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WDA Reportage WDA – World Demographic and Ageing Forum: Action through Exchange and Dialogue Demographic Ageing in Japan and Switzerland Lösungen gesucht! Die Leute werden immer älter. Die Geburtenraten sinken. Wer zahlt künftig die Renten? Wie soll das Problem der sich in Richtung höheren Alters verschiebenden Altersstruktur der Bevölkerung gelöst werden? Experten aus Japan und der Schweiz diskutierten in Rüschlikon bei Zürich darüber. – Diese demografischen Entwicklungen sind für Europa, wenn nicht gar die ganze Welt symptomatisch. Text und Fotos: Kaspar Zimmermann Hans Groth 1, Leiter des WDA Forums, macht bei seiner Begrüssungsansprache klar, dass ein beispielloses Phänomen die Teilnehmer dieses Experten Forums zusammenbringe. Wir hätten es mit einer schrumpfenden und gleichzeitig alternden Bevölkerung zu tun. Früher sei dies nur bei Kriegen und Epidemien der Fall gewesen. Doch die Bevölkerung sei gesund und wohlhabend! Dass hier die Schweiz und Japan besprochen würden, liege daran, dass dieses Phänomen in diesen beiden Ländern sehr ausgeprägt sei. Wir müssten hier die Frage „wie können wir wettbewerbsfähig bleiben in einer globalen Welt?“ beantworten. Dazu müssten wir Rezepte und Programme entwickeln. Er erklärt vorerst die Begriffe, die an diesem Forum im Vordergrund stehen. Als Population Decline, manchmal bekannt als Depopulation, sei der Bevölkerungsschwund bezeichnet, der sich als Rückgang der Bevölkerungszahl in einer Region zeige. Als Population Ageing, auch bekannt als demografische Alterung oder (Über)Alterung der Bevölkerung, wird die Verschiebung der Altersverteilung, d. h. Altersstruktur der Bevölkerung in Richtung höheres Alter bezeichnet. Hans Groth zählt auch gleich auf, was mit diesem Forum erreicht werden soll, nämlich ein gemeinsamer japanisch-schweizerischer Aktionsplan mit dem Ziel, Gesellschaft und Wirtschaft in beiden Ländern in den kommenden 10 Jahren zu führen. Hauptreferate Stephen Kramer 2 spricht zum Konferenzthema: Die Schweiz und Japan seien beide wohlhabend und hätten eine gut entwickelte Ökonomie mit hohem Bildungsstand, beide gut urbanisiert (CH 73%, J 66%). Es sei dies eine Herausforderung, für welche wir keine Roadmap hätten. Und er meint, wir müssten gründlich darüber nachdenken, wie dies unsere Länder und die Welt beeinflusst. Einige Länder seien von demographic Ageing früher betroffen als andere. Aber es gäbe Anzeichen, dass dies möglicherweise ein globales Problem sei. Japan hätte zwar eine höhere Staatsverschuldung, welche jedoch im Inland geschuldet würde. Beide Länder verfügten über eine lange Lebensdauer und hätten seit den 60er-Jahren eine niedrige Geburtenrate. Wesentlicher Unterschied sei: die Schweiz habe eine hohe Einwanderung, Japan eine geringe. Der Grund liege in der japanischen Sprache und Gesellschaft. Kramer zeigt auch die beiden PopulationsPyramiden (Stand 2010) sowie deren Extrapolation bis ins Jahr 2040. Alle diese Pyramiden weisen im unteren Teil eine stetige Verjüngung auf, für die Schweiz im Bereich bis 45, in Japan bis 37 Jahre. — Finanzierung des Länger-Lebens Anhand der von 2010 bis 2050 errechneten Zahlen weist Kramer ein Schrumpfen der (heute) arbeitenden Bevölkerung (20-64) für die Schweiz von -19 %, in Japan gar von -35 % auf, während die Altersgruppe 95+ in der Schweiz um 420 %, in Japan um 884 % zunehmen soll. Das sind Zahlen, die das gesamte Gefüge, wie eine Gesellschaft und Wirtschaft, aber auch das Staatswesen funktioniert, aus den Fugen bringt. — Staatsführung und der Weg, wie die Gesellschaft zu gestalten ist definiert er auch gleich die Panels des diesjährigen Expert Symposiums. Stephen Kramer sieht denn auch mögliche Gegenmassnahmen (Interventions), die er aber selber teils mit einem Fragezeichen versieht: Und seine Aufzählung der Problembereiche: — Arbeitsmarkt und Migration — Innovation und Gesundheit 46 Fitness Tribune 139 Corpus Delicti, um das sich die ganze Konferenz dreht: Die Populationspyramiden Schweiz und Japan, Stand 2010 — Erhöhte Fruchtbarkeit? — Einwanderung (Inward migration)? — Hinausgezögerte Pensionierung. Und Kramer behandelt auch die Faktoren der finanziellen Auswirkungen der Pensionierung. Allen voran sieht er, dass Frauen ein teils sehr hohes Alter erreichen, meist im Gegensatz zu Männern. Hier stelle sich die Frage nach dem Anteil der Rentner mit privater Altersvorsorge und wie hoch diese sei. Länder mit einer niedrigeren Geschlechtergleichheit (Gender equalty) hätten voraussichtlich höhere staatliche Belastungen. Bei staatlichen Pensionsgeldern findet er, dass sie politisch gesteuert sein müssten und entsprechend empfindlich seien. Im Voraus finanzierte, private und halb-private Pensionsgelder würden mehr Sicherheit geben und wären weniger verletzbar. Er schliesst sein Referat mit politischen, ökonomischen und sozialen Überlegungen über die — politische Kraft. Grosse politische Gruppierungen hätten ihr politisches Gewicht zu ihrem eigenen Vorteil genutzt, was er auch als Spiel zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit hinstellt. — Integrationssolidarität. Die Dinge würden sich so weiterentwickeln wie bisher, solange der ökonomische Stress aufrechterhalten bliebe. — ökonomische Wettbewerbsfähigkeit. Hier zähle die verstärkte Teilnahme der Frauen WDA Reportage am Arbeitsprozess, genauso wie länger Arbeiten und eine gesetzliche Unterstützung dieser Bemühungen. — Migrationserfahrung. Hier würde die Ermutigung der Migration Gebildeter von weniger entwickelten Regionen ethische Fragen aufwerfen. (Anm.: Brain Drain) Hiroko Akiyama 3 äussert sich zu “Japanische Perspektiven der Zivilgesellschaft”. Wir würden länger leben und wären mit einer drastischen Zunahme der über 75-Jährigen konfrontiert. Diese würden sich in den nächsten 20 Jahren verdoppeln, innerhalb von 50 Jahren (ab 2005) von 9 auf 27% steigern! Gleichzeitig würden in demselben Zeitraum die Jugendlichen von 0 bis 14 Jahren von 14 auf 8% schrumpfen. Für 2030 seien Voraussagen vorhanden, dass 10% im Alter 65+ dement seien und 45% allein leben würden. Die Infrastruktur der Kommunen sei gebaut worden, als die Bevölkerung wesentlich jünger gewesen sei. Während 10.9% der Männer im Alter zwischen 63 bis 98 beweglich geblieben seien, seien 70.1% der über 70-Jährigen allmählich und etwa 19% bereits ab 63 früh gebrechlich geworden. Die letztere Gruppe büsse ab 72 praktisch ihr unabhängiges Leben ein und würde pflegebedürftig. Die japanischen Frauen zeigten sich als wesentlich resistenter in der Anfangsphase des Alterns. Bei ihnen werden nur gerade 12.1% früh gebrechlich, erreichen aber mit 70 bereits einen Pflegestatus. Hiroko Akiyama sieht deshalb folgende Schlüsselthemen: — das Verlängern der Anzahl Jahre, in denen man unabhängig ist — das Schaffen einer Umgebung, um am Ort zu altern — das Erhalten und Festigen menschlicher Beziehungen. Und sie sieht daraus die Notwendigkeit, die Kommune neu zu entwerfen für 2030. Sie würden darüber nachdenken, Arbeit für ältere Leute zu schaffen. Wenn man 90 und mehr Jahre lebe, hätte man andere Bedürfnisse zu Hause, für Gesundheitspflege und alternative Transportmittel. Sie zeigt in diesen Stadtentwürfen auch Arbeitsplätze für das zweite Leben. Bei diesen Gedanken hat auch die Health Care ihren integrierten Platz. Dazu gehört auch ein Daycare Center, wo etwa mit den Leuten draussen Gymnastik gemacht wird. Sie schliesst ihr Referat mit den drei Säulen, die in ihren Augen die Herausforderung einer alternden Gesellschaft ausmachen: langes Leben, Gesundheit und Wohlstand. Im letzten Schlüsselreferat spricht Monika Bütler 4 über “(Einige) schweizerische Perspektiven auf Makroökonomie (und Demografie)”. Beide Länder hätten eine starke Währung. Sie zeigt anhand eines Diagramms, dass die Babyboomers, also die geburtenstarken Jahrgänge, genau dann in Rente gehen würden, wenn die Reserven der Sozialversicherungen aufgebraucht seien. Und sie folgert daraus, dass die Länder sich auf das Altern vorbereiten sollten. Jedoch sei die Kapitaldecke sehr dünn. Dabei sei Japan infolge der höheren Verschuldung (J 6.3%, GR 7.0%, CH 0.4% des BIP) etwas ‘schlechter’ dran. Sie sieht darin folgende Herausforderungen und Aktionen: — sich mit einer älteren Bevölkerung auseinandersetzen (Finanzierung der Altersvorsorge, Umgang mit Heterogenität bezüglich Gesundheit und Chancenungleichheit, sowie Langzeitpflege) — Arbeitsmarktpolitische Herausforderungen und Chancen (wie viel Erwerbsbeteiligung und Migration) — Vermarktungsreformen (die Auswirkungen des demografischen Wandels sieht sie als komplex und schwierig zu ‘verkaufen’). Bei den Kosten des demografischen Alterns müsse man sich auf die aktive Bevölkerung fokussieren. Eine Unbekannte sei die Produktivität (Arbeitsintensität) der arbeitenden Bevölkerung. Sie vertritt die Ansicht, dass ein höherer Frauenanteil bei der Arbeit sich mit höherer Fruchtbarkeit durchaus vertrage. Diese Behauptung stützt sie auf den Vergleich mit andern Ländern, die zeigen, dass dies funktioniert habe (z. B. Schweden und Norwegen). Sie macht eindringlich darauf aufmerksam, dass wir den sozialen Schutz der jungen Bevölkerung nicht vergessen sollten. Sie würden diese Bürden leichter tragen, wenn man sie selbst profitieren lasse von gewissen Garantien, für den Fall, dass sie ihren Job verlieren oder erkranken würden. Abschliessend zeigt sie anhand eines Diagramms, dass nur bei voller Indexierung ein langlebiges Rentenalter gesichert werden kann. (Anm.: Indexiertes Rentenalter heisst, dass sich das Rentenalter den Kapitalmöglichkeiten anpassen muss.) Anschliessend wurden die eingangs erwähnten vier Handlungsschwerpunkte in Panelgesprächen behandelt. 1. Arbeitsmärkte und Migration In seinem einleitenden Referat über “Demografische Änderungen in J und CH, ArbeitsmarktEmpfehlungen für politische Entscheidungsträger und Unternehmer”, das er als HSG Master Thesis an der UNI St. Gallen erarbeitet hat, geht Jonas Huber auf die Änderungen der Altersverteilung ein und leitet daraus Markt-Empfehlungen ab. Anhand Geburtenrate, Lebenserwartung und NettoMigration zeigt er, dass zwischen 1910 und 2010 die Altersgruppe 0-14 Jahre praktisch konstant geblieben sei in der Schweiz, während die zwischen 15 und 64 Jahren um rund 70% und die 65+ um ein Mehrfaches zugenommen hätte. Seine Vorschläge sind geeignetere Modelle und Bereiche für verstärkte Aktivitäten (Japanisches Modell für ältere Arbeitnehmer für die Schweiz anwenden, Bildung eines Experten-Pools, grösseres Interesse an erfahrenen Leuten zeigen, Industrie-Kontakte zu Universitäten verstärken, Gründung von Spinoffs fördern, etc.). Fitness Tribune 13947 WDA Reportage Bei dem anschliessenden Panelgespräch geht es um die Lokalisierung des Mangels an Arbeitskräften, Lösungen, um die TalentPipeline zu füllen, sowie ungenutztes Potenzial im höheren Alterssegment und bei Migranten zu aktivieren, sowie die lebenslange (Aus)Bildung zu fördern. Letztlich geht es hier auch um Arbeitsmodelle der Zukunft. Hiroyuki Murata 5 meint, japanische Frauen hätten Schwierigkeiten, am Arbeitsmarkt teilzuhaben, um Aufgaben der Überalterung zu bewältigen. Alle Nachbarländer würden andere Sprachen sprechen, sodass die Sprache eine Barriere bilde in Japan und Immigration dort keine grosse Rolle spiele. ShojI Ariga, CEO, Kohrei Inc., vertritt die These, die bei Referenten und Plenum stark vertreten ist, dass Arbeit fit hält. Jedoch müsse man gesundes Leben fördern sowie die älteren Leute auch akzeptieren. Er würde das Anstellen älterer Leute in seiner Firma unterstützen, in der bereits 100 Mitarbeiter (Gruppe 64+) beschäftigt sind. Bei den Frauen sei dies allerdings schwierig. Trotz der gewünschten grossen Erfahrung und dem Arbeitswillen älterer Mitarbeiter seien noch Hemmnisse bei der effektiven Anstellung vorhanden. Yoshihiko Hisada, Dir. Adecco, Tokyo, erklärt, dass diese Diskrepanz davon käme, dass viele Leute arbeiten möchten, während gleichzeitig Firmen behaupteten, sie könnten keine erfahrenen Leute finden. Natürlich könne für einen Rentner nicht immer eine KMU gefunden werden. Üblicherweise sei in japanischen Betrieben die Seniority die Norm, was auch fürs Salär gelte. Gemäss Masato Oka 6 kann eine steigende Zahl Beschäftigter im Segment 66+ festge-stellt werden, selbst bei den 60 - 64-J. Hingegen wäre unregelmässige Arbeit für ältere Mitarbeiter unvorteilhaft und verursache Probleme. Jedoch seien Teilzeitarbeiter in Japan ein verschwindend kleiner Anteil. Er plädiert dafür, dass sich das Anstellungssystem in eines wan- 48 Fitness Tribune 139 deln müsse, das “age-free” sei, um die Altersbarriere zu beseitigen. Doch seien ComputerKenntnisse sehr wichtig. Masao Maekawa 7 weist auf verschiedene Denker hin, die von einer Aussöhnung reden, nämlich, einer konkurrenzfreien Gesellschaft, in der jeder sich selbst identifiziert und seine Rolle findet. Aus seiner Sicht könnten allerdings ImmigrantenArbeitnehmer keine Hightech-Arbeiter werden. Jedoch sei die Schaffung neuer Hightech-Produkte wichtig. Gemäss der Strategie von Thomas Daum, Dir. Schweizerischer Arbeitgeberverband, müsste der Anteil Frauen und älterer Leute am Arbeitsprozess vergrössert, Bildung und Berufsausbildung verstärkt, sowie Produktivität durch Innovation erhöht werden. Währenddessen müssten indirekte Arbeitskosten vermieden und das Rekrutieren auf dem ausländischen Arbeitsmarkt gesichert werden, obwohl wir bereits 24% Ausländer in der Gesellschaft hätten. Das theoretische Potenzial der Leute für den Arbeitsmarkt liege bei 400’000 Leuten. Er möchte die Verträglichkeit von Berufs- und Familienleben verbessern, etwa mit Kinderkrippen, und schlägt Jobs für verschiedene Altersgruppen vor. In vielen Punkten stimmt George Sheldon 8 mit seinem Vorredner überein. So etwa, dass man Kinder in die Schule nehmen müsse, damit Frauen am Arbeitsmarkt teilnehmen könnten. Man müsse auch die Teilzeitarbeit fördern in der Schweiz. Im Moment habe der Prozentsatz der Immigranten in Hochschulbildung die Bevölkerung übertroffen. Martin Flügel 9 sieht die Notwendigkeit, die Problemanalyse und politische Debatte auszudehnen, insbesondere, um Arbeitsbedingungen für Langzeitleistungen zu organisieren. Dabei sollten Einarbeitung und berufliche Weiterentwicklung garantiert sein. Die Verträglichkeit von Familie und Beruf sollte Normalzustand sein. Auch er plädiert für einen aufgeschlossenen und attraktiven Schweizer Arbeitsmarkt. Eduard Gnesa 10 wartet mit Zahlen auf: Von einer Gesamtbevölkerung von ca. 8 Mio. wären 1.8 Mio. Ausländer (22.8%), wovon der überwiegende Teil aus der EU stamme und 25% der Arbeitnehmer Ausländer wären. Insgesamt seien seit WWII 2 Mio. Immigranten in die Schweiz gekommen. Die Schweizer Immigrationspolitik sei gegenüber Drittstaaten durch Gesetze reguliert, während gegenüber der EU die Priorität auf dem Arbeitsmarkt liege. Als Herausforderungen, um die demografische Entwicklung zu überstehen, befürwortet er den internationalen Wettbewerb für Fachkräfte, die einheimische Bevölkerung wettbewerbsfähig zu machen und halten, Integration und sozialen Zusammenhalt zu fördern sowie die Politik mit diesen Themen stärker in die Pflicht zu nehmen, da schliesslich nicht alle Probleme mit Immigration gelöst werden könnten. 2. Innovation & Gesundheit Beim zweiten Panelgespräch geht es um Fragen, wie man gesunde Lebenserwartung erweitert, die künftige Gesundheitsfürsorge, wie geistig und körperlich fit bleiben und die Gesundheit beeinflussen, um die Produktivität zu erhalten, länger arbeiten, etc. Andreas Wildi, Berater, Meyerlustenberger Lachenal, Zurich, meint, mit besserer Diagnostik und personalisierter Pharmazeutik die gesundheitlichen Voraussetzungen für Langzeitarbeit zu schaffen. Zeichen der Technik sei der Ersatz von Menschen durch Maschinen und er fragt sich daher, ob wir unsere Arbeitsmodelle ändern müssten. Wir würden künftig bis 3’000 Pflegeheime benötigen, es sei denn, wir lösen die Probleme. Dann würden deren 500 genügen. Kenji Shibuya 11 befürwortet Innovationen auf allen Ebenen, um die demografische Entwicklung in den Griff zu kriegen, wozu auch Hauspflege gehöre. Als gutes Beispiel sieht er den Hoshino Resort (siehe Bild). WDA Reportage Yoichi Shintani, Central Research Lab., Hitachi Ltd., Tokyo, fragt, was wir tun müssten, um die Leute finanziell unabhängig zu machen, sodass sie selbst für ihre Gesundheit sorgen könnten. Dies sei ein sehr wichtiges Ziel. Eine tragfähige soziale Infrastruktur werde benötigt, wozu auch ICT-Dienstleistungen 12 gehörten. Mit zunehmendem Alter meint er, könne man nicht mehr Schritt halten. Florian Kohlbacher 13, der über Skype an der Konferenz teilnimmt, fragt sich, wie die Stärke einer fortschreitend alternden Gesellschaft genutzt werden könne. Auch er sieht Chancen für den Rotobitc Markt. Forschung und Entwicklung müssten aber Anwender gesteuert sein, da bis heute die Erwartungen der Anwender nicht erfüllt worden seien. Auch hier würden Innovationen benötigt. Nach Ernst Hafen 14 ist das GesundheitsInnovationssystem zusammengebrochen. Die Pharmaindustrie hätte leere Pipelines und der Biotech würden die Dollars fehlen. Die Wissenschaft würde Probleme und Forschungsergebnisse wirkungslos übersetzen und die Patienten sähen, dass „One Size does not fit all!”. Es würde eine auf den Patienten zentrierte Gesundheitsversorgung benötigen. Biotech und Pharma müssten neue Modelle der Zusammenarbeit finden und eine offene Innovation müsse wesentlich seriöser in Betracht gezogen werden. Christoph Hock 15 erzählt von Jeanne Calment (18751997), die 122 J. alt geworden sei. Sie hätte täglich ein Glas Rotwein getrunken. Ihr gegenüber stellt er Auguste Deter (1850-1905), die erste Person, der Alzheimer diagnostiziert wurde und die mit 55 J. starb. Prävention werde in Zukunft ganz wichtig werden. Obwohl wir einige positive Trends verzeichnen könnten, seien wir insgesamt mit einer ansteigenden Zahl Hilfesuchender konfrontiert, welche autonom lebten. 3. Finanzierung längeren Lebens Walter Jenni, Chefarzt Neurologie, Reha-Klinik Zurzach, liegt die Pflege von Schlaganfallpatienten am Herzen. 2010 hätten sie 759 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 73 (m) und 76 J. (f) erlebt. Von diesen hätten über 80% zuhause integriert, mehr als 7% in Altersheimen und knapp 4% in Pflegeheimen platziert werden können. Die Leute möchten alt werden, doch sei dann die Lebensqualität von guter Gesundheit und zuhause leben zu können abhängig. Daher würden wir bessere Medikamente und Prävention benötigen. Laut Kenichi Kasai, Leiter Client Markets L & H, muss bis 2055 mit einer massiven Schrumpfung der Bevölkerung in Japan gerechnet werden (von 120 auf 90 Mio.), wodurch die heutigen Finanzierungsmodelle nicht mehr funktionieren. Es müsse ein Wechsel von Vermögenshäufung zu Vermögenssicherung stattfinden. Er sieht steigende Finanzierung von Pflege- und Rentenausgaben für ein längeres Leben, Vermögenstransfer (Erbschaftsplan) und eher die Forderung nach Dienstleistungen als einer Geldzahlung. Gerd Folkers16 schlägt (neue) Gesundheitsmodelle und Prävention vor, um Demographie- und AgeingProbleme zu lösen. Er kontert Ernst Hafen allerdings, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse noch keine Innovation seien und wir vorsichtig umgehen sollten, etwas eine Innovation zu nennen oder solche Erwartungen zu schüren. Berit Gerritzen, UNI St. Gallen, äusserte, dass es heute mehr gesunde ältere Leute gäbe, aber auch viele demente und ob es nicht möglich wäre, diese (u. U. in Forschungsgruppen) zusammen zu bringen? Ein aus heutiger Sicht wichtiger Punkt der Konferenz beschäftigt sich mit der Frage der Finanzierung eines längeren Lebens, da die ursprünglichen Rentenmodelle mit viel kürzeren Lebenszeiten gerechnet hatten. Ivo Furrer, Mitglied Konzernleitung Swiss Life-Gruppe und CEO Schweiz, lobt das bekannte Schweizer Dreisäulen-Rentenmodell (staatliche Rentenversicherung (AHV), Pensionskasse (Mitarbeiter & Firma) und private Vorsorge). Die Demografie hätte dazu geführt, dass mit dem Älter-Werden der Leute die Belastung der arbeitenden Bevölkerung abermals stärker werde, umso mehr, als die Zahl der arbeitenden Bevölkerung immer geringer würde. Für Stephen Kramer ist die Finanzierung der Sozialversicherung eine politische Angelegenheit. Auch Ivo Furrer weist darauf hin, dass es politischer Rahmenbedingungen benötige. Gemäss Yukiko Tanaka, Vorsitzende Japan Women Engineers Forum (JWEF), fördert der JWEF die Vielfalt und Integration in der japanischen Industrie, erwähnt, dass der Mann in Japan versichert sei, während die Frau dies durch ihn ebenfalls sei, selbst bei Geschiede- Fitness Tribune 13949 WDA Reportage nen. Früher hätten Firmen Reiten, Tennis, Sport etc. bezahlt oder gesponsert, während dies heute je länger je weniger der Fall sei. Eine zweite Panel-Runde beschäftigte sich mit demselben Schwerpunkt, nämlich der Grössenordnung und dem Ursprung des Phänomens, der Nachhaltigkeit in der Problemlösung sowie den Konsequenzen für junge und ältere Generationen und wie künftige Systeme sozialer Sicherheit aussehen müssten. Noriyuki Takayama 17 schlägt vor, den Start des Rentenalters zu verschieben. Die Wahrnehmung der jungen Japaner sei so, dass deren Mehrheit nicht glaubt, besser (wohlhabender) als ihre Eltern gestellt zu sein. Und der Spruch “schlechter Start, schlechtes Ende” werde immer realistischer, während die (zusätzliche) Besteuerung politisch sehr heikel sei. Oder man könne z. B. Leuten im Spital weniger Rente aus-zahlen – als Idee. Sie hätten an der UNI erreicht, dass variable Anstellung und Entschädigung möglich seien. Naohiro Yashiro 18 relativiert die Ansichten, die in Europa über Pensionierung vorherrschen. In Japan bedeute dies bloss der Rückzug von der Firma, für welche eine Person gearbeitet habe. Es würde nicht heissen, sich vom Arbeitsmarkt zurückzuziehen. Ageing sei ein glühendes Eisen für Politik und Wirtschaft und es sei sehr wichtig, eine Gesellschaft zu schaffen, die “age free” sei. Hiroyuki Murata meint, man müsse längeres Leben vom Gesichtspunkt des persönlichen Lebens her finanzieren. Die Gesundheitskosten seien kleiner, wenn die Beschäftigungsrate höher sei. Daher sieht er Anreize vor, damit ältere Leute weiter arbeiten könnten (Awards, Steuerreduktionen, Gesetze). Ein längeres Leben mit Arbeit sei nötig. Man müsste aber nicht das ganze System reformieren, nur Teilbereiche. Für Kurt Schiltknecht, Prof. für Volkswir tschaf tslehre, UNI Basel, ist arbeiten auch in höherem Alter eine Selbstverständlichkeit, moniert aber, dass die UNIs nicht privat wären, da man dann die guten Dozenten 50 Fitness Tribune 139 nach 65 behalten würde. Staatliche Akteure könnten nicht kurzfristig reagieren, doch könne der private Sektor auch nicht 10 J. warten, wenn ein demografisches Problem auftrete. Es gehe darum, wie man das System finanziere. Man könne nicht mehr finanzieren, als man produziere. Wir müssten eine bessere, eine andere Aufteilung zwischen Jungen und Alten finden. Die Zentralbanken könnten das Problem lösen. Die Lösung müsse vom privaten Sektor auf die Zentralbanken verschoben werden. Denn die ganze Welt habe dieses Problem. Der Finanzmarkt würde zusammenbrechen und wir selber müssten zu den Basics zurückfinden und flexibel bleiben. Antoinette Hunziker-Ebneter, CEO und Gründungspartner Forma Futura Invest Inc., vertritt die These, dass ein nachhaltiges Finanzierungssystem der Gesellschaft und der Umwelt diene. Das System habe schliesslich einen Zweck und sei nicht Selbstzweck. Aber so ein System verlange auch Verantwortung. Wir hätten zu viel Spekulation auf dem Markt und die Leute kein Vertrauen mehr in Manager von Pensionsversicherungen. Martin Kaiser 19 macht deutlich, dass 1948 6.5 Personen einen Pensionierten trugen, während es 2007 nur noch deren 3.5 waren. Die AHV hänge von der Immigration ab. Erich Walser, Helvetia Insurance, beurteilt das schweizerische 3-SäulenSystem als gut balanciert und strukturell in guter Verfassung, sowie auch adäquat finanziert. Trotzdem stelle gerade die Finanzierung für die an Überalterung leidende Gesellschaft eine Herausforderung dar, insbesondere das Implementieren der nötigen Reformen gegen starke soziale und politische Opposition in einem traditionell demokratischen System. Für Monika Bütler liegt der Schlüssel für eine nachhaltige Finanzierung in der Frage, was wir garantieren wollen und auch können. Dies aber müsse kommuniziert werden. „Doch”, so meint sie, „wie sagen wir den Leuten die Wahrheit?”, da sie aus heutiger Sicht wohl ‘unangenehm’ sei. An der Paneldiskussion wird deutlich, dass die geistige und körperliche Verfassung, anders ausgedrückt das Bewusstsein (der Person), darüber entscheidet, ob jemand weiterhin arbeiten könne. Und Gebhard Kirchgässner 20 meint, obwohl wir sehr viel Geld zum Verteilen hätten, hätten die Jungen trotzdem kein Vertrauen, dass dies für sie noch reiche. Hans Groth erwähnt die hohe Arbeitslosigkeit in Europa, wogegen niemand was unternommen habe. Japanische Vertreter bestätigen dasselbe. Man sollte aber auch das Positive einer Hochpreispolitik erkennen, meint Kurt Schiltknecht, nämlich dass wir sorgsamer umgehen lernen. Und auf die Frage, wo denn die Lösung liege, zögert er nicht: „Kapitalismus ist die Antwort!” China hätte (wirtschaftlich) zu wachsen begonnen, als es zum Kapitalismus gewechselt habe. Und er fügt hinzu: „Wir sollten aufhören, den Leuten zu sagen, was sie zu tun hätten. Lasst sie tun, was sie wollen!” 4. Staatsführung und Zivilgesellschaft Hiroko Akiyama spricht in einem Kurzreferat über “Erwartungen festlegen”, dass man sein Leben selber designen könne. Auf der sozialen Ebene hätten wir heute gesündere Leute und könnten deren Potenzial nutzen. Wir benötigten aber weniger Konflikte. Jedermann hätte an der Gesellschaft zu partizipieren. Allerdings mit unterschiedlichen Lebensweisen würde man Konflikte kriegen. Im anschliessenden Panel gehe es darum, diese Möglichkeiten zu diskutieren, um die Probleme zu lösen. Zusammenfassend präsentiert Boris Zürcher, CEO BAK Basel Economics AG, Basel, einen gemeinsamen Aktionsplan Schwe iz-Japa n. Beiden Ländern gemeinsam sei, dass sie wohlhabende Nationen seien, eine gut geschulte Bevölkerung und einen hohen Grad an Urbanisierung erreicht hätten. Unterschiedlich seien sie in der Schuldensituation, der Migration, der Grösse (Bevölkerung J=16-17xCH, Ökonomie J=10-11xCH) und dem Bevölkerungswachstum. In der Schweiz sei die Immigration durch die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes gesteuert. Sie sei aber ein kontroverses Thema. Er fragt deshalb, ob sie Allheilmittel sei. Lösungen sieht er in niedriger Besteuerung der Arbeit und lebenslangem Lernen, jedoch auch in Arbeitsmarktflexibilität und -offenheit, erhöhtem Pensionsalter und Gesundheit. Gespräche Nina Belz, Journalistin, NZZ, erwähnt, dass sie vorher in Deutschland gewesen sei und sich dort mit dem Burnout-Problem befasst hätte. Dieses sei dort enorm stark vorhanden. WDA Reportage Rosmarie Michel (81) war als Expertin eingeladen und hat schon etliche derartige Konferenzen miterlebt. Sie sieht in diesen Konferenzen eine gewisse Exklusivität, die dem Gedanken, dass man viele Leute damit bewegen sollte, nicht notwendigerweise förderlich sei. Rückblickend auf andere Konferenzen sieht sie nicht, dass der Dialog stärker geworden wäre. Am ehesten könne man sagen, dass teils neuere Konstrukte präsentiert wurden. Der einzige Austausch habe am Dinner stattgefunden. Ev. sollte man etwas (mehr) gemeinsam unternehmen. Silias Olsson und Kenji Shibuya äussern sich dahin gehend, dass am Ende der Konferenz nicht sehr viele konkret umsetzbare Vorschläge auf dem Tisch lägen. Analyse Die Ideen für eine Community für 2030 erinnern stark an Health Cities, die an der IUHPEKonferenz 2010 21 besprochen wurden. Die von Hiroko Akiyama gezeigten Details für Arbeitsplätze im “zweiten Leben” werden den sozialen Zusammenhalt und Kontakt sicher gewährleisten. Diese Ideen bewegen sich in Bahnen, die wir teils bereits verwirklicht haben. Ihre Vorschläge gehen von einem unabänderlichen Zerfall des menschlichen Körpers aus, der mit der Pensionierung beginnt, den man bestenfalls hinauszögern könne, nicht aber stoppen oder gar umkehren, obwohl Spontanheilungen bekannt sind und es Leute gibt, die im hohen Alter noch volle Arbeit leisten, auch geistig voll da sind oder auch Sport treiben und Organe, medizinisch nachgewiesen, nachwuchsen. Solange die Wissenschaft aber nicht versteht, weswegen dies so ist – obwohl dies Leute in der Bevölkerung sehr wohl wissen –, werden von dort auch keine Vorschläge kommen, die solche gesellschaftlichen Veränderungen bewerkstelligen würden. Was wir somit brauchen, sind Lösungen, die aus der Bevölkerung selber kommen. Hier kann man z. B. bei Kindern im Vorschulalter oder bei Beginn des Schulalters feststellen, dass sie sehr klare Vorstellungen haben, wie unsere Welt (neu) laufen sollte. 22, 23 Das sind Lösungen, die umfassend sind und die den Leuten eine völlig neue Perspektive eröffnen. Um dies zu tun, müsste die klassische Medizin ebenfalls einige Schritte vorwärtsgebracht werden und sich zu nachhaltiger Gesundheitsförderung bekennen. Monika Bütler teilt die Gesellschaft in eine von 20 bis x Jahren und eine darüber ein. Dies mag mathematisch interessant sein. Der Realität entspricht dies nicht. In einer Gesellschaft, die sich in einem starken Umbruch befindet, wird es mehr und mehr solche geben, die eigenverantwortlich diese Schranke x durchbrechen. Erleichtern würde dies, wenn viele Leute in Gesellschaft und Politik überhaupt verstehen würden, was Eigenverantwortung ist. Die Erfahrung zeigt, dass Leute das Wort zwar immer wieder in den Mund nehmen, sich dann aber dagegenstellen, wenn sie sich gewahr werden, was sie alles umfasst. Dass für das “demographic Ageing” keine Roadmap bestehen würde, wie Stephen Kramer behauptet, stimmt so nicht. Es gibt eine, die mindestens die CH-Regierung besitzt. Dass sie sie nicht kommuniziert, ist ein anderes Problem. Bereits anfangs 2000 wurden diese Themen mit dem BR und später mit Kantonsregierungen eingehend besprochen. Das Versagen des Systems verstärkt in der heutigen Zeit deren Untergang. Solange keine Bereitschaft von Seiten der Politik für sanfte Reformen da ist, ist es wenigstens förderlich, Lösungen für nach dem Untergang bereitzuhalten. Wenn wir heute sehen, dass bereits Jugendliche und gar Kinder Krankheiten aufweisen, die früher erst im Pensionsalter aufgetreten sind, so müssen wir uns nicht nur von der Idee von Alterskrankheiten und -schwächen verabschieden, sondern auch von der Vorstellung, dass wir das heutige Verhalten der älteren Generation als Massstab nehmen. Die Besten, und somit meist Jugendliche, sollten nicht nur im Sport und der schnellen Auffassungsgabe wegen dort als Massstab verwendet werden, sondern auch für die Integration im Arbeitsprozess (und nicht alte gebrechliche Leute). Dies würde der Gesellschaft und jedem Einzelnen mehr Ansporn geben. Aus der Sicht von Hans Groth ist die Konferenz sehr gut gelaufen, zumal es das erste Mal gewesen sei, dass eine Konferenz in Englisch und Japanisch abgehalten worden sei. Die Leute würden sich allerdings schwertun, einen Quantensprung zu machen. Die Aufgabe des Forums sei es, diesen demografisch bedingten Gesellschaftswandel zu bewirken. Dazu müsste vor allem eine Arbeitsmarktreform, eine nachhaltige Familienpolitik, die Finanzierung u. a. m. erreicht werden. Er äussert auch, dass wir die Verarmung im Alter beheben müssten. Manöverkritik Einige der Referenten dürften ihre Präsentationen (noch) selbsterklärender machen, sich aber auch aus ihrem Elfenbeinturm heraus bewegen und die neuesten Trends in Gesellschaft und Forschung aufnehmen und erkennen. Gefragt ist eine umfassendere Sicht. Dann würden ev. andere Lösungen präsentiert, die auch konkreter umsetzbar sind. Dabei geht es mehr darum, Samen zu setzen und diese wachsen zu lassen, ganz im Sinne, wie Kurt Schiltknecht dies äusserte („… lasst sie tun, was sie wollen!”). Wenn Yoichi Shintani meint, dass man mit zunehmendem Alter nicht mehr Schritt halten könne, dann hat er sich weder mit neueren Methoden und Mitteln der Medizin, noch mit der Wirkung von Eigenverantwortung und Erkennungsmedizin auseinandergesetzt. Ivo Furrer findet, dass die Schweiz ein sehr solides Drei-Säulenrentensystem hätte. Doch seit Jahren zeigen Untersuchungen, dass die heutigen Jugendlichen und jungen Familien sich kein Vermögen mehr anlegen können. Somit wackelt dieses System gewaltig! Die dritte Säule bricht weg! Und die heutigen Jugendlichen glauben nicht mehr daran, von der AHV profitieren zu können. Wer wird künftig, nach dieser von Polit- und Banker-Eliten veranstalteten Banken-, Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise noch Pensionsgelder anlegen? Wir befinden uns ganz klar in einem Kampf gegen die drohende Überalterung der Bevölkerung. Die Politik hat diese Problematik zwar früh erkannt, aber in Europa praktisch nur eine wesentliche Massnahme ergriffen, nämlich die Migration. Darunter leiden heute fast alle europäischen Länder. Dass die Politik, wie in der Schweiz, erst in diesem Jahrtausend ein Familienförderungsprogramm lancierte – und auch dies erst nach Anmahnung! – stellt ihr in Sachen Demografie keine guten Noten aus. Fortsetzung Seite 115 Fitness Tribune 13951 WDA Reportage Fortsetzung von Seite 51 Bedauerlich ist auch, dass kaum Experten im Therapie- oder gar Fitness- und Sportbereich zugegen waren, vor allem nicht als Teilnehmer einer Panel Session. Wer Prognosen für die nächsten 20 bis 40 oder mehr Jahre macht, sollte auch in die Zukunft schauen können. Wenn diese Prognosen nur Extrapolationen des heutigen Zustandes sind, sind sie heute schon Makulatur. Sie müssen alle Veränderungen, aber auch die Wünsche der Menschen miteinbeziehen. Die Präsentationen dieser Konferenz lassen Zweifel aufkommen, dass der Grossteil der Referenten diesen Weitblick hat. Dass gerade mal ein einziger Politiker an dieser Konferenz teilgenommen hat, zeigt deren geringes Interesse am Thema. Action Plan Eigentlich liegen die Lösungen längst auf dem Tisch. Gesprochen wurde – mindestens oberflächlich – von allem. Dass hier nicht in tiefere Details eingetaucht wurde, ist anhand der kurzen Konferenzdauer und der grossen Bandbreite, die sie abdeckt, verständlich, aber trotzdem bedauernswert. Denn allein schon das Antippen dieser tiefer schürfenden Lösungen hätte wohl einige Leute wachgerüttelt. Der Vorschlag, das Rentenalter hinauszuschieben, ist gut, hängt aber völlig in der Luft, solange das Gesundheitssystem mit Mühe und Not einen Menschen i. A. gerade bis zum heutigen Pensionsalter arbeitsfähig halten kann (siehe die vielen Burnouts). Somit brauchen wir ein neues Medizinsystem, das in der Lage ist, dass sich ein Mensch auch mit 80, 90, 100 und mehr Jahren geistig und körperlich so gesund und fit fühlt, dass er genauso gut Arbeiten erledigen kann, wie ein junger Mensch und auch ebenso lernfähig ist und bleibt. (Und dies ist möglich und existiert!) Wenn die Arbeitsfähigkeit bis ins hohe Alter gewährleistet und die Wirtschaft auf “no age” umgestellt ist, dann wird wohl das Rentensystem nicht mehr flächendeckend wirken müssen. Zudem wird die Vollbeschäftigung auch im hohen Alter uns eine wesentlich gesündere Bevölkerung bescheren – als Folge eines notwendigen Mentalitätswandels. Dies wird letztlich auch zu einem Abbau des tertiären Sektors führen. Eine gesündere Bevölkerung ist auch eine, die ihre Aufgaben effizienter erfüllt, die also mit weniger Leuten dasselbe leistet. Und letztlich werden Leute, die an ihrem Bewusstsein arbeiten, in Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt eine tragende Rolle spielen (siehe 3. Panelgespräch oben). Und vielleicht könnte man ein System schaffen, wo man wählen kann zwischen Pensionierung und gesichertem Arbeitsplatz – so als Übergangslösung. Die Konferenz mochte neben Lösungen auch Schwachstellen der heutigen Ansätze aufzeigen, auch bei den Experten. Auf diese Weise könnten die daraus entstehenden Spannungen zwischen Bevölkerung und System längerfristig zu einer an dieser Konferenz kaum zur Sprache gekommenen Lösung führen. 1) Dr. med., MBA, WDA Forum, St. Gallen, Verwaltungsratspräsident WDA Forum und gewähltes Mitglied des “Global Agenda Council on Global Population Growth” des World Economic Forum (WEF) 2) Head of Epidemiological Research, Swiss Re, London 3) Sozialpsychologin und Professorin am Institute of Gerontology, University of Tokyo und frühere Vizepräsidentin des Wissenschaftsrats von Japan 4) Professor für Ökonomie und Public Policy und Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Politologie an der Universität St. Gallen, Schweiz 5) Professor Hiroyuki Murata ist ein Pionier für aktives Ageing Business in Japan. Er hat u. a. zur weltgrössten Fitness-Kette für Frauen in Japan beigetragen. 6) ehem. Prof. und Dir. Economic Research Insitut, Yokohama City University, bis 2003 und bis 2011 Dozent am international College of Arts and Sciences der selben University 7) CEO der Mayekawa Holding AG (Zug, Switzerland), die 20 weitere Tochterunternehmen in der ganzen Welt besitzt und High-TechProdukte herstellt 8) Dekan ökonomische Fakultät und Dozent für Ökonomie, Direktor der Labor Market and Industrial Organization Research Unit, Uni. Basel 9) Präsident Travail.Suisse (unabhängige Arbeitnehmerorganisation) 10) Sonderberichterstatter für internationale Zusammenarbeit in der Migrationspolitik an der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), 11) Schlüsselfigur bei der Unterstützung der Rolle Japans in Sachen globaler Gesundheit, Gründer des Japan Institute for Global Health 12) Information and Communication Technology 13) Dr., wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter der Business & Economics Section am German Institute for Japanese Studies (DIJ) 14) Prof. Dr., Molekular- und Zellbiologe am Institute of Molecular Systems Biology der ETH Zürich und ehemaliger ETH-Präsident 15) Prof. Dr. med., medizinische Fakultät der UNI Zurich, sowie CoDirektor und Chefarzt der Abteilung für Psychiatrische Forschung und Medizininsche Alterspsychiatrie, Psychiatrischen Uni-Klinik. Zürich 16) Ordentlicher Prof. Pharmazeutische Chemie, ETH Zürich und Vorsitzender Collegium Helveticum 17) Prof. Dr., Forschungsleiter des JRI Pension Research am Institut für Wirtschaftsforschung, Hitotsubashi University, Tokio, und ausgezeichneter Wissenschafter am Forschungsinstitut für Massnahmen im Bereich Renten und Aging (RIPPA), Tokio, 18) Prof. für Wirtschaftswissenschaften, International Christian University, Tokio, zuvor Präsident Japan Center for Economic Research, Mitglied Rat der Wirtschafts- und Finanzpolitik in Japan 19) Deputy Director und Leiter Old-age and Survivors› Insurance innerhalb von FSIO (Federal Social Insurance Office) 20) Professor für Volkswirtschaftslehre und Ökonometrie und Direktor Schweizerisches Institut für Aussenwirtschaft und Angewandte Wirtschaftsforschung, UNI St. Gallen 21) 20. IUHPE-Conference on Health Promotion, Kaspar Zimmermann, FT127, S. 38f, Sept./Okt. 2010 22) Der Schweizer Film “Vitus” thematisiert dies. Siehe Interview mit Christine Bontet auf Schweiz5: http://www.schweiz5.ch/v2/?p=1239 ©2012: Zim/AEO Fitness Tribune 139115