Otto von Bismarck

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Otto von Bismarck
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Rudolf Meyer
Otto von Bismarck
Material zur Quellenarbeit im Geschichtsunterricht
Rudolf Meyer
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Das Deutsche
Kaiserreich
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Downloadauszug
aus dem Originaltitel:
â.ODVVH
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4/1
4 | Otto von Bismarck
Aufgaben
a
Bismarck gilt allgemein als erfolgreicher Reichskanzler. Welche sind nach Material 4.1 seine
größten Erfolge?
b
Versuche, mit Material 4.2 wesentliche Grundsätze für das politische Handeln Bismarcks zu
formulieren.
c
Die Karikatur1 „Der Lotse geht von Bord“ (Material 4.3) ist eine der berühmtesten historischen
Karikaturen überhaupt. Versuche eine Deutung.
d
Der Schriftsteller Theodor Fontane (1819–1898) hat als Zeitzeuge Bismarcks lebenslang die
Politik des Kanzlers beurteilt und auch Gedichte über Bismarck verfasst.
t. Wie hat Fontane
Bismarck eingeschätzt?
e
f
Versuche eine Deutung des Gedichts „Wo Bismarck liegen soll“ (Material
erial 4.4 (2))
(2)).
Wie wird Bismarck heute gesehen? Versuche, dir eine eigene
ne Meinu
Meinung
ng über den P
Politiker zu
bilden. Stelle zusammen, was deiner Meinung nach positiv war und wo er gra
gravierende Fehler
gemacht hat.
Material
4.1
Wichtige Daten zu Otto
to von Bi
Bismarck
marck
(1815–1898)
4.2
Bismarck: Zi
Ziele
e – Grundsätze –
Einschätzungen
hätzungen
4.3
4.4
4.
4.5
Der Lotse geht von
v Bord
Theod
Theodor
or Fonta
Fontane über Bismarck
k
Bism
Bismarck heute: 200 Jahre Bismarck
marck –
ist sein Ansehen verblasst?
s
Fürst Otto von Bismarck
Ölgemälde des Reichskanzlers von
Ludwig Knaus
1
Spöttische, überspitzte Darstellung.
Rudolf Meyer: Otto von Bismarck
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1
4 | Otto von Bismarck
4/2
Material 4.1
Wichtige Daten zu Otto von Bismarck (1815–1898)
1815
Geboren in Schönhausen/Elbe
1832–1835
Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Göttingen und Berlin
1835–1839
Praktische Ausbildung in Berlin, Aachen und Potsdam, danach Wehrdienst
1845
Nach dem Tod des Vaters Rückkehr nach Schönhausen und Einstieg in die Politik
1847
Abgeordneter des Preußischen Landtags, heiratet Johanna von Puttkamer
1851–1858
Als preußischer Gesandter beim Bundestag in Frankfurt/Main g
gelingt
gt es ihm nic
nicht,
t für P
Preußen die Gleichberechtigung im Deutschen Bund mit Österreich
h zu erreichen.
hen. Diese
Dieses
s prägt seine politischen Grundeinstelde
lungen nachhaltig („kleindeutsche“ Lösung).
1859–1862
Preußischer Gesandter in Sankt Petersburg
urg
1862
Preußischer Gesandter in Paris.
Zuge
Verfassungskrise zwischen
Wilhelm
Preußen
ris. Im Z
ge einer Verfa
schen König
nig Wilh
elm von Preuß
und dem Landtag wird Bismarck
überraschend
zum preußischen Ministerpräsidenten
marck über
schend zu
sterrpr dent berufen.
rufen.
1864
Preußen und
d Österre
Österreich
ich führen erfolgre
erfolgreich Krieg gegen Dänemark.
ark. Üb
Über
ber die Zu
Zukunft der Provinzen
Schleswig und Holstein kommt es zu erheblichen Konflikten
kten zzwischen
wischen den Siege
Siegermächten.
1866
Bismarck
verschärft
die Streitigkeiten um Schle
Schleswig
derart, dass es zum Krieg zwischen
marck v
erschärft d
g und Holstein derar
Preußen u
und Ö
Österreich kommt. Die anderen
nderen Mäc
Mächte
e „halten still“
still“. Preußen behält die Oberhand und
besetzt an
annover (das heutig
anschließend das Königreich Hannover
heutige Niedersachsen) und Teile Hessens. Der
Deutsch
e mit Großbrita
Deutsche Bund wird aufgelöst. Probleme
Großbritannien und Frankreich sind die Folge.
1869
en Gro
n ge
Bismarck lehnt das geg
gegen
Großbritannien
gerichtete Bündnisangebot des französischen Kaisers
us taktisc
en Gr
Napoleon III. aus
taktischen
Gründen ab und informiert die britische Presse. Das Verhältnis zu
Frankreich verschlechtert sich d
dramatisch.
0/71
1870/71
ie Thron
Derr Streit um die
Thronfolge in Spanien führt zum Krieg mit Frankreich und zur Gründung des „Deutschen
s“. Die Er
Reiches“.
Erbfeindschaft und die Isolierung Frankreichs werden zur Grundlage der Außenpolitik.
1890
1872–1890
Außenpolitisch schließt der Kanzler nicht unumstrittene Bündnisverträge mit Österreich-Ungarn, Italien, der
Türkei und Russland. Innenpolitisch gibt es den „Kulturkampf“2 mir der katholischen Kirche und eine Vielzahl ungelöster sozialer Schwierigkeiten und Probleme. Als innenpolitisch größte Leistung gilt die Sozialgesetzgebung3, die für viele Länder wegweisend war.
1890
Bismarck tritt als Reichskanzler aufgrund unüberbrückbarer Differenzen mit Wilhelm II. zurück und wird zum
„Herzog von Lauenburg“ ernannt.
1898
Bismarck stirbt am 30. Juli auf Gut Friedrichsruh (im Sachsenwald, östlich von Hamburg).
2
3
Konflikt zwischen dem Königreich Preußen (später das Deutsche Kaiserreich) und der katholischen Kirche.
Einführung von Kranken- und Unfallversicherung, später Rentenversicherung für Arbeiter und Angestellte.
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2
4/3
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Material 4.2
Bismarck: Ziele – Grundsätze – Einschätzungen
Otto von Bismarck in seiner berühmten
„Blut und Eisen“-Rede vom 30. September 18624:
„Nicht auf Preußens Liberalismus5 sieht Deutschland, sondern auf
seine Macht [ … ] Preußens Grenzen nach den Wiener Verträgen
sind zu einem gesunden Staatsleben nicht günstig. Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse6 werden große Fragen der Zeit entschieden, das ist der große Fehler von 1848 und 1849 gewesen,
sondern durch Eisen und Blut.“
Bismarck im Jahr 187
1871 mit
Pickelhaube
Picke
Bismarck erweckte den Eindruck je
jenseits
seits aller ideologischen7 Rezepte,
zept gleich we
welcher
lche Gruppierung zu stehen. Err war kein aristokr
aristokratischer Korporatist8, und
nd au
auch
h ein Liberaler w
war er nicht beziehungsweise
konnte
sein. [ … ] Daraus ergab sich
Freiheit
weise konn
te er nicht se
ich eine F
reihei von ideologischen
Beschränkungen,
Verhalten kaum vorhersehbar
und
es ihm [ …] erlaubte, von
Beschr
nkungen, die sein
ein V
sehbar machten u
de
Lager zu wechseln, se
seine Gegner
dem
falschen Fuß zu erwischen und die
einem ins
s andere La
egner auf de
m falsch
Differenzen
zwischen ihnen zu seinen
Gunsten zu nutzen. [ … ] Bismarck war kein Mann der Prinrenzen zwisch
en Guns
zipien9; im Gegenteil, er war ein Mann,
nn, der sich von Prinz
Prinzipien gelöst hatte, der die romantischen
Bindungen
hatte,
Bindung einer älteren Generation abgestreift ha
tte um eine neue Art von Politik zu machen:
flexibel,
pragmatisch und frei von ideologischen
flex
eologischen Verpflichtungen. Die Gefühle oder die Meinung
der Öffentlichkeit waren
ihn keine Aut
Autoritäten10, denen man gefallen oder folgen musste,
en für ih
sondern Kräfte, die es zu len
lenken und leiten galt.
Quelle: Clark, C
Christopher:
hristopher: Preu
Preußen. Aufstieg und Niedergang; 1600–1947; München 2007, S. 593 ff.
4
5
6
7
8
9
10
Der Inhalt von Bismarcks Rede ist nur sinngemäß überliefert.
Politische Weltanschauung, in der die Freiheiten des einzelnen Menschen im Mittelpunkt des Staates stehen und die z. B. religiösen und
politischen Zwang ablehnt.
Beschlüsse werden durch eine Mehrheit erzielt.
Weltanschaulichen.
Verbündeter, Perteigänger.
Feste Grundregeln.
Sinngemäß: Die Öffentlichkeit hatte kein maßgebliches Gewicht oder Einfluss auf sein Handeln.
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3
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Material 4.3
Der Lotse geht von Bord
Im Jahr 1890 tritt Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck zurück.
Karikatur „Dropping the Pilot“
Anlässlich der Entlassung Bismarcks erschien am 29. März 1890 im englischen Satiremagazin
„Punch“ die Karikatur „Dropping the Pilot“ von Sir John Tenniel. In Deutschland wurde die Karikatur
mit „Der Lotse verlässt das Schiff“ oder „Der Lotse geht von Bord“ untertitelt. Beides ist beschönigend
und entspricht eher nicht der historisch zutreffenderen Übersetzung, dass Bismarck „fallen gelassen“,
„von Bord geworfen“ oder gar „entlassen“ wurde. Denn auch das sind Bedeutungen von „dropping“.
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4/5
Material 4.4
Theodor Fontane über Bismarck (1)
„Er ist ein großes Genie, aber ein kleiner Mann“, schrieb Fontane im Jahr 1881. „Er ist die denkbar
interessanteste Figur, ich kenne keine interessantere, aber dieser beständige Hang, die Menschen
zu betrügen, dies vollendete Schlaubergertum ist mir eigentlich widerwärtig, und wenn ich aufrichten, erheben will, so muss ich doch auf andere Helden blicken.“11 Und 1890 ist in seinem Brief
an den befreundeten Amtsrichter Georg Friedlaender zu lesen: „Bismarck hat keinen größeren Anschwärmer gehabt als mich, meine Frau hat mir nie eine seiner Reden oder Briefe oder Äußerungen vorgelesen, ohne dass ich in ein helles Entzücken geraten wäre, die Welt h
hat selten ein größeres Genie gesehen, selten einen mutigeren und charaktervolleren Mann und s
selten einen größeren Humoristen. Aber eines war ihm versagt geblieben: Edelmut; das
s Gegenteil davon, das
zuletzt die hässliche Form kleinlichster Gehässigkeit annahm, zieht
sich
eht s
h durch sein Leben […] und
an diesem Nicht-Edelmut ist er schließlich gescheitert und in diesem Ni
Nicht-Edelmut
cht-Edelmut steckt die
Wurzel der wenigstens relativen Gleichgültigkeit […] Es
ein
dass
s ist e
n Glück, das
s wir ihn los sind.“12
Der deutsche Schriftsteller, Journalist
rnal st und Apothe
Apotheker
ker Theodor
Fontane wurde 1819 in Neuruppin
geboren
starb 1898 in
euruppin g
boren und s
Berlin. Aus seiner Feder
Roman
der stammt der weltberühmte
eltbe
„Effi Briest“, in dem er schildert, wie h
hart und grausam die
Romanheldin
Mitmenschen für ihren Seitensprung
in Effi von den Mitmen
rung
diesem Ro
Roman führte Fontane den stren
strengen
geächtet wird.
ird. Mit dies
gen
Ständegesellschaft
Alltag der preußischen
p
chaft13 im Kaiserreich u
unter
nter
Bismarck und
Wilhelm II. vor Augen. Kritik am gesellschaftlichen
u d Wilhe
sellschaftlich
Alltag erzielte
Geschichten
durch Miterzie Fontane auch in anderen
en Geschich
en du
gefühl mit
bewunderte
m seinem Romanpersonal. Zugleich
ugleich aber be
Fontane
Otto von Bismarck
ont
ck für die politische
tisch Einigung Deutschlands.
Theodor Fontane,
Gemälde von Carl Breitbach (1883)
11
12
13
Zitiert nach: Volker Ullrich: Die nervöse Großmacht. Aufstieg und Untergang des Deutschen Kaiserreichs. 6. Auflage, Frankfurt am Main
2006, S. 148.
Zitiert nach: „Brief aus Berlin“ (27): Zum Bismarckjahr 2015. In: „Mitteilungen“ der Theodor Fontane Gesellschaft e. V.
Stände sind geschlossene, nach Rangordnung gegliederte Gesellschaften, die durch Abstammung und besondere Rechte, Pflichten,
Vorteile und Berufe gekennzeichnet sind und sich voneinander durch ihre soziale Stellung unterscheiden.
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4/6
4 | Otto von Bismarck
Material 4.4
Theodor Fontane über Bismarck (2)
Dieses Gedicht Theodor Fontanes erschien 1898, vier Tage nach dem Tod Otto von Bismarcks, in der
Vossischen Zeitung:
Wo Bismarck liegen soll
Nicht in Dom oder Fürstengruft,
Er ruh’ in Gottes freier Luft
Draußen auf Berg und Halde,
Noch besser tief, tief im Walde;
Widukind lädt ihn zu sich ein:
„Ein Sachse war er, drum ist er mein,
Im Sachsenwald soll er begraben sein.“
Der Leib zerfällt, der Stein zerfällt,
Aber der Sachsenwald, der hält,
Und kommen nach dreitausend Jahren
Fremde hier des Weges gef
gefahren
Und sehen, geborgen vorm
Licht der Sonnen,
orm L
Den Waldrand in Efeu tief einge
eingesponnen,
Und staunen der Schönheit
önheit und jjauchzen froh,
So gebietet einer: „L
„Lärmt
ärmt nicht so! –
Hier unten liegt Bisma
Bismarck
irgendwo.“
rck irgend
Quelle: de.wikisource.org/wiki/Wo_Bismarck_liegen_soll_%28Fontane%29
oll_%
ontane%29
Der Sarkophag
Otto Fürst von Bismarcks
steht im BismarckMausoleum in Friedrichsruh im Sachsenwald.
Er trägt die Inschrift:
„Fürst von Bismarck.
Ein treuer deutscher
Diener Kaiser Wilhelms I.“
Frank-Lothar Kroll, der deutsche Geschichtswissenschaftler der Neuzeit, schreibt zum Verhältnis
Fontanes zu Bismarck, dass der Dichter mit Bismarck „niemals ins Reine kam“ und die Gestalt
des Reichsgründers für ihn immer „eine ambivalente Figur“ geblieben war, „janusköpfig in ihrer
Zerspaltung zwischen politischer Genialität und charakterlicher Anfechtbarkeit“. Doch Zeitgenossen seien Bismarck und Fontane allemal gewesen, „auch in jener tieferen Bedeutung zeitbezogener Gemeinsamkeit, die sie beide als Repräsentanten e i n e s Zeitalters ausweist: jener auf Maßhalten, Verständigung und Ausgleich bedachten Welt Alteuropas, einer Welt, welcher die von Bismarck wie von Fontane gleichermaßen gefürchteten nachfolgenden Kräfte des Nationalismus, des
Imperialismus und des Militarismus 1914 zum Verhängnis geworden sind“.
Zitiert nach: Berliner LeseZeichen, Ausgabe 05/01 © Edition Luisenstadt, 2001, www.berliner-lesezeichen.de.
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6
4/7
4 | Otto von Bismarck
(Foto: Reuters/C. Charisius)
Material 4.5
Bismarck heute: 200 Jahre Bismarck – ist sein Ansehen verblasst?
Dieses
es Bild von den A
Arbeiten an einem Bismarck-Denkmal kann sinnbildlich für die Frage stehen,
ob der einst übe
übergroße Deutsche Politiker uns heute vielleicht nichts mehr bedeutet. Dem freien
Journalisten
sten Paul Munzinger zufolge ist es mit Bismarcks Bedeutung offenbar nicht mehr weit her.
In der Süddeutschen Zeitung kommt er zu der Einschätzung, dass das Gedenken zu Otto von Bismarcks 200. Geburtstag im Jahr 2015 „pflichtschuldig“ und „leidenschaftslos“ wirkt.
Und er fragt: „Hat uns der eiserne Kanzler nichts mehr zu sagen?“
Zitiert nach: Munzinger, Paul, 31. März 2015, 200 Jahre Bismarck – Dämon außer Dienst, www.suedeutsche.de.
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7
Lösungen
4 | Otto von Bismarck
4|a
4|e
Der größte Erfolg war die Herstellung der deutschen Einheit zum
Deutschen Reich. Anschließend wurde das Reich so in ein relativ kompliziertes Bündnissystem verflochten, dass der „Erbfeind“
Frankreich isoliert war (Material 8.3). Der Rückversicherungsvertrag mit Russland von 1887 galt als große Leistung. Innenpolitisch waren die Sozialgesetze wegweisend.
Die Auseinandersetzungen der Nachfahren Bismarcks mit Wilhelm II. über den Bestattungsort haben Fontanes Gedicht ausgelöst. Wilhelm II. wollte eine Beisetzung im Berliner Dom in der
Fürstengruft. Im Gegensatz dazu wollte die Familie von Bismarck den Verstorbenen in Friedrichsruh, im Sachsenwald, beerdigen. Fontane deutet an, dass auch Kirchen, in diesem Fall
der Dom, nur aus Stein sind und im Laufe der Zeit zerfallen können. Wilhelm II. wollte mit seinem Vorschlag spürbar den sich
schon deutlich abzeichnenden „Ku
„Kult“ um den ehemaligen Kanzler vereinnahmen, obwohl er selbst es war, der den Rücktritt
Bismarcks veranlasst hatte. Fontane
ntane stand der Politik von Wilhelm II. äußerst kritisch gegenüber.
egenüber. Das Plädoyer für den „unvergänglichen“ Sachsenwald
Ruhestätte, die für die
wald als letzte R
Ewigkeit taugt und mehr zzählt
monumentalen Gebäude
ählt als alle mon
des Kaiserreiches,
„literarische Ohrfeige“ für den Kaiches, kann als „literaris
serr gedeutet werden,
diese Zeilen Wilhelm II. in der historierden, weil die
Bedeutung
einordnen und ihn erniedrigen.
schen Bedeutu
ng unter Bismarck
Bis
ernie
4|b
Nach Ansicht des Historikers Clark gab es kaum ideologische
Festlegungen des Kanzlers. „Flexibel, pragmatisch und frei von
ideologischen Verpflichtungen“ sollte Bismarcks Politik sein.
Dieses schloss jedoch Krieg als Mittel zum politischen Zweck
ausdrücklich ein.
4|c
Die Karikatur von John Tenniel gilt als eine der berühmtesten
s
historischen Karikaturen weltweit. Auf den ersten Blick erscheint
schein
die Karikatur einfach und klar, denn ein Lotse verlässt ein Schiff,
der Kapitän schaut ihm nach. Doch der Titel „Dropping the Pilot“
ilot“
ist nicht exakt übersetzbar, denn „dropping“ hat auch mit W
Wasssertropfen zu tun, die ins Wasser fallen oder
einfach
der die man einfac
fallen lässt. In Deutschland lautete der Titel
dess Bildes eindeutig
tel de
beschönigend: „Der Lotse verlässt
sst das Schiff“
Schiff oder auch „Der
„D
Lotse geht von Bord“. Mit dieser Übersetzung
Übersetzun wird Bismarck
B
demnach nicht einfach „fallen
fallen gelassen“. Er vverlässt als verdienstvoller, würdiger
auch wenn er
rdiger Lenker
Lenker das große Schiff,
Sc
durchaus
kraftlos wirkt, de
denn er muss sich mit beichaus frustriert
riert und kraftlo
Tenniel verzichtet auf Verfremdungen
den Händen abstützen. Ten
en
Überzeichnungen
Von der Reling blickt
ihm
oder Überzeic
hnungen der Personen.
P
b
hm
hämisch
der junge, häm
h und cool wirkende „Kapitän“ Wilhelm II. nach
n h
und scheint, ssich so seine Gedanken zu machen.. Vielleicht diedie
dass der Alte endlich weg ist! Jetzt mache
se: „Gut, da
ache ich diesen
Job!“
die deutsche Übersetzung
ob!“ Durch
D
zung wird der Lotse ins Zentrum gerückt, ohne dass ihm der
unehrenhaft
aus
er Makel anhaftet,
a
ehre
dem Amt gejagt worden zu sein.
se n. Und Wilhelm erscheint
he eher als
Beobachter und nicht
aktive
„Rauswerfer“.
cht als der a
ive „Ra
4|f
D n legend
Den
legendären Charakter von Bismarck brachte derr SPIEGE
SPIEGELVerleger Rudolf Augstein kurz und
den Punkt un
und
Ve
nd bündig auf de
bewertete ihn alss den
de „größten
ßten Staatsmann,
Staatsmann, den wir
w kennen“9.
Doch im 21. Jahrhundert
wird seine
Bedeutung
mehr gehrhun
s
edeutung immer
im
schmälert, sodasss dies
diese verblassen. Das
Foto versinnbildlicht
D F
dies zwar ungew
ungewollt,
den
t, für d
n historisch interessierten Betrachter
aber überdeutlich.
politischen Verdienste bleiben (vgl. Auferdeutlich. Die
ie polit
gabe a
a), dennoch ga
gab es gr
gravierende Fehler: Bismarck hat die
„Erbfeindschaft“
„Erbfeind
aft“ zu Frankreich (vielleicht notgedrungen) zur
Grundlage seiner Politik gemacht und faktisch nichts zur Verbesserung der deutsch-französischen Beziehungen beigetragen.
gen Seine Außenpolitik war offensichtlich so komplex, dass alle
Nachfolger
überfordert waren und der Erste Weltkrieg zwangsN
läufig wurde. Auch innenpolitisch hat Bismarck nicht zur Harmonisierung und Solidarisierung der neu entstandenen deutschen
Einheit und Gesellschaft beigetragen.
4|d
Fontane
ne hatte ei
ein zwiespältiges
wiespältiges Verhältnis zu Bismarck, was mit
zunehmendem
dem Alter immer kritischer wurde. Einerseits sah Fontane durchaus
politischen Verdienste des Kanzlers, andererhaus die po
seits sah er a
aber auch die Gefahren, die sich durch den vom
Kanzler geprägten und gewollten Nationalismus ergeben könnten. Fontane hat Bismarck menschliche Größe und klare Prinzipien abgesprochen, in der Politik sei viel „zusammengemogelt“
worden – aber darin sei Bismarck „genial“ gewesen. Bismarck
wird in nahezu jedem Werk Fontanes direkt oder indirekt erwähnt,
oftmals ohne klare Beurteilung. Fontane hat vier Gedichte über
den Kanzler geschrieben.
Rudolf Meyer: Otto von Bismarck
© Persen Verlag
8
Quellenverzeichnis
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Berlinische
ische Monatsschrift, Heft 6/1997 (www.berlinische-monatsschrift.de).
Rudolf Meyer: Otto von Bismarck
© Persen Verlag
9
Quellenverzeichnis
Abbildungen
4 | Otto von Bismarck
Ölgemälde des Reichskanzlers Fürst Otto von Bismarck von Ludwig Knaus (1829–1910),
commons.wikimedia.org/wiki/File:Ludwig_Knaus_-_Bildnis_des_Reichskanzlers_F%C3%BCrst_Otto_von_
Bismarck.jpg?uselang=de
Porträt Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen mit Pickelhaube, Bundesarchiv,
Bild 183-R68588/P. Loescher & Petsch/CC-BY-SA 3.0,
commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-R68588,_Otto_von_Bismarck.jpg
Karikatur „Dropping the Pilot” (1890), Sir John Tenniel, in: Engl. Satiremagazin Punch
ch,
commons.wikimedia.org/wiki/File:1890_Bismarcks_Ruecktritt.jpg
Theodor Fontane (Gemälde Carl Breitbach, 1883), www.zeno.org/Zenodot Verlagsgesellschaft
gsgesellscha mbH,
upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6a/Theodor_Fontane.png
g
Sarkophag von Otto Fürst von Bismarck © Jonas Rogowski (CC BY-SA
SA 4.0),
commons.wikimedia.org/wiki/File:Sarkophag_von_Otto_Fürst_von_Bismarck.JPG?uselang=de
on_
Fürst_von_Bismarck.JP
Bismarck-Denkmal mit Mundschutz, Foto: Reuters/C.
s/C. C
Charisius
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10
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Illustrationen: Oliver Wetterauer
Covergrafik: Potsdam, Neues Palais (1898) © AKG IMAGES
Satz: Satzpunkt Ursula Ewert GmbH
Bestellnr.: 21054DA4
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