article112300942/Damit-der-Aufstieg-zum-Gipfelgelingt.html 291 http://www.welt.de/print/wams/finanzen/article112300917/Geld-fuer-die-Schutzhuetten.html 292 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 293 http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article109512888/Zum-Gipfel-zur-Freiheit.html 294 http://www.zeit.de/2012/38/Fernwanderweg-Guetesiegel-Andrack/komplettansicht 295 http://www.sueddeutsche.de/bayern/modesport-wandern-trend-nach-oben-1.1468714 296 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 297 http://www.welt.de/reise/nah/article108909666/Berge-wollen-nichts-von-uns-sie-sind-einfachda.html 298 http://www.zeit.de/2012/30/Wanderweg-Zeitberechnung/komplettansicht 299 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 300 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-86752100.html Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 57 wichtig“.301 19.05.2012, Die Welt, Matthias Pieren: Zug um Zug ins Panorama.302 15.05.2012, Süddeutsche Zeitung, Dominik Prantl: Bergsteigern. 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Träger der kulturellen Ausdrucksform geographische Verortung Wandernde, Bergsteigende Deutschland und Europa Mögliche Ansprechpartner: Deutscher Wanderverband339, Deutscher Alpenverein340 Kurzbeschreibung Wandern und Bergsteigen hat sich im Verlauf der letzten beiden Jahrhunderte zu einem Massenphänomen entwickelt, welches in engem Zusammenhang zur Naturwahrnehmung und -wertschätzung steht. Mit der Industriellen Revolution wandelte sich die Wahrnehmung der Natur von einer Bedrohung hin zu einem Ort der Erholung. Mit der Fortbewegung zu Fuß wird zugleich eine sportliche Betätigung ausgeübt, wo zuvor eine beschwerliche Reise notgedrungen auf sich genommen wurde. Auf der Reise werden zudem interkulturelle Kontakte sowohl unter den Reisenden als auch mit der gastgebenden Bevölkerung vor Ort hergestellt. Historische Entwicklung Mit der Romantik änderte sich im 19. Jahrhundert auch die Vorstellung von Natur. War diese in der vorindustriellen Zeit vorrangig als Bedrohung und zugleich als Grundlage der Landwirtschaft gesehen worden, so entwickelte sich mit der Industrialisierung auch eine touristische Erschließung der Natur. Erst mit der Trennung in Arbeits- und Freizeit war eine 338 http://www.ieg-ego.eu/de/threads/europa-unterwegs/tourismus/burkhart-lauterbach-der-berg-ruftalpentourismus-und-kulturtransfer-seit-dem-18-jahrhundert 339 http://www.wanderverband.de/ 340 http://www.alpenverein.de/ Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 61 als solche wahrgenommene Reise möglich geworden, die zuvor nur wenigen Mitgliedern des Adels vorbehalten war. Die verbesserte Erreichbarkeit der touristischen Ziele, vor allem mittels des neuen Verkehrsmittels Eisenbahn, war hierfür eine zentrale Bedingung. Die Fußreise war in der frühen Neuzeit vor allem mit Last und Mühsal in Verbindung gebracht worden: nur, wer sich kein anderes Fortbewegungsmittel leisten konnte wählte den Weg zu Fuß. Nicht nur Handwerksgesellen, auch Hausierer, Schausteller und Arme legten so ihre Wege zurück, ebenso viele Bauern mit ihren Waren. Das Reisen war dabei zweckgerichtet und diente keineswegs dem Vergnügen, vielmehr wurde es als Last und Gefahr angesehen. Auf schlechten Wegen, ohne Kartenmaterial oder Wegweiser war die Wanderung zudem sehr beschwerlich. Dies galt auch für die Überquerung der Alpen, welche aus militärischen Erwägungen und für Pilgerfahrten notwendig war. Um 1800 begann sich dieses Bild, maßgeblich beeinflusst von der Aufklärung, zu wandeln. Die Fortbewegung durch die Landschaft wurde zunehmend zu einer Erfahrung, zu einer Wahrnehmung auch der Natur. In Literatur und Kunst nahmen Reisebeschreibungen und Landschaftsmalerei immer weiter zu. „Land und Leute“ bei der Fußreise kennen zu lernen und zu beschreiben wurde zu einem Diktum bürgerlicher Kultur. Der Spaziergang, als kurze Reise auch in der heimischen Umgebung umsetzbar, wurde ebenfalls von der notwendigen Fortbewegung hin zu Erholung und Kontemplation umgedeutet. Das Bürgertum, zunehmend auch die Arbeiter, machten sich in ihrer freien Zeit auf den Weg in die nahegelegenen Grünanlagen und Promenaden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewann, von England ausgehend, das Bergsteigen und Wandern gerade in den Alpen immer mehr an Popularität. Nachdem in den Jahrzehnten zuvor vor allem die erstmalige Erkundung der Berge im Mittelpunkt des Interesses gestanden hatte, gewann nun die Freizeitorientierung und sportliche Betätigung immer mehr an Bedeutung. In der Folge wurden in ganz Europa Alpenvereine gegründet: 1857 in England, 1862 in Österreich, 1863 in der Schweiz, 1867 in Italien, 1869 in Deutschland, 1874 in Frankreich. Die Mitglieder entstammten zum größten Teil dem Bürgertum, welches sowohl über die zeitlichen als auch die entsprechenden ökonomischen Ressourcen verfügte, um einen Wanderurlaub zu unternehmen. 1883 wurde auch der Dachverband der deutschen Gebirgs- und Wandervereine als Zusammenschluss verschiedener regionaler Vereine gegründet. Das Wandern und Bergsteigen wurde dabei stets in Gruppen ausgeübt. Die gemeinsame Erfahrung war zentraler Bestandteil der Reise, welche oft in Form von Reiseberichten verschriftlicht wurde. Mit dem beginnenden Massentourismus veränderte sich auch die Alpenregion als solche. Nicht nur, dass immer mehr Einheimische zumindest in den Sommermonaten als Bergführer eine Verdienstmöglichkeit fanden oder Gästezimmer vermieteten, zunehmend wurden auch Hinterlassenschaften der Bergsteiger sichtbar: Abfall und verlorene Gegenstände blieben zurück, gleichzeitig entwickelten sich immer mehr Routen, die von den Reisenden häufig genutzt wurden und dementsprechend das Landschaftsbild veränderten. Kritik wurde laut an der Dominanz wirtschaftlicher Interessen, Übererschließung und Zersiedelung, Umweltbelastung und ästhetischen Verschandelung sowie der Zunahme von Naturkatastrophen wie etwa durch Menschen verursachte Lawinen. Dem gegenüber standen der wirtschaftliche Nutzen, welcher für die strukturschwachen Regionen enorm war, und das zunehmende Interesse der Reisenden. Um 1900 war der Deutsche Alpenverein auf rund 100.000 Mitglieder angewachsen. Neben Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 62 der Herausgabe einer Zeitschrift wurden die Aktivitäten vor allem auf den Ausbau von Wanderwegen und -hütten konzentriert, so dass sich ein zunehmend erschlossenes Netz in den Bergen entwickelte. Für andere Wanderregionen übernahm der Deutsche Wanderverband die Aufgaben der Wegeführung und Ausschilderung sowie den Bau von Aussichtstürmen und Wanderhütten. Schon seit den 1920ern setzten sich beide Verbände auch für den Naturschutz ein. Nachdem sich im Nationalsozialismus vor allem die Mitgliederstruktur hin zu „arischen“ Bergsteigern gewandelt hatte wurden Alpenverein und Wanderverband bereits 1950 für Westdeutschland neu gegründet, nach 1989 bildeten sich neue Sektionen auch in Ostdeutschland. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts rückten Jugendarbeit und Naturschutz weiter in den Fokus der Aktivitäten. Auch im 20. und beginnenden 21. Jahrhundert blieb der Massentourismus dabei auf bestimmte Regionen und Jahreszeiten beschränkt. Die Natur als ästhetischer Genuss, als Sehnsuchtsort des Bürgertums und die freie Entfaltung in der Natur standen und stehen im Zentrum des Interesses der Bergsteiger und Wanderer. aktuelle Ausübungsformen Touristisches Verhalten zielt darauf ab, eine Gegenwelt zum Alltag zu erschaffen und sucht das Außergewöhnliche. Gleichzeitig ist es stark ritualisiert und rekonstruiert die eigene Alltagswelt in anderen Kontexten. Durch Tourismus findet ein Austausch statt, der Horizont wird erweitert. Auf Reisen werden dabei vorrangig das Außergewöhnliche, das Grenzenlose und das Erlebnis gesucht. Gerade bei der fußläufigen Durchquerung der Landschaft in Form von Wandern oder Bergsteigen ist das Motiv der Naturerfahrung zentral: die Einzigartigkeit des Erlebnisses und die Schönheit der Natur sind in der Regel entscheidend für die Wahl einer solchen Reise, hinzu kommen sportliche oder gesundheitliche Aspekte. Auch der Tourismus zu den extremen Höhen dieser Welt hat sich mit insgesamt wachsender Mobilität und Risikobereitschaft zu einem Massenphänomen entwickelt. Immer neue Herausforderungen werden in den Bergen der ganzen Welt gesucht. Immer wieder kommt es in diesem Zusammenhang zu Unglücken auch mit tödlichen Folgen. Mit dem Wandern und Bergsteigen ist jedoch eine weitere wichtige Funktion verbunden: jene des interkulturellen Austausches. Auf den Wanderwegen, aber auch in den Hütten und Gaststätten, treffen Wanderer und Bergsteiger unterschiedlicher Nationalitäten und Gesellschaftsschichten aufeinander. Sie alle sind aus ihrem Alltag ins Außergewöhnliche aufgebrochen, um neue Perspektiven und Erholung zu finden. In der langsamen Bewegung bleibt genug Zeit für den Austausch. Durch die gemeinsame Unterbringung verlieren soziokulturelle Unterschiede temporär an Bedeutung, Kontakte werden neu geknüpft. Gerade durch das Wandern und Bergsteigen in Gruppen wird dieser Austausch noch gefördert, sind doch ohnehin mehrere Menschen gemeinsam unterwegs. Gleichzeitig lernen die Reisenden im Kulturkontakt die Lebensstile und -bedingungen der Einheimischen kennen. Der Tourismus ist heute auch ein bedeutender Wirtschaftszweig. Gerade in den Alpen und den deutschen Mittelgebirgen sind große Teile der Bevölkerung vom Gastgewerbe wirtschaftlich abhängig. Im ländlichen Raum ist der Tourismus deshalb mit der Schaffung von Arbeitsplätzen und Infrastruktur auch ein wichtiger Faktor regionaler Entwicklung. Daraus entsteht eine spezifische Kultur der Gastlichkeit, aber auch der Inszenierung von regionalen Spezifika, wie sie sich etwa auf Speisekarten oder in Heimatmuseen zeigt. Als Gegenbewegung zielen Konzepte des sanften Tourismus seit den 1990er Jahren darauf ab, die kulturellen Spezifika der jeweiligen Region zu erhalten und zugleich ein naturnahes Reisen ohne Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 63 Umweltschäden zu ermöglichen. Wandern und Bergsteigen erfreut sich großer Beliebtheit, was sich nicht nur in den Mitgliederzahlen der Vereine zeigt; so hat etwa der Deutsche Alpenverein mittlerweile rund eine Million Mitglieder. Dieser ist auch heute zentraler Träger der Infrastrukturen vor Ort, gleiches gilt für den Deutschen Wanderverband in den Wanderregionen außerhalb der Alpen. Instandhaltung und Ausbau von Wegenetz und Hüttenwesen sind neben der sportlichen Organisation Aufgaben, die im engen Zusammenhang mit einem Schutz der Naturräume gesehen werden. Weitergabe und Gefährdung Wandern und Bergsteigen werden jährlich von tausenden Menschen praktiziert, eine Gefährdung des Kulturmusters ist also nicht gegeben. Durch die organisierte Jugendarbeit von Alpenverein und Wanderverband wird auch die Weitergabe sichergestellt. Dennoch unterliegt diese Kulturform grundlegenden Veränderungen gerade durch die Mediennutzung. Waren bis vor wenigen Kartenmaterial und Wegweiser die einzige Ausrüstung, welche in der Natur zur Orientierung eingesetzt werden konnten, so ist es heute jedem Wanderer und Bergsteiger möglich, seine aktuelle Position etwa mittels eines GPS-Senders zu ermitteln. Dadurch verändern sich Wahrnehmung der Landschaft und die Orientierung in der Natur. Damit gerät auch ein Wissen um die Natur und räumliche Begebenheiten zumindest teilweise in Vergessenheit, welches in den vergangenen Jahrhunderten eine Wertsteigerung erfahren hatte. Es entstehen jedoch auch neue Ausübungsformen, wenn etwa ein bewussterer Umgang mit der Natur im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung im Wertekanon der Wandernden und Bergsteigenden weit verbreitet ist. thematische Bereiche Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum Bezeichnung Handwerk als Prinzip am Beispiel Orgelbau Quellenverzeichnis Die Datenbank der Gesellschaft der Orgelfreunde listet umfangreiche Bestände zu Handwerk des Orgelbaus, darunter ein Großteil Quellenmaterial.341 European Organ Symposium, Varazdin 2000: Resolution Varazdin 2000 [Orgel als europäisches Kulturgut]. Online-Publikation, 2000.342 European Organ Symposium, Göteborg 2001: Göteborg Resolution [Orgel als Ausdruck der europäischen Identität und Musikkultur]. Online-Publikation, 2001.343 Janke, Reiner: Die Orgel. Infos über Intonation und Forschung. Online-Publikation [ausführliche Website eines Orgelbauers} 1996-2012.34409.03.2012, Hörzu Wissen, Kai Riedemann: Kirchenmusik. Orgelbau.345 341 Vgl. http://www.gdo.de/recherchen/literaturdatenbank.html www.zhdk.ch/?pid=41177 343 http://goart.gu.se/gioa/eos/resoluti/eosresen.htm 342 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 64 29.10.12, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Philipp Krohn: Philipp Klais. Er bringt die Pfeifen zum Sprechen.346 04.09.2011, Der Spiegel: Orgelbauer. Tüfteln am perfekten Klang.347 14.07.2011, Die Welt: Führende Werkstatt.348 22.04.2011, WDR/arte, André Schäfer: Himmelstöne. Die Orgelbau-Dynastie Klais.349 19.11.2010, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Jugend schreibt, Lara Büchner LeiningerGymnasium, Grünstadt: Kirchenmusik. Karriere in der Kantorei.350 13.11.2010, Die Welt, Christina Petrick-Löhr: Neue Wege im Orgelbau.351 31.01.2010, ARD, Sendung mit der Maus: Eine Orgel wird gebaut.352 10.01.2010, Deutsche Welle TV, Die Klangwerker, Folge 6: „Klais“, Orgeln.353 13.11.2009, Die Welt, Tong-Jin Smith: Vorhang auf für den guten Klang.354 07.09.2008, Die Welt, Andreas Fasel: Orgeln für die ganze Welt.355 02.10.2007, Die Welt: 150 Jahre Orgelbau Sauer: Tradition mit gutem Klang.356 20.05.2006, Die Zeit, Reiner Luyken: Mein Leben mit Musik (19). Ich litt an Orgeln.357 10.01.2006, Die Welt, Imke Hendrich: Hochbetrieb bei Orgelbauer Schuke.358 22.12.2004, Der Stern, Birgitt Pötzsch: Konzert-Weltrekord. Musik für die Ewigkeit.359 14.07.2001, ARD, Wissen macht Ah!: Reportageauftag für Ralph: Orgelbauer.360 21.12.1997, MDR: Eine Orgel für Tokio.361 10.12.1993, Die Zeit, Johannes Pausch: Eine Gruppe von Musikliebhabern unterwegs im Oberwallis, betreut von einem Spezialveranstalter. Theo und die Orgeln.362 20.07.1950, Der Spiegel: Orgelbau. Elektrisch gesteuert. [Titelstory]363 Sekundärliteratur 344 http://www.orgel-info.de/ http://www.hoerzu.de/wissen-service/ostern-2011/orgelbau 346 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 347 http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/orgelbauer-tuefteln-am-perfekten-klang-a-783884.html 348 http://www.welt.de/print/welt_kompakt/vermischtes/article13485905/Fuehrende-Werkstatt.html 349 http://programm.ard.de/TV/arte/2011/04/22/himmelstoene/eid_287246410987440?list=main 350 Alle Artikel der FAZ sind online nur kostenpflichtig erhältlich. 351 http://www.welt.de/print/die_welt/finanzen/article10903965/Neue-Wege-im-Orgelbau.html 352 http://www.youtube.com/watch?v=0FP1V30DT8c 353 http://www.youtube.com/watch?v=oL474ZumK4U 354 http://www.welt.de/welt_print/vermischtes/article5195516/Vorhang-auf-fuer-den-guten-Klang.html 355 http://www.welt.de/wams_print/article2406945/Orgeln-fuer-die-ganze-Welt.html 356 http://www.welt.de/welt_print/article1229098/150-Jahre-Orgelbau-Sauer-Tradition-mit-gutemKlang.html 357 http://www.zeit.de/online/2006/21/leben-mit-musik-19/komplettansicht 358 http://www.welt.de/print-welt/article189913/Hochbetrieb-bei-Orgelbauer-Schuke.html 359 http://www.stern.de/kultur/musik/konzert-weltrekord-musik-fuer-die-ewigkeit-534116.html 360 http://www.youtube.com/watch?v=WoHVbc2czeI 361 http://www.herrmannfilm.com/front_content.php?idart=188 362 http://www.zeit.de/1993/50/theo-und-die-orgeln/komplettansicht 363 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44449017.html 345 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 65 Anmerkung: Es existieren musikwissenschaftliche Werke zum Klang des Instruments bzw. zur Nutzung durch einzelne Komponisten und Musiker. Zudem sind zahlreiche touristische Werke zu berühmten Orgeln in Deutschland und weltweit auf dem Markt. Die Orgelbauer selbst bezeichnen das Instrument in den letzten Jahren zunehmend als Kulturgut und veröffentlichen entsprechende Beiträge in ihren Fachzeitschriften. Ansätze der EE/VK/KA/EKW zur alltagskulturellen Bedeutung der Orgelmusik in Vergangenheit und Gegenwart sind jedoch nicht zu finden. Der Volkskundler Alois Döring hat in den 1990ern eine Filmdokumentation zum Orgelbau in der Firma Klais geplant, welche in der Abteilung Volkskunde des Landschaftsverbands Rheinlands jedoch nicht umgesetzt werden konnte. Er könnte als Experte für die kulturwissenschaftliche Perspektive angesprochen werden.364 Ax, Christine; Horchler, Dieter: Handwerk und immaterielles Kulturerbe. In: Deutsche UNESCO-Kommission (Hg): UNESCO heute 1/2007: Immaterielles Kulturerbe, S. 50-53. Bossert, Christoph; Kaufmann, Michael Gerhard (Hg.): Die Orgel als europäisches Kulturgut. Kongressbericht 10. bis 17. September 2000 Varaždin (Kroatien). Öhringen 2007. Fritz, Rebekka; Bettels, Christian (Hg.): „Denen Liebhabern, und besonders denen Kennern von dergleichen Arbeit, zur Gemüths Ergezung". Winfried Schlepphorst zum 65. Geburtstag. Kassel u.a. 2002. Frühauf, Tina: Orgel und Orgelmusik in deutsch-jüdischer Kultur. Hildesheim 2005. Göttert, Karl-Heinz; Isenberg, Eckhard: Orgelführer Deutschland. Kassel u.a. 1998. Janke, Reiner: Was bestimmt den Orgelklang? Innenansicht eines Intonateurs. In: International Society of Organbuilders Journal 40 (2012), S. 53-65.365 Kares, Martin: Erstarrung oder Emotion? Die Orgelkultur am Scheideweg. In: Musik und Kirche 79 (2009), 88-95. Klotz, Hans: Das Buch von der Orgel. Über Wesen und Aufbau des Orgelwerkes, Orgelpflege und Orgelspiel. Kassel u.a. 1998. Lieb, Erhard: Der Bau von Haus- und Übungsorgeln in Theorie und Praxis. Die historische Hausorgel unter Einbeziehung elektronischer Mittel und die moderne Übungsorgel. Frankfurt am Main 1991. Müller, Michael Christian: Die Orgel als Kulturgut. Gedanken zu Ganzheitlichkeit und Substanzschutz. In: Rheinische Heimatpflege 38 (2001), S. 88-96. Opp, Walter: Handbuch Kirchenmusik. 2. Orgel und Orgelspiel. Kassel 2000. Reichling, Alfred (Hg.): Orgel. Kassel u.a. 2001. Rensch, Klaus: Die Orgel - ein zentrales Kulturgut. In: International Society of Organbuilders Journal 39 (2012), S. 19-25. Seggermann, Günter: 500 Jahre Orgelbau in Hamburg. Ein ruhmreiches Kapitel hamburgi364 Dr. Alois Döring ist zum 01.01.2013 in den Ruhestand getreten. Er ist privat unter [email protected] oder über den LVR erreichbar, für Anfragen offen und zudem aktives Mitglied im UNESCOClub Region Bonn e.V. Er wurde von der Verfasserin bisher nicht angesprochen oder informiert, da er gut vernetzt ist und eine Vertraulichkeit nicht sichergestellt ist. 365 online verfügbar unter http://www.orgel-info.de/Intonation.htm Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 66 sches Musik- und Kulturgeschichte. In: Hamburgische Geschichts- und Heimatblätter 15 (2004-2009), S. 261-269. Summereder, Roman: Aufbruch der Klänge. Materialien, Bilder, Dokumente zu Orgelreform und Orgelkultur im 20. Jahrhundert. Innsbruck 1995. Voigt, Markus: Orgelbewegung in der DDR. Betrachtung eines konträren wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Umfeldes von 1945 bis 1990 (Studien zur Musikwissenschaft, 17). Hamburg 2009. Zentralverband des Deutschen Handwerks, Planungsgruppe „Kultur“: Handwerk als immaterielles Kulturerbe. Worin besteht das Prinzip Handwerk? Online-Publikation September 2008.366 Träger der kulturellen Ausdrucksform geographische Verortung ca. 170 Orgelbauer in Deutschland, Organis- Deutschland (und europäische Nachbarlänten der Kirchen der, allerdings besondere Orgelbautradition in Deutschland) Ansprechpartner/Dachorganisationen: Bund Deutscher Orgelbaumeister e.V. (BDO, gegründet 1895, Berufsverband)367, Gesellschaft der Orgelfreunde e.V. (GdO, gegründet 1951, Publikations- und Tagungsverband)368 Kurzbeschreibung Die traditionellen Handwerkstechniken in und aus Deutschland sind zahllos. Doch der Orgelbau verbindet das traditionelle, ganzheitliche Herstellen von der Idee bis zum Ergebnis mit einer Musikkultur, die weltweit geschätzt wird. Dabei wird mit aufwändigen Handwerkstechniken ein Instrument produziert, das von Wolfgang Amadeus Mozart als Königin der Instrumente bezeichnet wurde und wiederum immaterielles Kulturerbe hervorbringt: die Orgelmusik. Die vorrangig in katholischen und evangelischen Kirchen stehenden Orgeln werden von Organisten mit großer Präzision gespielt und entfalten in den Kirchenschiffen oder Konzerthallen ihren einmaligen Klang. Durch die Entwicklung von elektronischen Orgeln wird der handwerkliche, aufwendige Orgelbau jedoch teilweise verdrängt und im musikalischen Bewusstsein breiterer Bevölkerungsschichten mit digitalen Aufnahmen vermischt. Durch die gleichzeitige Säkularisierung verliert auch die kirchliche Orgelmusik zunehmend an Bedeutung. Historische Entwicklung Die Geschichte des Orgelbaus reicht bis ins alte Ägypten zurück, auch die griechische Antike kannte bereits Vorläufer des Instruments. In Europa wurden die ersten Orgeln im 9. Jahrhundert erbaut, um die Jahrtausendwende wurden die Instrumente vermehrt in Kirchen und Klöstern errichtet und gespielt. Aufgrund der großen Kirchenschiffe, die mit Klang gefüllt werden mussten, gewannen auch die Orgeln an Größe. Im Verlauf des Spätmittelalters prägten sich dann Bauformen und Spieltechniken immer weiter aus, es entstanden Instru366 http://www.zdh.de/fileadmin/user_upload/themen/Gewerbefoerderung/kultur/200809%20Handwerk%20als%20immaterielles%20Kulturerbe%20-%20Papier.pdf 367 Vgl. http://deutscher-orgelbau.de/ 368 Vgl. http://www.gdo.de/ Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 67 mente mit mehr und mehr Pfeifen und Manualen. Dabei vollzog sich auch eine regionale Differenzierung der Handwerkskunst, denn Orgelbauer waren nur in einem verhältnismäßig kleinen Umkreis tätig und brachten ihre eigenen persönlichen Fähigkeiten und Vorstellungen ein. Nach der Reformation wirkten auch die konfessionellen Unterschiede in den Orgelbau hinein, durch die unterschiedlichen Liturgien waren der Orgel je andere Rollen im Gottesdienst der beiden großen christlichen Konfessionen zugewiesen. Hausorgeln, kleinere Varianten die meist in Schrankform gebaut werden, waren in der frühen Neuzeit in wohlhabenden Haushalten zu finden. Auch mit der Industrialisierung blieb die Orgel bestimmendes Instrument der Kirchen, die Verwendung weitete sich jedoch aus dem sakralen Raum aus: in Konzertsälen wurden Orgeln in die klassische Musik integriert. Auf Jahrmärkten und Kirmessen wurden mobile, kleinere Orgeln als zusätzliche Attraktion gespielt, in einigen Kinos standen Kinoorgeln für die musikalische Begleitung der Stummfilme. Mit der zunehmenden Säkularisierung verloren die Kirchenräume gleichzeitig ihre Relevanz für den Alltag vieler Menschen. Orgelmusik, häufig begleitet vom Gesang der Gemeinde, war noch bis ins 20. Jahrhundert, vor der Verbreitung von Radio und Schallplatte, für den größten Teil der Bevölkerung die einzige Musik, welche sie regelmäßig hörten. Selbstverständlich existierten Musikinstrumente und entsprechende Repertoires in den Gemeinschaften, doch konnte der imposante Klang einer aufwendig produzierten Orgel durch die Instrumente der Hausmusik nicht erreicht werden. Auch Jahrmarktorgeln oder Leierkästen, welche ebenfalls mit Pfeifen betrieben werden, haben ganz andere Klangfarben und -volumina. Dies förderte, gemeinsam mit der Bildervielfalt in katholischen Kirchen, die Relevanz des Kirchgangs auch als kulturellen Input. In den 1970ern wurden aus bereits bestehenden Vorläufern elektronische Orgeln entwickelt, welche die kosten- und raumintensiven Orgelpfeifen durch synthetische Töne ersetzen. Zunächst wurden die Orgelklänge in den so genannten Hammond-Orgeln durch elektrischen Wechselstrom in Sinuskurven erzeugt. In der Folge setzten sich kleinere Varianten mit Transistortechnik durch, die so genannten Heimorgeln, welche Platz in den Wohnzimmern fanden. Das Gegenstück hierzu stellen die Konzertorgeln dar, welche digitale Orgelklänge in hochwertiger Qualität erzeugen. Diese Orgeln ergänzen die Keyboards und simulieren die Klänge durch digitale Tonerzeugung, indem in der Produktion aufgenommene Einzeltöne durch Tastendruck abgespielt werden. Die elektronischen und digitalen Orgeln entwickelten sich schnell zum beliebten Instrument der Jazz-, Rock- und Popmusik gerade der 1970er Jahre und werden seitdem zunehmend auch bei klassischer Musik eingesetzt. Gerade durch die Popmusik erreichen Orgelklänge seither breitere Hörerschichten, welche an klassischer, vornehmlich kirchlicher Orgelmusik wenig Interesse zeigen. Damit schwindet jedoch auch die Wertschätzung der handwerklich hergestellten Orgeln, da das Ohr an den Klang der elektronischen Entsprechungen gewöhnt ist. aktuelle Ausübungsformen Die Orgelbauer bewahren außerordentlich viel handwerkliches Spezialwissen, welches durch sie weitergegeben wird. Deutsche Orgelbau-Dynastien wie die Familien Stumm, Silberberg, Grüneberg oder Scherer exportierten ihre Handwerksstücke seit dem 16. Jahrhundert. Einige der bestehenden Orgelbau-Betriebe, wie beispielsweise die Firma Johannes Klais in Bonn, blicken bereits auf eine mehr als hundertjährige Geschichte zurück und bau- Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 68 en Orgeln in der ganzen Welt. Am Bestimmungsort der Orgel spielen der Raum, Raumklima und -klang eine entscheidende Rolle, so dass jede Produktion individuell angepasst wird. Damit ist jede Orgel ein Einzelstück, welche auf ihren Standort abgestimmt wird. Unterschiedliche Gewerke, insbesondere Architekt, Orgelbauer, Schreiner und Musiker müssen sich bei einem Neubau auf Augenhöhe begegnen, um gemeinsam das beste Ergebnis erzielen zu können. Gerade das Zusammenspiel von Orgelbauer und Organist kann produktiv genutzt werden, auch wenn die Vorstellungen bei Bau und Nutzung sich häufig deutlich unterscheiden. Auch in die Architektur eines Neubaus kann die Orgel sehr bewusst eingefügt werden und nicht nur klangliche Akzente setzen. Ein Orgelbau dauert in der Regel mehrere Jahre von der ersten Planung bis zur Fertigstellung. Um die jeweils passende Orgel zu bauen, benötigen Orgelbauer ein ausgezeichnetes musikalisches Gehör und klangliche Vorstellungskraft, aufwendige Planungen sind notwendig. Technisch gesehen ist das Instrument eine Mischung aus Blas- und Tasteninstrument. Die Arbeitsschritte für die Produktion einer neuen Orgel sind aufwendig, ziehen sich in der Regel über mehrere Jahre und werden von verschiedenen Orgelbaumeistern arbeitsteilig, jedoch im gleichen Betrieb erledigt. Dazu gehören Planung und Konstruktion, die Herstellung von Orgelpfeifen, Gehäuseteilen sowie der technischen Anlage. Das Respektieren von Traditionen, wie etwa dem Fällen des Holzes nach dem Mondkalender, wird dabei sehr wichtig genommen. In der eigentlichen Herstellung werden oft mehrere tausend Metall- und Holzpfeifen in Handarbeit einzeln gearbeitet, einige davon bis zu zwölf Meter hoch. Dazu kommen Gestelle und Gehäuse sowie der so genannte Spieltisch, von welchem das Instrument bedient wird. Die Arbeit an den einzelnen Teilen der Orgel hat dabei stets Bezug zum Ganzen, zum späteren fertigen Produkt, die eigentlichen Handwerkstechniken sind seit Jahrhunderten die gleichen. Der anschließende Aufbau- und Stimmvorgang am endgültigen Standort dauert allein oft mehrere Monate. Mit dem Intonieren erfolgt schließlich die wichtigste Arbeit zum Abschluss vor Ort am Standort der Orgel: jede der Pfeifen wird durch Anspielen und Korrektur von minimalsten Feinheiten an den Pfeifen gestimmt. Eine wichtige Aufgabe ist auch das Reinigen, Warten und Stimmen der Instrumente sowie die Restaurierung von teils jahrhundertealten Orgeln der Kirchenbestände. Organisten erfüllen die Aufgabe, das komplizierte Instrument zu spielen, dabei werden am Spieltisch mehrere der Klaviertastatur ähnliche Manuale sowie Fußpedale bedient. Über das Register kann die Klangfarbe Musikstück und Anlass angepasst werden. Hierdurch wird eine vieltönige Musik geschaffen, ein einzelnes Instrument erzeugt ein umfassendes Klangbild. Vorrangig sind Organisten in der Begleitung der regulären Gottesdienste eingesetzt, es finden in vielen Kirchen jedoch auch spezielle Orgelkonzerte statt. Zudem bestehen in Deutschland mehrere Orgelfestivals, so etwa die Internationalen Orgeltage in Trier und die Internationale Orgelwoche Nürnberg. Auch in größeren Konzertsälen stehen Orgeln, die im Rahmen von Orchester- oder Solistenkonzerten genutzt werden. Weitergabe und Gefährdung Der Orgelbau in Deutschland blickt auf eine lange und reiche Tradition zurück. Auch aktuell gibt es eine rege nationale und internationale Nachfrage. Dabei wird das eigentliche Handwerk als ganzheitliches Schaffen in den kleinen bis mittelständischen Betrieben von insgesamt rund 2.000 Orgelbauern weitergegeben. Eine Verdrängung aus dem sakralen Raum ist nicht zu erwarten, gerade weil die erhaltenen historischen Orgeln einer fortlaufenden Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 69 Wartung und Restaurierung bedürfen. Allerdings sind durch die digitalen Möglichkeiten in Konzertsälen, aber auch in Kirchen und Andachtsräumen, vermehrt elektronische Orgeln und Synthesizer im Einsatz, die kostengünstiger industriell hergestellt werden können. Gleichzeitig sinkt die Identifikation mit kirchlichen Ritualen bei großen Teilen der Bevölkerung, so dass eine Integration der Orgelmusik in den Glaubensalltag abnimmt. Die Orgelbauer sind zudem eine kleine Berufsgruppe mit sehr stark ausgefächertem Spezialwissen, welches nur durch jahrelange Tätigkeit erlernt werden kann. Das duale Ausbildungssystem legt hier nur einen Grundstein, auf welchen Gesellen in der Berufspraxis weiter aufbauen müssen. Insbesondere sind der Austausch zwischen Handwerkern nicht nur im Rahmen der Ausbildung sowie die Weitergabe der Handwerkstraditionen in Familienbetrieben hier bedeutsam. Orgeln sind Ausdruck des Zeitgeistes, gerade weil sie so aufwendige Instrumente sind manifestieren sich in ihnen nicht nur die Handwerkskunst, sondern auch äußere und musikalische Gestaltungsvorlieben der jeweiligen Zeit. Jede Generation von Orgelbauern, Organisten und auch Zuhörern bringt eine eigene, andere Klagvorstellung ein. Aufgrund der Langlebigkeit der Instrumente ist der Orgelbau mit seiner musikalischen Umsetzung als Gesamtkomplex ein ideales Beispiel auch für die Gleichzeitigkeit von Kontinuität und Wandel. thematische Bereiche traditionelle Handwerkstechniken in Verknüpfung mit Wissen im Umgang mit der Natur und dem Universum, gesellschaftlichen Bräuchen, Ritualen und Festen sowie darstellenden Künsten Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 70 2. Weitere Möglichkeiten von KAF in und aus Deutschland Weitere Handwerke: Bäcker, Bierbrauer, Messerwaren, Glasmacher, Weihnachtsschmuck aus dem Erzgebirge, Kuckucksuhren, Trachtenherstellung, Reetdachdeckerei, Porzellanmanufakturen Weitere Bräuche im Jahreslauf, insbesondere regionale und lokale Bräuche oder religiöse Bräuche Vereinskultur, weitere Beispiele: Sportvereine, Gesangs- und Musikvereine, religiöse Vereine, Karnevalsvereine, Tierschutzvereine, Umweltschutzvereine, Sammlervereine, Alpenvereine, Bürgerinitiativen als Vereine Nahrungskultur: regionale Spezialitäten Dialekte maritime Kultur, etwa am Beispiel des Morsens Eisenbahnkulturen und Modellbau Der lokale Marktplatz als Ort der Kommunikation Städtische Theater- und Kabarettkultur Ingenieurswesen als Prinzip Trauerkultur Schenken von Brot und Salz zum Einzug in die neue Wohnung Deutsche Erinnerungskultur und Umgang mit der NS-Vergangenheit Integration von Migranten-, Flüchtlings- und Vertriebenenkulturen 3. KAF mit internationalem Bezugsrahmen Anmerkung: Diese KAF weisen eindeutige internationale Bezüge auf und werden deshalb hier nicht weiter berücksichtigt. Fußballfankultur Puppenspiele (z.B. Augsburger Puppenkiste) Chortraditionen Gruppentänze, Ballett, Tanztheater Weinbau, inkl. Traditionen in Weinbaugebieten (z.B. das Ausstecken von Buschenschenken/Besenwirtschaften, Wahl von Weinkönigin) Handwerk, Walz (z.B. Papierschöpfen, Schmieden) Genossenschaften (Kinder-)Spiele Forstwirtschaft Glockenspiel und Glockenguss Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 71 Falknerei (vgl. bestehende internationale kulturelle Ausdrucksform) Indigo-Blaufärben Deutsch-Chinesische Medizin Maultrommelspielen Umgang mit Katastrophen (z.B. Lawinen im Alpenraum) 4. Bereits bestehende Vorschläge von Trägergruppen, Medien und Forschung Anmerkung: Diese Liste enthält Beispiele kultureller Ausdrucksformen, die in den Medien und in Forschungsarbeiten genannt oder von Trägergruppen bereits als IKE deklariert werden. 4.1 Vorschläge von Trägergruppen Der Zentralverband des Deutschen Handwerks möchte das deutsche Handwerk im Ganzen nominieren.369 Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks führt ein Brotregister mit fast 3.000 Sorten, Bäckereien haben die Möglichkeit ihr Rezept einzutragen.370 Für die Anerkennung des deutschen Brots als IKE setzt sich auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner ein.371 Der Deutsche Schaustellerbund setzt sich für eine Auszeichnung der Volksfeste ein.372 Der Bundesverband für Gesundheitsförderung und Prävention (Bund Kneipp) möchte das Gesundheitskonzept nach Sebastian Kneipp auszeichnen lassen.373 Der Bundesrat für Niederdeutsch möchte die Auszeichnung des Niederdeutschen Dialekts erreichen.374 Die Stadt Bad Hersfeld in Hessen bemüht sich um die Auszeichnung des dortigen Lullusfestes, welches sie als ältestes Volksfest Deutschlands bezeichnet.375 Der Leiter des 2010 geschlossenen Thüringer Kloßmuseums Heichelheim setzte sich für die Thüringer Klöße als IKE ein.376 369 Vgl. http://www.zdh.de/gewerbefoerderung/kultur/handwerk-immaterielles-kulturerbe.html Vgl. http://www.brotregister.de/ 371 Vgl. Pressemitteilung vom 22.05.2011, http://www.bmelv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2011/105-AI-BesuchBaeckerinnung.html;jsessionid=A4AE1495B32F31954F253B83A9DA56A0.2_cid242 372 Vgl. http://www.dsbev.de/meldungen/meldungen/detail/article/232/Anerkennung-der-Volksfeste-alsimmaterielles-Kulturerbe/?tx_wtgallery_pi1[cat]=1&cHash=71fddf522e30860d58897dd7d131eab1 373 Vgl. http://www.kneippbund.de/no_cache/aktuelles/eintrag/gesundheitskonzept-nach-sebastiankneipp-als-kulturerbe/aktuelles/ 374 Vgl. http://www.bundesraatnd.de/index.php?option=com_content&view=article&id=104%3Aunesco&lang=de 375 Vgl. http://www.fr-online.de/kultur/unesco-die-kloesse-als-weltkulturerbe,1472786,11124820.html; vgl. auch http://www.hersfelder-zeitung.de/nachrichten/kreis-hersfeld-rotenburg/bad-hersfeld/lullusfestsoll-kulturerbe-werden-1434998.html 370 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 72 Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU) nennt die Beispiele Märchen, Handwerkskunst und Jahrmarktskultur.377 Die Landsmannschaft Ostpreußen Landesgruppe NRW e.V. schreibt vom Kulturellen Erbe der Ostpreußen.378 Die Bayernpartei setzt sich für den Schutz des bayrischen IKE ein.379 4.2 Vorschläge und Beispiele in Medienberichten und Forschungsprojekten Das Deutschlandradio nennt in der Berichterstattung Rheinischen Karneval, Oktoberfest, Skatspiel, Musik von Johann Sebastian Bach, deutsches Reinheitsgebot, Chöre und die Handwerksausbildung als Beispiele.380 Die Zeit nennt in einem Artikel die Beispiele norddeutsche Grünkohl-und-Pinkel-Fahrt, Weihnachtsmarkt und deutsche Treuherzigkeit.381 Über die Möglichkeiten zur Aufnahme des deutschen Biers bzw. der Brauereikultur in die Liste bestehen Medienberichte.382 Das Münchner Oktoberfest wird in verschiedenen Medienberichten genannt, der SPDStadtrat Helmut Schmid hat sich bereits gegen eine Nominierung ausgesprochen, er befürchtet eine zusätzliche Kommerzialisierung des Festes.383 Auch ein Artikel der Süddeutschen Zeitung argumentiert gegen den Vorschlag.384 Dieter Offenhäußer, DUK, nennt im Interview mit der Deutschen Welle die Trachten der Sorben.385 Als mögliches immaterielles Kulturerbe von Bayern nennt der Tourismusökonom Volker Letzner u.a. die Festspiele Oberammergauer Prozession, Drachenstich in Furth i.W., Landshuter Hochzeit und Dinkelsbühler Kinderzeche sowie die Alphorntradition und lokale Brauchformen. Oktoberfest, Christkindlmarkt, Bier- und Weinkultur schätzt er als zu kommerziell für die IKE-Konvention ein.386 Das EU-Projekt „Cultural Capital Counts“ an der TU Cottbus listet für die Region Ostelbien folgende kulturellen Ausdrucksformen jeweils mit ausführlicher Beschreibung: Ostelbische Bauernmarkt-Produkte, Bierbrauen in Ostelbien und Werdau, Hegegemein- 376 Vgl. Sammlung von Presseberichten unter http://klossmuseum.homepage.tonline.de/Riopresse.html 377 Vgl. http://www.bhu.de/bhu/content/de/resolutionen/pages/1309856064.xml; vgl. auch die Pressemitteilung vom Dezember 2012, http://igbauernhaus.de/uploads/media/2012-1203_PM_Immaterielles_Kulturerbe_BHU.pdf 378 Vgl. http://www.ostpreussen-nrw.de/Geschichte/Kulturelles-Erbe.htm 379 Vgl. http://landesverband.bayernpartei.de/2012/bayerisches-kulturerbe-schuetzen 380 Vgl. http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/1936816/ 381 Vgl. http://www.zeit.de/2010/48/Kulturerbe-Franz-Essen/komplettansicht 382 Vgl. http://www.welt.de/lifestyle/article13396166/Bier-soll-zum-Weltkulturerbe-erklaert-werden.html; vgl. auch http://www.globalmalt.de/deutschland-deutsches-bier-soll-immaterielles-kulturerbe-werden/ 383 Vgl. http://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_muenchen/article13586898/Weltkulturerbe-Neindanke.html 384 Vgl. http://www.sueddeutsche.de/muenchen/nullachtneun-wiesn-und-weltkultur-1.484009 385 Vgl. http://www.dw.de/unesco-schutz-f%C3%BCr-immaterielles-kulturerbe/a-15607908 386 Vgl. Letzner, Volker: Immaterielles Kulturerbe in Bayern. In: Tourismus Management Passport 2010, S. 70-73, hier S. 71f. Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 73 schaft Ostelbien, Beilroder Heimatlied, Jagdhornbläsergruppe Falenstruth, Kirchliche Traditionen und Feste, Kranzreiten, Merinoschaf-Zucht, Heimatfest Beilrode, Kohlrübenessen, Federnschleißen, Brotbacken in Kathewitz, Orts- und Flurnamen slawischen Ursprungs, Zempern, Ostelbische Sagen und Erzählungen, Ziegelbrandtechnik - Ringbrandofen Großteben, Beilroder Mühlenfest, Grünlandaufzucht und Jungherdenaufzucht von Pferden im Gestüt Graditz, Schmiedetradition in Nichtewitz, Beilroder Jägerfest. 387 Es bestehen analoge Listen auch für die anderen europäischen Regionen im Projekt. 387 Vgl. http://www.culturalcapitalcounts.eu/index.php/de/immaterielleskulturerbe?area=9&category=0&country=0&search_string=&sent=1 Exemplarische kulturelle Ausdrucksformen in und aus Deutschland - Lina Franken M.A. - Seite 74