Beim bauMax ist der Obi drin - Digital Paper

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Beim bauMax ist der Obi drin - Digital Paper
34 COVERSTORY
Freitag, 11. September 2015
medianet.at
Beim bauMax ist der Obi drin
Der Konzern ist vor
allem durch seine
Expansion in Osteuropa in massive
finanzielle Turbulenzen geschlittert.
Nun geht eine Ära
zu Ende.
WIEN. Mit bauMax wird auch ein
Kapitel österreichischer Firmengeschichte abgeschlossen. Seit Monaten hält das Familienunternehmen
die Öffentlichkeit auf Trab: Manche Filialen stehen vor dem endgültigen Aus, manche Mitarbeiter
werden ihren Job verlieren, und
immer wieder das große Schweigen. Die Arbeiterkammer beklagte
jüngst den „unzureichenden Informationsfluss“ an die Mitarbeiter,
die Details der Abwicklung der Betriebsübernahme durch Obi seien
völlig unklar.
Eine Antwort darauf, warum sich
bauMax so vage, so diskret, so unklar nach außen hin gibt, erhielt
medianet von einer Sprecherin:
„Wir dürfen zur Transaktion nichts
sagen. Der Investor wünscht keine
Kommunikation nach außen.“ Das
Ausmaß an Diskretion reicht soweit, dass man den Namen „Obi“
nicht einmal in den Mund nehmen
will, „das haben jetzt Sie gesagt.
Ich kann Ihnen nur sagen, dass eine Transaktion stattgefunden hat“,
kokettierte die Sprecherin. Und das,
obwohl seit einiger Zeit bekannt
ist, dass die deutsche Baumarktkette die Übernahme von bauMaxFilialen bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) angemeldet
hat. Die Frist für die wettbewerbsrechtliche Prüfung endet am 29.
September.
400 Mio. € Schuldenschnitt
Obi wird das Eigentum an bestimmten Vermögensgegenständen
erwerben, die bauMax zugeordnet
seien. Und auch der Umstand, dass
Obi die Mitarbeiter der Standorte übernehmen wird, ist bekannt.
Auch die Banken haben den Weg
mittlerweile frei gemacht für die
Zerschlagung der Baumarktkette
und die Übernahme von mehr als
zwei Drittel der Filialen durch die
deutsche Heimwerkerkette Obi. Die
größten bauMax-Bankengläubiger
Raiffeisen, Erste und Bank Austria
sollen für den Schuldenschnitt von
rund 400 Mio. € (40% der Gesamtschulden) bereits Vorsorge getroffen haben. Doch über die genaue
1976
Eröffnung
1. bauMax Markt
1989
© medianet/Philipp Hutter
••• Von Daniela Prugger
49
Übernahmen
In Österreich
werden 49
bauMax-Märkte
vom deutschen
Mitbewerber Obi
übernommen.
Social Media
Auf der FacebookSeite von bauMax
häufen sich
Kommentare wie
dieser: „Ich bin im
Logistik Zentrum
von Baumax ... Ich
finde es schade
das alle Lager Mitarbeiter Kündigung bekommen
aber was solls ...
(sic).“
1992
Entscheidung
Expansion CEE
Schuldensituation liegen laut APA
derzeit keine Informationen vor.
Lieferanten, bauMax-Beschäftigte,
das Finanzamt und die Sozialversicherung sollen aber nicht auf offenen Rechnungen und Ansprüchen
sitzen bleiben.
Die insgesamt 42 Gläubigerbanken hatten im April 2014 bei bauMax noch rund eine Mrd. Euro im
Feuer, davon 350 Mio. € Betriebsmittelkredite und 650 Mio. € besicherte Immobilienkredite. Aus dem
Verkauf der Kunstsammlung von
bauMax-Gründer Karlheinz Essl
sollen die Banken „deutlich“ über
100 Mio. € erhalten haben. Die
Banken indes wollten die Details
des Schuldenschnitts nicht kommentieren.
Nur drei Betriebsräte
Das Familienunternehmen startete
vor 38 Jahren und führt neben 65
Märkten in Österreich noch 24 in
Tschechien, 14 in der Slowakei und
2 in Slowenien. „Ich kann bestätigen, dass der Deal stattgefunden
hat und in Österreich 49 Märkte
übernommen werden. Für 16 Märkte suchen wir eine individuelle Lösung“, erkärte die Sprecherin. Rund
6.200 Mitarbeiter sind bei bauMax
in Österreich, Tschechien, in der
Slowakei und in Slowenien beschäftigt. In Österreich gibt es nur in
drei Märkten einen Betriebsrat. Für
die Mitarbeiter setzt sich hauptsächlich ein landesweites Vertrauenskomitee ein. „Unsere Mitarbeiter
wissen alle Bescheid, sie wissen,
1994
1995
1996
Markteintritt in
der Slowakei
Markteintritt in
Ungarn und
Tschechien
wie ihre Zukunft aussieht“, versichert die bauMax-Sprecherin. „Es
wurde ein Sozialpaket geschnürt
– besonders für Personen über 50,
mit freiwilligen Abfertigungen,
und wir werden auch Ausbildungen bezahlen. Ich kann nur sagen,
dass deutlich weniger Personen als
die in den Medien genannten 1.000
Mitarbeiter ihren Job verlieren
werden.“ Derzeit heiße es abwarten,
erst Ende September könne man
Genaueres mitteilen.
Wer sich als Mitarbeiter über
seine derzeitige Situation, seine
Möglichkeiten und Rechte im Moment nicht im Klaren ist (und das
scheint bei einigen der Fall zu sein,
wie die Facebook-Einträge auf der
bauMax-Seite zeigen), kann sich
über eine Hotline bei der Arbeiterkammer informieren. Sehr bemüht
und freundlich werden dort anfällige Fragen beantwortet. Vom Jobverlust betroffen sind vor allem die
Mitarbeiter in der Firmenzentrale
in Klosterneuburg sowie im Warenverteillager in Wien. Und auch
den Mitarbeitern jener Märkte, die
bis Ende September keinen Käufer
finden, droht die Kündigung. Vorsorglich wurden österreichweit
1.100 von rund 3.700 Mitarbeitern
beim Arbeitsmarktservice zur Kündigung angemeldet.
Entwicklung
Mega-bauMax
Noch ungewiss
Für 16 österreichische Märkte
suche man eine
„individuelle
Lösung“.
Essls Lebenswerk
Was ist nur geworden aus dem
einstigen Vorzeigeunternehmen,
dem Lebenswerk von Karlheinz
Essl? Es waren vor allem die Aus-
2000
Markteintritt
in Kroatien
Start in
Slowenien
„Und fertig“
Im Jahr 2011
wurde die Werbefigur „bauMax“
eingeführt. Die
aktuelle Werbelinie mit dem „Und
fertig“ wurde im
Vorjahr gelauncht.
Seitdem tänzeln
Heimwerker im
TV nach getaner
Arbeit beglückt
um ihr Werk.
2006
2008
Markteintritt
in Rumänien
Markteintritt in
Bulgarien
Auszeichnung
als einer
der besten
Arbeitgeber
Europas
16
2010
2011
Einführung
der neuen
Werbefigur
„bauMax“
Markteintritt
Türkei
Auszeichnung
als bestes
Familienunternehmen
Österreichs
landsgeschäfte, die dem Unternehmen teuer zu stehen kamen. 2010
expandierte bauMax in die Türkei,
wo binnen drei Jahren sieben Baumärkte eröffnet wurden. Noch 2012
und 2013 kamen Märkte in Bulgarien, Tschechien und Rumänien dazu. Und schon damals sollen Branchenkenner einen Rückzug aus einzelnen Ländern empfohlen haben
– um das Österreich-Geschäft nicht
zu gefährden. Denn die AuslandsTöchter schrieben (mit Ausnahme
der Slowakei) durchwegs Verluste.
Und noch im Jahr 2014, als eine
drohende Insolvenz der Baumarktkette bereits diskutiert wurde, ging
der Konzern mit dem Slogan „bauMax. Und fertig.“ in die Offensive.
Essl Senior wurde Beratungs­
resistenz vorgeworfen, die Übergabe des Geschäfts an seinen Sohn
Martin Essl soll gar nur auf dem
Papier erfolgt sein. Aus dem Aufsichtsrat heraus soll Karlheinz Essl
nach wie vor alle wichtigen Entscheidungen getroffen haben. Heute muss die Familie Essl – bekannt
für ihre guten Beziehungen zu den
Reichen und Mächtigen in diesem
Land – mit Spott (vor allem in den
Sozialen Netzwerken) umgehen.
Recht unberührt vom bauMaxNiedergang scheint auch der neue
Obmann der WKO-Sparte Handel,
Peter Buchmüller. Gegenüber dem
WirtschaftsBlatt meinte er: „Es ist
immer schade, wenn ein österreichisches Unternehmen ausscheidet.
Aber das ist der Lauf der Wirtschaft
und bringt Chancen für andere.“
2012
2014
Verkauf von
bauMax
Rumänien
u. Bulgarien,
Rückzug aus
der Türkei
bauMax feiert
35-jähriges
Firmenjubiläum
2015
Rückzug aus Ungarn und Kroatien
August: Bekanntgabe, dass Obi
rund 70 Märkte in
Österreich (49), in
der Slowakei (14),
in Slowenien (2)
und in Tschechien
(5) übernimmt.