die weltwirtschaft: eine millenniumsperspektive

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die weltwirtschaft: eine millenniumsperspektive
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Studien des Entwicklungszentrums
DIE WELTWIRTSCHAFT:
EINE MILLENNIUMSPERSPEKTIVE
von
Angus Maddison
ENTWICKLUNGSZENTRUM DER ORGANISATION
FÜR WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG
ORGANISATION FÜR WIRTSCHAFTLICHE
ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG
Gemäß Artikel 1 des am 14. Dezember 1960 in Paris unterzeichneten und am 30. September 1961 in
Kraft getretenen Übereinkommens fördert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD) eine Politik, die darauf gerichtet ist:
– in den Mitgliedstaaten unter Wahrung der finanziellen Stabilität eine optimale Wirtschaftsentwicklung und Beschäftigung sowie einen steigenden Lebensstandard zu erreichen und
dadurch zur Entwicklung der Weltwirtschaft beizutragen;
– in den Mitglied- und Nichtmitgliedstaaten, die in wirtschaftlicher Entwicklung begriffen sind, zu
einem gesunden wirtschaftlichen Wachstum beizutragen, und
– im Einklang mit internationalen Verpflichtungen auf multilateraler und nicht diskriminierender
Grundlage zur Ausweitung des Welthandels beizutragen.
Die Gründungsmitglieder der OECD sind: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland,
Irland, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden,
Schweiz, Spanien, Türkei, Vereinigtes Königreich und Vereinigte Staaten. Folgende Staaten wurden zu
den nachstehend genannten Daten Mitglieder der OECD: Japan (28. April 1964), Finnland (28. Januar 1969),
Australien (7. Juni 1971), Neuseeland (29. Mai 1973), Mexiko (18. Mai 1994), die Tschechische Republik
(21. Dezember 1995), Ungarn (7. Mai 1996), Polen (22. November 1996), Korea (12. Dezember 1996) und die
Slowakische Republik (14. Dezember 2000). Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften nimmt an
den Tätigkeiten der OECD teil (Artikel 13 des Übereinkommens über die OECD).
Das Entwicklungszentrum der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurde auf
Beschluss des Rats der OECD am 23. Oktober 1962 gegründet. Dem Zentrum sind 23 OECD-Mitgliedsländer
angeschlossen: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Kanada,
Korea, Luxemburg, Mexiko, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien,
Slowakische Republik und Tschechische Republik. Seit März 1994 nehmen auch Argentinien und Brasilien, seit
November 1998 Chile und seit Februar 2001 Indien daran teil. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist
ebenfalls im Beirat des Zentrums vertreten.
Aufgabe des Zentrums ist es, die in den Mitgliedsländern verfügbaren Kenntnisse und Erfahrungen über
Wirtschaftsentwicklung und die Formulierung und Umsetzung allgemeiner wirtschaftspolitischer Maßnahmen
zusammenzutragen, diese Kenntnisse und Erfahrungen den realen Erfordernissen der im Entwicklungsprozess
befindlichen Länder und Regionen anzupassen und ihnen die Ergebnisse im Rahmen geeigneter Mechanismen zur
Verfügung zu stellen.
Das Zentrum hat innerhalb der OECD einen besonderen und autonomen Status, der ihm wissenschaftliche
Unabhängigkeit bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben gewährt. Es kann aber auf die in der OECD verfügbaren
Erfahrungen und Kenntnisse über Entwicklungsfragen zurückgreifen.
FÜR DIE IN DIESER VERÖFFENTLICHUNG WIEDERGEGEBENEN AUFFASSUNGEN UND ARGUMENTE ZEICHNET
ALLEIN DER VERFASSER VERANTWORTLICH. SIE DECKEN SICH NICHT ZWANGSLÄUFIG MIT DENEN DER
OECD ODER DER REGIERUNGEN IHRER MITGLIEDSLÄNDER.
Originalfassungen veröffentlicht unter dem Titel:
The World Economy: A Millennial Perspective
L’économie mondiale : une perspective millénaire
© OECD 2001
© OECD 2004
Genehmigungen zum Nachdruck von Teilen dieses Werks für nichtkommerzielle Zwecke oder zur Verwendung im Unterricht sind einzuholen beim Centre
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für alle Länder mit Ausnahme der Vereinigten Staaten, wo das Copyright Clearance Center Inc. (CCC), Customer Service, tel: (508)750-8400, 222 Rosewood Drive,
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Nachdruck- oder Übersetzungsrechten für das gesamte Dokument oder Teile davon sind zu richten an: OECD Publications, 2, rue André-Pascal, 75775 Paris
Cedex 16, Frankreich.
Geleitwort
Kurz nach meinem Amtsantritt bei der OECD im Jahr 1996 stieß ich auf Angus Maddisons Untersuchung „Monitoring the World Economy 1820-1992“. Dieses zugleich faszinierende und geistig anregende Werk vermittelt einen vollständigen Überblick über die Weltwirtschaft innerhalb des besagten Zeitraums. Es enthält Angaben über rund 56 Länder, auf die 93% der Weltproduktion und 87% der Weltbevölkerung sowie der Weltexporte entfallen. Dieses Buch befindet sich seitdem stets griffbereit neben mir. Ich
stehe mit meiner Wertschätzung für dieses außergewöhnliche Werk offensichtlich nicht alleine, entdecke
ich doch immer wieder, dass auch in anderen Untersuchungen ständig daraus zitiert wird.
Angesichts der nahenden Jahrhundertwende schien mir der Zeitpunkt gekommen, eine leichte Überarbeitung des Buches vorzunehmen, um es einer breiten Leserschaft zugänglich zu machen und die darin
enthaltene Analyse um die Daten für das Ende des 20. Jahrhunderts bzw. des 2. Jahrtausends zu ergänzen.
Ich erörterte diese Idee mit Professor Maddison, der ihr zu meiner großen Freude zustimmte.
Was der Autor dank seiner enormen Schaffenskraft und Geistesgaben jedoch letztlich daraus gemacht
hat, ist ein Werk von einem Umfang und Tiefgang, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte: Es deckt die
Entwicklung der gesamten Weltwirtschaft während der vergangenen 2000 Jahre ab. Der Autor gibt einen
im wahren Sinne des Wortes globalen Überblick über das weltweite Wachstum innerhalb dieses Zeitraums,
wobei er die Veränderungen während dieser Zeitspanne sowohl in chronologischer als auch in geographischer Hinsicht untersucht. Damit greift dieses Werk weiter aus als irgendeine der bisherigen OECDVeröffentlichungen, ja, man könnte fast sagen, als jede andere Veröffentlichung, die derzeit auf dem Weltbuchmarkt existiert. Schon der Umfang der Analyse ist atemberaubend. Und es gibt wohl kaum ein anderes
wirtschaftshistorisches Buch mit einem so weit gespannten geographischen und zeitlichen Horizont.
Schließlich beschränkt sich die Analyse trotz ihrer vorwiegend ökonomischen Ausrichtung nicht allein auf
diesen Aspekt, sondern bezieht vielmehr nach und nach zahlreiche andere Bereiche mit ein, wie Geschichte, Geographie oder Demographie, um nur einige zu nennen. Es ist dieser multidisziplinäre Ansatz, der den
eigentlichen, unverwechselbaren Wert des Buches ausmacht.
Angesichts seiner Bedeutung und seiner weltumspannenden Thematik wird das vorliegende Werk zweifelsohne überall in der Welt eine breite Leserschaft finden und zu einem Referenzwerk für Hochschulkreise, Schüler, Studenten und Fachleute, aber auch für die allgemeine Öffentlichkeit werden.
Ich bin überzeugt, dass dieses Buch zu Hause, in Büros und Büchereien überall auf der Welt seinen
Platz finden und für lange Zeit Einzug halten wird. Und in dem neuen Jahrtausend, dessen Schwelle wir
gerade erst überschritten haben, wird es zweifellos Ausgangspunkt und Anregung für weitere Untersuchungen dieser Art bilden.
Wir alle schulden Angus Maddison, der die an ihn herangetragene Herausforderung nicht nur angenommen, sondern auch Ergebnisse vorgelegt hat, die meine ursprünglichen Erwartungen bei weitem übertreffen, großen Dank.
John Maynard Keynes schrieb einmal, dass ein Wirtschaftswissenschaftler die Gegenwart im Licht
der Vergangenheit und in der Perspektive der Zukunft betrachten sollte. Nie zuvor stand uns für die Verfolgung dieses Ziels ein ähnlich reiches Grundlagenmaterial zur Verfügung.
Donald Johnston
Generalsekretär der OECD
3
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort ...............................................................................................................................................
3
Dank .......................................................................................................................................................
13
Vorwort ..................................................................................................................................................
15
Einleitung und Zusammenfassung .........................................................................................................
17
Kapitel 1
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen .......................................................
29
Kapitel 2
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt, 1000-1950 ...........
53
Kapitel 3
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ..........................................
141
Anhang A Wachstum und Niveau der Weltbevölkerung, des BIP und des Pro-Kopf-BIP,
Referenzjahre 1820-1998 ....................................................................................................
189
Anhang B Weltweites Wachstum von Bevölkerung, BIP und Pro-Kopf-BIP, vor 1820 ......................
255
Anhang C Jährliche Schätzungen der Bevölkerung, des BIP und des Pro-Kopf-BIP für
124 Länder, 7 Regionen und die Welt insgesamt, 1950-1998 ............................................
297
Anhang D Wachstum und Leistungsniveau von 27 ehemals kommunistischen Ländern, 1990-1998 ....
365
Anhang E Beschäftigung, geleistete Arbeitsstunden und Arbeitsproduktivität ...................................
373
Anhang F Wert und Volumen der Ausfuhr, 1870-1998 ......................................................................
387
Literaturverzeichnis ................................................................................................................................
393
Texttabellen
1.1
Bevölkerungszahl und Bevölkerungswachstum: Welt und Hauptregionen, 0-1998 .................
30
1.2
Niveau und Zuwachsrate des Pro-Kopf-BIP, Welt und Hauptregionen, 0-1998 .......................
30
1.3
Niveau und Zuwachsrate des BIP: Welt und Hauptregionen, 0-1998 .......................................
30
1.4
Lebenserwartung und Säuglingssterblichkeit, beide Geschlechter zusammen, 33-1875 .............
31
1.5a
Geburtenraten und Lebenserwartung, 1820-1998/99 ................................................................
32
1.5b
Durchschnittliche Lebenserwartung für die Gruppen A und B, 1000-1999 ..............................
33
1.5c
Zuwachsrate der Lebenserwartung in den Gruppen A und B, 1000-1999 ................................
33
1.6a
Bevölkerungszahlen Westeuropa, 0-1998 .................................................................................
34
1.6b
Bevölkerungswachstum Westeuropa, 0-1998 ...........................................................................
34
1.7a
Bevölkerungswachstum: große Einwanderungsländer einschl. Lateinamerika
in vergleichender Perspektive, 1500-1998 ................................................................................
37
Vergleich des Bevölkerungswachstums in Amerika und in den früheren europäischen
Mutterländern, 1500-1998 .........................................................................................................
37
1.7b
5
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
1.7c
Verschiffung afrikanischer Sklaven nach Amerika, 1500-1870 ................................................
37
1.7d
Nettomigration nach Brasilien, Australien und den Vereinigten Staaten sowie aus dem
Vereinigten Königreich, 1500-1998 ..........................................................................................
37
1.8a
Vergleich des Bevölkerungswachstums: Japan, China und Westeuropa, 0-1998 .....................
44
1.8b
Bevölkerungszuwachsraten: Japan, China und Westeuropa, 0-1998 .........................................
44
1.8c
Urbanisationsquote: Japan, China und Westeuropa, 1000-1890 ...............................................
44
1.9a
Wachstum des Pro-Kopf-BIP nach großen Regionen, 1000-1998 ............................................
50
1.9b
Höhe des Pro-Kopf-BIP: Gruppen A und B, 1000-1998 ...........................................................
50
1.9c
Bevölkerung der Gruppen A und B, 1000-1998 .......................................................................
50
1.9d
BIP der Gruppen A und B, 1000-1998 ......................................................................................
50
2.1
Bevölkerung des Venezianischen Imperiums im Jahr 1557 ......................................................
58
2.2
Größe und Ladekapazität venezianischer Handelsgaleeren, 1318-1559 ...................................
59
2.3
Bevölkerung der 31 größten westeuropäischen Städte, 1500-1800 ..........................................
60
2.4
Zuckerproduktion nach Herkunftsgebieten, 1456-1894 ............................................................
64
2.5
Sklavenverschiffung über den Atlantik durch Portugal und seine Konkurrenten, 1701-1800 ..
65
2.6
Zahl der auf der Asien-Route verkehrenden Schiffe aus 7 europäischen Ländern, 1500-1800 ..
70
2.7
Fahrten portugiesischer Schiffe nach und von Asien, 1500-1800 .............................................
70
2.8
Gold- und Silberlieferungen von Amerika nach Europa, 1500-1800 ........................................
70
2.9
Chinesische Silberimporte nach Herkunftsland, 1550-1700 ......................................................
71
2.10
Silber- und Goldexporte aus Westeuropa, 1601-1780 ..............................................................
71
2.11
Chinesische Schifffahrtsdiplomatie: Fahrten zu den „westlichen Meeren“, 1405-1433 ...........
75
2.12
Umtauschkurse zwischen Papiergeld der Ming-Dynastie und Silber, 1376-1426 ....................
76
2.13
Warenmäßige Zusammensetzung der brasilianischen Exporte, 1821-1951 ..............................
80
2.14
Gegenüberstellung der Wirtschaftsergebnisse Brasiliens und der USA
in den fünf Hauptphasen der brasilianischen Entwicklung, 1500-1998 ....................................
83
2.15
Frachtkapazität der niederländischen und anderer Handelsflotten, 1470-1824 .........................
86
2.16
Niederländische Handelsschiffe, nach Aktivitäten, um das Jahr 1670 ......................................
86
2.17
Beschäftigung in der niederländischen Schifffahrt, nach Aktivitäten, 1610-1770 ....................
86
2.18a Beteiligung der Niederlande an militärischen Auseinandersetzungen in Europa,
sechziger Jahre des 16. Jahrhunderts bis 1815 ..........................................................................
91
2.18b Größe der europäischen Armeen, 1470-1814 ............................................................................
91
2.19
Niederländischer Warenhandel, 1650 bis 1770er Jahre .............................................................
91
2.20
Warenmäßige Zusammensetzung der europäischen Exporte von Asien nach Europa,
1513-1780 .................................................................................................................................
95
2.21a „Punktion“ Indonesiens durch die Niederlande, 1698-1930 .....................................................
99
2.21b „Punktion“ Indiens durch England, 1868-1930 .........................................................................
99
2.21c Wachstum der indonesischen Bevölkerung und Realeinkommen
nach ethnischen Gruppen, 1700-1929 .......................................................................................
99
2.22a Höhe des Pro-Kopf-BIP der europäischen Kolonialmächte und der früheren Kolonien,
1500-1998 .................................................................................................................................
101
6
Inhaltsverzeichnis
2.22b Wachstum des Pro-Kopf-BIP der europäischen Kolonialmächte und der
früheren Kolonien, 1500-1998 ..................................................................................................
101
2.23
Struktur des britischen Warenhandels nach Herkunfts- und Bestimmungsregionen, 1710-1996 ..
106
2.24
Beschäftigungsstruktur in den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und
den Vereinigten Staaten, 1700-1998 .........................................................................................
108
2.25a Frachtkapazität der britischen und der internationalen Schifffahrt, 1470-1913 ........................
108
2.25b Komparative Wachstumsraten der britischen und der internationalen Frachtkapazität
sowie des BIP, 1570-1913 .........................................................................................................
108
2.26a Bruttonominalwert des im Ausland investierten Kapitals im Jahr 1914 ...................................
113
2.26b Bruttonominalwert des im Ausland investierten Kapitals im Jahr 1938 ...................................
113
2.27
Bruttonominalwert des in neun wichtigen Empfängerländern investierten
Auslandskapitals, 1913 ..............................................................................................................
113
Bevölkerung der britischen Kolonien und ehemaligen britischen Besitzungen in Amerika,
1750 und 1830 ...........................................................................................................................
120
Bevölkerung der britischen Besitzungen in Asien, Afrika, Australien und Europa
im Jahr 1830 ..............................................................................................................................
128
2.30
Vergleich der makroökonomischen Ergebnisse Indiens und Englands, 1600-1947 .................
128
3.1a
Wachstum von Pro-Kopf-BIP, Bevölkerung und BIP: Welt und große Regionen, 1000-1998 .....
142
3.1b
Niveau des Pro-Kopf-BIP und Gefälle zwischen den Regionen, 1000-1998 ............................
142
3.1c
Anteile am Welt-BIP, 1000-1998 ..............................................................................................
143
3.2a
Wachstum des Warenexportvolumens, Welt und große Regionen, 1870-1998 ........................
143
3.2b
Warenexporte in Prozent des BIP zu Preisen von 1990, Welt und große Regionen, 1870-1998 ..
143
3.2c
Prozentualer Anteil der Regionen an den Weltexporten, 1870-1998 ........................................
143
3.3
Bruttowert der Auslandskapitalbestände in Entwicklungsländern, 1870-1998 .........................
144
3.4
Nettomigration: Westeuropa, Japan und große Einwanderungsländer, 1870-1998 ..................
144
3.5
Pro-Kopf-BIP in den drei erfolgreichsten Phasen des kapitalistischen Zeitalters .....................
145
3.6
Wirtschaftliche Merkmale der zwanzig größten Länder, 1998 .................................................
146
3.7
Westeuropa und Vereinigte Staaten: Konvergenzgrad bei Produktivität
und Pro-Kopf-BIP, 1950-1998 ..................................................................................................
148
3.8
Arbeitslosigkeit und Inflation in fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern, 1950-1998 ........
150
3.9
Gesamte Staatsausgaben in Prozent des BIP zu jeweiligen Preisen: Westeuropa,
Vereinigte Staaten und Japan, 1913-1999 .................................................................................
151
Bestand an Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland:
Vereinigte Staaten, Japan, Deutschland und Vereinigtes Königreich, 1989-1998 ....................
154
Wachstum des Warenimportvolumens und BIP-Anteil der Importe:
Westeuropa, Japan und Vereinigte Staaten, 1950-1998 ............................................................
154
3.12
Aktienkursindizes in Landeswährung, Japan, Vereinigte Staaten und Westeuropa, 1950-1999 ...
158
3.13
Wechselkurse: nationale Währungseinheiten je US-Dollar, Japan und Westeuropa,1950-1999 ...
158
3.14
Veränderungen des Pro-Kopf-BIP-Wachstums: die wirtschaftliche Renaissance Asiens
in vergleichender Perspektive, 1913-1999 ................................................................................
161
2.28
2.29
3.10
3.11
7
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
3.15
Merkmale der Wachstumsergebnisse in den wieder erstarkenden Ländern Asiens, 1950-1999 ...
164
3.16
Bestand ausländischer Direktinvestitionen, insgesamt und pro Kopf, wichtigste Länder
und Regionen sowie Welt insgesamt, 1998 ...............................................................................
165
Jährliche prozentuale Veränderung des realen Pro-Kopf-BIP, Japan und
wieder erstarkende asiatische Länder, 1997-1999 .....................................................................
166
Wechselkurse: nationale Währungseinheiten je US-Dollar in den asiatischen Ländern,
1973-1999 .................................................................................................................................
166
Gesamtwirtschaftliche Ersparnis fünf ostasiatischer Länder vor und nach der Krise,
in Prozent des BIP, 1990-1998 ..................................................................................................
167
3.20
Pro-Kopf-BIP in sechs Problemvolkswirtschaften Ostasiens, 1950-1998 ................................
168
3.21
Weltproduktion von Rohöl und Erdgas, 1950-1999 ..................................................................
169
3.22
Wirtschaftsergebnisse Lateinamerikas, 1870-1999 ...................................................................
172
3.23
Pro-Kopf-Wachstum in der ehemaligen UdSSR und in Osteuropa, 1950-1998 .......................
176
3.24
Veränderungen von Produktion und Verbrauch in Weißrussland, Russland und der Ukraine,
1990-1998 .................................................................................................................................
177
Prozentualer Anteil der in Armut lebenden Bevölkerung in der ehemaligen UdSSR und
in Osteuropa, 1987-1988 und 1993-1995 ..................................................................................
177
Jahresdurchschnittliche Veränderungsrate der Verbraucherpreise: ehemalige UdSSR
und Osteuropa, 1990-1998 ........................................................................................................
178
3.27
Analphabetentum in Afrika, 1997 .............................................................................................
184
3.28
Veränderung des Einkommensniveaus innerhalb Afrikas, 1998 ...............................................
185
3.29
Ausmaß und Dauer des drastischen Pro-Kopf-Einkommensverfalls in den 13 größten
afrikanischen Ländern südlich der Sahara .................................................................................
186
Gesamte Auslandsverschuldung von Afrika, Asien, Lateinamerika, Osteuropa und der
ehemaligen UdSSR, 1980, 1990 und 1998 ................................................................................
187
Zahlungsrückstände bei den Auslandsschulden in Afrika und anderen Kontinenten, 1980-1998 ..
187
3.17
3.18
3.19
3.25
3.26
3.30
3.31
Abbildungen
1.1
Bevölkerung Westeuropas: Gegenüberstellung von zwei Jahrtausenden .................................
34
1.2
Jährliche Veränderung der schwedischen Geburten- und Sterberaten, 1736-1987 ...................
35
1.3
Vergleich der Bevölkerungszahl der drei größten Länder Amerikas und ihrer früheren
europäischen Mutterländer, 1500-1998 .....................................................................................
39
1.4
Vergleich der Höhe des Pro-Kopf-BIP: China und Westeuropa, 400-1998 ..............................
46
1.5
Vergleich der Höhe des Pro-Kopf-BIP: China und Vereinigtes Königreich, 1700-1998 .........
47
1.6
Vergleich der Höhe des Pro-Kopf-BIP: China und Vereinigte Staaten, 1700-1998 .................
47
3.1
Pro-Kopf-BIP: Binäre Gegenüberstellung USA/Japan, USA/Europa, 1950-1998 ........................
149
3.2a
Pro-Kopf-BIP: Binäre Gegenüberstellung Japan/Ostasien, 1950-1999 ......................................
162
3.2b
Pro-Kopf-BIP: Binäre Gegenüberstellung Japan/Ostasien, 1950-1999 ......................................
163
3.3
Pro-Kopf-BIP: Binäre Gegenüberstellung USA/Lateinamerika, 1950-1998 ..............................
171
3.4
Pro-Kopf-BIP: Binäre Gegenüberstellung USA/Afrika, 1950-1998 ...........................................
183
8
Inhaltsverzeichnis
Kästen
2.1
Sozialstruktur Indiens zur Zeit des Mogulreiches .....................................................................
126
2.2
Sozialstruktur Indiens bei Ende der britischen Herrschaft ........................................................
127
3.1
Auswirkungen der jüngsten Umstellung der Messmethoden auf Niveau und Wachstum
des amerikanischen BIP, 1929-1998 .........................................................................................
155
Anhangstabellen
A.a
Erfassungsbereich der BIP-Stichprobe und relative Bedeutung der
indirekten Schätzungen, 1820-1998 ..........................................................................................
194
Art der KKP-Umrechner für die Schätzung des BIP-Niveaus in internationalen Dollar
für das Referenzjahr 1990 .........................................................................................................
195
Vergleich der Daten von Maddison (1995a) und der aktuellen Bevölkerungs- und
BIP-Schätzungen für die Regionen und die Welt, 1820-1990 ..................................................
196
A.d
Der Effekt der Grenzveränderungen in Deutschland ................................................................
198
A.e
Bevölkerung und BIP in 13 kleinen westeuropäischen Ländern, 1950-1998 ...........................
200
A.f
BIP und Bevölkerung in den Nachfolgerepubliken des ehemaligen Jugoslawien, 1990-1998 ..
201
A1.a
Bevölkerung der europäischen Länder, der ehemaligen UdSSR und der großen
Einwanderungsländer, Referenzjahre 1820-1998 .....................................................................
204
Höhe des BIP: europäische Länder, ehemalige UdSSR und große Einwanderungsländer,
Referenzjahre 1820-1998 ..........................................................................................................
205
Pro-Kopf-BIP: europäische Länder, ehemalige UdSSR und große Einwanderungsländer,
Referenzjahre 1820-1998 ..........................................................................................................
206
Zuwachsraten des Pro-Kopf-BIP: europäische Länder, ehemalige UdSSR und
große Einwanderungsländer, in fünf Phasen der Entwicklung, 1820-1998 ..............................
207
BIP-Zuwachsraten: europäische Länder, ehemalige UdSSR und große Einwanderungsländer,
in fünf Phasen der Entwicklung, 1820-1998 .............................................................................
208
Bevölkerungszuwachsraten: europäische Länder, ehemalige UdSSR und große
Einwanderungsländer, in fünf Phasen der Entwicklung, 1820-1998 ........................................
209
A1.g
Berechnung des BIP für das Referenzjahr 1990 in internationalen Dollar für 22 OECD-Länder ..
210
A1.h
Berechnung des BIP-Niveaus in internationalen Dollar im Referenzjahr 1990
für 5 osteuropäische Länder und die UdSSR ............................................................................
211
A.g
BIP und Bevölkerung 21 kleiner karibischer Länder, 1950-1998 .............................................
214
A2.a
Bevölkerung in 44 lateinamerikanischen Ländern, Referenzjahre 1820-1998 ..........................
215
A2.b
BIP-Niveau in 44 lateinamerikanischen Ländern, Referenzjahre 1820-1998 ...........................
216
A2.c
Pro-Kopf-BIP in 44 lateinamerikanischen Ländern, Referenzjahre 1820-1998 ........................
217
A2.d
Zuwachsraten des Pro-Kopf-BIP in 44 lateinamerikanischen Ländern, in fünf Phasen der
Entwicklung, 1820-1998 ...........................................................................................................
218
BIP-Zuwachsraten in 44 lateinamerikanischen Ländern, in fünf Phasen der Entwicklung,
1820-1998 ..................................................................................................................................
219
A.b
A.c
A1.b
A1.c
A1.d
A1.e
A1.f
A2.e
9
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
A2.f
Bevölkerungszuwachsraten in 44 lateinamerikanischen Ländern, in fünf Phasen
der Entwicklung, 1820-1998 .....................................................................................................
220
Abgeleitete Schätzungen des BIP von 1990 in internationalen Dollar für
18 lateinamerikanische Länder ..................................................................................................
221
A.h
Indien: BIP, Bevölkerung und Pro-Kopf-BIP, jährliche Schätzungen, 1820-1998 ...................
226
A.i
Rekonstruktion des japanischen BIP nach Wirtschaftszweigen, 1874-1890 .............................
227
A.j
Japan: BIP, Bevölkerung und Pro-Kopf-BIP, jährliche Schätzungen, 1820-1998 ....................
228
A.k
Bevölkerung und BIP in 19 kleinen ostasiatischen Ländern, 1950-1998 ..................................
233
A.l
Arabische und jüdische Bevölkerung und BIP in Palästina und Israel, 1922-1950 ..................
235
A.m
Indirekte Schätzungen zur Schließung von Lücken in den BIP- und
Pro-Kopf-BIP-Datenreihen für 1870 und 1913 .........................................................................
236
A3.a
Bevölkerung in 56 asiatischen Ländern, Referenzjahre 1820-1998 ............................................
237
A3.b
BIP-Niveau in 56 asiatischen Ländern, Referenzjahre 1820-1998 .............................................
238
A3.c
Pro-Kopf-BIP in 56 asiatischen Ländern, Referenzjahre 1820-1998 ..........................................
239
A3.d
Wachstumsraten des Pro-Kopf-BIP in 56 asiatischen Ländern, in fünf Phasen der
Entwicklung, 1820 -1998 ..........................................................................................................
240
A3.e
BIP-Wachstumsraten in 56 asiatischen Ländern, in fünf Phasen der Entwicklung, 1820-1998 ...
241
A3.f
Bevölkerungszuwachsraten in 56 asiatischen Ländern, in fünf Phasen der Entwicklung,
1820-1998 .................................................................................................................................
242
Ableitung des BIP-Niveaus im Referenzjahr 1990 in internationalen Dollar für
15 ostasiatische Länder .............................................................................................................
243
Ableitung des BIP-Niveaus im Referenzjahr 1990 in internationalen Dollar für fünf
ostasiatische Länder ..................................................................................................................
244
Ableitung des BIP-Niveaus im Referenzjahr 1990 in internationalen Dollar für drei
westasiatische Länder ................................................................................................................
244
A4.a
Bevölkerung in 57 afrikanischen Ländern, Referenzjahre 1820-1998 ........................................
247
A4.b
BIP-Niveau in 57 afrikanischen Ländern, Referenzjahre 1820-1998 .........................................
248
A4.c
Pro-Kopf-BIP in 57 afrikanischen Ländern, Referenzjahre 1820-1998 ......................................
249
A4.d
Pro-Kopf-BIP-Zuwachsraten in 57 afrikanischen Ländern, in fünf Phasen der Entwicklung,
1820-1998 .................................................................................................................................
250
A4.e
BIP-Zuwachsraten in 57 afrikanischen Ländern, in fünf Phasen der Entwicklung, 1820-1998 ....
251
A4.f
Bevölkerungswachstumsraten in 57 afrikanischen Ländern, in fünf Phasen der Entwicklung,
1820-1998 .................................................................................................................................
252
Alternative Schätzungen des BIP-Niveaus im Jahr 1990 auf der Basis von ICP und PWT
in 24 afrikanischen Ländern ......................................................................................................
253
B.1
Alternative Schätzwerte der regionalen Aufteilung der Weltbevölkerung, 0-1700 ..................
258
B.2
Bevölkerung West- und Osteuropas sowie der großen Einwanderungsländer, 0-1820 ............
259
B.3
Europäische und asiatische Bevölkerung Russlands, 0-1870.....................................................
259
B.4
Ethnische Zusammensetzung der brasilianischen Bevölkerung, 1500-1870 ............................
262
B.5
Alternative Schätzwerte der lateinamerikanischen Bevölkerung, 0-1820 .................................
262
A2.g
A3.g
A3.h
A3.i
A4.g
10
Inhaltsverzeichnis
B.6
Alternative Schätzwerte der indischen Bevölkerung, 0-1820 ..................................................
264
B.7
Alternative Schätzwerte der japanischen Bevölkerung, 0-1820 ................................................
265
B.8
Asiatische Bevölkerung, 0-1820 ...............................................................................................
266
B.9a
Alternative Schätzwerte der afrikanischen Bevölkerung, 0-1950 .............................................
267
B.9b
Regionale Verteilung der afrikanischen Bevölkerung, 0-1820 .................................................
267
B.10
Weltbevölkerung, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998 ...........................................
268
B.11
Weltbevölkerungswachstum, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998 .........................
269
B.12
Aufteilung der Weltbevölkerung, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998 ...................
270
B.13
Regionale Aufschlüsselung des BIP, der Bevölkerung und des Pro-Kopf-BIP
der britischen Inseln, 1500-1920 ...............................................................................................
275
B.14
Anteil der Stadtbevölkerung in Europa und Asien, 1500-1890 .................................................
276
B.15
Ethnische Zusammensetzung der US-Bevölkerung, 1700-1820 ...............................................
278
B.16
Ethnische Zusammensetzung der lateinamerikanischen Bevölkerung im Jahr 1820 ................
278
B.17
Japanische Getreideproduktion und verfügbare Mengen pro Kopf, 1600-1874 .......................
285
B.18
Weltweites BIP, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998 .............................................
292
B.19
Weltweites BIP-Wachstum, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998 ...........................
293
B.20
Aufteilung des weltweiten BIP, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998 .....................
294
B.21
Weltweites Pro-Kopf-BIP, 20 Länder und regionale Durchschnittswerte, 0-1998 ...................
295
B.22
Weltweites BIP-Pro-Kopf-Wachstum, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998 ...........
296
C1.a
Bevölkerung der europäischen Länder, der ehemaligen UdSSR und der großen
Einwanderungsländer, jährliche Schätzungen, 1950-1998 ........................................................
298
BIP in den europäischen Ländern, der ehemaligen UdSSR und den großen
Einwanderungsländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998 ......................................................
302
Pro-Kopf-BIP in den europäischen Ländern, der ehemaligen UdSSR und den großen
Einwanderungsländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998 ......................................................
306
C2.a
Bevölkerung lateinamerikanischer Länder, jährliche Schätzungen, 1950-1998 .......................
310
C2.b
BIP lateinamerikanischer Länder, jährliche Schätzungen, 1950-1998 ......................................
314
C2.c
Pro-Kopf-BIP lateinamerikanischer Länder, jährliche Schätzungen, 1950-1998 .....................
318
C3.a
Bevölkerung asiatischer Länder, jährliche Schätzungen, 1950-1998 ........................................
322
C3.b
BIP asiatischer Länder, jährliche Schätzungen, 1950-1999 .......................................................
328
C3.c
Pro-Kopf-BIP asiatischer Länder, jährliche Schätzungen, 1950-1999.......................................
334
C4.a
Bevölkerung in 57 afrikanischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998 ........................
340
C4.b
BIP in 57 afrikanischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998 ......................................
346
C4.c
Pro-Kopf-BIP in 57 afrikanischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998 ......................
352
C5.a
Weltbevölkerung nach Regionen, jährliche Schätzungen, 1950-1998 ......................................
358
C5.b
Welt-BIP nach Regionen, jährliche Schätzungen, 1950-1998 ..................................................
359
C5.c
Welt-Pro-Kopf-BIP nach Regionen, jährliche Schätzungen, 1950-1998 ..................................
360
C6.a
Jährliche prozentuale Veränderungen der Weltbevölkerung, nach Regionen, 1950-1998 ........
361
C1.b
C1.c
11
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
C6.b
Jährliche prozentuale Veränderungen des Welt-BIP-Volumens, nach Regionen, 1950-1998 ..
362
C6.c
Jährliche prozentuale Veränderungen des Welt-Pro-Kopf-BIP, nach Regionen, 1950-1998 ...
363
D.1a
BIP in osteuropäischen Ländern, 1990-1999 ............................................................................
366
D.1b
Bevölkerung in osteuropäischen Ländern, 1990-1999 ..............................................................
366
D.1c
Pro-Kopf-BIP in osteuropäischen Ländern, 1990-1999 ............................................................
366
D.2a
BIP in den Nachfolgerepubliken des ehemaligen Jugoslawien, 1990-1998 ..............................
367
D.2b
Bevölkerung in den Nachfolgerepubliken des ehemaligen Jugoslawien, 1990-1999 ...............
367
D.2c
Pro-Kopf-BIP in den Nachfolgerepubliken des ehemaligen Jugoslawien, 1990-1998 .............
367
D.3a
BIP in den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR, 1990-1998 ...........................................
368
D.3b
Bevölkerung in den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR, 1990-1998 .............................
369
D.3c
Pro-Kopf-BIP in den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR, 1990-1998 ...........................
370
D.4
Gegenüberstellung der Schätzungen von OECD und Maddison zum realen BIP
in den 15 Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, 1990 ...............................................
371
E.1
Erwerbsbevölkerung in Europa, Japan und den großen Einwanderungsländern, 1870-1998 ...
374
E.2
Erwerbsbevölkerung in Lateinamerika und Asien, 1950-1998 .................................................
375
E.3
Jahresarbeitsstunden je Erwerbstätigen, 1870-1998 ..................................................................
376
E.4
Gesamtarbeitszeit, 1870-1998 ...................................................................................................
377
E.5
BIP pro Erwerbstätigen in Europa, Japan und den großen Einwanderungsländern, 1870-1998 ..
378
E.6
BIP pro Erwerbstätigen in Lateinamerika und Asien, 1950-1998 .............................................
379
E.7
Arbeitsproduktivität (BIP je geleistete Arbeitsstunde), 1870-1998 ..........................................
380
E.8
BIP-Wachstum je geleistete Arbeitsstunde, 1870-1998 ............................................................
381
E.9
BIP je geleistete Arbeitsstunde, 1870-1998 ..............................................................................
382
E.10
Jahresarbeitszeit je Einwohner, 1870-1998 ...............................................................................
383
E.11
Erwerbstätige im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung in Europa, Japan und den großen
Einwanderungsländern, 1870-1998 ...........................................................................................
384
E.12
Erwerbstätige im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung in Lateinamerika und Asien, 1950-1998 ..
385
F.1
Warenexporte zu jeweiligen Preisen (56 Länder), 1870-1998 ..................................................
388
F.2
Warenexporte zu konstanten Preisen (35 Länder), 1820-1998 .................................................
390
F.3
Aufschlüsselung der weltweiten Exporte nach Regionen zu konstanten Preisen, 1870-1998 ..
391
F.4
Mengenmäßiges Wachstum der Warenexporte, 11 Länder und weltweit, 1870-1998 ..............
391
F.5
Warenexporte in Prozent des BIP zu Preisen von 1990, 11 Länder und weltweit, 1870-1998 ...
393
12
Dank
Dank gebührt zum einen Saskia van Bergen, Catherine Girodet, Ly Na Tang Dollon und Erik
Monnikhof für ihre beträchtliche Hilfe bei der Verarbeitung des statistischen Datenmaterials und der
Erstellung der Graphiken sowie andererseits Sheila Lionet für die Aufbereitung des Manuskripts zu
einer druckfertigen Fassung.
Besonders tiefen Dank schulde ich meinem Freund und Mentor Moses Abramovits (1912-2000)
für seine ermutigenden Worte, seine Weisheit und Großzügigkeit, mit der er dieses Manuskript wie
viele andere in den vergangenen vierzig Jahren kommentiert hat.
Sehr wertvoll waren für mich die Diskussionen im Anschluss an die Kuznets Memorial Lectures
1998, die ich an der Universität Yale gehalten habe, sowie die Kommentare zu Vorträgen über dieses
Thema an der Academy of Social Sciences in Australien, beim Brazil Forum in Porto Alegre, anlässlich von Seminaren bei der Academia Sinica, der Universität Hitotsubashi, der Universität Keio in
Fujisawa, der Universität Osaka und der Universität Osaka Gakuin. Auch vieles von dem, was ich
1990 während eines dreimonatigen Aufenthalts an der Universität Ca’ Foscari in Venedig gelernt
habe, ist mir im Gedächtnis geblieben.
Nützliche Hinweise und Kommentare zu verschiedenen Entwurfsfassungen erhielt ich von Bart van
Ark, Ian Castles, François Crouzet, Charles Feinstein, Colm Foy, David Henderson, Paolo Malanima,
Jim Oeppen, Osamu Saito, Graeme Snooks, Victor Urquidi und Sir Tony Wrigley.
Ratschläge bzw. Antworten auf meine Fragen übermittelten mir ferner auch Michèle Alkilic,
Heinz Arndt, Jean-Pascal Bassino, Joel Bergsman, Luis Bertola, Derek Blades, Yves Blayo, Lidia
Bratanova, Henk-Jan Brinkman, J.W. Drukker, Nick Eberstadt, Pierre van der Eng, Jean-Yves
Garnier, Roland Granier, Maria Alice Gusmâo Veloso, Akira Hayami, André Hofman, Yuri Ivanov,
Masaaki Kawagoe, Peter Lindert, Cormac O Grada, Debin Ma, Elizabeth Maddison, Paul McCarthy,
Nanno Mulder, Peter Hein van Mulligen, Konosuke Odaka, Dirk Pilat, Richard Ruggles, Serguei
Sergueev, Miyohei Shinohara, Siva Sivasubramonian, Marcelo Soto, T.N. Srinivasan, Kaoru Sugihara,
Jean-Claude Toutain, Richard Wall, Michael Ward und Harry X. Wu.
Der größte Dank gebührt jedoch meiner Frau, Penelope Maddison, für ihre stetige Ermutigung
und ihre nie erlahmende moralische und materielle Unterstützung.
13
Vorwort
Angus Maddison besuchte 1986 die Universität Nova in Lissabon, wo wir uns zum ersten Mal
persönlich begegneten. Ich kannte bereits seine Arbeit, da mein verstorbener Vater, der selbst Wirtschaftshistoriker war, mich schon viele Jahre zuvor auf deren Bedeutung aufmerksam gemacht hatte.
Als ich dann als neu berufener Präsident des Entwicklungszentrums regelmäßig mit Angus zu tun
hatte, geschah dies nicht ohne eine gewisse Emotion.
Die Verbindung zwischen dem Entwicklungszentrum und Angus Maddison hat eine lange
Geschichte. Er war bereits bei der Gründung des Entwicklungszentrums zugegen und beeinflusste
nicht nur dessen Entwicklung, sondern auch den Charakter der vom Zentrum durchgeführten
Forschungsarbeiten. Das Entwicklungszentrum ist auf vielfältige Weise untrennbar mit Angus
Maddison verbunden. Dies ist einer der Gründe, warum ihm die Aufgabe, diese außergewöhnliche
Geschichte der Weltwirtschaft zu schreiben, geradezu auf den Leib geschnitten war. Darüber hinaus
dürfte Angus wohl der größte lebende „Zahlenliebhaber“ sein, wie er dies auch in seinen früheren
Arbeiten für das Zentrum, insbesondere The World Economy 1820-1992 und Chinese Economic
Performance in the Long Run unter Beweis gestellt hat, die beide weltweit zu Standardwerken der
quantitativen Wirtschaftsgeschichte geworden sind.
Eines der Hauptanliegen des Entwicklungszentrums ist der Platz der Governance (oder „Gouvernanz“) in der neuen Weltordnung. Unsere Forschungsanstrengungen sind darauf gerichtet, den Ländern
zu helfen, Wege zur Reform der Governance-Systeme auf allen Ebenen der Gesellschaft zu finden.
Dieses Thema zieht sich denn auch wie ein roter Faden durch das vorliegende Buch. In den insgesamt
tausend Jahren, die hier untersucht werden, können die Governance-Strukturen als ein Faktor betrachtet werden, der entweder wachstumsfördernd oder wachstumshindernd wirkte. Wir sind davon überzeugt, dass diese Frage auch für die heute in der Entwicklung befindlichen Gesellschaften von
entscheidender Bedeutung ist. Wir sind ebenso davon überzeugt, dass den OECD-Ländern selbst
Verantwortung für die Umsetzung einer guten Staats- und Regierungsführung sowie für deren Förderung in anderen Ländern zukommt.
Jorge Braga de Macedo
Präsident
des OECD-Entwicklungszentrums
April 2001
15
Einleitung und Zusammenfassung
Einleitung und Zusammenfassung
Ein Abriss der Weltentwicklung
Im vergangenen Jahrtausend wuchs die Weltbevölkerung um das 22fache. Das Pro-Kopf-Einkommen
stieg um das 13fache und das Welt-BIP um nahezu das 300fache. Diese Entwicklung steht in scharfem
Gegensatz zum vorangegangenen Jahrtausend, in dem die Weltbevölkerung lediglich um ein Sechstel
und das Pro-Kopf-Einkommen überhaupt nicht zugenommen hatten.
Vom Jahr 1000 bis 1820 stieg das Pro-Kopf-Einkommen sehr langsam und nahm im Weltdurchschnitt nur um rd. 50% zu. Der größte Teil dieses Wachstums war durch den Anstieg der Bevölkerung
um das Vierfache bedingt.
Seit 1820 verläuft die weltweite Entwicklung wesentlich dynamischer. Das Pro-Kopf-Einkommen
ist um mehr als das Achtfache, die Bevölkerung um mehr als das Fünffache gestiegen.
Das Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens ist aber nicht der einzige Indikator für die Verbesserung der Lebensverhältnisse. Langfristig gesehen kam es zu einem drastischen Anstieg der Lebenserwartung. Im Jahr 1000 betrug diese für das durchschnittliche Neugeborene rd. 24 Jahre. Ein Drittel
der Kinder starb im ersten Lebensjahr, während später dann Hungersnöte und epidemische Krankheiten einen Großteil der Überlebenden dahinrafften. Der Anstieg, der sich vorwiegend auf Westeuropa konzentrierte, war bis 1820 kaum wahrnehmbar. Zu den spektakulärsten Fortschritten kam es
aber erst nach diesem Zeitpunkt. Heute beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung 66 Jahre.
Der Wachstumsprozess verlief sowohl räumlich als auch zeitlich uneinheitlich. Der rascheste
Anstieg bei Lebenserwartung und Einkommen war in Westeuropa, Nordamerika, Australasien und
Japan zu beobachten. Im Jahr 1820 wies diese Ländergruppe ein Einkommensniveau auf, das doppelt
so hoch war wie das der übrigen Welt. 1998 betrug der Abstand 7:1. Zwischen den Vereinigten
Staaten (dem derzeit führenden Land der Welt) und Afrika (der ärmsten Region) liegt das Verhältnis
heute bei 20:1, und die Kluft nimmt weiter zu. Derartige Divergenzen überwiegen mittlerweile zwar,
sind aber nicht unausweichlich. Im letzten halben Jahrhundert haben die wieder erstarkenden asiatischen Länder unter Beweis gestellt, dass ein solcher Rückstand weitgehend wettgemacht werden kann.
Gleichwohl hat sich das Wachstum der Weltwirtschaft seit 1973 erheblich verlangsamt, und die in
Asien erreichten Fortschritte werden durch Stagnation oder Rückschritte andernorts kompensiert.
Ziel und Zweck dieser Studie
Die vorliegende Untersuchung dient dem Zweck, die langfristigen Veränderungen von Welteinkommen und -bevölkerung auf umfassende Weise zu quantifizieren, die Kräfte zu identifizieren, die
den Erfolg der reichen Länder erklären, die Hindernisse zu analysieren, die den Fortschritt in anderen
Regionen gehemmt haben, so dass diese zurückblieben, und die Interaktion zwischen den reichen
Ländern und der übrigen Welt unter die Lupe zu nehmen, um zu evaluieren, wieweit die Politik der
westlichen Welt möglicherweise für den Rückstand der anderen Länder verantwortlich ist.
Sehr langfristige Untersuchungen der Wirtschaftsergebnisse sind keineswegs neu. In seinem
bahnbrechenden Werk von 1776 hatte Adam Smith sich bereits einen sehr weiten Zeithorizont gesetzt.
17
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Aber auch andere machten sich eine ähnlich ehrgeizige Sichtweise zu Eigen. Die historische Demographie hat in den letzten Jahren ebenfalls spektakuläre Fortschritte gemacht1. Neu ist bei der vorliegenden Studie die systematische Quantifizierung der vergleichend nebeneinander gestellten Wirtschaftsergebnisse.
In der Vergangenheit konzentrierte sich die quantitative wirtschaftshistorische Forschung vor
allem auf das 19. und 20. Jahrhundert, da in diesem Zeitraum das rascheste Wachstum eingetreten
war. Weiter zurückzugehen bedeutet, sich auf weniger gesicherte Belege zu stützen und stattdessen
stärker auf Indizien und Vermutungen zu setzen. Dennoch ist dies ein wichtiges, nützliches und notwendiges Unterfangen; denn die Wurzeln der Unterschiede in Bezug auf Tempo und Struktur des
Wandels in den großen weltwirtschaftlichen Regionen reichen weit in die Vergangenheit zurück.
Die Quantifizierung erhellt Fragen, die von der qualitativen Analyse nur unvollkommen beantwortet werden können. Andererseits ist sie aber leichter anfechtbar und wird wahrscheinlich auch eher
angefochten werden. Sie akzentuiert die wissenschaftliche Diskussion, reizt zu Gegenannahmen und
trägt zur Dynamik des Forschungsprozesses bei. Sie kann dies aber nur dann bewirken, wenn die
quantitativen Datenbelege wie auch die Art der Schätzverfahren in aller Transparenz dargelegt werden, so dass der Leser, der anderer Meinung ist, die vorgelegten Daten ganz oder teilweise ergänzen
oder verwerfen bzw. alternative Hypothesen aufstellen kann. Die Analysen in den Kapiteln 1, 2 und 3
stützen sich auf sechs Anhänge, in denen eben dieser Grad an Transparenz angestrebt wurde.
Bestimmungsfaktoren für das Wirtschaftswachstum
Das Bevölkerungs- und Einkommenswachstum im vergangenen Jahrtausend wurde durch drei
interaktive Prozesse gefördert:
a)
Eroberung bzw. Besiedlung relativ menschenleerer Gebiete mit fruchtbarem Land, neuen biologischen Ressourcen bzw. dem notwendigen Potential zur Aufnahme von Menschen, Nutzpflanzen
und Viehbeständen;
b)
internationaler Handel und Kapitalbewegungen;
c)
technologische und institutionelle Innovation.
a) Eroberung und Besiedlung
Ein bedeutendes Beispiel für diesen Prozess war die chinesische Besiedlung der relativ menschenleeren und sumpfigen Gebiete südlich des Jangtse sowie die Einführung neuer, schnell reifender
Reissorten aus Vietnam, die sich für Mischkulturen eigneten. Dieser Prozess vollzog sich zwischen
dem 8. und 13. Jahrhundert, einem Zeitraum, in dem sich das Bevölkerungswachstum beschleunigte,
die Pro-Kopf-Einkommen um ein Drittel stiegen und die Verteilung von Bevölkerung und Wirtschaftsaktivitäten einen Umbruch erlebte. Im 8. Jahrhundert lebte lediglich ein Viertel der chinesischen
Bevölkerung südlich des Jangtse. Im 13. Jahrhundert waren es mehr als drei Viertel. Die neue Technologie erforderte einen höheren Arbeitsinput, so dass die Produktivität weniger stark zunahm als das
Pro-Kopf-Einkommen2.
Noch spektakulärer war die Begegnung zwischen Europa und Amerika. Die Existenz dieses
Kontinents war den Europäern vor 1492, also bis zur Entdeckungsreise von Christoph Kolumbus,
unbekannt3. Die Entdeckung Amerikas eröffnete den Zugang zu einem riesigen Gebiet, das größtenteils nur dünn besiedelt war. Mexiko und Peru waren die fortgeschrittensten und am dichtesten bevölkerten Gebiete, wurden aber gleichwohl rasch erobert, und drei Viertel ihrer Bevölkerung wurden
18
Einleitung und Zusammenfassung
durch Krankheiten dezimiert, die die Europäer unabsichtlich eingeschleppt hatten. Auf dem neuen
Kontinent gab es Kulturpflanzen, die andernorts unbekannt waren – Mais, Kartoffeln, Süßkartoffeln,
Maniok, Chilischoten, Tomaten, Erdnüsse, Ananas, Kakao und Tabak. Diese wurden in Europa, Afrika
und Asien eingeführt, wo sie das Produktionspotential und die Kapazität zur Ernährung der wachsenden Bevölkerung stärkten. Aber es kam auch umgekehrt zu einem Transfer nach Amerika, der das
dortige Potential erheblich vergrößerte. Bei den neuen Nutzpflanzen handelte es sich um Weizen,
Reis, Zuckerrohr, Weinreben, Blattgemüse, Oliven, Bananen und Kaffee. Aber es wurden auch Rinder,
Schweine, Hühner, Schafe und Ziegen sowie, als Last- und Zugtiere, Pferde, Ochsen, Esel und Maultiere eingeführt.
Die große Anziehungskraft Amerikas beruhte zunächst hauptsächlich auf den reichen Silbervorkommen Mexikos und Perus sowie auf der Entwicklung der Plantagenlandwirtschaft mit Hilfe von
aus Afrika importierten Sklaven. Die neoeuropäischen Volkswirtschaften Nordamerikas und des Südzipfels von Lateinamerika entwickelten sich später. Es dauerte aber bis zur ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, bis die Bevölkerung Amerikas wieder ihren Stand von 1500 erlangte. Die volle Ausschöpfung
des amerikanischen Potentials setzte erst im 19. Jahrhundert ein, und zwar im Zuge der massiven Einwanderung aus Europa und der durch die Eisenbahn ermöglichten Ausdehnung der Produktion in die
neu erschlossenen Gebiete des Westens.
Das heutige Gefälle der Wirtschaftsleistung innerhalb des amerikanischen Kontinents – zwischen
den Vereinigten Staaten, Lateinamerika und der Karibik – ist teilweise auf eine unterschiedliche Ausstattung mit Ressourcen, teilweise aber auch auf das institutionelle und gesellschaftliche Erbe der
Vergangenheit zurückzuführen. In Nordamerika und Brasilien wurde die relativ kleine indigene
Bevölkerung an den Rand gedrängt oder ausgerottet, in den ehemaligen spanischen Kolonien wurde
die einheimische Bevölkerung zur Unterschicht abgestempelt, und in allen Gebieten, in denen die
Sklaverei eine große Rolle gespielt hatte, bilden die Nachkommen der Sklaven eine immer noch
benachteiligte Gruppe. Ganz abgesehen davon bestanden in der Kolonialzeit erhebliche Unterschiede
zwischen den iberischen Institutionen und den Institutionen Nordamerikas, die sich auch in der Folgezeit auf die Wachstumsergebnisse auswirkten4.
b) Internationaler Handel und Kapitalbewegungen
Der internationale Handel hatte für den wirtschaftlichen Aufschwung Westeuropas eine hohe, für
die Geschichte Asiens oder Afrikas hingegen wesentlich geringere Bedeutung.
Venedig spielte von 1000 bis 1500 eine Schlüsselrolle bei der Öffnung des Handels innerhalb
Europas (von Italien nach Flandern, Frankreich, Deutschland und dem Balkan) wie auch im Mittelmeerraum. Venedig entwickelte auch den Handel mit chinesischen Produkten über die Karawanenrouten und die Schwarzmeerhäfen. Es handelte mit indischen und anderen asiatischen Produkten über
Syrien und Alexandria. Der Handel spielte eine wichtige Rolle für die Einfuhr hochwertiger Gewürze
und Seiden nach Europa, trug aber ebenso zum Technologietransfer aus Asien, Ägypten und Byzanz
bei (Herstellung von Seiden- und Baumwolltextilien, Glasbläserei, Reisanbau in Italien, Anbau und
Verarbeitung von Zuckerrohr in den venezianischen Kolonien Kreta und Zypern). Die maritime Expansion Venedigs beruhte in erheblichem Maße auf den verbesserten Schiffbautechniken im Rahmen
des Arsenals, der Benutzung des Kompasses und anderen neuen Navigationstechniken. Auch institutionelle Innovationen – Entwicklung des Bankwesens, der Buchhaltung, des Geldwechsels und der
Kreditmärkte, Schaffung eines solventen öffentlichen Finanzsystems, Einrichtung eines kompetenten
diplomatischen Dienstes – trugen entscheidend dazu bei, Venedig als führende Volkswirtschaft jener
Epoche zu etablieren. Venedig hatte ferner auch großen Anteil an der intellektuellen Entwicklung
Westeuropas. Ihm verdankt die Welt die ersten Manuskriptbibliotheken, und auch auf dem Gebiet des
19
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Buchverlagswesens spielte es eine Pionierrolle. Seine Glasindustrie stellte erstmals Brillen in großem
Maßstab her. In der Renaissance gingen insofern entscheidende Impulse von Venedig aus, als es dem
Westen die Werke der Griechen nahe brachte. Die Universität von Padua war ein bedeutendes Zentrum der europäischen Wissenschaft mit Galilei als einem ihrer herausragenden Lehrer.
Die Kontakte Venedigs mit Asien wurden schließlich durch den Fall von Byzanz, den Aufstieg
des osmanischen Reichs, den Zusammenbruch der Kreuzfahrerstaaten in der Levante und das Mamelucken-Regime in Ägypten durchtrennt. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts setzte dann in
Portugal ein wesentlich ehrgeizigerer Handelsverkehr zwischen Europa und dem Rest der Welt ein.
Portugal spielte die Hauptrolle bei der Öffnung des europäischen Handels, der Navigation, der
Besiedlung der atlantischen Inseln und der Erschließung von Handelsrouten um Afrika bis in den
Indischen Ozean, nach China und Japan. Das Land wurde zum größten Gewürzspediteur für Europa
im gesamten 16. Jahrhundert und verdrängte damit Venedig aus dieser Rolle. Seine Seefahrer entdeckten Brasilien. Den portugiesischen Diplomaten gelang es, Spanien dazu zu bringen, die territorialen
Ansprüche Portugals in Brasilien anzuerkennen und ihm das Monopol für den Handel mit Gewürzen
aus den Molukken und Indonesien zu überlassen. Wenngleich das spanische Reich von seiner Ausdehnung her größer war als das portugiesische, besaß es doch als einzige wichtige Basis außerhalb
Amerikas nur die Philippinen. Seine beiden größten Seefahrer waren Christoph Kolumbus – ein in
Portugal ausgebildeter Genuese – und Magellan, ein Portugiese.
Portugal verfügte bei der Entwicklung seines überseeischen Handels und der Ausdehnung seines
Reichs über beträchtliche Trümpfe. Strategisch war die geographische Lage an der Südatlantikküste
Europas in unmittelbarer Nähe des Mittelmeers eindeutig ein Vorteil. Tiefseefischer lieferten dem
Land einen wichtigen Teil der von ihm benötigten Nahrungsmittel und erwarben so einzigartige
Kenntnisse der atlantischen Wind-, Wetter- und Strömungsverhältnisse. Diese wertvollen Fähigkeiten
wurden noch verstärkt durch die Tatsache, dass die Krone die Erforschung des Atlantiks, die wissenschaftliche Untersuchung der Navigation, die Ausbildung von Steuermännern und die Dokumentation
der seefahrerischen Kenntnisse und Kompetenzen in Form von Seekarten mit Kompassangaben
(Kurskarten) und die Entwicklung der Kartographie förderte. Portugiesische Schiffbauer in Lissabon
und Porto passten die Konstruktion ihrer Schiffe jeweils an die wachsenden Kenntnisse über die
Schifffahrtsbedingungen im Atlantik an. Die größten Veränderungen betrafen die Takelage. Zunächst
konzentrierten sie sich auf Lateinersegel, bevor sie dann zu einer Mischung von Ra- und Lateinersegeln für ein immer weiteres Vordringen in den Südatlantik übergingen und zusätzliche Veränderungen für die wesentlich längere Route um das Kap hinzufügten. Eine weitere Erklärung für den Erfolg
Portugals war die Fähigkeit des Landes, „neue Christen“ zu assimilieren – d.h. jüdische Händler und
Gelehrte, die auf der iberischen Halbinsel während der Besetzung durch die islamischen Mauren eine
große Rolle gespielt hatten. Sie wurden aus Spanien vertrieben, und viele fanden Zuflucht in Portugal,
wo sie den Kreis der bereits vorhandenen Gemeinde vergrößerten. Sie mussten pro forma konvertieren
und wurden bis zu einem gewissen Grade verfolgt, doch verfügten sie über wichtige Fähigkeiten und
Kompetenzen für die Entwicklung der portugiesischen Wirtschaftsinteressen in Afrika, Brasilien und
Asien, aber auch für die Entwicklung der Wissenschaft, als Mittelsleute im Handel mit der moslemischen Welt sowie für die Mobilisierung genuesischen und katalanischen Kapitals für portugiesische
Wirtschaftsunternehmungen.
Portugal war es zu verdanken, dass die Zuckerrohrproduktions- und -verarbeitungstechnik auf die
Atlantikinseln Madeira und São Tomé sowie später nach Brasilien gelangten. Es führte den Sklavenhandel ein, um der Neuen Welt Arbeitskräfte für die Industrie zur Verfügung stellen zu können. Seine
Schiffe transportierten rund die Hälfte aller Sklaven, die zwischen 1500 und 1870 aus Afrika nach
Amerika verbracht wurden. Im 15. Jahrhundert war Zucker in Europa eine sehr rare und teure Ware;
am Ende des 18. Jahrhunderts war er ein weit verbreiteter Konsumartikel, dessen Handelsvolumen
wesentlich stärker gewachsen war als das jedes anderen tropischen Erzeugnisses.
20
Einleitung und Zusammenfassung
Zu der Zeit, als Portugal eine Vorreiterrolle bei der Schaffung dieser weltweiten Verbindungen
spielte, wurden die Handelsbeziehungen zwischen verschiedenen Teilen Nordeuropas durch die phänomenale Entwicklung der niederländischen Seeschifffahrt intensiviert. 1570 war die Tonnage der niederländischen Handelsschiffe ungefähr so groß wie die der Flotten Englands, Frankreichs und Deutschlands zusammengenommen. Pro Kopf der Bevölkerung war sie 25-mal so groß wie in diesen drei
nördlichen Ländern.
Die Entwicklung der Schifffahrt und des Schiffbaus, der Übergang der niederländischen Landwirtschaft zum Gartenbau, die Schaffung eines weit verzweigten Kanalnetzes, die Nutzung der mit Hilfe
von Windmühlen und Torf gewonnenen Energie ließen die Niederlande zwischen 1400 und Mitte des
17. Jahrhunderts zur dynamischsten europäischen Volkswirtschaft werden. Die internationale Spezialisierung wurde von den Niederlanden wesentlich weiter getrieben als von irgendeinem anderen Land.
Ein Großteil des Volkseinkommens entfiel auf die Schifffahrt und Handelsdienste. Die Niederlande
importierten Getreide und Lebendvieh, exportierten Hering und Milchprodukte. Im Jahr 1700 waren
lediglich 40% der Erwerbsbevölkerung in der Landwirtschaft tätig.
Bis 1580 waren die Niederlande Teil eines größeren politischen Gebildes, zu dem auch Flandern
und Brabant gehörten. Als das wohlhabendste Industriegebiet Europas und Zentrum von Bank- und
Finanzwesen sowie internationalem Handel stellte es ein nördliches Gegenstück zu Venedig dar. Das
gesamte Gebiet stand bis Ende des 15. Jahrhunderts unter burgundischer Herrschaft und ging dann an
die Habsburger über, die auch Herrscher über Spanien waren. Wegen exzessiver Steuerforderungen,
politischer und religiöser Unterdrückung erhoben sich die Niederländer gegen diese ausbeuterische
Herrschaft. Sie schufen einen modernen Nationalstaat, der die Eigentumsrechte von Kaufleuten und
Unternehmern schützte, das weltliche Bildungswesen förderte und religiöse Toleranz praktizierte.
Die meisten Angehörigen der Finanz- und Unternehmerelite wie auch viele der besten Handwerker
von Flandern und Brabant emigrierten in die neue Republik. Die Niederländer verhängten mehr als
200 Jahre lang eine Blockade über die Schelde und den Hafen von Antwerpen und zerstörten das
iberische Monopol des Handels mit Afrika, Asien und Amerika.
Die Geschehnisse in den Niederlanden von 1580 bis zum Ende der napoleonischen Kriege liefern
ein anschauliches Beispiel für die Art und Weise, in der Westeuropa in jener Epoche mit der Weltwirtschaft interagierte.
Der anfängliche wirtschaftliche Erfolg der niederländischen Republik und ihre Vorherrschaft zur
See und im Handel gründeten sich in erheblichem Maße auf kriegerische Erfolge sowie auf eine in
Konkurrenz zu Portugal und Spanien verfolgte Handelspolitik nach dem Motto „beggar-yourneighbour“. Im 18. Jahrhundert büßten die Niederlande dann diese Vorherrschaft ein, nachdem mit
England und Frankreich zwei neue Rivalen ihre Stärke zur See erheblich befestigt hatten und mit Hilfe
der gleichen Techniken die Niederländer von den Märkten zu verdrängen suchten, die sie zu beherrschen trachteten. Das Volumen des niederländischen Außenhandels ging von 1720 bis 1820 um 20%
zurück. Im selben Zeitraum wuchsen die Exporte des Vereinigten Königreichs dem Volumen nach um
mehr als das Siebenfache und die französischen um das Zweidreiviertelfache. Von 1700 bis 1820 ging
das Pro-Kopf-Einkommen in den Niederlanden um ein Sechstel zurück, während das britische um die
Hälfte und das französische um ein Viertel zunahm.
Großbritannien verzeichnete zwischen den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts und 1820 ein
höheres Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens als jedes andere europäische Land. Dies war auf die
Verbesserung der Bank-, Finanz- und Fiskalstrukturen, die Entwicklung der Landwirtschaft gemäß
den zuvor von den Niederländern angewendeten Methoden sowie auf eine sprunghafte Zunahme der
Industrieproduktivität am Ende des Zeitraums zurückzuführen. Ferner bescherte auch der Aufstieg zur
hegemonialen Handelsmacht mit Hilfe einer geschickten Strategie auf Kosten der anderen Staaten
(beggar-your-neighbour) dem Land große Vorteile.
21
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Sechzig Jahre der bewaffneten Konflikte und die äußerst strenge Navigationsakte verdrängten die
Wettbewerber von den Märkten, auf denen Großbritannien eine Monopolstellung anstrebte. Das Land
übernahm die führende Rolle beim Sklaventransport von Afrika in die Karibik und errichtete bis 1820
ein überseeisches Reich mit einer Bevölkerung von rd. 100 Millionen Menschen.
Die Verlierer des britischen Kampfs um die Vorherrschaft waren andere europäische Mächte. Bis
zum Ende der napoleonischen Kriege hatten die Niederländer ihre gesamten asiatischen Territorien,
mit Ausnahme Indonesiens, verloren. Die Franzosen waren auf eine symbolische Kolonialpräsenz in
Asien zurückgedrängt und hatten ihre größte Besitzung in der Karibik eingebüßt. Kurz nach dem
Krieg machte sich Brasilien von Portugal unabhängig. Spanien verlor sein riesiges Kolonialreich in
Lateinamerika und behielt lediglich Kuba, Puerto Rico und die Philippinen. Großbritannien übernahm
die früheren Besitzungen Frankreichs und der Niederlande in Asien und Afrika, dehnte seine Kontrolle
über Indien aus und etablierte eine privilegierte Handelspräsenz in Lateinamerika.
Zu den anderen Verlierern gehörten die ehemaligen Herrscher über Indien, deren Macht und Einkommen großenteils von den Beschäftigten der britischen Ostindien-Kompanie usurpiert wurden.
Unter ihrer Herrschaft von 1757 bis 1857 sank das indische Pro-Kopf-Einkommen, während die Briten
erhebliche Gewinne erzielten.
Zwischen 1820 und 1913 stiegen die britischen Pro-Kopf-Einkommen rascher als je zuvor in der
Vergangenheit – dreimal so schnell wie zwischen 1700 und 1820. Der wichtigste Grund hierfür war
die Beschleunigung des technischen Fortschritts, der mit einem raschen Wachstum des Sachkapitalstocks und einer Verbesserung von Ausbildung und Qualifikationen der Erwerbsbevölkerung einherging, wobei aber auch Veränderungen in der Handelspolitik eine große Rolle spielten. 1846 wurden
die Schutzzölle auf Agrarimporte und 1849 die Navigationsakte abgeschafft. 1860 waren sämtliche
Handels- und Zollbeschränkungen einseitig aufgehoben worden, und es bestanden mit Frankreich und
anderen europäischen Ländern Abkommen auf Gegenseitigkeit für einen freieren Handel. Dazu
gehörten Meistbegünstigungsklauseln, was bedeutete, dass die bilaterale Liberalisierung für alle
Länder gleichermaßen Gültigkeit hatte.
Der Freihandel wurde Indien und anderen britischen Kolonien aufgezwungen, und dasselbe galt
für das informelle britische Empire. China, Persien, Thailand und das osmanische Reich waren keine
Kolonien und dennoch auf Grund von Verträgen gezwungen, ihre Zölle niedrig zu halten, wodurch
ihre Souveränität in Handelsangelegenheiten beschränkt wurde und Ausländer exterritoriale Rechte
erhielten. Dieses Regime des Freihandelsimperialismus begünstigte die britischen Exporte, war jedoch
für die Interessen der Kolonien weniger schädlich als die Situation im 18. Jahrhundert, wo Jamaika
nur mit England und seinen Kolonien und Guadeloupe nur mit Frankreich Handel treiben durfte.
Die britische Freihandelspolitik und die Bereitschaft Englands, einen Großteil seiner Nahrungsmittel zu importieren, wirkte sich positiv auf die Weltwirtschaft aus. Die Effekte des technischen
Fortschritts wurden so verstärkt und verbreitet. Die größten positiven Auswirkungen wurden in Nordamerika, an der Südspitze Lateinamerikas und in Australasien verzeichnet, die reiche natürliche
Ressourcen besaßen und erhebliche Kapitalzuflüsse für sich verbuchten, doch waren positive Effekte
bis zu einem gewissen Grade auch in Indien zu spüren, das den größten und ärmsten Teil des Empires
darstellte.
Innovationen im Kommunikationswesen spielten eine wichtige Rolle bei der Verbindung der
nationalen Kapitalmärkte untereinander und der Erleichterung des internationalen Kapitalverkehrs.
Das Vereinigte Königreich war auf Grund der Solidität seines staatlichen Kredit- und seines Währungssystems, der Größe seines Kapitalmarkts und seiner Staatsverschuldung sowie des Festhaltens am
Goldstandard bereits ein wichtiger Akteur im internationalen Finanzsystem. Die Existenz des Empires
als solches hatte ein System von Eigentumsrechten hervorgebracht, das ebenso zuverlässig schien wie
22
Einleitung und Zusammenfassung
die Schutzrechte, von denen die Anleger in britische Wertpapiere profitierten. Das Vereinigte Königreich war ein wohlhabendes Land, das sich der damals modernsten Technologien bediente, so dass
Auslandsanlagen selbst dann attraktiv waren, wenn die zusätzliche Gewinnspanne nur gering war.
Nach 1870 kam es zu einem massiven Abfluss britischen Kapitals nach Übersee. Das Vereinigte
Königreich leitete die Hälfte seiner Ersparnis ins Ausland. Auch die französischen, deutschen und
niederländischen Investitionen erreichten ein beträchtliches Ausmaß.
Die alte liberale Ordnung wurde durch zwei Weltkriege und den Zusammenbruch der Kapitalströme, der Migration und des Handels in den erneut von erbitterter Konkurrenz geprägten dreißiger
Jahren des 20. Jahrhunderts zerstört. Zwischen 1913 und 1950 wuchs die Weltwirtschaft wesentlich
langsamer als zwischen 1870 und 1913, der Welthandel nahm wesentlich weniger stark zu als das
Welteinkommen, und der Grad der Ungleichheit zwischen den Regionen verschärfte sich erheblich,
wobei der größte Rückschlag in Asien verzeichnet wurde.
1950 befand sich der Kolonialismus in einem fortgeschrittenen Stadium des Zerfalls. Bis auf ein
oder zwei Ausnahmen waren die Kolonialreiche in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts mehr
oder weniger verschwunden. Die britische Kolonialordnung hatte ebenso wie die Belgiens, Frankreichs, der Niederlande und Japans aufgehört zu existieren. Im Westen waren die Vereinigten Staaten
zur Hegemonialmacht aufgestiegen und rivalisierten mit dem Sowjetblock um Einfluss in den neuen
unabhängigen Ländern Asiens und Afrikas.
Die Weltwirtschaft wuchs von 1950 bis 1973 sehr viel rascher als je zuvor. Es war ein goldenes
Zeitalter nie gekannten Wohlstands. Das weltweite Pro-Kopf-BIP stieg um nahezu 3% jährlich (was
einer Verdopplung alle 25 Jahre entspricht). Das Welt-BIP nahm jährlich um nahezu 5% und der
Welthandel um fast 8% zu. Diese Dynamik erstreckte sich auf alle Regionen. Am stärksten war die
Beschleunigung in Europa und Asien. Bis zu einem gewissen Grade war auch eine tendenzielle Konvergenz zwischen den einzelnen Regionen zu beobachten, wenngleich ein Großteil dieser Entwicklung
die Verkleinerung des Abstands zwischen den Vereinigten Staaten und den anderen fortgeschrittenen
kapitalistischen Ländern (Westeuropa und Japan) betraf.
Für die ungewöhnlich günstigen Ergebnisse in diesem „goldenen Zeitalter“ gab es mehrere
Gründe. Zunächst riefen die modernen kapitalistischen Länder eine neue Art liberaler internationaler
Wirtschaftsordnung mit expliziten, rationalen Verhaltenskodizes ins Leben und gründeten Institutionen der Zusammenarbeit, die zuvor nicht existiert hatten (OEEC, OECD, IWF, Weltbank und GATT).
Nach 1948 kam es zu einer schweren Spaltung zwischen Ost und West, die aber die Interessengleichheit zwischen den kapitalistischen Volkswirtschaften noch verstärkte, so dass sich das Beggar-yourneighbour-Verhalten der Vorkriegsjahre nicht wiederholte. Die Vereinigten Staaten leisteten Europa
in erheblichem Umfang Hilfe, als dies am dringendsten nötig war, was der Einführung expliziter
Kooperationsverfahren und einer liberalen Handelspolitik Vorschub leistete. Bis zu den siebziger
Jahren bildeten sie darüber hinaus weltweit einen starken Anker der internationalen monetären
Stabilität. In den Nord-Süd-Beziehungen trat ein Wandel von der kolonialen Bevormundung der
Vorkriegsjahre zu einer Situation ein, bei der das Gewicht stärker auf Maßnahmen zur Ankurbelung
der Entwicklung gelegt wurde. Von der enormen Expansion des Handels in den fortgeschrittenen
kapitalistischen Volkswirtschaften gingen dynamische Impulse auf die gesamte Weltwirtschaft aus.
Als zweites neues Element der wirtschaftlichen Stärke kam noch die Gestaltung der inländischen
Politiken hinzu, die bewusst darauf abgestellt waren, in den fortgeschrittenen Ländern hohe Nachfrage- und Beschäftigungsniveaus zu fördern. Das Wachstum war nicht nur höher als je zuvor, sondern
darüber hinaus waren praktisch keine zyklischen Konjunkturschwankungen mehr zu beobachten. Die
Investitionen erreichten ein beispielloses Niveau, und die Erwartungen wurden geradezu euphorisch.
Bis zu den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts war der Inflationsdruck überdies wesentlich geringer,
als bei einem solchen langfristigen Boom eigentlich zu erwarten gewesen wäre.
23
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Der dritte Pfeiler des goldenen Zeitalters war das Wachstumspotential auf der Angebotsseite.
In ganz Europa und Asien bestand nach wie vor ein erheblicher Spielraum für die gewissermaßen
„normalen“ Faktoren der „Erholung“ von den Jahren der Depression und des Krieges. Hinzu kam
– und das war sogar noch wichtiger – die kontinuierliche Beschleunigung des technischen Fortschritts
im führenden Land der Welt. Die Vereinigten Staaten trugen überdies im goldenen Zeitalter – ganz im
Gegensatz zu ihrer Haltung zwischen den beiden Weltkriegen – zur Verbreitung der Wohltaten des
Fortschritts bei.
Seit dem goldenen Zeitalter hat sich das Bild weltweit beträchtlich gewandelt. Das Pro-KopfWachstum verringerte sich um mehr als die Hälfte. Die Unterschiede zwischen den Wirtschaftsergebnissen der verschiedenen Regionen haben wesentlich zugenommen. In Westeuropa und Japan sank das
Pro-Kopf-Wachstum weiter unter das des goldenen Zeitalters, war aber gleichwohl deutlich stärker als
im Zeitraum 1870-1913. In den wieder erstarkenden asiatischen Ländern, die die Hälfte der Weltbevölkerung auf sich vereinen, wurden hingegen außergewöhnliche Fortschritte erreicht. Ihr ProKopf-Wachstum stieg nach 1973 rascher als im goldenen Zeitalter und mehr als zehnmal so schnell
wie unter der alten liberalen Wirtschaftsordnung.
Würde die Welt nur aus diesen zwei Gruppen von Ländern bestehen, könnte das Muster der
weltwirtschaftlichen Entwicklung als klarer Beweis für die bestehenden Konvergenzchancen interpretiert werden. Dank ihres Erfolgs bei der effizienten Mobilisierung und Allokation von Ressourcen
sowie der Verbesserung ihres Human- und Sachkapitals mit dem Ziel der Assimilierung und
Anpassung geeigneter Technologien haben die wieder erstarkenden asiatischen Länder gegenüber der
Spitzengruppe der kapitalistischen Länder ihren Rückstand in erheblichem Maße aufgeholt.
Es gibt indessen eine weitere Gruppe von 168 Ländern mit rund einem Drittel der Weltbevölkerung, in denen die Verschlechterung der Wirtschaftsergebnisse seit dem goldenen Zeitalter ein alarmierendes Ausmaß erreicht hat. In Afrika hat das Pro-Kopf-Einkommen im letzten Vierteljahrhundert
überhaupt nicht zugenommen. In Osteuropa und der ehemaligen UdSSR betrug das Pro-KopfEinkommen 1998 lediglich rund drei Viertel des Stands von 1973. In Lateinamerika und vielen asiatischen Ländern erreichten die Einkommenszuwächse nur einen Bruchteil der im goldenen Zeitalter
verzeichneten Werte. Statt aufzuschließen, sind die Volkswirtschaften dieser heterogenen Gruppe von
Ländern mit schwacher wirtschaftlicher Verfassung noch weiter zurückgefallen. Die meisten dieser
Länder waren nicht in der Lage, sich erfolgreich an die gegenüber dem goldenen Zeitalter erheblich
veränderte internationale Wirtschaftsordnung anzupassen.
Wie die neue Wirtschaftsordnung der Nachkriegszeit heute funktioniert, ist in Kapitel 3 dargestellt. Die Struktur dieser Analyse basiert auf Tabelle 3.5, in der die komparativen Ergebnisse der
wichtigsten Regionen zusammengestellt sind.
c) Technologische und institutionelle Innovation
In der Zeit zwischen dem Jahr 1000 und 1820 waren die technologischen Fortschritte zwar
wesentlich langsamer als danach, doch stellten sie gleichwohl eine wichtige Komponente des Wachstumsprozesses dar. Ohne die Verbesserungen in der Landwirtschaft hätte die Weltbevölkerung nicht in
dem beobachteten Rhythmus wachsen können. Ohne die technischen Fortschritte in der Seeschifffahrt
und ohne die Handelsinstitutionen wäre die Öffnung der Weltwirtschaft nicht möglich gewesen. Die in
wichtigen Bereichen erzielten technischen Fortschritte setzten wiederum grundlegende Verbesserungen der wissenschaftlichen Methoden, der experimentellen Erprobung, der systematischen Akkumulierung und der Veröffentlichung der neuen Kenntnisse voraus. Die Anstrengungen vieler Jahrhunderte bildeten das geistige und institutionelle Fundament für die wesentlich rascheren Fortschritte des
19. und 20. Jahrhunderts.
24
Einleitung und Zusammenfassung
Dieser Prozess der kumulativen Fortschritte lässt sich anhand der Geschichte der Seefahrtstechnik und der Navigation klar belegen. Im Jahr 1000 waren die Schiffe und die Navigationskunst in
Europa nicht weiter entwickelt als zur Zeit des Römischen Reiches. Der Fortschritt setzte ein, als
Venedig 1104 seine staatliche Werft, das Arsenal, errichtete, um seine Galeeren zu bauen und die
Konstruktion der Schiffe zu verbessern. Die Einführung des Kompasses sowie der Sanduhr zwecks
Zeitmessung auf See trug zur Verdopplung der Produktivität der Schiffe bei. Es wurde möglich, auch
bei schlechtem Wetter zu navigieren und pro Jahr zwei Hin- und Rückreisen zwischen Venedig und
Alexandria zu unternehmen statt nur einer. Die Vorbereitungen der Portugiesen für die Erschließung
des Seewegs nach Indien waren ein Großforschungsprojekt, das Jahre des Experimentierens mit neuen
Schifffahrtstechnologien, die Verbesserung von Navigationsinstrumenten und Seekarten, angewandte
Astronomie und die Vervollkommnung der Kenntnisse über Wind- und Strömungsverhältnisse sowie
über mögliche alternative Routen umfasste. Die Holländer erfanden einen neuen Typ von Schiff,
nämlich eine Art Fabrik zur sofortigen Verarbeitung der Heringsfänge auf See. Sie begannen mit der
Massenproduktion eines billigen Allzweckfrachtschiffs (des Fluyt). Die englische Regierung finanzierte und förderte Forschungsarbeiten in Astronomie und Erdmagnetismus, die Herstellung des ersten
verlässlichen Seechronometers sowie die Erstellung der ersten nautischen Handbücher (Nautical
Almanacs). Darüber hinaus wurde die Wirksamkeit von Sauerkraut und Zitronensaft bei der Prävention von Skorbut nachgewiesen.
Am Ende des 18. Jahrhunderts konnten die Schiffe im Vergleich zu einer venezianischen Galeere
des 14. Jahrhunderts die zehnfache Menge an Fracht transportieren – und dies mit einer wesentlich
kleineren Besatzung. Die Sicherheit von Langstreckenreisen auf See hatte ebenfalls deutlich zugenommen. Bei ihren ersten Reisen nach Asien verloren Da Gama und Cabral ihre halbe Besatzung und
mehr als die Hälfte ihrer Schiffe. Magellan verlor bei seiner ersten Weltumsegelung mehr als 90%
seiner Besatzung. Cooks erfolgreiche Weltumrundung 240 Jahre später entsprach bereits sehr weitgehend den modernen Sicherheitsnormen der Seeschifffahrt.
Bis zum 15. Jahrhundert beruhten die in Europa erzielten Fortschritte in vielen Bereichen auf
Technologietransfers aus der asiatischen oder der arabischen Welt. Zwischen 1405 und 1433 stellte
China seine Überlegenheit in der Schifffahrtstechnologie mit sieben großen Expeditionen in die
„westlichen Meere“ (vgl. Tabelle 2.11) unter Beweis. Die chinesischen Schiffe waren wesentlich
größer als die portugiesischen, seegängiger und komfortabler, mit wasserdichten Schotts, sehr viel
mehr Kabinen und einer Auslegung für Langstreckenreisen bis nach Afrika. Als China sich dann von
der Weltwirtschaft abwandte, verfiel auch seine Seefahrtstechnik zusehends.
Am Ende des 17. Jahrhunderts war die Führungsrolle Europas auf den Gebieten Schifffahrts- und
Waffentechnik offenkundig. Aber auch im institutionellen Bereich waren wichtige Fortschritte erzielt
worden. Bank- und Kreditgeschäft, Devisenmärkte, Finanz- und Haushaltsmanagement, Buchführung,
Versicherungswesen und Corporate Governance (in den Händen der niederländischen und britischen
Ostindien-Kompanien) waren weiter entwickelt als in Asien und stellten grundlegende Elemente der
erfolgreichen europäischen Politik der Verwirklichung einer offenen Weltwirtschaft dar.
Innerhalb Westeuropas verbreiteten sich die neuen Technologien recht schnell, und der technische Abstand zwischen den Nationen war trotz der häufigen Kriege nicht besonders groß. Die enger
werdenden Verbindungen wurden durch das Wachstum der Geisteswissenschaften, die Einrichtung
von Universitäten und die Erfindung des Buchdrucks gefördert.
Im 16. und 17. Jahrhundert vollzog sich in der westlichen Wissenschaft dank der intensiven
Beziehungen zwischen Gelehrten und Wissenschaftlern wie Kopernikus, Erasmus, Bacon, Galilei,
Hobbes, Descartes, Petty, Leibnitz, Huyghens, Halley und Newton ein revolutionärer Wandel qualitativer Art. Viele dieser Gelehrten standen in engem Kontakt mit Kollegen in anderen Ländern oder
verbrachten Jahre im Ausland. Diese Art der Kooperation wurde durch die Einrichtung wissenschaft25
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
licher Akademien institutionalisiert, die Diskussionen und Forschung förderten und ihre jeweiligen
Ergebnisse veröffentlichten. Ein Großteil dieser Arbeit hatte praktische Bedeutung, und viele der
führenden Persönlichkeiten befassten sich mit Angelegenheiten der öffentlichen Politik.
Außerhalb Europas fanden diese Fortschritte eine relativ begrenzte Verbreitung. Nahezu zwei
Jahrhunderte lang befanden sich jesuitische Gelehrte in Peking, von denen einige, wie Ricci, Schall
und Verbiest, sehr enge Kontakte zu den herrschenden Kreisen unterhielten, doch zeigte die chinesische Elite nur geringes Interesse an der geistes- und naturwissenschaftlichen Entwicklung im Westen.
In Japan war der Kontakt mit westlichem Wissen noch begrenzter als in China, doch ging die Wirkung
dort tiefer. Die Portugiesen und die Jesuiten waren nahezu ein Jahrhundert in Japan, wo erhebliches
Interesse an europäischen Schiffen, Landkarten, Navigationskenntnissen und Waffen bestand. Nach
der Ausweisung der Portugiesen kam Japan mit westlicher Gelehrsamkeit lediglich über die Wissenschaftler unter den Vertretern der niederländischen Ostindien-Kompanie (Kaempfer, Thunberg und
von Siebold) in Berührung. Wenngleich diese Kontakte begrenzt waren, trugen sie doch dazu bei, die
Achtung der Japaner für „alles Chinesische“ zu untergraben und ihre Neugier in Bezug auf „alles
Westliche “ zu verstärken (vgl. Anhang B).
Die Vertreter der Ostindien-Kompanie, die von 1757 bis 1857 praktisch über Indien herrschten,
waren stark vom Bentham‘schen Radikalismus geprägt und von der Idee besessen, die Rechts- und
Eigentumsstrukturen Indiens zu verändern. Nach dem indischen Aufstand von 1857 und der Einführung der direkten Kontrolle durch das Empire wurden diese radikalen Ambitionen der „Verwestlichung“ fallen gelassen. In Indonesien bestanden in der Zeit der britischen Verwaltung während der
napoleonischen Kriege ähnliche Bestrebungen, doch wurde das Ziel der Verwestlichung nach der
Diponogoro-Revolte in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts aufgegeben.
Die einzige effektive Übertragung europäischer Technologie und Wissenschaft nach Übersee
fand gegen Ende des 18. Jahrhunderts in den 13 britischen Kolonien in Nordamerika statt. 1776
bestanden dort neun Universitäten für 2,5 Millionen Einwohner, und es gab eine intellektuelle Elite
(z.B. Benjamin Franklin und Thomas Jefferson), die mit den Aktivitäten ihrer europäischen Zeitgenossen vollkommen vertraut war. In den spanischen Kolonien, in Brasilien und der Karibik gab es mehr
als 17 Millionen Einwohner, aber lediglich zwei Universitäten (in Mexiko City und Guadalajara), die
sich auf Theologie und Recht konzentrierten.
Eine recht detaillierte Analyse der Gründe für die Beschleunigung des technischen Fortschritts
seit 1820 findet sich in meiner früheren Untersuchung Monitoring the World Economy (1995), insbesondere in Kapitel 2 und auf den Seiten 71-73, weshalb sie in der vorliegenden Arbeit nicht noch
einmal ausführlich behandelt werden. Jedoch steht außer Zweifel, dass sich der technische Fortschritt
verlangsamt hat. Er verlief von 1913 bis 1973 erheblich rascher als danach. Die Verlangsamung im
letzten Vierteljahrhundert ist einer der Gründe für das Nachlassen des Weltwirtschaftswachstums. Die
Verfechter der „New Economy“ weisen die Behauptung, der technische Fortschritt habe sich verlangsamt, weit von sich und versuchen, dieses Argument durch anekdotische oder mikroökonomische
Daten zu widerlegen. Gleichwohl hatte sich der Effekt der von ihnen verteidigten technologischen
Revolution bis vor kurzem noch nicht in den makroökonomischen Statistiken niedergeschlagen, und
ich kann mich den euphorischen Erwartungen dieser Gruppe keineswegs anschließen5.
26
Einleitung und Zusammenfassung
Anmerkungen
1. Wrigley und Schofield (1981) sowie Wrigley and Associates (1997) haben Kirchenregister über Geburten, Todesfälle
und Eheschließungen mit Hilfe von Techniken der genealogischen Rückverfolgung sowie Umkehrprojektionen ausgewertet. Als Ergebnis besitzen wir heute Jahresschätzungen der englischen Bevölkerungs- und Demographiemerkmale
seit 1541. Bagnall und Frier (1994) benutzten Fragmente römischer Zensusdaten, um die Demographie und Wirtschaft
im Ägypten des dritten Jahrhunderts zu rekonstruieren. Der Arbeit von de Vries (1984) für Europa und Rozman (1973)
für Asien ist es zu verdanken, dass wir die verhältnismäßige Bedeutung der Urbanisierung über lange Zeiträume in der
Vergangenheit messen können. Die chinesische Bürokratie führte Bevölkerungsregister, die mehr als 2000 Jahre zurückreichen. Diese amtlichen Aufzeichnungen dienten der Beurteilung der Besteuerungsfähigkeit und beinhalten Informationen über Anbauflächen und Ernteerträge, die von Perkins (1969) verwendet wurden, um die langfristige Entwicklung
des chinesischen Pro-Kopf-BIP zu schätzen. Die Arbeit von Perkins hat mich zu meiner Untersuchung Chinese Economic Performance in the Long Run (OECD-Entwicklungszentrum, 1998) angeregt, für die dieselbe zeitliche Perspektive
verwendet wurde wie für die vorliegende Studie.
2. Vgl. Maddison (1998a), S. 24-33, wegen einer Analyse der historischen Entwicklung der chinesischen Landwirtschaft;
vgl. Boserup (1965) wegen einer brillanten Widerlegung der zu stark vereinfachenden These von Malthus, der zufolge
der demographische Druck auf ein festes Angebot natürlicher Ressourcen unweigerlich zu abnehmenden Erträgen führt.
Sie zeigt, wie die „traditionelle“ asiatische Landwirtschaft den Bevölkerungsdruck durch eine ganze Reihe von Veränderungen in der technischen Praxis bewältigte. Die Intensität der Landnutzung entwickelte sich von Jäger/Sammleraktivitäten zur Wald-/Brachlandwirtschaft, zur sesshaften Landwirtschaft mit verbesserten Geräten, von
Trockenfeldbau und Brachlandwirtschaft zur Bewässerung und Mischkultur. Im Verlauf dieses Prozesses ist es wahrscheinlich zu einem signifikanten Rückgang der Arbeitsproduktivität gekommen, bevor moderne Düngemittel und
Maschinen eingeführt wurden.
3. Vgl. Morison (1971) wegen der norwegischen Vorstöße von Island nach Grönland und Leif Ericson’s Reise im Jahr
1001 über Baffin Island, Belle Isle und die Labradorsee zur Nordspitze Neufundlands, wo bei L’Anse aux Meadows eine
sehr kurzlebige und seit langem vergessene Siedlung bestanden hatte.
4. Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen, 1776, Buch IV, Kapitel VII, Teil II, enthält eine in gewisser Hinsicht prophetische Beurteilung dieser institutionellen Unterschiede und deren Konsequenzen für die spätere Entwicklung. Besonders hob er die Konzentration von Landbesitz, die dessen Entwicklung und Übertragung behinderte, die schwere Steuerlast, mit der der Pomp der zivilen und kirchlichen Hierarchie finanziert wurde, sowie die staatliche Kontrolle der Märkte
als Missstände in den spanischen Kolonien hervor. Vgl. Kapitel II der vorliegenden Studie wegen meiner Beurteilung
des portugiesischen Einflusses auf Brasilien sowie des Unterschieds zwischen dem kolonialen Erbe in Mexiko und den
Vereinigten Staaten.
5. Vgl. die Erörterung der amerikanischen Wirtschaftsergebnisse in Kapitel 3 und Kasten 3.1.
27
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
Kapitel 1
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
Im 2. Jahrtausend unserer Zeitrechnung waren die Wirtschaftsergebnisse weltweit sehr viel besser als im ersten. Zwischen dem Jahr 1000 und 1998 wuchs die Bevölkerung um das 22fache, und das
Pro-Kopf-Einkommen stieg um das 13fache. Im Jahrtausend zuvor nahm die Bevölkerung um ein
Sechstel zu, während das Pro-Kopf-Einkommen leicht zurückging.
Das 2. Jahrtausend umfasste zwei unterschiedliche Epochen. Im Zeitraum 1000-1820 war das
Pro-Kopf-Einkommen durch eine langsam gleitende Aufwärtsbewegung gekennzeichnet, und weltweit
betrug der Anstieg etwa 50%. Das Wachstum war weitgehend „extensiver“ Art und diente überwiegend zum Unterhalt der um das Vierfache gewachsenen Bevölkerung. Seit 1820 verlief die weltweite Entwicklung weitaus dynamischer und „intensiver“. Das Pro-Kopf-Einkommen wuchs schneller
als die Bevölkerung; 1998 war es 8,5-mal so hoch wie im Jahr 1820, während die Bevölkerung sich
um das 5,6fache ausweitete.
In beiden Zeiträumen verzeichneten die verschiedenen Regionen stark voneinander abweichende
Ergebnisse. Am dynamischsten war die Gruppe A: Westeuropa, die großen Einwanderungsländer
(Vereinigte Staaten, Kanada, Australien und Neuseeland) sowie Japan. Im Zeitraum 1000-1820 stieg
das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen dieser Gruppe nahezu viermal so schnell wie im Durchschnitt der übrigen Welt. Auch zwischen 1820 und 1998 blieben diese Disparitäten bestehen, als das
Pro-Kopf-Einkommen der ersten Gruppe um das 19fache zunahm, während es in der zweiten Gruppe
um das 5,4fache wuchs.
Gegenwärtig sind die Einkommensdisparitäten wesentlich größer als je zuvor. Zu Beginn unserer
Zeitrechnung lagen die Gruppen A und B im Durchschnitt auf vergleichbarem Niveau. Im Jahr 1000
war der Durchschnitt von Gruppe A infolge des wirtschaftlichen Zusammenbruchs nach dem Untergang des Römischen Reiches niedriger. Bis 1820 hatte sich diese Gruppe auf ein Einkommensniveau
vorgearbeitet, das in etwa doppelt so hoch war wie das der übrigen Welt. Im Jahr 1998 betrug die
Kluft nahezu 7:1, während sie sich zwischen den großen Einwanderungsländern und Afrika (den
reichsten und ärmsten Regionen) auf 19:1 belief.
Die in der Gruppe B seit 1820 verzeichnete Wirtschaftsentwicklung verlief nicht ebenso homogen
wie in der Gruppe A. So wuchs das Pro-Kopf-Einkommen in Lateinamerika schneller als in Osteuropa
und Asien und nahezu zweimal so schnell wie in Afrika. Gleichwohl ist die wirtschaftliche Leistung
all dieser Regionen vom westlichen Standpunkt aus bisher enttäuschend.
Im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung der verschiedenen Regionen ist es zu erheblichen
Veränderungen gekommen. Im Jahr 1000 entfielen auf Asien (ohne Japan) über zwei Drittel des WeltBIP, während Westeuropa weniger als 9% hervorbrachte. Im Jahr 1820 betrugen die entsprechenden
Anteile 56% bzw. 24%. 1998 belief sich der Beitrag Asiens auf rd. 30% gegenüber 46% für Westeuropa und die großen Einwanderungsländer zusammengenommen.
29
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 1.1 Bevölkerungszahl und Bevölkerungswachstum: Welt und Hauptregionen, 0–1998
0
1000
1820
1998
(in Millionen)
0–1000
1000–1820 1820–1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Japan
Gruppe A insgesamt
24.7
1.2
3.0
28.9
25.4
2.0
7.5
34.9
132.9
11.2
31.0
175.1
388
323
126
838
0.00
0.05
0.09
0.02
0.20
0.21
0.17
0.20
0.60
1.91
0.79
0.88
Lateinamerika
Osteuropa und ehem. UdSSR
Asien (ohne Japan)
Afrika
Gruppe B insgesamt
5.6
8.7
171.2
16.5
202.0
11.4
13.6
175.4
33.0
233.4
21.2
91.2
679.4
74.2
866.0
508
412
3 390
760
5 069
0.07
0.05
0.00
0.07
0.01
0.08
0.23
0.17
0.10
0.16
1.80
0.85
0.91
1.32
1.00
Welt
230.8
268.3
1 041.1
5 908
0.02
0.17
0.98
Quelle: Anhang B.
Tabelle 1.2
Niveau und Zuwachsrate des Pro-Kopf-BIP: Welt und Hauptregionen, 0–1998
0
1000
1820
1998
(internationale Dollar von 1990)
0–1000
1000–1820 1820–1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Japan
Gruppe A insgesamt
450
400
400
443
400
400
425
405
1 232
1 201
669
1 130
17 921
26 146
20 413
21 470
–0.01
0.00
0.01
–0.01
0.14
0.13
0.06
0.13
1.51
1.75
1.93
1.67
Lateinamerika
Osteuropa und ehem. UdSSR
Asien (ohne Japan)
Afrika
Gruppe B insgesamt
400
400
450
425
444
400
400
450
416
440
665
667
575
418
573
5 795
4 354
2 936
1 368
3 102
0.00
0.00
0.00
–0.00
–0.00
0.06
0.06
0.03
0.00
0.03
1.22
1.06
0.92
0.67
0.95
Welt
444
435
667
5 709
–0.00
0.05
1.21
Quelle: Anhang B.
Tabelle 1.3 Niveau und Zuwachsrate des BIP: Welt und Hauptregionen, 0–1998
0
1000
1820
1998
(Mrd. internationale Dollar von 1990)
0–1000
1000–1820 1820–1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Japan
Gruppe A insgesamt
11.1
0.5
1.2
12.8
10.2
0.8
3.2
14.1
163.7
13.5
20.7
198.0
6 961
8 456
2 582
17 998
–0.01
0.05
0.10
0.01
0.34
0.35
0.23
0.32
2.13
3.68
2.75
2.57
Lateinamerika
Osteuropa und ehem. UdSSR
Asien (ohne Japan)
Afrika
Gruppe B insgesamt
2.2
3.5
77.0
7.0
89.7
4.6
5.4
78.9
13.7
102.7
14.1
60.9
390.5
31.0
496.5
2 942
1 793
9 953
1 939
15 727
0.07
0.05
0.00
0.07
0.01
0.14
0.29
0.20
0.10
0.19
3.05
1.92
1.84
1.99
1.96
102.5
116.8
694.4
33 726
0.01
0.22
2.21
Welt
Quelle:
Anhang B.
30
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
I
Natur der demographischen Veränderungen und deren Auswirkungen
auf den wirtschaftlichen Wohlstand
Das raschere Bevölkerungswachstum im vergangenen Jahrtausend könnte auf die höheren
Geburten- oder niedrigeren Sterberaten zurückzuführen sein. Die vorliegenden Daten (Tabelle 1.4)
lassen darauf schließen, dass der nur langsame und ungleichmäßige Rückgang der Sterblichkeit vor
1820 der Hauptgrund war. Seit 1820 ging die Sterberate sehr viel stärker zurück, und dies war eindeutig der ausschlaggebende Faktor. Die Fertilität ist seit 1820 de facto erheblich gesunken (vgl. Tabelle
1.5a). Die Erhöhung der Lebenserwartung ist ein deutliches Symptom des größeren Wohlstands der
Tabelle 1.4 Lebenserwartung und Säuglingssterblichkeit, beide Geschlechter zusammen, 33-1875
Quelle und Autoren
Lebenserwartung
bei Geburt
in Jahren
Mortalitätsrate
je 1 000 Säuglinge
im ersten Lebensjahr
Röm. Ägypten, 33–258
24.0
329
Fragmente der römischen Volkszählungen und
Bagnall sowie Bagnall und Frier
England, 1301–1425
24.3
218
Sehr grobe Schätzungen, abgeleitet von
Finanzregistern: Russell
England, 1541–1556
England, 1620–1626
England, 1726–1751
England, 1801–1826
33.7
37.7
34.6
40.8
n.v.
171
195
144
Familienrekonstitution und inverse
Projektion auf Grund von Geburten- und
Sterberegistern:
Wrigley et al.
Frankreich, 1740–1749
Frankreich, 1820–1829
24.8
38.8
296
181
Familienrekonstitution:
Blayo
Schweden, 1751–1755
37.8
203a
Kirchenregister und Zensusergebnisse:
Gille
Japan, 1776–1875
Japan, 1800–1850
Japan, 1751–1869
32.2
33.7
37.4
277
295
216
Tempelregister: Jannetta
Tempelregister: Yasuba
Bevölkerungsregister: Saito
Land und Zeitraum
a) 1751–1800.
Quelle:
Ägypten: aus Bagnall und Frier (1994), S. 70 und 100. England: 1301–1425 aus Russell (1948), S. 186 und 218. England: 1541-1826
(ohne Monmouth) aus Wrigley et al. (1997), S. 614 für die Lebenserwartung und S. 219 für die Säuglingssterblichkeit. Frankreich: aus
Blayo (1975), S. 141 für die Lebenserwartung, S. 138–139 für die Säuglingssterblichkeit. Schweden: aus Gille (1949). Japan: aus
Jannetta und Preston (1991), S. 428 und 433–435, Yasuba (1987), S. 291, abzüglich eines Jahres zur Anpassung an die westliche
Rechnung. Saito (1997), S. 143, durch Ermittlung des Durchschnitts für beide Geschlechter auf der Basis der von ihm geschätzten
hohen Säuglingssterblichkeit. Die ersten beiden Schätzungen wurden von Tempelregistern (kakocho) abgeleitet, die dritte von
Bevölkerungsregistern (shumon aratame cho). Informationen über Säuglingssterblichkeit sind in japanischen Quellen sehr viel seltener
enthalten als in europäischen Registern, da Kinder nicht darin erfasst wurden. In Tempelregistern sind die nach Alter gegliederten
Todesfälle, jedoch keine Bevölkerungsdaten enthalten. Ein weiteres Problem besteht darin, dass sich das japanische System der
Altersberechnung von dem des Westens unterscheidet, und zwar insbesondere bei Kleinkindern: Das Alter der japanischen Kinder bei
ihrer Geburt wurde mit eins angesetzt, und am darauf folgenden Neujahrstag wurden sie dann zwei Jahre alt. Das wirkliche Alter eines
japanischen Kindes konnte daher irgendwo zwischen zwei Tagen und einem Jahr liegen, wenn es nach dem japanischen System zwei
Jahre alt wurde (vgl. Saito, 1997). Daher handelt es sich bei Schätzungen der Säuglingssterblichkeit um hypothetische bzw. abgeleitete
Werte. Saito verwendete eines der Wahrscheinlichkeitsmodelle, die Coale und Demeny (1983) konstruiert hatten, um die bestehenden
Datenlücken bei den nach Alter gegliederten Sterbeziffern zu überbrücken. Saito (1997), S. 136, zeigt andere Schätzungen, bei denen
die Lebenserwartung sehr viel höher ist als bei den drei von mir zitierten. Diese Schätzungen sind aber meiner Ansicht nach nicht
plausibel, denn sie zeigen bzw. unterstellen unwahrscheinlich niedrige Säuglingssterblichkeitsziffern. Nach Kalland und Pederson
(1984), S. 54 und 61, betrug die durchschnittliche Lebenserwartung im Zeitraum 1700–1824 in Kanezaki 44 Jahre, und die
Säuglingssterblichkeitsquote belief sich auf weniger als 100. Smith (1977), S. 57 und 162, veranschlagt die Lebenserwartung in
Nakahara im Zeitraum 1717–1830 auf 43.2 Jahre und zeigt eine Reihe von Säuglingssterblichkeitsoptionen, für die Saito einen
Durchschnitt von 145 errechnet. Hanley und Yamamura (1977), S. 222, weisen die Lebenserwartung für Nishikata im Zeitraum 1782–
1796 mit 45 Jahren und für Fujito im Zeitraum 1800–1835 mit 43 Jahren aus, ohne jedoch irgendwelche Angaben über die
Säuglingssterblichkeit zu machen.
31
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Menschen. Dieser Faktor wird in unserer BIP-Messgröße nicht erfasst, doch besteht eine signifikante
Kongruenz – im Zeitablauf und in den verschiedenen Regionen – zwischen der Entwicklung des ProKopf-Einkommens und der Lebenserwartung.
Im Jahr 1000 betrug die Lebenserwartung im Weltdurchschnitt wahrscheinlich etwa 24 Jahre –
nicht mehr als zu Beginn unserer Zeitrechnung. Bis 1820 war die Lebenserwartung auf etwa 26 Jahre
gestiegen (vgl. Tabelle 1.5a). Der stärkste Zuwachs – von 24 auf 36 Jahre – fand in der Gruppe A statt,
Tabelle 1.5a Geburtenraten und Lebenserwartung, 1820–1998/1999
Geburten je 100 Einwohner
Lebenserwartung bei der Geburt
(in Jahren)
(Durchschnitt für beide Geschlechter)
1820
1900
1950
1998
1820
1900
1950
1999
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Spanien
Schweden
Vereinigtes Königreich
Durchschnitt Westeuropa
3.19
3.99
3.90
3.50
4.00
3.40
4.02a
3.74
2.19
3.60
3.30
3.16
3.39
2.69
2.93
3.08
2.05
1.65
1.94
2.27
2.00
1.64
1.62
1.83
1.26
0.96
0.93
1.27
0.92
1.01
1.30
1.00
37
41
30
32
28
39
40a
36
47
47
43
52
35
56
50
46
65
67
66
72
62
70
69
67
78
77
78
78
78
79
77
78
Vereinigte Staaten
5.52
3.23
2.40
1.44
39
47
68
77
Japan
2.62b
3.24
2.81
0.95
34
44
61
81
Russland
4.13
4.80
2.65
0.88
28c
32
65
67
27e
Brasilien
Mexiko
Lateinamerika
Durchschnitt
5.43d
n.v.
4.60
4.69
4.44
4.56
2.10
2.70
n.v.
36
33
45
50
67
72
n.v.
n.v.
4.19
2.51
(27)
(35)
51
69
China
Indien
Asien
Durchschnittj
n.v.
n.v.
4.12f
4.58g
3.70
4.50h
1.60
2.80
n.v.
21i
24f
24g
41
32h
71
60
n.v.
n.v.
4.28
2.30
(23)
(24)
40
66
Afrika
Durchschnitt
n.v.
n.v.
4.92
3.90
(23)
(24)
38
52
Welt
n.v.
n.v.
3.74
2.30
26
31
49
66
a) 1821; b) 1811–1829; c) 1880; d) 1818; e) 1872; f) 1929–1931; g) 1891–1911; h) 1941–1951; i) 1833; j) ohne Japan.
Quelle:
Geburtenraten 1820 und 1900: für die europäischen Länder hauptsächlich aus Maddison (1991a), S. 241; 1821: für England aus Wrigley et al.
(1997), S. 614; Brasilien 1818: aus Marcilio (1984), sonst Brasilien und Mexiko: aus Maddison and Associates (1992); Vereinigte Staaten 1820
und 1900: aus Historical Statistics of the United States (1975), Bd. 1, S. 49; China 1929–1931: aus Barclay et al. (1976); Die Angaben über
Indien für 1900 und 1950 stammen aus Mari Bhat (1989), S. 96; Japan 1816–1820 (in Yokoucho): aus Hayami (1973), S. 160, 1900 und 1950:
aus Japan Statistical Association (1987). 1950: in der Regel aus OECD (1979) und nationalen Quellen. 1998: aus OECD, Labour Force
Statistics, Population et Sociétés, INED, Paris Juli–August 1999, und UN Population Division (1997).
Lebenserwartung 1820: Frankreich: aus Blayo (1975); Deutschland: aus Knodel (1988), S. 59 (Durchschnitt seiner alternativen Schätzungen);
Italien: abgeleitet aus Caselli (1991), S. 73; Spanien: abgeleitet aus Livi Bacci und Reher (1993), S. 68; Schweden: aus Gille (1949), S. 43;
Vereinigtes Königreich: aus Wrigley et al. (1997), S. 614; Russland (1874–1884): aus Ohlin (1955), S. 411; Vereinigte Staaten: aus Historical
Statistics of the United States (1975), Bd. 1, S. 56 (bezieht sich auf Massachusetts im Jahr 1850); Japan 1820: Durchschnitt der drei
Schätzungen in Tabelle 1.4; Brasilien 1872 und 1900: aus Merrick und Graham (1979), S. 41, 42 und 57; China (1929–1931): aus Barclay,
Coale, Stoto und Trussell (1976, S. 621); Indien (1833): für Delhi aus Visaria und Visaria (1983), S. 473, 1891–1911 und 1941–1951: aus Mari
Bhat (1989), S. 92, unter Verwendung des Durchschnittswerts der drei dargestellten alternativen Messgrößen. Für 1900: aus Maddison
(1995a), S. 27, außer Vereinigtes Königreich: aus Wrigley et al. 1950; für die meisten OECD-Länder aus: OECD (1979), Mexiko: aus Maddison
and Associates (1992), China: aus Lee und Wang (erscheint demnächst). Indien: aus Mari Bhat (1989). Japan: aus Japan Statistical
Association (1987). Sonstige Länder und Regionen 1950: aus UN Population Division (1997). 1999: aus Population et Sociétés. Regionen
1820–1900: abgeleitet durch Gewichtung von Länderschätzungen. Weltdurchschnitte: errechnet durch Gewichtung der regionalen
Durchschnitte mit der regionalen Bevölkerung.
32
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
wo sich die Lebenserwartung bis heute auf 78 Jahre erhöht hat. Der Anstieg war nach 1820 zehnmal
so hoch wie in den acht vorausgegangenen Jahrhunderten. Nach unseren nur sehr groben Schätzungen
ist anzunehmen, dass in den Ländern der Gruppe B zwischen dem Jahr 1000 und 1820 keine Verbesserung stattgefunden hat. Bis 1998 hatte sich die Lebenserwartung dann jedoch in spektakulärer Weise
auf durchschnittlich 64 Jahre erhöht.
1999 war die Lebenserwartung für die Länder der Gruppe A recht homogen. In der Gruppe B, in
der die durchschnittliche Lebenserwartung 67 Jahre betrug, waren keine nennenswerten Unterschiede
zwischen Russland, Lateinamerika und Asien zu verzeichnen. Hingegen lag die Lebenserwartung in
Afrika mit 52 Jahren deutlich niedriger.
Wenngleich die tendenzielle Verbesserung der Lebenserwartung und des Pro-Kopf-Einkommens
ähnlich verlief, ist derzeit bei den Einkommen zwischen den Regionen eine erheblich stärkere Spreizung
festzustellen. 1999 war die Kluft bei der Lebenserwartung zwischen dem Spitzenland Japan (81 Jahre)
und Afrika (52 Jahre) besorgniserregend tief. Allerdings war sie bedeutend geringer als das Gefälle
beim Einkommensniveau, das zwischen Japan und Afrika ein Verhältnis von 15:1 erreichte.
Tabelle 1.5b Durchschnittliche Lebenserwartung für die Gruppen A und B, 1000-1999
(in Jahren bei Geburt; Durchschnitt für beide Geschlechter)
Gruppe A
Gruppe B
Welt
Quelle:
1000
1820
1900
1950
1999
24
24
24
36
24
26
46
26
31
66
44
49
78
64
66
Die Daten für 1820-1999 sind gewichtete Durchschnitte für die in Tabelle 1.5a dargestellten Regionen. Die Zahlen für das Jahr 1000
wurden von den ersten zwei Zeilen der Tabelle 1.4 und anderen Teildaten abgeleitet.
Tabelle 1.5c Zuwachsrate der Lebenserwartung in den Gruppen A und B, 1000-1999
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
Gruppe A
Gruppe B
Welt
1000–1820
1820–1900
1900–1950
1950–1999
0.05
0.00
0.01
0.31
0.10
0.22
0.72
1.06
0.92
0.34
0.77
0.61
Erfahrung der westeuropäischen Länder
Tabelle 1.6 enthält die Daten über das langfristige Bevölkerungswachstum in Westeuropa. Die
Veränderungen erfolgten in einem sehr ungleichmäßigen Tempo. Im 6. und 14. Jahrhundert ereigneten
sich große Katastrophen, und im 17. Jahrhundert kam es in mehreren Ländern zu erheblichen Rückschlägen. Bis zum 19. Jahrhundert wurde das Bevölkerungswachstum wiederholt durch mehr oder
weniger häufige Krisen unterschiedlichen Ausmaßes unterbrochen. Die drei wichtigsten Ursachen
waren: Hungersnöte infolge von Missernten, epidemieartig auftretende Infektionskrankheiten oder
Krieg, zwischen denen es natürlich zu Wechselwirkungen unterschiedlicher Intensität kam.
Da sich die Wirtschaftsleistung der europäischen Länder in der Vergangenheit – im Vergleich zu
heute – sehr viel näher an dem zur Deckung des Existenzminimums nötigen Niveau bewegte
und es zudem nur unzureichende Transportmittel und Lagerhaltungsmöglichkeiten gab, konnten
Missernten zu hohen Sterberaten führen. Auch auf die Geburtenraten wirkten sie sich aus, da es infolge
33
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Abbildung 1.1 Bevölkerungswachstum in Westeuropa: zwei Jahrtausende im Vergleich
(in Tausend)
1 000 000
100 000
1000-1998
0-1000
10 000
0
1000
1000
2000
Quelle: Vgl. Tabelle 1.6a. Die Ordinatenachse ist logarithmisch.
Tabelle 1.6a Bevölkerungszahlen in Westeuropa, 0-1998
(in Tausend)
0
200
400
600
800
1000
1200
24 700
27 600
22 900
18 600
20 400
25 413
40 885
1300
1400
1500
1600
1700
1820
1998
58 353
41 500
57 268
73 776
81 460
Quelle:
132 888
388 399
McEvedy und Jones (1978) sowie Anhang B. Der auf die fünf Mittelmeerländer (Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal und Spanien)
entfallende Anteil ist von 77% im Jahr 0 auf 67% im Jahr 1000, 60% im Jahr 1500, 52% im Jahr 1820 und 45% im Jahr 1998 gesunken.
Tabelle 1.6b
Bevölkerungswachstum in Westeuropa, 0-1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
Quelle:
0–200
200–600
600–1000
1000–1300
1300–1400
0.06
–0.10
0.08
0.28
–0.34
1400–1500
1500–1600
1600–1700
1700–1820
1820–1998
0.32
0.24
0.08
0.41
0.60
Wie bei Tabelle 1.6a.
34
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
Abbildung 1.2 Jährliche Entwicklung der schwedischen Geburtenraten und Sterbeziffern, 1736-1987
(je Tausend Einwohner)
60
Sterbeziffer
50
40
30
20
10
1740
1760
1780
1800
1820
1840
1860
1880
1900
1920
1940
1960
1980
1780
1800
1820
1840
1860
1880
1900
1920
1940
1960
1980
60
Geburtenrate
50
40
30
20
10
1740
1760
Quelle: H. Gille, “The Demographic History of the Northern Countries in the Eighteenth Century”, in Population Studies, Juni 1949; Historical
Statistics for Sweden, Vol. I, CBS, Stockholm, 1955; OECD Labour Force Statistics, Paris, mehrere Ausgaben.
35
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
mangelhafter Ernährung zu Amenorrhö kam oder junge Paare die Eheschließung hinausschoben. Ein
eindrucksvolles Beispiel für eine derartige Katastrophe war die in Irland auf Grund der Kartoffelkrankheit aufgetretene Hungersnot, die in den sechs Jahren zwischen 1846 und 1851 eine Verdopplung
der normalen Sterberate in Irland zur Folge hatte. Die Sterbe-„Überschüsse“ beliefen sich auf nahezu
eine Million oder etwa 12% der Bevölkerung des Jahres 1845 (vgl. Ó Gráda, 1988).
Die immer wieder auftretenden Infektionskrankheiten hatten einen starken Anstieg der Mortalität
zur Folge. Am schlimmsten wirkte sich die Beulenpest aus, die im 6. und erneut im 14. Jahrhundert
ein Drittel der europäischen Bevölkerung hinwegraffte. Das zweite Auftreten dieser Epidemie zog sich
über mehrere Jahrhunderte hin, um schließlich 1665 in England und 1720-1721 in Frankreich ihr Ende
zu finden. John Graunt, der erste wissenschaftliche Demograph, berichtete über die verheerenden
Auswirkungen dieser Epidemie in London in den Jahren 1592, 1603, 1625, 1630, 1636 und 1665, dem
schlimmsten Jahr, in dem insgesamt 97 000 Beerdigungen registriert wurden (rd. 16% der Bevölkerung). Biraben (1972) schätzte die Zahl der Pestopfer in der Provence im Jahr 1720-1721 auf insgesamt 94 000 (rd. 32% der Bevölkerung), nachdem die Krankheit durch ein in Marseille vor Anker
gegangenes Schiff aus Syrien eingeschleppt worden war. Durch Verhängung einer strikten Ein- und
Ausreisekontrolle in der Region konnten die Auswirkungen der Epidemie begrenzt werden. Die Pest
verschwand, doch gab es weiterhin viele andere tödliche Krankheiten – Cholera, Diphtherie, Dysenterie,
Grippe, Masern, Pocken, Tuberkulose, Fleckfieber und Typhus. Nachdem die Schwächsten von solchen
Seuchen hinweggerafft worden waren, waren diese Krankheiten vorübergehend rückläufig. In einigen
Fällen, wie bei der Pest, hat der wiederholte Kontakt mit der Krankheit offensichtlich langfristig zu
einer gewissen Widerstandsfähigkeit oder Immunität geführt. In anderen Fällen dürften die für die
Infektion verantwortlichen Bakterien oder Viren mutiert sein. Art und Dauer der erworbenen Immunität variierten aus nicht völlig geklärten Gründen, doch gingen die Effekte der Epidemien in Westeuropa am Ende des 19. und im 20. Jahrhundert ganz erheblich zurück. Die weltweite Grippeepidemie
von 1918-1919 forderte allerdings erneut einen hohen Todeszoll. Die neue von AIDS ausgehende
Gefahr scheint in den Ländern der Gruppe A unter Kontrolle zu sein.
Ein wichtiger Faktor, der bis zum 20. Jahrhundert einem Rückgang der Sterberaten entgegenwirkte, war die zunehmende Urbanisierung. Wenngleich die Stadtbevölkerung über höhere Einkommen und besser organisierte Nahrungsmittelmärkte verfügte als die Landbevölkerung, waren ihre
Mortalitätsraten doch deutlich höher. John Graunt stellte dies für London im 17. Jahrhundert fest und
berichtete, dass dort die Zahl der Beerdigungen deutlich höher sei als die der Taufen. In London lagen
die Sterberaten eindeutig über denen kleiner Städte wie Romsey, Tiverton und Cranbrook, deren Entwicklung er ebenfalls untersuchte. Die Expansion Londons war auf den hohen Zuwanderungsüberschuss zurückzuführen, doch bildete die große Stadt eine Brutstätte für Infektionen, und die unzureichenden sanitären Bedingungen stellten vor allem für Säuglinge und neu zugewanderte Personen
eine tödliche Gefahr dar. Wrigley et al. (1997), S. 218, berichten, dass die Säuglingssterblichkeit in
London zu Beginn des 18. Jahrhunderts etwa doppelt so hoch war wie auf das ganze Land gesehen.
Hayami (1986a) stellt das gleiche Phänomen in Japan fest und führt entsprechendes Datenmaterial für
die Hauptstadt Edo im Zeitraum 1840-1868 an. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde diese Differenz
aufgehoben (vgl. Preston und van der Walle, 1978, in Bezug auf das rückläufige Gefälle der Sterberaten im 19. Jahrhundert in Frankreich).
Bei Betrachtung längerer Zeiträume waren die Jahrhunderte vor 1820 durch eine langsame Steigerung der Agrarproduktivität und eine bessere Nahrungsmittelversorgung gekennzeichnet. Hungerkrisen
traten seltener auf und waren weniger gravierend. Die höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten wurde ferner auch durch den steigenden Lebensstandard, veränderte Trinkgewohnheiten, d.h.
Umstellung auf Wein, Bier und Tee anstelle von verseuchtem Wasser, sowie Verbesserungen bei der
Bekleidung und den Schlafstätten begünstigt. Im 19. und 20. Jahrhundert sank infolge besserer sanitärer
Bedingungen und öffentlicher Gesundheitsversorgung, fortschrittlicheren medizinischen Wissens und
36
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
Tabelle 1.7a Bevölkerungswachstum: große Einwanderungsländer einschl. Lateinamerika
in vergleichender Perspektive,1500–1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
1500–1700
1700–1820
1820–1950
1950–1973
1973–1998
Vereinigte Staaten
Kanada
Australien & Neuseeland
–0.35
–0.11
0.00
1.94
1.18
– 0.20
2.12
2.20
2.45
1.45
2.18
2.16
0.98
1.19
1.27
Brasilien
Sonstige lateinamerik. Länder u. Karibik
0.11
–0.21
1.07
0.36
1.92
1.63
2.91
2.65
2.00
2.02
0.18
0.28
0.17
0.41
0.12
0.47
0.64
0.77
0.58
0.70
1.15
2.09
0.32
0.61
1.85
Westeuropa
Japan
Rest der Welt
Quelle: Anhänge A und B.
Tabelle 1.7b Vergleich des Bevölkerungswachstums in Nord-, Mittel- und Südamerika
und in den früheren europäischen Mutterländern, 1500–1998
Bevölkerungsstand
(Mio.)
Brasilien
Portugal
Sonst. lateinamerik.
Länder
Spanien
Multiplikationskoeffizient
1500
1998
1500–1998
1
1
170
10
170
10
16.5
6.8
338
39
20
6
Bevölkerungsstand
(Mio.)
Ver. Staaten
Ver. Königreich
Kanada
Frankreich
Multiplikationskoeffizient
1500
1998
1500–1998
2.00
3.94
271
59
136
15
0.25
15.00
30
59
120
4
Quelle: Anhänge A und B.
Tabelle 1.7c Verschiffung afrikanischer Sklaven nach Amerika, 1500–1870
(in Tausend)
Brasilien
Karibika
Hispanoamerika
Vereinigte Staaten
1500–1600
1601–1700
1701–1810
50
–
75
–
560
464
293
–
1 891
3 234
579
348
1811–1970
1 145
96
606
51
1500–1870
3 647
3 793
1 552
399
a) Britische, französische, holländische und dänische Kolonien.
Quelle: Curtin (1969), S. 268. Vgl. auch Tabelle 2.5 weiter unten.
Tabelle 1.7d Nettomigration nach Brasilien, Australien und den Vereinigten Staaten
sowie aus dem Vereinigten Königreich, 1500–1998
1500–1600
Brasilien
Australien
Vereinigte Staaten
Verein. Königreich
Quelle:
+40
–
–
n.v.
1600–1700
1700–1820
1820–1869
+60
–
+131
–714
+400
+33
+587
–672
+400
+1 069
+6 131
–5 548
1870–1913
+2 200
+885
+15 820
–6 415
1913–1950
+1 294
+673
+6 221
–1 405
1950–1998
n.v.
+4 184
+24 978
+132
Brasilien: aus Marcilio (1984), Merrick und Graham (1979) und IBGE (1960); Australien 1788–1973: aus Vamplew (1987), S. 4–7; danach aus
OECD, Labour Force Statistics; Vereinigte Staaten 1630–1780: aus Galenson (1996), S. 178, und Potter (1965) für 1790–1820. Ich habe
unterstellt, dass die Immigration im Zeitraum 1780–1790 Potters Schätzung für 1790–1800 entsprach; Vereinigtes Königreich 1600–1820: aus
Henry und Blanchet (1983) mit Angaben über die Nettomigration aus England (dabei ausgeklammert sind Todesfälle auf See sowie in
Kriegen im Ausland); 1820–1869: aus Mitchell (1975), S. 137–140, die Bruttoemigration im Zeitraum 1820–1854 wurde – auf der Basis des
Emigrations-/Immigrationskoeffizienten für 1855-1869 – um ein Sechstel verringert. Vereinigtes Königreich und Vereinigte Staaten ab 1870:
aus Maddison (1991), S. 240, und aus OECD Labour Force Statistics.
37
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
besserer Einrichtungen die Zahl der vorzeitigen Todesfälle auf Grund von Infektionskrankheiten (vgl.
Fogel, 1986, wegen einer Kausalanalyse der rückläufigen Mortalität). Das herausragendste Merkmal
war der Rückgang der Säuglingssterblichkeit. Um das Jahr 1820 lag sie wahrscheinlich zwischen
150 und 200 pro Tausend in Westeuropa und bei etwa 200 in Japan. In den neunziger Jahren des
20. Jahrhunderts betrug sie etwa 7 in Westeuropa und 4 pro Tausend Personen in Japan. Der Anstieg
der Lebenserwartung der älteren Menschen in Westeuropa, den großen Einwanderungsländern und
Japan seit 1950 ging mit einer starken Zunahme der Gesundheitsausgaben einher. Der davor verzeichnete Rückgang der Mortalität im 19. und 20. Jahrhundert war mit weitaus geringeren Kosten verbunden.
Abbildung 1.2 zeigt ein recht repräsentatives Bild von der Entwicklung der europäischen Mortalität
und Fertilität seit dem Jahr 1736, als in Schweden zum ersten Mal derartige Register angelegt wurden.
Vallin (1991) legt ähnliche Abbildungen über die Entwicklung der Mortalität in England, Frankreich,
Finnland und Norwegen seit 1720 vor. Vor der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Mortalitätsstruktur in diesen Ländern unregelmäßiger als danach, da die aus Krisensituationen resultierende
Mortalität seither stark zurückgegangen ist. Abbildung 1.2 zeigt auch den demographischen Umbruch,
der Mitte des 19. Jahrhunderts in den meisten westeuropäischen Ländern einsetzte.
Die Geburtenraten sind stärker gesunken als die Sterberaten. 1998 betrugen sie nur noch rund ein
Drittel ihres Niveaus von 1820. Folglich hat sich das Bevölkerungswachstum sehr verlangsamt, und
die demographischen Strukturen haben sich radikal verändert. In England, das für die Entwicklung in
Westeuropa als repräsentativ betrachtet werden kann, waren nahezu 39% der Bevölkerung im Jahr
1821 unter 15 Jahre alt und weniger als 5% 50 Jahre oder älter. 1998 betrugen die entsprechenden
Prozentsätze 19% und nahezu 16%. Der Anteil der Personen in der Altersgruppe der 15- bis 64-Jährigen
stieg von 60% auf 65%.
Der amerikanische Kontinent und Australasien
Durch die ersten Kontakte mit Westeuropa veränderte sich die Struktur von Mortalität, Migration
und Bevölkerungswachstum auf dem amerikanischen Kontinent und in Australien grundlegend. Im
16. Jahrhundert wurden die im relativ dicht bevölkerten Mexiko und Peru etablierten agrarischen
Zivilisationen von den spanischen Konquistadoren in kurzer Zeit zerstört, was primär auf die unbeabsichtigte Einschleppung von Krankheiten aus Europa zurückzuführen war (Pocken, Masern, Grippe
und Fleckfieber). Bald darauf wurden durch den Sklavenhandel das Gelbfieber und die Malaria ins
Land gebracht. Die Folgen waren für die einheimische Bevölkerung verheerend. Mindestens drei
Viertel der Menschen wurden dahingerafft (vgl. Anhang B). In Gesamt-Lateinamerika war die Sterberate verhältnismäßig etwa doppelt so hoch wie in Europa zur Zeit des Schwarzen Todes.
In Teilen des amerikanischen Kontinents, deren Bevölkerung vorwiegend aus Jägern und Sammlern bestand und die eine weniger dichte Besiedlung aufwiesen (z.B. Brasilien sowie die Regionen, die
später zu Kanada und den Vereinigten Staaten wurden), lag die krankheitsbedingte Mortalität etwas
niedriger.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts trat der Westen mit Australien und den übrigen Pazifikinseln in
Kontakt. Die krankheitsbedingten Effekte auf die Sterberaten sind mit denen auf dem amerikanischen
Kontinent vergleichbar, und es wurde dort eine noch systematischere Politik der Ausrottung der einheimischen Bevölkerung betrieben als im spanischen Amerika (vgl. Butlin, 1983 und 1993).
So verheerend die Folgen der spanischen Eroberung und Kolonisierung für die indigene Bevölkerung waren, bewirkten sie doch langfristig eine erhebliche Vergrößerung des Wirtschaftspotentials des
amerikanischen Kontinents. Durch die Einführung neuer Anbaupflanzen und Nutztiere konnte eine
größere Bevölkerung ernährt werden (vgl. Crosby, 1972). Neu eingeführt wurden Weizen, Reis, Zuckerrohr, Weinstöcke, Grüngemüse, Oliven, Bananen und Kaffee. Zur menschlichen Ernährung wurden
38
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
Abbildung 1.3 Bevölkerungsniveau der drei größten Länder des amerikanischen Kontinents
und ihrer Mutterländer im Vergleich, 1500-1998
1 000 000
Portugal und Brasilien
(in Tausend)
1 00 000
Brasilien
10 000
Portugal
1 000
100
1500
1550
1600
1650
1700
1750
1800
1850
1900
1950
2000
1900
1950
2000
1900
1950
2000
1 00 000
Spanien und Mexiko
(in Tausend)
Spanien
10 000
Mexiko
1 000
100
1500
1550
1600
1650
1700
1750
1800
1850
1 000 000
Vereinigtes Königreich und Vereinigte Staaten
(in Tausend)
1 00 000
Vereinigtes Königreich
10 000
Vereinigte Staaten
1 000
100
1500
1550
1600
1650
1700
1750
1800
Quelle: Vgl. Anhänge A, B und C. die Ordinatenachse ist logarithmisch.
39
1850
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Rinder, Schweine, Hühner, Schafe und Ziegen heimisch gemacht. Die Einführung von Last- und Zugtieren – Pferde, Ochsen, Esel, Maultiere – im Verein mit Wagen (mit Rädern) und Pflügen (die an die
Stelle von Spaten traten) trug ebenfalls stark zur Verbesserung der Produktionskapazität bei. Es fand
aber auch ein Transfer von Pflanzenkulturen aus der Neuen Welt nach Europa, Asien und Afrika statt
– Mais, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Maniok, Paprika, Tomaten, Erdnüsse, Ananas, Kakao, Tabak –, der
das weltweite Produktionspotential verbesserte und ein stärkeres Bevölkerungswachstum ermöglichte.
Die Eröffnung neuer Wirtschaftshorizonte und die Hinzugewinnung großer Territorien hatten
einen gewaltigen Bevölkerungstransfer aus Europa und Afrika zur Folge. Im Zeitraum 1500-1870
wurden nahezu 9½ Millionen afrikanische Sklaven zur Arbeit auf landwirtschaftlichen Plantagen
(Zucker, Tabak, Kaffee und Baumwolle) auf dem Seeweg nach Brasilien, in die Karibik und den
Süden der Vereinigten Staaten verschleppt.
Die Auswanderung spanischer und portugiesischer Siedler nach Lateinamerika während der
Kolonialzeit (vor 1820) lag zahlenmäßig unter dem Sklaventransfer. Die portugiesische Emigration
erreichte wahrscheinlich rund eine halbe Million (Marcilio, 1984) und die spanische weniger als eine
Million (Sanchez-Albornoz, 1984). Galenson (1996) schätzt die Zahl der britischen Auswanderer in
die Karibik im Zeitraum 1630-1780 auf etwa eine viertel Million. Bei Einbeziehung der französischen
und niederländischen Migration dürfte der weiße Wanderungssaldo nach Lateinamerika vor 1820
insgesamt 2 Millionen Personen betragen haben, gegenüber einem Zugang von 7,5 Millionen Sklaven.
Die Lebenserwartung der Sklaven war allerdings beträchtlich niedriger. Merrick und Graham (1979,
S. 56-57) geben einen Schätzwert von 18 Jahren für männliche Sklaven in Brasilien im Jahr 1872 an,
gegenüber 27 Jahren für die Gesamtbevölkerung. Auch die Fruchtbarkeit der Sklaven war infolge der
mehr als unsicheren Aussichten auf ein normales Familienleben geringer. Der Anteil der Frauen an der
weißen Immigrantenbevölkerung war gering – diese Gruppe bestand zu drei Vierteln oder mehr
aus erwachsenen Männern. Ihre Fertilität war infolge formloser Verbindungen mit Partnern aus der
indigenen und schwarzen Bevölkerung recht hoch. Die Folge war in Lateinamerika eine bedeutend
stärkere ethnische Mischung als in Nordamerika.
Seit 1820 ist die Bevölkerung Lateinamerikas schneller gewachsen als die Westeuropas. Hauptgrund hierfür waren höhere Geburtenraten, da der Rückgang der Mortalität erst später einsetzte und
weniger stark war. Vor 1913 war die Migration von Europa nach Lateinamerika für einen substantiellen
Teil der Diskrepanz verantwortlich, danach nahm die Rolle der Migration jedoch ab.
In der Region der Vereinigten Staaten und Kanadas begann die Ansiedlung von Europäern im
17. Jahrhundert und expandierte im 18. Jahrhundert stark, wobei im gleichen Zeitraum massive Sklavenströme ins Land kamen. Die indigene Bevölkerung wurde ausgerottet oder aus den von Europäern
besiedelten Gebieten vertrieben. Im Jahr 1700 bestanden drei Viertel der Bevölkerung aus indigenen
Gruppen, um 1820 machten sie nur noch 3% aus (vgl. Tabelle B.15). Im Süden herrschte die Plantagenkultur vor, wobei Sklaven die Hauptkomponente der Arbeitskräfte darstellten. Im Norden waren mehrheitlich weiße Siedler niedergelassen, die vorwiegend als Farmer in Familienbetrieben tätig waren.
In Nordamerika war die Lebenserwartung der Weißen mit der in Westeuropa vergleichbar. Die
Lebenserwartung der Sklaven lag niedriger, wobei das Gefälle jedoch geringer war als in Brasilien.
Für die Zeit um 1850 geben Merrick und Graham (1979, S. 57) 35,5 Jahre für Sklaven und 40,4 Jahre
für die Bevölkerung der Vereinigten Staaten insgesamt an. Die Fertilität war hoch. Im Jahr 1820
betrug die Geburtenrate in den Vereinigten Staaten 5,5 v.H., in Kanada (Quebec) 5,7 v.H., womit sie
weit über den Raten des Vereinigten Königreichs (4,0) und Frankreichs (3,2) lag.
Seit 1820 ist die US-amerikanische Bevölkerung sehr viel schneller gewachsen als die europäische. Die Sterberate war jedoch ähnlich. Die Geburtenrate verharrte auf einem höheren Niveau, ist
allerdings proportional genauso stark gesunken wie in Westeuropa. Die Einwanderung in die Vereinigten Staaten ist weiterhin beträchtlich. Vor den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts kam die
40
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
Mehrzahl der Einwanderer aus Europa, so dass sich ein Großteil des Wachstumsgefälles zwischen den
Vereinigten Staaten und Europa durch diese Migration erklären lässt.
Japan
Vom 7. Jahrhundert bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bemühte sich Japan, seine Wirtschaft,
Gesellschaft und Institutionen am chinesischen Modell auszurichten; seine demographische Entwicklung verlief jedoch völlig anders:
a)
langfristig wurde die Bevölkerungsexpansion Japans vorwiegend durch Hungersnöte und Hungerkrisen begrenzt. Krankheiten und Kriege spielten eine weitaus geringere Rolle als in China
(und Europa);
b)
in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und bereits früher war die Lebenserwartung der Japaner mit dem Niveau Westeuropas vergleichbar und lag weit über der der Chinesen.
Auftreten von Hunger, Krankheiten und Kriegen im Vergleich
Macfarlane (1997) liefert eine vergleichende Untersuchung über die Bestimmungsfaktoren, die langfristig Einfluss auf die Sterberaten in England und Japan hatten; Jannetta (1986) führte eine detaillierte
Analyse über die japanischen Erfahrungen mit Epidemien durch, und von Saito (1996) wurde eine
vergleichende Langzeitstudie zum Auftreten von Hunger und Krankheiten in Japan vorgelegt.
Zentraler Punkt der vorstehenden Arbeiten ist, dass Japan von der Beulenpest verschont blieb,
wofür primär die völlige Abschottung des Landes von der Außenwelt verantwortlich war. Japan war
von Korea durch 200 km häufig sturmgepeitschter See getrennt. Der nächste Punkt auf dem chinesischen Festland war 750 km entfernt. Diese Meeresbarriere und die offizielle Politik bildeten einen
effizienten cordon sanitaire. Reisen nach und von Japan unterlagen strengen Restriktionen. Die mit
Japan Handel treibenden Ausländer lebten mehr oder weniger permanent in quarantäneähnlichem
Zustand in einem kleinen Gebiet bei Nagasaki. Es wurden weder Getreide noch andere Produkte eingeführt, die Krankheitserreger ins Land hätten einschleppen können. Die zwei Versuche der Mongolen
– 1274 und 1281 –, Japan zu unterwerfen, waren gescheitert. Hätten die Mongolen Erfolg gehabt,
wäre die demographische Entwicklung Japans (und vieles mehr) sehr anders verlaufen.
Dass Japan pestfrei blieb, war der Hauptgrund dafür, dass die Bevölkerung des Landes während
der ersten 1 500 Jahre unserer Zeitrechnung schneller wuchs als die Europas und Chinas.
Die häufigste Seuche in Japan waren die Pocken. Die Mortalität infolge anderer Krankheiten
– Cholera, Dysenterie, Malaria, Masern, Tuberkulose und Typhus – war geringer als in Europa, und
Fleckfieberepidemien waren im Land unbekannt. Diese Situation war in erster Linie auf die hygienischen Gewohnheiten der Japaner und deren nur sehr begrenzte Kontakte mit Tieren zurückzuführen.
Japan besitzt eine Unmenge von Gebirgsflüssen und heißen Quellen, und das mit der Shinto-Religion
einhergehende Bedürfnis nach körperlicher Reinheit führte zu täglichem Baden zu Hause oder in
öffentlichen Badehäusern. Japanische Häuser waren nur höchst sparsam eingerichtet, jedoch äußerst
sauber und gut durchlüftet. Schuhe wurden am Eingang abgestellt, und es gab praktisch keine Möbel
oder Vorhänge außer Moskitonetzen. Wasser wurde größtenteils abgekocht in Form von Tee konsumiert. Die Japaner ernährten sich von Reis, Fisch, Sojabohnen, einer Vielzahl von Gemüsearten,
Bambussprossen und Rettichen. Nach buddhistischer Tradition aßen die Japaner praktisch kein
Fleisch. Es wurden keine Kühe, Schweine, Schafe oder Ziegen gehalten, und Viehdung war unbekannt. Wenngleich die menschlichen Ausscheidungen als Dünger verwendet wurden, waren die wenigen
Ausländer, die das Land bereisten, von der absoluten Sauberkeit der Toiletten und der sanitären
41
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Behandlung der Abwässer äußerst beeindruckt. 1853 gelang es den Ausländern, die Öffnung des
Landes zu erzwingen, was zu einer erheblichen Zunahme der Kontakte mit der Außenwelt führte.
Kurz danach kam es im Zeitraum 1858-1860 zu einer größeren Cholera-Epidemie, und Japan sah sich
verstärkt mit Grippe, Tuberkulose, Typhus, Fleckfieber und Diphtherie konfrontiert (vgl. Saito, 1996
und Honda, 1997). Die japanische Sterberate nahm daher bis zur letzten Dekade des 19. Jahrhunderts
signifikant zu (vgl. Ishii, 1937, S. 124-125).
Saito (1996) hat die in amtlichen Aufzeichnungen enthaltenen Angaben über Hungersnöte und
Missernten in Japan vom 8. bis zum 20. Jahrhundert zusammengestellt. Wenngleich das Ausmaß
dieser Hungerkrisen nicht mit Genauigkeit ermittelt werden kann, so sind doch gewisse Aussagen zur
Veränderung ihrer Häufigkeit möglich. Zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert wurde jedes dritte Jahr
eine Hungerkrise verzeichnet, zwischen dem 11. und 15. Jahrhundert jedes fünfte Jahr, zwischen dem
16. und 18. Jahrhundert jedes vierte Jahr, im 19. Jahrhundert jedes neunte Jahr und im 20. Jahrhundert
überhaupt nicht mehr.
Die japanischen Hungerperioden können in ihrem Ausmaß nicht mit denen in China oder Europa
verglichen werden. Japanische und europäische Ernährungsweisen wichen jedoch stark voneinander
ab. Die Europäer nahmen erhebliche Mengen an Fleisch, Milch und sonstigen tierischen Produkten zu
sich, die in Japan nicht verbreitet waren. In Europa konnten dank ausreichender Getreideproduktion
große Mengen an Bier erzeugt werden, was in Japan nicht der Fall war. Auf Grund der bedeutend
größeren Knappheit an Bodenfläche mussten die Japaner sehr viel intensiver arbeiten als die Europäer.
Die härteren Lebensbedingungen der Japaner und die stärkeren körperlichen Anforderungen dürften die
Japaner Hungersnöten gegenüber anfälliger gemacht haben als Europäer, jedoch kaum anfälliger als
die Chinesen.
Ein drittes großes Hindernis für das Bevölkerungswachstum war der Krieg. Japan hat im Vergleich zu China nur sehr wenig unter Kriegen gelitten und wahrscheinlich weniger als Westeuropa.
China erlitt durch die Invasion der Mongolen in Nordchina im Jahr 1234 hohe Verluste. Die
Mongolen machten viele Städte dem Erdboden gleich, fügten der Landwirtschaft großen Schaden zu,
machten Teile der Landbevölkerung zu Leibeigenen oder Sklaven und vertrieben sie von ihrem Land,
das sie zu Weideland für ihre Pferde umfunktionierten. Der spätere Ansturm der Mongolen auf Südchina im Jahr 1279 war weitaus weniger zerstörerisch, doch schleppten die mongolischen Reiter 1353
die Beulenpest ein. Die kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Mongolen forderten unter der
chinesischen Bevölkerung insgesamt rund 30 Millionen Menschenleben.
Der Übergang von der Mongolenherrschaft zur Ming-Dynastie war nicht mit einer hohen Sterberate verbunden. Die nächste große Katastrophe war die Ablösung der Ming-Kaiser durch die MandschuDynastie. Die Machtübernahme der Mandschu erfolgte 1644 in Nordchina zügig, während sich der
Kampf mit den Anhängern der Ming-Dynastie im Süden bis 1683 hinzog. Die Grausamkeit des Krieges
forderte im Verein mit den Folgen von Pockenepidemien und Hungersnöten über 20 Millionen Menschenleben. Gleichzeitig fand eine starke Migration aus Festland-China statt. Die Mandschu praktizierten in ihrem Kampf gegen Koxinga, der von Taiwan aus operierte, eine Politik der verbrannten
Erde an den Küsten der gegenüberliegenden Provinzen Kwangtung, Fukien und Chekiang, indem sie
auf einem etwa 12-50 km breiten Landstreifen Ernten und Dörfer vernichteten. Die Folge war eine
massive Bevölkerungsabwanderung aus dem Gebiet nach Taiwan sowie eine erste Migrationswelle
von „Übersee“-Chinesen nach Südostasien (vgl. Purcell, 1965).
In den fünfziger und sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts forderten der Aufstand von Taiping
und andere Erhebungen gegen die Mandschu-Herrschaft weitere starke Verluste an Menschenleben.
Diesen Kämpfen sowie den damit verbundenen Hungersnöten und Krankheiten fielen zwischen 1850
und 1870 über 50 Millionen Menschen zum Opfer.
42
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
Im Zeitraum 1840-1945 erlitt China durch die Aggression westeuropäischer Länder sowie Japans
und Russlands und ebenfalls durch den Bürgerkrieg im eigenen Land, der sich von 1937-1949 hinzog,
erneut erhebliche Verluste an Menschenleben.
Japan wurde nie von fremden Invasionen heimgesucht, und die zwei wichtigsten Bürgerkriegsepisoden – in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts anlässlich der Gründung des ersten Shogunats
(Kamakura) sowie im Zeitraum 1467-1568 – hatten weitaus schwächere Auswirkungen als die Kriege
auf chinesischem Boden.
Früher demographischer Wandel im Japan der Tokugawa-Zeit
Nach einem Jahrhundert rascher Expansion verlangsamte sich das Wachstum der japanischen
Bevölkerung vom Beginn des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts merklich.
Diese Verlangsamung resultierte aus dem vergleichsweise frühen Übergang zu niedrigeren Mortalitäts- und Fertilitätsraten sowie zu einer über der asiatischen Norm liegenden Lebenserwartung.
Dieser Wandel entsprach in gewisser Weise der demographischen Entwicklung in den westeuropäischen Ländern von der Mitte des 19. bis zum 20. Jahrhundert.
Die japanischen Bevölkerungsregister des 18. Jahrhunderts sind zwar mit manchen Fehlern
behaftet, doch weitaus aussagefähiger als die Register früherer Jahrhunderte. In den vergangenen
40 Jahren wurden sie von einer neuen Generation historisch orientierter Demographen – angeregt
durch die bahnbrechenden und umfangreichen Arbeiten von Akira Hayami – einer sorgfältigen Prüfung
unterzogen. Aus diesen Untersuchungen ergab sich eine völlig neue Interpretation dieser Epoche.
Die Verlangsamung des Bevölkerungswachstums im 18. Jahrhundert, die zunächst auf eine in den
Malthus‘schen Bevölkerungsgesetzen beschriebene Verarmung zurückgeführt wurde, wird nunmehr
als Folge einer Epoche zunehmenden Wohlstands interpretiert.
Es ist kaum zu bezweifeln, dass die Bevölkerung im Zeitraum 1721-1846, für den die besten
statistischen Daten des Tokugawa-Regimes zur Verfügung stehen, stagnierte, und es sind stichhaltige
Belege dafür vorhanden, dass sie sich im 17. Jahrhundert sehr viel rascher vermehrt hatte. Es besteht
ebenfalls Grund zu der Annahme, dass die Geburtenraten relativ niedrig und die Lebenserwartung
relativ hoch waren, wenngleich letzteres umstritten ist. Die plausibelsten Schätzungen liegen bei
32-37 Jahren, wobei die Unsicherheit auf fehlende direkte Angaben über die Säuglingssterblichkeit
sowie auf die Notwendigkeit zurückzuführen ist, mit abgeleiteten Werten zu arbeiten (vgl. Fußnoten
zu Tabelle 1.4).
Die herkömmlichen Methoden der Geburtenbeschränkung in Japan (wie in China) waren
Abtreibung und Kindesmord. Im 18. Jahrhundert wurde die Größe der Familien durch Spätehen sowie
niedrigere Fruchtbarkeitsraten der Ehepaare weiter reduziert. Diese Entwicklung resultierte aus neuen
institutionellen Regelungen, wachsendem Pro-Kopf-Einkommen sowie höherem Pro-Kopf-Arbeitsaufwand.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts zwang das Tokugawa-Regime seine militärische Elite (Daimyo),
ihre Vasallen (Samurai) vom Land in Burgstädte umzusiedeln. Die Bauernschaft stand daher nicht mehr
unter strenger Kontrolle und verfügte über weitaus mehr Möglichkeiten, Produktivitätsgewinne für sich
selbst in Anspruch zu nehmen. Es wurden hohe Reisabgaben für den Unterhalt der Samurai verlangt,
doch handelte es sich dabei um mehr oder weniger fixe Abgaben, und die Steuerlast ging im Laufe der
Zeit zurück.
Im 17. Jahrhundert wurden umfangreiche Landerschließungs- und Bewässerungsprojekte durchgeführt; ferner wurden besseres Saatgut und mehr Düngemittel verwendet. Der Anteil der Landflächen, auf denen Reisarten angebaut wurden, die zwei Ernten zuließen, nahm enorm zu, und die Menge
43
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 1.8a Vergleich des Bevölkerungswachstum in Japan, China und Westeuropa, 0–1998
(in Tausend)
0
1000
1300
1400
1500
1600
1700
1820
1850
1870
1998
Japan
China
3 000
7 500
10 500
12 700
15 400
18 500
27 500
31 000
32 000
34 437
126 469
59 600
59 000
100 000
72 000
103 000
160 000
138 000
381 000
412 000
358 000
1 242 700
Westeuropa
24 700
25 413
58 353
41 500
57 268
73 778
81 460
132 888
164 428
187 532
388 399
Quelle: China: aus Anhang 3 und Maddison (1998a); Westeuropa: aus Tabelle 1.6a; Japan: aus Farris (1985), Honjo (1935), Taeuber (1958),
nach einigen Interpolationen.
Tabelle 1.8b Bevölkerungszuwachsraten in Japan, China und Westeuropa, 0–1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
0–1500
Japan
China
Westeuropa
0.11
0.04
0.06
1500–1700
1700–1850
0.28
0.15
0.18
1850–1998
0.10
0.73
0.47
0.93
0.75
0.58
Quelle: Abgeleitet von Tabelle 1.8a.
Tabelle 1.8c Urbanisationsquote in Japan, China und Westeuropa, 1000–1890
(Anteil der in Städten mit mindestens 10 000 Einwohnern lebenden Bevölkerung in %)
1000
1500
1820
1890
Quelle:
Japan
China
Westeuropa
n.v.
2.9
12.3
16.0
3.0
3.8
3.8
4.4
0.0
6.1
12.3
31.0
Anhangstabelle B.14, de Vries (1984), Perkins (1969) und Ishii (1937).
der kommerziell verwerteten landwirtschaftlichen Produkte (Baumwolle, Seide aus der Seidenraupenzucht, Ölsaaten, Zucker und Tabak) sowie die industrielle Nebennutzung weiteten sich rasch aus. Diese
Veränderungen führten zu höheren Realeinkommen, erforderten jedoch gleichzeitig einen intensiveren
Arbeitseinsatz, wobei die Zusatzbelastung für Frauen besonders groß war (Saito, 1996).
Unter diesen Umständen wurden große Familien als Belastung empfunden. Durch eine Reduzierung der Zahl der abhängigen Familienangehörigen konnte das Pro-Kopf-Einkommen erhöht oder
zumindest leichter aufrechterhalten werden. Geburtenbeschränkung war auch vom gesellschaftlichen
Standpunkt her akzeptabel. Die Dorfgemeinschaft war kollektiv für die obligatorischen Steuerabgaben
auf Reis verantwortlich, so dass niedrigere Abhängigkeitsraten der Wohlfahrt des ganzen Dorfes
zugute kamen. Das Risiko des Aussterbens einer Familie wurde durch die weitverbreitete Praxis der
Erwachsenenadoption beseitigt – indem z.B. Schwiegersöhne den Familiennamen und letztlich auch
44
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
den Familienbesitz übernahmen. Das japanische Erbschaftssystem entsprach mehr oder weniger dem
Erstgeburtsrecht, bei dem der Besitz einem einzigen Erben zufällt, im Gegensatz zu dem in China
praktizierten System der Aufteilung des Erbes auf sämtliche Angehörigen.
Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts erhöhten sich die japanischen Sterbe- und Geburtenraten
leicht. Hierbei könnte es sich allerdings teilweise nicht um einen effektiven, sondern einen nur scheinbaren Anstieg infolge der geänderten staatlichen Haltung und Praxis gehandelt haben. An die Stelle
der in der Tokugawa-Zeit geübten Toleranz gegenüber Abtreibung und Kindesmord war nunmehr die
Repression dieser Praktiken getreten, die leichter aufzudecken waren, da das neue BevölkerungsRegistrierungssystem der Meiji-Periode eine bedeutend effizientere Erfassung ermöglichte. Die japanische Familiengröße und das Bevölkerungswachstum waren jedoch weiterhin recht gering, gemessen
an den Normen anderer asiatischer Länder.
II
Pro-Kopf-BIP
Die langfristigen Schätzungen des Welt-BIP stammen aus allerjüngster Zeit. Die quantitativ ausgerichteten Forschungsarbeiten von Wirtschaftshistorikern über das Wachstum der Realeinkommen
blieben primär auf Europa konzentriert und waren in der Regel auf die letzten zwei Jahrhunderte
beschränkt. Das Wissen über frühere Jahrhunderte beruhte bis vor kurzem weitgehend auf Annahmen.
In Maddison (1995a) waren detaillierte Schätzwerte für verschiedene Sektoren der Weltwirtschaft ab 1820 sowie eine sehr grobe vorläufige Analyse für den Zeitraum 1500-1820 enthalten. In der
vorliegenden Untersuchung wurde sehr viel gründlicher auf die Daten für die Jahrhunderte vor 1820
eingegangen, unter Einbeziehung der Ergebnisse der Arbeiten von Maddison (1998a) über die chinesische Wirtschaftsleistung der letzten 2000 Jahre. Zwar beruhen meine Ausführungen auch weiterhin
in erheblichem Maße auf Annahmen, doch werden meine Daten und Hypothesen in Anhang A und B
so transparent wie möglich dargestellt, so dass der kritische Leser meine Resultate ohne weiteres
abändern, anpassen oder erhöhen kann, wenn sie ihm anfechtbar erscheinen.
Die Höhe und Veränderung des Pro-Kopf-BIP sind die wichtigsten allgemeinen Indikatoren für
die Veränderungen von Wohlstand und Produktionspotential; es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der
Pro-Kopf-Verbrauch langfristig weniger stark gestiegen ist, da ein zunehmender Anteil des Inlandsprodukts für Investitionen sowie für die öffentliche Verwaltung verwendet wurde. Die Arbeitsproduktivität entwickelt sich nicht immer parallel zum Pro-Kopf-Einkommen. Die in China unter der SongDynastie (960-1279) sowie in Japan im 17. und 18. Jahrhundert erzielten Fortschritte erforderten eine
erhebliche Steigerung des Pro-Kopf-Arbeitseinsatzes. Im 20. Jahrhundert erleben wir das umgekehrte
Phänomen. Der Pro-Kopf-Arbeitseinsatz ging in Westeuropa und in den großen Einwanderungsländern erheblich zurück (vgl. Anhang E).
Tabelle 1.8 enthält eine Zusammenfassung meiner Ergebnisse für das vergangene Jahrtausend.
Aus ihr gehen deutlich die außergewöhnlich langsame Aufwärtsentwicklung Westeuropas sowie einige
Ursachen der starken Diskrepanz zwischen dem Westen (Gruppe A) und der übrigen Welt (Gruppe B)
hervor.
Aus den langfristigen quantitativen Daten sind meines Erachtens folgende wichtige Schlussfolgerungen zu ziehen:
a)
Das Einkommen der westeuropäischen Bevölkerung hatte um das Jahr 1000 einen Tiefpunkt
erreicht. Das Einkommensniveau lag merklich unter dem des 1. Jahrhunderts, und es war niedriger
als in China, Indien und anderen Teilen Ost- und Westasiens.
45
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Abbildung 1.4 Pro-Kopf-BIP im Vergleich: China und Westeuropa,
400-1998
20 000
10 000
5 000
2 000
Westeuropa
1 000
China
Quelle: Vgl. Anhänge A, B und C. Die Ordinatenachse ist logarithmisch.
46
2000
1950
1900
1850
1800
1750
1700
1650
1600
1550
1500
1450
1400
1350
1300
1250
1200
1150
1100
1050
950
1000
900
850
800
750
700
650
600
550
500
450
400
450
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
Abbildung 1.5 Pro-Kopf-BIP: China und Vereinigtes Königreich,
1700-1998
100 000
10 000
Vereinigtes Königreich
1 000
China
100
1700
1750
1800
1850
1900
1950
2000
Abbildung 1.6 Pro-Kopf-BIP: China und Vereinigte Staaten,
1700-1998
100 000
10 000
Vereinigte Staaten
1 000
China
100
1700
1750
1800
1850
Quelle: Anhang A, B und C. Die Ordinatenachse ist logarithmisch.
47
1900
1950
2000
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
b)
Im 11. Jahrhundert fand eine Wende statt; damals setzte der wirtschaftliche Aufstieg Westeuropas
ein. Diese Entwicklung verlief zunächst langsam, aber bis 1820 hatte sich das Realeinkommen
bereits verdreifacht. Die geographischen Zentren und Merkmale der Wirtschaftsmacht veränderten sich. Die norditalienischen Stadtstaaten und insbesondere Venedig führten den Wachstumsprozess an und reaktivierten den Handel im Mittelmeerraum. Portugal und Spanien eröffneten
Handelsrouten zum amerikanischen Kontinent und nach Asien, waren jedoch nicht so dynamisch
wie die Niederlande, die um 1600 die wirtschaftliche Führungsmacht wurden, an deren Stelle
dann im 19. Jahrhundert das Vereinigte Königreich trat.
c)
Im 14. Jahrhundert holte Westeuropa China (die führende asiatische Wirtschaftsmacht) bei
der Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung ein (vgl. Abb. 1.4). Danach stagnierten dann die Pro-KopfErgebnisse Chinas und der meisten anderen asiatischen Länder mehr oder weniger bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Zunächst war die Stagnation auf die einheimischen Institutionen
und die nationale Politik zurückzuführen, sie wurde aber in der Folge durch die von den westlichen Hegemonialmächten betriebene kolonialistische Ausbeutung – besonders ausgeprägt ab
dem 18. Jahrhundert – noch verstärkt.
d)
Die Aneignung der natürlichen Ressourcen Nordamerikas durch die westeuropäischen Länder,
die Einwanderung europäischer Siedler und die Einführung ihrer Technologien und Organisationsprinzipien haben den wirtschaftlichen Aufstieg des Westens vom 18. Jahrhundert an um eine
wichtige neue Dimension erweitert. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Vereinigten
Staaten zur führenden Wirtschaftsmacht der Welt.
e)
Japan war eine Ausnahme unter den asiatischen Ländern. Im Laufe des 17. und 18. sowie in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts holte es China beim Pro-Kopf-Einkommen ein und überholte
es schließlich. Die Machtübernahme durch das Meiji-Regime im Jahr 1868 brachte einen bedeutenden institutionellen Wandel mit sich, der das Land in die Lage versetzen sollte, den Westen
einzuholen. In den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts war dies bei den Einkommen der Fall,
jedoch noch nicht bei der Produktivität.
f)
Die Kolonialisierung Lateinamerikas verlief in gewisser Weise ähnlich wie die Nordamerikas,
doch waren die iberischen Institutionen dem kapitalistischen Entwicklungsprozess weniger förderlich als die in Nordamerika eingeführten. In Lateinamerika gab es eine zahlenmäßig sehr
viel größere indigene Bevölkerung, deren Mitglieder wie Menschen zweiter Klasse behandelt
wurden, denen jeglicher Zugang zu Landbesitz oder Bildung verwehrt war. Die soziale Ordnung
wurde nach der Unabhängigkeit nicht grundlegend verändert. Langfristig verlief der Anstieg der
Pro-Kopf-Einkommen sehr viel langsamer als in Nordamerika, jedoch rascher als in Asien oder
Afrika.
g)
1820 war das afrikanische Pro-Kopf-Einkommen niedriger als im 1. Jahrhundert. Seither ist es
langsamer gestiegen als in allen anderen Regionen. 1998 lag das Einkommensniveau nur leicht
über dem westeuropäischen Niveau von 1820. Das Bevölkerungswachstum verläuft gegenwärtig
rascher als in jeder anderen Region – achtmal so rasch wie in Westeuropa.
h)
Die dynamischsten Wachstumsergebnisse wurden in den letzten zwei Jahrhunderten erzielt. Seit
1820 ist das Pro-Kopf-Einkommen in der Gruppe A um das 19fache und in der übrigen Welt um
mehr als das 5fache gestiegen – was alle früheren Verbesserungen unbedeutend erscheinen lässt,
zumal diese positive Entwicklung in einem äußerst knappen Zeitraum erfolgte.
Der Leser mag sich fragen, was an diesen Feststellungen neu ist. Die Antwort darauf lautet, dass
zunächst quantitative Angaben gemacht werden, die eine Klärung von Fragen erlauben, die bei einer
rein qualitativen Analyse im Unklaren belassen würden. Die Quantifizierung ermöglicht die Trennung
stilisierter Fakten von stilisierten Fantasievorstellungen, die gelegentlich mit der Realität verwechselt
48
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
werden. Quantitative Angaben können leichter in Frage gestellt werden, was wohl auch der Fall sein
wird. Sie tragen zur Präzisierung der wissenschaftlichen Debatte und zur Dynamik des Forschungsprozesses bei. Zudem ist ein globaler Überblick nützlich, da er eine Unterscheidung dessen ermöglicht, was normal und was außergewöhnlich ist.
Die vorliegenden Ergebnisse weichen in gewisser Hinsicht von früheren Interpretationen im Hinblick auf Dauer und Tempo des wirtschaftlichen Aufstiegs Westeuropas ab. In der Regel wurde der
Beginn um das Jahr 1500 angesetzt, als die erste Begegnung der Europäer mit Amerika stattfand und
Europa zum ersten Mal mit der Handelswelt Asiens direkt in Berührung kam. Max Weber schrieb den
Aufstieg Europas der Ausdehnung des Protestantismus zu, und seiner These wurde Aufmerksamkeit
zuteil, da sie mit der herkömmlichen Ansicht über den Beginn des europäischen Aufstiegs übereinstimmte. Ich hingegen bin nicht länger davon überzeugt, dass es um das Jahr 1500 beim Tempo der
Verbesserung des Pro-Kopf-Einkommens eine Zäsur gegeben hat.
Nach Kuznets (1966, Kapitel 1) ist unter „modernem Wirtschaftswachstum“ eine bestimmte
Wirtschaftsära zu verstehen, der „vom Ende des 15. bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts“ der
westeuropäische Handelskapitalismus sowie eine „frühere Epoche der Feudalorganisation“ vorausgegangen waren. Kuznets (1973, S. 139-141) machte plausibel erscheinende Ausführungen über das
Tempo des Pro-Kopf-Wachstums des BIP in Westeuropa in der Zeit des Handelskapitalismus. In
Maddison (1995a) habe ich Kuznets Hypothese bezüglich der Epoche des Handelskapitalismus akzeptiert, glaube jedoch nunmehr, dass das Wachstum langsamer vonstatten ging als von Kuznets angenommen und dass sich das Tempo der Verbesserung zwischen dem 11. und dem 15. Jahrhundert nicht
sehr verändert hat. Daher besteht offensichtlich kein Grund, zwischen Epochen der „Feudalorganisation“ und des „Handelskapitalismus“ zu unterscheiden. Ich würde den gesamten Zeitraum 1000-1820
folglich eher als „protokapitalistisch“ bezeichnen.
Ich teile ebenso wenig die Meinung von Kuznets hinsichtlich des Zeitpunkts, an dem der Übergang zu einem „modernen Wirtschaftswachstum“ (von mir als „kapitalistische Entwicklung“ bezeichnet) stattgefunden hat. Aus den heute vorliegenden Belegen ist zu schließen, dass dieser Übergang
nicht 1760, sondern um das Jahr 1820 anzusetzen ist. Die von dieser neuen Sicht ausgehenden Arbeiten von Crafts (1983 und 1992) und anderen Autoren haben dazu beigetragen, das alte Konzept eines
plötzlich einsetzenden rapiden Aufschwungs im England der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in
Frage zu stellen. Aus jüngsten Forschungsarbeiten über die Niederlande geht hervor, dass das Einkommen dort Ende des 18. Jahrhunderts höher war als im Vereinigten Königreich. Arbeiten aus den
letzten zwanzig Jahren über die aus quantitativer Sicht betrachtete Geschichte anderer westeuropäischer Länder enthalten weitere Gründe, den Übergang später anzusetzen und die bisher gültige These
der britischen Ausnahmeentwicklung aufzugeben.
Meine Analyse der Wirtschaftsleistung der Vereinigten Staaten zeigt – im Gegensatz zu den Ergebnissen von Gallman (1972) sowie Mancall und Weiss (1999) – eine rasche Steigerung im 18. Jahrhundert. Dieser Unterschied ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass in meiner Untersuchung
ungefähre Schätzwerte über die indigene Bevölkerung und ihr BIP sowie über die Aktivität der europäischen Siedler berücksichtigt wurden (ebenso für Australien, Kanada und Neuseeland).
Meine Beurteilung der Entwicklung Japans weicht von der herkömmlichen Meinung ab. Ich habe
die Wirtschaftsleistung des Landes während der Tokugawa-Zeit quantitativ erfasst und sie der Entwicklung Chinas gegenübergestellt. Die meisten Analysten konzentrieren sich auf Vergleiche zwischen
Japan und Westeuropa während der Meiji-Ära und lassen den asiatischen Kontext unberücksichtigt.
Gerschenkron (1965) und Rostow (1960 und 1963) betonten beide, dass das plötzliche „Abheben“ der Wirtschaftsaktivität in den westeuropäischen Ländern über das gesamte 19. Jahrhundert
gestaffelt erfolgte. Kuznets (1979, S. 131) schloss sich diesem Standpunkt an. Das Wachstum
beschleunigte sich in Westeuropa jedoch synchroner, als es diese Autoren dargestellt haben.
49
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 1.9a Wachstum des Pro-Kopf-BIP nach großen Regionen, 1000–1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
1000–1500
1500–1600
1600–1700
1700–1820
1820–1998
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Japan
Durchschnitt Gruppe A
0.13
0.00
0.03
0.11
0.14
0.00
0.03
0.13
0.15
0.17
0.09
0.12
0.15
0.78
0.13
0.18
1.51
1.75
1.93
1.67
Lateinamerika
Osteuropa und ehem. UdSSR
Asien (ohne Japan)
Afrika
Durchschnitt Gruppe B
0.01
0.04
0.05
–0.01
0.04
0.09
0.10
0.01
0.00
0.02
0.19
0.10
–0.01
0.00
0.00
0.19
0.10
0.01
0.04
0.03
1.22
1.06
0.92
0.67
0.95
Tabelle 1.9b Höhe des Pro-Kopf-BIP: Gruppen A und B, 1000–1998
(internationale Dollar von 1990)
1000
1500
1600
1700
1820
1998
Durchschnitt Gruppe A
405
704
805
907
1 130
21 470
Durchschnitt Gruppe B
440
535
548
551
573
3 102
Tabelle 1.9c Bevölkerung der Gruppen A und B, 1000–1998
(in Millionen)
1000
1500
1600
1700
1820
1998
Gruppe A insgesamt
35
76
95
110
175
838
Gruppe B insgesamt
233
362
461
493
866
5 069
Tabelle 1.9d BIP der Gruppen A und B, 1000–1998
(in Mrd. internationalen Dollar von 1990)
1000
1500
1600
1700
1820
1998
Gruppe A insgesamt
14.1
53.2
76.1
100.0
198.0
17 998
Gruppe B insgesamt
102.7
194.0
252.9
271.8
496.5
15 727
Quellen für Tabellen 1.9a bis 1.9d: Anhang B.
In Bezug auf die relativen Wirtschaftsergebnisse Europas und Asiens gibt es zwei Denkschulen.
Die gängigste Auffassung wurde 1776 von Adam Smith klar artikuliert. Er war kein Spezialist der
politischen Arithmetik, stellte jedoch für die siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts unter Zugrundelegung der „Arbeitskosten“ und anderer Daten folgende ordinale Klassifizierung in abnehmender
Rangordnung auf:
Niederlande
England
Frankreich
50
Die weltweite Entwicklung in ihren großen Konturen
Britische Kolonien in Nordamerika
Schottland
Spanien
Spanische Kolonien in Amerika
China
Bengalen (dessen Wirtschaft infolge der Ausbeutung durch die Ostindien-Kompanie gebeutelt
war).
Diese Standardtheorie wird auch von Landes (1973, S. 27) vertreten, dessen globale Beurteilung
– wie die von Smith – im Großen und Ganzen der meinen entsprach. „Westeuropa verfügte also, anders ausgedrückt, bereits vor der industriellen Revolution über einen gewissen Wohlstand – zumindest
im Verhältnis zu anderen Teilen der damaligen Welt und den vorindustriellen Gesellschaften von
heute. Er war das Produkt jahrhundertlanger allmählicher Akkumulation, deren Grundlage Investitionen, die Aneignung außereuropäischer Ressourcen und Arbeitskräfte sowie substantielle technologische Fortschritte bildeten, die sich nicht nur in der Erzeugung materieller Güter, sondern auch in der
Organisation und Finanzierung ihres Austausches und ihrer Verteilung niederschlugen ... Trotzdem
stieg in der Zeit zwischen dem Jahr 1000 und dem 18. Jahrhundert das Pro-Kopf-Einkommen
beträchtlich – es hat sich möglicherweise verdreifacht.“
In Maddison (1983) wurde der Standpunkt von Landes mit den von Bairoch zusammengestellten
Daten zum relativen Pro-Kopf-Einkommen (1981) verglichen. Bairoch zufolge war China im Jahr
1800 Westeuropa weit voraus, das Einkommen Japans und der übrigen Länder Asiens lag nur 5%
niedriger als das Europas, Lateinamerika hatte einen weiten Vorsprung vor Nordamerika und Afrika
erreichte etwa zwei Drittel des westeuropäischen Einkommensniveaus. Dieses äußerst unwahrscheinliche Szenario wurde im Fall Asiens, Lateinamerikas und Afrikas nie dokumentiert. Die für diese
Regionen angegebenen Zahlen sind im Wesentlichen auf Annahmen beruhende Schätzungen. Bairoch
vertrat konsequent die Ansicht, dass die reichen Länder die Länder der Dritten Welt in die Armut
gestürzt hätten (vgl. Bairoch, 1967), und er untermauerte seine Hypothesen durch speziell konstruierte
Argumente (vgl. die Kritik von Chesnais, 1987).
Seine Behauptungen fanden trotz der dürftigen Basisdaten Gehör. Nach Braudel (1985, Bd. 3,
S. 597) „können Historiker auch hier wieder einmal auf die Dienste Paul Bairochs zurückgreifen“, und
Braudel stellte fest, dass „kaum ein Zweifel besteht, dass Europa selbst nach Napoleons Sturz weniger
reich war als das von ihm ausgebeutete Universum“. André Gunder Frank (1998, S. 171 und 284)
führt Bairoch an und erklärt, dass „um 1800 Europa und die Vereinigten Staaten, nachdem sie lange
im Rückstand gewesen waren, plötzlich aufholten und dann Asien wirtschaftlich und politisch überflügelten“. Pomeranz (2000) zitiert Bairoch sorgfältiger (S. 16), seine Sinophilie führt ihn dann jedoch
zu der gleichen Schlussfolgerung. Seiner Ansicht nach (S. 111) „besteht kaum Grund zu der Annahme,
dass die Westeuropäer vor 1750 oder sogar 1800 produktiver waren als ihre Zeitgenossen in verschiedenen anderen dicht besiedelten Regionen der alten Welt.“
Maddison (1983) verglich die Evaluierungen von Landes und Bairoch miteinander und stellte
fest: „Diese quantitativen, bemerkenswert widersprüchlichen Schlussfolgerungen haben sehr verschiedene analytische Konsequenzen. Wenn Bairoch Recht hat, muss ein Großteil der Rückständigkeit der
Dritten Welt wohl auf die koloniale Ausbeutung zurückgeführt werden, und der europäische Vorsprung kann zu einem sehr viel geringeren Teil der fortschrittlichen Wissenschaft, Jahrhunderten
langsamer Wohlstandsakkumulation sowie den soliden Organisations- und Finanzstrukturen Europas
zugeschrieben werden.“
51
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Auf Grund meiner langwierigen Bemühungen um Zusammenstellung quantitativer Daten zu diesem Thema komme ich zu dem Schluss, dass Bairoch und seine Epigonen hier gänzlich irren. Die
Ablehnung ihrer Thesen bedeutet jedoch nicht, dass die Bedeutung der kolonialen Ausbeutung
geleugnet werden soll; es dient hingegen dem besseren Verständnis, wenn die Stärke des Westens und
die Schwäche Asiens um das Jahr 1800 realistischer betrachtet werden.
Das größte Problem bei der Analyse des Wachstums besteht darin zu erklären, warum sich eine
so starke Diskrepanz zwischen der fortgeschrittenen kapitalistischen Gruppe und dem Rest der Welt
entwickelt hat. Es gibt natürlich einige historische Beispiele für konvergierende Entwicklungen, so
z.B. der Aufstieg Europas aus der Talsohle, das schließlich China überholt hat, sowie Japan, das in der
Tokugawa-Zeit China und später die fortgeschrittene kapitalistische Gruppe einholte. In den „goldenen Jahren“ nach dem Zweiten Weltkrieg hat Westeuropa einen Großteil seines Rückstands gegenüber
den Vereinigten Staaten aufgeholt; in den letzten 25 Jahren konnte auch das wieder erstarkende Asien
(China, Indien, die so genannten Tigerstaaten und andere Länder) seinen Rückstand ganz erheblich
verringern.
Wenn wir versuchen, die Ursachen für die Diskrepanz zwischen den Ländern zu ermitteln und zu
verstehen, wie der Rückstand verschiedener Teile der Weltwirtschaft aufgeholt werden kann, müssen
wir feststellen, dass es kein allgemein gültiges Schema für das gesamte Jahrtausend gibt. Je nach
Ort oder Zeitraum wirkten unterschiedliche Kräfte. In Kapitel 2 wird der Versuch unternommen, die
Veränderungen herauszuarbeiten, die sich in Bezug auf die Wesensmerkmale sowohl der wirtschaftlichen Führungsmächte als auch der wirtschaftlich rückständigen Länder während des vergangenen
Jahrtausends vollzogen haben.
52
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Kapitel 2
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen
auf die übrige Welt, 1000-1950
Eines der Hauptmerkmale der Weltentwicklung, das unsere makroökonomischen Statistiken verdeutlichen, ist der außergewöhnliche Charakter der langfristigen Wirtschaftsleistung Westeuropas. Bis
zum Jahr 1000 war das Einkommensniveau Westeuropas unter das Asiens und Nordafrikas gesunken.
Nach einer längeren Phase des Wiederaufstiegs hatte es im 14. Jahrhundert China (das damals reichste
Land) eingeholt. Bis 1820 erreichte es ein Einkommens- und Produktivitätsniveau, das mehr als doppelt so hoch war wie in der übrigen Welt. 1913 lag das Einkommensniveau in Westeuropa und in den
großen Einwanderungsländern mehr als sechs Mal so hoch wie in der übrigen Welt.
Um zu verstehen, welche Kräfte den Aufstieg des Okzidents herbeiführten und wie sich seine
stärkere Dynamik gegenüber der übrigen Welt erklärt, ist es sinnvoll, die Interaktionen des Okzidents
mit den anderen Weltregionen über einen längeren Zeitraum hinweg zu untersuchen. Da eine umfassende Analyse aller Facetten der Weltwirtschaft in diesem Rahmen nicht realisierbar ist, beschränkt
sich das vorliegende Kapitel auf vier historische Fälle. Ein großer Vorteil dieser Detailanalyse besteht
darin, dass sie zeigt, wie irreführend es ist, die Erfahrungen der westlichen Länder als homogen oder
monolithisch zu betrachten.
Beim ersten Fallbeispiel handelt es sich um die Republik Venedig – die vom 11. bis zum
16. Jahrhundert die reichste und dynamischste westeuropäische Volkswirtschaft war.
Der zweite Fall ist Portugal. Wenn der Wohlstand dieses Landes auch zu keiner Zeit den
Venedigs erreichte, so wurden dort doch Schiffe konstruiert und Navigationstechniken entwickelt, die
es ermöglichten, neue Seewege zu erschließen und Handelsbeziehungen zu Afrika und Asien aufzunehmen. Portugal war der Wegbereiter der europäischen Expansion im Atlantik, entdeckte im Jahr
1500 Brasilien und gab den Auftakt zu drei Jahrhunderten Kolonialherrschaft in Amerika.
Der dritte Fall sind die Niederlande, die im Zeitraum 1600-1820 mit ihrem Pro-Kopf-Einkommen
in Europa an erster Stelle lagen, sich durch einen hohen Grad internationaler Öffnung und Spezialisierung auszeichneten und in Asien über ein weit ausgedehntes Handelsimperium verfügten.
Der vierte untersuchte Fall ist das Vereinigte Königreich, das dem niederländischen Modell internationaler Spezialisierung und Handelsentwicklung folgte, ein noch weit größeres Kolonialreich gründete und im Bereich der Industrie- und Verkehrstechnik bahnbrechende Leistungen hervorbrachte.
Dass wir uns hier auf die außergewöhnliche Geschichte des Okzidents konzentrieren, könnte als
Eurozentrismus interpretiert werden, aber die westlichen Länder waren nun einmal die erfolgreichsten,
und ihre Erfahrungen bilden die beste Basis, wenn man die maßgeblichen Faktoren für wirtschaftliches Wachstum ergründen will. Eine Analyse ihrer Interaktion mit dem Rest der Welt erhellt die
Ursachen für wirtschaftliche Rückständigkeit und gibt Aufschluss darüber, inwieweit der Vorsprung
der westlichen Länder hierzu beigetragen haben könnte.
53
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Der Aufstieg des Okzidents war von Gewalt gegenüber anderen Teilen der Welt begleitet. Die
Kolonisierung Amerikas durch die Europäer bedeutete die Ausrottung, Ausgrenzung oder Unterwerfung seiner Ureinwohner. Das Schwergewicht der Beziehungen Europas zu Afrika lag drei Jahrhunderte lang auf dem Sklavenhandel. Das Ziel der Kriege, die Europa von Mitte des 18. bis Mitte des
20. Jahrhunderts mit asiatischen Ländern führte, bestand darin, Kolonien oder Handelsprivilegien zu
erwerben bzw. zu behalten. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung des Okzidents kam es aber auch zu
verheerenden Kriegen innerhalb Europas und einer Beggar-your-Neighbour-Politik. Der Vorsprung
Venedigs führte zu Auseinandersetzungen mit Genua, und Portugal geriet mit den Niederlanden in
Konflikt. Die Niederlande kämpften achtzig Jahre lang um die Unabhängigkeit von Spanien, führten
vier Kriege gegen England und noch mehr gegen Frankreich. Das Vereinigte Königreich lebte in der
Zeit von 1688 bis 1815 über 60 Jahre lang und in der Zeit von 1914 bis 1945 nochmals zehn Jahre
lang im Krieg mit anderen westeuropäischen Ländern.
Vor den ausführlichen Fallstudien empfiehlt sich ein kurzer Überblick über den Entwicklungsprozess der westeuropäischen Länder vom 1. bis zum 10. Jahrhundert und in der Zeit von 1000
bis 1500.
I
Der Niedergang Europas zwischen dem 1. und 10. Jahrhundert
Das 1. und 2. Jahrhundert sahen die Blütezeit des Römischen Reichs, eines politischen Gebildes,
das sich von der schottischen Grenze bis nach Ägypten erstreckte und in Europa eine Bevölkerung von
20 Millionen, in Westasien von nochmals 20 Millionen und in Nordafrika von 8 Millionen umfasste1.
Innerhalb dieses Gebiets galt ein gemeinsamer Rechtsrahmen, und Sicherheit wurde durch die Pax
Romana gewährleistet. Es gab etwa 65 000 km gepflasterte Straßen2; 5% der Bevölkerung waren
Städter mit einer regen Säkularkultur3. Die größten Städte waren mit Aquädukten, öffentlichen Bädern
und Brunnen, Amphitheatern, Büchereien, Tempeln und anderen öffentlichen Gebäuden ausgestattet.
Das Mittelmeer war ein römisches Binnengewässer, über das als Tribut zu entrichtende Getreidelieferungen von Alexandrien und Karthago zu den römischen Hafenstädten Puteoli (bei Neapel) und Portus
Novus (bei Rom) gelangten. Seide und Gewürze aus Asien wurden auf dem Landweg über Antiochia
sowie am Roten Meer entlang bis nach Ägypten befördert. Bereits im 1. Jahrhundert wussten die
Bürger des Römischen Reichs (Griechen, Syrer und Juden) die Monsun-Winde zu nutzen, um mit
Westindien direkten Handel zu treiben4.
Der römische Imperialismus basierte auf Plünderungen, Sklavenhaltung und der Fähigkeit, durch
Militärmacht Kontrolle auszuüben. Die Schwierigkeiten, ein so großes System zu verwalten, traten
bereits im Jahr 285 zu Tage, als Diokletian die Aufteilung in ein West- und ein Ostreich vornahm. Mit
der Zeit wurde die Kapazität des Weströmischen Reiches, Steuern und Tribut zu erheben, ausgehöhlt.
Zur Verstärkung seiner Truppen musste es sich mehr und mehr auf Barbaren stützen. Als diese revoltierten, brach das System zusammen.
Im 5. Jahrhundert war das Weströmische Reich vollständig zerfallen. Die Herrschaft über
Gallien, Spanien, Karthago und den größten Teil Italiens übernahmen des Schreibens und Lesens
unkundige barbarische Invasoren, und Britannien wurde aufgegeben. Im 6. Jahrhundert wurden
Italien, Spanien und Nordafrika durch den oströmischen Kaiser vorübergehend zurückerobert. Das
endgültige Aus kam mit der Eroberung Ägyptens, Nordafrikas, Spaniens, Siziliens, Syriens und
Palästinas durch die Araber zwischen 640 und 800. Von der römischen Zivilisation blieb allein das
Byzantinische Reich.
54
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Die wichtigsten zwischen dem 1. und dem 10. Jahrhundert eingetretenen Veränderungen waren:
a) der Zusammenbruch einer riesigen zusammenhängenden politischen Einheit, die sich nie wieder
erheben konnte und an deren Stelle eine zersplitterte, fragile und instabile Struktur trat; b) das Verschwinden städtischer Zivilisation und das Überwiegen von autarken, relativ isolierten, völlig ungebildeten ländlichen Gemeinwesen in Regionen, wo Feudalherren einer geknechteten Bauernschaft Einkünfte in Form von Sachleistungen abpressten; c) ein fast völliger Abbruch der Handelsbeziehungen
zwischen Westeuropa, Nordafrika und Asien5.
Der belgische Historiker Pirenne (1939) gibt eine prägnante Beschreibung der Situation im
9. Jahrhundert: „Wenn man bedenkt, dass zur Zeit der Karolinger keine Goldmünzen mehr geprägt
wurden, der Geldverleih mit Zinsen verboten war, es den Berufsstand der Kaufleute nicht mehr gab,
keine orientalischen Erzeugnisse (Papyrus, Gewürze und Seide) mehr eingeführt wurden, sich der
Geldumlauf auf ein Minimum beschränkte, der einfache Mann weder lesen noch schreiben konnte,
Steuern nicht mehr systematisch erhoben wurden und die Städte lediglich Festungen waren, so kann
man ohne weiteres sagen, dass es sich hier um eine Zivilisation handelte, die auf ein rein agrarwirtschaftliches Entwicklungsstadium zurückgefallen war und die für die Erhaltung ihres sozialen Gefüges
keinen Handel, keine Kredite und keinen regelmäßigen Warenaustausch mehr brauchte“6.
II
Westeuropa nimmt einen neuen Aufschwung und drängt an die Spitze,
1000-1500
In der Zeit von 1000 bis 1500 erhöhte sich die Bevölkerungszahl in Westeuropa schneller als in
irgendeinem anderen Teil der Welt. Die Bevölkerung nahm in den nordischen Ländern wesentlich
stärker zu als in den ans Mittelmeer grenzenden Ländern. Der Anteil der städtischen Bevölkerung (die
in Städten mit mehr als 10 000 Einwohnern lebte) stieg von 0 auf 6%, ein klares Indiz für ein Aufblühen von Handel und Gewerbe. Ernährt werden konnte diese wachsende Bevölkerung dank der
Ausweitung der ländlichen Siedlungsgebiete, vor allem in den Niederlanden, Norddeutschland und an
der Ostseeküste, sowie dank der allmählich fortschreitenden Verbreitung technischer Neuerungen, die
die Produktivität in der Landwirtschaft steigerten. Die klassische Analyse dieser Veränderungen auf
dem Lande liefert Lynn White (1962): „ ... der Großpflug, offene Felder, die neue Integration von
Landwirtschaft und Viehzucht, die Dreifelderwirtschaft, moderne Pferdegeschirre, Hufeisenbeschlag
und Eggen-Zugbalken, all dies fügte sich bis zum Jahr 1100 zu einem kompletten landwirtschaftlichen
Produktionssystem zusammen, womit eine Zone bäuerlichen Wohlstands entstand, die sich vom
Atlantik bis zum Dnjepr über ganz Nordeuropa erstreckte.“ White dürfte den Zeitpunkt der von diesen
technischen Verbesserungen ausgehenden Effekte zu früh angesetzt und auch das Ausmaß des
Wohlstands überzeichnet haben, doch waren diese Neuerungen zweifellos von grundlegender Bedeutung. Die Umstellung von einer Zweifelder- auf eine Dreifelderwirtschaft sicherte zudem eine bessere
Lebensmittelversorgung und verringerte das Auftreten von Hungersnöten. Ein wachsender Teil der
landwirtschaftlichen Erzeugung wurde als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Kleidung
(Wolle), Wein und Bier (Getreide und Trauben) sowie als Viehfutter für den größer werdenden
Pferdebestand verwendet. Es kam zu einer gewissen regionalen Spezialisierung in der Nahrungsmittelproduktion, und der internationale Handel mit Getreide, Lebendvieh, Käse, Fisch und Wein
nahm zu. Der expandierende Salzhandel und die Wiederaufnahme der Gewürzeinfuhren trugen zur
Verfeinerung des Geschmacks von Fleisch und Fisch und zur Verbesserung der Konservierungsmöglichkeiten bei.
55
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Der verstärkte Einsatz von Wasser- und Windmühlen erhöhte das Energieangebot für industrielle
Verfahren, besonders in neuen Gewerbezweigen wie z.B. der Zucker- und Papierherstellung. In der
Wollindustrie kam es zu einer internationalen Spezialisierung. Englische Wolle wurde nach Flandern
ausgeführt und dort zu Tuch verarbeitet, das dann in ganz Europa vertrieben wurde. Die im 12. Jahrhundert entstandene Seidenindustrie erreichte im Jahr 1500 in Südeuropa einen erstaunlichen Umfang.
Die Qualität der Textilwaren hatte sich wesentlich verbessert und die Auswahl an Farben und Mustern
vergrößert. Genua begann im 13. Jahrhundert, Brügge regelmäßig mit Alaun aus Chios zu beliefern.
Die Fortschritte in der Bergbautechnik und der Metallurgie ermöglichten Veränderungen und Weiterentwicklungen in der europäischen Waffenherstellung (vgl. Nef, 1987, und Cipolla, 1970). Verbesserungen im Schiffbau und im Bereich der Navigationstechniken begünstigten vom 11. bis zum
15. Jahrhundert die Ausweitung des Handels im Mittelmeerraum, in der Ostsee, auf den AtlantikInseln und an der Nordwestküste Afrikas.
In dieser Zeit waren bedeutende Fortschritte im Bankwesen, in der Buchhaltung und im Bereich
der Seefahrtversicherung zu verzeichnen. Mit der Entwicklung und Verbreitung von Universitäten, der
Expansion der humanistischen Bildung und – Ende des 15. Jahrhunderts – der Erfindung der Buchdruckerkunst kam es zu einem allgemeinen Aufschwung des geistigen Lebens.
In der politischen Ordnung traten bedeutende Veränderungen ein. Skandinavische Freibeuter, die
Angriffe auf England, die Niederlande und die Normandie verübt hatten und bis tief ins Innere Russlands eingefallen waren, waren zu Kaufleuten geworden, die in Skandinavien selbst, in England, in der
Normandie und Sizilien effektive Regierungssysteme errichteten. Es begann sich ein nationalstaatliches System herauszubilden mit einer weniger starken Aufsplitterung politischer Macht, wie sie für
das Mittelalter charakteristisch war. Der Hundertjährige Krieg (1337-1453) war nicht die letzte Auseinandersetzung zwischen England und Frankreich, nach Beendigung dieses Krieges war die nationale
Identität beider Länder jedoch wesentlich klarer definiert. Am Ende des 15. Jahrhunderts bildete sich
mit der Reconquista die spanische Identität moderner Prägung heraus. Umgekehrt verhielt es sich im
östlichen Mittelmeerraum. Nach der Einnahme Konstantinopels im Jahr 1453 dehnte das Osmanische
Reich seine Vormachtstellung binnen kurzer Zeit auf den Balkan, Syrien, Palästina, Ägypten und
Nordafrika aus.
Bei Schätzungen der BIP-Entwicklung in Europa und der übrigen Welt in diesem Zeitraum ist
natürlich eine erhebliche Fehlermarge gegeben. In Kapitel I und Anhang B wird die Ausgangsbasis für
meine Schätzungen so transparent wie möglich erläutert. Meine Schlussfolgerung lautet, dass sich das
Pro-Kopf-Einkommen in Westeuropa im Zeitraum 1000-1500 nahezu verdoppelte, während es sich in
China um etwa ein Drittel und in anderen Teilen Asiens weniger erhöhte und in Afrika etwas zurückging. Es besteht kein Zweifel daran, dass das Einkommens- und Produktivitätsniveau Westeuropas am
Ende des Zeitraums über dem Asiens und Afrikas lag, wohingegen es im Jahr 1000 darunter gelegen
hatte. Was Westasien und Ägypten betrifft, so scheint diese Auffassung auch von Spezialisten islamischer Geschichte, wie z.B. Abulafiah (1987) und Abu-Lughod (1989), geteilt zu werden; das dem
Vergleich zwischen China und Westeuropa zu Grunde liegende Material wird in Maddison (1998a)
eingehend untersucht.
Die Regionen, die innerhalb Europas in diesem Zeitraum die größten wirtschaftlichen Fortschritte
erzielten, waren a) Flandern, als Zentrum der Wolleherstellung, des internationalen Bankwesens und
des Handelsverkehrs in Nordeuropa und b) die italienischen Stadtstaaten – Florenz, Genua, Pisa,
Mailand und Venedig. Der erfolgreichste und reichste dieser Stadtstaaten war Venedig. Im folgenden
Abschnitt werden daher die Antriebskräfte der kapitalistischen Entwicklung Venedigs näher untersucht.
56
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
III
Die Republik Venedig
Venedig spielte eine ganz wesentliche Rolle dabei, die Wirtschaft des Mittelmeerraums wieder
dem Handel mit Westeuropa zu öffnen und Verbindungen zu Nordeuropa aufzubauen. Es schuf die
institutionellen Grundlagen für den Handelskapitalismus, erzielte bedeutende Verbesserungen in der
Seeverkehrstechnik und ermöglichte es dem Westen, in Asien und Ägypten angewandte Techniken für
die Erzeugung und Verarbeitung von Rohrzucker sowie Verfahren der Seidenherstellung, Glasbläserei
und Juwelierskunst kennen zu lernen.
Von allen Stadtstaaten Norditaliens gelang es Venedig am besten, eine von einer kapitalistischen
Handelselite beherrschte Republik zu gründen und aufrechtzuerhalten. Dank seiner geographischen
Lage und seiner eigenen Verteidigungsbereitschaft, konnte Venedig seine Autonomie sichern und sich
Forderungen von Feudalherren und Monarchen entziehen.
Venedig schuf politische und rechtliche Institutionen, die Eigentumsrechte und die Einhaltung
von Verträgen garantierten. Es spielte eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung von Devisen- und Kreditmärkten, Bankwesen und Buchhaltung7. Es führte ein System ein, das effektiv einen Staatsanleihemarkt darstellte, zunächst mit Zwangsanleihen, für die regelmäßig Zinsen gezahlt wurden. Sein Fiskalsystem war effizient und begünstigte Handelsgewinne sowie die Kapitalakkumulation. Die Einnahmen kamen aus Verbrauchsteuern und auf Grundbucheintragungen basierenden Vermögensteuern.
Venedig war ein toleranter und relativ weltlicher Staat, in dem ausländische Kaufleute
(Armenier, Griechen und Juden) ihrem Gewerbe ebenso frei nachgehen konnten wie einheimische.
Obwohl die Lagunenrepublik theoretisch zur katholischen Welt gehörte, genoss sie privilegierte
Beziehungen zum Byzantinischen Reich. Sie verstärkte 828 ihre Unabhängigkeit von der Kirche,
indem sie die Reliquien des hl. Markus von Alexandria erwarb. Venedig war de facto sowohl vom
Papst wie auch vom Patriarchen unabhängig.
Die venezianische Diplomatie zeichnete sich durch einen hohen Grad an Professionalität, Pragmatismus und Opportunismus aus und war besonders auf die Wahrung ihrer Handelsinteressen
bedacht. Sie passte sich politischen Veränderungen erstaunlich gut an. Im 9. und 10. Jahrhundert
bestanden die Handelsaktivitäten Venedigs hauptsächlich darin, Konstantinopel mit Getreide und
Wein aus Italien, Holz und Sklaven aus Dalmatien und Salz aus seinen Lagunen zu beliefern und
Seide und Gewürze zurückzubringen. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts geriet Byzanz unter Druck, als
die türkischen Seldschuken Anatolien einnahmen und die Franken in seine süditalienischen Territorien
einfielen. Als Gegenleistung für die Unterstützung der byzantinischen Seestreitkräfte erhielt Venedig
im Jahr 1082 von Byzanz Handelsprivilegien (Befreiung von Verbrauchsteuern). 1204 dagegen spielte
Venedig eine maßgebliche Rolle dabei, die Anführer des 4. Kreuzzugs dazu zu bewegen, Konstantinopel und nicht den Islam als Angriffsziel zu wählen. Venedig brachte dies Stützpunkte in Dalmatien
und ein Kaiserreich in der Ägäis ein. Es erwarb die südliche Hälfte des Peloponnes, Korfu und Kreta,
besetzte nahezu die Hälfte Konstantinopels und bekam Zutritt zum Handel im Schwarzen Meer und
im Asow’schen Meer. 1261 eroberte der Kaiser von Byzanz Konstantinopel zurück und gewährte
Venedigs Rivalin, Genua, Handelspräferenzen und einen territorialen Stützpunkt. Venedig behielt
jedoch seine griechischen Kolonien, und venezianische Schiffe konnten bald ins Schwarze Meer zurückkehren, wo der Handel florierte, nachdem die Mongolen die Seidenstraße durch Zentralasien
wieder frei gemacht hatten.
Die westeuropäischen Kreuzfahrer gründeten nach erfolgreichen Angriffen auf die Küsten
Syriens und Palästinas im Zeitraum 1099-1291 kleine christliche Staaten in Antiochia, Akko und
Jerusalem. Sie gewährten den Kaufleuten aus Pisa und Genua, die ihren Eroberungskrieg mitfinanziert
57
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
hatten, Handelsprivilegien. Die Venezianer hatten hierzu keinen Beitrag geleistet, konnten aber dennoch einen Handelsstützpunkt in Tyrus gründen.
Das türkische Mamelucken-Regime eroberte Syrien und Palästina 1291 zurück und herrschte in
Ägypten bis zum Jahr 1517. Auch hier gelang es den Venezianern, privilegierte Handelsbeziehungen
herzustellen, indem sie große Mengen der asiatischen Gewürze aufkauften, die von den KarimiKaufleuten Alexandriens von Asien über das Rote Meer nach Ägypten gebracht wurden. Die Venezianer hatten dafür Metalle, Rüstungen, Wollwaren und Sklaven anzubieten. Die Sklaven stammten aus
dem Balkan und aus Russland. Die Männer waren für den Militärdienst in der Armee der Mamelucken, die Frauen für deren Harems bestimmt.
Als die Türken 1453 Konstantinopel einnahmen, verhandelte Venedig unverzüglich über die Aufrechterhaltung seiner Handelsrechte, doch verriegelten die Osmanen 1479 den Zugang zum Schwarzen
Meer. 1517 eroberten sie Ägypten und setzten dem venezianischen Gewürzhandel praktisch ein Ende.
Venedig verfügte über wichtige Verbindungen zu Nordeuropa. Der Handel mit Flandern wurde
größtenteils auf Messen in der Champagne abgewickelt, wo italienische Händler Wollwaren kauften
und Seide, Gewürze, Alaun, Zucker und Lacke verkauften8. Nach der Öffnung der Seeverbindung
zwischen dem westlichen Mittelmeerraum und dem Atlantik erfolgte der Warenaustausch mit
Flandern direkt auf dem Seeweg.
Eine zweite Route führte von Venedig über den Brennerpass nach Augsburg, Nürnberg, Prag und
Wien. Deutsche Kaufleute brachten Metalle und Metallwaren (vor allem Silber) nach Venedig, die die
Venezianer bis in die Poebene und im Mittelmeerraum vertrieben. Um für die deutschen Kaufleute
Unterkünfte und die für den Handel erforderlichen Einrichtungen bereitzustellen, wurde 1318 in
Venedig das Handelshaus Fondaco dei Tedeschi gegründet.
Mit dem Aufbau seines Handelssystems schuf Venedig ein politisches Imperium. Im Jahr 1171
zählte die Stadt Venedig etwa 66 000 Einwohner und blieb bis zum 16. Jahrhundert, als die Bevölkerung mit rund 170 000 ihren Höchststand erreichte, eine der drei größten Städte Westeuropas. Venedig
wurde von drei demographischen Katastrophen erschüttert. 1347-1348 starben nahezu 40% der Bevölkerung an der Pest, die von einer Galeere aus dem Schwarzmeer-Hafen Kaffa eingeschleppt worden
war. Zwei weitere Pestepidemien traten 1575-1577 und 1630 auf, wobei jeweils etwa ein Drittel der
Bevölkerung hinweggerafft wurde9.
Im überseeischen Teil des Reichs (dominio da mar) lebten etwa eine halbe Million Menschen. Im
Zeitraum 1388-1499 erwarb Venedig auf dem italienischen Festland (terraferma) ein Territorium, das
Udine, Friaul, Vicenza, Padua, Verona, Bergamo, Rovigo und Cremona umfasste. Die Bevölkerung
dieser Territorialstaaten betrug 1557 etwa 1,5 Millionen (vgl. Tabelle 2.1).
Tabelle 2.1 Bevölkerung des venezianischen Imperiums im Jahr 1557
(in Tausend)
Stadt Venedig
Laguneninseln
Istrien
Dalmatien
Quelle
158
50
52
93
Ionien
Kreta
Terraferma
Insgesamt
52
194
1 542
2 141
Beloch (1961), S. 164 und 352. Die Bevölkerung Zyperns (das von 1489–1573 unter venezianischer Herrschaft stand) betrug um die
Mitte der fünfziger Jahre des 16. Jahrhunderts wahrscheinlich etwa 160 000, vgl. McEvedy und Jones (1978), S. 119.
58
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Tabelle 2.2 Größe und Ladekapazität venezianischer Handelsgaleeren, 1318–1559
Länge
1318 für Fahrten nach Zypern
1320 für Fahrten nach Flandern
1420 für Fahrten nach Flandern
1549–1559 Handelsgaleeren
Quelle:
Breite
(Meter)
40.4
40.4
41.2
47.8
5.3
5.7
6.0
8.0
Tiefe
2.4
2.4
2.7
3.1
Ladekapazität
(Tonnen)
110
115
170
280
Lane (1966), S. 369.
Der venezianische Staat spielte als größter Schiffbauer eine führende Rolle im Handel; er verpachtete staatseigene Galeeren an Privatunternehmen, er organisierte Galeerenkonvois und legte ihre
Terminkalender fest. Er entwickelte die für den venezianischen Handel und die Handelsverhältnisse
im Mittelmeer geeigneten Schiffstypen. Diese staatliche Aktivität verringerte die Kosten für private
Kaufleute, indem sie den Handel vor feindlichen Angriffen sicher machte. Hierdurch war es zudem
auch kleineren Handelsunternehmen mit begrenztem Kapital möglich, am internationalen Handel
teilzunehmen.
Das größte Unternehmen in Venedig war das Arsenal, eine 1104 gegründete staatliche Werft. Sie
blieb jahrhundertelang in Betrieb und hat Tausende von Arbeitern beschäftigt.
Zwischen dem 10. und 14. Jahrhundert kam es zu bedeutenden Veränderungen im Schiffbau und
bei den Navigationstechniken. Beim Bau römischer Schiffe wurde zunächst der Schiffsrumpf gefertigt, der durch eine aufwendige wasserdichte Holzkonstruktion aus Zapfenverbindungen Halt bekam;
in einem zweiten Arbeitsgang wurden dann Spanten und Streben eingefügt. Im 11. Jahrhundert kam es
zur Umstellung auf ein Verfahren, das die Kosten wesentlich senkte. Kiel und Spanten wurden zuerst
hergestellt und dann ein Rumpf aus genagelten Planken hinzugefügt; für die wasserdichte Versiegelung der Schiffe wurden Fasern und Teer verwendet. Eine spätere Entwicklung war das AchterstevenSteuerruder, das an die Stelle des Schwanzruders trat und mit dem die Schiffe besser zu steuern waren.
Erleichtert wurde die Steuerung durch das Anbringen von Kurbeln und Riemenscheiben10. Auch die
Segel wurden verbessert, namentlich durch die Einführung des schräg zum Mast angebrachten
dreieckigen Lateinersegels, das an die Stelle des senkrecht zum Mast befestigten rechteckigen Segels
trat. Mit der Zeit nahm auch die Größe der Schiffe zu (vgl. Tabelle 2.2).
Bald nach 1270 wurde der Kompass im Mittelmeerraum angewendet. Dies und die bessere
Qualität des Kartenmaterials machten die Segelschifffahrt das ganze Jahr über möglich. Vorher waren
die im Handel mit Ägypten tätigen Schiffe zwischen Oktober und April nicht ausgelaufen. Mit
dem Kompass konnten sie nun statt einer zwei Hin- und Rückfahrten im Jahr von Venedig nach
Alexandrien unternehmen.
Es existierten zwei venezianische Schiffstypen. Die Frachtschiffe für die Beförderung von
Massengütern („Koggen“) wurden auf privaten Werften gebaut. Sie wurden ausschließlich als Segelschiffe betrieben und hatten eine Länge, die etwa dem Dreifachen ihrer Breite entsprach. Die Galeeren
für den Passagiertransport, hochwertige Güter und die Kriegsmarine wurden im Arsenal gebaut. Sie
waren länger, hatten einen breiteren Ladebaum und 200 Besatzungsmitglieder, die meisten davon
Ruderer. Die Galeeren waren schneller und für die Hafenein- und -ausfahrt sowie bei Windstille
leichter manövrierbar. Die venezianischen Galeeren hatten üblicherweise 25 Bänke auf jeder Seite,
und auf jeder Bank saßen drei Ruderer. Die Bänke waren schräg angeordnet und die Ruder unterschiedlicher Länge, so dass sich die Ruderer nicht gegenseitig behinderten. Zur Besatzung dieser Art
von Schiffen gehörten 150 Ruderer und etwa 30 Armbrustschützen für Verteidigung und Angriff, die
59
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 2.3 Bevölkerung der 31 größten westeuropäischen Städte, 1500–1800
(in Tausend)
1500
1600
1700
1800
Neapel
Venedig
Mailand
Florenz
Genua
Rom
Bologna
Palermo
150
100
100
70
60
55
55
55
281
139
120
70
71
105
63
105
216
138
124
72
80
138
63
100
427
138
135
81
91
163
71
139
Paris
Lyon
Rouen
Bordeaux
100
50
40
20
220
40
60
40
510
97
64
50
581
100
81
88
Antwerpen
Gent
Brüssel
Brügge
Amsterdam
40
40
35
30
14
47
31
50
27
65
70
51
80
38
200
60
51
74
32
217
Nürnberg
Köln
Lübeck
Danzig
Augsburg
Wien
36
30
24
20
20
20
Deutschland und Österreich
40
40
40
42
23
n.a.
50
50
48
21
50
114
27
42
23
40
28
231
Granada
Valencia
Lissabon
Barcelona
Cordoba
Sevilla
Madrid
70
40
30
29
27
25
0
Iberische Halbinsel
69
n.a.
65
50
100
165
43
43
45
28
90
96
49
110
55
80
180
115
40
96
167
London
40
200
Italien
Frankreich
Niederlande
England
Quelle:
575
865
de Vries (1984), S. 270–277.
aber auch das Rudern mit übernahmen. Die Galeeren waren staatliches Eigentum und wurden für jede
Fahrt auf öffentlichen Auktionen meistbietend an Privatleute verpachtet. Die Galeeren fungierten auch
als staatliche Transportmittel, denn diejenigen, die die Schiffe mieteten, mussten Güter anderer Kaufleute übernehmen, wenn sie noch Laderaum hatten.
Im Jahr 1291 fügten die Genueser einer marokkanischen Flotte, die die Meerenge von Gibraltar
kontrollierte, eine Niederlage zu und öffneten dem europäischen Handel den Zufahrtsweg vom Mittelmeer zum Atlantik11. Von diesem Zeitpunkt an benutzten die venezianischen Galeeren diese Route für
den Handel mit London und Brügge.
60
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Wenngleich der internationale Handel, das Bankwesen, der Schiffbau und die damit verbundenen
Handwerkszweige (Bauholzgewinnung, Tischlerei, Seilerei und Segelherstellung) die größten Wirtschaftssektoren Venedigs darstellten, gab es auch ein bedeutendes Verarbeitendes Gewerbe, das Güter
für den lokalen Gebrauch wie auch für den Export fertigte. Einer der ältesten Gewerbezweige war die
Glasherstellung, die bereits im 10. Jahrhundert begonnen hatte. Venedig war in Europa führend in der
Glasbläserei und produzierte Gläser, Becher, Krüge, Schüsseln, Flaschen, Vasen, Spiegel, Schmuck,
Kerzenhalter und dekorative Erzeugnisse von sehr hoher Qualität. Ab dem 13. Jahrhundert wurden in
Venedig dünnwandige Sanduhren hergestellt, die den Seeleuten als Zeitmessgeräte dienten. Im
14. Jahrhundert begann die Herstellung von Brillen, und dank dieser italienischen Erfindung konnten
Handwerker und Gelehrte ihre Produktivität deutlich steigern12. Angelo Barovier, der berühmteste
Glasbläser des 15. Jahrhunderts, perfektionierte das Verfahren zur Herstellung von Kristall. Zu dieser
Zeit gab es eine Vielfalt an Glaswaren in den verschiedensten Farben und Mustern, graviert, filigran,
lackiert und mit Gold überzogen. Im Jahr 1291 wurde die gesamte Glasbläserei durch einen Erlass des
Maggior Consilio auf die Insel Murano verlegt. Dies ermöglichte es Venedig, Handels- und Produktionsgeheimnisse besser zu schützen.
Ebenfalls ihrer Zeit voraus waren die Venezianer auf dem Gebiet der Goldschmiede-, der Mosaik-,
der Holzschnitz- und der Dekorationskunst; nach diesen Fertigkeiten und Erzeugnissen bestand eine
große Nachfrage, insbesondere um das Innere von Kirchen, öffentlichen Gebäuden und Privatpalästen
zu Kunstwerken zu gestalten. Der venezianische Stil wurde durch die Arbeiten früherer Generationen
von Mosaizisten und Ikonographen aus Ravenna beeinflusst sowie durch die Objekte, die nach der
Plünderung von Konstantinopel im 13. Jahrhundert nach Venedig gelangten.
Der Rohseide- und Seidenwarenhandel mit Asien führte in Europa letztlich zu einer Importsubstitution. Die Seidenherstellung hatte sich bereits von China nach Indien und Syrien ausgebreitet,
und gelangte im 12. Jahrhundert nach Italien – zunächst nach Lucca, dann nach Venedig, Florenz,
Genua, Mailand und Bologna – und später nach Lyon in Frankreich. In der arabischen Welt kam die
Seidenherstellung von Syrien nach Spanien. Die venezianische Seidenherstellung ist bereits für das
13. Jahrhundert belegt. Die Regierung Venedigs reglementierte die Herstellung, um die Qualität zu
garantieren, Konkurrenten fern zu halten und das Risiko der Industriespionage zu verringern. Die
Seiden-, Satin- und Samterzeugnisse Venedigs waren von höchster Qualität, und die Muster stellten
eine unverkennbare Mischung aus einheimischer Kreativität und orientalischem Einfluss dar. Mehrfarbiger Samtbrokat, meist mit Gold- und Silberfäden durchwirkt, wurde zu festlichen Kleidungsstücken für die regierende Elite Venedigs, zu Möbeln, Wandbehängen, Tischtüchern und zu Dekorationsgegenständen für die Ausstattung der Gondeln verarbeitet. Diese Produkte stellten einen wesentlichen Anteil der venezianischen Ausfuhr.
Ein weiterer wichtiger Bereich war die Buchherstellung. Im 9. und 10. Jahrhundert fertigten die
in den Schreibstuben der Klöster tätigen Schreiber und Illuminatoren hauptsächlich sakrale Bücher.
Später gab es dann bürgerliche Melderegister, historische Aufzeichnungen, Übersetzungen von
Aristoteles und anderen griechischen Texten, die für die Büchereien von San Marco sowie für herzogliche, bürgerliche und private Sammler bestimmt waren. Hierdurch entstanden Arbeitsplätze für professionelle Schreiber, Buchbinder, Spezialisten ornamentaler Kalligraphie und Illustratoren. Weniger
als fünfzehn Jahre nach der Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg brachte ein deutscher Einwanderer die Technik 1469 nach Venedig. Dies führte zu einer enormen Produktivitätssteigerung in
diesem Bereich, wobei Auflagen von bis zu 4 500 Exemplaren erreicht wurden. Jetzt ging ein wesentlich höherer Anteil der Produktion in den Export, als es bei den handgeschriebenen Büchern der Fall
gewesen war. Venedig entwickelte sich schnell zum wichtigsten Setzereizentrum Italiens und zu
einem der größten in Europa. Bis Mitte des 16. Jahrhunderts erschienen etwa 20 000 Werke. Die
venezianischen Buchdruckereien trugen zur Belebung des kulturellen und geistigen Lebens in Europa
bei, indem sie Musiknoten, Landkarten, Bücher über Heilkunde und Übersetzungen der griechischen
61
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Klassiker lieferten. Der 1494 gegründete Aldine-Verlag verlegte und veröffentlichte griechische
Originaltexte, und Venedig wurde zum größten Herausgeber von Büchern für die griechischsprachige
Welt13.
Zucker war ein anderes wichtiges Produkt. Venedig richtete Zuckerplantagen und –verarbeitungsanlagen auf Kreta und Zypern ein, die von Sklaven mit Hilfe aus Syrien übernommener Techniken betrieben wurden. Die von Venedig angewandten Methoden wurden später von den Portugiesen in
Madeira und Brasilien kopiert.
Venedigs Bedeutung im Gewürzhandel wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts auf Grund der von
den neuen Herrschern des Osmanischen Reichs verhängten Beschränkungen des Handels zwischen
Syrien und Ägypten und der Konkurrenz durch direkte portugiesische Lieferungen aus Asien erheblich
geschwächt. Nach Schätzungen von Lane (1966, S. 13) gingen die Gewürzeinfuhren Venedigs vom
Ende des 15. Jahrhunderts bis zum ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts von rd. 1 600 Tonnen pro
Jahr auf weniger als 500 Tonnen zurück. Lane geht davon aus, dass die eingeführten Pfeffermengen
absolut gesehen bis zu den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts wieder ihr früheres Niveau erreichten, seine führende Position in diesem Handel hatte Venedig aber offenbar eingebüßt.
Auch auf den westlichen Routen nach England und Flandern waren die venezianischen Schiffe
immer schärferem Wettbewerb ausgesetzt, und die Zuckerindustrie auf Kreta und Zypern verlor
auf Grund der Konkurrenz durch die portugiesische Zuckerproduktion auf Madeira, und später in
Brasilien, zunehmend an Bedeutung.
Außerdem machten die Neuerungen in der Schiffbautechnik in den am Atlantik gelegenen
Ländern die venezianische Rudergaleere bald obsolet. Die beiden bedeutendsten Entwicklungen waren
die Takelung der Rundschiffe und das Aufkommen von Feuerwaffen im Laufe des 15. Jahrhunderts.
Lane (1966, S. 15-16) beschrieb diese Veränderungen folgendermaßen: „Der Übergang von der
Einmastkogge zu einem Dreimastvollschiff mit Sprietsegel, Marssegel und Besan-Lateinersegel
erfolgte etwa Mitte des Jahrhunderts – die Segelschiffe von 1485 unterschieden sich in ihrem Erscheinungsbild weniger von den Segelschiffen des Jahres 1785 als denen des Jahres 1425 –, wobei der
zunehmende Einsatz von Kanonen bei Seegefechten eine ebenso wichtige Rolle spielte, denn damit
ging auch der besondere Sicherheitsvorteil der Handelsgaleere, der allein noch ihre Existenz rechtfertigte, verloren.“
Die Folge hiervon waren ein starker Rückgang des wichtigsten Produktionszweigs des Arsenals
und eine Vergrößerung des Anteils der Koggen an der venezianischen Handelsflotte. Die venezianischen Kaufleute erwarben ihre Schiffe zunehmend im Ausland, denn zum Problem der technologischen Anpassung kam hinzu, dass Venedig zu preiswertem Bauholz in viel geringerem Maße Zugang
hatte als die Schiffbauer in den Ländern am Atlantischen Ozean.
Ab 1500 wurde ein Großteil des venezianischen Kapitals für die Gewinnung und Erschließung
landwirtschaftlicher Nutzflächen und den Bau palladianischer Villen und Landgüter in der Terraferma
aufgewendet.
Im 16., 17. und 18. Jahrhundert stiegen Bevölkerungszahl und Pro-Kopf-Einkommen Venedigs
nicht wesentlich, es blieb aber bis zur Eroberung durch die Niederländer im 17. Jahrhundert einer der
reichsten Teile Italiens und Europas.
62
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
IV
Portugal
Die Befreiung Portugals von arabischer Herrschaft vollzog sich zwischen 1147, dem Jahr der
Einnahme Lissabons, und 1249, dem Zeitpunkt der Begründung vollständiger staatlicher Souveränität
über ein Gebiet, das in etwa dem Verlauf der heutigen Landesgrenzen entsprach. Das politische
System Portugals unterschied sich von dem Venedigs ganz wesentlich. Die portugiesische Reconquista kam in erster Linie durch militante Kreuzritterorden zustande. Militäraristokratie und Kirche
wurden zu den größten Landbesitzern. In Portugal waren wie in Spanien die Interessen von Kirche und
Staat eng miteinander verflochten. Im Rahmen eines unter dem Begriff „padroado real“ bekannten
Patronagesystems konnte die Krone Bischöfe ernennen und Kirchensteuern erheben. Selbst wenn es
zwischen Portugal und Spanien wiederholt zu Auseinandersetzungen kam und in Portugal eine Zeit
lang (1580-1640) spanische Könige herrschten, fand zwischen beiden Ländern über einen langen
Zeitraum hinweg ein außerordentlich gut funktionierender territorialer Interessenausgleich statt. Auf
Grund mehrerer vom Papst sanktionierter Verträge konnte Portugal seine wirtschaftliche und imperiale Interessensphäre in Afrika, ganz Asien (mit Ausnahme der Philippinen) und Brasilien ohne
wesentliche Behinderung durch Spanien ausbauen.
Bei der Ausweitung seines Handels und seines Imperiums in Übersee wurde Portugal im
Wesentlichen durch drei Faktoren begünstigt. Ein klarer strategischer Vorteil war seine Lage an der
südatlantischen Küste Europas nahe dem Ausgang des Mittelmeers. Hochseefischer deckten einen
wesentlichen Teil des portugiesischen Lebensmittelbedarfs und waren in ihren Kenntnissen über die
Wind-, Wetter- und Gezeitenverhältnisse im Atlantischen Ozean unübertroffen. Wesentlich verbessert
wurden diese Kenntnisse noch durch die von der Krone gewährte Förderung bei der Erforschung des
Atlantiks, Forschungsarbeiten im Bereich der Navigationstechnik, der Ausbildung von Steuermännern
und der schriftlichen Fixierung der von den Seefahrern gesammelten Erfahrungen in Form von Seekarten mit Kompasspeilungen (Kurskarten) und Kartographie. Die portugiesischen Schiffbauer in
Lissabon und Porto passten die Konstruktion ihrer Schiffe (Karavellen) und die Takelung gemäß den
zunehmenden Kenntnissen über die Schifffahrtsverhältnisse im Atlantischen Ozean an. Besonders einschneidende Veränderungen erfolgten im Bereich der Takelung. Die Schiffbauer konzentrierten sich
anfangs auf Lateinersegel, fügten dann, um weiter in den Südatlantik vorzustoßen, eine Kombination
aus viereckigen Segeln und Lateinersegeln hinzu und nahmen für die wesentlich längere Strecke um
das Kap der Guten Hoffnung herum weitere Veränderungen vor. Die Weitergabe dieser Techniken
wurde durch das Verbot verhindert, Schiffe an andere Länder zu verkaufen. Ein dritter wirtschaftlicher
Vorteil war Portugals Fähigkeit, „neue Christen“ aufzunehmen – d.h. jüdische Kaufleute und Gelehrte,
die während der moslemischen Herrschaft eine bedeutende Rolle gespielt hatten. Diese fanden nach
ihrer Vertreibung aus Spanien in Portugal Zuflucht und vergrößerten die dort bereits vorhandene jüdische Gemeinschaft. Sie mussten der Form halber zum christlichen Glauben übertreten und waren in
gewissem Umfang Verfolgungen ausgesetzt, verfügten aber über wichtige Kenntnisse, die es Portugal
ermöglichen sollten, seine wirtschaftlichen Interessen in Afrika, Brasilien und Asien zu entwickeln
und den Stand der Wissenschaft zu verbessern, indem sie im Handel mit der islamischen Welt als
Mittler fungierten und genuesisches und katalanisches Kapital für Investitionen in portugiesische
Wirtschaftsunternehmungen mobilisierten.
Ein vierter wichtiger Faktor, der die Entwicklung der Wirtschaftsstrukturen der portugiesischen
Unternehmungen wesentlich bestimmte, war das Erbe der Sklavenhaltung, die im größten Teil Westeuropas im Mittelalter mehr oder weniger verschwunden war, selbst wenn sie im venezianischen
Handel mit Byzanz und der islamischen Welt noch eine Rolle am Rande spielte. Portugal hatte mit
der arabischen Welt in engerem Kontakt gestanden als irgendein anderes Land Westeuropas. Die
63
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 2.4
Zuckerproduktion nach Herkunftsgebieten, 1456–1894
(in Tonnen)
Zypern
1456
1500
1580
1700
1760
1787
1815
1894
a)
800
375
Madeira
São Tomé
Brasilien
80
2 500
500
2 200a
2 300
20 000
28 000
19 000
75 000
275 000
Britische
Französ.
Andere
Karibikinseln Karibikinseln Karibikinseln
22 000
71 000
106 000
168 000
260 200
10 000
81 000
125 000
36 600
79 400
5 000
20 000
36 000
66 200
1 119 000
Übrige
Welt
18 500
6 523 600
Fünfziger Jahre des 16. Jahrhunderts.
Quelle:
1486–1787 vgl. Blackburn (1997), S. 109, 172, 403 sowie Schwartz (1985), S. 13; 1815–1894 vgl. Williams (1970), S. 366, 377–380.
Die Zahl für die übrige Welt umfasst 10 000 Tonnen Rübenzucker im Jahr 1815 und 4 725 000 Tonnen Rübenzucker im Jahr 1894. Der
Zuckerrübenanbau begann in Europa während der napoleonischen Kriege.
Portugiesen hatten die Sklaverei am eigenen Leibe erfahren, und rd. 10% der Bevölkerung Lissabons
waren Berber- oder schwarze Sklaven. Diese wurden auch als Arbeitskräfte in den Zuckerplantagen
und Zuckermühlen eingesetzt, die Portugal in Madeira und São Tomé einrichtete.
Der portugiesische Sklavenhandel in Afrika begann in größerem Umfang um das Jahr 1445, kurz
nachdem portugiesische Seefahrer die Kapverdischen Inseln (vor der Küste Senegals) entdeckten und
besiedelten. Im Austausch gegen Kleidung, Pferde, wertlosen Schmuck und Salz konnten sie von
afrikanischen Händlern der Region Sklaven kaufen. Zwischen 1450 und 1600 wurden rd. 175 000
Sklaven auf dem Seeweg nach Portugal und auf die portugiesischen Inseln im Atlantik verbracht. Mit
der Ausweitung des Handels beteiligte sich Portugal mittlerweile auch unmittelbarer an der Sklavenjagd weiter südlich in Angola. Die Krone richtete in den achtziger Jahren des 14. Jahrhunderts in
Lissabon die Casa de Escravos ein. Der äußerst lukrative Handel erfuhr Ende des 16. und im 17.
Jahrhundert insofern einen immensen Aufschwung, als Portugal Sklaven nach Brasilien verschiffte
und (durch Erwerb der von der spanischen Regierung angebotenen Sklavenhandelsgenehmigungen –
„asiento“) den überwiegenden Teil der Sklavenlieferungen nach den spanischen Besitzungen in Amerika abwickelte. Der Sklavenhandel wurde 1455 durch Erlass des Papstes (Romanus-Pontifex-Bulle)
legitimiert, der ihn als eine Art missionarischer Tätigkeit auslegte. Zwischen 1500 und 1870 wurden
9,4 Millionen Sklaven nach Amerika verbracht, davon 4,5 Millionen durch Portugal.
Die portugiesische Krone ergriff die Initiative, die Inseln im Atlantischen Ozean zu erkunden und
für den Zuckeranbau zu erschließen sowie eine Seeverbindung parallel zu der ehemaligen Karawanenstraße herzustellen, auf der Gold von Timbuktu (Mali) an die marokkanische Küste befördert wurde.
Über diese Straße waren bis dahin zwei Drittel der an Europa gelieferten Goldmenge transportiert
worden.
Die entscheidende Rolle in Bezug auf diese beiden Entwicklungen kam Prinz Heinrich zu (dem
dritten Sohn des portugiesischen Königs Johann I. und Neffen des englischen Königs Heinrich IV.).
Vierzig Jahre lang (1420-1460) ließ er seine beachtlichen finanziellen Mittel diesen Vorhaben zukommen und schuf durch die Verbesserung der Navigationskenntnisse die Voraussetzungen für den
späteren bahnbrechenden Erfolg Portugals im Handelsverkehr mit Asien14.
64
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Tabelle 2.5 Sklavenverschiffung über den Atlantik durch Portugal und seine Konkurrenten,
1701–1800
(in Tausend)
England
Portugal
Frankreich
Niederlande
Quelle:
2 532
1 796
1 180
351
Nordamerika
Dänemark
Sonstige
Insgesamt
194
74
5
6 132
Lovejoy (1982), S. 483.
Im Jahr 1420 übernahm die Krone die Führung der reichen Militärorden. So stand Heinrich
dem Christus-Orden (der in Portugal den Templern folgte) vor, und sein Bruder erlangte die gleiche
Stellung im Santiago-Orden. Mit dem Vermögen seines Ordens finanzierte Heinrich Vorhaben im
Atlantik und in Afrika und bewog die aufeinander folgenden Herrscher (seine Brüder) dazu, ihm
persönlich in beiden Gebieten bedeutende Eigentumsrechte zu übertragen.
1420 wurde (im Atlantischen Ozean in etwa 560 km Entfernung von der marokkanischen Küste)
Madeira entdeckt. Auf dieser unbewohnten und äußerst fruchtbaren Insel wurde – ähnlich wie von den
Venezianern in Zypern und Kreta – unter Einsatz von Sklaven eine Zuckerindustrie aufgebaut. Letztere setzte sich aus den beiden Sektoren Zuckerplantagen und Zuckermühlen zusammen, wobei größere
Unternehmen beide Aktivitäten auf sich vereinten. Durch die Verpachtung an genuesische Unternehmen und „neue Christen“ wurde die Zuckerindustrie weiter ausgebaut. Der Kapitalbedarf war relativ
groß, denn in den Zuckermühlen wurden die neuesten Techniken eingesetzt. Anstelle des großen
Mahlsteins, der in den venezianischen Fabriken über das geschnittene Zuckerrohr gerollt wurde,
gelang es mit einer neuartigen Presse mit zwei zylinderförmigen Walzen, mehr Saft aus dem Zuckerrohr zu pressen, das zudem nicht mehr geschnitten werden musste. Die Pressen wurden nicht mehr
manuell, sondern durch Tier- oder Wasserkraft betrieben15. Als die Kontrolle über diesen Industriezweig nach dem Tode Heinrichs gelockert wurde, erhöhte sich die Produktion besonders stark und
stieg bis 1500 auf mehr als das Sechsfache der Produktion Zyperns, die ihrerseits stark gesunken war.
Der portugiesische Zucker verdrängte den Zyperns auf den Märkten von Antwerpen und Bristol.
Madeira war zudem ein bedeutender Bauholzlieferant. Auch die Weizen- und Weinproduktion spielte
eine wichtige Rolle. Als Rebsorte wurde Malvasier angebaut, den die Venezianer von Syrien nach
Kreta gebracht hatten.
1427 wurden mitten im Atlantik (etwa 1 300 bis 1 500 km von Portugal entfernt) die unbewohnten Azoren entdeckt und ab 1439 besiedelt. Für die Zuckererzeugung war die Inselgruppe zwar
so gut wie ungeeignet, bildete aber eine gute Etappe für die spätere Ausweitung des Handels im
Atlantik und ermöglichte den Portugiesen eine Verbesserung ihrer Navigationskenntnisse im Atlantischen Ozean.
Mit zunehmender Schifffahrt entlang der afrikanischen Küste gründete Portugal auf zwei weiteren wichtigen Inseln Kolonien. Die Kapverdischen Inseln wurden 1460 besiedelt und dienten als
Stützpunkt für den Sklavenhandel. In diesem Gebiet fanden die Portugiesen Malagettapfeffer, einen
minderwertigen Pfefferersatz, und später in Benin eine Pfeffersorte besserer Qualität. Weiter östlich
wurden nach 1480 São Tomé und Príncipe (in der Bucht von Guinea) kolonisiert. Mit der Einführung
des Zuckeranbaus gelang es São Tomé und Príncipe bis 1550, Madeira als wichtigstes Zentrum der
Zuckerproduktion im Atlantischen Ozean zu verdrängen.
1482 wurde an der Küste des heutigen Ghana das Fort Elmina errichtet. Es war das Zentrum des
Goldhandels. Gold wurde zur wichtigsten Einnahmequelle der portugiesischen Krone. In Elmina kam
das meiste Gold aus dem Gebiet der Aschanti, an den Umschlagplätzen an der Küste Guineas handelte
65
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
es sich um Gold, das zuvor über die Karawanenstraße von Timbuktu nach Marokko transportiert
worden war, nunmehr aber für portugiesische Händler abgezweigt wurde. Die Goldausfuhren von
Westafrika erreichten im Zeitraum 1471-1500 insgesamt 17 Tonnen. Sie ermöglichten der portugiesischen Krone die Finanzierung ihres kostenaufwendigsten Vorhabens – die Erschließung des Seewegs um das Kap der guten Hoffnung für den Handel mit Asien16.
Die Umschiffung Afrikas mit dem Ziel, direkten Zugang zu den Gewürzen Asiens zu bekommen,
war an sich kein neuer Einfall. Die Brüder Vivaldi waren hierzu 1291 von Genua aus aufgebrochen
und bei diesem Versuch verschollen. Ende des 15. Jahrhunderts herrschte zwar Gewissheit darüber,
dass ein solches Vorhaben mit sehr hohen Kosten und Risiken verbunden sein würde, doch ließen die
politischen Ereignisse im östlichen Mittelmeerraum darauf schließen, dass die alte venezianische
Route über ägyptische und syrische Zwischenhändler in Gefahr war und dass sich die Erschließung
einer neuen Route auf Grund der zu erwartenden potentiellen Gewinne durchaus auszahlen würde.
Die Portugiesen waren in ihren Kenntnissen der Schifffahrtsverhältnisse im Atlantischen Ozean
und bis zur Mitte der afrikanischen Küste unübertroffen. Bei Schiffbautechnik, Takelung und Navigation war es zu Fortschritten gekommen, die es ihnen ermöglichten, weite Fahrten in unruhigeren
Gewässern ins Auge zu fassen, als sie die Venezianer im Mittelmeer antrafen.
Die Vorbereitungen für dieses Unternehmen wurden mit aller Sorgfalt geplant und erstreckten
sich über mehrere Jahrzehnte. Dazu gehörten Forschungsarbeiten im Bereich der Navigationstechnik,
Astronomie und Kartographie sowie die Sammlung von Informationen über die Handelsbedingungen
in Asien und Ostafrika. Die zweite Komponente war eine Reihe von Testreisen zur Erkundung möglicher Routen und der Windverhältnisse über die Gesamtlänge der afrikanischen Küste. Die dritte
Komponente bildete eine Reise nach Indien zur Erkundung der Handelsbedingungen und Möglichkeiten der Gründung von Stützpunkten, wie sie bereits an der afrikanischen Küste existierten.
Im Mittelmeer verließen sich die Seefahrer des 13. Jahrhunderts auf den Kompass, um die Richtung zu bestimmen, die Sanduhr zur Zeitmessung und die Koppeltafel zur Feststellung von Kursabweichungen. Die wichtigsten Seewege waren seit dem Altertum bekannt, die Seefahrer verfügten
über brauchbares Kartenmaterial, hatten eine ungefähre Vorstellung von der zurückzulegenden Strecke
und kannten primitive Verfahren zur Abschätzung der Geschwindigkeit.
Da sich die Portugiesen nun in unbekannte Gewässer begaben, waren sie wesentlich stärker auf
die Navigation nach den Gestirnen angewiesen. In der nördlichen Hemisphäre wussten die portugiesischen Seefahrer, dass Position und Höhe des Polarsterns im Wesentlichen unverändert blieb, da er auf
einem bestimmten Breitengrad in etwa die gleiche Höhe behielt. Auf einer Fahrt von Norden nach
Süden konnte ein Seefahrer den Polarstern täglich bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang sehen (wenn
er den Stern und den Horizont gleichzeitig wahrnehmen konnte). Durch die während der Fahrt festgestellten Höhenunterschiede konnte er eine Vorstellung von den Positionsveränderungen seines
Schiffes gewinnen. Auf der Fahrt von Ost nach West konnte er den Kurs halten, indem er darauf
achtete, dass die Polhöhe konstant blieb. Dies geschah auf sehr ungenaue Art und Weise, indem die
Höhenveränderungen durch Fingerspreizung und andere einfache Mittel geschätzt wurden. Zu einer
wesentlichen Verfeinerung der Messtechnik führte die Erfindung des Quadranten, der erstmals im
Jahre 1460 in den Aufzeichnungen von Gomes, eines professionellen Seefahrers im Dienste Prinz
Heinrichs, Erwähnung fand. Parry (1974, S. 174) beschreibt den Quadranten mit folgenden Worten:
„Der Quadrant des Seefahrers war eine ganz einfache Vorrichtung: ein Viertelkreis mit Gradeinteilung
an der gekrümmten Seite und zwei Visierlöchern an einer der beiden Geraden. Von der Spitze hing ein
Bleilot. Durch die Visierlöcher wurde der Polarstern angepeilt und die Position an der Schnittstelle
von Lotschnur und Gradeinteilung abgelesen. Die in Grad gemessene Polhöhe war dann der Breitengrad, auf dem sich der Beobachter befand.“ Auf diese Art konnte der Seefahrer seine Entfernung von
Lissabon oder von jedem beliebigen Ort messen, dessen Polhöhe ihm bereits bekannt war.
66
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
In der südlichen Hemisphäre ist der Polarstern nicht sichtbar, und es gibt kein anderes Gestirn mit
denselben Eigenschaften. Daher musste dort die Höhe der Sonne zu Grunde gelegt werden, deren
Position indessen nicht mit dem bloßen Auge geprüft werden konnte. 1484 setzte Johann II. eine
Expertenkommission aus Mathematikern und Astronomen zu dem Zweck ein, den Stand der Sonne zu
beobachten und zu messen. Als Instrument für die Messung der Entfernung zum Äquator diente das
Schiffsastrolabium, das sich aus den im Mittelalter von den Astronomen benutzten Astrolabien entwickelte. Dabei handelte es sich um eine Messingscheibe mit Gradeinteilung, auf der sich ein Stab
befand, der solange gedreht wurde, bis der durch das oben liegende Visierloch fallende Lichtstrahl auf
das untere traf. Dieses Instrument wurde mittags benutzt, wenn die Sonne im Zenit stand. Da es keine
genauen Uhren gab, mussten um die vermutete Mittagszeit herum mehrere Werte gemessen werden,
um den höchsten Stand der Sonne zu ermitteln. Da die Entfernung zwischen dem Äquator und der
Sonne von Tag zu Tag und von Jahr zu Jahr unterschiedlich ist, brauchten die Seefahrer genaue
Tabellen über die Deklination der Sonne. Die von Johann II. eingesetzte Kommission fertigte eine
vereinfachte Fassung des von dem jüdischen Astronomen Zacuto geschaffenen Almanachs an und
führte auf einer Reise an die afrikanische Küste im Jahre 1485 einen erfolgreichen Test der Möglichkeiten zur Messung des Breitengrads durch. Die geschätzten Neigungswinkel der Sonne wurden in ein
Navigationshandbuch, das Regimento do Astrolabio e do Quadrante, aufgenommen, das Vasco da
Gama zur Verfügung stand, als er 1497 nach Indien aufbrach. Da Gama stand in direktem Kontakt mit
Zacuto, der als Flüchtling aus Spanien nach Lissabon gekommen war. Das Regimento enthielt zudem
eine Übersetzung der Arbeiten eines englischen Mathematikers aus dem 13. Jahrhundert, Holywood
(er war unter dem Namen Sacrobosco bekannt), der als Wissenschaftler im Bereich der sphärischen
Astronomie wegbereitend war, Irrtümer im Julianischen Kalender aufzeigte und eine Korrektur vorschlug, wie sie mehr oder weniger exakt 350 Jahre später im Rahmen des Gregorianischen Kalenders
umgesetzt wurde. Von diesen portugiesischen Leistungen in Forschung und Entwicklung bis zur Veröffentlichung der Werke des Kopernikus über die Umlaufbahnen der Gestirne (1543) sollten zwar
noch 50 Jahre vergehen, doch hätte die Kommission die Tragweite seiner Erkenntnisse sicherlich
sofort erfasst.
Vorbereitende Reisen, um die Durchführbarkeit einer Fahrt nach Indien zu sondieren, wurden
von Diogo Câo (1482-1484) und Bartolomeu Dias (1487-1488) unternommen. Câo entdeckte die
Mündung des Kongo-Flusses und fuhr an den später Luanda und Benguela genannten Orten in Angola
vorbei. Besonders ergebnisreich war die Reise Bartolomeu Dias‘. Er hatte zwei Karavellen und ein
Proviantschiff zur Verfügung, fand eine bessere Route nach Angola und entdeckte in der LüderitzBucht, als er an der Küste Namibias mit widrigen Winden zu kämpfen hatte, dass es sinnvoller war,
weiter nach Westen in den Atlantik vorzustoßen, um dort Windverhältnisse vorzufinden, die ihm die
Umrundung des Kaps ermöglichten. Nachdem er vom Kap aus noch 1 000 Kilometer nach Osten
gesegelt war, kehrte er um und trat die Heimreise an. Die Fahrt dauerte 18 Monate. Von Lissabon aus
legte er nahezu 13 000 Kilometer zurück. Die Dauer der Rückfahrt war etwas kürzer, weil vom Kap
bis zu den Azoren günstige Windverhältnisse herrschten. Er hatte unter Beweis gestellt, dass der
Atlantische und der Indische Ozean miteinander verbunden waren.
Auch auf dem Landwege wurde eine Entdeckungsreise unternommen. Pero da Covilhã hatte sich
als Spion in Spanien und Marokko aufgehalten, sprach fließend arabisch und konnte sich leicht als
Moslem ausgeben. Mit Beglaubigungsschreiben versehen begab er sich über Barcelona, Neapel,
Rhodos und Alexandria nach Kairo, reiste dann mit einer Karawane an der Küste des Roten Meeres
entlang, ging in Aden an Bord eines Schiffes nach Calicut (in Kerala), das als wichtigstes Gewürzhandelszentrum Indiens bekannt war und im Hinterland über ein reiches Gewürzanbaugebiet verfügte.
Er erkundete eingehend die Westküste Indiens bis ins weiter nördlich gelegene Goa und fuhr dann die
ostafrikanische Küste hinunter bis zum Hafen von Sofala. 1490 übermittelte er über einen portugiesischen Emissär in Kairo den Bericht über seine Erkundungen und besuchte dann nach Entgegennahme
neuer Instruktionen Hormuz, das Zentrum des Gewürzhandels am Persischen Golf.
67
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Über die Handelsbedingungen in Indien und Ostafrika sowie die Navigationsmöglichkeiten im
Atlantischen Ozean war die portugiesische Kommission daher bereits gut informiert, bevor Vasco da
Gama 1497-1499 mit der Erschließung eines Seewegs nach Indien beauftragt wurde.
Christoph Kolumbus, ein genuesischer Seefahrer, der acht Jahre auf portugiesischen Schiffen
verbracht hatte, die zu den Inseln im Atlantik und an die Küste Guineas fuhren, unterbreitete 1484
Johann II. den Vorschlag, eine solche Passage in Richtung Westen zu finden. Er bat den König, „ihm
einige Schiffe zur Verfügung zu stellen, um die Insel Zipango über diesen westlichen Ozean zu erreichen und zu entdecken“ (Morison, 1974, S. 31). Die Kommission lehnte den Vorschlag ab, weil sie
der Auffassung war, dass es sich bei Zipango um ein Hirngespinst Marco Polos handelte und Kolumbus die Entfernung von Lissabon nach Asien wesentlich unterschätzte. Letzten Endes wurde das Vorhaben des Kolumbus von Königin Isabella von Spanien finanziert. 1492 segelte er zu den Kanarischen
Inseln und erreichte von dort aus in 33 Tagen die Bahamas. Er verbrachte über drei Monate in der
Karibik, wo er Kuba und Haiti entdeckte, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass sich die Inseln
inmitten eines riesigen unbekannten Erdteils befanden. Auf Grund heftiger Stürme während seiner
Rückreise war er gezwungen, 1493 in Lissabon an Land zu gehen, um sein Schiff neu auszurüsten,
und er musste König Johann II. Bericht erstatten. Die Portugiesen glaubten nicht, dass Kolumbus
Asien erreicht habe, und wussten, dass er keine Gewürze gefunden hatte. In der Annahme, dass von
Seiten Spaniens umfangreiche Entdeckungsreisen zur See zu erwarten seien, suchte Portugal seine
Interessen jedoch zu schützen und handelte mit Spanien im Jahr 1494 den Vertrag von Tordesillas aus.
Darin wurde festgelegt, dass Portugal im Westatlantik nicht mit Spanien in Konkurrenz treten würde.
Auf Drängen Portugals wurde die Demarkationslinie 370 Seemeilen westlich der Azoren (rd. 48°
westlich des Greenwich-Meridians) gezogen. Portugal erhielt nicht nur bei seinen Vorhaben in Asien
und seinen Interessen in Afrika freie Hand, sondern begründete damit auch einen Rechtsanspruch auf
Brasilien (das sechs Jahre später entdeckt wurde).
Der letzte Schritt der Reisevorbereitungen Vasco da Gamas war die Beschaffung von zwei eigens
für die Überfahrt mit Hilfe von Dias als Berater gebauten Schiffen. Jones (1978), S. 30, vergleicht sie
mit den von Seefahrern früherer Zeiten benutzten Karavellen: „Ein robusteres, geräumigeres Schiff
mit geringem Tiefgang, in der Lage, in Küstengewässern zu fahren, und besser geeignet für lange
Fahrten im Ozean, das zudem mehr Sicherheit bei Tropenstürmen und bessere Unterkünfte für die
Mannschaft bot. Die von Dias konzipierten Schiffe hatten einen Fockmast und einen Großmast, eine
Takelung mit rechteckigem Großsegel und Marssegel, ein rechteckiges Sprietsegel am Bug und ein
kleines Besan-Lateinersegel, das sich gleich hinter dem Kastell befand. Diese bildeten wahrscheinlich
(ohne die Bonnetts) eine Segelfläche von rd. 370 m2. An Großmast und Fockmast befand sich je ein
Mastkorb – die Länge des Schiffsrumpfs dürfte etwas unter 22 Metern betragen haben, mit einer
Schiffsbreite von etwa einem Drittel der Länge.“ Die Schiffe „hatten – auf die heutigen Maße umgerechnet – etwa 200 Registertonnen“ und waren jeweils mit 20 Kanonen ausgerüstet, deren Steingeschosse einige Unzen wogen. Darüber hinaus standen Vasco da Gama eine 50 Tonnen schwere
Karavelle und ein kleines Proviantschiff zur Verfügung. Zu seiner etwa 160 Mann starken Besatzung
gehörten Kanonenschützen, Musiker und drei arabische Dolmetscher. Er nahm in Westafrika gebräuchliche Handelsgüter mit (einfache Tuche, Glocken und Perlen), die in Asien praktisch wertlos waren.
Da Gama segelte im Juli 1497 von Lissabon nach Kap Verde. Anstatt weiter nach Südosten zu
fahren, was die normale Route an der afrikanischen Küste hinunter gewesen wäre, drehte er kurz
darauf (etwa 150 km von Sierra Leone entfernt) südwestlich weit in den Atlantik hinaus ab und bekam
Wind, der ihn südöstlich um das Kap herum trieb. Bis Weihnachten hatte er Afrika umrundet, fuhr
dann an der Ostküste hoch und besuchte Mosambik, Mombasa und Malindi. Die Wirtschaft war dort
wesentlich weiter entwickelt als in Westafrika. In den Küstenstädten gab es Kaufleute – Araber, Inder
aus Gujarat und Malabar und Perser –, die Seide und Baumwolltextilien, Gewürze und chinesisches
Porzellan einführten und Baumwolle, Bauholz und Gold ausführten. Sie verfügten über professionelle
68
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Steuermänner, die mit den Monsunverhältnissen im Indischen Ozean vertraut waren. Ihre Schiffe
waren robust und, wie die Portugiesen feststellten, ohne Verwendung von Nägeln gebaut. Stattdessen
waren die Holzplanken mit Seilen aus Kokosfasern, wie sie überall in Südindien und Ceylon verfügbar
waren, miteinander vertäut. Die lokale Bevölkerung war eine Mischung aus Afrikanern und Arabern,
die Arabisch und Suaheli sprachen, Baumwollkleidung trugen und Münzgeld verwendeten. Es gelang
ihm, vom Herrscher von Malindi (im heutigen Kenia) einen kompetenten Gujarati-Steuermann zu
bekommen, der ihn in weniger als einem Monat nach Calicut (Kerala) brachte.
Die Portugiesen blieben drei Monate lang in Calicut, erfuhren viel über Preise und Bedingungen
am Gewürzmarkt, konnten aber keine freundschaftlichen Beziehungen zum lokalen Herrscher anknüpfen oder ihre Handelsgüter absetzen. Die Rückreise nach Malindi dauerte drei Monate. Es erwies sich
als schwierig, die Schiffe zu bemannen, denn ein Großteil der Mannschaft war an Skorbut gestorben,
so dass beschlossen wurde, die São Gabriel (eines der eigens für die Reise gebauten Schiffe) zu
verbrennen. Auf der Hinfahrt war bereits das Proviantschiff in seine Einzelteile zerlegt worden.
Die Karavelle kehrte im Juli 1499 nach Lissabon zurück, und da Gama traf dort (nach einem
Zwischenhalt auf den Azoren, wo er seinen Bruder beerdigte) im August ein. Er hatte auf der zweijährigen Reise die Hälfte seiner Mannschaft und zwei seiner Schiffe verloren und brachte nur wenig
Ware mit zurück. Hingegen hatte er die Befahrbarkeit der Route unter Beweis gestellt, eine neue
Goldquelle in Ostafrika entdeckt und festgestellt, dass es im Indischen Ozean keine Seestreitkräfte
gab, die in der Lage gewesen wären, den Portugiesen den Zugang zum Gewürzhandel zu verwehren.
Er machte auch bekannt, dass es in Kerala Christen gab17.
Diese Neuigkeiten wurden in Lissabon mit Begeisterung aufgenommen, und es wurden binnen
kurzer Zeit Anschlussunternehmungen eingeleitet. Im März 1500 erhielt Pedro Cabral den Befehl über
12 Schiffe und mehr als 1 000 Männer mit dem Auftrag, die Route zu verbessern, mit einer ansehnlichen Ladung zurückzukehren und an der Küste von Kerala einen Stützpunkt zu gründen. An Kosten
und Gewinnen der Reise waren relativ viele Privatpersonen beteiligt.
Cabral fuhr weiter westwärts in den Atlantik hinaus als da Gama und hatte das Glück, nach einem
Monat auf See als erster Seefahrer auf Brasilien zu treffen. Er verweilte einige Tage an einem Ort,
dem er den Namen Porto Seguro gab (etwa 350 km südlich von Bahia), und sandte unverzüglich ein
Schiff zurück nach Lissabon, um die Entdeckung des Territoriums zu verkünden, das inmitten des
Gebiets lag, das Portugal im Rahmen des Vertrags von Tordesillas zugeteilt worden war18.
An der ostafrikanischen Küste machte er vor Sofala und Kilwa Halt, die da Gama verfehlt hatte,
fand in Malindi einen Steuermann und erreichte sechs Monate nach Verlassen Lissabons Calicut. Dort
blieb er zwei Monate lang und erhielt als Handelsniederlassung ein (als Faktorei bezeichnetes) geräumiges Gebäude. Er war jedoch gezwungen, völlig überstürzt aufzubrechen. Die Portugiesen hatten
nämlich ein lokales Schiff auf seiner Fahrt nach Gujarat und ein weiteres auf dem Wege nach Djidda
am Roten Meer gekapert. Als Vergeltungsschlag griffen örtliche moslemische Kaufleute die portugiesische Faktorei an, töteten über 50 Portugiesen und nahmen die Handelsgüter an sich. Im Gegenzug
erbeutete Cabral weitere lokale Schiffe und nahm die unbefestigte Stadt unter Beschuss (vgl. Subramanyam, 1997, S. 180-181). Er fuhr 150 km weiter die Küste hinunter bis Cochin, wo er die Schiffsladung ergänzen und eine ständige Niederlassung für eine Faktorei gründen konnte. Zu diesem Zweck
ließ er einen Teil seiner Leute dort zurück und nahm drei Vertreter Cochins mit auf die Heimreise
nach Portugal. Bevor er nach Malindi aufbrach, machte er in Cannanur (etwa 70 km nördlich von
Calicut) Halt, um eine Ladung Zimt zu übernehmen.
Cabral kehrte gegen Anfang Juli 1501 mit fünf Schiffen nach Lissabon zurück. Die Fracht,
überwiegend Pfeffer, dürfte bei etwa 700 Tonnen gelegen haben19, doch waren der Verlust von
sieben Schiffen (sechs auf der Hinfahrt, eins auf der Rückfahrt) und die Gewalt in Calicut nicht eben
ermutigend.
69
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 2.6 Zahl der auf der Asien-Route verkehrenden Schiffe
aus sieben europäischen Ländern, 1500–1800
1500–1599
Portugal
Niederlande
England
Frankreich
Sonstige
Insgesamt
a)
1600–1700
705
65a
1701–1800
371
1 770
811
155
54
3 161
770
196
2 950
1 865
1 300
350
6 661
Neunziger Jahre des 16. Jahrhunderts.
Quelle:
Portugal 1500–1800, vgl. Magalhaes Godinho in Bruijn und Gaastra (1993), S. 7 und 17; übrige Angaben nach Bruijn und Gaastra (1993),
S. 178 und 183. „Sonstige“ bezieht sich auf Schiffe der dänischen und schwedischen Handelsgesellschaften sowie der Ostende-Kompanie.
Tabelle 2.7 Fahrten portugiesischer Schiffe nach und von Asien, 1500–1800
Ankünfte
im Orient
Abfahrten aus
Lissabon nach dem
Indischen Ozean
Ankünfte
in Lissabon
Abfahrten aus
Indien und
Malakka
(Gesamtzahlen für die jeweilige Periode)
1500–1549
1550–1599
1600–1635
1636–1700
1701–1800
451
254
207
164
196
403
217
152
n.v.
n.v.
262
212
95
n.v.
n.v.
243
170
74
n.v.
n.v.
(Jahresdurchschnitt)
1500–1549
1550–1599
1600–1635
1636–1700
1701–1800
Quelle:
9.0
5.1
5.8
2.5
1.9
8.1
4.3
4.2
5.2
4.2
2.6
4.9
3.4
2.1
Magalhaes in Bruijn und Gaastra (1993), S. 7 und 17. Der Unterschied zwischen Abfahrten und Ankünften in Lissabon erklärt sich aus
Verlusten und in einigen Fällen vorzeitig abgebrochenen Reisen, aber auch dadurch, dass Schiffe zur Verteidigung der Stützpunkte oder zur
Teilnahme am innerasiatischen Handel in Asien blieben. Nachdem die Handelsbeziehungen erst einmal fest etabliert waren, dauerte eine
Fahrt von Lissabon nach Cochin im Durchschnitt etwa 5,75 Monate und die Rückreise 6,5 Monate. Die durchschnittliche Größe der Schiffe
nahm mit der Zeit zu, und die Ladekapazität erhöhte sich von 300 Tonnen im 16. Jahrhundert auf bis zu 1 000 Tonnen im 17. Jahrhundert.
Tabelle 2.8 Gold- und Silberlieferungen von Amerika nach Europa, 1500–1800
(in Tonnen)
Gold
1500–1600
1600–1700
1700–1800
1500–1800 insgesamt
Quelle:
150
158
1 400
1 708
Morineau (1985), S. 570.
70
Silber
7 500
26 168
39 157
72 825
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Da Gama wurde mit einer Flotte von 20 Schiffen ein zweites Mal nach Indien gesandt und verließ Lissabon im Februar 1502. 15 dieser Schiffe waren für die Rückreise bestimmt, und weitere fünf
(unter dem Befehl von da Gamas Onkel) sollten zurückbleiben, um die portugiesischen Stützpunkte in
Indien zu schützen und die Zufahrt von Indien zum Roten Meer zu versperren. Im Juni hatte da Gama
das Kap umschifft und machte in Sofala Halt, um Gold anzukaufen. In Kilwa zwang er den dortigen
Herrscher, die Entrichtung eines jährlichen Tributs in Form von Perlen und Gold zu akzeptieren, und
brach von dort nach Indien auf. Vor der Küste von Cannanur wartete er auf Schiffe, die aus dem Roten
Meer zurückkehrten. Er kaperte ein Schiff, das sich mit Pilgern aus Mekka und einer wertvollen
Ladung an Bord auf dem Rückweg befand. Er konfiszierte einen Teil der Ladung und verbrannte das
Schiff mit dem überwiegenden Teil seiner Passagiere und Mannschaft (siehe Subramanyan, 1997,
S. 205-209). Er ging dann in Cannanur an Land und tauschte mit dem dortigen Herrscher Geschenke
aus (er bot Silber und erhielt dafür Edelsteine), wurde jedoch nicht handelseinig, da ihm der Preis der
Gewürze zu hoch erschien. Er fuhr in Richtung Cochin, ankerte mit seinen Schiffen vor der Küste von
Calicut und forderte den Herrscher auf, die gesamte Gemeinschaft moslemischer Kaufleute (4 000
Haushalte), die den Hafen als Stützpunkt im Handel mit dem Roten Meer benutzten, des Landes zu
verweisen. Der Samudri, der dortige indische Herrscher, lehnte dies ab, und da Gama nahm die Stadt
unter Beschuss, wie dies bereits Cabral getan hatte. Er gelangte Anfang November nach Cochin, wo er
für Silber, Kupfer und die Textilien, die aus dem von ihm versenkten Schiff stammten, Gewürze
kaufte. In Cochin wurde eine ständige Handelsniederlassung gegründet, und fünf Schiffe wurden
zurückgelassen, um die Interessen Portugals zu schützen.
Tabelle 2.9 Chinesische Silberimporte nach Herkunftsland, 1550–1700
(in Tonnen)
Japan
Philippinen
1 280
1 968
1 586
41
4 875
584
719
108
137
1 548
1550–1600
1601–1640
1641–1685
1686–1700
1550–1700 insgesamt
Quelle:
Portugiesische
Lieferungen an Macau
380
148
0
0
428
Insgesamt
2 244
2 835
1 694
178
6 951
Von Glahn (1996), S. 140 und 232.
Tabelle 2.10 Silber- und Goldexporte aus Westeuropa, 1601–1780
(in Tonnen „Silberäquivalent”)
1601–1650
1651–1700
1701–1750
1751–1780
1601–1780 insgesamt
Quelle:
Nach dem
Ostseeraum
Nach dem
östlichen
Mittelmeer
2 475
2 800
2 800
1 980
10 055
2 500
2 500
2 500
1 500
9 000
Holländische Britische Exporte
Exporte (niederl. (brit. OstindienOstindienKompanie)
Kompanie)
nach Asien
nach Asien
425
775
2 200
1 445
4 845
Barrett, in Tracy (1990), S. 251 (er gibt nicht an, wie Gold in dieses Äquivalent umgerechnet wurde).
71
250
1 050
2 450
1 450
5 200
Insgesamt
5 650
7 125
9 950
6 375
29 100
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Vor der Heimfahrt wurde da Gamas Flotte durch über 30 von den moslemischen Kaufleuten von
Calicut finanzierte Schiffe angegriffen. Sie wurden von den Portugiesen unter Beschuss genommen
und in die Flucht geschlagen, so dass ein Teil der moslemischen Kaufleute in Calicut beschloss, ihre
Handelsgeschäfte an einen anderen Ort zu verlegen. Diese Seeschlachten waren ein deutlicher Beweis
für die Überlegenheit der bewaffneten portugiesischen Schiffe über die der asiatischen Länder.
Mit 13 seiner Schiffe und nahezu 1 700 Tonnen Gewürzen, also in etwa der Menge, die Venedig
Ende des 15. Jahrhunderts jährlich aus dem Nahen Osten einführte, kehrte da Gama im Oktober 1503
nach Lissabon zurück. Die portugiesischen Gewinnspannen waren bei diesem Handel jedoch wesentlich größer als die Venedigs. Der überwiegende Teil dieser Gewürze wurde über Antwerpen, den
wichtigsten Hafen der Spanischen Niederlande, in Europa vertrieben.
Die Reisen von Dias, Cabral und da Gama hatten die Ausgangsbasis für das portugiesische
Handelsimperium in Ostafrika und Asien geschaffen. Portugal besaß bis zum letzten Jahrzehnt des
16. Jahrhunderts das Monopol im Handelsverkehr um das Kap der Guten Hoffnung.
Das Mamelucken-Regime in Ägypten sandte 1509 eine Flotte aus, die versuchen sollte, der
Behinderung des Schiffsverkehrs auf dem Weg zum Roten Meer ein Ende zu bereiten. Diese Flotte
wurde jedoch in Diu vor der Küste von Gujarat von den Portugiesen geschlagen. Portugal gelang es
indessen nicht, einen Stützpunkt am Roten Meer zu gründen, Aden wurde 1538 von den Türken eingenommen, und die traditionellen Handelsbeziehungen zwischen Asien und Ägypten kamen Mitte des
16. Jahrhunderts wieder in Gang. Portugal nahm die Festung Hormuz ein, die etwa ein Jahrhundert
lang die Zufahrt zum Persischen Golf kontrollierte. Es wurde zwar keine Handelsblockade gegen die
neu gegründete Herrschaft der Safawiden in Persien verhängt, doch mussten die in den Golf einfahrenden Kaufleute und diejenigen, die andere portugiesische Stützpunkte benutzten, für Briefe (cartazes) zahlen, die ihnen sicheres Geleit versprachen. Außerdem erhob Portugal Zölle auf Güter, die seine
Stützpunkte in Asien passierten.
Wake (1979), S. 377, lieferte grobe Schätzungen des jährlichen Gewürzeinfuhrvolumens der
Portugiesen. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts lag es bei durchschnittlich 1 475 Tonnen pro
Jahr, und bei 1 160 in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. 1600 dürfte der Gewürzkonsum in
Westeuropa insgesamt etwa das Zweifache des Niveaus von 1500 erreicht haben, während sich der
Pro-Kopf-Verbrauch wohl um die Hälfte erhöht hatte20.
V
Der Handel im Indischen Ozean
Die Bevölkerungszahl Asiens war im Jahr 1500 fünfmal so hoch wie die Westeuropas (284 Millionen gegenüber 57 Millionen), und 1600 war das Verhältnis in etwa dasselbe. Auf diesem besonders
großen Markt war ein Netz asiatischer Kaufleute im Handel zwischen Ostafrika und Indien sowie
Ostindien und Indonesien tätig. Östlich der Straße von Malakka wurde der Handel von China
beherrscht. Die indischen Schiffe waren nicht robust genug, um den Taifunen des Chinesischen Meeres standzuhalten, und sie besaßen auch keine ausreichende Bewaffnung, um sich gegen die Piraten an
der chinesischen Küste wehren zu können (Chaudhuri, 1982, S. 410).
Die Portugiesen verdrängten die asiatischen Kaufleute, die zuvor Gewürze in die Häfen am Roten
Meer und Persischen Golf zum Weiterverkauf an venezianische, genuesische und katalanische Händler geliefert hatten. Doch dies war nur ein Bruchteil, vielleicht nur ein Viertel des asiatischen Handels
mit den Produkten einer bestimmten Warengruppe. Gehandelt wurde in asiatischen Gewässern auch
72
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
mit Textilien, Porzellan, Edelmetallen, Teppichen, Parfum, Juwelen, Pferden, Bauholz, Salz, Rohseide,
Gold, Silber, Heilkräutern und vielen anderen Gütern.
Gewürze waren somit für die Portugiesen bzw. später für andere europäische Kaufleute (Niederländer, Briten, Franzosen und andere), die auf die Portugiesen folgten, nicht das einzige mögliche
Handelsgut. Seide und Porzellan spielten eine immer größere Rolle, und im 17. und 18. Jahrhundert
wurden auch Baumwolltextilien und Tee sehr wichtig. Es bestand zudem die Möglichkeit, sich am
innerasiatischen Handel zu beteiligen. Im Zeitraum von 1550 bis in die dreißiger Jahre des
17. Jahrhunderts war diese Art des Handels zwischen China und Japan für Portugal eine besonders
gewinnbringende Einnahmequelle.
Die asiatischen Kaufleute waren mit den jahreszeitlich wechselnden Windverhältnissen und
Problemen im Indischen Ozean vertraut, es gab erfahrene Steuermänner, wissenschaftliche Arbeiten
über Astronomie und Navigation sowie Navigationsinstrumente, die denen der Portugiesen nicht
wesentlich unterlegen waren21.
Von Ostafrika nach Malakka (an der schmalen Meerenge zwischen Sumatra und Malaya) lag der
Asienhandel in den Händen von Kaufleuten, die ohne bewaffnete Schiffe oder wesentliche Einmischung seitens der Herrschenden operierten. Zwar stand Südindien, wo die Portugiesen ihren
Asienhandel aufgenommen hatten, unter der Herrschaft des Reichs von Vijayanagar, doch wurden die
Bedingungen für den Küstenhandel von Herrschern viel kleinerer politischer Einheiten bestimmt, die
den Kaufleuten Geleitschutz und Absatzmöglichkeiten boten und hieraus Einnahmen bezogen. Die
Einkünfte der Herrscher von Vijayanagar, und später der Herrscher des Mogulreichs, stammten aus
der Erhebung von Grundsteuern, so dass sie an ausländischen Handelsaktivitäten kein wesentliches
finanzielles Interesse hatten. Anders war die Situation in China und Japan.
Die asiatischen Händler operierten im Rahmen interaktiver gemeinschaftlicher Netzwerke mit
ethnischen, religiösen, familiären oder sprachlichen Bindungen und einer klar opportunistischen Ausrichtung auf Profit. Ihre Handelsgepflogenheiten unterschieden sich in dieser Hinsicht nicht wesentlich
von denen der Venezianer oder der jüdischen Händler in der arabischen Welt des Mittelmeerraums22.
In Westasien und im Nahen Osten waren die Händler meist Araber und Moslems, weiter östlich
jedoch auch „vaniyas aus Gujarat, tamilisch und Telugu sprechende Chettis, syrische Christen aus
Südwestindien, Chinesen aus Fujian und den Nachbarprovinzen“23. Durch Zahlungen für Schutz und
Marktzugang erwarben sie das Recht, nach Belieben Handel zu treiben. Wurde dieser Schutz zu kostspielig, hatten sie gewöhnlich einen gewissen Spielraum, um den Standort zu wechseln.
Das portugiesische Handelsnetz unterschied sich hiervon in zweierlei Hinsicht. Es bestand
aus einer Kette von schwer befestigten Stützpunkten, die miteinander durch eine Flotte bewaffneter
Schiffe verbunden waren, was bedeutete, dass die Marktkräfte durch äußeren Zwang verändert wurden. Im Gegensatz zu den asiatischen Händlern oder den europäischen Handelsunternehmen, die zu
einem späteren Zeitpunkt in Asien eindrangen, verfolgte Portugal auch das Ziel der Christianisierung.
Die Hauptniederlassung des portugiesischen Handelsimperiums wurde 1510 in Goa gegründet,
dessen Hafen die Portugiesen von den Arabern eroberten. Der auf halber Höhe der westindischen
Küste gelegene Inselhafen von Goa blieb nahezu 460 Jahre lang portugiesische Kolonie24. Dort befanden sich der Sitz des portugiesischen Vizekönigs und ab 1542 die Zentrale des Jesuiten-Ordens für
dessen gesamte Aktivitäten in Asien. Der Hafen Malakka, von dem aus der Handel und Schiffsverkehr
von Indien nach Indonesien und China kontrolliert werden konnte, wurde 1511 eingenommen und
blieb bis 1641, d.h. bis zur Eroberung durch die Niederländer, in portugiesischer Hand. Ein Stützpunkt
für den Zimthandel wurde in Jaffna, im heutigen Sri Lanka, gegründet. Der Großteil portugiesischer
Pfeffer- und Ingwerlieferungen kam von der indischen Malabarküste, doch für wertvollere Gewürze
erwarb Portugal einen Stützpunkt auf Ternate, einer Insel der Molukken (zwischen Celebes und Neuguinea), der als Zentrum für den Handel mit Nelken, Muskatnüssen und Muskatblüten diente.
73
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
VI
Der Handel Chinas, Japans und der Philippinen
Ganz anders waren die Handelsbedingungen in Asien östlich der Straße von Malakka. Die Aufnahme von Handelsbeziehungen mit China und Japan war ein viel schwierigeres Unternehmen als mit
den Ländern im Indischen Ozean. Gesuche um den Zugang zu China in den Jahren 1513 und 15211522 wurden abgelehnt. Erst im Jahr 1557 erwarb Portugal Macau, war aber schon zuvor am
Schwarzhandel entlang der chinesischen Küste beteiligt. 1543 wurde Kontakt zu Japan aufgenommen,
und der eigentliche Handel mit diesem Land begann vom Stützpunkt Macau aus um die Mitte des
16. Jahrhunderts.
China
China hatte im 15. Jahrhundert seine aktive Rolle im Asienhandel eingestellt und strenge
Kontrollen für den privatwirtschaftlichen Handel sowie ein Embargo über den Handel mit Japan verhängt. Angesichts der historischen Bedeutung dieses Rückzugs soll im Folgenden ein kurzer Überblick über die Geschichte Chinas im Zeitraum 1100-1433 gegeben werden, als China die dynamischste
Macht im asiatischen Handel war.
Chinas Rolle im Welthandel expandierte erheblich, als die Song-Dynastie aus Nordchina vertrieben wurde und ihre Hauptstadt in das südlich des Jangtse gelegene Hangzhou verlegte. Die Region, in
der Reis angebaut wurde, war reich und dicht besiedelt. Es war daher nicht nötig, Nahrungsmittel aus
entlegenen Gebieten dorthin zu befördern. Die Song-Dynastie stützte sich stärker auf Handelszölle als
die meisten anderen chinesischen Dynastien und förderte die Gründung von Häfen sowie die Entwicklung des Außenhandels. Der wichtigste Hafen war Ch’üan-chou, etwa 600 km nördlich von
Kanton. Die Dynastie baute eine groß angelegte Keramikproduktion für den Exportmarkt auf, und die
Keramiköfen von Ching-te-chen (in der Provinz Kiangsi) erfuhren einen bedeutenden Aufschwung.
Zur Verteidigung des Jangtse und der Küstengebiete gegen die Angriffe der Mongolen wurde
1232 die erste professionelle Kriegsmarine Chinas gegründet. Innerhalb eines Jahrhunderts wuchs sie
auf 20 Geschwader mit 52 000 Mann an, deren Hauptstützpunkt sich nahe Shanghai befand. Zu dieser
Flotte gehörten auch mit Tretmühlen angetriebene gepanzerte Schaufelradschiffe, die auf dem Jangtse
eingesetzt wurden. Sie waren mit schweren Katapulten versehen, die große Steine oder andere Geschosse gegen feindliche Schiffe schleuderten.
Nach der Niederlage der Song wurden die Schiffbauaktivitäten für den Außenhandel, den
Getreidetransport nach Peking (die neue Hauptstadt) im Norden Chinas, den Seehandel mit Asien
und für Unternehmungen zur See von der mongolischen Yuan-Dynastie in noch größerem Umfang
fortgesetzt. 1274 und 1281 wurden für einen erfolglosen Invasionsversuch in Japan zwei große Flotten
zusammengezogen. Die erste Flotte bestand aus 900 Schiffen, die zweite war noch wesentlich größer
und transportierte eine Invasionsstreitmacht von einer viertel Million Soldaten. Die Mongolen öffneten
über die Seidenstraße erneut den Handelsverkehr mit Europa und dem Nahen Osten auf dem Landwege.
Wie zur Zeit der Song-Dynastie kam auch während der Yuan-Herrschaft ein Großteil der Kaufleute aus allen Teilen der islamischen Welt. Dies geht deutlich aus den Beschreibungen Marco Polos
hervor, des Venezianers, der im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts nach China reiste, sowie aus
denen Ibn Battutas aus Marokko über fünfzig Jahre später. Beide hinterließen beeindruckende
Berichte über die Dynamik des internationalen Handels im China der damaligen Zeit.
74
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Tabelle 2.11 Chinesische Schifffahrtsdiplomatie: Fahrten zu den „westlichen Meeren“, 1405–1433
Periode
1405–1407
Zahl der
Schiffe
62 große Schiffe
Schiffsbesatzung,
militärisches und
sonstiges Personal
27 000
Anlaufziele
in westlichen
Meeren
Anlaufziele
in östlichen
Meeren
Calicut
Champa, Java, Sumatra
1407–1409
n.v.
n.v.
Calicut & Cochin
Siam, Sumatra, Java
1409–1411
48
30 000
Malakka, Quilon
Sumatra
1413–1415
63
29 000
Hormus, Rotes Meer,
Malediven, Bengalen
Champa, Java, Sumatra
1417–1419
n.v.
n.v.
Hormus, Aden, Mogadischu,
Malindi
Java, Ryukyu-Inseln,
Brunei
1421–1422
41
n.v.
Aden, Ostafrika
Sumatra
1431–1433
100
27 500
Ceylon, Calicut, Hormus,
Aden, Djidda, Malindi
Vietnam, Sumatra, Java,
Malakka
Quelle:
Needham (1971) und Levathes (1994). Die offiziellen Register mit Einzelheiten über diese Fahrten wurden später von der chinesischen
Bürokratie zerstört, die einer Wiederaufnahme solcher Expeditionen ablehnend gegenüberstand. Die Daten basieren auf den Aufzeichnungen der Teilnehmer und späteren kaiserlichen Geschichtsdokumenten.
In den ersten Jahren der Ming-Dynastie unternahm der Kaiser Yongle eine ganze Reihe von
Seeexpeditionen außerhalb der „östlichen Meere“, die traditionell die chinesische Interessensphäre
bildeten. Bei diesen Expeditionen handelte es sich um groß angelegte Operationen mit überwiegend
politischen Beweggründen, selbst wenn der Staatshandel dabei eine wichtige Komponente war.
Yongle war ein Usurpator, der seinen Neffen bei einer erfolgreichen Militärrebellion abgesetzt
hatte. Die Unternehmungen zur See sollten Chinas Macht und Reichtum demonstrieren und seine
eigene Legitimität stärken. Sie dienten ferner dem Zweck, das Hoheitsgebiet Chinas deutlich auszudehnen. Korea gehörte permanent diesem auf Tributzahlungen beruhenden System an, und Yongle
brachte Japan 1404 dazu, einen ähnlichen Status zu akzeptieren (der mit einer kurzen Unterbrechung
bis 1549 andauerte). Bei diesem Tributsystem wurden anfangs „Geschenke“ ausgetauscht (von chinesischer Seite landestypische Waren wie Seide, Gold, Lack und Porzellan). Dieser Geschenkeaustausch
wiederholte sich in regelmäßigen Zeitabständen von einigen Jahren, und vor Yongles Herrschaft
waren im Anschluss daran private Handelsbeziehungen entstanden. Yongle jedoch verbot den privaten
Handel.
Diese nach dem Tributsystem organisierten Beziehungen dienten China als Mittel, seine moralische und kulturelle Überlegenheit zu demonstrieren, gegenüber den Barbaren jenseits der Grenzen
als zivilisierende Kraft aufzutreten und dadurch China besser zu schützen. Zu diesem Zweck waren
die Regierenden bestrebt, eine führende Rolle bei der Ausweitung und Überwachung der
Handelsbeziehungen zu übernehmen. Im Hintergrund stand dabei nicht der Gedanke, ein Kolonialreich zu gründen, sondern die hegemoniale Stellung Chinas zu behaupten. Diese traditionelle Auffassung von den Beziehungen Chinas zur Außenwelt unterschied sich erheblich von der Sichtweise der
mongolischen Dynastie, deren Ziel darin bestand, die Welt zu erobern, und so sah sich Yongle möglicherweise genötigt, wieder ein positiveres Bild von der chinesischen Zivilisation zu vermitteln.
Von 1405 bis 1433 drangen sieben Expeditionen besonders weit in die „westlichen Meere“ vor.
Sie segelten unter dem Kommando von Admiral Zheng-he, der seit dem Alter von 15 Jahren im Haushalt des Kaisers lebte und dessen Waffengefährte geworden war. Zheng-he war Eunuch, wie es
75
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 2.12 Umtauschkurse zwischen Papiergeld der Ming-Dynastie und Silber, 1376–1426
Offizieller Kurs
1376
1397
1413
1426
1436
Quelle:
1.00
0.07
0.05
0.0025
n.v.
Marktkurs
1.00
0.0009
Atwell in Twitchett und Mote (1998), S. 382.
sie im kaiserlichen Haushalt der Ming-Dynastie zu Tausenden gab. Für die Kaiser dieser Dynastie
stellten die Eunuchen ein vertrauenswürdiges und loyales Gegengewicht zur Macht der Verwaltung
dar. Letztere betrachtete die Expeditionen überwiegend als Geldverschwendung zu einer Zeit, da die
Verlegung der Hauptstadt der Ming-Dynastie von Nanking nach Peking und der Wiederaufbau des
Großen Kanals mit sehr hohen finanziellen Verpflichtungen verbunden waren. Diese Vorhaben gingen
mit einer schweren Belastung des Staatshaushalts einher, und den Küstenprovinzen wurden Sonderabgaben auferlegt. Yongle erhöhte seine Einnahmen, indem er große Mengen von Papiergeld drucken
ließ. Die hieraus resultierende Inflation (vgl. Tabelle 2.12) führte dazu, dass Papiergeld aus privatwirtschaftlichen Geschäften völlig verbannt wurde. Ab etwa 1430 dominierte Silber als Tauschmittel und
wurde auch für die Steuerzahlung akzeptiert.
In der Herrschaftszeit des Kaisers Yongle bestanden die Seestreitkräfte der Ming-Dynastie „aus
insgesamt etwa 3 800 Schiffen, darunter 1 350 Küstenwachbooten und 1 350 Kampfschiffen, die den
Wachposten oder Inselstützpunkten angegliedert waren, eine Hauptflotte von 400 großen Kriegsschiffen,
die in der Nähe von Nanking stationiert waren, und 400 Frachtschiffen für den Getreidetransport.
Hinzu kamen 250 Schatzschiffe für Ferntransporte“ (Needham, 1971, S. 484). Die Schatzschiffe
waren bei den Expeditionen in die westlichen Meere das wichtigste Transportmittel. Sie waren mit
120 Metern Länge und nahezu 50 Metern Breite fünfmal so groß wie die Schiffe da Gamas.
Die chinesischen Schiffe unterschieden sich von den im Indischen Ozean oder von Portugal verwendeten ganz wesentlich. Die Schatzschiffe hatten neun Masten, und auch kleinere Schiffe waren mit
mehreren Masten ausgestattet. Quer zum Segeltuch angebrachte Bambusstangen ermöglichten ein
präzises stufenweises Reffen. Wenn die Segel eingeholt wurden, fielen sie sofort in Falten zusammen.
Wenn sich Risse im Segel bildeten, blieb der Schaden auf Grund der Querstangen begrenzt. Die
großen Schiffe hatten mindestens 15 wasserdichte Schotten, so dass ein teilweise beschädigtes Schiff
nicht sank und auf See repariert werden konnte. Sie hatten bis zu 60 Kabinen und somit bequemere
Unterkünfte für die Mannschaft als portugiesische Schiffe.
Aus Tabelle 2.11 gehen die Einzelheiten der sechs Seeexpeditionen des Kaisers Yongle und die
der siebten Expedition nach seinem Tod hervor. Die Stärke der Flotten und die Größe der Schiffe
sollten die Herrscher der besuchten Länder einschüchtern. Die Fahrten wurden zwar in friedlicher
Absicht unternommen, doch reichte die militärische Stärke der Schiffe aus, um Angriffe auf die Flotte
erfolgreich abzuwehren, was aber nur dreimal vorkam. Ziel der ersten Expedition war Indien mit
seinen Gewürzen. Die übrigen dienten der Erkundung der afrikanischen Ostküste, des Roten Meers
und des Persischen Golfs.
Ein Hauptzweck dieser Reisen bestand darin, durch Überbringen von Geschenken gute Beziehungen herzustellen und Botschafter oder Herrscher auf ihrer Reise von und nach China zu eskortieren. Es wurde nicht versucht, Handels- oder Militärstützpunkte zu gründen. Das Interesse galt u.a. der
76
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Suche nach neuen Heilpflanzen, und an einer der zu diesem Zweck unternommenen Fahrten nahmen
180 Heilkundige teil. Von Interesse waren auch in China unbekannte afrikanische Tiere. Die Expeditionen kehrten mit Straußen, Giraffen, Zebras, Elefantenstoßzähnen und Rhinozeroshörnern zurück.
Dies waren jedoch rein exotische Produkte; ein wesentlicher internationaler Austausch von Pflanzen
und Tieren, wie er durch die Begegnung der Europäer mit Amerika in Gang gesetzt worden war, fand
jedoch nicht statt.
Nach dem Tode Zheng-hes nahm die Unterstützung für diese diplomatischen Initiativen in
entfernten Regionen rasch ab. Die Ausdehnung des Tributsystems in den Beziehungen Chinas zu
Ländern der „westlichen Meere“ hatte die Sicherheit Chinas nicht erhöht, und die Kosten der Seeexpeditionen hatten die Budget- und Geldkrise weiter verschärft. Die nach dem Leistungsprinzip
organisierte Verwaltung hatte einem Vorhaben, das den Einfluss der Eunuchen verstärkte, schon immer ablehnend gegenübergestanden. Die Beamten festigten ihre Position weiter, indem sie die amtlichen Aufzeichnungen über die Expeditionen nach Übersee vernichteten. Die Notwendigkeit, die
neue Hauptstadt im Norden gegen potentielle Invasoren aus der Mongolei oder der Mandschurei
zu verteidigen, wurde immer dringlicher. Die Nahrungsmittelversorgung der neuen Hauptstadt war
durch den Großen Kanal gesichert, der 1415 über seine Gesamtlänge hinweg wieder geöffnet wurde
(2 300 km – d.h. die Entfernung Paris-Istanbul). Der Kanal funktionierte besser denn je, da er durch
neue Schleusen ganzjährig schiffbar war25. Die Belieferung der Hauptstadt mit Getreide auf dem Seeweg war bereits eingestellt worden, und an die Stelle seetüchtiger Getreideschiffe traten für die Fahrt
auf dem Kanal geeignete Lastkähne.
Da die Diplomatie zur See beendet war, wurden keine Schatzschiffe mehr gebraucht, die Verteidigungsanlagen an den Küsten waren reduziert worden, und es wurde großer Druck ausgeübt, die
Seestreitkräfte auch in ihrem Grundbestand abzubauen. Bis 1474 wurde die Flotte großer Kriegsschiffe von 400 auf 140 verkleinert. Die meisten Werften wurden geschlossen, und die Seestreitkräfte
sahen sich durch Personalabbau und Desertion dezimiert.
Das Tributsystem bestand gegenüber Ländern der östlichen Meere weiter, d.h. Schiffe aus Japan
durften in Zeitabständen von mehreren Jahren wiederkehren, doch wurde das von Yongle verhängte
Embargo für den Privathandel aufrechterhalten, und seetüchtige Dschunken mit mehr als zwei Masten
waren verboten.
Dieses System des Verbots und der Regulierung führte letztlich zur immer weiteren Verbreitung
des illegalen Privathandels und der Piraterie. Die Küstenwacht war bestechlich. Als die Portugiesen
1557 ihren Stützpunkt in Macau gründeten, waren sie sich der Handelssituation voll bewusst und
konnten zu den chinesischen und japanischen Piraten leicht Kontakt aufnehmen.
1567 hoben die chinesischen Behörden das Verbot des privatwirtschaftlichen Handels auf, untersagten aber den Handel mit Japan. Für die Portugiesen ergab sich hieraus eine außergewöhnlich günstige Gelegenheit.
Japan
1539 hatten die Chinesen die Ladung japanischer Schiffe beschlagnahmt, die sich am offiziellen
Handel im Rahmen des Tributsystems beteiligten. 1544 hatten sie japanische Versuche vereitelt,
diesen Handel wieder aufzunehmen. Dies genügte, um auf Seiten Japans eine feindselige Haltung
auszulösen, die durch die politischen Veränderungen in Japan noch verstärkt wurde. Mitte des
16. Jahrhunderts stand das Ashikaga-Shogunat, das die chinesische Oberhoheit akzeptiert hatte, kurz
vor dem Zusammenbruch. Ihm folgten hintereinander drei besonders grausame Militärdiktatoren,
77
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Nobunaga, Hideyoshi und Ieyasu, die ein mächtiges geeintes Regierungssystem schufen. Den Gedanken einer chinesischen Oberhoheit lehnten sie völlig ab.
Diese politischen Entwicklungen fielen in die Zeit, als Japan sich zu einem bedeutenden Silberproduzenten entwickelte. Reiche Vorkommen wurden in den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts
entdeckt. Das Exportpotential war sehr groß. Auf dem chinesischen Markt herrschte eine stürmische
Nachfrage nach Silber, und das Gold-Silber-Preisverhältnis war in China für Silber günstiger als in
Japan. Da die Chinesen keine japanischen Schiffe in ihre Häfen einlaufen ließen, wurde das japanische
Silber in erster Linie von chinesischen Piratenschiffen und den Portugiesen nach China befördert.
Die portugiesischen Schiffe konnten indonesische Gewürze von Malakka nach Macau befördern,
sie in China absetzen, dort chinesische Seide und Gold ankaufen, von Macau aus die Häfen im Süden
Japans (zunächst Hirado, dann Nagasaki) anlaufen, diese Produkte dort verkaufen, japanisches Silber
ankaufen, es in Macau veräußern und dann wieder Seide kaufen, um sie nach Japan oder in ihre
Lagerhäuser in Goa zu liefern.
Der portugiesische Handelsverkehr ging auch mit Jesuiten-Missionen einher. So hielt sich Franz
Xavier 1549-1551 in Japan auf, und die Jesuiten waren bei der Missionierung im Süden Japans sehr
erfolgreich. Die Zahl der japanischen Christen stieg schließlich auf rd. 300 000 (also mehr, als die
Jesuiten in Goa oder China bekehrten). Die Japaner interessierten sich für die Schiffe, die Karten und
die Navigationsmethoden der Portugiesen und lernten in diesen Techniken hinzu. Noch mehr interessierten sie aber Feuerwaffen. Die portugiesische Technologie dieser Zeit wurde durch die japanische
Namban-Kunst (Namban = „von den südlichen Barbaren“) reproduziert, die in besonders großen
lackierten Wandschirmen mit mehreren Tafeln ihren deutlichsten Ausdruck fand. Die ersten Portugiesen, die 1543 landeten, führten Feuerwaffen mit sich, die in Japan unbekannt waren. Die japanischen
Militärs lernten das Potential dieser neuen Waffen schnell schätzen, und es gelang ihnen, sie zu kopieren und in Japan herzustellen. Diese Waffen hatten bedeutende Auswirkungen auf den Ausgang der
japanischen Bürgerkriege. Nach 1615 beschloss das neue Shogunat, die Schusswaffen aus dem Verkehr zu ziehen und den Gebrauch von Schwertern auf die Samurai zu beschränken.
1596 versuchten die spanischen Herrscher in Manila, die Erfolge der Portugiesen in Japan zu
kopieren, und sandten zur Christianisierung eine Abordnung von Franziskaner-Missionaren dorthin.
Die Japaner gewannen den Eindruck, dass die Spanier möglicherweise die Macht an sich reißen
wollten, wie sie es auf den Philippinen getan hatten, und auf Befehl Hideyoshis wurden die spanischen
Missionare und 19 der von ihnen Bekehrten in Nagasaki gekreuzigt. Von diesem Augenblick an nahm
die feindselige Haltung Japans gegenüber portugiesischen Missionierungsaktivitäten stetig zu, und das
Land nahm Kontakt zu englischen und niederländischen Händlern auf, die keinerlei religiöse Ambitionen verfolgten. Das Christentum wurde schließlich verboten, und die Portugiesen wurden 1639 des
Landes verwiesen. Der Handel mit dem japanischen Festland war fortan allein chinesischen und
niederländischen Kaufleuten vorbehalten.
Manila
Fernao de Magalhaes hatte 1511 an der ersten portugiesischen Expedition auf die Gewürzinseln
der Molukken teilgenommen und war bei seiner Rückkehr nach Portugal enttäuscht über seine Entlohnung und Zukunftsaussichten. 1517 lief er nach Spanien über, änderte seinen Namen in Magellan und
überzeugte die spanische Krone, eine Reise auf der Westroute zu finanzieren. Die unter seinem Befehl
stehende Expedition (1519-1522) vollbrachte die erste Weltumsegelung. Ihre Route führte südlich an
Argentinien vorbei. Magellan wurde bei einem Kampf auf den Philippinen getötet, doch wurde die
Reise zu den Gewürzinseln auch ohne ihn fortgesetzt und schließlich in Spanien beendet. Nur fünfzehn Männer kehrten zurück, über 200 überlebten die Reise nicht.
78
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Spanien trat gegen einen Geldbetrag seinen Anspruch auf die Molukken an Portugal ab, erlangte
aber 1571 effektiv die Kontrolle über die Philippinen. Sie waren die einzige nennenswerte spanische
Besitzung außerhalb Amerikas. Die Route zwischen Acapulco (an der Westküste Mexikos) und
Manila hatte eine Monopolstellung im Handel mit spanischem Silber gegen chinesische Seide und
Porzellanerzeugnisse. Die Spanier beteiligten sich kaum direkt am Handel mit China, der hauptsächlich mit chinesischen Schiffen abgewickelt wurde, die sich für den Zwischenhandel der großen
chinesischen Gemeinde in Manila bedienten. Ende des 16. Jahrhunderts lebten in Manila 2 000
Spanier und 10 000 Chinesen.
Die Beziehungen zu China waren niemals besonders freundschaftlich. 1603 entstand durch einen
Besuch besonders dreister chinesischer Händler, die die amtlichen Autoritäten der Provinz Fujian
vertraten, fälschlich der Eindruck, dass China eine Invasion der Philippinen plante. Die Spanier
reagierten hierauf mit einem Angriff, bei dem sie den überwiegenden Teil der in Manila lebenden
Chinesen töteten. Der chinesische Kaiser Wanli ließ den Händler hinrichten, der die Spanier provoziert hatte, und der Handel mit China bestand auch nach diesem Zwischenfall fort. Der Besitz der
Philippinien war jedoch für Spanien nie ein besonders einträgliches Unternehmen, und die Menge des
von Mexiko über Manila nach China gelieferten Silbers war wesentlich geringer als die entsprechenden Ausfuhren Japans (Tabelle 2.9).
VII
Die Portugiesen in Brasilien
Als die Portugiesen im Jahr 1500 in Brasilien landeten, unterschied sich ihre Situation als
Kolonisatoren ganz erheblich von der der Spanier in Mexiko und Peru. Sie trafen in Brasilien weder
eine fortgeschrittene Zivilisation mit zu plündernden Schätzen von Edelmetallen an noch eine gesellschaftliche Disziplin oder Organisationsform, die in der Lage gewesen wäre, regelmäßig Tribute zu
leisten, die sie sich hätten aneignen können. Die Indianer Brasiliens waren in erster Linie Jäger und
Sammler, selbst wenn einige im Begriff standen, zum Ackerbau überzugehen und für den Anbau von
Maniok Brandrodung zu betreiben. Auf Grund ihrer Techniken und Ressourcen lebten diese
Menschen über große Räume verstreut. Es gab weder Städte noch Viehzucht. Sie befanden sich auf
dem Entwicklungsstand des Steinzeitmenschen, ernährten sich von Jagd und Fischfang, waren unbekleidet, konnten weder lesen noch schreiben.
Während des ersten Jahrhunderts der Kolonisierung wurde deutlich, dass sich die Indianer kaum
für die Sklavenarbeit eigneten. Sie waren nicht fügsam, hatten bei Kontakt mit westlichen Krankheiten
eine hohe Sterblichkeitsziffer, konnten relativ leicht entlaufen und sich verstecken. Portugal führte
daher für schwere körperliche Arbeiten Sklaven aus Afrika ein. Den Indianern Brasiliens war letztlich
dasselbe Schicksal beschieden wie denen Nordamerikas. Sie wurden an den Rand der Kolonialgesellschaft gedrängt. Der Hauptunterschied bestand in Brasilien darin, dass es zu einem höheren Grad
der Mischung mit den weißen Invasoren und den schwarzen Sklaven kam.
Im Gegensatz zu Spanien mit seinen Kolonien erzielte Portugal einen wesentlich größeren Teil
seiner Einnahmen in Brasilien durch die Ausweitung der Güterausfuhren und die Steigerung der
Handelsgewinne. Im 16. und 17. Jahrhundert waren die offiziellen Einnahmen aus Brasilien gering
– 1588 machten sie rd. 3% und 1619 5% der öffentlichen Einnahmen Portugals aus (vgl. Bethell, 1984,
Bd. I, S. 286). Im 16. Jahrhundert war die Wirtschaftstätigkeit in den Händen einer kleinen Zahl von
Siedlern konzentriert, die im Nordosten Brasiliens eine äußerst einträgliche Zuckerproduktion für den
Export betrieben. Die Techniken für diesen Gewerbezweig, darunter der Einsatz schwarzer Sklaven,
79
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 2.13 Warenmäßige Zusammensetzung der brasilianischen Exporte, 1821–1951
(in Prozent der Gesamtexporte)
1821–1823
1871–1873
1901–1903
1927–1929
1949–1951
Quelle:
Baumwolle
Zucker
Kaffee
Kautschuk
Kakao
25.8
16.6
2.6
2.0
10.0
23.1
12.3
2.4
0.5
0.3
18.7
50.2
55.7
71.1
60.5
0.0
0.0
22.5
2.0
0.2
n.v.
n.v.
2.5
3.8
4.8
821–1873 vgl. Leff (1982), Bd. II, S. 9; 1901–1951 vgl. O Brasil em Numeros.
waren zuvor in Madeira und São Tomé entwickelt worden. Die Rinderzucht in den Trockengebiete
des Hinterlands (der sertao) lieferte Nahrungsmittel für die in der Zuckerproduktion tätigen Menschen.
Die brasilianischen Zuckerausfuhren erreichten in den fünfziger Jahren des 17. Jahrhunderts
ihren Höchststand. In der Zeit danach verringerten sich die Einnahmen infolge niedrigerer Preise und
der Konkurrenz durch die schnell expandierende Produktion in der Karibik (vgl. Tabelle 2.4).
Mit dem Einbruch der Zuckerproduktion fielen weite Teile des Nordostens in das Stadium der
Subsistenzwirtschaft zurück. In den neunziger Jahren des 17. Jahrhunderts eröffneten die Entdeckung
von Goldvorkommen und um 1720 Diamantfunde weiter südlich in Minas Gerais neue Möglichkeiten.
Das 18. Jahrhundert war durch starke Einwanderungsströme aus Europa und eine Binnenmigration aus
dem Nordosten in Richtung Minas geprägt, die auf der Anziehungskraft der Gold- und Diamantenvorkommen beruhten. Der Wohlstand, der im 18. Jahrhundert in Minas herrschte, ist auch heute noch
an den zahlreichen kunstvollen Bauten und Kirchen in Ouro Preto zu erkennen, das einst das Zentrum
der Bergbauaktivitäten war. Auf Grund des äußerst kargen Bodens in Minas Gerais gingen vom
Nahrungsmittel- und Transportbedarf des Bergbaugebiets stimulierende Effekte auf die Nahrungsmittelproduktion in den Nachbarprovinzen im Süden und im Nordosten sowie auf die Maultierzucht
am Rio Grande do Sul aus. Die Goldindustrie stand mit einer Produktion von rd. 15 Tonnen jährlich
um das Jahr 1750 in voller Blüte; mit zunehmender Erschöpfung der ergiebigsten Lagerstätten gingen
die Produktions- und Ausfuhrmengen danach jedoch zurück. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
betrugen die an das Mutterland abgeführten Erlöse aus der Goldgewinnung durchschnittlich 5,23 Mio.
Milreis (1,4 Mio. £) pro Jahr, wovon der Krone, soweit erfassbar, etwa 18% zuflossen (Alden, 1973,
S. 331). Insgesamt erreichten die brasilianischen Goldlieferungen über das gesamte 18. Jahrhundert
zwischen 800 und 850 Tonnen (vgl. Morineau, 1985).
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts befanden sich die portugiesischen Finanzen in einem
desolaten Zustand. Die Einkünfte, die das Mutterland aus Brasilien bezog, waren wegen der rückläufigen Goldproduktion geschrumpft. Die Einnahmequellen in Asien waren versiegt, und Portugal
wurde durch die Kosten für den Wiederaufbau Lissabons nach dem Erdbeben von 1755 belastet. Um
dieses Problem zu lösen, ließ der portugiesische Premierminister Pombal die Jesuiten aus Brasilien
ausweisen (1759), ihre umfangreichen Besitztümer beschlagnahmen und sie zu Gunsten der Krone an
wohlhabende Landbesitzer und Kaufleute veräußern. Auch der überwiegende Teil der Güter anderer
Orden ging einige Jahre später in den Besitz der Krone über.
Mit dem Versiegen der Goldproduktion wandte sich Brasilien erneut dem Export von Agrarerzeugnissen zu. Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit Brasiliens 1822 wurden in erster Linie Baumwolle, Zucker und Kaffee ausgeführt. Die Kaffeeproduktion begann Anfang des 19. Jahrhunderts,
als die Produktion auf Grund einer Sklavenrevolte in Haiti zurückging. Kaffee wurde im Südosten
angebaut, Zucker und Baumwolle dagegen waren seit jeher Produkte des Nordostens.
80
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Am Ende der Kolonialzeit bestand die Hälfte der Bevölkerung aus Sklaven. Diese bekamen als
Nahrung eine dürftige Kost aus Bohnen und getrocknetem Rindfleisch und überlebten die harte Arbeit
gewöhnlich nur wenige Jahre. Eine kleine Minderheit privilegierter Weißer bezog ein hohes Einkommen, der Rest der Bevölkerung (freie Schwarze, Mulatten, Indianer und viele Weiße) waren arm. Der
Landbesitz konzentrierte sich auf die Sklavenhalter, so dass eine sehr ungleiche Vermögensverteilung
eine in hohem Grade ungleiche Einkommensverteilung begünstigte. Zwischen den einzelnen Regionen
gab es wesentliche Unterschiede. Das ärmste Gebiet war der Nordosten. Auch in Minas Gerais waren
die besten Zeiten vorüber. Am wohlhabendsten war das Gebiet um die neue Hauptstadt Rio de Janeiro.
Die Unabhängigkeit errang Brasilien, an lateinamerikanischen Maßstäben gemessen, ohne größere
Erschütterungen. 1808 flohen die portugiesische Königin und der Regent nach Rio, um der französischen Invasion des Mutterlands zu entkommen. Mit ihnen gingen etwa 10 000 Vertreter des
„Establishments“ – Aristokratie, Verwaltungsbeamte und ein Teil des Militärs –, die in Rio eine Regierung bildeten und Brasilien mit Portugal vom Königshof in Petropolis aus als Doppelmonarchie
regierten (beide Teile hatten zu dieser Zeit in etwa dieselbe Bevölkerungsstärke). Nach den napoleonischen Kriegen trennten sich beide Länder ohne allzu große Feindseligkeiten. Brasilien wurde unabhängig – mit einem Kaiser, der der Sohn des portugiesischen Monarchen war.
Mit der Unabhängigkeit hatte Brasilien zwar keine offiziellen Tributzahlungen an Portugal mehr
zu entrichten, doch führte das aufwendige kaiserliche Herrschaftssystem zu einer höheren inländischen
Steuerlast. Die Briten, der neue Protektor Brasiliens, repatriierten ihre wachsenden Handelserträge.
Mit der Unabhängigkeit konnte Brasilien jedoch sein eigenes Bankensystem errichten, Papiergeld
drucken, eine moderate Inflation verkraften und auf dem internationalen Kapitalmarkt Geld leihen.
Von den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts an floss immer wieder ausländisches Kapital
nach Brasilien, meist in Form von Direktkrediten an die Regierung oder in Form von Erlösen aus der
Veräußerung brasilianischer Staatspapiere im Ausland. In der Zeit des brasilianischen Kaiserreichs
wurden 17 Auslandsanleihen begeben. Die Tilgung erfolgte fristgerecht, und Brasilien genoss bei den
britischen Banken, die sämtliche Mittel bereitstellten, eine gute Bonität.
Die Unabhängigkeit hatte gewisse Änderungen in der Handelspolitik zur Folge. Bis 1808 durften
in die brasilianischen Häfen nur englische oder portugiesische Schiffe einlaufen26, und merkantilistische Restriktionen verhinderten die Herstellung von Industrieprodukten. Diese Beschränkungen
wurden 1808 aufgehoben, doch behielt das Vereinigte Königreich bis 1827 bestimmte exterritoriale
Rechte und Zollpräferenzen. Dann wurden auch diese Präferenzen abgeschafft, doch musste Brasilien
die Zölle bis 1844 auf 15% ad valorem begrenzen. Für eine Regierung, die die hohen Kosten für den
ganzen Hofstaat einer Monarchie zu tragen hatte und politisch nicht über die Möglichkeit verfügte,
Boden oder Einkommen zu besteuern, stellte dies eine schwere Belastung dar. Diese Situation leistete
der Tendenz zu einer inflationären Finanzpolitik und Entwertung des Papiergelds Vorschub. Als Brasilien 1844 seine Zollhoheit wiedererlangte, wurde der allgemeine Zollsatz für Fertigprodukte auf 30%
angehoben, die Zölle auf Rohstoffe und Maschinen hingegen wurden abgeschafft, was die Entstehung
von Baumwollspinnereien und -webereien förderte. In der Zeit des Kaiserreichs stellten die Zolleinnahmen zwei Drittel der Steuereinnahmen der Regierung dar, und die Zölle spielten eine wesentliche
Rolle beim Schutz der lokalen Industrie. Die Zolleinnahmen erreichten einen höheren Anteil an den
Einfuhren als in irgendeinem anderen Land, mit Ausnahme Portugals27.
1833 schaffte das Vereinigte Königreich die Sklavenhaltung auf den Westindischen Inseln ab und
begann, aktiv gegen den Sklavenhandel vorzugehen. Im Zeitraum 1840-1851 wurden 370 000 Sklaven
nach Brasilien verbracht, doch bereitete die britische Marine diesem Handel anschließend ein Ende.
Die Sklavenhaltung existierte zwar noch ungefähr vierzig Jahre lang, doch bewirkte das Ende des
Sklavenhandels eine wesentliche Veränderung des Wirtschaftssystems. Ein sofortiger Effekt war die
Verdopplung der Sklavenpreise, so dass sich der Gewinn verringerte, wenn ein Sklave frühzeitig an
81
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
der harten Arbeit starb. Die Geschlechter- und Altersstruktur der schwarzen Bevölkerung begann sich
zu verändern, was dazu führte, dass die Erwerbsquote sank. 1888 wurde die Sklaverei abgeschafft,
wobei die ehemaligen Sklaven weder eine Entschädigung noch irgendeine andere Art der Hilfe
erhielten, um sich an einem anderen Ort anzusiedeln. Zu dieser Zeit betrug der Sklavenanteil an
der Gesamtbevölkerung nur 7%, während er sich in den Vereinigten Staaten im Jahr 1860, kurz vor
Ausbruch des Amerikanischen Bürgerkriegs, auf 13% belief.
Der Kaiser wurde 1889 vom Militär abgesetzt, das eine von Oligarchien beherrschte Republik
gründete. Es erfolgte die Trennung von Kirche und Staat. Nur Grundbesitzer hatten das Wahlrecht.
Das Amt des Präsidenten wechselte zwischen Politikern aus São Paulo und Minas Gerais auf Grund
vorheriger Absprachen. Die Monarchie hatte als Zentralgewalt geherrscht, doch nun wurden aus den
Provinzen Bundesstaaten, die über ein hohes Maß an Autonomie und namentlich die Zollhoheit verfügten, so dass Zölle im Warenhandel mit dem Ausland wie auch zwischen einzelnen Bundesstaaten
erhoben werden konnten. Auf bundesstaatlicher Ebene konzentrierte sich die Macht in den Händen
einer kleinen politischen Klasse, die ihre Freunde und Verwandten begünstigte.
Auf lokaler Ebene herrschte der „coronelismo“ (in etwa: Herrschaft der Obristen). Die fast als
Banditen zu bezeichnenden Angehörigen dieser „Kaste“ hatten ihr Grundeigentum mit nicht immer
legalen Mitteln erworben und herrschten über die weniger begüterten Bürger wie Feudalherren.
In den ersten Jahren der Republik traten die durch den Übergang vom Sklaventum zur Lohnarbeit
bedingten Belastungen deutlich zu Tage. Da der Kaffeeanbau im Gebiet um Rio nicht mehr rentabel
war, wurde auf Rinderzucht umgestellt. Die Wettbewerbsposition von São Paulo wurde gestärkt.
Klima- und Bodenverhältnisse waren dort für den Kaffeeanbau günstiger als in den durch die Bodenerosion ausgezehrten Tälern in der Nähe von Rio. Seit 1840, als Senator Vergueiro begonnen hatte,
weiße Arbeitskräfte für seine Plantagen einzustellen, war dort ein Arbeitskräftereservoir weißer Einwanderer vorhanden. Die Regierung des Bundesstaats subventionierte die Einwanderung (in erster
Linie italienischer Staatsangehöriger) von 1880 bis 1928 in großem Stil. In den zwanziger Jahren des
20. Jahrhunderts kamen viele Einwanderer in São Paulo aus Japan. Dieser Landesteil wurde zudem
durch die Ausweitung des Schienenverkehrs und den Ausbau des Hafens von Santos begünstigt. Das
durchschnittliche Bildungsniveau der Einwanderer war wesentlich höher als das der in Brasilien geborenen Menschen. Ihre Alphabetisierungsquote lag doppelt so hoch, und der Anteil von Personen mit
Sekundar- und Hochschulniveau war bei ihnen dreimal so hoch wie in der brasilianischen Bevölkerung (Merrick und Graham, 1979, S. 111). Auf Grund ihres Lohnniveaus waren sie teurer als Sklaven,
konnten dafür aber eine höhere Produktivität vorweisen, und ihre Zahl ließ sich durch Einwanderung
leicht erhöhen.
In der Zeit der Republik stagnierte die Wirtschaft im Nordosten. Dort wie auch in anderen
Regionen eines Landes, in dem Schwarze und Mulatten kein Wahlrecht, keinen Zugang zu Landbesitz,
Bildung oder jeglicher Form staatlicher Hilfe während der Umstellung auf eine Lohnwirtschaft hatten,
konnten diese Bevölkerungsgruppen im Allgemeinen kaum von den Früchten des Wirtschaftswachstums profitieren.
Die portugiesische Herrschaft in Brasilien hatte eine ganze Reihe dauerhafter Konsequenzen:
a) Brasilien ist durch sehr große Unterschiede bei Einkommen, Wohlstand, Bildung und
wirtschaftlichen Perspektiven gekennzeichnet. Diese Disparitäten sind extremer als in Asien, Europa
oder Nordamerika. Die Gesellschaftsstruktur spiegelt noch immer in starkem Maße die Kolonialzeit
wider, als im Hinblick auf den Zugang zu Grundeigentum große Ungleichheit herrschte und der überwiegende Teil der Arbeitskräfte Sklaven waren. Die fortdauernde Vernachlässigung der Bildung für
die Masse der Bevölkerung ist selbst nach lateinamerikanischen Maßstäben besonders krass und hat
den Anstieg der Arbeitsproduktivität gehemmt. Ein weiterer Aspekt der Ungleichheit ist regionaler
Art. Die Unterschiede beim Pro-Kopf-Einkommen zwischen dem ärmsten Bundesstaat Piaui und dem
82
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Tabelle 2.14 Gegenüberstellung der Wirtschaftsergebnisse Brasiliens und der USA in den fünf
Hauptphasen der brasilianischen Entwicklung, 1500–1998
Wachstumsbilanz Brasiliens
Bevölkerung
(Tsd.)
1500
1820
1890
1929
1980
1998
1 000
4 507
14 199
32 894
122 936
169 807
BIP
(Mio. int. $ von 1990)
400
2 912
11 267
37 415
639 093
926 919
Pro Kopf BIP
(int. $ von 1990)
400
646
794
1 137
5 199
5 459
Wachstumsraten in jeder Phase (kumulierte Jahresrate)
Bevölkerung
1500–1820 Kolonie
1820–1890 Reich
1890–1929 Oligarchische Republik
1929–1980 Entwicklungsphase
1980–1998 Anpassungsphase
1500–1998
0.47
1.65
2.18
2.62
1.81
1.04
BIP
0.62
1.95
3.13
5.72
2.09
1.57
Pro-Kopf-BIP
0.15
0.30
0.92
3.03
0.27
0.53
Wachstumsbilanz der USA
Bevölkerung
(Tsd.)
1500
1820
1890
1929
1980
1998
2 000
9 981
63 302
122 245
227 757
270 561
BIP
(Mio. $ von 1990)
800
12 548
214 714
843 335
4 239 558
7 394 598
Pro-Kopf-BIP
($ von 1990)
400
1 257
3 392
6 899
18 575
27 331
Wachstumsraten der USA in jeder Phase (kumulierte Jahresrate)
Bevölkerung
1500–1820
1820–1890
1890–1929
1929–1980
1980–1998
1500–1998
Quelle:
0.50
2.67
1.70
1.23
0.96
0.99
BIP
0.86
4.14
3.57
3.21
3.15
1.85
Pro-Kopf-BIP
0.36
1.43
1.83
1.96
2.17
0.85
Anhänge A, B und C sowie Maddison (1995a).
Distrito Federal liegt bei rund 7:1. Die einzigen Länder, die einen ebenso hohen Grad der regionalen
Unterschiede aufweisen, sind Mexiko und China.
b) Einkommensgefälle und Chancenungleichheit sind in Brasilien eng mit der Rassenzugehörigkeit verknüpft, doch hat das Erbe der Sklaverei dort zu weniger ausgeprägten sozialen
Spannungen geführt als in den Vereinigten Staaten. So hat etwa Gilberto Freyre (1959) behauptet,
Brasilianer seien mehr oder weniger „farbenblind“ und Brasilien sei ein soziales Kontinuum von reich
bis arm, ohne scharfe soziale Antagonismen. Brasilien unterscheide sich von den Vereinigten Staaten
hauptsächlich dadurch, dass die portugiesische Gesellschaft und der Sittenkodex zur Zeit der Kolonisation stark von dem engen Kontakt zur islamischen Welt beeinflusst wurden. Florestan Fernandes
(1969) vertrat eine wesentlich kritischere Auffassung von der brasilianischen Gesellschaft, die
eine faktische, im Allgemeinen aber diskrete gesellschaftliche Diskriminierung praktizierte.
83
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
c) Brasilien kam der Vorteil zugute, dass sich politische Veränderungen dort auf sanftere Art und
Weise vollzogen als in anderen Ländern Lateinamerikas. Der Vertrag von Tordesillas (1494) teilte
Amerika freundschaftlich zwischen Portugal und Spanien auf. Darin erhielt Portugal ein Gebiet, das
sich bis 48 Grad westlich vom Greenwich-Meridian erstreckte, doch schließen die derzeitigen Grenzen
Brasiliens ein nahezu dreimal so großes Territorium ein – eine Situation, die 1750 durch den Vertrag
von Madrid friedlich besiegelt wurde. Der territoriale Zugewinn ist überwiegend auf Übergriffe durch
Bewohner der Grenzregionen zurückzuführen. Die einzige größere Invasion war die Besetzung des
Nordostens durch die Niederländer (1630-1654). Auseinandersetzungen zum Schutz des Grenzverlaufs vor französischen oder spanischen Übergriffen waren unerheblich, und der letzte territoriale
Erwerb, das Acre-Territorium, erfolgte durch Kauf von Bolivien. Der größte Krieg mit dem Ausland
wurde gegen Paraguay (1865-1870) geführt. Dies ist ein großer Unterschied zu Mexiko, das die Hälfte
seines Territoriums durch Kriege mit den Vereinigten Staaten einbüßte, oder zu den Kriegen, die die
Länder Europas und Asiens auf Grund von Grenzkonflikten führten.
d) Auffällig ist auch die Leichtigkeit, mit der sich in Brasilien politische Transformationen vollzogen haben. Die Unabhängigkeit erlangte Brasilien ohne größere Kämpfe, indem der portugiesische
Kronprinz 1822 Kaiser von Brasilien wurde. Die Sklaverei wurde 1888 abgeschafft, ohne dass ein
Bürgerkrieg ausbrach. Das Kaiserreich wurde 1889 kampflos zu einer Republik. Die Vargas-Diktatur
von 1930-1945 begann und endete mit relativ wenig Gewalt, was auch für die Militärherrschaft von
1964-1985 galt.
e) Das Zusammentreffen von drei Faktoren – sanfte politische Übergänge, das Fehlen von
Konflikten mit anderen Ländern und relativ spannungslose soziale Beziehungen zwischen den ethnischen Gruppen – ermöglichten es Brasilien, ein Völkergemisch aus den ursprünglich portugiesischen
Kolonisatoren, den Abkömmlingen afrikanischer Sklaven und späteren Einwanderern aus Italien,
Japan, Deutschland und dem Libanon zu assimilieren. Brasilien ist ein junges Land mit einem hohen
Maß an Selbstvertrauen, ohne Ressentiments etwa auf Grund des Gefühls der Ausbeutung durch
mächtige Nachbarn. Seine föderale Struktur ist lockerer als die vieler anderer großer Länder, und es
zeichnet sich durch ein vielseitiges geistiges Leben aus.
VIII
Die Niederlande
In der Zeit von 1400 bis 1700 erzielten die Niederlande das rascheste Pro-Kopf-Einkommenswachstum in ganz Europa, und von 1600 bis in die zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts wiesen sie
das höchste Pro-Kopf-Einkommensniveau auf. Vor dem 17. Jahrhundert war diese Wirtschaftsleistung
auf die Nutzung der Handelschancen in Nordeuropa sowie die erfolgreiche Umstrukturierung der
Landwirtschaft durch den Wasserbau zurückzuführen. In der Folgezeit konnten die Niederländer ihren
Wohlstand dank ihrer Rolle im Welthandel mehren.
1579 spalteten sich die nördlichen Provinzen als Utrechter Union – aus der die Republik der Vereinigten Niederlande hervorging – von den größeren Südprovinzen ab, die unter spanischer Herrschaft
verblieben28. Der Kampf um die Erlangung und Behauptung der Unabhängigkeit zog sich über nahezu
80 Jahre hin. Den Vereinigten Niederlanden gelang es, sich gegen eine Weltmacht wie Spanien durchzusetzen, zu der damals Kastilien, Portugal (1580-1640), Neapel, Sizilien, das Herzogtum Mailand,
die Franche-Comté, Mexiko, Peru, die Philippinen, Westindien, Tunis, Flandern, Brabant, Luxemburg,
Lille, Artois und das Hennegau gehörten.
84
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Es ist nützlich, den wirtschaftlichen und politischen Kontext, in dem sich der Aufschwung der
niederländischen Wirtschaft vollzog, näher zu betrachten. Vom 12. Jahrhundert an waren Flandern
und Brabant die reichsten Provinzen Nordeuropas. Die führenden Städte Flanderns – Brügge, Gent
und Ypern – waren damals die Zentren der europäischen Wollverarbeitung. Es wurden dort hochwertige Tuche, Tapisserien und andere Möbeltextilien hergestellt, die in ganz Europa Absatz fanden. Die
Rohmaterialien wurden großenteils importiert: Die Wolle stammte aus England und der Alaun, der in
der Textilindustrie als Reinigungsmittel Verwendung findet, wurde von Genueser Kaufleuten aus
Chios eingeführt. Beim Waid und den anderen Färbemitteln, der Bleicherde und den übrigen Hilfsstoffen handelte es sich großenteils um einheimische Produkte. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts
(vgl. Postan, 1987, S. 180) exportierte England annähernd 7 000 Tonnen Wolle im Jahr, wovon der
größte Teil über den damals englischen Hafen Calais nach Flandern ging. Bis zur Mitte des
15. Jahrhunderts waren die englischen Wollexporte um vier Fünftel zurückgegangen. Die in Flandern
verarbeitete Wolle kam nunmehr aus Spanien und wurde in Bilbao oder anderen spanischen Atlantikhäfen verschifft. England war in der Zwischenzeit vom Importeur zum Exporteur von Wollerzeugnissen geworden. Bei einem großen Teil seiner Textilexporte handelte es sich jedoch um ungefärbte
Tuche, die zur Endbearbeitung nach Flandern geschickt wurden. McNeill (1974, S. 53-54) vermittelt
einen Eindruck vom Umfang der Genueser Alaunlieferungen nach Flandern zwischen Mitte des 14.
und Mitte des 16. Jahrhunderts. Er berichtet, dass die Genueser Chios nach der Eroberung der Insel im
Jahre 1346 in ein gewaltiges Schieferlager verwandelten, in dem sie die Ausbeute sämtlicher Alaunschieferbrüche Kleinasiens zentralisierten. Auf diese Weise konnten sie ständig ausreichende Mengen
an Alaun bereithalten, um die Laderäume riesiger, extra zu diesem Zweck gebauter Schiffe zu füllen.
Rund zwanzig solcher Schiffe – größer als alle Holzschiffe, die je zuvor und danach gebaut wurden –
fuhren regelmäßig, sommers wie winters, von Chios nach Brügge und wieder zurück. Auf ihrer langen
Fahrt gingen sie nur einmal, in Cadiz, vor Anker, um Wasser und andere Vorräte zu fassen. Postans
Schätzungen zufolge wurden in Flandern im 14. und 15. Jahrhundert pro Jahr über 150 000 Ballen
Tuch à 25,8 Meter hergestellt. Zudem wurde in Flandern aus dem heimischen Flachs Leinen für den
Export gewoben.
Flandern war stark urbanisiert und deckte seinen Nahrungsmittelbedarf zum Großteil durch Importe. Es wurden umfangreiche Getreidemengen (Weizen und Gerste aus Frankreich und England,
Roggen aus dem Ostseeraum) bezogen, Fisch kam aus Holland und der Ostsee und Wein aus
Frankreich. Postan schätzt, dass sich die jährlichen Weinexporte der Bordeaux-Region Anfang des
14. Jahrhunderts auf rund 95 Millionen Liter beliefen. Ein großer Teil dieser Exporte ging nach
England, ein kleinerer in den Ostseeraum; besonders starke Abnehmer waren Flandern und Brabant.
Mitte des 14. Jahrhunderts holten die Städte Brabants – Antwerpen, Löwen und Brüssel – gegenüber Flandern wirtschaftlich auf, was sich durch die Versandung des Schiffswegs nach Brügge,
die größere Dynamik Antwerpens und die englische Konkurrenz für die flämische Tuchindustrie
erklärte. In Flandern unterlagen Produktion, Verkauf und Herstellungsmethoden den strengen Auflagen der Gilden. Der Außenhandel wurde auf regelmäßig stattfindenden Messen oder über Globalvereinbarungen abgewickelt, die Auslandstransaktionen auf bestimmte Städte beschränkten und
deutschen Kaufleuten der Hanse privilegierten Zugang einräumten. Antwerpen besaß nicht nur einen
prächtigen Hafen an der Scheldemündung, es verfolgte auch eine kaufmännisch orientierte, weniger
von Auflagen bestimmte Handelspolitik. Es war das Zentrum des internationalen Bankgeschäfts in
Nordeuropa und versorgte ausländische Herrscher mit Krediten, darunter auch Heinrich VIII. von
England. Die Antwerpener Börse wurde zu einem Modell für die später gegründete Londoner Börse.
Sowohl Flandern als auch Brabant wickelten einen beträchtlichen Teil ihrer internationalen
Geschäfte auf dem Landweg ab, für schwere Importgüter war der Transport auf dem Seeweg jedoch
wesentlich kostengünstiger. Ein Großteil dieser Importe wurde daher über Meer und Flüsse in Schiffen
oder Booten aus Holland, Seeland und den anderen nördlichen Provinzen herangeschafft.
85
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 2.15 Frachtkapazität der niederländischen und anderer Handelsflotten, 1470-1824
(in Tonnen)
Niederlande
Deutschland
England
Frankreich
Italien, Portugal, Spanien
Dänemark, Norwegen und Schweden
Nordamerika
a)
1470
1570
1670
1780
1824
60 000
60 000
n.v.
n.v.
n.v.
232 000
110 000
51 000
80 000
n.v.
568 000
104 000
260 000
80 000
250 000
450 000
155 000
1 000 000
700 000
546 000
555 000
450 000
140 000
1786-1787.
Quelle:
Daten der Jahre 1470-1670 für die Niederlande, Deutschland und Frankreich sowie 1570 für Großbritannien aus Vogel (1915), S. 331.
Daten der Jahre 1670 und 1780 für Großbritannien, 1780 und 1824 für die Niederlande und 1780 für Frankreich aus de Vries und van der
Woude (1997), S. 411, 484, 490 und 492. Dänemark, Norwegen und Schweden, Deutschland, Italien, Portugal und Spanien 1786-1787 aus
Unger (1992), S. 258. Italien, Portugal und Spanien 1670 aus Petty (1690), S. 251.
Tabelle 2.16 Niederländische Handelsschiffe nach Aktivitäten, um das Jahr 1670
Schiffe
Norwegen
Archangelsk
Grönland
Mittelmeerraum
Ostseeraum und übriges Europa
Heringsfang
Küstenschifffahrt
Westafrika, Westindien
Asien
Insgesamt
Quelle:
Frachtkapazität
(Tonnen)
200
25
150
200
735
1 000
1 000
100
100
3 510
40 000
9 000
40 000
72 000
207 000
60 000
40 000
40 000
60 000
568 000
Durchschnittskapazität je Schiff
(Tonnen)
200
360
267
360
282
60
40
400
600
162
Vogel (1915), S. 319.
Tabelle 2.17 Beschäftigung in der niederländischen Schifffahrt nach Aktivitäten, 1610–1770
1610
a)
b)
c)
1630–1640
1680
1770
Ostseeraum
Norwegen
Archangelsk
Nordsee
England
Frankreich
Iberische Halbinsel und Mittelmeerraum
Westafrika und Amerika
Handelsmarine insgesamt
4 000
4 000
500
500
1 000
4 500
5 000
2 000
21 500
4 000
4 200
1 000
800
1 000
4 500
6 000
4 000
25 500
2 000
4 000
1 200
800
500
4 000
6 000
2 000
22 500
n.v.
n.v.
n.v.
n.v.
n.v.
n.v.
n.v.
n.v.
21 000
Asiena
Hochseefischerei
Walfang
Admiralitätenb
Insgesamt
2 000
6 500
0
3 000
33 000
4 000
7 000
1 500
8 000
46 000
8 500
6 500
9 000
11 000c
57 500
11 500
4 000
6 000
2 000
44 500
Monopol der niederländische Ostindien-Kompanie.
Kriegsmarine.
1670.
Quelle:
De Vries und van der Woude (1997), S. 406, vgl. S. 98-100 zur Funktionsweise der „Admiralitäten“; die Zahlenangabe 1770 für die Admiralitäten stammt von Israel (1995), S. 263. In Kriegszeiten konnte die Mannschaftsstärke der Kriegsmarine erhöht werden, indem Personal aus
der Handelsmarine und der Fischereiflotte abgezogen wurde, vgl. Israel (1995), S. 768.
86
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Die sieben nördlichen Provinzen, die sich zur Republik der Vereinigten Niederlande zusammenschlossen (zu der sich zwischen 1579 und 1580 nacheinander Holland, Seeland, Utrecht, Geldern,
Overijssel, Friesland und Groningen bekannt hatten), unterschieden sich deutlich von Flandern und
Brabant29. Sie erstreckten sich über eine Tiefebene, in der Land und Wasser eine sehr enge Symbiose
bildeten, und sie verfügten über große natürliche Wasserstraßen. Über den Rhein konnten Güter bis
weit nach Deutschland hinein, insbesondere nach Köln und Frankfurt am Main, transportiert werden.
Im Rheindelta befanden sich zahlreiche Inseln und natürliche Häfen. Die Geldersche Ijssel mündete in
den Zuidersee, und mit der Ems bestand ein idealer Verbindungsweg zur norddeutschen Küste. In
diesem Umfeld entwickelten sich Fischerei, See- und Flussschifffahrt sowie Schiffbau zu den
wichtigsten Wirtschaftszweigen. Die Landwirtschaft war ihrerseits stark von den Möglichkeiten des
Wasserbaus und der Bewässerung geprägt.
Im 14. Jahrhundert hatte sich die Handelsmarine der nördlichen Provinzen bereits eine wichtige
Stellung in der Nord- und Ostsee gesichert. Über den Danziger Hafen transportierte sie Roggen und
Holz aus Ostdeutschland und Polen, über Narwa und Riga Pelze, Wachs, Honig, Pech, Teer und Holz
aus Russland; Kupfer, Eisenerz, Waffen und Salzheringe wurden aus Schweden und gepökelter
Kabeljau und Holz aus dem norwegischen Bergen herangeschafft. Im Gegenzug brachten die niederländischen Schiffe wieder ausgeführte englische Wollerzeugnisse, Salz zum Pökeln von Fisch und
Fleisch und reexportierte französische Weine in diese Regionen. Wenn sich die Gelegenheit ergab,
übernahmen sie zusätzlich zu ihren Handelsaktivitäten auch Spediteursdienste, z.B. zwischen Danzig
und Riga.
Schifffahrt und Handel im Ostseeraum waren zuvor das Monopol einer Vereinigung deutscher
Kaufleute, der Hanse, gewesen, deren Hauptsitz sich damals in Lübeck befand und die u.a. Handelskontore in London und Brügge unterhielt. Ein Großteil des Ostseehandels der Hanse stütze sich auf die
kurze Landroute zwischen Lübeck und Hamburg. Die Niederländer waren die Ersten, die den zwar
längeren, aber kostengünstigeren Seeweg von der Nord- in die Ostsee durch den Öresund nutzten. In
den Jahren zwischen 1437 und 1441 mussten sie daher die Angriffe der Hanse abwehren, die sie aus
dem Ostseeraum zu vertreiben suchte. Dank der Unterstützung Danzigs gelang es den Niederländern
jedoch, ihr Handelsrecht in der Ostsee zu verteidigen. Der niederländische Ostseehandel ist gut dokumentiert, da Dänemark – zu dem damals auch Südschweden gehörte – die Einfahrt in die Ostsee kontrollierte und dort Zoll erhob. Um die Wende zum 16. Jahrhundert fuhren pro Jahr 300 bis 400 holländische Schiffe durch den Öresund in die Ostsee; in den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts waren es
über 1 300. In dem letztgenannten Zeitraum wurden auf diesem Weg pro Jahr rund 100 000 Tonnen
Getreide transportiert.
Die Heimathäfen der niederländischen Schiffe, die in der Ostsee Handel trieben, befanden sich
an den Küsten Seelands, Hollands und Frieslands. Dordrecht war der wichtigste Knotenpunkt für
den Schiffsverkehr über den Rhein nach Deutschland und über die Maas nach Lüttich. Die Stadt
Middelburg auf der vor der Scheldemündung gelegenen Insel Walcheren importierte englische Tuche,
französischen Wein, Getreide und Salz und im 16. Jahrhundert auch Gewürze und Zucker aus Portugal. Die niederländische Handelsflotte war bei weitem die größte in Europa. In den sechziger Jahren
des 16. Jahrhunderts, der Zeit kurz vor Gründung der Republik, verfügte allein die Provinz
Holland über 1 800 hochseetüchtige Schiffe (Israel, 1995, S. 117). Die Ladekapazität der niederländischen Handelsflotte entsprach 1570 in etwa der der französischen, deutschen und englischen
Flotte zusammen genommen (vgl. Tabelle 2.15). Auf die Einwohnerzahl bezogen war die Frachtkapazität in den Niederlanden 25-mal so groß wie in diesen drei Ländern.
Der Heringsfang spielte in der niederländischen Schifffahrt eine wichtige Rolle. Der Hering
wurde frisch oder leicht eingesalzen in Hafennähe verkauft oder für den Außenhandel verarbeitet und
in Fässer abgefüllt. Die zum Pökeln am besten geeigneten Heringe, die vor 1400 vor der schwedischen
Küste gefangen wurden, zogen im 15. Jahrhundert in die Nordsee, so dass der Großteil des Fangs
87
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
nunmehr an die Niederländer ging. Zudem konnte die Produktivität durch eine bahnbrechende technische Neuerung erheblich gesteigert werden. Die niederländischen Schiffswerften hatten ein neuartiges
Fabrikschiff mit Netzen, Takelage und Verarbeitungsvorrichtungen entwickelt, das es einer 18 bis 30
Mann starken Mannschaft ermöglichte, den Hering noch auf hoher See auszunehmen, zu säubern,
einzusalzen und in Fässer zu füllen. Schiffe dieser Art konnten während der Fischfangzeit zwischen
Juni und Dezember dreimal für fünf bis acht Wochen auf Fahrt gehen. In den sechziger Jahren des
16. Jahrhunderts gab es in den Niederlanden 400 Schiffe dieser Art, die von der Provinz Holland aus
operierten und deren Eigentümer größtenteils städtische Investoren waren. Zu dieser Zeit exportierten
die Niederländer bereits Hering in den Ostseeraum, anstatt ihn von dort zu importieren (vgl. de Vries
und van der Woude, 1997, S. 243-254). Im 17. Jahrhundert gingen niederländische Schiffe vor Spitzbergen in der Arktis auch auf Walfang.
Die Trockenlegung spielte eine wichtige Rolle für die Entwicklung der niederländischen Landwirtschaft. Marschen, Sümpfe und tief liegende, häufig überschwemmte Gebiete eigneten sich in
ihrem Naturzustand nicht für die Landwirtschaft. Im Mittelalter siedelten sich die Bauern auf Hügeln
an, deren Umland sie in Polder verwandelten, indem sie Deiche zum Schutz vor Überschwemmungen
bauten. Im Laufe der Jahre wuchsen die Fertigkeiten der Holländer im Wasserbau, und damit konnten
große Flächen an Neuland gewonnen werden. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurden Fachleute mit
Wasserwirtschaft und Wasserbau betraut, die für die Entwicklung und Wartung der erforderlichen
Anlagen zuständig waren. Die bäuerlichen Gemeinden erhoben Steuern, um die Wasserbauräte mit
Mitteln auszustatten. Windmühlen trieben Pumpen an, mit denen der Wasserstand in den Kanälen
reguliert wurde. Wie de Vries (1974, S. 27) bemerkte, war das Holland des 14. Jahrhunderts in weiten
Teilen ein neu geschaffenes Land. Nur in Deutschland lassen sich östlich der Elbe andere Beispiele für
eine derart systematisch und auf so großer Fläche betriebene Landgewinnung finden.
Diese Bezwingung der Natur hatte wichtige soziale Konsequenzen. Nur ein kleiner Teil der
holländischen Bevölkerung hatte die Fron der Feudalzeit zu erdulden. Die Bauern waren freier als
irgendwo sonst in Europa. Einige besaßen selbst Land, die meisten waren jedoch Pächter oder arbeiteten gegen Lohn. Die Abhängigkeit von der Wasserwirtschaft schuf eine solidarische Einstellung, die
sich noch heute in der niederländischen Gesellschaft beobachten lässt.
Die niederländische Landwirtschaft erreichte einen hohen Grad der Spezialisierung. Ein Großteil
des Getreidebedarfs wurde durch Einfuhren gedeckt, und die heimische Produktion konzentrierte sich
vor allem auf Fleisch, Milch, Butter und Käse. Zwei Wirtschaftsformen waren stärker entwickelt als in
anderen Teilen Europas: zum einen die Stallhaltung der Tiere während der Wintermonate und zum
anderen der Gemüseanbau. Mit der Zeit wurde der Schwerpunkt zunehmend auf landwirtschaftliche
Erzeugnisse gelegt, die in der Industrie Verwendung fanden: Hopfen für die Bierherstellung, Flachs,
Hanf und Färberröte für die Textilindustrie, und später Tabak und Tulpenzwiebeln. Nach und nach
kam es zu einer Umstellung von der landwirtschaftlichen Erzeugung auf die Blumenzucht.
Weite Teile der nördlichen Niederlande waren mit mehrere Meter tiefen Torfschichten bedeckt,
die als billige Energiequelle für vielerlei Zwecke genutzt werden konnten. Nach 1600 wurden rund
275 000 ha Torfmoor abgetragen. Die auf dem Gebiet der Landgewinnung, Entwässerung und des
Pumpenbaus vorhandenen Ingenieurkenntnisse ließen sich leicht auf die Torfwirtschaft übertragen. Im
Gebiet von Groningen gründeten städtische Investoren Firmen, die den Torfabbau auf dem beschlagnahmten Landbesitz der Klöster in großem Rahmen betrieben.
Der Transport von Torf, Heu, Weizen, Vieh, Holz, Baumaterial und sonstigen schweren Gütern
wurde ab Mitte des 17. Jahrhunderts dank der Schaffung eines ausgedehnten, von Treidelpfaden
gesäumten Kanalnetzes wesentlich billiger. Die von Pferden gezogenen Schleppkähne transportierten
Fracht, Post und Passagiere. Sie verkehrten nach Fahrplan in kurzen Abständen zwischen fast allen
Teilen des Landes und fuhren Tag und Nacht mit einer Geschwindigkeit von ca. 7 km/h. In den
88
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts wurden pro Jahr auf der Strecke zwischen Amsterdam und
Haarlem fast 300 000 Fahrgäste befördert, 140 000 zwischen Haarlem und Leiden und rund 200 000
zwischen Leiden und den Nachbarstädten Den Haag und Delft (de Vries und van der Woude, 1997,
S. 187). Kein anderes Land besaß ein so billiges und so dichtes Verkehrsnetz. Der Transport auf dem
Landweg in Lastkarren war wesentlich langsamer und teurer. Hierzu eine Bemerkung von Sir William
Temple (1693) S. 152: „Ein Pferd kann mit einem Boot mehr transportieren als 50 Pferde mit einem
Karren – und durch diese bequeme Art des Reisens verliert ein fleißiger Mann keine Zeit bei seinen
Geschäften, denn er kann schreiben, essen oder schlafen, während er sich fortbewegt.“
Die wichtigsten Wirtschaftszweige der niederländischen Provinzen zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit waren der Schiffbau, die Segelmacherei, die Fischernetzflechterei, die Seilerei, die Böttcherei
und verwandte Handwerke, die Salzgewinnung, die Bierbrauerei, die Ziegel- und Bauholzherstellung
sowie die Tuch- und Leinenindustrie, die einen beträchtlichen Umfang hatte.
Die Begleitumstände der Teilung der Niederlande hatten äußerst positive Konsequenzen für
das Wirtschaftspotential der neuen Republik, während sie den wirtschaftlichen Interessen Portugals,
Spaniens und der Spanischen Niederlande schadeten.
Während des Kampfs gegen die spanische Herrschaft war es sowohl in den südlichen wie den
nördlichen Provinzen zu Repression und Widerstand gekommen. Die Inquisition hatte 1523 mit der
Hinrichtung zweier andersdenkender Geistlicher auf dem Scheiterhaufen in Brüssel begonnen. Im
Verlauf der folgenden 50 Jahre erlitten mehr als 2 000 Personen dasselbe Schicksal, viele davon aus
dem Südteil der Niederlande. Der Statthalter der Provinz Flandern, Graf von Egmont – ein Katholik,
der sich in der spanischen Armee ausgezeichnet hatte –, wurde 1567 hingerichtet, weil er sich gegen
die spanischen Steuerforderungen und die Beschneidung der politischen Rechte des Adels der Südprovinzen aufgelehnt hatte. Mecheln wurde 1572 von spanischen Truppen geplündert, ein Teil der
Bevölkerung wurde grausam niedergemetzelt. Antwerpen hatte 1576 zahlreiche Tote und schwere
Sachschäden zu beklagen, als spanische Söldner plündernd durch die Straßen zogen. Noch größer
waren jedoch die Verluste, die Antwerpen während der spanischen Belagerung in den Jahren
1583-1585 erlitt.
Diese Ereignisse lösten eine gewaltige Migrationswelle von Flandern und Brabant in die neue
Republik aus. Zwischen 1583 und 1589 sank die Einwohnerzahl von Antwerpen von 84 000
auf 42 000. In Brügge und Gent nahm der Exodus der Flüchtlinge ähnliche Proportionen an. Die Einwohnerzahl von Mecheln schrumpfte um zwei Drittel. In der Republik war die umgekehrte Entwicklung zu beobachten: Die Einwohnerzahl von Middelburg verdreifachte, die von Leiden verdoppelte
sich. Nicht weniger als 30 000 Flüchtlinge strömten nach Amsterdam (vgl. Israel, 1995, S. 307-312).
Insgesamt siedelten etwa 150 000 Einwohner der südlichen Provinzen – über 10% der dortigen
Bevölkerung – in die Republik über, was einen prozentual noch stärkeren Zuwachs für die nördlichen
Provinzen darstellte. Da in den nördlichen Provinzen große Mengen an Getreide und Fisch angelandet
wurden, die nun nicht mehr in den Süden weitergeleitet werden mussten, konnte der mit dem Bevölkerungszuwachs verbundene höhere Nahrungsmittelbedarf problemlos gedeckt werden. Die Beschlagnahme von klösterlichen Ländereien erleichterte die Unterbringung der Umsiedler.
Unter den Flüchtlingen befand sich auch ein großer Teil der Angehörigen der südniederländischen Kaufmanns- und Bankiersschicht (obwohl einige davon später nach Deutschland gingen). Sie
brachten Kapital, Fachkenntnisse und internationale Kontakte mit. Nahezu die gesamte jüdische
Bevölkerung siedelte in den Norden über. Die Einwanderung qualifizierter Arbeitskräfte kam insbesondere der Leidener Textilindustrie zugute. Auch auf anderen Gebieten bewanderte Arbeitskräfte,
z.B. in der Buchdruckerei, dem Verlagswesen und der Zuckerraffinerie, stärkten die Wirtschaft der
Nordprovinzen. Vor der Teilung gab es in den Niederlanden nur die 1425 gegründete Universität von
89
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Löwen, eine der größten und angesehensten Hochschulen Europas, an der die Freiheit der Lehre
jedoch durch die Inquisition stark beschnitten war. 1575 wurde im Norden die Universität von Leiden
gegründet; es folgten Franeker (1585), Harderwijk (1600), Groningen (1614) und Utrecht (1634). Die
Universität von Leiden war die größte und zählte mehrere Fakultäten. An ihr wurde im Geist des
Humanismus nach dem Vorbild des Erasmus von Rotterdam gelehrt. Bald schon lockte ihr Ruf
zusätzlich zu den Flüchtlingen aus den südlichen Provinzen auch zahlreiche Studenten aus dem
Ausland, aus Deutschland, England und Skandinavien an.
Mit der veränderten politischen Lage eröffneten sich der niederländischen Schifffahrt Möglichkeiten für eine weltweite Expansion, die zu Lasten Portugals und Spaniens ging. Im letzten Jahrzehnt
des 16. Jahrhunderts begannen die Niederländer, in den Asienhandel vorzudringen, und starteten die
ersten Fahrten um das Kap in den Indischen Ozean, auf die „Gewürzinseln“ (Molukken) und entlang
der Westroute durch die Magellanstraße nach Japan. Barents suchte 1596-1597 nach einer nordöstlichen Durchfahrt über Archangelsk und Nowaja Semlja, scheitere jedoch bei diesem Vorhaben.
Hudson entdeckte 1609 New York auf der Suche nach einer Nordwestpassage. Innerhalb eines Zeitraums von 30 Jahren gelang es den Niederländern, Portugal als wichtigste europäische Handelsmacht
in Asien zu verdrängen. In Westafrika konnten sie portugiesische Stützpunkte erobern und so einen
großen Teil des Gold- und Sklavenhandels in ihre Hand bringen. In Amerika forderten sie die Spanier
heraus. Von 1630 bis 1654 (als Portugal unter spanischer Herrschaft stand) hielten sie den Nordosten
Brasiliens besetzt, womit sie sich die reichen Erträge aus der dortigen Zuckerindustrie sicherten.
Später verlegten sie ihren Stützpunkt in die Karibik (Curaçao und Suriname). Auch auf dem Gebiet
der Seeräuberei machten sich die Niederländer einen Namen. Den größten Coup landete Piet Heijn,
der 1628 vor Kuba die gesamte spanische Silberflotte erbeutete.
Von 1585 bis 1795 verhängten die Holländer eine erfolgreiche Blockade über die Scheldemündung, um ihre militärischen und maritimen Interessen zu verteidigen und sich wirtschaftliche
Vorteile zu verschaffen. Sie besiegelten damit den Niedergang der Hafenstadt Antwerpen und engten
zugleich die wirtschaftlichen Möglichkeiten der spanischen Niederlande stark ein. Im Laufe des
17. Jahrhunderts wurde das militärische Potential der Spanier deutlich geschwächt. Die Holländer
hatten jedoch kein Interesse daran, die südlichen Niederlande zu erobern, die einen nützlichen Puffer
gegen territoriale Ambitionen der Franzosen darstellten.
Während des gesamten 17. Jahrhunderts und über weite Strecken des 18. Jahrhunderts haben
britische Nationalökonomen die Überlegenheit der holländischen Wirtschaft und Politik anerkannt.
William Petty lieferte in seinem bahnbrechenden Werk über die Politische Arithmetik, das 1676
geschrieben und 1690 veröffentlicht wurde, vielleicht die genaueste Beurteilung. Er wies darin nach,
dass ein kleines Land mit weniger Menschen ebenso wohlhabend und mächtig sein kann wie ein sehr
viel größeres und bevölkerungsreiches Land. Mit seiner vergleichenden Untersuchung der niederländischen und französischen Wirtschaftsleistung leitete Petty einen Denkprozess ein, der später von Adam
Smith und Douglass North weiter verfolgt werden sollte. Die Einwohnerzahl Frankreichs entsprach in
der damaligen Zeit mehr als dem Zehnfachen der holländischen, und doch war die Handelsflotte der
Vereinigten Niederlande seinen Schätzungen zufolge neunmal so groß wie die der Franzosen, belief
sich ihr Außenhandelsvolumen auf das Vierfache, waren ihre Zinssätze nur etwa halb so hoch und
verfügten sie über einen beträchtlichen Auslandsbesitz, im Vergleich zu dem der Auslandsbesitz
Frankreichs verschwindend gering war. Die Wirtschaft der Niederlande war stark spezialisiert; ein
Großteil ihres Nahrungsmittelbedarfs wurde durch Importe gedeckt, für die Kriege wurden Söldner
angeworben, und ihre Arbeitskräfte konzentrierten sich auf Sektoren mit hoher Produktivität. Das
flache Land ermöglichte eine intensive Nutzung der Windkraft. Auf Grund der hohen städtischen
Siedlungsdichte und der gut ausgebauten Häfen und Binnenwasserstraßen reduzierten sich die Transport- und Infrastrukturkosten, wurden die staatlichen Dienstleistungen preisgünstiger und konnten die
Lagerbestände gering gehalten werden. Die holländischen Institutionen waren dem Wirtschafts90
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Tabelle 2.18a Beteiligung der Niederlande an militärischen Auseinandersetzungen in Europa,
sechziger Jahre des 16. Jahrhunderts bis 1815
Kriege mit Spanien zur
Erlangung und Behauptung
der Unabhängigkeit
Handelskriege
mit England
Kriege um das europäische
Mächtegleichgewicht,
Territorial- und Religionskriege
60er Jahre des 16. Jh. bis 1609
1621-1648
1652-1654
1665-1667
1672-1674
1780-1783
1618-1648: Dreißigjähriger Krieg
1688-1697: Krieg der Augsburger Allianz
1701-1713: Spanischer Erbfolgekrieg
1756-1763: Siebenjähriger Krieg
1795-1815: Revolutions- und napoleon. Kriege
Quelle:
Israel (1989 und 1995).
Tabelle 2.18b Größe der europäischen Armeen, 1470-1814
(in Tausend)
Frankreich
Spanien
Niederlande
Vereinigtes
Königreich
Schweden
Russland
40
50
80
150
100
120
400
600
20
150
200
300
100
70
50
0
0
20
50
29
110
100
25
20
30
n.v.
70
15
87
250
n.v.
n.v.
15
45
70
63
100
n.v.
n.v.
n.v.
35
n.v.
130
170
500
70er Jahre d. 15. Jh.
50er Jahre d. 16. Jh.
90er Jahre d. 16. Jh.
30er Jahre d. 17. Jh.
50er Jahre d. 17. Jh.
70er Jahre d. 17. Jh.
1700-1710
1812-1814
Quelle:
70er Jahre des 15. Jh. bis 1710 aus Parker (1979), S. 96; außer für die Niederlande in den 50er Jahren des 17. Jh., wo die Zahlenangabe Israel (1998), S. 602, entnommen ist, sowie für das Vereinigte Königreich in den 70er Jahren des 17. Jh. und dem Zeitraum
1812-1814, wo sich die Angaben auf Brewer (1989), S. 8, bzw. Kennedy (1987), S. 99, stützen.
Tabelle 2.19 Niederländischer Warenhandel, 1650er bis 1770er Jahre
(in Mio. jeweiligen Gulden)
50er Jahre des 17. Jh.
20er Jahre des 18. Jh.
70er Jahre des 18. Jh.
Einfuhren
Waren europäischen Ursprungs
Sonstige
Insgesamt
125
15
140
84
24
108
105a
38
143
Ausfuhren und Wiederausfuhrenb
Für Europa bestimmte Waren
Sonstige
Insgesamt
davon: Wiederausfuhren
a)
b)
115
5
120
60
83
7
90
48
92
8
100
69
Einschl. von England (5 Mio.) und Frankreich (20 Mio.) wiederausgeführte Kolonialerzeugnisse.
Ohne Exporte von Sklaven und Schiffen, Einnahmen aus Schifffahrt und Versicherungsgeschäft sowie Einnahmen aus Auslandskrediten.
Quelle:
De Vries und van der Woude (1997), S. 498.
91
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
wachstum förderlich. Die religiöse Toleranz lockte qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland an.
Die Eigentumsrechte waren klar geregelt, und Eigentumsübertragungen wurden durch die Einrichtung
von Katastern erleichtert. Ein effizientes Rechtssystem und ein solides Bankwesen förderten das Unternehmertum. Die Steuern waren hoch, doch wurden sie weniger auf das Einkommen als auf die
Ausgaben bezogen. Auf diese Weise wurden Sparsamkeit, Genügsamkeit und Arbeitseifer belohnt.
Die Holländer waren daher ein Musterbeispiel wirtschaftlicher Effizienz, an dem sich die britische
Politik in der Folgezeit eindeutig orientiert hat.
Analog dazu erstellte Gregory King (1696) eine vergleichende Untersuchung über die in
England, Frankreich und den Niederlanden für den Krieg der Augsburger Allianz mobilisierten
Ressourcen. Dem niederländischen Statthalter und König von England Wilhelm III. war es in diesem
neun Jahre langen Konflikt gelungen, das Vereinigte Königreich, die Niederlande, die protestantischen
Gebiete Deutschlands, Spanien und Savoyen gegen Frankreich zu verbünden, das ihm seinen
Anspruch auf den englischen Thron streitig gemacht und die Nachbarländer durch Eroberungsversuche
gegen sich aufgebracht hatte. King errechnete, dass die Steuereinnahmen pro Einwohner in Frankreich
und England 1695 in etwa vergleichbar, in den Niederlanden jedoch über zweieinhalbmal so hoch
waren.
Die Behauptung ihrer Unabhängigkeit war für die Niederlande mit hohen Kosten verbunden.
Sowohl an der Süd- wie auch an der Ostgrenze, wo den Niederländern Gefahren von Seiten der katholischen Gebiete Deutschlands – insbesondere dem Bistum Münster – drohten, musste eine Festungskette errichtet werden. Die Ausgaben für die Armee und die Kriegsschiffe waren hoch. Es musste eine
Rüstungsindustrie aufgebaut werden. Die Niederländer waren in eine Reihe von Kriegen verstrickt, in
denen sie im 17. und 18. Jahrhundert vor allem England und Frankreich gegenüberstanden. Gegen
Ende des 17. Jahrhunderts verlangsamte sich das niederländische Wirtschaftswachstum. Statt selbst
aus ihr Nutzen zu ziehen, wurden die Niederlande zu einem Opfer der in der Ära des Handelskapitalismus verfolgten Beggar-your-Neighbour-Politik. Schifffahrt, Handel und Industrie wuchsen in
England und Frankreich wesentlich schneller als in den Niederlanden. Beide Länder verfolgten eine
protektionistische Politik, die den holländischen Interessen schadete. Am schwersten fielen in diesem
Zusammenhang die britischen Navigationsakte und ähnliche von Frankreich erlassene Gesetze ins
Gewicht. Ab 1651 hatten die niederländischen Schiffe und Schiffsexporte nur noch begrenzt Zugang
zu den britischen Häfen; der Handel mit den britischen und französischen Kolonien war ihnen gänzlich verwehrt. Als Frankreich und England gegen die Niederlande ins Feld zogen, taten sie dies mit der
geballten Energie moderner Nationalstaaten – ganz anders als seinerzeit Spanien, das seine Kraft nicht
auf einen Punkt zu konzentrieren gewusst hatte.
Der Hauptgrund für die schwindende Dynamik der Niederlande im 18. Jahrhundert war die Zerschlagung der holländischen Handelsmonopole in den Kriegen gegen Frankreich und Großbritannien,
in deren Folge die Niederländer auf die Zuschauerplätze verwiesen wurden.
Als die niederländische Wirtschaft nicht mehr in der Lage war, ausländische Arbeitskräfte anzuziehen, ließ auch das Bevölkerungswachstum nach. Im industrialisierten Westen der Niederlande kam
es zu Stagnation, während die stark von der Landwirtschaft geprägte Provinz Overijssel ein kräftiges
Wachstum verzeichnete. Die landwirtschaftliche Produktion nahm zu, die Importe gingen zurück und
die Agrarexporte stiegen. Die Produktion und Ausfuhr von Textilien (vor allem in der Leidener Wollindustrie), die Fischerei und der Schiffbau verloren an Bedeutung. Das Außenhandelsvolumen sank
zwischen 1720 und 1820 um 20%. Im gleichen Zeitraum konnte Großbritannien sein Ausfuhrvolumen
mehr als versiebenfachen und Frankreich seine Exporte nahezu verdreifachen.
Die niederländische Dienstleistungsindustrie spielte weiterhin eine wichtige Rolle in der
Wirtschaft, und die Auslandsinvestitionen nahmen erheblich zu. 1790 beliefen sich die gesamten
Auslandsinvestitionen vermutlich auf 800 Mio. Gulden – zu einer Zeit, als das Volkseinkommen rund
92
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
440 Millionen betrug. Geht man davon aus, dass die Auslandsinvestitionen damals eine Rendite von
rund 4% brachten, so dürfte sich das Auslandseinkommen auf etwa 30 Mio. Gulden belaufen haben,
womit sich ein um rd. 8% höheres Nationaleinkommen ergibt als auf Grund des Inlandsprodukts.
Mit den steigenden Einkommen der Rentiers sowie der Verarmung und Arbeitslosigkeit in den alten
Industrieregionen verschärften sich die sozialen Ungleichheiten.
Niederländische Wirtschaftstätigkeit im außereuropäischen Raum
a) Afrika
In Afrika ging es den Niederländern darum, sich Zugang zu den Goldvorkommen der
guineischen Küste zu verschaffen, am Sklavenhandel mit Amerika teilzunehmen und einen Stützpunkt
für ihre Asienexpeditionen aufzubauen.
Es gelang ihnen 1637, Elmina sowie mehrere andere portugiesische Stützpunkte für den Goldund Sklavenhandel in Westafrika zu erobern. Sie konnten auch vorübergehend in Angola, dem Hauptstützpunkt des portugiesischen Sklavenhandels, Fuß fassen, mussten ihre Position dort jedoch wieder
aufgeben. Der Versuch der Eroberung Mosambiks (Ostafrika) scheiterte ebenfalls. In Südafrika, am
Kap der Guten Hoffnung, konnten die Niederländer dafür einen neuen Stützpunkt errichten, den sie
durch die Ansiedlung europäischer Auswanderer als Zwischenstation und Versorgungsbasis für ihre
Asienreisen ausbauten.
Den größten ökonomischen Nutzen brachte die Teilnahme am Sklavenhandel. Zum Teil wurden
die Sklaven nach Nordostbrasilien und Suriname verschickt, um auf den holländischen Zuckerplantagen zu arbeiten; andere wurden nach Curaçao gebracht und dort an britische oder französische
Zuckerplantagenbesitzer verkauft. Insgesamt spielten die Niederlande im Sklavenhandel jedoch eine
wesentlich geringere Rolle als Portugal, England und Frankreich (vgl. Tabelle 2.5).
b) Amerika
Die erste große Aktion der Niederländer auf dem amerikanischen Kontinent war die Eroberung
der Zuckeranbauregion um Recife im Nordosten Brasiliens, die sie von 1630 bis 1654 halten konnten.
Der brasilianische Zucker wurde zur Weiterverarbeitung in die Niederlande gebracht, wo es gegen
Mitte des 17. Jahrhunderts 40 Zuckerraffinerien gab.
Die Brasilienexpedition erhielt starke Unterstützung durch Militär und Marine, die Zuckerplantagen wurden allerdings von Privatunternehmen geleitet. Die meisten befanden sich im Besitz von
Sepharadim-Juden aus Amsterdam, von denen viele portugiesischer Abstammung waren. In der Zeit,
als Portugal unter spanischer Herrschaft stand, wurden die Holländer in Brasilien relativ gut aufgenommen. Nachdem Portugal seine Unabhängigkeit wiedererlangt hatte, wurden sie jedoch vertrieben.
Viele Plantagenbesitzer siedelten anschließend in die Karibik über, wo sie die gleichen Anbautechniken und Verkaufsmethoden einführten wie in Brasilien. Durch ihre Ankunft erfuhr die Wirtschaft von
Barbados einen Wandel. Auf der 1627 von den Briten besetzten Insel hatten weiße Siedler zuvor
Tabak angebaut. Innerhalb kurzer Zeit kamen 30 000 Sklaven auf die Insel, die inzwischen ganz auf
den Zuckerrohranbau umgestellt war (vgl. Elis, 1995, wegen einer ungefähren Schätzung des BIP von
Barbados im Zeitraum 1644-1701). Auf Guadeloupe und Martinique, die seit 1635 zu Frankreich
gehörten, lösten die aus Brasilien eingewanderten Plantagenbesitzer ähnliche Veränderungen aus (vgl.
Verlinden, 1972, S. 642-644). In den sechziger und siebziger Jahren des 17. Jahrhunderts gelang es
den Briten und Franzosen, die Niederländer zu vertreiben, die ihr Zuckergeschäft daraufhin nach
Suriname verlegten.
93
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Im frühen 17. Jahrhundert konzentrierte sich der Zuckerrohranbau im amerikanischen Raum
auf Brasilien. Ab Mitte des Jahrhunderts begann die dortige Produktion jedoch zu stagnieren, während
Frankreich und Großbritannien nunmehr den Markt beherrschten, der sich enorm vergrößert hatte.
Die niederländische Produktion auf Suriname erreichte einen wesentlich geringeren Umfang (vgl.
Tabelle 2.4).
Eine weitere Unternehmung der Niederländer auf dem amerikanischen Kontinent war die zufällige Entdeckung eines prachtvollen natürlichen Hafens und eines großen Flusses durch Henry Hudson
im Jahre 1609. Der englische Seefahrer im Dienst der niederländischen Ostindien-Kompanie hätte
eigentlich die Nordwestdurchfahrt nach Asien erkunden sollen, war jedoch weit vom Kurs abgekommen. 1614 wurde die Neuniederländische Kompanie gegründet, um dort eine Kolonie zu errichten,
deren Hauptstadt Neuamsterdam (1623) heißen sollte. 1664 wurde sie von den Briten erobert und
1674 – unter dem Namen New York – offiziell an sie abgetreten. Im Gegenzug erhielten die Holländer
freie Hand für ihre Zuckergeschäfte in Suriname (de Vries und van der Woude, 1997, S. 397 und 467).
c) Asien
Die größten Erfolge außerhalb Europas konnten die Niederländer in Asien verzeichnen.
Die Niederländer waren äußerst gut über die Handelsmöglichkeiten in Asien informiert, da viele
von ihnen auf portugiesischen Schiffen gearbeitet hatten. Einer dieser holländischen Seefahrer,
Jan Huygen van Linschoten, verfasste 1595 und 1596 zwei Reisejournale, die detaillierte Karten sowie
Informationen über Märkte, Winde und mögliche Fahrtrouten enthielten. 1602 mussten sich sämtliche
in Asien tätigen Kaufleute auf staatlichen Druck der niederländischen Ostindien-Kompanie (Vereenigde Oost-Indische Compagnie) anschließen, die Monopolrechte für den Asienhandel und die
Befugnis erhielt, militärische Stützpunkte einzurichten und mit ausländischen Herrschern zu verhandeln. Die Kompanie war Eigentümer aller ihrer Schiffe, die sie auch selbst baute. Das Volumen des
niederländischen Asienhandels im europäischen Vergleich ist aus Tabelle 2.6 ersichtlich. Im
17. Jahrhundert entsandten die Niederländer fast fünfmal so viele Schiffe wie die Portugiesen und im
18. Jahrhundert 15-mal so viele. Ihre Schiffe waren im Durchschnitt kleiner als die der Portugiesen,
die große galeonenartige Kaufmannsschiffe von 1000 Tonnen einsetzten (während im Durchschnitt
die niederländischen Schiffe 600 Tonnen fassten). Eine gefährlichere Konkurrenz als die Portugiesen
stellte für die Niederländer die britische Ostindien-Kompanie (East India Company) dar. Die Briten
erschlossen den Asienhandel etwa zur gleichen Zeit wie die Niederländer. Ihre Hauptstützpunkte
befanden sich in Indien: in den von ihnen gegründeten Städten Madras (1639) und Kalkutta (Ende
17. Jahrhundert) und in Bombay, das anlässlich der Hochzeit Karl II. 1661 von Portugal an England
abgetreten wurde. Das Handelsvolumen der britischen Ostindien-Kompanie belief sich im
17. Jahrhundert auf etwa die Hälfte und im 18. Jahrhundert auf rund zwei Drittel des Volumens der
niederländischen Ostindien-Kompanie. Die Franzosen nahmen den Asienhandel mit der Gründung der
Compagnie des Indes Orientales durch Colbert im Jahre 1664 auf. 1673 errichteten sie einen Stützpunkt in Pondicherry an der Koromandelküste. Im 18. Jahrhundert gelang es einer neuen, seit 1719
bestehenden französischen Handelskompanie, eine wichtige Stellung im Asienhandel zu erobern.
Später kamen Kompanien aus Dänemark und Schweden hinzu. Zwischen 1715 und 1732 war auch die
Ostende-Kompanie tätig, deren Schiffe von dem neuen Hafen aus in See stachen, den die österreichische Verwaltung im Südteil der Niederlande eingerichtet hatte.
Das Gesamtvolumen des europäischen Handels in Asien war im 18. Jahrhundert etwa neunmal so
hoch wie im 17. Jahrhundert. Der Absatzmarkt der traditionellen Ausfuhrgüter Pfeffer und Gewürze
war jedoch begrenzt. Da die Niederländer stärker in diesem Geschäft engagiert waren als die Briten,
Franzosen und andere später hinzugekommene Nationen, mussten sie darauf achten, dass das Angebot
94
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
nicht zu stark zunahm, um Preiseinbrüche zu verhindern. Die Chancen für neue Exporte nach Europa
– Baumwollstoffe aller Art, Kaffee und Tee – waren wesentlich vielversprechender, und der Anteil
dieser Produkte am Handel stieg für alle Markteilnehmer rasch an (vgl. Tabelle 2.20).
Die niederländische Ostindien-Kompanie verfolgte ursprünglich die Absicht, die Portugiesen
dadurch zu umgehen, dass sie eine neue Route befuhr, die um das Kap der Guten Hoffnung direkt
nach Indonesien führte, d.h. auf die Molukken, wo die wertvollsten Gewürzpflanzen (Nelken, Muskatnuss, Macis) wuchsen. In Indonesien war es für sie auch leichter als in Indien, an Pfeffer heranzukommen. Die einheimischen Fürsten des indonesischen Archipels waren schwächer als jene in Indien,
Persien, China und Japan, so dass sie schneller dem Druck der Niederländer nachgaben, die ihnen
Handelsmonopole und niedrige Preise abzuringen suchten. 1627 richtete die niederländische Ostindien-Kompanie ihr Hauptquartier an der javanischen Küste in Batavia, dem heutigen Jakarta, ein.
1603 vertrieben die Niederländer die Portugiesen aus Ternate und 1641 zerstörten sie deren Stützpunkt
auf Malakka. Die moslemischen Kaufleute, die zuvor an der javanischen Küste Handel getrieben
hatten, wurden ebenfalls vertrieben.
Tabelle 2.20 Warenmäßige Zusammensetzung der europäischen Exporte
von Asien nach Europa, 1513-1780
Portugal (Estado da India – Staatshandel, Hauptkontor Goa)
(in % nach Gewicht)
1513-1519
Pfeffer
Molukkische Gewürze
Sonstige Gewürze
Stoffe
Indigo
Sonstige
1608-1610
80.0
9.0
9.4
0.2
0.0
1.4
69.0
0.03
10.9
7.8
7.7
4.6
Niederländische Ostindien-Kompanie (Monopolunternehmen, Hauptkontor Batavia)
(in % nach Wert)
1619-1621
Pfeffer
Sonstige Gewürze
Stoffe, Rohseide
Kaffee, Tee
Sonstige
56.4
17.6
16.1
0.0
9.9
1778-1780
11.0
24.4
32.7
22.9
9.0
Britische Ostindien-Kompanie (Monopolunternehmen, Hauptkontore
Bombay, Kalkutta und Madras)
(in % nach Wert)
1668-1670
Pfeffer
Stoffe
Rohseide
Tee
Sonstige
Quelle:
25.3
56.6
0.6
0.03
17.5
Prakash (1998), S. 36, 115 und 120.
95
1758-1760
4.4
53.5
12.3
25.3
4.5
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Die einheimische Bevölkerung der Molukken erhob sich 1621 gegen die Niederländer, die den
Aufstand blutig niederschlugen und die Überlebenden deportierten. An ihre Stelle traten holländische
Siedler, die Sklaven für sich arbeiten ließen.
Zur Finanzierung der Geschäfte in Indonesien errichtete die niederländische Ostindien-Kompanie
ein Handelskontor in Masulipatnam an der indischen Ostküste (Koromandel). Sie erhielt dort das
Agrément des Sultans von Golkonda, der ihr Handelsprivilegien gewährte. Das Hauptinteresse der
Kompanie galt Baumwollstoffen, insbesondere bemaltem Chintz, der in Indonesien stark nachgefragt
wurde. In der Folgezeit verlagerten sich die Aktivitäten der niederländischen Ostindien-Kompanie
weiter nach Süden, weshalb sie 1690 ihr Kontor nach Negapatam verlegte, wo sie die Stoffe billiger
beziehen konnte.
1617 wurde der niederländischen Ostindien-Kompanie vom Mogulreich die Erlaubnis erteilt, ein
Kontor in Surat, im nordwestindischen Gujarat, einzurichten, womit sie den Portugiesen in dieser
Region die Geschäftsgrundlagen entzog. Sie konnte dort Pfeffer und Gewürze gegen grobe Baumwollstoffe tauschen, die wiederum als Tauschgut im afrikanischen Sklavenhandel Verwendung fanden.
Im späteren 17. Jahrhundert versuchten die Niederländer, die Portugiesen aus ihren Stützpunkten
in Goa und Ceylon zu vertreiben. Sie verhängten eine Blockade über Goa, doch es gelang ihnen nicht,
die Provinz in ihren Besitz zu bringen. Sie konnten aber Jaffna in Ceylon erobern und so die Stellung
der Portugiesen im Zimthandel und als Herrscher über die Insel übernehmen. Die Niederländer
behinderten auch den portugiesischen Handel an der Malabarküste, verfolgten in dieser Region jedoch
keine wichtigen Geschäftsinteressen.
Bereits früh wurde der Versuch unternommen, Handelsverbindungen mit China und Japan anzuknüpfen, was Portugal seinerzeit große Gewinne eingebracht hatte. Anders als die Portugiesen waren
die Niederländer von keinerlei missionarischem Eifer beseelt, weshalb sie die einzigen Europäer
waren, die zwischen 1639 und 1853 in Japan Handel treiben durften. Ab 1641 war diese Erlaubnis
jedoch auf eine sehr kleine Insel (Deshima) im Hafen von Nagasaki beschränkt. Der Japanhandel war
für die Niederländer nur wenige Jahrzehnte rentabel, da die Japaner später den Export von Edelmetallen verboten und darauf bestanden, selbst die Preise festzusetzen, zu denen die Holländer ihre Waren
verkaufen konnten. In Japan konnte nicht die Rede davon sein, dass die Holländer die einheimische
Bevölkerung ausbeuteten. Es waren vielmehr die Japaner, die die Holländer benutzten, um sich
Informationen über westliche Techniken zu verschaffen (vgl. Anhang B).
Der niederländischen Ostindien-Kompanie gelang es nicht, die Portugiesen aus Macau zu
vertreiben. In den zwanziger Jahren des 17. Jahrhunderts eröffnete sie ein Kontor auf den Pescadoresinseln, 1624 konnte sie nach Formosa übersiedeln. 1662 mussten die Niederländer die Insel jedoch
aufgeben, und sie schafften es auch nie wieder, einen anderen Stützpunkt in China zu erobern. Gegen
Mitte des 17. Jahrhunderts brach die Ming-Dynastie zusammen. Die für ihre Porzellan- und Keramikherstellung berühmte Stadt Ching-te-Chen wurde verwüstet, und die chinesischen Porzellanexporte
mussten bis in die achtziger Jahre des Jahrhunderts unterbrochen werden. Dies veranlasste die Holländer dazu, in Delft eine eigene Fayencenindustrie aufzubauen, um dort preisgünstige Nachahmungen
des chinesischen Blauweißporzellans herzustellen. Zur gleichen Zeit begannen auch die Japaner, als
Ersatz für die ausbleibenden chinesischen Importe Porzellan herzustellen, so dass die Niederländer
bald auch Nachahmungen der japanischen Kopien fertigten. Die europäischen Porzellanmanufakturen
in Sèvres und Meißen nahmen den Betrieb erst später auf.
In den dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts machte die niederländische Ostindien-Kompanie
Bengalen zum Zentrum ihrer Geschäftsaktivitäten, da dort eine Vielzahl hochwertiger Stoffe – Baumwolle und Seide – erhältlich war. Die Niederländer traten in Bengalen in die Fußstapfen der Portugiesen, die 1632 von den Mogulherrschern aus Hugli vertrieben worden waren.
96
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Zunächst konzentrierte sich die niederländische Ostindien-Kompanie auf den Export von bengalischer Rohseide und von Seidenbaumwollstoffen, die für den japanischen Markt bestimmt waren,
sowie von Opium, das in Indonesien abgesetzt wurde. Im Gegenzug verkaufte sie Kupfer, Silber und
Gold aus Japan in Bengalen. Der japanische Markt schrumpfte stark nach 1680, doch dafür stieg die
europäische Nachfrage nach bengalischen Stoffen rapide. Zwischen 1680 und 1740 waren die bengalischen Stoffe der größte Posten unter den Exporten der Ostindien-Kompanie in die Niederlande (vgl.
Prakash, 1998, S. 198 und 218). Feine Baumwollstoffe, Musselin, Seide und Meterware aus Mischgeweben entsprachen den neuen modischen Ansprüchen der Europäer, die mit den Einkommen
gewachsen waren. Allerdings war es schwieriger, die Absatzchancen für diese Modeartikel abzuschätzen als für Rohseide oder Opium.
Ab dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts waren auch die britischen und französischen
Handelskompanien stark an den bengalischen Stoffen interessiert, die sie in noch größerem Umfang
exportieren als die Niederländer. Allerdings verboten sowohl die Franzosen (1686) als auch die Briten
(1700) den Import bedruckter oder handbemalter Baumwollstoffe, um ihre heimische Textilindustrie
vor Konkurrenz zu schützen. Beide Länder importierten diese Stoffe jedoch weiterhin für die Wiederausfuhr (obwohl ein großer Teil davon nach England zurückgeschmuggelt wurde). Die Niederländer,
die keine Vorkehrungen zum Schutz ihrer heimischen Textilindustrie trafen, konnten letztlich die
Vermarktung eines Großteils der französischen und eines etwas geringeren Anteils der britischen
Wiederausfuhren indischer Stoffe in Europa übernehmen (vgl. Tabelle 2.19). Zugleich kam es zu
einem starken Anstieg der britischen Importe an weiß gebleichten Geweben aus Bengalen, die in
England weiterverarbeitet wurden (vgl. Rothermund, 1999).
Ab Mitte des 17. Jahrhunderts nahm die europäische Nachfrage nach Kaffee sehr stark zu. Das
erste Londoner Kaffeehaus wurde 1652 eröffnet. In Frankreich erfreute sich das Getränk ab den
sechziger Jahren und in den Niederlanden ab den siebziger Jahren des Jahrhunderts großer Beliebtheit.
Die niederländische Ostindien-Kompanie begann Anfang des 18. Jahrhunderts, Kaffee in Mokka
(Jemen) einzukaufen. Zwischen 1711 und 1720 stieg das Volumen der Kaffeeimporte aus Jemen von
300 Tonnen auf 875 Tonnen. Um das Geschäft weiter auszubauen, wurden jemenitische Kaffeesträucher nach Java gebracht und dort angepflanzt. Ende der zwanziger Jahre des 18. Jahrhunderts
produzierte Java bereits rund 2 000 Tonnen Kaffee pro Jahr. Die niederländische Ostindien-Kompanie
schrieb den javanischen Kleinherrschern Anbauquoten vor, so dass diese ihre Untertanen zwingen
mussten, Kaffee zu pflanzen. Ab den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts bekamen die javanischen
Kaffeeplantagen Konkurrenz aus Suriname, wo Produktion und Export wesentlich schneller wuchsen
(vgl. Bulbeck and Associates, 1998).
Wenige Jahre später kam es zu einem sprunghaften Anstieg der Nachfrage nach Tee in Europa,
vor allem in England und den Niederlanden. Die Chinesen hatten Kanton 1685 ausländischen
Kaufleuten geöffnet. Die britischen Teeimporte stiegen zwischen 1669 und 1760 von rund 100 kg auf
28 000 Tonnen (vgl. Chaudhuri, 1978, S. 539). Die Niederländer bezogen den Großteil ihres Tees von
chinesischen Dschunkenbesitzern, die Batavia belieferten. Im Jahre 1729 ging jedoch auch eine
Direktlieferung von Kanton nach Amsterdam. Die britische Kompanie konnte ihre Teeeinkäufe in
Kanton durch den Verkauf von Opium und Rohbaumwolle aus Bengalen finanzieren, während die
Niederländer gezwungen waren, mit Goldbarren zu bezahlen (vgl. Glamann, 1981, S. 212-243).
Der neue Geschmack, den die Europäer für Kaffee und Tee entwickelt hatten, ging mit einem
entsprechenden Anstieg des Zuckerverbrauchs einher. Ein erheblicher Teil der Nachfrage nach Bier
und Gin verlagerte sich sowohl in England wie auch in den Niederlanden auf Kaffee und Tee.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hörte die niederländische Ostindien-Kompanie auf, ein
profitables Unternehmen zu sein. Sie ging 1795 in Konkurs, nachdem sie über mehrere Jahrzehnte
hinweg mehr Dividenden ausgezahlt als Gewinne eingenommen hatte.
97
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Einer der Gründe dafür war der Zerfall des Mogulreichs in Indien und die britische Machtübernahme in Bengalen (1757), in deren Folge die niederländische Ostindien-Kompanie wegen der
Benachteiligung der niederländischen Kaufleute große Gewinneinbußen hinnehmen musste. Die
Feindseligkeiten zwischen England und den Niederlanden im Zeitraum 1781-1784 (als die beiden
Länder im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg unterschiedliche Seiten einnahmen) hatten erhebliche Auswirkungen auf die Situation in Asien. Der Ausbruch der napoleonischen Kriege führte
schließlich in Indien, Malakka, Ceylon, Südafrika und vorübergehend auch in Indonesien zur völligen
Einverleibung der niederländischen Interessen durch die Briten. Die napoleonischen Kriege setzten
auch allen nennenswerten Beziehungen zwischen Frankreich und Indien ein Ende.
Mitverantwortlich für die schwindenden Gewinne waren die sehr hohen Gemeinkosten, die der
Kompanie durch die Anwerbung von Soldaten und Seeleuten entstanden, die zur Sicherung ihrer
Herrschaft erforderlich waren, seit Java und Ceylon zu Territorialbesitzungen geworden waren. Die
Angestellten der niederländischen Ostindien-Kompanie erhielten nur ein mageres Gehalt und neigten
daher zunehmend dazu, die Schiffe der Kompanie für die Abwicklung privater Geschäfte zu nutzen.
Es gab auch ein erhebliches Maß an Korruption in den Verwaltungen auf Java und Ceylon, wovon die
Beamten, nicht jedoch die Aktionäre der Kompanie, profitierten. Hinzu kam, dass Batavia als Standort
des Hauptkontors nicht mehr ideal war, da sich die Warenstruktur und damit auch die Umschlagzentren des Handels verlagert hatten.
Nach 1815 wurde Indonesien eine Kolonie des neu gegründeten Königreichs der Vereinigten
Niederlande. Der Anbau von Tropengewächsen für den Export wurde intensiviert. Unter der britischen
Besatzung während der Kriegszeit waren Maßnahmen eingeführt worden, um die Verwaltung, die
Eigentumsrechte und die Landbesteuerung nach westlichem Vorbild zu reformieren. Nach dem
Aufstand unter der Führung von Prinz Diponegoro 1825-1830 wurde diese Politik aufgegeben. Die
Niederländer verfolgten danach konsequent eine Politik der „dualen Verwaltung“, wobei sie an den
angestammten Herrschern und überlieferten Gesetzen und Bräuchen als wichtigem Instrument für die
Konsolidierung ihrer Machtstellung festhielten. Sie waren auch auf die Wahrung ihres Handelsmonopols bedacht, da der Großteil der Gewinne im Falle einer Marktöffnung an mächtige britische und
amerikanische Kaufleute gegangen wäre.
1830 wurde der Cultuursteesel eingeführt. Die Niederländer machten damit ihre Ansprüche auf
das Einkommen der lokalen Bevölkerung geltend und erhöhten ihre Abgabenforderungen: An die
Stelle von Grundsteuern traten Zwangsablieferungen der Ernteerträge oder Arbeitsdienst. Zwischen
1816 und 1914 wurde die Bewegungsfreiheit der einheimischen und chinesischen Bevölkerung durch
ein Residenzpflichtgesetz (pass-law) eingeschränkt, das auf die Stärkung der Arbeitsdisziplin und die
Durchsetzung der ethnischen Apartheid abzielte.
Ab den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts hatten die Niederländer bemerkenswerten Erfolg
bei der Steigerung ihrer Einnahmen aus der indonesischen Kolonie. In der Zeit zwischen 1830 und
1870 ging die Hälfte der Einnahmen als Steuertribut aus dem Cultuursteesel direkt an die niederländische Regierung. Hinzu kamen die Einnahmen aus dem Transport der Exporterzeugnisse, auf den die
in königlichem Besitz befindliche NHM-Schiffskompanie das Monopol hatte, sowie aus dem Verkauf
von Monopolkonzessionen für den Opiumhandel. Die Regierung bestimmte über die Zuckerrohr- und
Kaffeeproduktion, die meisten Tabakplantagen befanden sich jedoch in privater Hand. Günstlinge der
Obrigkeit erhielten Zuschüsse für die Einrichtung von Zuckerraffinerien. Es boten sich zahlreiche
Korruptionsmöglichkeiten innerhalb der holländischen Verwaltung unter den insgesamt 76 einheimischen Fürsten und den 34 000 javanesischen Dorfvorständen. 1844 wurde Indonesien eine fiktive Schuld
in Höhe von 236 Mio. Gulden angelastet, mit der die Kosten der Tilgung der Schulden der niederländischen Ostindien-Kompanie und der Niederschlagung des Aufstands der Jahre 1825-1830 gedeckt
werden sollten.
98
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Tabelle 2.21a „Punktion“ Indonesiens durch die Niederlande, 1698-1930
Indonesischer Exportüberschuss
in % des indonesischen
Nettoinlandsprodukts
Indonesischer Exportüberschuss
in % des niederländischen
Nettoinlandsprodukts
0.7
0.9
7.4
7.6
10.3
1.1
1.7
5.5
8.7
8.9
1698-1700
1778-1780
1868-1872
1911-1915
1926-1930
Quelle:
Maddison (1989b), S. 646-647. Vgl. van der Eng (1998) wegen eines Kommentars zu diesen Schätzungen.
Tabelle 2.21b „Punktion“ Indiens durch England, 1868-1930
Indischer Exportüberschuss
in % des indischen
Nettoinlandsprodukts
Indischer Exportüberschuss
in % des britischen
Nettoinlandsprodukts
1.0
1.3
0.9
1.3
1.2
0.9
1868-1872
1911-1915
1926-1930
Quelle:
Maddison (1986b), S. 646-648, mit Neuberechnung des Einkommensverhältnisses England/Indien. Die „Punktion“ (d.h. die mit der Kolonialwirtschaft verbundene Belastung, gemessen am Handelsüberschuss der Kolonie) nimmt in der Literatur über die nationale Bewegung in
Indien breiten Raum ein, angefangen mit Naoroji in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts (vgl. Naoroji, 1901). Ich habe das gleiche
Konzept auf Indonesien angewandt, um die für die beiden Länder mit der Kolonialwirtschaft verbundene Belastung im Verhältnis zu ihrem
Nationaleinkommen sowie die Gewinne der Kolonialherren im Verhältnis zu deren Nationaleinkommen miteinander zu vergleichen. Vgl.
auch Maddison (1971), S. 63-66.
Tabelle 2.21c Wachstum der indonesischen Bevölkerung und Realeinkommen
nach ethnischen Gruppen, 1700-1929
(Einwohner in Tausend, Pro-Kopf-Einkommen in Gulden von 1928)
Chinesen und andere nicht
einheimische asiatische
Bevölkerungsgruppen
Indonesier
Einwohner
Pro-KopfEinkommen
Einwohner
Pro-KopfEinkommen
Einwohner
Pro-KopfEinkommen
13 015
17 829
28 594
49 066
58 297
47
49
50
64
78
80
90
279
739
1 334
156
193
187
240
301
7.5
8.3
49.0
129.0
232.0
1 245
2 339
2 163
3 389
4 017
1700
1820
1870
1913
1929
a)
Europäera
Einschließlich Eurasier.
Quelle:
Maddison (1989b), S. 665, mit revidierten Schätzungen der indonesischen Einwohnerzahlen und Pro-Kopf-Einkommen.
99
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Nach der Abschaffung des Sklavenhandels in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts stiegen
die Ausfuhrpreise für Zucker und Kaffee. Seine Beendigung ruinierte die Konkurrenz in der Karibik
und erhöhte die Kosten in Brasilien.
Nachdem das politische System in den Niederlanden 1848 demokratischer geworden war, wuchs
die Kritik an den ausbeuterischen Methoden und der bürokratischen Vetternwirtschaft in Indonesien.
Der Druck der Öffentlichkeit, zu dem die Effekte der Öffnung des Suezkanals und der Entwicklung
der Dampfschifffahrt hinzukamen, bewegte die niederländische Obrigkeit schließlich dazu, die
Kolonie für private Unternehmen und Investitionen zu öffnen. In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts tendierte der staatliche Anteil am Exportvolumen gegen Null.
Tabelle 2.21a liefert eine grobe Messung der Belastung durch die Kolonialherrschaft im Zeitraum
1700 und 1930 sowie der Gewinne, die die Niederlande während dieser Periode aus der Kolonie
ziehen konnten. Das Exportvolumen stieg nach der Auflösung der niederländischen OstindienKompanie wesentlich rascher und machte einen weitaus größeren Teil des indonesischen BIP aus. Die
proportionalen Gewinne für die Niederlande erhöhten sich ebenfalls kräftig. Tabelle 2.21b enthält
ähnliche Schätzungen für Indien, wo die mit der Kolonialherrschaft verbundene Belastung und die
daraus resultierenden Gewinne im Verhältnis gesehen wesentlich geringer waren.
In Tabelle 2.21c sind grobe Schätzungen der indonesischen Bevölkerung und deren Einkommensniveaus, aufgeschlüsselt nach ethnischen Gruppen, für den Zeitraum 1700-1929 wiedergegeben.
IX
Großbritannien
Bei der Untersuchung der Wirtschaftsleistung der britischen Inseln empfiehlt es sich, eine Unterscheidung zwischen Irland und dem übrigen Königreich vorzunehmen. Wales wurde 1301 politisch
angegliedert. Die Eingliederung Schottlands erfolgte erst 1707, der Grundstein hierfür wurde jedoch
bereits im Jahre 1603 gelegt, als ein Schotte den englischen Thron bestieg. Irland wurde Mitte
des 17. Jahrhunderts in einem blutigen Eroberungsfeldzug unterworfen. Pettys Anatomy of Ireland
(1691) ist zu entnehmen, dass die irische Bevölkerung damals auf Grund von Krieg, Hungersnot,
Pest und Verschleppungen um ein Viertel schrumpfte. Auf den Krieg folgten eine massive Beschlagnahme irischen Eigentums und eine gewaltige gesellschaftliche Umstrukturierung. Zwei Drittel der
zuvor in irischem Besitz befindlichen landwirtschaftlichen Nutzfläche ging an englische Grundeigentümer über.
Von 1700 bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war das Pro-Kopf-Einkommen in Irland nur halb so
hoch wie im übrigen Königreich (vgl. Tabelle B.13). Auch hinsichtlich der demographischen
Geschichte gab es große Unterschiede. Die Hungersnot der Jahre 1846-1851 und die anschließende
Auswanderungswelle halbierten die Einwohnerzahl Irlands zwischen 1840 und 1913. Es scheint daher
gerechtfertigt, Irland als britische Kolonie zu behandeln, was ich in Tabelle 2.22 getan habe.
Die wirtschaftliche und politische Entwicklung Großbritanniens und die Geschichte seiner
Auslandsaktivitäten in der Zeit von der normannischen Eroberung im Jahre 1066 bis zur Mitte des
20. Jahrhunderts lässt sich in mehrere große Etappen unterteilen.
100
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Tabelle 2.22a Höhe des Pro-Kopf-BIP der europäischen Kolonialmächte
und der früheren Kolonien, 1500-1998
(in internationalen Dollar von 1990)
Großbritanniena
Frankreich
Italien
Niederlande
Portugal
Spanien
China
Indien
Indonesien
Brasilien
Mexiko
Vereinigte Staaten
Irlandb
1500
1700
1820
1913
1950
1998
762
727
1 100
754
632
698
1 405
986
1 100
2 110
854
900
2 121
1 230
1 117
1 821
963
1 063
5 150
3 485
2 564
4 049
1 244
2 255
6 907
5 270
3 502
5 996
2 069
2 397
18 714
19 558
17 759
20 224
12 929
14 227
600
550
565
400
425
400
526
600
550
580
460
568
527
715
600
533
612
646
759
1257
880
552
673
904
811
1 732
5 301
2 736
439
619
840
1 672
2 365
9 561
3 446
3 117
1 746
3 070
5 459
6 655
27 331
18 183
Tabelle 2.22b Wachstum des Pro-Kopf-BIP der europäischen Kolonialmächte
und der früheren Kolonien, 1500-1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
a)
b)
1500-1700
1700-1820
1820-1913
1913-1950
1950-1998
Großbritanniena
Frankreich
Italien
Niederlande
Portugal
Spanien
0.31
0.15
0.00
0.52
0.15
0.13
0.34
0.18
0.01
–0.12
0.10
0.14
0.96
1.13
0.90
0.86
0.27
0.81
0.80
1.12
0.85
1.07
1.38
0.17
2.10
2.77
3.44
2.56
3.89
3.78
China
Indien
Indonesien
Brasilien
Mexiko
Vereinigte Staaten
Irlandb
0.00
0.00
0.01
0.07
0.15
0.14
0.15
0.00
–0.03
0.04
0.28
0.24
0.73
0.17
–0.08
0.25
0.42
0.24
0.89
1.56
1.23
–0.62
–0.23
–0.20
1.97
0.85
1.61
0.63
4.17
2.18
2.74
2.50
2.18
2.21
3.53
Bezieht sich auf England, Schottland und Wales für die Jahre1500-1913. Nordirland ist von 1950 bis 1998 einbezogen.
Bezieht sich auf ganz Irland von 1500 bis 1913, auf die Republik Irland von 1950 bis 1998.
Quelle:
Anhang A und B.
Die normannisch-angevinische Herrschaft, 1066-1485
Von Anfang des 11. bis Ende des 14. Jahrhunderts lag das britische Bevölkerungswachstum,
wie höchstwahrscheinlich auch das Pro-Kopf-Einkommen, etwas unter dem westeuropäischen
Durchschnitt. Um 1500 war das Einkommensniveau (vgl. Tabelle B.21 und 2.22) in Großbritannien
wesentlich niedriger als in Italien, Flandern und Brabant, den Wirtschaftszentren des damaligen
Europas.
101
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Zwischen dem 11. und der Mitte des 15. Jahrhunderts war die britische Nationalidentität noch
nicht klar definiert. Das Königtum und die herrschende Oberschicht wurde von anglofranzösischen
Kriegsherren gestellt, deren Eigentumsrechte und Einnahmen auf Gebietseroberungen in England und
Frankreich zurückgingen. Die Ressourcen, die der Staat mobilisieren konnte, stammten aus den
Tributen der Lehnsmänner und der von ihnen abhängigen Bauern. Eine relativ willfährige Kirche
stärkte die politische Legitimität des Staats und diente als gesellschaftliches Machtinstrument.
Wilhelm der Eroberer erhob seinen Freund Lancfranc zum Erzbischof von Canterbury und besetzte
die übrigen Bischofssitze mit normannischen Adligen. Heinrich II. ließ 1170 kurzerhand den damaligen Erzbischof Thomas Becket ermorden, als dieser sich ihm zu widersetzen wagte. Die Hauptinvestitionen der herrschenden Schicht galten dem Bau von Festungen, wie den zur Verteidigung
der walisischen Eroberungen errichteten Burgen Carnarvon und Harlech, sowie von mächtigen
Kathedralen und Abteien, z.B. der Abbaye des Hommes in Caen, der Grabstätte Wilhelm des Eroberers, und der Abbaye des Dames, ebenfalls in Caen, der Grabstätte seiner Frau.
Die Aneignung von Land und Vermögen in Frankreich wurde mit Kriegen und Eheschließungen
betrieben. Die englischen Besitzungen erreichten ihre größte Ausdehnung in der zweiten Hälfte des
12. Jahrhunderts nach der Heirat Heinrich II. mit Eleonore von Aquitanien, der früheren Frau des
französischen Königs Ludwig VII. Zu dieser Zeit gehörte die Hälfte Frankreichs zu England. Die
Engländer siegten 1346 in Crécy, 1356 in Poitiers und 1415 in Azincourt. Mit der Hilfe Burgunds
gelang es ihnen 1430, Johanna von Orleans gefangen zu nehmen und hinzurichten. In der Folge
wechselte Burgund jedoch die Seiten, und nach dem Ende des Hundertjährigen Krieges im Jahre 1453
blieb den Engländern von ihren französischen Besitzungen nur noch Calais, das die Franzosen erst
1558 zurückerobern konnten.
In dieser Zeit wurden in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht manche Fortschritte erzielt. Die
landwirtschaftliche Nutzfläche wurde durch die Rodung der Wälder vergrößert, und der Bodenertrag
stieg, wie in anderen Teilen Nordeuropas auch, dank der Einführung neuer Techniken (vgl. White,
1962). Die Wollproduktion für den Export nach Flandern wurde stark ausgebaut. Ab der zweiten
Hälfte des 14. Jahrhunderts war eine allmähliche Verlagerung auf den Export von fertigem Tuch zu
beobachten. Ein Großteil des Außenhandels wurde jedoch von ausländischen Kaufleuten abgewickelt.
Zudem war England stark von den Antwerpener Bankiers abhängig. Der Anteil der Stadtbevölkerung
lag um 1500 weit unter dem westeuropäischen Durchschnitt (vgl. Tabelle B.14). In England und
Wales lebten nur 3% der Bevölkerung in Städten mit mehr als 10 000 Einwohnern, im Vergleich zu
21% in Flandern und Brabant, 16% in den Niederlanden und 15% in Italien.
Die finanziellen Schwierigkeiten der Krone führten dazu, dass sich in einem beginnenden
parlamentarischen Prozess ein schwaches politisches Gegengewicht herausbilden konnte. In der
Landwirtschaft wurden die feudalen Eigentumsrechte teilweise durch Marktkräfte in Frage gestellt –
eine Entwicklung, die durch den Schwarzen Tod beschleunigt wurde, der die Einwohnerzahlen um ein
Drittel dezimierte und so zu einem Anstieg des pro Kopf verfügbaren Landes führte und Forderungen
nach höheren Arbeitseinkommen hervorrief.
Im 14. Jahrhundert wurde ein wichtiger Schritt unternommen, um Englisch zur Hauptlandessprache zu machen. Bis dahin waren alle rechtlichen Angelegenheiten in Französisch abgewickelt
worden, was eine klare Chancenungleichheit bei der Wahrnehmung der Eigentumsrechte zur Folge
hatte. Um dagegen vorzugehen, wurde 1362 eine neue Gerichtsordnung verabschiedet. In diesem
Statute of Pleading stand zu lesen: „Das Französische ist im Königreich weithin unbekannt, so dass
die Menschen, die vor dem Königlichen Gerichtshof oder vor einem anderen Gerichtshof Klage
erheben oder gegen die Klage erhoben wird, nicht wissen oder verstehen, was für oder gegen sie vorgebracht wird“ (zitiert nach Baugh und Cable, 1993, S. 145).
102
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Entstehen eines modernen Nationalstaats und Aufbau einer dem
Handelskapitalismus förderlichen Institutionsstruktur, 1485-1700
Zwischen dem Ende des 15. Jahrhunderts und dem Ende des 17. Jahrhunderts wuchs die
englische Bevölkerung um das Vierfache (im Vergleich dazu hatten sich die Einwohnerzahlen in den
Niederlanden verdoppelt, in Frankreich um nicht ganz 50% und in Deutschland und Italien um rund
25% erhöht). Auch die Lebenserwartung stieg (vgl. Tabelle 1.4) und erreichte ein wesentlich höheres
Niveau als in Frankreich. Der in der Landwirtschaft tätige Teil der Erwerbsbevölkerung schrumpfte
beträchtlich (im Jahre 1700 lag er bei 56%). Die Produktivität der landwirtschaftlichen Betriebe stieg,
und die Nahrungsmittelversorgung wurde zuverlässiger (vgl. Wrigley, 1988). Da es der Küstenschifffahrt zudem immer besser gelang, örtliche Nahrungsengpässe zu überbrücken, konnten Hungersnöte als Todesursache in England und Wales bereits zu einer Zeit so gut wie ausgemerzt werden, als
sie in Frankreich noch weit verbreitet waren30. Die Urbanisationsquote stieg auf mehr als das Vierfache (Tabelle B.14), und die Einwohnerzahl Londons, das inzwischen zur größten Stadt Europas
geworden war, wuchs um das Vierzehnfache (vgl. Tabelle 2.3).
Das britische Pro-Kopf-Einkommen erhöhte sich zwischen 1500 und 1700 um nahezu das
Doppelte, gegenüber einem Anstieg um ein Drittel in Frankreich und Deutschland und einer Stagnation in Italien (vgl. Tabelle B.21). Nur in den Niederlanden stiegen die Einkommen damals schneller
und erreichten um 1700 ein noch höheres Niveau. Der niederländische Einkommensvorsprung war auf
eine höhere Produktivität in Landwirtschaft, Schifffahrt, Bankwesen und Dienstleistungssektor sowie
eine stärkere internationale Spezialisierung zurückzuführen. Obwohl die Niederlande nur ein Viertel
der britischen Einwohnerzahl hatten, verfügten sie über eine größere Flotte. Nur 40% der niederländischen Erwerbsbevölkerung war in der Landwirtschaft beschäftigt.
Die britischen Nationalökonomen und Diplomaten des 17. Jahrhunderts (Petty, King, Davenant
und Temple) betrachteten die Niederlande als ein nachahmenswertes wirtschaftliches Vorbild. Die
britischen Wirtschaftsinstitutionen folgten daher stark der von den Niederlanden eingeschlagenen
Richtung – ein Prozess, der 1688 durch die Erhebung des niederländischen Statthalters auf den englischen Königsthron zusätzlich gefestigt wurde.
Der Aufbau eines modernen Nationalstaates, der den Interessen des Handelskapitalismus entgegenkam, erfolgte in mehreren Etappen. Die stark fragmentierte Macht- und Besitzstruktur der
Feudalzeit musste nach und nach einem wesentlich zentralisierteren System weichen. Der Waliser
Heinrich VII., der 1485 als Sieger aus den Rosenkriegen hervorging, enteignete viele der alten Lehnsherren und ließ deren Besitz dem aufstrebenden Kleinadel, der so genannten „Gentry“, zukommen. Er
schaffte auch das Recht des Adels auf eigene Truppen ab, weshalb die Adelssitze in der Folge nicht
mehr befestigt wurden. Sein Sohn Heinrich VIII. brach mit Rom und schuf eine neue Staatskirche, die
eine abgemilderte Form des Protestantismus praktizierte; er verbot die Ordensgemeinschaften und
konfiszierte deren Besitz (zu dem u.a. über ein Viertel der britischen Landfläche gehörte). Seine
Tochter Elisabeth I. verschleuderte später den Besitz der Bischöfe. Der Großteil des Kirchenbesitzes
gelangte so durch Veräußerungen oder Schenkungen in die Hände einer weltlichen Oberschicht aus
Kaufleuten und Adligen.
Im 17. Jahrhundert kam es zu großen Veränderungen in der britischen Herrschaftsform (u.a.
wurde vorübergehend eine Republik eingerichtet und das Oberhaus – House of Lords – abgeschafft).
Diese Entwicklung endete mit der finanziellen Abhängigkeit des Königtums vom Unterhaus (House of
Commons), das unter der Führung einer weltlichen Elite aus Kaufleuten und Großgrundbesitzern
stand.
103
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Im Bereich der Wirtschaftspolitik war gegen Ende des 17. Jahrhunderts eine Modernisierung der
Verwaltungsstrukturen zu beobachten. Berufliche Kompetenz wurde zunehmend zu einem Kriterium
für die Besetzung öffentlicher Ämter, und verbessertes statistisches Material entwickelte sich zu einer
wichtigen Entscheidungshilfe für die Politik. Die Günstlingswirtschaft spielte zwar noch immer eine
Rolle, doch trat an die Stelle des herkömmlichen Nepotismus eine politisch motivierte Variante.
Die für die Eintreibung der Kaminsteuer zuständigen Steuerpächter mussten ab 1679 ordentlich
geführte Bücher vorweisen können. Die Einziehung von Zöllen durch Steuerpächter war bereits
1671 abgeschafft worden, und 1696 wurde das Amt eines Oberinspektors der Ein- und Ausfuhren
geschaffen. 1783 wurde das System der Steuerpacht auch für die Akzisen abgeschafft, und der
Nationalökonom Davenant wurde mit dem Amt des für diesen Bereich zuständigen Regierungskommissars betraut. 1696 wurde das Handelsministerium (Board of Trade) eingerichtet, in dem der
Philosoph John Locke den Posten eines Regierungskommissars bekleidete. Samuel Pepys betrieb
indessen die Modernisierung des Marineministeriums. 1702 wurde Gregory King, ein weiterer
Nationalökonom, zum Regierungskommissar für das öffentliche Rechnungswesen ernannt. Alle diese
neu geschaffenen Verwaltungsposten waren gut bezahlt, um die Unbestechlichkeit der Amtsträger zu
gewährleisten. 1694 wurde die Bank von England gegründet, und 1696 fand eine umfangreiche
Münzneuprägung statt. Die Geldpolitik wurde modernisiert, und es konnte sich ein geregelter Markt
für die Staatsschuld herausbilden.
Die Briten waren so in der Lage, im 18. Jahrhundert ein stabiles öffentliches Finanzsystem aufzubauen, worin sie sich deutlich vom kränkelnden Ancien Régime in Frankreich unterschieden. Die
Zahlungsfähigkeit der Regierung war gesichert, zumal es sich bei einem Großteil der Staatsschuld
um ewige Renten handelte. Es gab keine Ausnahmeregelungen für besonders begünstigte soziale
Gruppen, keine Steuerpacht, keinen Ämterkauf und keine Gebietseinheiten mit Steuerautonomie. Die
politische Legitimität der Steuern wurde durch eine parlamentarische Kontrolle gewährleistet, und
das Verhältnis zwischen Einwohner- und Beamtenzahl belief sich nur auf einen Bruchteil der entsprechenden Zahl in Frankreich31.
Das Geistesleben war rege und im 17. Jahrhundert zunehmend weltlich geprägt, und es bestanden
enge Kontakte mit ähnlichen Strömungen in anderen Teilen Nordeuropas. Mit dem Gresham College,
das auf eine großzügige Stiftung des wohlhabenden Bankiers und königlichen Steuerbeamten Sir
Thomas Gresham zurückging, erhielt diese Entwicklung 1579 ein organisatorisches Fundament. Das
Kollegium bot freien Zugang zu höherer Bildung in Form von täglich stattfindenden Vorlesungen
zu verschiedenen Themen. Besonders groß war sein Erfolg im Bereich der angewandten Mathematik,
der Erforschung und Entwicklung von Navigationsinstrumenten und im Schiffbau. Um die Mitte
des 17. Jahrhunderts wurde das Gresham College zum Zentrum intensiver Diskussionen über
neue Erkenntnisse der Experimentalwissenschaft und damit zum Vorläufer der Royal Society, die
1662 unter seinem Dach gegründet wurde. Zu den führenden Köpfen der Royal Society gehörten
Christopher Wren, der Astronomie in Gresham und Oxford lehrte und als Architekt für den Wiederaufbau der Londoner Kirchen nach der großen Feuersbrunst des Jahres 1666 verantwortlich zeichnete,
der Mathematiker und Rektor des Wadham College John Wilkins, der Chemiker und Anatom Robert
Boyle sowie William Petty, der Begründer der politischen Ökonomie, der zunächst Anatomie in
Oxford lehrte, später die Katastererfassung Irlands leitete und sich auch als Erfinder hervortat (er
entwickelte einen dem Katamaran ähnlichen Schiffstyp mit Doppelrumpf, schnellere Formen des
Landtransports, neue Möglichkeiten zur Verbesserung des Postdienstes, diverse Wasserpumpen und
eine Methode zur Entsalzung von Meerwasser). In jenem Zeitalter der Aufklärung befassten sich viele
herausragende Persönlichkeiten des englischen Geisteslebens, namentlich Bacon, Hobbes, Locke und
Newton, mit konkreten Fragen der staatlichen Politik (Newton war beispielsweise zunächst Münzwardein und ab 1695 königlicher Münzmeister, ein Amt, das er bis zu seinem Tod bekleidete). In
vielen Fällen hatte ihre Arbeit erhebliche Rückwirkungen auf die technische Entwicklung.
104
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Die Monarchie der Restaurationszeit war an der Förderung praktischer und theoretischer
Forschungsarbeiten im Bereich der Navigation interessiert. Sie gründete das königliche Observatorium
und schuf das Amt eines königlichen Astronomen. Unter denjenigen, die dieses Amt bekleideten,
befand sich der Mathematiker und Astronom Edmund Halley. Er begann im Alter von 20 Jahren seine
vielversprechende Karriere, indem er in zweijährigen Beobachtungen auf Sankt Helena den Grundstein für die Sternkunde der südlichen Hemisphäre legte. 1693 unterbreitete er einen grundlegenden
Aufsatz über die Berechnung der Lebenserwartung, der sich auf von Leibniz zur Verfügung gestellte
Sterblichkeitsdaten aus Breslau stützte, und schuf damit die wissenschaftlichen Voraussetzungen für
die Entwicklung der Lebensversicherungsbranche.
Ähnlich intensiv wie in England war die Forschungstätigkeit in den Niederlanden, und auch
in Frankreich wurde auf diesem Gebiet vieles geleistet. Ganz anders sah die Situation hingegen in
Spanien aus, wo Frömmelei und Inquisition sich dem Wissensdrang entgegenstellten. Auch in Italien
schlug die Gegenreformation Wellen, sie behinderte die Arbeiten Galileis und bremste die Kreativität
eines Landes, das in der Vergangenheit so herausragende wissenschaftliche Leistungen erzielt hatte.
Im Bereich der überseeischen Aktivitäten und der Außenpolitik kam es zwischen Mitte
des 16. und Ende des 17. Jahrhunderts zu großen Veränderungen. Der Gedanke, Teile des europäischen Festlands zu erobern, wurde aufgegeben. An seine Stelle trat eine geschickte Ausnutzung der
strategischen Vorteile der britischen Insellage. Die britische Handelsflotte wurde erheblich vergrößert,
und die Kriegsmarine wurde unter Elisabeth I. so stark ausgebaut, dass ein spanischer Invasionsversuch erfolgreich abgewehrt werden konnte. Um 1700 verfügte die Kriegsflotte über eine beachtliche Angriffsstärke. Den Berechnungen von Gregory King zufolge konnte die britische Handelsmarine 1697 mehr als 2 000 Schiffe mit einer Gesamttonnage von 323 000 Tonnen und die Kriegsmarine 189 Schiffe mit einer Gesamttonnage von 120 000 Tonnen32 aufbieten. Großbritannien war
damit hinsichtlich seiner Flottenstärke allen anderen Großmächten der damaligen Zeit, mit Ausnahme
der Niederlande, überlegen (vgl. Tabelle 2.15).
Die Briten investierten relativ wenig in die Landstreitkräfte (vgl. Tabelle 2.18b). Von 1688 bis
1815 waren sie zwar an zahlreichen Kriegen gegen verschiedene Kontinentalmächte beteiligt,
die Hauptlast der Kriegführung zu Lande wurde jedoch von den jeweiligen Verbündeten getragen.
Diese Lastenteilung wurde durch eine opportunistische Diplomatie, finanzielle Zuwendungen sowie
die für England sehr günstigen Animositäten zwischen den großen Kontinentalmächten gesichert, die
einander wegen Erbstreitigkeiten, territorialen Ansprüchen und religiösen Zwistigkeiten bekriegten.
Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert war die Handelspolitik von merkantilistischen Überlegungen
bestimmt. In England ebenso wie in Kontinentaleuropa galt es als selbstverständlich, dass der internationale Wettbewerb den Prinzipien der Beggar-your-Neighbour-Politik zu gehorchen hatte. Diese
Einstellung war vor allem darauf zurückzuführen, dass der wirtschaftliche Fortschritt vor dem
19. Jahrhundert auf einem – rückblickend – relativ langsamen technischen Fortschritt mit nach
heutigen Maßstäben niedrigen Inlandsinvestitionsraten gegründet war. In England lag die Investitionsrate laut den Schätzungen von Gregory King 1688 bei unter 7% des BIP. Die höchsten Gewinnaussichten versprach man sich damals von einer verstärkten Spezialisierung und Arbeitsteilung, wie
sie die Niederländer bereits durchgesetzt hatten, von der Nutzung neuer Geschäftsmöglichkeiten in
Amerika, vom Ausbau des Handels mit afrikanischen Sklaven sowie vom Import von Gewürzen,
Stoffen und Porzellan aus Asien. In Anbetracht der in Großbritannien und den Niederlanden erreichten
Einkommensniveaus standen die nötigen Mittel zur Finanzierung solcher Übersee-Expeditionen zur
Verfügung, und es war auch das erforderliche unternehmerische Know-how vorhanden, um aus diesen
Reisen wirtschaftlich Nutzen zu ziehen. Dank der im Bereich der Nagivationstechnik und des Schiffbaus erzielten Fortschritte konnten Expeditionen durchgeführt werden, die selbst dann noch rentabel
waren, wenn allein die Rückfahrt ganze zwei Jahre dauerte, wie dies bei Ostasienreisen der Fall sein
konnte.
105
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 2.23 Struktur des britischen Warenhandels nach Herkunftsund Bestimmungsregionen, 1710-1996
(in Prozent des jeweiligen Gesamtwerts)
Europa
Asien
Afrika
Nordamerika
BritischWestindien
Übriges
Amerika
Australien,
Neuseeland
Einfuhren
1710a
1774
1820
1913
1950
1996
63.6
46.1
26.8
40.7b
27.8b
61.7
6.9
11.4
24.6
15.7
17.2
18.8
0.4
0.4
0.5
3.0
11.0
2.2
7.3
12.5
14.6
22.6
15.9
14.1
21.7
29.3
26.0
0.8c
5.1c
0.3c
0.1
0.3
7.5
9.6
8.6
1.7
0.0
0.0
0.0
7.6
14.4
1.2
0.6
0.1
9.3
8.7
7.2
1.5
0.0
0.0
0.0
10.3
15.8
1.8
Ausfuhren und Wiederausfuhren
1710a
1774
1820
1913
1950
1996
a)
b)
c)
87.6
58.5
61.8
37.4b
28.8b
63.3
2.1
3.9
7.1
22.7
18.9
16.8
1.2
6.0
1.1
6.4
13.2
3.0
5.1
21.5
11.7
13.5
14.4
13.3
3.4
10.0
9.0
1.0c
1.7c
0.3c
England und Wales.
Einschl. Nordafrika.
Einschl. der gesamten Karibik.
Quelle:
Mitchell und Deane (1962), S. 309-311 (für 1710-1820), S. 317-323 (für 1913). Mitchell und Jones (1971), S. 136-139 (für 1950). UN
Yearbook of International Trade Statistics (1996), S. 1065, für 1996. Aus Mitchell und Deane (1962), S. 2679–2684, ist ersichtlich, dass die
Wiederausfuhren in den zwanziger und siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts 58% der inländischen Exporte ausmachten (bzw. 37% der
Gesamtexporte). Im Vergleich dazu betrug dieses Verhältnis in den Niederlanden in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts 53% und in
den siebziger Jahren 220% (vgl. Tabelle 2.19). 1913 machten die britischen Wiederausfuhren 20.8% der inländischen Exporte aus, 1950
3.9%. 1710 entfielen 78% der inländischen Exporte auf Woll- und Kammgarn sowie Wollerzeugnisse, 1774 49%, 1820 12% und 1913 6%.
1774 bestanden 2% der inländischen Exporte aus Baumwollgarn und Baumwollerzeugnissen, 1820 62%, 1913 24% und 1938 11%.
Ein weiterer Vorteil des Überseehandels war die Entdeckung neuer Produkte. Im 16. Jahrhundert
war Zucker dem Volk noch so gut wie unbekannt; um 1700 lag der Zuckerverbrauch pro Einwohner in
England und Wales bereits bei 2,6 kg. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Tabak war währenddessen von
Null auf rund 1 kg gestiegen. Auch Tee und Kaffee begannen sich durchzusetzen33. Unter dem Einfluss der aus Indien importierten bedruckten und bemalten Baumwollstoffe wandelten sich die Moden
und geschmacklichen Vorlieben. Porzellan und Keramik aus China lösten ähnlich starke Veränderungen im Haushaltsbereich aus. Die Nachfrageelastizität war bei diesen neuen Konsumgütern sehr hoch,
so dass auf sie bald ein großer Teil des persönlichen Verbrauchs entfiel. 1688 machten die Aufwendungen für Nahrungsmittel, Getränke und Textilien in England und Wales laut den Schätzungen
von Gregory King 58,5% des Bruttoinlandsprodukts aus (im Vergleich zu rd. 16% Ende des
20. Jahrhunderts).
Immer häufiger kam es zu Kriegen um die Handelschancen in Übersee. Im Vierteljahrhundert
nach 1652 befand sich Großbritannien nicht weniger als dreimal im Krieg mit den Niederlanden. Am
Ende dieser Konflikte stand eine deutliche Beschneidung der Handelsmöglichkeiten der Niederländer
in Afrika und Amerika. Die Briten konnten indessen ihre Flotte stark vergrößern, indem sie niederländische Schiffe erbeuteten, darunter auch so genannte Fluyts, nicht bewaffnete, für die kostengünstige
Serienproduktion entwickelte Schiffe, die auf Grund ihres geringeren Mannschaftsbedarfs auch eine
Reduzierung der Betriebskosten ermöglichten34.
106
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Die Handelspolitik stand ebenfalls im Dienst der in diesen Handelskriegen verfolgten Ziele.
Ab 1651 wurde eine Reihe von Navigationsakten erlassen, die bis 1849 Gültigkeit behielten. Diese
Gesetze verwehrten ausländischen Schiffen den Handel mit den britischen Kolonien und zwangen
letztere, ihre Exporte über britische Häfen abzuwickeln. Auf diese Weise bildete sich eine spezifische
Handelsstruktur heraus, in der für die Wiederausfuhr bestimmte Importe von Kolonialwaren einen
großen Platz einnahmen. Auch die niederländischen und französischen Handelsbeziehungen folgten
diesem Muster (vgl. Tabelle 2.19 und Anmerkungen zu Tabelle 2.23). Die geographische Umschichtung des britischen Handels, die bereits im 17. Jahrhundert einsetzte, ist aus Tabelle 2.23 deutlich
ersichtlich.
Großbritannien auf dem Weg zur Hegemonie, 1700-1820
Zwischen 1700 und 1820 war ein deutlicher Anstieg des britischen Bevölkerungswachstums auf
eine Rate zu verzeichnen, die sich gegenüber dem von Bürgerkriegen und Pest gezeichneten
17. Jahrhundert mehr als verdoppelte. Das Wirtschaftswachstum war höher als in allen anderen europäischen Ländern, und der Anteil der Stadtbevölkerung stieg in sämtlichen Teilen des Königreichs
deutlich an, was wiederum in starkem Kontrast zu der im übrigen Europa zu beobachtenden Entwicklung stand (vgl. Tabelle B.14).
Das Wachstum der Pro-Kopf-Einkommen war etwas höher als im 17. Jahrhundert und gegenüber
dem europäischen Durchschnitt mehr als doppelt so hoch. Die niederländische Wirtschaftsleistung war
im Vergleich dazu katastrophal. In den Niederlanden verlangsamte sich das Bevölkerungswachstum
drastisch, und das Pro-Kopf-BIP sank. Im Jahre 1700 war das britische BIP (ohne Irland) doppelt so
hoch wie das niederländische; 1820 belief es sich demgegenüber auf das Siebenfache.
In der britischen Wirtschaft vollzog sich ein deutlicher Strukturwandel: Der Anteil der in der
Landwirtschaft beschäftigten Erwerbspersonen ging deutlich zurück, während Industrie und Dienstleistungssektor rapide wuchsen (vgl. Tabelle 2.24). In den Niederlanden nahmen Industrialisierung
und Verstädterung hingegen ab, und der Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten stieg.
Angesichts der schwindenden Investitionsmöglichkeiten im Inland und in Übersee wurden die
niederländischen Ersparnisse zunehmend im Ausland angelegt, ein Großteil davon in britischen
Staatsanleihen. So wurde das britische Wachstum u.a. durch niederländisches Kapital untermauert
(vgl. Maddison, 1991a, S. 34-35 und 45-46).
Zwischen 1720 und 1820 wuchs das Volumen der britischen Exporte pro Jahr um 2%, während
die niederländischen Ausfuhren jährlich um 0,2% sanken (vgl. Maddison, 1982, S. 247). Im Jahre
1700 entfiel nur ein Fünftel der weltweiten Frachtkapazität auf die britische Flotte und ein Viertel auf
die niederländische. Um 1820 belief sich der britische Anteil am weltweiten Frachtvolumen auf über
40%, während die Niederländer nur noch knapp über 2% stellten (vgl. Tabellen 2.15 und 2.25a).
Es war dies die Zeit, in der das Vereinigte Königreich durch eine geschickte Beggar-yourNeighbour-Politik zur Hegemonie im Welthandel aufstieg. Die britische und französische Handelspolitik sowie die verheerenden Auswirkungen der Kriege zwischen 1795 und 1815 waren die Hauptursachen für den Niedergang der niederländischen Wirtschaft.
In der Zeit von 1700 bis 1820 war Großbritannien in eine Reihe von Kriegen verstrickt, in denen
es verschiedenen europäischen Mächten in unterschiedlichen Konstellationen gegenüberstand (17001713, 1739-1748, 1756-1763 und 1793-1815). Hinzu kam der amerikanische Unabhängigkeitskrieg
(1776-1783), in dem Großbritannien allein gegen seine alten Kolonien und deren europäische Verbündete (Frankreich, die Niederlande und Spanien) stand. Großbritannien ging es bei diesen Konflikten
vor allem um die Erlangung einer Vormachtstellung im Welthandel. Die Friedensverträge der Jahre
107
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 2.24 Beschäftigungsstruktur in den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich
und den Vereinigten Staaten, 1700-1998
(in Prozent der Gesamtbeschäftigung)
a)
b)
Niederlande
Vereinigtes
Königreich
Vereinigte
Staaten
1700
Landwirtschaft
Industrie
Dienstleistungen
40
33
27
56
22
22
n.v.
n.v.
n.v.
1820
Landwirtschaft
Industrie
Dienstleistungen
43
26
31
37
33
30
70
15
15
1890
Landwirtschaft
Industrie
Dienstleistungen
36
32
32
16
43
41
38
24
38
1998
Landwirtschaft
Industrie
Dienstleistungen
3
22
75
2
26
72
3
23
74
1807.
1889.
Quelle:
Maddison (1991), S. 32, für 1700; Maddison (1995a), S. 253, für das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten 1820–1890;
Niederlande 1807 und 1889 aus Smits, Horlings und van Zanden (2000), S. 19; 1998 aus OECD, Labour Force Statistics 1978–1998.
Der Begriff Landwirtschaft umfasst auch Forstwirtschaft und Fischerei; zur Industrie gehören Bergbau, Verarbeitendes Gewerbe,
Strom-, Gas-, Wasser- und Bauwirtschaft. Unter den Dienstleistungen sind alle anderen privaten und staatlichen Tätigkeitsbereiche
(einschl. Militär) zusammengefasst.
Tabelle 2.25a Frachtkapazität der britischen und der internationalen Schifffahrt, 1470-1913
(in Tausend Tonnen)
Segelschiffe
1470
1570
1670
1780
1820
1850
1900
1913
Quelle:
Dampfschiffe
Gesamtfrachtkapazität
(umgerechnet in
Segelschiffe)
Vereinigtes Königreich
n.v.
51
260
1 000
2 436
3 397
2 096
843
0
0
0
0
3
168
7 208
11 273
n.v.
51
260
1 000
2 448
4 069
30 928
45 935
Segelschiffe
Dampfschiffe
Gesamtfrachtkapazität
(umgerechnet in
Segelschiffe)
Weltweit
320
730
1 450
3 950
5 800
11 400
6 500
4 200
0
0
0
0
20
800
22 400
41 700
320
730
1 450
3 950
5 880
14 600
96 100
171 000
Vereinigtes Königreich 1470-1780 aus Tabelle 2.15, 1820-1913 aus Mitchell und Deane (1962), S. 217-219. Weltweit 1470-1780 aus
Tabelle 2.15, nach oben berichtigt für die Jahre 1470, 1570 und 1670 wegen unzureichendem Datenmaterial über die europäischen
Flotten. Der angewandte Koeffizient war 1,85 für 1470, 1,34 für 1570 und 1,07 für 1670. Für 1470-1780 habe ich weitere 100 000
Tonnen hinzugefügt, die einer groben Schätzung der Flotte der asiatischen Länder entsprechen. 1800-1913 aus Maddison (1989),
S. 145. Der Umrechnungskoeffizient Dampfschiff/Segelschiff 1:4 aus Day (1921), S. 290, trägt der größeren Geschwindigkeit und
Verlässlichkeit der Dampfschiffe Rechnung.
Tabelle 2.25b Komparative Wachstumsraten der britischen und der internationalen
Frachtkapazität sowie des BIP, 1570-1913
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
1570-1820
1820-1913
Britische Schifffahrt
Britisches BIP
Schifffahrt weltweit
BIP weltweit
1.56
3.20
0.79
2.13
0.84
3.69
0.33
1.47
Quelle: Frachtkapazität aus Tabelle 2.25a, BIP aus Anhang B, Tabelle B.13 und B.18.
108
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
1713 und 1763 brachten den Briten große Gewinne. Der Vertrag von 1763 machte der französischen
Präsenz in Kanada ein Ende und schwächte die Position der Spanier in der Karibik und in Florida. Der
Unabhängigkeitskrieg der Jahre 1776 bis 1783 endete für Großbritannien hingegen mit einer großen
Niederlage und dem Verlust der dreizehn nordamerikanischen Kolonien.
Die Revolutionskriege und die napoleonischen Kriege waren für Großbritannien in realer
Rechnung mit wesentlich geringeren Kosten verbunden als für Frankreich, die Niederlande, Spanien
und die anderen Kontinentalmächte. Der Radius der napoleonischen Feldzüge erstreckte sich von
Ägypten bis Moskau und von Spanien bis Norddeutschland. Auf französischer Seite kamen über eine
halbe Million Soldaten ums Leben, und in den anderen Ländern waren es mindestens noch einmal so
viele. Die französischen Truppen wurden hauptsächlich durch Sonderabgaben finanziert und die Kosten ihrer Einquartierung gingen zu Lasten der jeweiligen besetzten Gebiete. Weite Teile Russlands,
Deutschlands und Spaniens wurden verwüstet (vgl. Kennedy, 1987, S. 115-139, zu den Kriegskosten).
Zudem wurden während des Krieges auch Handelsblockaden verhängt, die die industrielle Entwicklung in Kontinentaleuropa verzögerten (vgl. Crouzet, 1964, wegen einer Analyse hierzu).
Die Kontinentalmächte mussten in Bezug auf ihre Kolonial- und Handelsinteressen in Übersee
große Einbußen hinnehmen. Die Niederländer verloren alle ihre Besitzungen in Asien, mit Ausnahme
Indonesiens, sowie ihren Stützpunkt in Südafrika. Die Franzosen konnten in Asien nur noch eine
Scheinpräsenz aufrechterhalten und verloren Santo Domingo, ihre wichtigste Besitzung in der Karibik.
Kurz nach dem Krieg gelang es Brasilien, seine Unabhängigkeit von Portugal durchzusetzen. Spanien
musste sein riesiges Kolonialreich in Lateinamerika aufgeben und konnte nur Kuba, Puerto Rico und
die Philippinen halten.
Großbritannien gelang es indessen, die ehemaligen französischen und niederländischen Besitzungen
in Asien und Afrika an sich zu reißen, seine Herrschaft über Indien auszubauen und eine Vormachtstellung im Lateinamerikahandel zu erobern.
1750 zählte das britische Empire rund anderthalb Millionen Untertanen in Amerika (vgl. Tabelle
2.28) und weitere 2,4 Millionen in Irland. Zudem unterhielt es Stützpunkte in Kalkutta, Madras und
Bombay. Um 1820 hatte Großbritannien zwar seine dreizehn nordamerikanischen Kolonien verloren,
doch dafür erstreckte sich sein Herrschaftsbereich inzwischen über Territorien in Indien mit rund
100 Millionen Einwohnern.
Das britische Wachstum wurde zwischen 1700 und 1820 durch eine erfolgreiche, an den
Prinzipien der Beggar-your-Neighbour-Politik ausgerichtete Handelsstrategie vorangetrieben. Dass
Großbritannien seinen Vorsprung ausbauen konnte, war jedoch noch anderen Faktoren zu verdanken.
Anders als bei den europäischen Nachbarn wurde die binnenwirtschaftliche Entwicklung in Großbritannien nicht (wie noch im 17. Jahrhundert) durch bewaffnete Konflikte beeinträchtigt. Die
Integration der Binnenmärkte wurde durch die Schaffung eines Mautstraßen- und Kanalnetzes und die
Entwicklung der Küstenschifffahrt deutlich verbessert, was eine effizientere Spezialisierung und
Arbeitsteilung zwischen den verschiedenen Regionen möglich machte. Die Ressourcenallokation
wurde zusätzlich durch gesunde öffentliche Finanzen und einen expandierenden Bankensektor
gestärkt.
Ab ungefähr 1760 setzte ein spektakuläres Wachstum der Baumwollindustrie ein. Die seit anderthalb Jahrhunderten nach Großbritannien importierten indischen Stoffe hatten dort eine starke Nachfrage nach Kleidung und Heimtextilien aus Baumwolle entfacht. Nunmehr eröffnete eine Welle technischer Innovationen neue Perspektiven für eine Expansion der heimischen Baumwollindustrie.
Baumwolle ließ sich wesentlich leichter maschinell verarbeiten als Wolle, so dass die Mechanisierung
der Produktionsverfahren bereits bei einem relativ geringen Kapitaleinsatz gewaltige Auswirkungen
auf die Arbeitsproduktivität hatte. Mit der von J. Hargreaves erfundenen Jenny-Maschine (1764-1767)
konnte bei der Herstellung von feinem Gewebe eine 16fache Produktivitätssteigerung erzielt werden.
109
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Arkwright entwickelte 1768 eine mit Wasserkraft angetriebene Flügelspinnmaschine, mit der ein
stabiler Kettfaden gefertigt werden konnte. Die 1779 von Crompton erfundene Mule-Maschine ermöglichte zugleich die Herstellung von Kett- und von Schussfaden. Nach der Erfindung des
mechanischen Webstuhls durch Cartwright 1787 konnten auch beim Weben große Produktivitätssteigerungen erzielt werden. Die Baumwollentkörnungsmaschine, die der Amerikaner Eli Whitney
1793 entwickelt hatte, führte schließlich zu einer deutlichen Verringerung der Kosten der aus Amerika
importierten Rohbaumwolle. Zwischen 1774 und 1820 nahmen die Rohbaumwollimporte um mehr als
das 20fache zu. Der Anteil der in der Baumwollindustrie Beschäftigten stieg zwischen den siebziger
Jahren des 18. Jahrhunderts und 1820 von nahe Null auf 6% der Erwerbsbevölkerung. Der Anteil der
Erzeugnisse von Baumwollspinnereien und -webereien an den britischen Exporten erhöhte sich
zwischen 1774 und 1820 von 2% auf 62%, und dies trotz eines drastischen Preisrückgangs. Der Anteil
der Wollerzeugnisse an den Exporten sank während des gleichen Zeitraums von 49% auf 12% (vgl.
Anmerkungen zu Tabelle 2.23).
Auch in anderen europäischen Ländern erlebten die Baumwollindustrie und das an sie geknüpfte
technische Wissen einen Aufschwung, doch erreichte der Pro-Kopf-Verbrauch an Baumwollerzeugnissen in Frankreich beispielsweise nur rund ein Viertel des britischen Niveaus.
Im 18. Jahrhundert konnten im Bereich der Navigationstechnik große Fortschritte erzielt werden,
was nicht zuletzt der vom Staat geförderten Arbeit der königlichen Astronomen zu verdanken war.
Eine wichtige Rolle spielte auch die Auslobung eines Preises in Höhe von 20 000 £, mit dem die
Entwicklung eines Schiffschronometers belohnt werden sollte, der dank seiner großen Genauigkeit
und Stabilität eine Messung der Längengrade auf hoher See gestattete. Der erste einer ganzen Reihe
von Naval Almanacs mit praktischen Anleitungen für Seefahrer wurde 1767 veröffentlicht, und der für
die Entwicklung des Chronometers ausgesetzte Preis ging 1773 an John Harrison. Bewaffnet mit einer
Kopie von Harrisons Schiffschronometer sowie einer Reihe anderer im Laufe des 18. Jahrhunderts
entwickelter Navigationsinstrumente gelang es James Cook, die australische und neuseeländische
Küste zu erkunden und mit Erfolg zu kartographieren, ohne dass auch nur ein einziges Mitglied seiner
Mannschaft an Skorbut gestorben wäre.
Beschleunigung des technischen Fortschritts und des Realeinkommenswachstums,
1820-1913
Zwischen 1820 und 1913 weitete sich das Pro-Kopf-Einkommen rascher aus als je zuvor – dreimal so rasch wie von 1700 bis 1820. Für Großbritannien und die übrigen westeuropäischen Länder
hatte eine neue Ära begonnen. Die Einkommenserhöhungen waren im Wesentlichen durch die
Beschleunigung des technischen Fortschritts, das rasche Wachstum des Bestands an Sachanlagen
sowie die besseren Bildungsgrundlagen und Qualifikationen der Erwerbsbevölkerung bedingt. Die
Fortschritte bei der internationalen Arbeitsteilung schlugen sich in einer effizienteren Ressourcenallokation nieder, so dass die britischen Exporte um 3,9% jährlich zunahmen (fast doppelt so rasch wie
das BIP). Das Ausbleiben gravierender militärischer Konflikte erleichterte die wirtschaftlichen Fortschritte – ganz im Gegensatz zu den Jahren 1688-1815, als sechs große Kriege mit einer Dauer von
insgesamt 63 Jahren die wirtschaftliche Entwicklung ganz erheblich gebremst hatten.
Das britische Empire vergrößerte sich zwischen 1820 und 1913 in territorialer Hinsicht. Nach
1870 verleibte es sich größere Teile Afrikas, darunter Ägypten, Ghana, Kenia, Nigeria, Rhodesien,
Sudan, Transvaal, Oranjefreistaat und Uganda, ein. In Asien kamen Aden und die Scheichtümer um
Arabien, aber auch Birma, die Malaiischen Staaten, Hongkong und einige pazifische Inseln hinzu. Das
britische Empire dehnte seine Herrschaft auch über ganz Indien aus. Die Bevölkerung betrug 1913 in
den afrikanischen Territorien rund 52 Millionen, in Asien rund 330 Millionen, in der Karibik rund
1,6 Millionen und in Australien, Kanada, Irland und Neuseeland rund 18 Millionen. Die Gesamt110
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
bevölkerung des Empire belief sich auf 412 Millionen – das heißt, das Zehnfache der Bevölkerung im
Mutterland selbst. Den harten Kern des Empire bildete Indien mit drei Vierteln aller Einwohner. Aus
den indischen Steuereinnahmen wurde eine große Armee unter britischer Kontrolle unterhalten, die
dazu eingesetzt werden konnte, in ganz Asien, im Nahen Osten und schließlich auch in Europa
britische Interessen zu verteidigen. Die Vormachtstellung der britischen Marine und ein Netzwerk von
Militär- und Marinestützpunkten in Gibraltar, Malta, Zypern, Ägypten, im Suez-Kanal, in Aden und
Hongkong gewährleisteten die Sicherheit des Empire.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden erhebliche Änderungen in der britischen Handelspolitik
vorgenommen. 1846 wurden die Schutzzölle auf Agrarimporte abgeschafft und 1849 die Navigationsakte aufgehoben. Bis zum Jahr 1860 waren alle Handels- und Zollbeschränkungen einseitig abgeschafft worden. In den Niederlanden wurde eine ähnliche Politik verfolgt. 1860 wurden im Rahmen
des Cobden-Chevalier-Vertrags Absprachen über die gegenseitige Liberalisierung der Handelsbeziehungen mit Frankreich getroffen. Frankreich schloss ähnliche Verträge mit Belgien, Italien,
Spanien und der Schweiz. Diese Verträge enthielten Meistbegünstigungsklauseln, so dass alle Länder
gleichermaßen von der bilateralen Handelsliberalisierung profitierten. Auf dem Kontinent wurde diese
Liberalisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts wieder rückgängig gemacht, das Vereinigte Königreich hielt jedoch bis 1931 am Freihandel fest.
Der Freihandel wurde auch in Indien und den anderen britischen Kolonien eingeführt ebenso wie
im „informellen“ britischen Empire. China, Persien, Thailand und die Türkei waren zwar keine
Kolonien, auf Grund von Verträgen, die ihre Hoheitsrechte im Handelsbereich einschränkten und
Ausländern exterritoriale Rechte einräumten, jedoch verpflichtet, niedrige Zölle aufrechtzuerhalten. In
China übernahm England die Zollverwaltung, um sicherzustellen, dass das Land seinen Schuldendienstverpflichtungen nachkam.
Obgleich für das britische Empire ab Mitte des 19. Jahrhunderts das Prinzip des Freihandels galt,
wurden die britischen Exporte doch durch das Kolonialsystem begünstigt. In den asiatischen und
afrikanischen Ländern hatten britische Interessen im Schifffahrts-, Banken- und Versicherungswesen
faktisch eine Monopolstellung inne. Die Kolonien wurden nicht länger durch monopolistische
Handelsgesellschaften, sondern durch eine effizient und korruptionsfrei arbeitende Bürokratie des
britischen Empire verwaltet, die allerdings von Weißen beherrscht wurde. Diese wohnten in eigenen
Wohnbezirken und verkehrten in britischen Clubs, womit britische Waren automatisch den Vorzug
hatten und die staatliche Beschaffungspolitik mitunter durch eine recht offene Diskriminierung zu
Gunsten britischer Produkte gekennzeichnet war.
Die britische Handelspolitik und die Bereitschaft, den Nahrungsmittelbedarf großenteils durch
Importe zu decken, hatten sehr günstige Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Der technische Fortschritt wurde dadurch gefördert und stärker verbreitet. Am meisten profitierten hiervon die großen
Einwanderungsländer, die über reichliche natürliche Ressourcen verfügten. Aber auch in Indien, dem
größten und ärmsten Teil des britischen Empire, machten sich bis zu einem gewissen Grad positive
Effekte bemerkbar.
Die Beschleunigung des technischen Fortschritts – die die Weltwirtschaft seit Beginn des
19. Jahrhunderts prägt – wird oft als „industrielle Revolution“ bezeichnet. Das Wort „industriell“
deutet jedoch fälschlicherweise an, die Auswirkungen der Innovation seien eng auf einen bestimmten
Sektor beschränkt gewesen. In Wirklichkeit wurde ein sehr breites Spektrum wirtschaftlicher Aktivitäten von der technischen Entwicklung erfasst, und es kam überdies zu organisatorischen Verbesserungen, die das Wachstum ebenfalls förderten.
Am wichtigsten waren für die weltweite Ausbreitung des Wirtschaftswachstums die Innovationen
im Verkehrs- und Kommunikationswesen. 1812 erschien in England das erste Dampfschiff, und in den
sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts verwendeten faktisch alle neuen Schiffe Kohle als Treibstoff.
111
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
1913 machten Segelschiffe weniger als 2% aller britischen Schiffe aus. Im Laufe des 20. Jahrhunderts
wurden die Schiffsmotoren immer stärker und sparsamer im Verbrauch. Aus Eisen und Stahl
konstruierte Schiffe waren bald sehr viel größer, schneller und zuverlässiger als Holzkonstruktionen.
Ab 1880 verkehrten regelmäßig Schifffahrtslinien über den Atlantik, die nur zehn Tage für die Strecke
von Liverpool nach New York benötigten. Durch die Eröffnung des Suez-Kanals im Jahr 1869 wurde
die Strecke von London nach Bombay um 41%, nach Madras um 35%, nach Kalkutta um 32% und
nach Hongkong um 26% verkürzt. Dadurch wurden auch die Treibstoffkosten der Dampfschiffe
gesenkt, und Segelschiffe hatten wegen der schlechten Windverhältnisse im Kanal das Nachsehen.
Mit dem kostengünstigeren und verlässlicheren Passagierschiffsverkehr setzte ein großer Auswanderungsstrom von Europa in die Vereinigten Staaten, nach Kanada, Australien, Neuseeland,
Argentinien und Brasilien ein. Die Nettoabwanderung aus dem Vereinigten Königreich in den Jahren
1820 bis 1913 belief sich auf etwa 12 Millionen (davon kam die Hälfte aus Irland). Aus den übrigen
europäischen Ländern waren es etwa 14 Millionen. Die Nettoabwanderung aus Indien lag bei über
5 Millionen – wovon etwa 4,5 Millionen nach Birma, Malakka und Sri Lanka, eine drittel Million
nach Afrika und eine weitere drittel Million in die Karibik gingen (vgl. Davis, 1951, S. 99-101). Aus
China wanderten mehr Menschen in die anderen asiatischen Länder ab als aus Indien (vgl. Purcell,
1965).
Durch die Auswanderung aus Westeuropa nach Nordamerika, Lateinamerika und Australien
konnten die enormen Naturschätze dieser Länder beschleunigt genutzt werden, womit auch das
Einkommen der Auswanderer stieg. Deren Heimatüberweisungen kamen wiederum den jeweiligen
Herkunftsländern zugute. Die Auswanderung trug insofern zu einem rascheren Wachstum des
Pro-Kopf-Einkommens in Irland und Italien bei, als sie den Arbeitskräfteüberschuss in den verarmten
ländlichen Gebieten verringerte (vgl. O’Rourke und Williamson, 1999, S. 155). Auch die Abwanderung aus Indien und China in die südostasiatischen „Überschussabfluss“-Länder (Birma, Malakka,
Sri Lanka, Thailand und Vietnam) hatte ähnliche Auswirkungen.
Die beschleunigte Entwicklung der Schifffahrts- und Navigationstechnik war die Fortsetzung
eines Prozesses, der bereits im 13. Jahrhundert begonnen hatte35. In Bezug auf die Geschwindigkeit
konnten sich die amerikanischen Klipperschiffe bis in die sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts mit den
Dampfschiffen messen. Beim Transport auf dem Landweg waren die Fortschritte lange Zeit weniger
bemerkenswert, erst der Übergang vom Pferdefuhrwerk zur Eisenbahn stellte einen spektakulären
Entwicklungssprung dar. Der Eisenbahnverkehr hatte 1826 in Nordengland begonnen, und im Jahr
1913 waren weltweit bereits Schienenstrecken von fast 1 Mio. km Länge in Betrieb. Davon befanden
sich nahezu die Hälfte in den Vereinigten Staaten und den anderen großen Einwanderungsländern und
weitere 30% in Europa. Länder wie Indien und Argentinien verfügten 1913 jedoch über ein größeres
Schienennetz als das Vereinigte Königreich. Die massiven und kostspieligen Eisenbahninvestitionen
erschlossen neue Landgebiete und vergrößerten nicht nur den effektiven Umfang der Märkte, sondern
auch den Radius der Binnenwanderung und der Urbanisierung. Sie veränderten die ökonomischen
Aspekte der industriellen Standortpolitik und boten sehr viel größere Möglichkeiten für die internationale Spezialisierung (eine detailliertere Analyse der sinkenden Transportkosten und ihrer Auswirkungen findet sich in O’Rourke und Williamson, 1999, S. 41-54). Bei der Entwicklung der Eisenbahn spielte England ebenso wie in der Schifffahrt eine führende Rolle, was die Verbreitung und
Finanzierung der neuen Technologie anging.
Durch die Erfindung der Kühltechnik konnten Fleisch, Molkereiprodukte und Früchte auf dem
Bahn- oder Seeweg über weite Strecken transportiert werden. 1870 wurden auf den amerikanischen
Schienenstrecken Kühlwaggons eingeführt. 1879 kamen in England die ersten Schiffsladungen mit
Gefrierfleisch aus Australien und 1882 dann auch aus Neuseeland an. 1882 wurde in Buenos Aires die
erste industrielle Gefrieranlage für die Verschiffung von Fleisch nach England errichtet.
112
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Tabelle 2.26a Bruttonominalwert des im Ausland investierten Kapitals im Jahr 1914
(in Mio. Dollar zu jeweiligen Wechselkursen)
Vereinigtes Königreich
Frankreich
Deutschland
Sonstige
Vereinigte Staaten
Insgesamt
Quelle:
Europa
Große Einwanderungsländer
Lateinamerika
Asien
Afrika
1 129
5 250
2 979
3 377
709
13 444
8 254
386
1 000
632
900
11 173
3 682
1 158
905
996
1 649
8 390
2 873
830
238
1 913
246
6 100
2 373
1 023
476
779
13
4 664
Insgesamt
18 311
8 647
5 598
7 700
3 514
43 770
Maddison (1995a), S. 63. „Sonstige“ bezieht sich auf Belgien, die Niederlande, Portugal, Russland, Schweden, die Schweiz und Japan.
Tabelle 2.26b Bruttonominalwert des im Ausland investierten Kapitals im Jahr 1938
(in Mio. Dollar zu jeweiligen Wechselkursen)
Vereinigtes Königreich
Frankreich
Deutschland
Niederlande
Sonstigeb
Vereinigte Staaten
Japan
Insgesamt
a)
b)
Europa
Große Einwanderungsländer
Lateinamerika
Asien
Afrika
Insgesamt a
1 139
1 035
274
1 643
1 803
2 386
53
8 331
6 562
582
130
1 016
1 143
4 454
48
13 935
3 888
292
132
145
820
3 496
1
8 774
3 169
906
140
1 998
101
997
1 128
8 439
1 848
1 044
–
16
646
158
–
3 712
17 335
3 859
676
4 818
4 579
11 491
1 230
43 988
Beinhaltet nicht nach Regionen aufgeschlüsselte Investitionen, wovon 729 auf das Vereinigte Königreich entfallen.
Umfasst 19 europäische Länder.
Quelle:
Vereinigtes Königreich: vgl. Bank of England, United Kingdom Overseas Investments 1938 to 1948, London, 1950, S. 14; alle anderen
Länder: vgl. C. Lewis, The United States and Foreign Investment Problems, Brookings, Washington, 1948, S. 292 und 294.
Tabelle 2.27 Bruttonominalwert des in neun wichtigen Empfängerländern
investierten Auslandskapitals, 1913
Insgesamt
(in Mio. $ zu jeweiligen Wechselkursen)
Pro Kopf
(in $)
China
Indien
Indonesien
1 600
2 100
600
3.7
6.9
12.0
Argentinien
Brasilien
Mexiko
3 136
1 932
1 700
409.8
81.7
113.6
Australien
Kanada
Südafrika
1 800
3 850
1 650
373.4
490.3
268.2
Quelle:
Bestand an Auslandskapital (Portfolio- und Direktinvestitionen) vgl. Maddison (1989), S. 45. Bevölkerung vgl. Anhang A.
113
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
England richtete 1840 eine moderne Postverwaltung mit einem einheitlichen Gebührensystem für
die gesamte Brief- und Paketpost im Vereinigten Königreich ein und nutzte die neuen Möglichkeiten
der Eisenbahn dazu, die Postzustellung gegenüber dem Transport per Postkutsche zu beschleunigen.
Die Einführung des Telegrafen in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts hat die Kommunikation
im Unternehmens- und Staatssektor jedoch noch sehr viel tiefgreifender verändert. 1870 stand das
Vereinigte Königreich mit Indien und Nordamerika bereits ständig in direktem Kontakt. Diese Innovation hat die Integration der internationalen Finanzmärkte wesentlich vorangetrieben, da hierdurch
Informationen nahezu augenblicklich verfügbar waren. 1913 wurde die Rolle des Telegrafen noch
durch die Erfindung des Telefons und die ersten Entwicklungen im Bereich des Funkverkehrs verstärkt.
Die Innovationen im Kommunikationswesen leisteten einen wichtigen Beitrag zur Verbindung
der nationalen Kapitalmärkte untereinander und erleichterten den internationalen Kapitalverkehr. Das
Vereinigte Königreich nahm dank der Solidität seines öffentlichen Kredit- und seines Währungssystems, der Größe seines Kapitalmarkts und seiner Staatsverschuldung sowie des Festhaltens an dem
1821 zur Stabilisierung seiner Währung eingeführten Goldstandard bereits einen wichtigen Platz in der
internationalen Finanzwelt ein. Mit dem Empire war ein System der Eigentumsrechte geschaffen
worden, das als ebenso sicher galt wie die Schutzrechte, von denen die Anleger in britische Wertpapiere profitierten. Das Vereinigte Königreich war ein wohlhabendes Land, das sich der damals
modernsten Technologien bediente, so dass ausländische Kapitalanlagen selbst dann attraktiv waren,
wenn die zusätzliche Gewinnspanne nur gering war.
Nach 1870 kam es zu einem massiven Abfluss britischen Kapitals nach Übersee. Etwa die Hälfte
der englischen Ersparnis wurde im Ausland investiert. Auch die französischen, deutschen und
holländischen Investitionen erreichten ein erhebliches Ausmaß. 1913 beliefen sich die britischen
Vermögenswerte im Ausland auf das Eineinhalbfache des BIP, und dank der so erzielten Kapitaleinkommen war das Volkseinkommen um über 9% höher als das BIP. Tabelle 2.26a zeigt Herkunftsund Bestimmungsländer dieser ausländischen Kapitalströme im Jahr 1914. Der Kapitalverkehr leistete
einen wesentlichen Beitrag zum Wirtschaftswachstum in Australien, Kanada, Neuseeland, Argentinien, Südbrasilien, Uruguay, Russland und Südafrika. In Asien war der Pro-Kopf-Effekt jedoch nur
gering (vgl. Tabelle 2.27). Bei den Investitionen handelte es sich zum größten Teil um Obligationen,
wovon ein beträchtlicher Teil zur Finanzierung der Eisenbahnen diente.
Von 1870 bis 1913 erhöhte sich das Pro-Kopf-BIP weltweit um 1,3% jährlich (verglichen mit
0,5% in den Jahren 1820-1870 und 0,07% in den Jahren 1700-1820). Diese Beschleunigung war durch
den rascheren technologischen Fortschritt und die Diffusionskräfte bedingt, die durch die vor allem
vom Vereinigten Königreich etablierte liberale Wirtschaftsordnung freigesetzt wurden. Es handelte
sich zwar nicht um einen Prozess der weltweiten Angleichung (vgl. Tabelle 3 über die Ausweitung des
interregionalen Einkommensgefälles), doch wurden gleichwohl in allen Erdteilen erhebliche Einkommenszuwächse verzeichnet. Im Jahr 1913 war das Einkommensniveau in Australien und in den Vereinigten Staaten höher als im Vereinigten Königreich. In den meisten west- und osteuropäischen
Ländern, in Irland, in allen großen Einwanderungsländern, in Lateinamerika und Japan übertraf das
Wachstum das des Vereinigten Königreichs. In Indien, den übrigen asiatischen Ländern (ausgenommen China) und in Afrika waren die Steigerungsraten sehr viel bescheidener. Dennoch weitete
sich das Pro-Kopf-Einkommen zwischen 1870 und 1913 um über ein Viertel aus.
Im Weltdurchschnitt wie auch in fast allen Ländern expandierte der Handel in den Jahren 1870
bis 1913 rascher als das Einkommen (vgl. Tabelle 3.2a und F.4).
In all diesen Bereichen hatte sich die Situation gegenüber dem 18. Jahrhundert, als der Sklavenhandel von seinem Ausmaß her die Wanderungsbewegungen übertraf, die Kapitalflüsse und der
Technologietransfer nur begrenzt ins Gewicht fielen und eine Handelspolitik nach den Gesichtspunkten der Beggar-your-Neighbour-Politik betrieben wurde, ganz erheblich verbessert.
114
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Keynes (1920, S. 7) zeichnet ein anschauliches Bild vom Lebensstil der Patrizier und von den
Möglichkeiten, über die in England Menschen seines Milieus gegen Ende der liberalen Ära verfügten:
„Der Bewohner Londons konnte, seinen Morgentee im Bette trinkend, durch den Fernsprecher
die verschiedenen Erzeugnisse der ganzen Erde in jeder beliebigen Menge bestellen und mit gutem
Grund erwarten, dass man sie alsbald an seiner Tür ablieferte. Er konnte im selben Augenblick und auf
demselben Wege seinen Reichtum in den natürlichen Hilfsquellen und neuen Unternehmungen jeder
Weltgegend anlegen ... Er konnte nach Wunsch sofort billige und bequeme Verkehrsgelegenheiten
nach jedem Lande oder Klima ohne Pässe und andere Förmlichkeiten bekommen, seinen Dienstboten
zu einer benachbarten Bankstelle nach so viel Edelmetall schicken, wie er brauchte, und dann nach
fremden Gegenden reisen, ohne ihre Religion, ihre Sprache oder ihre Sitten zu kennen, nur mit seinem
gemünzten Reichtum in der Tasche, und sich bei dem geringsten Hindernis schwer beleidigt und
höchlich überrascht dünken. Aber – und das ist wichtiger als alles – er betrachtete diesen Zustand der
Dinge auch als normal, sicher und dauernd ...“
Kriege, Weltwirtschaftskrise und Zerfall des Empire, 1913-1950
Nun folgten schwierige, düstere Jahre, stark geprägt durch die Schockwirkungen zweier Weltkriege und die Wirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit36. Die liberale Wirtschaftsordnung war in ihren
Grundfesten erschüttert. Im Verhältnis zum weltweiten Einkommen hatte der Welthandel 1950 im
Vergleich zu 1913 stark an Volumen eingebüßt. Die internationalen Wanderungsbewegungen machten
nur noch einen Bruchteil von dem aus, was sie im 19. Jahrhundert gewesen waren. Ein Großteil der
ausländischen Vermögenswerte der westeuropäischen Länder war verkauft, beschlagnahmt oder
zerstört. Die Kolonialreiche waren dahingeschwunden oder in einem fortgeschrittenen Stadium der
Auflösung begriffen.
Trotz dieser verheerenden Erschütterungen und der tiefgreifenden Neuorientierungen der
Wirtschaftspolitik und ihrer Instrumente waren die Auswirkungen auf das Weltwirtschaftswachstum
weniger stark, als eigentlich zu erwarten gewesen wäre, da die technologische Entwicklung im
20. Jahrhundert sehr viel rascher voranschritt als im 19. Jahrhundert.
Die Entwicklung des Automobils setzte die vorangegangene Revolution im Verkehrswesen fort.
Die Zahl der Passagierfahrzeuge in Westeuropa erhöhte sich zwischen 1913 und 1950 von etwa
300 000 auf nahezu 6 Millionen und in den Vereinigten Staaten von 1,1 Millionen auf 40 Millionen
(vgl. Maddison, 1995a, S. 72). Parallel dazu wurde der Güterverkehr auf die Straße verlagert, und in
der Landwirtschaft war der Ersatz von Pferden durch Traktoren von großer Tragweite. Die Luftfahrt
war vor 1950 vor allem für die Kriegsführung von Bedeutung, doch war schon damals klar, dass die
dadurch möglich werdende Verringerung der Entfernungen wichtige wirtschaftliche Folgen haben
würde.
Die Nutzung der Elektrizität zur Wärme-, Licht- und Stromerzeugung hatte ebenfalls massive
Auswirkungen in allen Bereichen. „Die Elektrizität befreite Maschinen und Werkzeuge von ihrer
Ortsgebundenheit; Strom war überall verfügbar und für jedermann erreichbar“ (Landes, 1966, S. 509).
So entstand eine neue Form von Fabriken, wo Automobile und eine Vielzahl von neuen Haushaltsgeräten – Nähmaschinen, Kühlschränke, Waschmaschinen, Staubsauger, Radios und Fotoapparate –
montiert und in Massenproduktion hergestellt werden konnten. Dank der Elektrizität verbreitete sich
eine äußerst populäre neue Form der Unterhaltung – das Kino.
Bahnbrechende Fortschritte wurden in der Chemie erzielt. Sie ermöglichten die Herstellung von
synthetischen Stoffen, Düngemitteln und Medikamenten, was mit tiefgreifenden Folgen für das
wirtschaftliche Potential und das Gebiet der Medizin verbunden war.
115
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Die führende Rolle bei der Entwicklung der Technologien des 20. Jahrhunderts spielten die
Vereinigten Staaten, die im Hinblick auf Produktivität und Pro-Kopf-Einkommen weltweit die erste
Stelle eingenommen hatten. Die Triebkräfte der Innovation hatten sich seit dem 19. Jahrhundert
verändert: Der Einzelerfinder trat in den Hintergrund, und das Schwergewicht lag stattdessen auf der
angewandten Forschung, in der die Vereinigten Staaten die Pionierrolle spielten. Die Innovation
wurde auf eine Art und Weise institutionalisiert, wie dies im Vereinigten Königreich nie geschehen
war. 1913 gab es im amerikanischen Verarbeitenden Gewerbe etwa 370 Forschungseinheiten mit
3 500 Beschäftigten. 1946 waren es bereits 2 300 Einheiten mit 118 000 Beschäftigten, und im
amerikanischen Verarbeitenden Gewerbe entfielen vier wissenschaftliche Arbeiter auf je 1 000 Lohnempfänger – das heißt: fünfmal soviel wie im Vereinigten Königreich. In den USA spielte die staatlich
finanzierte Forschung in der Landwirtschaft und im Bergbau eine sehr viel bedeutendere Rolle als im
Vereinigten Königreich, und die Verbindungen zwischen Unternehmen und Hochschulen waren enger
(vgl. Mowery und Rosenberg, 1989).
Die Vereinigten Staaten entwickelten neue Formen der professionellen Unternehmensführung,
bei denen große Unternehmen eine strategische Rolle bei der Standardisierung und Erweiterung der
Märkte spielten. Aus zahlreichen unterschiedlichen Betriebseinheiten bestehende Firmen koordinierten Werbung, Verpackung, Transport, Absatz und Vermarktung. Sie investierten massiv in eine
Vielzahl neuer Industriezweige, wodurch sie die Risiken streuten und die Produktivität erhöhten.
Es ist nicht einfach, das Tempo des technischen Fortschritts oder seine Beschleunigung insgesamt abzuschätzen; einen Annäherungswert liefert jedoch die Zuwachsrate der gesamten Faktorproduktivität (Reaktion der Produktion auf die kombinierten Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital)
des führenden Landes mit dem höchsten Produktivitätsniveau. 1913 waren es die Vereinigten Staaten
und nicht mehr Großbritannien, die die modernsten Techniken zum Einsatz brachten. Zwischen 1913
und 1950 wuchs die gesamte Faktorproduktivität in den Vereinigten Staaten um 1,6% jährlich, also
viermal so rasch wie in den USA oder im Vereinigten Königreich in den Jahren 1870-1913. Dies
war die erste Etappe eines Technologiebooms, der die nächsten 60 Jahre hindurch andauern sollte.
Auch im Vereinigten Königreich hat sich das gesamte Faktorproduktivitätswachstum von 1913 bis
1950 beschleunigt, allerdings nicht so stark wie in den Vereinigten Staaten (vgl. Maddison 1995a,
S. 40-50 und S. 252-255). In den meisten westeuropäischen Ländern kam es gleichzeitig auch zu
einem rascheren Wachstum der Arbeitsproduktivität (vgl. Anhang E, Tabelle E.8).
Die Bedeutung dieser Beschleunigung für das Wachstumspotential wurde verschleiert durch das
Verhalten der Vereinigten Staaten in der Zwischenkriegszeit wie auch durch das Wesen der amerikanischen Wirtschaftspolitik. In den dreißiger Jahren hatten die tiefe wirtschaftliche Depression in Amerika, die durch die Erhöhung seiner Zolltarife und den Rückzug der USA aus Auslandsinvestitionen
noch verstärkt wurde, starke deflationäre Impulse für die Weltwirtschaft zur Folge. In Europa wurde
das Wachstumspotential durch die beiden Weltkriege, in denen massive Ressourcen zum Zweck der
wechselseitigen Zerstörung der Krieg führenden Länder eingesetzt wurden, im Keim erstickt.
Die Verluste der britischen Truppen beliefen sich im Ersten Weltkrieg auf 750 000 Soldaten und
7,8 Mio. Tonnen an Schiffsmaterial (vor allem durch U-Boot-Angriffe). Proportional gesehen waren
diese Verluste jedoch weit geringer als die Frankreichs, Deutschlands und Russlands. Der Nominalwert des britischen Auslandsvermögens war bei Kriegsende mehr oder minder unverändert gegenüber
1914, während das deutsche Vermögen in Form von Reparationszahlungen konfisziert wurde und
zwei Drittel der französischen Vermögensbestände durch die Inflation und die Zahlungsunfähigkeit
Russlands verloren gingen. Großbritannien vergrößerte seine überseeischen Besitzungen durch
Akquisition der ehemaligen deutschen Kolonien in Tanganjika und Namibia und durch Übernahme
der ehemaligen türkischen Besitzungen im Nahen Osten (Irak, Jordanien und Palästina); jedoch wurde
ein großer Teil Irlands zu einer unabhängigen Republik.
116
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
In den zwanziger Jahren wurde das britische Wirtschaftswachstum durch eine stark deflationäre
Wirtschaftspolitik gebremst, durch die die Löhne gesenkt und das überbewertete Pfund Sterling auf
seiner Vorkriegsparität gehalten werden sollte. Zweck dieser Maßnahmen war es, London wieder zu
dem internationalen Finanzzentrum zu machen, das es vor dem Krieg gewesen war, und die Interessen
der Anleger zu verteidigen, die auf Pfund Sterling lautende Papiere besaßen. Das führte zu hoher
Arbeitslosigkeit und Wettbewerbsverlusten auf den Exportmärkten. In den zwanziger Jahren schnitt
Großbritannien im Hinblick auf BIP und Exportwachstum unter allen westeuropäischen Ländern am
schlechtesten ab.
Die Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre hatte eine Abwertung des Pfund Sterling, drastische
Zinssenkungen, die Abkehr vom Freihandel und die Schaffung eines Netzwerks von Präferenzzöllen
innerhalb des britischen Empire zur Folge. Mit diesen Maßnahmen konnten die Auswirkungen der
Weltwirtschaftskrise auf die englische Wirtschaft gedämpft werden. Die Wohnungsbauinvestitionen,
die in den zwanziger Jahren durch die hohen Zinssätze gebremst worden waren, reagierten positiv auf
die Zinssatzsenkung. Ein völliger Zusammenbruch des Bankensystems, wie in den Vereinigten
Staaten, Deutschland und Österreich, fand in England in dieser Form nicht statt. Die Exporte in das
britische Empire wurden durch die Pfundabwertung und das System der Zollpräferenzen gestützt.
Infolgedessen nahmen die Konsequenzen der Weltwirtschaftskrise im Vereinigten Königreich eine
mildere Form an als in allen anderen westeuropäischen Ländern (mit Ausnahme Dänemarks).
Im Zweiten Weltkrieg war England wesentlich näher daran, den Krieg zu verlieren als im Ersten,
da Deutschland in seinem Blitzkrieg den gesamten westeuropäischen Raum in seine Gewalt gebracht
hatte. Dass der Krieg letztlich doch mit einem Sieg endete, war der sehr intensiven Ressourcenmobilisierung im Inland, der Veräußerung ausländischer Vermögenswerte, der finanziellen, materiellen und militärischen Hilfe der USA, Kanadas, Indiens und Australasiens sowie dem russischen
Widerstand gegen die deutsche Armee an der Ostfront zu verdanken.
Der Krieg hat die ökonomischen Grundlagen des Empire verändert. Japan eroberte rasch die
britischen Kolonien in Ostasien, die nicht angemessen verteidigt werden konnten. Angesichts der
Stärke der nationalistischen Bewegung war es politisch nicht länger möglich, die Militärausgaben in
Indien aus lokalen Steuern zu bestreiten; fortan mussten sie vielmehr durch Kreditaufnahme finanziert
werden. Indien war dadurch in der Lage, 1,2 Mrd. $ seiner Vorkriegsschulden zu begleichen und ein
Sterling-Guthaben im Wert von über 5 Mrd. $ zu erwerben. Die Kosten für die Erhaltung des Empire
überwogen nunmehr ganz erheblich den Nutzen, und die Beschleunigung des technischen Fortschritts
erhöhte die Attraktivität von Inlandsinvestitionen.
Großbritannien zog sich 1947 aus Indien und 1948 aus Sri Lanka und Birma zurück. Der
Rückzug aus den afrikanischen Kolonien folgte wenige Jahre später, nachdem die Vereinigten Staaten
1956 den Rückzug der britischen Streitkräfte aus Ägypten gefordert hatten. Damit war die britische
Kolonialherrschaft, ebenso wie die Belgiens, Frankreichs, der Niederlande und Japans, zu Ende. Im
Westen hatten die Vereinigten Staaten die Vormachtstellung erlangt und wetteiferten mit dem
Ostblock unter sowjetischer Führung um den Einfluss in den neuen unabhängigen afrikanischen und
asiatischen Staaten. Der wirtschafts- und handelspolitische Kurs der Vereinigten Staaten gegenüber
dem Ausland unterschied sich stark von dem der Vorkriegszeit. Die USA unternahmen beträchtliche
Anstrengungen zur Technologieverbreitung, zur Förderung von Kapitalabflüssen und zur Liberalisierung des Welthandels. Diese Neuorientierung zeigte sich bereits 1948 in der Marshallplan-Hilfe für
den Wiederaufbau in Europa.
117
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
X
Die Auswirkungen der britischen Expansion in den amerikanischen,
afrikanischen und asiatischen Staaten
Als größter Inselstaat Europas hat sich Großbritannien von jeher stark in Übersee engagiert. Bis
zum 11. Jahrhundert war Großbritannien Zielscheibe für Eroberungen und Invasionen barbarischer
Völker. Unter der Herrschaft des normannischen Königshauses und des Hauses Plantagenet unternahm
England zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert mehrfach den Versuch, Territorien in Frankreich zu
erobern.
In der Folgezeit war England in zahlreiche Kriege in Europa, vor allem mit Spanien, Frankreich
und den Niederlanden, verwickelt, die der Verfolgung wirtschaftlicher oder diplomatischer Ziele
dienten. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die Idee möglicher Eroberungen in Kontinentaleuropa fallen
gelassen. England entwickelte zwar auch Handelsbeziehungen im baltischen Raum und im Mittelmeer, doch konzentrierten sich seine Ambitionen auf Amerika und Asien. In Afrika galt sein einziges
wirkliches Interesse bis zum 19. Jahrhundert dem Sklavenhandel.
Die wichtigsten Aktivitäten Englands außerhalb Europas bestanden im 16. Jahrhundert vorwiegend in Freibeuterei bzw. Erkundungsreisen, auf denen die Möglichkeiten für die Entwicklung eines
Kolonialreichs erforscht werden sollten. Das kühnste Unterfangen war in diesem Zusammenhang die
Unterstützung der Expedition von Francis Drake von 1577 bis 1580 durch das englische Königshaus.
Drake segelte mit fünf Schiffen und 116 Mann durch die Magellanstraße, kaperte und plünderte vor
der chilenischen und peruanischen Küste mit Schätzen beladene spanische Schiffe und knüpfte auf
dem Rückweg nützliche Kontakte auf den Gewürzinseln des Molukken-Archipels, auf Java, dem Kap
der Guten Hoffnung und in Guinea an.
Die Freibeuterei und die Unterstützung der niederländischen Republik durch England führten
1585 zum Krieg mit Spanien, der zwanzig Jahre dauern sollte. Zu diesem Zeitpunkt waren Englands
Stärke auf den Meeren und seine seefahrerischen Kenntnisse bereits genügend entwickelt, um die
spanische Armada zu schlagen – eine aus 130 Schiffen bestehende Kriegsflotte, die von Cadiz aus
mit einer Flotte kleinerer Kriegsschiffe in den spanischen Niederlanden zusammentreffen sollte. Der
britische Sieg bei Gravelines verhinderte jedoch dieses Zusammentreffen und zwang die spanische
Flotte, über die Nordwestküste von Schottland den Rückweg anzutreten. Spanien verlor mehr als die
Hälfte seiner Flotte, und es war somit klar, dass Großbritannien nun über hinreichende Macht zur See
verfügte, um sich an größere Unternehmungen in Amerika und Asien zu wagen.
Angesichts der großen Vielfalt der überseeischen Unternehmungen und der Tatsache, dass sie
einen größeren Umfang erreichten als die aller anderen europäischen Mächte, kann hier naturgemäß
nur ein selektiver Überblick gegeben werden, der wie folgt in vier Themenkreise untergliedert ist:
a)
Entwicklung der Zuckerrohrkolonien in der Karibik und Beteiligung an dem damit verbundenen
Handel mit Sklaven aus Afrika ab 1620;
b)
zwischen 1607 und 1713 Besiedlung der 13 nordamerikanischen Kolonien, aus denen dann 1776
die Vereinigten Staaten wurden;
c)
Gründung einer ostindischen Handelskompanie im Jahr 1600 und Vereinnahmung Indiens als
Teil des britischen Empire ab 1757;
d)
China wird zum Handel mit England gezwungen; Begründung eines Systems des Freihandelsimperialismus und Einrichtung von Vertragshäfen.
118
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
a) Die Karibik und der Sklavenhandel
Die Karibischen Inseln waren die ersten spanischen Besitzungen in Amerika. Die Arawaks, d.h.
die Eingeborenen von Hispaniola (Haiti und Dominikanische Republik), waren durch Krankheiten
bald ausgerottet und die Kariben auf den Antillen wurden ebenfalls stark dezimiert. Nachdem aber um
die Mitte des 16. Jahrhunderts die Silberminen erstmals in großem Maßstab ausgebeutet wurden,
verlagerten sich die spanischen Interessen auf Peru und Mexiko. England eroberte 1627 die unbewohnte Insel Barbados und legte Tabakplantagen an, die zunächst von weißen Siedlern bewirtschaftet
wurden, die sich für einen festen Zeitraum als Arbeitskräfte verpflichten mussten, um so die Kosten
ihrer Überfahrt abzuarbeiten, die sie nicht selbst hatten finanzieren können (indentured workers). Von
holländischen Seefahrern, die mit brasilianischem Zucker handelten, stammte die Idee, zur Arbeit auf
den karibischen Zuckerrohrplantagen Sklaven einzusetzen. Nach ihrer Vertreibung aus Brasilien legten holländische Unternehmer Zuckerrohrplantagen auf Barbados an. Da genügend Wasser auf der
Insel vorhanden war und die günstigen Windverhältnisse eine rasche Überfahrt nach Europa ermöglichten, war Barbados die größte englische Zuckerrohrkolonie, bevor sich die Briten 1655 des zuvor in
spanischem Besitz befindlichen Jamaikas bemächtigten. Ebenfalls mit Hilfe der Holländer wurden von
den Franzosen Zuckerrohrplantagen auf Martinique und Guadeloupe angelegt, zu denen später noch
weit größere Anbaugebiete auf Saint Domingue (Haiti) hinzukamen. Die Niederländer wurden aus den
englischen und französischen Kolonien vertrieben und bauten in bescheidenerem Umfang eine
Zuckerindustrie in Suriname auf. 1763 dehnte England seine Herrschaft auf einige zuvor in französischem Besitz befindliche Inseln aus (St. Vincent, Grenada, Dominica und Tobago), und 1727 vertrieb
es die Spanier aus Trinidad.
Mit Hawkins stieg 1562 auch England erstmals in den Sklavenhandel ein. Die englische Teilnahme an diesem Handel erreichte im 17. und 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt, wo England zum
größten Betreiber von Sklavenschiffen wurde und insgesamt 2,5 Millionen Afrikaner nach Amerika
transportierte (vgl. Tabelle 2.5). Seinen größten Umfang erreichte der Sklavenhandel auf den Antillen.
Im 17. Jahrhundert nahmen die Engländer Sierra Leone und die nördliche Küste von Guinea als Nachschubgebiete für sich in Anspruch, während die Franzosen ihre Sklaven vorwiegend aus der Region
Senegal-Gambia bezogen und die Holländer sich auf die Goldküste konzentrierten. Die Portugiesen
holten sich die Sklaven für den Handel zwischen Afrika und Brasilien weiter südlich in Angola. Die
Royal Africa Company hatte von 1672 bis 1698 das Monopol für den britischen Sklavenhandel inne;
im 18. Jahrhundert wurde dieser Handel dann jedoch zumeist von „Einzelunternehmern betrieben, die
eine oder mehrere Sklavenfahrten durchführten“ (vgl. Klein, 1999, S. 80). Außer von europäischen
Händlern wurde der Sklavenhandel auch von Kaufleuten aus Neuengland, Virginia, den Westindischen Inseln und Brasilien finanziell unterstützt. Die Sklavenhändler finanzierten ihre Sklavenkäufe meist mit Handelsgütern (ostindische Stoffe, Alkohol, Tabak, Stabeisen, Waffen, Schmuck oder
Kaurimuscheln von den Malediven, die in Afrika als Zahlungsmittel dienten). „In der großen Mehrheit
aller Fälle befanden sich die Sklaven vor ihrem Verkauf an die Schiffskapitäne im Gewahrsam afrikanischer Sklavenhändler: Diese Sklavenfänger kamen in einem relativ stetigen und berechenbaren
Strom zu den bekannten Umschlagplätzen an der Küste oder den Flussmündungen. Die europäischen
Händler hielten sich meist einige Monate an der Küste auf oder zogen flussaufwärts, um die Sklaven
in kleinen Gruppen in Empfang zu nehmen“ (Klein, 1999, S. 90-91).
Bei den afrikanischen Sklaven handelte es sich zu einem Großteil um Gefangene aus Stammesfehden, eine Form des Tributs, der von unterworfenen Stämmen entrichtet wurde, bzw. um verurteilte
Verbrecher. Darüber hinaus wurden in Afrika aber auch groß angelegte Sklavenjagden veranstaltet
bzw. Sklaven einzeln entführt. Klein (1999, S. 129) schätzt, dass von den 18 Millionen afrikanischen
Sklaven, die von 1500 bis 1900 verschleppt wurden, „11 Millionen der atlantischen Wirtschaft zugeführt wurden. Die anderen wurden über den Indischen Ozean oder über die Sahara auf Sklavenmärkte
im Orient gebracht“.
119
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 2.28 Bevölkerung der britischen Kolonien und ehemaligen britischen Besitzungen
in Amerika, 1750 and 1830
(in Tausend)
1750
1830
A. 19 karibische Sklaven- und Zuckerinseln
Insgesamt
1625 St. Kitts
1627 Barbados
1632 Antigua
1655 Jamaika
1763 Grenada
1797 Trinidad
1803 Britisch-Guayana
12 sonstige Inseln
Insgesamt (19)
21.8
63.4
31.1
127.9
12.0
0.3
8.0
66.0
371.2
Sklaven in %
Insgesamt
88.3
78.9
89.3
90.1
87.3
42.4
91.0
79.4
85.3
23.4
102.2
37.0
378.1
28.4
42.1
100.6
132.1
843.7
Sklaven in %
81.6
80.3
80.0
84.4
84.1
54.1
88.1
75.6
81.2
B. 13 nordamerikanische Kolonien und USA
Insgesamt
1679 New Hampshire
1620 Massachusetts
1635 Connecticut
1644 Rhode Island
1664 New York
1664 New Jersey
1681 Pennsylvania
1704 Delaware
1632 Maryland
1607 Virginia
1662 Nordkarolina
1662 Südkarolina
1713 Georgia
13 Bundesstaaten insgesamt
Sonstige Bundesstaaten
Insgesamt
27.5
188.0
111.3
33.2
76.7
71.4
119.7
28.7
141.1
231.0
73.0
64.0
5.2
1 170.8
Schwarze in %
Insgesamt
2.0
2.2
2.7
10.1
14.4
7.5
2.4
5.2
30.8
43.9
27.1
60.4
19.2
20.2
269
610
298
97
1 919
321
1 348
77
447
1 221
738
581
517
8 443
4 458
12 901
Schwarze in %
0.4
1.1
2.7
4.1
2.3
6.5
2.8
24.7
34.9
42.6
35.9
55.6
42.6
19.2
15.7
18.1
C. Kanada
1713 Nova Scotia
1759 Ober- und Unter-Kanada
Sonstige Provinzen
Kanada insgesamt
Quelle:
143
612
83
838
Feld A: Higman (1996), S. 302. Links steht das Jahr, in dem die Kolonie erworben wurde. Feld B: Historical Statistics of the United States
(1975) Teil l, S. 14, S. 24–37 für 1830, Teil 2, S. 1168 für 1750. Links steht das Jahr, in dem die Kolonie erworben wurde, die Gebiete sind
in der Reihenfolge von Norden nach Süden angeführt. Die gesamte schwarze Bevölkerung lag 1830 bei 2,3 Millionen, wovon 2 Millionen
Sklaven waren (15.6% der Gesamtbevölkerung der USA). Feld C: Pebrer (1833), S. 386, die Zahlen beziehen sich auf 1829.
Eine normale Schiffsladung bestand aus 400 bis 500 Sklaven. Klein (1999, S. 139) schätzt die
Sterblichkeitsrate bei der Überfahrt nach Amerika in der Zeit von 1590 bis 1867 auf 12% und
vergleicht dies mit der Sterblichkeitsrate von 10%, wie sie in den Jahren 1787-1800 auf den
Sträflingsschiffen während der noch längeren Überfahrt nach Australien beobachtet wurde.
120
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Die Fahrt der Sklavenschiffe von Europa nach Afrika, nach Westindien und zurück dauerte
durchschnittlich etwa 20 Monate, einschließlich eines Aufenthalts von mehreren Monaten für die
Zusammenstellung einer Schiffsladung in Afrika sowie von zwei Monaten für die Reise nach Westindien. Nach den Angaben für die englischen und französischen Überfahrten dürften die Kosten der
Handelsgüter das Doppelte der Überfahrtskosten, Versicherungsspesen und Soldkosten für die Besatzungsmitglieder ausgemacht haben. Laut Klein (1999, S. 125) machten Ende des 18. Jahrhunderts
europäische Handelsgüter weniger als 5% des Einkommens der westafrikanischen Staaten aus. Seiner
Ansicht nach „dürften die Gewinne aus dem Sklavenhandel nach europäischen Maßstäben nicht
außergewöhnlich hoch gewesen sein. Die durchschnittliche Gewinnrate von 10% galt damals als sehr
guter Ertrag, war aber im Vergleich zu anderen zeitgenössischen Investitionen keineswegs ungewöhnlich“ (S. 98 ff.)“.
Der transatlantische Sklavenhandel hatte starke Auswirkungen auf das afrikanische Bevölkerungswachstum. Zwischen 1700 und 1800 wuchs die Bevölkerung in Afrika von 61 auf 70 Millionen
(vgl. Tabelle B.9a). In der gleichen Zeit wurden von den Sklavenhändlern 6,1 Millionen Sklaven in
die amerikanischen Staaten verschifft. Bei einer Sterblichkeitsrate von 12% während der Überfahrt
bedeutete dies den effektiven Transport von etwa 6,9 Millionen Sklaven. Berücksichtigt man die
„Geburtsausfallraten“, so wäre das afrikanische Bevölkerungswachstum ohne den transatlantischen
Sklavenhandel u.U. dreimal so hoch gewesen.
Ohne die Sklavenexporte in die amerikanischen Staaten wäre das Wirtschaftswachstum in den
karibischen Staaten, Virginia, Maryland, Nord- und Südkarolina wesentlich geringer ausgefallen. Mit
weniger hohen Gewinnüberweisungen aus den Kolonien an das Mutterland und ohne das Einkommen
aus dem Sklavenhandel wäre die englische Wirtschaft langsamer gewachsen, und der Zuckerverbrauch
in Europa wäre weit geringer gewesen. Zudem hätte dies auch negative Auswirkungen auf die
Kolonien in Neuengland gehabt, da deren Wohlstand z.T. den Warenexporten und dem Schiffsverkehr
nach den Westindischen Inseln zu verdanken war.
England schaffte 1807 den Sklavenhandel und 1833 die Sklaverei ab. Die Sklavenbesitzer
erhielten Kompensationszahlungen in Höhe von 20 Millionen Pfund, während die Sklaven selbst leer
ausgingen. Nach dem erfolgreichen Sklavenaufstand in Haiti, der 1804 mit der Unabhängigkeit der
Insel endete, verlor Frankreich seine wichtigste Zuckerrohrkolonie. In Frankreich wurden der Sklavenhandel 1817 und die Sklaverei 1848 abgeschafft.
Die Abschaffung der Sklaverei in Großbritannien war zu einem guten Teil den humanitären
Reformbewegungen zuzuschreiben, denen es gelang, die öffentliche Meinung davon zu überzeugen,
dass diese widerwärtige Form der Ausbeutung ein Ende haben musste. Der Erfolg der Unabhängigkeitsbewegungen in Nordamerika 1783 und in Lateinamerika in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts, der erfolgreiche Sklavenaufstand in Haiti und die fehlgeschlagene Revolte in Jamaika von
1831-1832 zwang die Pflanzer zu der Einsicht, dass ihre Tage gezählt waren und dass es in ihrem
eigenen Interesse war, die Sklaven gegen Entschädigungen freizulassen.
Brasilien führte bis in die fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts weiter Sklaven ein, bis dem
Sklavenhandel durch eine Intervention der britischen Marine ein Ende gesetzt wurde. Brasilien hielt
bis 1888 an der Sklaverei fest. Nachdem Spanien bis 1789 Beschränkungen für Sklavenimporte in
seine Kolonien festgesetzt hatte, liberalisierte es in der Folgezeit den Zugang für alle Sklavenhändler.
Im 19. Jahrhundert unternahm Spanien einen bedeutenden Vorstoß, um die Zuckerproduktion in Kuba
und Puerto Rico zu erhöhen (die einzigen amerikanischen Kolonien, die in Spaniens Besitz blieben,
nachdem die anderen die Unabhängigkeit erhalten hatten). 1873 wurde die Sklaverei in Puerto Rico
und 1880 in Kuba abgeschafft. 1894 lag die Zuckerproduktion in Kuba bei 1,1 Mio. Tonnen, in der
britischen Karibik bei 260 000 Tonnen, in der französischen Karibik bei 79 000 Tonnen, in Puerto
Rico bei 49 000 Tonnen und in Suriname bei 8 000 Tonnen (vgl. Williams, 1970, S. 378).
121
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Als Ersatz für die Arbeitskräfteimporte aus Afrika wurden 1838 erstmals Arbeitsverpflichtete aus
Indien nach Britisch Guayana gebracht. Zwischen diesem Zeitpunkt und 1914 betrug der in den
britischen Karibikstaaten verzeichnete Zustrom von Indern insgesamt 450 000. Zahlreiche Javanesen
wurden nach Suriname verbracht, und Kuba importierte von 1849 bis 1875 150 000 Chinesen unter
ähnlichen Bedingungen. Nach Abschaffung der Sklaverei stiegen jedoch die Kosten der karibischen
Zuckerwirtschaft, wodurch ihre Wettbewerbsposition geschwächt wurde. 1787 entfielen auf die
karibischen Staaten 90% der weltweiten Zuckerproduktion. 1894 betrug dieser Anteil nur noch 22%
(vgl. Tabelle 2.4). Obwohl sich die Produktion in der Karibik mit dem vermehrten Anbau von Kaffee
und Baumwolle stärker diversifizierte, war die Folge doch in erster Linie ein stagnierendes oder
rückläufiges Pro-Kopf-Einkommen. Eisner (1961, S. 119 und 153) zeigt, dass das Pro-KopfRealeinkommen in Jamaika 1930 nur etwa drei Viertel so hoch war wie 1830. Aus Tabelle 2.23 geht
der drastische Rückgang des britischen Handels mit den karibischen Staaten nach 1820 hervor.
b) Die 13 nordamerikanischen Kolonien
Die Situation in Nordamerika war ganz anders als auf den Antillen. In den fünf Kolonien, die
sich am stärksten auf Sklavenarbeit stützten (Maryland, Virginia, Nord- und Südkarolina sowie
Georgia), machten Sklaven 1750 etwa 40% der Bevölkerung aus, im Vergleich zu 85% in den
Kolonien auf den Antillen. Weiße (Arbeitsverpflichtete wie auch andere) stellten einen beträchtlichen
Teil der Erwerbsbevölkerung. Auf den Plantagen wurden vor allem Tabak, Reis und Indigo angebaut.
Diese Kulturen waren weniger arbeitsintensiv als die Zuckerplantagen, und die klimatischen Bedingungen waren gesünder als in der Karibik; entsprechend besser waren mithin auch die Lebenserwartung und die Möglichkeiten einer natürlichen Vermehrung der schwarzen Bevölkerung. Die
Ausweitung der Erwerbsbevölkerung war weniger vom Sklavenhandel abhängig.
In den Kolonien des Nordens, in denen 1750 56% der Kolonialbevölkerung lebten, lag der
Sklavenanteil bei unter 5%. Ein großer Teil der Erwerbsbevölkerung war in der Landwirtschaft
beschäftigt, wo pro Kopf weit mehr Land zur Verfügung stand als im Vereinigten Königreich. Ein
durchschnittlicher landwirtschaftlicher Familienbetrieb in Neuengland, den mittelatlantischen Staaten
und in Pennsylvania umfasste 1807 weit über 40 ha Land (Lebergott, 1984, S. 17). Die meisten
nordamerikanischen Kolonien waren von Protestanten unterschiedlicher Glaubensrichtung gegründet
worden, die sich sehr für Bildung und Erziehung interessierten. So gab es im Norden 8 Universitäten
(Harvard, gegründet 1636; Yale 1701; die Universität Pennsylvania 1740; Princeton 1746; Columbia
1754; Brown 1764; Rutgers 1766; Dartmouth 1769), in den Südstaaten hingegen nur eine (William
and Mary, gegründet 1693) und auf den Antillen keine einzige. Das Bildungsniveau in den nordamerikanischen Kolonien war höher als im Vereinigten Königreich, während das Pro-Kopf-Einkommen in
etwa dem englischen entsprach, aber gleichmäßiger verteilt war.
Die englische Navigationsakte schrieb zwar vor, dass die Kolonien ihre wichtigsten Exporte nach
Europa und ihre Importe aus den europäischen Ländern über England lenken mussten, sie sah andererseits aber auch den begünstigten Zugang zu den Märkten des Empire vor, die für den Export
von Schifffahrtsdienstleistungen und Schiffen besonders bedeutsam waren. An der Schwelle zum
Unabhängigkeitskrieg umfasste die Handelsmarine in den Kolonien über 450 000 Tonnen, die allesamt (ob Küstenschiffe, Westindien-Schoner, Fisch- und Walfangboote oder Schiffe für den Handel
mit England) in den Schiffswerften Neuenglands gebaut wurden, da diese leichten Zugang zu billigem
Bauholz, Pech und Teer hatten (vgl. Tabelle 2.15).
Außerdem wurde im 18. Jahrhundert in den amerikanischen Schiffswerften ein zunehmender
Anteil der britischen Handelsflotte hergestellt. 1774 waren 30% der 1 Mio. Tonnen umfassenden
englischen Handelsflotte in Amerika gebaut worden (vgl. Davis, 1962, S. 66-68).
122
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
In den nordamerikanischen Kolonien lebten große Teile der Bevölkerung in den Städten Boston,
New York und Philadelphia. Es gab eine politisch gebildete Oberschicht, die den Ideen und Idealen
der französischen Aufklärung nahe stand. Der Wunsch dieser Kolonien, mit der Kolonialherrschaft zu
brechen, bekam 1763, nach Ende des siebenjährigen Krieges, durch den Großbritannien der französischen Herrschaft in Kanada ein Ende setzte und Frankreich auf alle territorialen Ansprüche westlich
der 13 Kolonien verzichten musste, neuen Auftrieb. Bis dahin hatte nur die Alternative zwischen
britischer und französischer Oberhoheit bestanden. Nach diesem Zeitpunkt gab es jedoch die Alternative der Unabhängigkeit.
Auffallend war – im Gegensatz zum Nachbarland Mexiko, das bis 1825 unter spanischer Kolonialherrschaft verblieb – die weit größere Dynamik des amerikanischen Wirtschaftswachstums nach
der Unabhängigkeit. Es dürfte daher nützlich sein, die unterschiedlichen institutionellen, gesellschaftlichen und politischen Einflüsse miteinander zu vergleichen, die einerseits von Spanien und andererseits von England ausgingen.
Der Rückstand Mexikos gegenüber den ehemaligen britischen Kolonien in Nordamerika hatte
wahrscheinlich vor allem folgende Ursachen:
a)
Das Mutterland Spanien zog von seiner Kolonie vergleichsweise mehr Ressourcen ab. Erstens
wanderte ein beträchtlicher Teil des Volkseinkommens in die Taschen der Inselspanier, die nicht
in der Kolonie blieben und ihre Ersparnisse in ihr europäisches Heimatland mitnahmen. Und
zweitens musste ein amtlicher Tribut von etwa 2,7% des BIP entrichtet werden (vgl. Maddison,
1995b, S. 316-317).
b)
Die britische Kolonialherrschaft unterwarf den Außenhandel zwar gewissen merkantilistischen
Beschränkungen, doch waren diese bei weitem nicht so einschneidend wie in Neuspanien. Laut
Thomas (1965) könnten die Nettokosten der britischen Handelsrestriktionen in den amerikanischen Kolonien 1770 etwa 42 Cents pro Kopf betragen haben (rd. 0,6% des BIP).
c)
Die Bevölkerung der britischen Kolonien war gebildeter, verfügte über größere intellektuelle
Freiheit und war gesellschaftlich mobiler. Das Schulwesen war weder religiös noch weltanschaulich geprägt, und das Schwergewicht lag auf praktischen Fertigkeiten und der für die
Yankees so typischen findigen Intelligenz, deren Prototyp Benjamin Franklin verkörperte.
1776 gab es in den 13 britischen Kolonien neun Universitäten für 2,5 Millionen Einwohner.
Neuspanien mit seinen 5 Millionen Einwohnern wies lediglich zwei Universitäten auf, nämlich
Mexiko City und Guadalajara, wo der Schwerpunkt auf Theologie und Rechtswissenschaften lag.
Die ganze Kolonialzeit hindurch wurde von der Inquisition eine strenge Zensur ausgeübt, und
jede Art von Andersgläubigkeit wurde unterdrückt.
d)
In Neuspanien wurden die fruchtbarsten Ländereien von den Hazienda-Besitzern mit Beschlag
belegt. In Nordamerika hatte die weiße Bevölkerung sehr viel leichteren Zugang zu Landbesitz,
und in Neuengland war der Familienfarmbetrieb an der Tagesordnung. Sowohl Adam Smith
als auch der Vizekönig von Neuspanien betrachteten den beschränkten Zugang zu Landbesitz
in den spanischen Kolonien als Wachstumshindernis. Rosenzweig (1963) zitiert letzteren
(Revillagigedo) folgendermaßen: „Die mangelhafte Landverteilung stellt ein großes Hindernis
für den Fortschritt der Landwirtschaft und des Handels dar, insbesondere dort, wo die Eigentümer abwesend oder zumindest nachlässig sind. Es gibt hier Untertanen seiner Majestät, die
Hunderte von Hektar Land besitzen – groß genug für ein kleines Königreich –, aber kaum etwas
von Wert produzieren“.
e)
Die gesellschaftliche Spitze in Neuspanien bildete eine privilegierte Oberschicht mit einem
luxuriösen Lebensstil. Die gesellschaftlichen Klassenunterschiede – Erbadel, privilegierte Eliten
aus Vertretern der Kirche und des Militärs, die von Steuerbefreiungen und gesetzlicher Immuni123
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
tät profitierten, hatten zur Folge, dass der Unternehmergeist sehr viel weniger ausgeprägt war als
in den britischen Kolonien. Die Elite in Neuspanien war hauptsächlich auf ihre persönlichen
Vorteile bedacht und wenig geneigt, produktive Investitionen zu tätigen.
f)
Die Regierungsgewalt in Neuspanien war stark zentralisiert, während das britische Nordamerika
aus 13 voneinander unabhängigen Kolonien bestand, deren politische Gewalt aufgespalten war,
so dass der Einzelne über sehr viel mehr Freiraum für die Verfolgung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen verfügte.
g)
Auch das durch die starken Zuwanderungsströme bedingte erhebliche Bevölkerungswachstum
wirkte sich vorteilhaft für Nordamerika aus. Zwischen 1700 und 1820 erhöhte sich die Bevölkerung in Nordamerika um das Zehnfache, in Mexiko hingegen um weniger als die Hälfte. Bei derart rasch expandierenden Märkten war natürlich auch der wirtschaftliche Unternehmungsgeist
sehr viel ausgeprägter.
c) Indien
Die britischen Verbindungen zu Indien reichen bis ins Jahr 1600 zurück, wo eine Monopolhandelsgesellschaft – die Ostindien-Kompanie – gegründet worden war. Eineinhalb Jahrhunderte lang
operierte diese Gesellschaft von ihren Stützpunkten in Kalkutta, Madras und Bombay aus im indischen
Küstenbereich. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden hauptsächlich Textilien und Rohseide aus Indien
und Tee aus China exportiert. Der Kauf indischer Erzeugnisse wurde vor allem durch den Export von
Goldbarren und der Kauf chinesischer Waren durch den Export von Opium und unverarbeiteter
Baumwolle aus Bengalen finanziert (vgl. Tabelle 2.20 sowie die obigen Ausführungen zur Rivalität
zwischen den britischen, holländischen und französischen Handelsgesellschaften).
Bis zum 18. Jahrhundert unterhielten die Briten weitgehend friedliche Beziehungen zu den
Mogulherrschern, deren Autorität und militärische Macht zu groß waren, als dass sie hätten angefochten werden können. Nach dem Tode Aurangzebs im Jahr 1707 zerfiel das Mogulreich. Der Kaiser
spielte nur noch pro forma die Rolle des Herrschers, jedoch waren es die Provinzgouverneure, die als
Nabobs der Nachfolgestaaten de facto die Regentschaft ausübten37.
Angesichts der Größe Indiens, das mehr Einwohner hatte als Europa, sowie in Anbetracht seiner
rassischen, sprachlichen und religiösen Vielfalt ist die Tatsache, dass dieses Reich schließlich zerfiel,
nicht weiter verwunderlich. Auf dem Höhepunkt seiner Macht unter Akbar war im Mogulreich
religiöse Toleranz praktiziert worden. Das war auch einer der Gründe, weshalb es dieser Dynastie
besser als den früheren islamischen Sultanaten von Delhi gelang, ein großes Reich aufzubauen.
Aurangzeb schwor dann jedoch der Politik der religiösen Toleranz ab, zerstörte hinduistische Tempel,
führte wieder die Jizya (eine Kopfsteuer für Nichtmoslems) ein und konfiszierte einige nicht moslemische Fürstentümer, als die Titel der jeweiligen Fürsten erloschen. Nach seinem Tod wurde eine
Reihe von Kriegen um die verbleibenden Teile des Reichs geführt. In Westindien errichteten die
Mahratten einen unabhängigen Hindustaat mit der Hauptstadt Puna. Der Nizam-ul-Mulk, ein hoher
mogulischer Würdenträger, der den Zusammenbruch des Reiches voraussah, ließ sich 1724 zum autonomen Herrscher von Hyderabad ausrufen. 1739 drang der persische Kaiser Nadir Shah in Indien ein,
richtete unter der Bevölkerung von Delhi ein Blutbad an und nahm so viel Beute (darunter auch den
Pfauenthron Shah Jehans und den Diamanten Kohinoor), dass er in Persien drei Jahre lang alle Steuern
erlassen konnte. Er annektierte auch den Pandschab und errichtete ein unabhängiges Königreich in
Lahore. Der Pandschab wurde in der Folge von den Sikhs erobert. In anderen Gebieten, die nur dem
Namen nach zum Mogulreich gehörten, wie Bengalen, Mysore und Oudh, gingen die Macht wie auch
die Einkünfte des Mogulherrschers zurück. Von den ständigen Kriegszügen im Landesinneren wurden
auch die Wirtschaft und der Handel des Landes in Mitleidenschaft gezogen.
124
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Infolge dieser internen politischen und religiösen Konflikte gelang es der Ostindien-Kompanie,
die Herrschaft über Indien zu erlangen. Sie machte sich die kulturellen Unterschiede gekonnt zunutze,
indem sie zeitweilige Allianzen einging und die lokalen Potentaten einen nach dem anderen entmachtete. Ihre Truppen bestanden überwiegend aus Soldaten, die im Land selbst rekrutiert wurden,
durch große Disziplin gekennzeichnet waren und ordnungsgemäß besoldet wurden. 1757 eroberten sie
die Mogulprovinz Bengalen, 1803 die Provinzen Madras und Bombay und 1848 annektierten sie den
Pandschab von den Sikhs. Es gelang ihnen auch, ihre Handelskonkurrenten, d.h. Franzosen und
Holländer, aus Indien zu vertreiben. Erst nach der indischen Rebellion von 1857, als die OstindienKompanie aufgelöst wurde, übernahm die englische Krone die Direktherrschaft über Indien.
Nach ihrem militärischen Sieg bei Plassey 1757 setzte die Ostindien-Kompanie in Bengalen ein
duales System ein, bei dem sie selbst die Herrschaft über das Land innehatte und der Nabob nur eine
Marionettenrolle spielte. Die Kompanie war in erster Linie daran interessiert, ihren eigenen Mitarbeitern zu Reichtum zu verhelfen und ihre Exporte aus den Provinzsteuereinnahmen zu finanzieren,
statt Goldbarren nach Indien zu transportieren. Mit zunehmender Ausdehnung ihres Territorialbesitzes
verlagerte sich die Rolle der Ostindien-Kompanie vom Handel zur staatlichen Verwaltung. 1813
verlor die Gesellschaft ihr Handelsmonopol für Indien, 1833 auch das für China. Die Politik der
Kompanie wurde 1773 der parlamentarischen Kontrolle unterstellt, und an die Stelle des Nabob trat
ein Generalgouverneur (Warren Hastings), dem die direkte Zuständigkeit für die Verwaltung des
Landes, die allerdings mit indischen Beamten besetzt war, übertragen wurde. 1762 wurde Hastings
abgesetzt, und Cornwallis legte dann ab 1785 die Grundlagen für das koloniale Regierungssystem in
Indien.
Führungsposten wurden ausnahmslos mit Briten besetzt, Inder waren von höheren Funktionen
ausgeschlossen. Es wurde ein Beamtenapparat geschaffen, der weit effektiver und kostengünstiger
arbeitete als die Verwaltung unter der Mogulherrschaft. Ab 1806 wurden die Nachwuchskräfte der
Ostindien-Kompanie im Haileybury College bei London ausgebildet. Ab 1833 mussten sich die
Einstellungskandidaten einer Ausleseprüfung unterziehen. Ab 1853 wurden Stellenneubesetzungen
nur noch nach Leistungskriterien vorgenommen. 1829 wurde das Verwaltungssystem weiter verstärkt:
Alle Provinzen Britisch-Indiens wurden in Distrikte unterteilt, die gerade groß genug waren, um
der Kontrolle eines einzelnen britischen Verwaltungsbeamten unterstellt werden zu können, der als
Steuereintreiber, Richter und Polizeichef eine autokratische Machtstellung innehatte.
In der Verwaltung der Ostindien-Kompanie gab es eine ganze Anzahl radikaler Vertreter der
Bentham‘schen Ideen. James Mill, John Stuart Mill und Macaulay hatten einflussreiche Positionen in
der Kompanie inne, und Malthus fungierte als Professor der Volkswirtschaft im Haileybury College.
Bentham selbst wurde bei der Reform der indischen Institutionen konsultiert, und die Utilitaristen
nutzten Indien als Experimentierfeld für Ideen (z.B. Ausleseprüfungen für die Aufnahme in den
öffentlichen Dienst), die sie auch in England gerne verwirklicht gesehen hätten. Als nach der
indischen Meuterei 1857 die britische Regierung die Kolonialherrschaft über Indien übernommen
hatte, wurden diese radikalen, westlich orientierten Konzepte fallen gelassen, und die Politik wurde
insgesamt konservativer. Es wurden keine weiteren Versuche mehr unternommen, die Direktherrschaft
auch auf die Provinzen auszudehnen, die von indischen Fürsten mit Unterstützung englischer Berater
regiert wurden38.
Das britische Kolonialregime stützte sich auf eine bemerkenswert kleine Zahl von Personen.
1805 waren nicht mehr als 31 000 Briten in Indien (davon 22 000 in der Armee und 2 000 in der
Zivilverwaltung). 1931 waren es 168 000 (davon waren 60 000 in der Armee und Polizei, 4 000 in der
Zivilverwaltung und 60 000 in der Privatwirtschaft tätig). Der Anteil der Briten überstieg niemals
0,05% der Gesamtbevölkerung – und stellte damit eine sehr viel dünnere Schicht dar als das Verwaltungspersonal zur Zeit der islamischen Herrschaft.
125
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Kasten 2.1 Sozialstruktur Indiens zur Zeit des Mogulreiches
Prozentualer Anteil
an der Erwerbsbevölkerung
18
Prozentualer Anteil
am Volkseinkommen
nach Steuern
AUSSERHALB DER DORFGEMEINSCHAFT
52
1
Mogulherrscher und Hofstaat
Mansabdare
Jagirdare
Eingeborene Fürsten
Ernannte Zamindare
Erbliche Zamindare
15
17
Kaufleute und Geldverleiher
Traditionelle Berufe
Kleine Händler und Unternehmer
Soldaten und niedere Beamte
Städtische Handwerker und Bauarbeiter
Diener
Straßenkehrer
Latrinenreiniger
37
72
DORFGEMEINSCHAFT
45
Herrschende Kasten
Bauern und ländliche Handwerker
Landarbeiter ohne Landbesitz
Diener
Straßenkehrer
Latrinenreiniger
10
STAMMESGEMEINSCHAFT
Quelle: Maddison (1971), S. 33.
126
3
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Kasten 2.2 Sozialstruktur bei Ende der britischen Herrschaft
Prozentualer Anteil
an der Erwerbsbevölkerung
Prozentualer Anteil am
Volkseinkommen
nach Steuern
18
AUSSERHALB DER DORFGEMEINSCHAFT
44
0.05
Britische Beamte und Militär
Britische Kapitalisten, Plantagenbesitzer,
Händler, Bankiers und Verwalter
5
Eingeborene Fürsten
Große Zamindare und Jagirdare
3
Indische Kapitalisten, Kaufleute
und Verwalter
3
Die neue Klasse von Indern in höheren
Angestellten- und freien Berufen
3
0.95
17
75
Kleine Händler und kleine Unternehmer,
traditionelle Berufe, Angestellte und Arbeiter
im Staatsdienst, Soldaten,
Eisenbahnarbeiter, Industriearbeiter,
städtische Handwerker, Diener,
Straßenkehrer und Latrinenreiniger
DORFGEMEINSCHAFT
30
54
9
Rentiers in den Dörfern, Geldverleiher,
kleine Zamindare, Hauptpächter
20
20
Arbeitende Landbesitzer, geschützte
Pächter
18
29
Vertraglose Pächter, Farmpächter, ländliche
Handwerker und Diener
12
17
Landlose Bauern, Latrinenreiniger
4
7
STAMMESGEMEINSCHAFT
Quelle: Maddison (1971), S. 69.
127
2
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 2.29 Bevölkerung der britischen Besitzungen in Asien, Afrika, Australien
und Europa im Jahr 1830
a)
Bevölkerung
(Tsd.)
Fläche
(Quadratmeilen)
69 710
13 509
6 252
11 000a
100 578
40 000a
220 312
141 924
59 438
91 200
512 874
614 610
Asien
Präsidentschaft Bengalen
Präsidentschaft Fort St. George (Madras)
Präsidentschaft Bombay
Dekkan-Bezirke
Besitzungen der britischen Ostindien-Kompanie insgesamt
„Protektorate“ der britischen Ostindien-Kompanie
Ceylon
Mauritius
Singapur, Malakka, Penang
933
101
107
b) Afrika
Kap der Guten Hoffnung
Sierra Leone
Senegal, Goree und Fernando Po
c)
129
15
10
70b
Australien (weiße Bevölkerung)
d) Europa
Gibraltar
Malta
a)
b)
17
120
Grobe Schätzungen von Pebrer.
1839.
Quelle:
Indien vgl. Pebrer (1833), S. 454 und 465. Die Streitkräfte der britischen Ostindien-Kompanie umfassten 223 461 Mann, darunter 36 606
Europäer. Ceylon und Mauritius vgl. S. 410, Singapur usw. vgl. S. 454. Ceylon wurde 1795 und Malakka 1825 den Niederländern abgenommen; Mauritius 1795 den Franzosen. Die Sklavenbevölkerung betrug in Mauritius 79 000, in Ceylon 20 000. Afrika vgl. S. 418; das
Kap der Guten Hoffnung wurde 1806 den Niederländern abgenommen; 1830 lag die Sklavenbevölkerung bei 36 000. Australien 1839 vgl.
Vamplew (1987), S. 44. Gibraltar und Malta vgl. Pebrer (1833), S. 374.
Tabelle 2.30 Vergleich der makroökonomischen Ergebnisse Indiens und Englands, 1600–1947
1600
1700
1757
1857
1947
520
2 717
618
6 361
227 000
28 187
414 000
49 519
118 040
76 584
255 852
314 969
Pro-Kopf-BIP (int. $ von 1990)
Indien
Vereinigtes Königreich
550
974
550
1 250
540
1 424
Bevölkerung (Tausend)
Indien
Vereinigtes Königreich
135 000
6 170
165 000
8 565
185 000
13 180
BIP (Mio. int. $ von 1990)
Indien
Vereinigtes Königreich
Quelle:
74 250
6 007
90 750
10 709
99 900
18 768
Anhang B und Maddison (1995a).
128
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Die Veränderungen, die die Briten am Verwaltungssystem vornahmen, hatten tiefgreifende sozioökonomische Konsequenzen (vgl. Kästen 2.1 und 2.2, in denen die gesellschaftlichen Strukturen auf
dem Höhepunkt des Mogulreichs und am Ende der britischen Herrschaft einander gegenübergestellt
werden). Die Briten übernahmen vom Mogulreich ein Besteuerungssystem, bei dem die Grundsteuereinnahmen 15% des Volkseinkommens darstellten, während die Grundsteuer am Ende der Kolonialzeit nur noch 1% des Volkseinkommens und die Gesamtsteuerlast 6% ausmachte. Der Löwenanteil
der Gewinne aus den Steuersenkungen und den damit verbundenen Veränderungen der Eigentumsrechte kam den oberen Kasten der Dorfwirtschaft, nämlich den als Grundherren eingesetzten Steuereintreibern (Zamindare) und den dörflichen Geldverleihern zugute. Die verschwenderische Kriegsherren-Aristokratie aus der Mogulzeit wurde abgesetzt und durch eine kleine europäisch geprägte Elite
ersetzt, die einen geringeren Anteil am Volkseinkommen hatte. Bis in die zwanziger Jahre dieses
Jahrhunderts bestand die neue Führungsschicht fast zur Gänze aus Briten mit britischen Konsumgewohnheiten. Dadurch ging die Nachfrage nach den Luxuserzeugnissen des traditionellen indischen
Handwerks stark zurück. Als dann im 19. Jahrhundert britische Baumwollstoffe steuerfrei eingeführt
werden konnten, entstand ein noch erheblich größerer Schaden für den wichtigsten Wirtschaftzweig
Indiens.
Infolge der Veränderungen der gesellschaftlichen Strukturen und der Einführung neuer Regierungs- und Verwaltungsformen setzte sich der Rückgang des Pro-Kopf-Einkommens, der sich zu
Beginn des 18. Jahrhunderts mit dem Zerfall des Mogulreichs angebahnt hatte, im ersten Jahrhundert
der britischen Kolonialherrschaft weiter fort. Von 1857 bis zur Unabhängigkeit im Jahr 1947 stieg das
Pro-Kopf-Einkommen dann wieder langsam an und das Bevölkerungswachstum beschleunigte sich.
Tabelle 2.27 gibt eine grobe Vorstellung von der komparativen Einkommens- und Bevölkerungsentwicklung in Indien und England von 1600 bis zum Ende der Kolonialherrschaft im Jahr 1947.
Tabelle 2.21 vermittelt eine ungefähre Vorstellung von dem Ressourcenentzug, den die Fremdherrschaft des Vereinigten Königreichs für Indien nach sich zog. Von 1868 bis in die dreißiger Jahre
dieses Jahrhunderts wurden dem Land Ressourcen von etwa 0,9-1,3% seines Volkseinkommens entzogen. Dies entsprach einem Transfer von etwa einem Fünftel der indischen Nettoersparnis, die anderenfalls für den Import von Kapitalgütern hätte eingesetzt werden können. Ab Ende des
19. Jahrhunderts wurde dieser Ressourcenentzug von den indischen Nationalisten heftig kritisiert.
Noch schwerwiegender war in ihren Augen die Tatsache, dass 5% des Volkseinkommens auf Konsumausgaben des britischen Personals in Indien entfielen. Der größte Teil davon hätte der indischen
Elite zugute kommen können, wenn der Abzug der Briten aus Indien schon fünfzig Jahre früher erfolgt
wäre – und eine auf Modernisierung bedachte indische Elite hätte wohl durchaus eine für die Entwicklung Indiens günstigere Politik verfolgen können. Wenn allerdings die Briten (bzw. ihre französischen Rivalen) nicht von Mitte des 18. bis Ende des 19. Jahrhunderts in Indien an der Macht gewesen
wären, hätten aus den Ruinen des Mogulreichs wohl kaum eine der Modernisierung verschriebene
Elite noch die notwendigen rechtlichen und institutionellen Strukturen hervorgehen können.
Angesichts der Tatsache, dass meine Schlussfolgerungen über Auswirkungen und Konsequenzen
der britischen Herrschaft umstritten sind, dürfte es sich empfehlen, in den folgenden Abschnitten (die
sich mit der sozioökonomischen Struktur, die die Briten vom Mogulreich übernommen haben, sowie
mit dem britischen Einfluss auf die indische Landwirtschaft und die Industrie befassen) genauer auf
die Gründe einzugehen, die mich zu diesen Schlussfolgerungen bewogen haben.
Die sozioökonomische Struktur des indischen Mogulreichs
Vom 13. Jahrhundert bis zur Machtübernahme durch die Briten stand Indien unter dem Einfluss
einer islamischen Führungsschicht. Die Moguln verfügten über die notwendige militärische Macht,
um aus einer passiven, in Dörfern organisierten Gesellschaft hohe Überschüsse herauszupressen. Die
129
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
herrschende Klasse hatte einen extravaganten Lebensstil und ließ ihre Bedürfnisse durch das städtische
Handwerk decken, das hochwertige Baumwollstoffe, Seiden, Schmuck, kunstvoll verzierte Schwerter
und Waffen anfertigte.
Die Mitglieder der mogulischen Aristokratie waren keine Grundbesitzer, hatten jedoch Anspruch
auf die Steuereinnahmen innerhalb eines bestimmten Gebiets (das als Jagir bezeichnet wurde). Ein
Teil der Einkünfte war für ihren eigenen Lebensunterhalt bestimmt, der übrige Teil wurde bar oder in
Form militärischer Unterstützung an das zentrale Schatzamt entrichtet. Die Adelstitel waren grundsätzlich nicht erblich. Die Praktiken der Moguln leiteten sich von den Traditionen der nomadischen
Völker her, die den Islam in Arabien und im osmanischen Reich eingeführt hatten. Die Adeligen
wurden in regelmäßigen Abständen in einen neuen Jagir versetzt, und ihre Ländereien fielen nach
ihrem Tod wieder an die Krone zurück. Die Folge dieses ausbeuterischen Kriegsherrensystems war
eine beträchtliche Vergeudung von Ressourcen. Es bestand kaum ein Anreiz, den Wert des Landbesitzes zu vermehren. Die mogulischen Amtsträger brauchten ein hohes Einkommen, weil sie für den
Unterhalt zahlreicher Personen aufkommen mussten. Sie standen polygamen Haushalten mit einer
Vielzahl von Sklaven und Dienern vor. Die Militärausgaben waren ebenfalls sehr hoch, da die
wichtigste Funktion der mogulischen Elite in Kriegsdienst und -führung bestand. Der Jagirdar besaß
also ein Interesse daran, die Dorfbevölkerung bis zum Existenzminimum auszubluten, soviel wie
möglich für seinen persönlichen Konsum auszugeben und nach seinem Tod dem Staat Schulden zu
hinterlassen. Es gab auch eine adelige Hindubevölkerung (Zamindare), deren Funktion als Steuereintreiber in der Dorfgemeinschaft erblich war. Die autonomen Staaten innerhalb des Mogulreichs,
wie z.B. Rajputana, wurden weiterhin von Fürsten regiert, die das Steuereinzugsrecht besaßen.
Wenn die Moguln so hohe Steuereinnahmen erzielen konnten, obwohl es keine herrschende
Klasse gab, die den Produktionsprozess direkt überwacht hätte, so war dies der Unterwürfigkeit der
Dorfgesellschaft zu verdanken.
Das Hauptmerkmal der indischen Gesellschaft, das sie von allen anderen unterschied, war das
Kastenwesen. Dieses System trennte die Bevölkerung in verschiedene, völlig voneinander abgegrenzte
gesellschaftliche Gruppen. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Funktionen der einzelnen
Kasten waren genau bestimmt und die Kastenzugehörigkeit erblich bedingt. In alten religiösen
Schriften werden die Hindus in vier Hauptgruppen unterteilt: An der Spitze der gesellschaftlichen
Rangordnung standen die Brahmanen, eine Priesterkaste, deren zeremonielle Reinheit nicht durch
manuelle Arbeit verunreinigt werden durfte; danach kamen die Kshatriyas oder Krieger, an dritter
Stelle standen die Vaishyas oder Händler und an letzter Stelle die Shudras oder Ackerbauern. Noch
weiter unten rangierten die Melechas oder Kastenlosen, die schmutzige oder unreine Tätigkeiten
verrichteten. Angehörige unterschiedlicher Kasten durften weder untereinander heiraten noch gemeinsame Mahlzeiten einnehmen und hielten sich auch im gesellschaftlichen Leben voneinander fern.
Das theoretische Modell der Rigveda ist eine sehr vereinfachte Version der Situation in Indien.
Brahmanen und Unberührbare waren überall ohne weiteres erkennbar. Zwischen den einzelnen Kasten
gab es jedoch sehr komplizierte hierarchische Abstufungen, die oft nicht der Einteilung in Kshatriya,
Vaishya und Shudra entsprachen.
In den Beziehungen zum Staat trat das Dorf im Allgemeinen als Einheit in Erscheinung. Landsteuern wurden in der Regel kollektiv entrichtet, und die interne Aufteilung der Steuerlast blieb dem
Dorfvorsteher bzw. -rechnungsführer überlassen. Die mit dem Staat verbündete Oberschicht profitierte
ebenfalls von dem System der Ausbeutung. In allen Dörfern bestand die unterste Schicht aus den
Unberührbaren, die am äußersten Rand des Existenzminimums dahinvegetierten. Ohne die Kasten
wären Klassenunterschiede in der Dorfgesellschaft wahrscheinlich weniger krass gewesen, und eine
homogenere Bauernschaft hätte sich u.U. nicht so widerstandslos in die hohe Steuer- und Abgabenbelastung gefügt.
130
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Aus wirtschaftlicher Sicht bestand das interessanteste Merkmal des Kastenwesens darin, dass
auch der Berufsstand erblich war. Für Priester oder Barbiere mag die Aussicht, dem gleichen Berufsstand anzugehören wie die Reihe ihrer Vorväter, nicht ganz so trübselig gewesen sein. Für diejenigen
aber, die den Beruf des Latrinenreinigers geerbt hatten, bot dieses System keinerlei Aussicht auf
irgendwelche irdischen Freuden. Dass diese Situation dennoch akzeptiert wurde, war u.a. auch durch
den hinduistischen Glauben an die Wiedergeburt bedingt, der denjenigen, die die ihnen auf dieser Welt
zugewiesene Aufgabe loyal erfüllten, die Hoffnung bot, in einer höheren sozialen Kaste wiedergeboren zu werden.
Unterhalb der Dorfgesellschaft lebten etwa 10% der Bevölkerung in einer Vielzahl von
Stammesgemeinschaften. Die Eingeborenenstämme gaben sich in aller Unabhängigkeit einem heidnischen Leben als Jäger oder Waldbewohner hin, völlig losgelöst von der hinduistischen Gesellschaftsordnung und jeglicher Steuerpflicht gegenüber den Moguln.
Der britische Einfluss auf die indische Landwirtschaft
Die Kolonialregierung veränderte die traditionellen Strukturen des Agrarsystems und führte
Eigentumsrechte ein, deren Merkmale an die kapitalistischen Systeme des Westens erinnerten. Mit
Ausnahme der autonomen Fürstentümer wurde die alte Aristokratie der Kriegsherren enteignet. Deren
bis dahin aus den Jagirs erzielten Steuereinkünfte wurden ebenso wie die des Mogulreichs von den
Briten vereinnahmt. Im bengalischen Einflussbereich (d.h. im heutigen Bengalen, in Bihar, Orissa und
einem Teil von Madras) wurde die zweite Schicht des mogulischen Eigentumsrechtssystems, die von
den Steuereintreibern (Zamindare) gebildet wurde, verstärkt. Sie vererbten ihren Titel, sofern sie ihre
Grundsteuern bezahlten, und ihre Steuerschuld wurde auf dem Stand von 1793 eingefroren. In den
Provinzen Madras und Bombay wurde der größte Teil des alten mogulischen und mahrattischen Adels
sowie der Zamindare von den Briten enteignet, und deren Eigentumsrechte wurden an die traditionell
herrschenden Kasten in den Dorfgemeinschaften übertragen. Die den unteren Kasten angehörenden
Bauern wurden deren Pächter.
Nachdem die Eigentumsrechte somit besser geklärt waren, konnten Hypothekaranleihen auf
Grundbesitz aufgenommen werden. Mit der Umstellung von moslemischem auf britisches Recht
verbesserte sich auch der Status der Geldverleiher. Zwar gab es diesen Berufsstand bereits zur Zeit der
Moguln, doch erlangte er unter britischer Herrschaft wesentlich größere Bedeutung, und im Laufe der
Zeit wechselte viel Land auf Grund von Zwangsvollstreckungen seinen Besitzer.
Zwei Faktoren führten dazu, dass das Einkommen der Grundbesitzer nach und nach stieg. Zum
einen wurde mit dem Bevölkerungswachstum Land immer knapper, wodurch sich der Grund- wie
auch der Pachtwert erhöhte. Zum anderen gingen die Grundsteuern zurück, so dass die Einkommen
stiegen und die Ungleichheit innerhalb der Dorfgemeinschaft zunahm. Durch die geringere
Grundsteuerbelastung und die höheren Pachteinnahmen erhöhten sich die Einkommen der Gutsherren,
während das Einkommen der Pächter und Landarbeiter zurückging, da ihre traditionellen Rechte
beschnitten wurden und ihre Verhandlungsposition sich infolge des immer knapper werdenden Angebots verschlechterte. Unter der britischen Herrschaft vergrößerte sich die Klasse der Landarbeiter ohne
eigenen Landbesitz.
Die Kolonialregierung weitete die bewässerte Landfläche um nahezu das Achtfache aus. Im
Endergebnis war mehr als ein Viertel der gesamten Fläche von Britisch-Indien bewässert, gegenüber
nur 5% in der Mogulzeit. Der Ausbau der Bewässerung diente einerseits der Einkommenssteigerung
und andererseits dem Kampf gegen Hungersnöte. Ein Großteil der Bewässerungsarbeiten konzentrierte sich auf das Pandschab und Sindh, um Land für pensionierte indische Armeeangehörige zu
131
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
schaffen, von denen viele aus dem Pandschab stammten, und um in dem von Grenzstreitigkeiten mit
Afghanistan betroffenen Gebiet für eine stärkere Besiedlung zu sorgen. So wurden ehemalige
Wüstengebiete zur größten bewässerten Region der Welt und zu einem wichtigen Weizen- und
Baumwolllieferanten für den Export wie auch für andere Landesteile Indiens.
Die Verbesserung der Verkehrsmittel (insbesondere durch die Eisenbahn, aber auch durch
das Dampfschiff und den Bau des Suezkanals) förderte die Landwirtschaft, indem sie eine gewisse
Spezialisierung bei Handelspflanzen ermöglichte. Dadurch nahmen die Ernteerträge etwas zu, doch
blieb das Land ganz überwiegend auf Subsistenzlandwirtschaft angewiesen. Es wurden Indigo-,
Zucker-, Jute- und Teeplantagen angelegt. Diese Agrarprodukte trugen signifikant zum Exportwachstum bei, spielten aber für die indische Agrarwirtschaft insgesamt keine größere Rolle. 1946 machten
die beiden Hauptexportartikel, Tee und Jute, weniger als 3,5% des Bruttowerts der Ernteerträge aus.
Die Ausweitung der Märkte durch den internationalen Handel war daher in Indien weniger interessant
als in anderen asiatischen Ländern wie Birma, Ceylon, Indonesien oder Thailand.
Auch unter der britischen Herrschaft wurde das indische Volk immer wieder von Hungersnöten
und Seuchen heimgesucht. 1876-1878 und 1899-1900 starben Millionen von Menschen an Hungersnot. In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts grassierte die Beulenpest, und 1919 trat eine große
Grippeepidemie auf. In den zwanziger und dreißiger Jahren gab es keine Hungersnöte, und die
Hungersnot von 1944 in Bengalen war nicht durch Missernten, sondern durch die Kriegszustände und
durch Transportschwierigkeiten bedingt. Die größere Stabilität nach 1920 war jedoch möglicherweise
weniger auf konstantere landwirtschaftliche Erträge als vielmehr auf eine günstige Wende im Wetterzyklus zurückzuführen.
Der britische Einfluss auf die indische Industrie
Während der Mogulherrschaft hatte Indien eine größere Industrie als irgendein anderes der von
den europäischen Kolonialmächten eroberten Länder und war als einziges Land auch schon in vorkolonialer Zeit als Exporteur von Fertiggütern in Erscheinung getreten. Weite Teile dieser Industrie
fielen der britischen Kolonialherrschaft zum Opfer.
Zwischen 1757 und 1857 wurden der Hofstaat des Mogulreichs und drei Viertel der Aristokratie
(ausgenommen in den Fürstentümern) von den Briten abgeschafft. Ebenfalls abgesetzt wurde über die
Hälfte der lokalen Dorfvorsteher (Zamindare). An deren Stelle trat eine Bürokratie mit europäischen
Konsumgewohnheiten. Die neuen Herrscher trugen europäische Kleider und Schuhe, tranken importiertes Bier, Wein und Spirituosen und bedienten sich europäischer Waffen. Ihre Gewohnheiten und
Vorlieben wurden von den männlichen Angehörigen der neuen indischen „Mittelschicht“ imitiert, die
als deren Verwaltungsgehilfen und Vermittler fungierten. Das Ergebnis dieser politischen und gesellschaftlichen Veränderungen war ein Einbruch der Inlandsnachfrage nach Luxusgütern des indischen
Handwerks um nicht weniger als drei Viertel. Das war ein vernichtender Schlag für die Hersteller von
feinen Musselinstoffen, Juwelen und luxuriösen Bekleidungs- und Schuhwaren sowie kunstvoll
verzierten Schwertern und Waffen. Meiner eigenen Einschätzung nach machte der inländische Markt
für diese Waren in der Mogulzeit etwa 5% und der Exportmarkt für Textilien vermutlich weitere 1,5%
des indischen Volkseinkommens aus.
Den zweiten schweren Schlag bildeten nach Ende der napoleonischen Kriege die massiven
Importe billiger englischer Textilwaren. Die Heimspinnerei, die von den Dorfbewohnerinnen als
Nebenerwerbstätigkeit ausgeübt wurde, ging daraufhin stark zurück. Die Nachfrage nach dörflichen
Handwebearbeiten nahm in dem Maße ab, wie fabrikmäßig hergestelltes statt selbst gesponnenes Garn
verarbeitet wurde.
132
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Im Jahr 1851 wurden in Bombay erstmals moderne Baumwollspinnereien errichtet, 20 Jahre
früher als in Japan und 40 Jahre früher als in China. Hergestellt wurden vor allem Rohgarne, die im
Land selbst bzw. nach China oder Japan verkauft wurden. Etwa die Hälfte der Produktion wurde
exportiert. In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts begann Indien unter der japanischen Konkurrenz zu leiden, und ab 1898 gingen praktisch keine Exporte mehr nach Japan. Kurz darauf begann
auch die Erosion des indischen Absatzmarkts in China infolge der dort errichteten japanischen
Fabriken. Ende der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts gingen keine indischen Garnexporte mehr
nach China und Japan, die Stoffexporte waren zurückgegangen, und Indien importierte fortan sowohl
Garne als auch Stoffe aus China und Japan.
Hätten sich die Briten mit Schutzzöllen einverstanden erklärt, so hätte Indien die Textiltechnologie von Lancashire schneller kopieren können. Stattdessen wurden britische Waren zollfrei nach
Indien importiert. In den zwanziger Jahren, als Textilien vor allem aus Japan nach Indien importiert
wurden, änderte sich die britische Politik. Bis 1934 waren die Zolltarife für Baumwollstoffe auf 50%
erhöht worden, mit einer Präferenzspanne für britische Erzeugnisse. Dadurch kam es zu einer erheblichen Substitution von Importen durch einheimische Textilien. Hatten die indischen Manufakturen
1896 lediglich 8% des indischen Stoffverbrauchs gedeckt, so waren es 1913 bereits 20% und 1945
76%. 1945 wurde keine Meterware mehr importiert.
Die moderne Jutefabrikation begann 1854 und breitete sich im Umkreis von Kalkutta rasch aus.
Die Industrie war vor allem im Besitz von Ausländern (vorwiegend Schotten). Zwischen 1879 und
1913 verzehnfachte sich die Zahl der Jutespinnereien und wuchs damit sehr viel rascher als die
Baumwolltextilindustrie. Der größte Teil der Juteproduktion war für den Export bestimmt.
Der vor allem in Bengalen betriebene Kohlebergbau war ein weiterer Industriezweig, der
Bedeutung erlangte. Die Kohleförderung (die im Jahr 1914 15,7 Mio. Tonnen erreichte) deckte
weitgehend den Bedarf der indischen Eisenbahn.
1911 errichtete die Tata Company in Jamshedpur in Bihar das erste indische Stahlwerk. Die
Stahlindustrie in Indien entwickelte sich 15 Jahre später als in China, wo das erste Stahlwerk bereits
1896 in Hangyang errichtet worden war. Das erste japanische Stahlwerk wurde 1898 gebaut. Sowohl
in China als auch in Japan waren die ersten Stahlwerke (wie auch die ersten Textilmanufakturen)
Staatsbetriebe.
Die indischen Industrie-, Versicherungs- und Bankunternehmen erhielten ab 1905 starken Auftrieb durch die Swadeshi-Bewegung, bei der es sich um einen nationalistisch motivierten Boykott von
britischen Waren zu Gunsten indischer Erzeugnisse handelte. Im Ersten Weltkrieg erlangten indische
Firmen auf den heimischen Textil- und Stahlmärkten wieder größeres Gewicht, da die britischen
Importe ausblieben. Nach dem Krieg begann die Regierung, unter dem Druck der Nationalisten im
Rahmen ihrer Beschaffungen indische Unternehmen zu begünstigen, und willigte 1921 ein, eine
Zolltarifkommission einzusetzen, die aus protektionistischen Gründen die Zölle heraufsetzte.
Viele der bestbezahlten Arbeitsplätze in der modernen Wirtschaft, sei es im Handel, im Finanzwesen, im Unternehmenssektor oder in den Plantagen, waren mit Ausländern besetzt. Lange nachdem
die gesetzlich verankerten Monopolprivilegien der Ostindien-Kompanie abgeschafft waren, hatten die
Briten durch ihre Kontrolle des Bankensektors39 und das System der „Managementstellen“ (managing
agencies) noch immer de facto eine beherrschende Stellung inne. Diese ursprünglich von ehemaligen
Angestellten der Ostindien-Kompanie eingerichteten Managementstellen verwalteten die Industrieunternehmen und wickelten den überwiegenden Teil des indischen Außenhandels ab. Sie hatten enge
Verbindungen zu britischen Banken, Versicherungs- und Schifffahrtsgesellschaften und besaßen quasi
ein Monopol für den Zugang zu Kapital. Da ihre jeweiligen Führungsgremien miteinander verzahnt
133
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
und verschachtelt waren, kontrollierten sie Warenlieferungen und Märkte. Sie beherrschten die asiatischen Auslandsmärkte. Sie kamen leichter als Inder an Regierungsbeamte heran und hatten immer
wieder Gelegenheit, anstehende Entscheidungen so zu beeinflussen, dass diese weniger den Aktionären als vielmehr ihren eigenen Interessen entgegenkamen. Sie erhielten Provisionen auf der Basis
der Bruttogewinne bzw. der Gesamtumsätze und fungierten häufig als Agenten für die Rohstoffe, die
die von ihnen verwalteten Gesellschaften benötigten. So kam es, dass auch indische Kapitalisten, die
sich etablieren konnten, sehr stark von britischem Geschäftskapital abhängig waren, und zahlreiche
Wirtschaftssektoren – z.B. Schifffahrt, Bank- und Versicherungswesen, Kohlebergbau, Plantagenwirtschaft und Juteherstellung – wurden von britischen Unternehmen dominiert.
Dass die Fachausbildung von der britischen Verwaltung vernachlässigt wurde und weder die
britischen Unternehmen noch die Managementstellen wirklich bereit waren, Inder auszubilden oder
ihre eigenen Managementerfahrungen an diese weiterzugeben, behinderte die Effizienzsteigerung in
der indischen Industrie. Selbst in der Textilindustrie von Bombay, wo sich das Kapital überwiegend in
indischen Händen befand, waren 28% der leitenden Angestellten und des Aufsichtspersonals 1925
Briten (gegenüber 42% im Jahr 1895), und dieser Anteil war in komplexeren Industriezweigen sogar
noch höher. Dadurch erhöhten sich natürlich die indischen Produktionskosten40. Auf den unteren
betrieblichen Ebenen wurden die Einstellung der Arbeitskräfte und die Verantwortung für deren
Disziplin meist Maklern überlassen. Die Arbeiter selbst waren völlig ungelernt und mussten die
Makler bestechen, um einen Arbeitsplatz zu bekommen bzw. zu behalten. Außerdem ergaben sich
zwischen Management, Aufsehern und Arbeitern Probleme infolge der unterschiedlichen Rassen-,
Sprachen- und Kastenzugehörigkeit. Die nur begrenzte Unternehmensgröße und die stark diversifizierte Produktionspalette erschwerten einen effizienten Betrieb. Dies (und die Überbewertung der
Währung) waren mit ein Grund dafür, dass sich die indischen Exporte gegenüber der japanischen
Konkurrenz nur schwer behaupten konnten.
d) China
Bis zum 19. Jahrhundert war China allen anderen europäischen oder asiatischen Staaten an Größe
und Macht weit überlegen. Die schon früh erlangte technische Reife des Landes und eine leistungsorientierte Bürokratie sorgten in China vom 5. bis zum 14. Jahrhundert für ein höheres Einkommensniveau als in Europa (vgl. Abb. 1.4). Danach überholte Europa dann allmählich China in Bezug auf
das Pro-Kopf-Einkommen, doch wies China ein rascheres Bevölkerungswachstum auf. Das chinesische BIP hatte 1820 um nahezu 30% über dem Niveau Westeuropas und der von den Westeuropäern
besiedelten großen Einwanderungsländer zusammengenommen gelegen41.
Als der europäische Handel zu expandieren begann, war China in den ersten drei Jahrhunderten
dieser Expansion sehr viel schwerer zu erobern als Nord- und Südamerika, Afrika oder irgendein
anderes asiatisches Land. Die dennoch bestehenden Handelsbeziehungen mit China wurden nach den
von China festgelegten Konditionen abgewickelt.
Zwischen den vierziger Jahren des 18. und des 19. Jahrhunderts kam es zu einem völligen
Zusammenbruch der chinesischen Wirtschaft. Das Pro-Kopf-BIP machte 1950 weniger als drei Viertel
des BIP von 1820 aus. Das Bevölkerungswachstum kam durch schwere kriegerische Auseinandersetzungen zeitweilig zum Stillstand. 1950 betrug das chinesische BIP nicht einmal ein Zwölftel des
BIP der westeuropäischen und der großen Einwanderungsländer zusammengerechnet.
Der wirtschaftliche Verfall in China fiel zeitlich mit der kommerziellen Durchdringung durch
ausländische Mächte und dem japanischen Eroberungsversuch zusammen. Zwischen diesen beiden
Entwicklungen bestand eindeutig ein Zusammenhang, doch war der Rückfall Chinas auch durch
binnenwirtschaftliche Faktoren bedingt.
134
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Anfang des 15. Jahrhunderts, als China Europa in der Seefahrttechnik überlegen war, schottete
sich das Land gegen die Weltwirtschaft ab (vgl. Tabelle 2.11). In der Folgezeit verfügte China dann
nicht mehr über die Möglichkeit der Verteidigung zur See. Die hoch gebildete Elite Chinas war völlig
uninteressiert an der technologischen Entwicklung und dem militärischen Potential Westeuropas. 1793
versuchte eine englische Mission, diplomatische Beziehungen anzuknüpfen. Sie brachte 600 Kisten
voller Geschenke mit (darunter Chronometer, Teleskope, ein Planetarium, chemische und Metallerzeugnisse), um die wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften des Westens zu demonstrieren. Im offiziellen chinesischen Ablehnungsschreiben hieß es: „Es fehlt uns an nichts – wir haben auf
Kuriositäten und Raritäten seit jeher wenig Wert gelegt und haben keine Verwendung für weitere
Erzeugnisse Eures Landes“. Erst 1877 begann China, ausländische Gesandtschaften einzurichten.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts befand sich die Mandschu-Dynastie im Zustand der Auflösung,
und das auf diese Dynastie folgende Kuomintang-Regime erwies sich als ebenso unfähig. Der
Zusammenbruch der Dynastie in China fiel mit dem Ende des Mogulreichs in Indien zusammen, wo
die Briten sodann die Herrschaft antraten. In China nahm der westliche Kolonialismus jedoch eine
völlig andere Form an als in Indien, und es waren nicht die westlichen Kolonialmächte, die China zu
erobern suchten, sondern Japan.
Der Einbruch der Kolonialmächte begann mit der Einnahme Hongkongs durch britische
Kanonenboote im Jahr 1842. Das unmittelbare Ziel bestand darin, den freien Zugang nach Kanton
zu sichern, um indisches Opium gegen chinesischen Tee tauschen zu können. Im Zuge eines
zweiten, englisch-französischen Angriffs (1858-1860) wurde über den Jangtse und das riesige Netz
von Binnenschifffahrtswegen, das bis nach Shanghai führte, der Weg in das Landesinnere Chinas
freigelegt.
Nun folgte eine Ära des Freihandelsimperialismus. Die westlichen Handelsfirmen waren nicht
Monopolgesellschaften, sondern Einzelunternehmen. Ganz im Gegensatz zu den sich feindlich
gesonnenen und gegenseitig ausschließenden Handelssystemen des 18. Jahrhunderts hatten Briten und
Franzosen das Cobden-Chevalier-Abkommen geschlossen, das die Öffnung des europäischen Handels
gemäß der Meistbegünstigungsklausel zum Ziel hatte. Die Verträge, die China nun aufgezwungen
wurden, basierten auf demselben Grundsatz. So wurden bis zum Ersten Weltkrieg zwölf anderen
europäischen Ländern, Japan, den Vereinigten Staaten und drei lateinamerikanischen Ländern die
gleichen Handelsprivilegien eingeräumt.
Auf Grund der Verträge war China verpflichtet, die Zölle niedrig zu halten. Der Opiumhandel
wurde legalisiert. Ausländer erhielten das Recht, in China zu reisen und Handel zu treiben, wobei
ihnen exterritoriale Rechte und Konsulargerichtsbarkeit in 92 von 1842 bis 1917 eingerichteten
„Vertragshäfen“ zugestanden wurden. Um sicherzustellen, dass China seinen Zollverpflichtungen
nachkam, wurde eine Maritime Zollinspektion geschaffen (als deren Generalinspektor von 1861 bis
1908 Sir Robert Hart amtierte), die mit der Eintreibung der Zölle für die chinesische Regierung betraut
war. Ein großer Teil dieser Einnahmen war für die „Entschädigungszahlungen“ vorgesehen, die die
Kolonialherren zur Erstattung der Kosten einforderten, die ihnen bei ihren Angriffen auf China
entstanden waren.
Das Zentrum dieser multilateralen Kolonialherrschaft waren die exterritorialen Konzessionen in
Shanghai. Als erste wählten die Briten 1843 einen im Norden der „Chinesenstadt“ gelegenen Standort.
Die Franzosen, Deutschen, Italiener, Japaner und Amerikaner siedelten sich in der Nachbarschaft
entlang des Huangpu-Flusses gegenüber von Pudong an – mit großräumigen Terrains für Firmensitze,
den Kricketclub, Country Clubs, Tennisclubs, Schwimmbäder, eine Rennbahn, den Golfclub, Lichtspieltheater, Kirchen, Schulen, Hotels, Krankenhäuser, Kabaretts, Bordelle, Bars, Konsulate und die
Polizeistationen der Kolonialmächte. Ähnliche Anlagen kleineren Umfangs gab es auch in Tientsin
und Hankow. Bei den Chinesen, die zu diesen nach dem Prinzip der Rassentrennung organisierten
Zonen Zugang hatten, handelte es sich überwiegend um Dienstpersonal42.
135
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Neben der britischen Kolonie in Hongkong gab es fünf andere an Großbritannien, Frankreich,
Deutschland, Japan und Russland „verpachtete“ Territorien. Dazu zählten auch die neuen, an Hongkong angrenzenden Territorien, für die 1898 ein hundertjähriger Pachtvertrag mit Großbritannien
unterzeichnet wurde.
Hauptnutznießer dieser Form des Freihandelsimperialismus und der exterritorialen Privilegien
waren die in China ansässigen ausländischen Staatsbürger und Handelsgesellschaften. Die exterritorialen Konzessionen waren schillernde Oasen der Modernität, aber in den anderen chinesischen
Städten trat keine grundlegende Besserung ein. Die durch den großen Taiping-Aufstand von
1850-1864 geschädigten Städte verfielen weiter. Die wirtschaftliche Öffnung blieb ohne größeren
Einfluss auf die chinesische Landwirtschaft; der Exportanteil am chinesischen BIP war gering und mit
0,7% des BIP im Jahr 1870 bzw. 1,2% im Jahr 1913 sehr viel kleiner als in Indien. 1928 erhielt China
seine Zollhoheit zurück und die übrigen Einschränkungen der chinesischen Souveränität in den
Vertragshäfen wurden etwas gelockert, was allerdings durch den verstärkten Druck von japanischer
Seite wieder zunichte gemacht wurde.
Für die stärksten Einschnitte in die chinesische Souveränität und den größten wirtschaftlichen
Schaden in China war Japan verantwortlich. Bereits in den neunziger Jahren des 16. Jahrhunderts hatte
Hideyoshi versucht, über die Eroberung Koreas auch China anzugreifen, und unter der MeijiHerrschaft wurde dieser Versuch 1894/95, diesmal mit größerem Erfolg, wiederholt.
Ab den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als Japan eine Strafexpedition nach Taiwan
schickte und die Oberhoheit über die Ryukyu-Inseln (Okinawa) für sich beanspruchte, wurde der
Druck allmählich immer stärker. 1876 fiel eine japanische Marineeinheit in Korea ein und stellte die
Häfen von Pusan, Inchon und Wonsan unter japanische Konsulargerichtsbarkeit. 1894 erklärte
Japan Korea den Krieg, und japanische Truppen setzten über den Fluss Yalu nach China über. 1895
wurde China im Vertrag von Shimonoseki gezwungen, offiziell anzuerkennen, dass es nicht länger die
Oberhoheit über Korea hatte. Taiwan und die Pescadoresinseln mussten an Japan abgetreten werden.
Japanern (und somit auch anderen Ausländern) war es fortan gestattet, Fabriken und verarbeitende
Unternehmen in China zu errichten. China wurde gezwungen, Entschädigungsleistungen in Höhe von
einem Drittel des japanischen BIP zu zahlen, wozu es Kredite im Ausland aufnehmen musste. Das
löste eine Lawine von weiteren ausländischen Forderungen aus und führte dann im Jahr 1900 zu einer
Kriegserklärung Chinas an die ausländischen Mächte. Innerhalb von zwei Monaten wurde China von
einer Allianz dieser ausländischen Mächte besiegt, und die Mandschurei wurde von Russland besetzt.
Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen von 1905 siegte Japan über Russland und übernahm die
Macht in der südlichen Mandschurei. Korea wurde zunächst zu einem japanischen Protektorat und
1910 dann zu einer japanischen Kolonie.
Japan nahm 1931 die Mandschurei ein und errichtete 1933 einen Marionettenstaat (Manchukuo),
der aus den drei mandschurischen Provinzen Chinas, Teilen der Inneren Mongolei sowie Hopei und
Liaoning bestand. China musste sich verpflichten, das Gebiet um Peking und Tientsin zur entmilitarisierten Zone zu erklären, wodurch Nordchina nicht mehr verteidigt werden konnte. Im Juli 1937 folgte
ein neuerlicher Angriff Japans. Vermutlich gedachten die Japaner, nach einem kurzen Feldzug ganz
Nordchina einzunehmen und dann im Rahmen der neuen japanischen Ordnung, die sie in Asien zu
etablieren beabsichtigten, eine willfährige Regierung in Südchina unter ihren Einfluss zu bringen. Die
chinesische Regierung leistete jedoch heftige Gegenwehr, und der Krieg mit Japan dauerte acht Jahre.
Seine Auswirkungen wurden durch den Bürgerkrieg zwischen den Kuomintang und den kommunistischen Streitkräften noch verschärft. Auf diese Weise herrschten in China von 1937 bis 1949, also
zwölf Jahre lang, Kriegszustände. Die destruktiven Auswirkungen waren im Verhältnis genau so groß
wie die des Taiping-Aufstands von 1850 bis 1864.
136
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
Anmerkungen
1. Beloch (1886, S. 507) schätzte die Bevölkerungszahl auf insgesamt 54 Millionen (23 Millionen in Europa, 19,5 Millionen in Westasien und 11,5 Millionen in Afrika). Meine Schätzung basiert auf den Tabellen B.2, B.8 und B.9b des
Anhangs B.
2. Vgl. Needham, Bd. 4 III (Civil Engineering and Nautics), 1971, S. 29, wegen seiner bereinigten Zahlen über gepflasterte
Straßen im Römischen Reich, das sich über 2 Millionen Quadratmeilen erstreckte. Für das Reich der Han-Dynastie von
1,5 Mio. Quadratmeilen gab er einen Wert von 22 000 an.
3. Vgl. Goldsmith (1984), S. 271-272, wegen einer Untersuchung der Quellen zur Urbanisierung. Er gibt den Anteil
mit zwischen 9% und 13% an, doch bezieht sich mein Wert von 5% lediglich auf Orte mit mindestens 10 000 Einwohnern.
4. Vgl. Warmington (1928) wegen des römischen Handels mit Asien.
5. Hopkins (1980, S. 105-106) verwendete Informationen über 545 datierte Schiffswracks vor den Küsten Italiens,
Frankreichs und Spaniens, um die Veränderungen des Handelsvolumens im westlichen Mittelmeer zu schätzen. Er
gelangte zu dem Schluss, dass „von der Zeit der römischen Expansion bis zur Blütezeit des Römischen Kaiserreichs
(200 v.Chr. – 200 n.Chr.) ein regerer Seehandel im Mittelmeer existierte als je zuvor und als in den tausend Jahren
danach“. Er zeigt, dass das Handelsvolumen im Zeitraum 400-650 n.Chr. etwa ein Fünftel des während der Zeit des
intensivsten Handelsverkehrs erreichten Volumens betrug. Ashtor (1976), S. 102, analysiert die arabischen Quellen zum
Mittelmeerhandel und gelangt zu dem Schluss: „Nachdem die Araber ihre Herrschaft über die Ost-, Süd- und Westküste
des Mittelmeers etabliert hatten, wurde dieses Gebiet zum Grenzraum zwischen zwei Zivilisationen, die einander fremd
und unbekannt und feindlich gesinnt waren. Was einmal einem großen See gleich gewesen war, an dessen Ufern
Herrscher, Gesetze, Religion und Sprache dieselben oder sich zumindest ähnlich waren, wurde zum Schauplatz von
Seeschlachten und Piraterie. Der Handel im Mittelmeer kam im Lauf des 8. Jahrhunderts fast völlig zum Stillstand.
Gewürze, wertvolle Seidenstoffe und andere orientalische Güter waren in Westeuropa kaum mehr zu finden.“
6. Vgl. Pirenne, Mahomet und Karl der Große (1963). Pirenne liefert zwar eine knappe, bemerkenswerte und im Großen
und Ganzen korrekte Beschreibung des 9. Jahrhunderts, doch ist seine vorherige Analyse des zeitlichen Ablaufs und der
Gründe für den Untergang Roms schwer zu akzeptieren. Er behauptet, bei dem Einfall der Barbaren in Gallien und
Italien sei ein Großteil der Vorzüge der römischen Zivilisation erhalten geblieben, deren Zerstörung auf moslemische
Invasoren und Karl den Großen zurückzuführen sei. Hodges und Whitehouse (1998) liefern eine Zusammenfassung der
modernen archäologischen Befunde und früherer kritischer Stellungnahmen zur Pirenne-These. Sie kommen zu dem
Schluss, dass Pirenne eine übertriebene Vorstellung vom Überleben der römischen Institutionen hatte: „Die Bedingungen, die Ende des 6. Jahrhunderts im westlichen Mittelmeer herrschten, hatten kaum eine Ähnlichkeit mit denen des
2. Jahrhunderts. Die Veränderungen waren vor dem Eintreffen der Araber praktisch abgeschlossen.“ (S. 53).
7. Vgl. Lane und Mueller (1985).
8. Diese Messen wurden sechsmal jährlich etwa 40 km südlich von Paris und 110 km von Brügge entfernt abgehalten.
Zwei Messen fanden in Troyes statt, zwei in Provins, eine in Lagny und eine in Bar-sur-Aube. Dies waren im Zeitraum
1200-1350 die wichtigsten Zentren des westeuropäischen Handels. Sie zogen Kaufleute aus allen Regionen Frankreichs,
aus Nord- und Mittelitalien, Flandern, dem Hennegau, Brabant, Spanien, England, Deutschland und Savoyen an.
Schutzherren der Messe waren die Grafen der Champagne und später der französische König. Sie bezogen ein Einkommen aus Steuern, Zöllen und der Ausstellung von Geleitbriefen für die Kaufleute. Im Gegenzug hierzu stellten ihre
Beauftragten Recht und Ordnung sicher, leisteten Rechtshilfe zur Einhaltung von Verträgen und führten notarielle
Register. In Streitfällen wurden die meisten italienischen Städte durch ihre Konsuln vertreten. Mit der Einrichtung einer
Seeverbindung zwischen Italien und Flandern verloren die Messen nach und nach völlig an Bedeutung (vgl. Verlinden,
1963).
9. Vgl. Lane (1973), S. 19.
10. Vgl. Lane (1996), S. 143-152, wegen einer Analyse der venezianischen Schiffbau- und Navigationstechniken, und
Unger (1980), S. 161-194.
11. Handelsmöglichkeiten ergaben sich im westlichen Mittelmeer bereits durch die Rückgewinnung Siziliens (1090),
Korsikas (1091), Sardiniens und Mallorcas (1232) aus arabischer Herrschaft. Dies kam dem Handel Genuas, Barcelonas
und der Provence zugute.
137
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
12. Vgl. Landes (1998), S. 46-47: „Mitte des 15. Jahrhunderts wurden in Italien, und namentlich in Florenz und in Venedig,
Tausende von Brillen gefertigt, sowohl mit konkaven als auch mit konvexen Linsen, für Kurzsichtige wie für Weitsichtige“.
13. Im Bereich des Bildungswesens sei daran erinnert, dass die Universität von Padua seit ihrer Gründung im Jahr 1405 zum
Herrschaftsgebiet Venedigs gehörte. Ihre kosmopolitische Fakultät trug in der Renaissance erheblich zur Gelehrsamkeit
und zur Entwicklung der Wissenschaft bei. An ihr lehrten Professoren wie Galilei und der flämische Anatom Vesalius.
14. Der Einfluss Heinrichs spielte eine Rolle, als Portugal 1415 Marokko angriff. Der strategische Hafen Ceuta wurde
eingenommen und portugiesischer Stützpunkt (der 1580 an Spanien abgetreten wurde). Ceuta war eine der Endstationen
der Goldkarawanen aus der Sahara. Sein Hafen diente genuesischen, venezianischen und katalanischen Kaufleuten auf
ihrem Weg vom Mittelmeer zum Atlantik und bot sich als erste Etappe bei der Eroberung Marokkos an. Der Versuch,
Tanger einzunehmen, erwies sich jedoch als schmählicher Fehlschlag. Heinrich rettete den Rest seiner Truppen, indem
er die Rückgabe Ceutas zusagte und den Arabern seinen jüngeren Bruder als Geisel ließ. Er behielt dann Ceuta und
überließ seinen Bruder einem elenden Tod (vgl. Russell, 2000).
15. Vgl. Schwartz (1985), S. 4, 7 und 504.
16. Barrett in Tracy (1990), S. 247, liefert Zahlenangaben über die Goldexporte Westafrikas im Zeitraum 1471-1800. Sie
erreichten von 1471 bis 1700 145 Tonnen, von denen der überwiegende Teil wohl nach Portugal gelangte.
17. Die Portugiesen waren davon überzeugt, dass es in Afrika und Asien große Gemeinschaften von Christen gab, und die
Erkundungsreisen hatten u.a. den Auftrag, Nachforschungen über den Mythos des Königreichs von Priester Johannes
anzustellen. Der portugiesische Spion Covilhã begab sich im Rahmen dieser Suche 1493 nach Äthiopien, wo er blieb,
um für den äthiopischen König, den Negus, tätig zu werden und wo er auch noch 1520 gesehen wurde. Was andere Länder Afrikas betrifft, so waren die Kopten in Ägypten die einzige größere christliche Gemeinschaft. Kleinere christliche
Gemeinschaften gab es in Südindien.
18. Um die Entdeckung Cabrals zu überprüfen, beauftragten die Portugiesen den florentinischen Seefahrer Amerigo
Vespucci, im Jahr 1501 die brasilianische Küste zu erkunden. Er hatte zwei Jahre zuvor für Spanien eine Entdeckungsreise entlang der Küste Venezuelas und Guyanas durchgeführt. Needham (1971), Bd. IV:3, S. 513, erwähnt Vermutungen, wonach die Existenz Brasiliens den Portugiesen bereits bekannt war, bevor Kolumbus seine Reise in die Karibik
unternahm.
19. In Subrahmanyam (1997), S. 182, ist die Rede von „4 000 Cantari“. Diese Gewichtseinheit lässt sich auf viele Arten
interpretieren. Ashtor zufolge (1980), S. 756-757, entspricht „Kintars“ (eine Maßeinheit, die für die von Venedig von
Alexandrien aus exportierten Gewürze verwendet wurde) 180 kg. Ich bin davon ausgegangen, dass es sich hierbei um
die Gewichtseinheit handelt, die in der von Subrahmanyam genannten Quelle verwendet wird.
20. Needham (der Biochemiker war) erklärt die europäische Gewürznachfrage folgendermaßen: „Allgemein besteht die
Auffassung, dass Pfeffer und andere Gewürze einzig zum Würzen von Speisen und Saucen verwendet wurden, um den
Geschmack verdorbenen Fleischs zu verdecken. Da dies jedoch nicht die enormen Mengen erklärt, die das Abendland
im Mittelalter einführte, muss davon ausgegangen werden, dass, ebenso wie im traditionellen China und in den islamischen Ländern, Pfeffer effektiv mit Salz vermischt wurde, um Fleisch zu konservieren. Durch das Hinzufügen richtig
dosierter Gewürze gelang es, die durch Enzyme bewirkte Autolyse, das Wachstum und die Vermehrung der Bakterien
und die Oxidation der Fette zu hemmen“ (vgl. Needham, Bd. IV:3, 1971, S. 520-521). Mit anderen Worten sagt
dies auch Landes (1998), S. 132-133: „Die Menschen dieser Zeit konnten dies zwar noch nicht wissen, doch hatten
die stärkeren Gewürze auf die den Zersetzungsprozess fördernden und sich von Zersetzungsprodukten ernährenden
Bakterien und Viren eine keimtötende oder schwächende Wirkung.“
21. Vgl. Tibbetts (1981) wegen einer Übersetzung der Arbeiten des führenden arabischen Seefahrers Ibn Majid, und Jones
(1978) wegen Abbildungen der arabischen Instrumente für die Beobachtung der Gestirne und der Sonne zu Navigationszwecken.
22. Vgl. Goitein (1967) wegen der Aktivitäten jüdischer Gemeinschaften in der gesamten arabischen Welt des Mittelmeerraums.
23. Vgl. Subrahmanyam (1997), S. 96.
24. Albuquerque war portugiesischer Vizekönig in Asien in der Zeit von 1509 bis 1515. Er war es, der die Stützpunkte von
Goa und Malakka gründete. Er wählte Goa nach einem gescheiterten Versuch, Calicut einzunehmen, bei dem die dort
gelandeten Portugiesen niedergemetzelt worden waren. Die Beseitigung des moslemischen Stützpunkts in Goa wurde
von den hinduistischen Monarchen von Vijayanagar begrüßt, mit denen die Portugiesen freundschaftliche Beziehungen
anknüpften (vgl. Panikkar, 1953, S. 38-39).
25. Der Große Kanal war etwa zehnmal so lang wie der größte europäische Kanal – der Canal du Languedoc –, der unter
Colbert gebaut wurde und seit 1681 in Betrieb war. Dieser hatte eine Länge von 240 km und war nur von relativ kleinen
Schiffen befahrbar (vgl. Parry, 1967, S. 215).
138
Entwicklung des Abendlands und Auswirkungen auf die übrige Welt
26. Portugal ging, nachdem es seine Unabhängigkeit von Spanien erlangt hatte, mit dem Vereinigten Königreich ein enges
Bündnis ein. Die Briten durften Händler in Brasilien und Portugal haben, am Verkehrsgewerbe teilhaben; ihnen wurden
exterritoriale Rechte eingeräumt, und die Zölle für britische Güter wurden auf ein festes Niveau fixiert. Mit dem Methuen-Vertrag von 1703 wurde britischen Gütern freier Zugang zum brasilianischen und portugiesischen Markt gewährt.
Im Gegenzug hierzu unterstützte das Vereinigte Königreich das portugiesische Reich durch Militärgarantien.
27. Mulhall (1899), S. 172, weist nach, dass die brasilianischen Zolleinnahmen 1887 21% des Handelsumsatzes (rd. 37%
der Einfuhren unter Berücksichtigung der Ausfuhrabgaben von etwa 5%) erreichten, gegenüber einem weltweiten
Durchschnitt von 5,6%. Der Anteil der Zolleinnahmen am Handelsumsatz lag in Portugal am höchsten (41%), der der
Vereinigten Staaten (15%) an zweiter Stelle. In Holland betrug er 0,2%, in Belgien 1,1%, in Indien 2,2% und im
Vereinigten Königreich 3,1%. Mulhall zeigt auch (S. 258), dass im Jahrzehnt 1871-1880 72% der brasilianischen
Einnahmen aus Zöllen stammten (der Anteil war höher als in jedem anderen Land). In Indien betrug er lediglich 4%
(niedrigster Wert).
28. Flandern und Brabant wurden 1384, die Provinz Holland 1428 dem Herzogtum Burgund angegliedert, das von Brüssel
aus verwaltet wurde. Dort befand sich der Hof des Herzogs, der gelegentlich nach Dijon oder Brügge übersiedelte. Das
Gebiet des späteren Belgien und der Niederlande setzte sich aus 17 Provinzen (staten) zusammen, die Vertreter zur
jährlichen Versammlung der Generalstaaten entsandten, wo ihnen die Höhe der zu erhebenden Steuern mitgeteilt wurde.
Die Provinzen unterstanden drei Statthaltern, welche dem Adel entstammten. Die Städte genossen beträchtliche
ständische Freiheiten. Diese Rechte wurden von einer wohlhabenden kaufmännischen Oberschicht genutzt, die Regeln
für das Handwerk aufstellte und Vereinbarungen über regelmäßig stattfindende Handelsmessen und Außenhandelskontingente traf. Drei Bistümer innerhalb des Gebiets der 17 Provinzen sowie zwei weitere in Nordfrankreich unterstanden dem unmittelbaren Einfluss Burgunds. Die Macht war fragmentiert und die Herrschaftsausübung im Vergleich
zu späteren Epochen relativ milde. Obgleich das Herzogtum die französische Lehnshoheit anerkannte, war es de facto
unabhängig. 1477 ehelichte die letzte Erbin Burgunds Maximilian von Habsburg, so dass die burgundischen Erblande
nach ihrem Tod im Jahre 1482 dem Heiligen Römischen Reich zufielen. Maximilian I. hatte von 1493 bis 1519 die Römische Kaiserwürde inne; seine Nachfolge trat Karl V. an, der bis 1555 regierte. Die habsburgischen Herrscher beschnitten die Privilegien des burgundischen Adels und der Städte und zwangen ihnen höhere Steuern ab. Als die Provinzen unter dem Einfluss der Lutheraner, Wiedertäufer und Kalvinisten von der Reformationsbewegung ergriffen wurden,
antwortete Habsburg mit einer erbarmungslosen Repression des neuen Glaubens. Karl V. dankte 1555 ab und teilte das
Reich. Der Ostteil ging an seinen Bruder, der Westteil an seinen Sohn Philipp II. Letzterer regierte insgesamt fünfzig
Jahre über die Niederlande, von seinem ersten Besuch in Brüssel im Jahre 1548 bis 1598. Die Niederlande waren die
reichste Region seines Riesenreichs, weshalb Philipp bestrebt war, so viel Geld wie möglich aus ihr herauszupressen, um
so seine weitläufigeren Unternehmungen finanzieren und seine Ambitionen realisieren zu können. Sein Ehrgeiz trieb ihn
in den Krieg mit Frankreich, ließ ihn den Versuch einer Eroberung Englands unternehmen und verwickelte ihn in einen
schweren Seekrieg gegen die Osmanen. Auch Eheschließungen dienten ihm als Mittel zur Verwirklichung seiner
territorialen Ambitionen. Er heiratete zunächst Maria von Portugal (1543), dann Maria Tudor, die Königin von England
(1554), danach Isabella von Frankreich (1559) und schließlich Anna von Österreich (1570). Er verschleuderte den
mexikanischen und peruanischen Silbertribut, und wegen seiner haushaltspolitischen Verantwortungslosigkeit war der
spanische Staat mehrmals zahlungsunfähig (1557, 1575 und 1597). Das Ergebnis seiner Politik war letztlich eine
Schwächung Spaniens.
Zwischen 1609 und 1621 herrschte Waffenruhe im Krieg zwischen Spanien und der Republik der Vereinigten Niederlande. Der Konflikt entflammte von neuem, als sich die beiden Länder im Dreißigjährigen Krieg auf unterschiedliche
Seiten stellten. Die spanischen Truppen griffen die Niederlande von Deutschland aus an, sie stellten jedoch ab den
dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts keine ernsthafte Bedrohung für die Niederländer mehr dar. Spanien herrschte noch
bis 1714 über das Gebiet des späteren Belgien, das nach dem spanischen Erbfolgekrieg an Österreich fiel.
29. Die sieben nördlichen Provinzen entwickelten sich nach der Bildung der Utrechter Union im Jahre 1579 zu einem
eigenständigen Staat, der sich 1581 von Spanien lossagte. Das neue Staatsgebilde war weder eine echte Republik noch
eine Monarchie. Es umfasste auch die Generalitätslande, darunter Breda, Bergen op Zoom und Maastricht. Diese wurden
nicht als Provinzen behandelt, u.a. wegen der umfangreichen Lehnsrechte, die das Haus Oranien in Breda genoss.
Wilhelm I., Prinz von Oranien und Graf von Nassau (1533-84), spielte eine wichtige Rolle beim Aufbau des neuen
Staats. Er war der wohlhabendste Vertreter des burgundisch-habsburgischen Adels und besaß ausgedehnte Ländereien in
der Gegend um Breda, in Deutschland und in der Provence. Er wurde in Brüssel im katholischen Glauben erzogen,
zeichnete sich in der spanischen Armee im Kampf gegen Frankreich aus und stand hoch in der Gunst Karls V., dessen
Statthalter er in Holland und Seeland war. Als er sich der repressiven Politik Philipps II. widersetzte, wurde sein Besitz
beschlagnahmt und ein Preis auf seinen Kopf ausgesetzt. Er organisierte den Widerstand gegen die spanischen Streitkräfte zu Lande und zur See, trat zum Kalvinismus über und wurde schließlich in der neu gegründeten Republik zum
Statthalter der Provinzen Holland, Seeland, Friesland und Utrecht ernannt. 1584 wurde er ermordet. Das Haus Oranien
stellte in der Folge auch weiterhin – wenngleich nicht durchgehend – die niederländischen Statthalter, bis es schließlich
1814 die erbliche Königswürde erhielt, als die Niederlande zur Monarchie wurden. Die Stammlande der Oranier im
139
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Rhonetal (Orange) wurden von Ludwig XIV. erobert und Frankreich 1685 eingegliedert. Die bedeutendsten Vertreter
des Hauses Oranien waren Moritz, Prinz von Oranien (der als Feldherr eine wichtige Rolle bei der Verteidigung der
Republik in den Jahren zwischen 1584 und 1625 spielte) sowie Wilhelm III. von Oranien, der ab 1672 Statthalter der
Niederlande und von 1688 bis zu seinem Tod im Jahre 1702 König von England war. Der britische Botschafter in Den
Haag, Sir William Temple (1693, S. 133), beschrieb die Situation in den siebziger Jahren des 17. Jahrhunderts wie folgt:
„So wie die Generalstaaten die oberste Regierungsgewalt darstellten, verkörperte der Prinz von Oranien die Würde
dieses Staates durch sein Gardekorps und sein Offiziersgefolge – durch die Pracht seines Hofes und das schiere Ausmaß
seiner Ausgaben, die nicht nur mit den Pensionen und Ansprüchen aus seinen verschiedenen Ämtern und Kommandos,
sondern auch mit den riesigen Einkünften finanziert wurden, die ihm aus seinem Erbvermögen, seinen Ländereien,
souveränen Fürstentümern und Herrschaftsgebieten in Frankreich, Deutschland sowie Teilen der siebzehn Provinzen
zuflossen“.
30. Vgl. Walter und Schofield (1989), S. 42: „Eine gestiegene Nachfrage nach nicht getreidehaltigen Nahrungsmitteln und
nicht landwirtschaftlichen Erzeugnissen förderte die Entwicklung von landwirtschaftlichen Mischbetrieben und die
Diversifikation der Tätigkeitsbereiche der Landbevölkerung, wodurch ein besseres Gleichgewicht zwischen Getreideanbau und Viehzucht entstand und die Absatznetze generell gestärkt wurden. Darüber hinaus sorgte die Zunahme
sowohl der Anbauflächen als auch der Erträge aus dem Hafer- und Gersteanbau für ein vorteilhafteres Mischverhältnis,
dank dessen die Auswirkungen von Ernteausfällen abgefangen werden konnten, da es nicht mehr zum gleichzeitigen
Ausfall der gesamten Ernte kommen konnte“. Dupaquier weist in demselben Band auf einen weiteren wichtigen Punkt
hin (S. 199): „In Frankreich gab es nur wenig überregionalen Warenverkehr mit Getreide, so dass die Auswirkungen
schlechter Ernten in einzelnen Gebieten nur schwer ausgeglichen werden konnten, was in England hingegen dank der
strategischen Rolle der Küstenschifffahrt möglich war.“
31. Vgl. Brewer (1989), S. 14-20.
32. Vgl. Gregory Kings handschriftliches Notizbuch, S. 208, das in Laslett (1973) abgedruckt ist.
33. Vgl. Shammas, in Brewer und Porter (1993), S. 182 und 184.
34. Vgl. Parry (1967), S. 210-216, zu den Charakteristika der fluyts und den niederländischen Schiffbautechniken.
35. Vgl. North (1968) und Harley (1988) bezüglich einer Analyse der sinkenden Schifffahrtskosten, sowie Parry (1967),
S. 216-217, zur Entwicklung des Überlandverkehrs vor dem Erscheinen der Eisenbahn.
36. Eine gründlichere Analyse dieses Zeitraums findet sich bei Maddison (1976) und (1995a), S. 65-73.
37. Die vorliegende Analyse des britischen Einflusses in Indien ist großteils Maddison (1971) entnommen. Vgl. auch Habib
(1995) und Lal (1988).
38. Die von Fürsten mit Hilfe von Weisungen dort stationierter britischer Beamter regierten „indigenen Staaten“ vereinten
etwa ein Fünftel der indischen Bevölkerung auf sich. Es gab mehrere Hundert solcher indigener Staaten. Die größten
waren Hyderabad, Jammu und Kashmir sowie Mysore. Portugal behielt Goa mit 0,15% der indischen Bevölkerung,
während der französische Anteil am indischen Territorium sogar noch kleiner war.
39. 1913 hielten ausländische Banken über drei Viertel der Gesamteinlagen, indische Joint Stock Banks weniger als ein
Viertel. Im 18. Jahrhundert hatte es mächtige indische Bankhäuser gegeben (die dominiert wurden von den Jagath
Seths); sie wickelten Einlagen und Vorschüsse für das Mogulreich, die Nabob von Bengalen, die Ostindien-Kompanie
und andere ausländische Gesellschaften sowie indische Händler ab und führten auch Arbitragetransaktionen zwischen
den indischen Währungen verschiedener Regionen und Jahrgänge durch. Diese einheimischen Bankhäuser wurden von
den Briten weitgehend verdrängt.
40. Vgl. D.H. Buchanan, The Development of Capitalist Enterprise in India, Cass, London, 1966, S. 211 und 321, wo die
Kosten europäischer Führungskräfte beziffert werden. In den Tata-Stahlwerken betrug das Durchschnittsgehalt einer
ausländischen Führungskraft im Zeitraum 1921-1922 13 527 Rupien jährlich, während ein indischer Arbeiter lediglich
240 Rupien erhielt. Das ausländische Personal war damit doppelt so teuer wie in den Vereinigten Staaten und in der
Regel weniger effizient. Der Rückgriff auf ausländische Mitarbeiter hatte zudem oft Fehlentscheidungen zur Folge, wie
z.B. den Bau mehrstöckiger Werksgebäude in einem heißen Land wie Indien oder den Einsatz von Wagen- statt Ringspindeln.
41. Vgl. Maddison (1998a), S. 22-23, über Stärken und Schwächen des Regierungs- und Verwaltungssystems im traditionellen China, sowie S. 39-54 über den wirtschaftlichen Abstieg und die Demütigung Chinas durch das Ausland in der
Zeit von 1840 bis 1949.
42. Vgl. Feuerwerker (1983), S. 128-207, über das Wesen der Vertragshäfen, die extraterritorialen Konzessionen in China
sowie Lebensstil und Privilegien der ausländischen Kolonie.
140
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Kapitel 3
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhunderts
Die Weltwirtschaft verzeichnete im letzten halben Jahrhundert bessere Ergebnisse als je zuvor in
der Vergangenheit. Zwischen 1950 und 1998 erhöhte sich das weltweite BIP um das Sechsfache mit
einer jahresdurchschnittlichen Zuwachsrate von 3,9% im Vergleich zu 1,6% im Zeitraum 1820-1950
und 0,3% im Zeitraum 1500-1820.
Das beschleunigte Wachstum wurde zwar teilweise durch die raschere Zunahme der Bevölkerung
absorbiert, das reale Pro-Kopf-Einkommen stieg aber gleichwohl um 2,1% jährlich, gegenüber 0,9%
im Zeitraum 1820-1950 und 0,05% zwischen 1500 und 1820. Damit wuchs es 42-mal so rasch wie in
der protokapitalistischen Ära und mehr als doppelt so schnell wie in den ersten 13 Jahrzehnten unseres
kapitalistischen Zeitalters.
Die Interdependenzen zwischen den verschiedenen Teilen der Weltwirtschaft haben stark zugenommen. Das Volumen des Warenhandels expandierte rascher als das BIP. Zwischen 1950 und 1998
weitete sich der Exportanteil am weltweiten BIP von 5,5% auf 17,2% aus (vgl. Tabelle 3.2). Der internationale Reiseverkehr, der Kommunikationssektor und andere Dienstleistungsbranchen erlebten einen
enormen Boom, wodurch sich die internationale Arbeitsteilung verbesserte, die Verbreitung von Ideen
und Technologien erleichtert wurde und andere Teile der Welt vom hohen Nachfrageniveau in der
Gruppe der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder profitieren konnten.
Der Zustrom von Auslandsinvestitionen in ärmere Teile der Welt (Afrika, Asien mit Ausnahme
Japans, sowie Lateinamerika) nahm in den vergangenen fünfzig Jahren in beeindruckendem Tempo zu
(vgl. Tabelle 3.3). Infolgedessen weitete sich der Auslandskapitalbestand in diesen Ländern von 4%
auf 22% ihres BIP aus. Das gegenwärtige Verhältnis entspricht aber nur zwei Dritteln des Niveaus von
1914. Die enorme Expansion der internationalen Investitionen in den vergangenen fünfzig Jahren
vollzog sich im Wesentlichen innerhalb der Gruppe der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder.
Es kam zu einem Wiederaufleben der internationalen Migrationsbewegungen. Wie aus Tabelle
3.4 hervorgeht, haben die westeuropäischen Länder im Zeitraum 1950-1998 mehr als 20 Millionen
Zuwanderer aufgenommen, die großen Einwanderungsländer (die so genannten Western Offshoots,
d.h. USA, Kanada, Australien und Neuseeland) 34 Millionen. In Westeuropa vollzog sich eine deutliche Wende. Während es zwischen 1870 und 1949 zu einem Exodus von Menschen kam, die anderswo bessere Chancen suchten, hat sich die Situation seit 1950 vollständig umgekehrt.
Die kapitalistische Epoche lässt sich in fünf verschiedene Entwicklungsphasen unterteilen (vgl.
Tabelle 3.1a). Das „goldene Zeitalter“ der Jahre 1950-1973 stellte von den Wachstumsergebnissen her
gesehen die mit Abstand beste Phase dar. Unser Zeitalter, das 1973 begann (und im weiteren als die
„neoliberale Wirtschaftsordnung“ bezeichnet wird), schneidet am zweitbesten ab. Die alte „liberale
Wirtschaftsordnung“ der Jahre 1870-1913 rangiert mit einem etwas langsameren Wachstum als in unserer
141
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.1a Wachstum von Pro-Kopf-BIP, Bevölkerung und BIP:
Welt und große Regionen, 1000–1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
1000–1500
1500–1820
1820–1970
1870–1913
1913–1950
1950–1973
1973–1998
Pro-Kopf-BIP
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Japan
Asien (ohne Japan)
Lateinamerika
Osteuropa und Ex-UdSSR
Afrika
Welt
0.13
0.00
0.03
0.05
0.01
0.04
–0.01
0.05
0.15
0.34
0.09
0.00
0.15
0.10
0.01
0.05
0.95
1.42
0.19
–0.11
0.10
0.64
0.12
0.53
1.32
1.81
1.48
0.38
1.81
1.15
0.64
1.30
0.76
1.55
0.89
–0.02
1.42
1.50
1.02
0.91
4.08
2.44
8.05
2.92
2.52
3.49
2.07
2.93
1.78
1.94
2.34
3.54
0.99
–1.10
0.01
1.33
0.42
1.25
1.31
0.92
1.97
0.34
1.65
0.93
0.70
1.55
1.15
2.19
2.73
1.31
2.33
1.92
0.32
1.02
0.61
1.86
2.01
0.54
2.73
1.66
1.19
2.81
2.21
0.90
3.43
1.84
2.69
1.85
4.81
4.03
9.29
5.18
5.33
4.84
4.45
4.91
2.11
2.98
2.97
5.46
3.02
–0.56
2.74
3.01
Bevölkerung
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Japan
Asien (ohne Japan)
Lateinamerika
Osteuropa und Ex-UdSSR
Afrika
Welt
0.16
0.07
0.14
0.09
0.09
0.16
0.07
0.10
0.26
0.43
0.22
0.29
0.06
0.34
0.15
0.27
0.69
2.87
0.21
0.15
1.27
0.87
0.40
0.40
0.77
2.07
0.95
0.55
1.64
1.21
0.75
0.80
BIP
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Japan
Asien (ohne Japan)
Lateinamerika
Osteuropa und Ex-UdSSR
Afrika
Welt
0.30
0.07
0.18
0.13
0.09
0.20
0.06
0.15
0.41
0.78
0.31
0.29
0.21
0.44
0.16
0.32
1.65
4.33
0.41
0.03
1.37
1.52
0.52
0.93
2.10
3.92
2.44
0.94
3.48
2.37
1.40
2.11
Quelle: Anhänge A und B.
Tabelle 3.1b Niveau des Pro-Kopf-BIP und Gefälle zwischen den Regionen, 1000–1998
(in internationalen Dollar von 1990)
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Japan
Asien (ohne Japan)
Lateinamerika
Osteuropa und Ex-UdSSR
Afrika
Welt
Gefälle zwischen den Regionen
1000
1500
1820
1870
1913
1950
1973
1998
400
400
425
450
400
400
416
435
1.1:1
774
400
500
572
416
483
400
565
2:1
1 232
1 201
669
575
665
667
418
667
3:1
1 974
2 431
737
543
698
917
444
867
5:1
3 473
5 257
1 387
640
1 511
1 501
585
1 510
9:1
4 594
9 288
1 926
635
2 554
2 601
852
2 114
15:1
11 534
16 172
11 439
1 231
4 531
5 729
1 365
4 104
13:1
17 921
26 146
20 413
2 936
5 795
4 354
1 368
5 709
19:1
142
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Tabelle 3.1c Anteile am Welt-BIP, 1000–1998
(in Prozent)
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Japan
Asien (ohne Japan)
Lateinamerika
Osteuropa und Ex-UdSSR
Afrika
Welt
1000
1500
1820
1870
1913
1950
1973
1998
8.7
0.7
2.7
67.6
3.9
4.6
11.8
100.0
17.9
0.5
3.1
62.1
2.9
5.9
7.4
100.0
23.6
1.9
3.0
56.2
2.0
8.8
4.5
100.0
33.6
10.2
2.3
36.0
2.5
11.7
3.7
100.0
33.5
21.7
2.6
21.9
4.5
13.1
2.7
100.0
26.3
30.6
3.0
15.5
7.9
13.1
3.6
100.0
25.7
25.3
7.7
16.4
8.7
12.9
3.3
100.0
20.6
25.1
7.7
29.5
8.7
5.3
3.1
100.0
Quelle: Anhänge A und B.
Tabelle 3.2a Wachstum des Warenexportvolumens, Welt und große Regionen, 1870–1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
1870–1913
1913–1950
1950–1973
3.24
4.71
3.37
3.29
2.79
4.37
3.40
–0.14
2.27
1.43
2.29
1.64
1.90
0.90
8.38
6.26
9.81
4.28
9.97
5.34
7.88
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Osteuropa und Ex-UdSSR
Lateinamerika
Asien
Afrika
Welt
1973–1998
4.79
5.92
2.52
6.03
5.95
1.87
5.07
Tabelle 3.2b Warenexporte in Prozent des BIP zu Preisen von 1990, Welt und große Regionen,
1870–1998
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Osteuropa und Ex-UdSSR
Lateinamerika
Asien
Afrika
Welt
1870
1913
1950
1973
1998
8.8
3.3
1.6
9.7
1.7
5.8
4.6
14.1
4.7
2.5
9.0
3.4
20.0
7.9
8.7
3.8
2.1
6.0
4.2
15.1
5.5
18.7
6.3
6.2
4.7
9.6
18.4
10.5
35.8
12.7
13.2
9.7
12.6
14.8
17.2
Tabelle 3.2c Prozentualer Anteil der Regionen an den Weltexporten, 1870–1998
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Osteuropa und Ex-UdSSR
Lateinamerika
Asien
Afrika
Welt
Quelle:
1870
1913
1950
1973
1998
64.4
7.5
4.2
5.4
13.9
4.6
100.0
60.2
12.9
4.1
5.1
10.8
6.9
100.0
41.1
21.3
5.0
8.5
14.1
10.0
100.0
45.8
15.0
7.5
3.9
22.0
5.8
100.0
42.8
18.4
4.1
4.9
27.1
2.7
100.0
Die Tabellen 3.2a und 3.2c sind von Tabelle F.3 abgeleitet. In Tabelle 3.2b wurden die in Tabelle F.3 enthaltenen Angaben für die Exporte in
US-Dollar von 1990 durch das BIP in internationalen Dollar von 1990 dividiert.
143
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.3 Bruttowert der Auslandskapitalbestände in Entwicklungsländern, 1870–1998
(in Mrd. Dollar zum Jahresende und in Prozent)
Gesamtbestand in jeweiligen Preisen
Gesamtbestand in Preisen von 1990
Bestand in % des BIP der
Entwicklungsländer
Quelle:
1870
1914
1950
1973
1998
4.1
40.1
19.2
235.4
11.9
63.2
172.0
495.2
3 590.2
3 030.7
8.6
32.4
4.4
10.9
21.7
Die Angaben beziehen sich auf den Gesamtwert für Afrika, Asien (ohne Japan) und Lateinamerika. Die Angaben über den Bestand in
jeweiligen Preisen von 1870–1973 sind Quellen entnommen, die bei Maddison (1989), S. 30, zitiert wurden. Der Bestand ausländischer
Direktinvestitionen für 1998 stammt aus UNCTAD, World Investment Report, Anhang B; die Schuldenangaben für 1998 aus Weltbank, Global
Development Finance, Country Tables, 1999; das Portefeuille der Aktieninvestitionen von 1998 wurde mit 200 Mrd. $ veranschlagt (abgeleitet
durch Kumulierung der Aktienströme im Zeitraum 1988–1998 gemäß Weltbank a.a.O.). Der Deflator ist der US-Verbraucherpreisindex, 1870–
1980, aus Maddison (1991), Tabelle E.2, die anhand von OECD-Daten aus dem Wirtschaftsausblick, Dezember 1999, S. 210, aktualisiert
wurde. Der Nenner für die dritte Reihe ist das BIP in internationalen Dollar von 1990 aus Anhang A. Der Nenner für 1914 ist das BIP von 1913,
da das BIP von 1914 nicht verfügbar ist.
Tabelle 3.4 Nettomigration: Westeuropa, Japan und große Einwanderungsländer, 1870–1998
(in Tausend, ein negatives Vorzeichen steht für Abwanderung)
1870–1913
Frankreich
Deutschland
Italien
Vereinigtes Königreich
Sonstigec
Westeuropa insgesamt
Japan
Australien
Neuseeland
Kanada
Vereinigte Staaten
Große Einwanderungsländer insg.
a)
1914–1949
1950–1973
1974–1998
890
–2 598
–4 459
–6 415
–1 414
–13 996
–236
–304a
–1 771
–1 405b
54
–3 662
3 630
7 070
–2 139
–605
1 425
9 381
1 026
5 911
1 617
737
1 607
10 898
n.v.
197
–72
–179
885
290
861
15 820
17 856
673
138
207
6 221
7 239
2 033
247
2 126
8 257
12 663
2 151
87
2 680
16 721
21 639
1922–1939; b) ohne den Zeitraum 1939–1945; c) einschließlich Belgien, Niederlande, Norwegen, Schweden und Schweiz.
Quelle:
Die Angaben für den Zeitraum 1870–1973 sind generell Maddison (1991), S. 240, entnommen; die Angaben für Australien in den Jahren
1870–1873 stammen von Vamplew (1987), S. 4–7, für Neuseeland 1870–1973 von Hawke (1985), S. 11–12, und für Kanada im Zeitraum 1870–1950 von Firestone (1958). Die Angaben für den Zeitraum 1974–1998 stammen aus OECD, Labour Force Statistics, 1978–
1998.
Zeit auf Platz 3. In der viertbesten Phase (1913-1950) blieb das Wachstum aus offenkundigen Gründen
– den zwei Weltkriegen und dem dazwischen liegenden Zusammenbruch des Welthandels, der Kapitalmärkte und der Migrationsbewegungen – hinter dem Potential zurück. Das langsamste Wachstum
wurde in der Anfangsphase der kapitalistischen Entwicklung (1820-1870) verzeichnet, wo sich die
Wachstumsdynamik weitgehend auf die europäischen Länder und die großen Einwanderungsländer
beschränkte.
Obwohl unser Zeitalter an zweiter Stelle rangiert und sich die internationalen Wirtschaftsbeziehungen im Zuge der fortdauernden Liberalisierung intensiviert haben, ist doch eine abrupte Verlangsamung
der globalen Wachstumsdynamik eingetreten, und die Wachstumsdivergenzen in den verschiedenen
Weltregionen haben zu einer deutlichen Verschärfung der Ungleichgewichte geführt. Im goldenen
Zeitalter hatte sich der Abstand beim Pro-Kopf-Einkommen zwischen den ärmsten und reichsten
Regionen von 15:1 auf 13:1 verringert. Seither ist er auf 19:1 gestiegen (vgl. Tabelle 3.1b).
144
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Tabelle 3.5 Pro-Kopf-BIP in den drei erfolgreichsten Phasen des kapitalistischen Zeitalters
1950–1973
(goldenes
Zeitalter)
1973–1998
(neoliberale
Wirtschaftsordnung)
1870–1913
(liberale
Wirtschaftsordnung)
Kumulierte jahresdurchschnittliche
Zuwachsrate des Pro-Kopf-BIP
1998
Welt-BIP
1998
Weltbevölkerung
Prozentualer Anteil
Teil A
Westeuropa
Große Einwanderungsländer
Japan
Fortgeschr. kapitalistische Länder insg.
4.08
2.44
8.05
3.72
1.78
1.94
2.34
1.98
1.32
1.81
1.48
1.56
20.6
25.1
7.7
53.4
6.6
5.5
2.1
14.2
Wieder erstarkende asiatische Länder
2.61
4.18
0.38
25.2
50.9
Fortgeschr. kapitalistische Länder und
wieder erstarkende asiat. Länder (49)
2.93
1.91
1.36
78.6
65.1
Teil B
40
44
27
57
andere Länder Asiens
Länder Lateinamerikas
osteurop. Länder und Ex-UdSSR
Länder Afrikas
4.09
2.52
3.49
2.07
0.59
0.99
–1.10
0.01
0.48
1.79
1.15
0.64
4.3
8.7
5.4
3.1
6.5
8.6
6.9
12.9
Schwache Volkswirtschaften (168)
2.94
–0.21
1.16
21.4
34.9
Welt
2.93
1.33
1.30
100.0
100.0
Quelle:
Anhang A. Zu den fünf Phasen des kapitalistischen Zeitalters zählen die drei oben genannten, der Zeitraum 1820–1870, als das weltweite ProKopf-Wachstum eine Jahresrate von 0,53% aufwies, und die Jahre 1913–1950, als es bei 0,91% lag.
In Tabelle 3.5 werden die Erfahrungen verschiedener Teile der Weltwirtschaft in den drei erfolgreichsten Phasen der kapitalistischen Entwicklung verglichen. Die Ergebnisse von 1973-1998 werden
denen des goldenen Zeitalters und der „liberalen Wirtschaftsordnung“ (1870-1913) gegenübergestellt.
Teil A zeigt die Ergebnisse von 49 Volkswirtschaften, die mehr als drei Viertel des weltweiten
BIP produzieren und zwei Drittel der Weltbevölkerung auf sich vereinen. Die fortgeschrittenen kapitalistischen Länder (Westeuropa, die großen Einwanderungsländer und Japan) erwirtschaften zusammen
über die Hälfte des Welt-BIP. In dieser Gruppe sank das Pro-Kopf-Wachstum im Zeitraum 1973-1998
weit unter das im goldenen Zeitalter verzeichnete Niveau, war aber deutlich besser als in den Jahren
1870-1913. Im zweiten Abschnitt von Teil A sind die Ergebnisse der wieder erstarkenden asiatischen
Länder dargestellt – 15 Länder, auf die ein Viertel des weltweiten BIP entfällt und die die Hälfte der
Weltbevölkerung stellen. Der Erfolg dieser Länder war außergewöhnlich. Ihr Pro-Kopf-Wachstum hat
sich seit 1973 rascher entwickelt als im goldenen Zeitalter und war mehr als zehnmal so hoch wie
unter der alten liberalen Wirtschaftsordnung. Sie haben gegenüber den führenden Ländern erheblich
aufgeholt und folgen (in unterschiedlichem Grade) dem Modell Japans, das im goldenen Zeitalter
einen großen Sprung nach vorne getan hat.
Würde die Welt nur die beiden Ländergruppen von Teil A umfassen, dann könnte die Struktur
der Weltentwicklung als eine klare Demonstration der Möglichkeiten einer bedingten Konvergenz
interpretiert werden, wie sie die neoklassische Wachstumstheorie nahe legt. Danach müssten Länder
mit niedrigem Einkommen über ein „rückstandsbedingtes Aufholpotential“ verfügen und in der Lage
sein, ein rascheres Wachstum zu erreichen als wohlhabendere Volkswirtschaften, die sehr viel näher an
145
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.6 Wirtschaftliche Merkmale der zwanzig größten Länder, 1998
BIP in
Mrd. KKP-Dollar
von 1990
Vereinigte Staaten
China
Japan
Indien
Deutschland
Frankreich
Vereinigtes Königreich
Italien
Brasilien
Russland
Mexiko
Indonesien
Kanada
Südkorea
Spanien
Türkei
Australien
Thailand
Argentinien
Taiwan
20 größte Länder insg.
Welt
Anmerkung:
7 394.6
3 873.4
2 581.6
1 702.7
1 460.1
1 150.1
1 108.6
1 022.8
926.9
664.5
655.9
627.5
622.9
564.2
560.1
423.0
382.3
372.5
334.3
327.0
26 755.0
33 725.6
Pro-Kopf-BIP
in KKP-Dollar
von 1990
27 331
3 117
20 410
1 746
17 799
19 558
18 714
17 759
5 459
4 523
6 655
3 070
20 559
12 152
14 227
6 552
20 390
6 205
9 219
15 012
7 023
5 709
Bevölkerung
in Mio.
Prozentualer
Anteil am
Welt-BIP
Prozentualer
Anteil an
der Weltbevölkerung
270.6
1 242.7
126.5
975.0
82.0
58.8
59.2
57.6
169.8
146.9
98.6
204.4
30.3
46.4
39.4
64.6
18.8
60.0
36.3
21.8
3 809.7
5 907.7
21.9
11.5
7.7
5.0
4.3
3.4
3.3
3.0
2.7
2.0
1.9
1.9
1.8
1.7
1.7
1.3
1.1
1.1
1.0
1.0
79.3
100.0
4.6
21.0
2.1
16.5
1.4
1.0
1.0
1.0
2.9
2.5
1.7
3.5
0.5
0.8
0.7
1.1
0.3
1.0
0.6
0.4
64.5
100.0
Die KKP-Dollar von 1990 werden geschätzt, indem die Landeswährungen anhand der Kaufkraftparität und nicht des Wechselkurses umgerechnet werden. Die Schätzungen der Kaufkraftparität sind hauptsächlich dem Internationalen Vergleichsprojekt
(International Comparisons Programme – ICP) von OECD, Eurostat und Vereinten Nationen entnommen. Wegen detaillierter
Erläuterungen vgl. die Einleitung zu Anhang A.
ihrer technologischen Grenze operieren. Realisiert werden kann dieses Potential aber nur, wenn es
solchen Ländern gelingt, Ressourcen effizient zu mobilisieren und zu verteilen, das Human- und Sachkapital zu verbessern und so die geeigneten Technologien zu integrieren und anzupassen. Die wieder
erstarkenden asiatischen Länder haben diese Chancen genutzt. Auf die Länder in Teil B der Tabelle
trifft dies nicht zu. Ihre relative Position hat sich seit 1973 drastisch verschlechtert.
Teil B zeigt die Ergebnisse „schwacher Volkswirtschaften“. Zusammengenommen erwirtschaften
sie rund ein Fünftel des weltweiten BIP und vereinen etwa ein Drittel der Weltbevölkerung auf sich. In
all diesen Regionen haben sich die Wirtschaftsergebnisse seit dem goldenen Zeitalter alarmierend
verschlechtert. In den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR waren sie katastrophal. So ging das
gesamte Pro-Kopf-Einkommen der Teil-B-Länder in den vergangenen 25 Jahren jährlich um 0,21%
zurück. Im goldenen Zeitalter war das Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens dieser Länder insgesamt
noch mit dem der Teil-A-Länder identisch. Im Zeitraum 1870-1913 hatten ihre Gesamtergebnisse
nicht weit unter denen der Teil-A-Länder gelegen.
Vor einer detaillierten Analyse der Entwicklungen seit 1973 sollte auf vier große Schocks hingewiesen werden, die die Wachstumsdynamik gebremst und in verschiedenen Teilen der Welt zu
unterschiedlichen Zeitpunkten ungleich starke Wirkungen gezeigt haben. Der erste Schock war eine
dreifache Herausforderung an die Gruppe der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder Anfang der
siebziger Jahre (eine starke Beschleunigung der Inflation, der Zusammenbruch des internationalen
Währungssystems von Bretton Woods und die OPEC-Entscheidung zur Anhebung der Ölpreise). Der
zweite Schock stand im Zusammenhang mit der Schuldenkrise, die Lateinamerika in den frühen acht146
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
ziger Jahren traf. Der dritte Schock ergab sich durch den Verfall der japanischen Vermögenswertpreise
gegen 1990, der einen außergewöhnlich starken Deflationseffekt für die bis dahin dynamischste
Volkswirtschaft der Welt mit sich brachte. Der vierte Schock kam mit der Auflösung der Sowjetunion
im Jahr 1991, d.h. dem Verlust der sowjetischen Kontrolle über die osteuropäischen Länder, dem Ende
der Handelsvereinbarungen innerhalb des RGW und des Warschauer Pakts sowie der Aufteilung der
UdSSR in 15 Nachfolgestaaten.
Obwohl diese Schocks tiefgreifende Auswirkungen hatten, erwies sich die liberale internationale
Wirtschaftsordnung als bemerkenswert robust. Es kam weder zu einem Zusammenbruch des Welthandels noch der Kapitalmärkte, und obwohl es eine Reihe kleinerer Kriege gab, wurden die potentiell
tödlichen Gefahren eines weltweiten Konflikts, wie sie der Kalte Krieg in sich barg, doch weitgehend
entschärft.
Die Ereignisse, die die fünfte Phase der kapitalistischen Entwicklung kennzeichneten, hatten
komplexere Ursachen, gestalteten sich in den einzelnen Regionen unterschiedlich und verliefen weniger synchron als im goldenen Zeitalter. Aus diesem Grund müssen die Erfahrungen jeder einzelnen
Region getrennt untersucht werden.
I
Fortgeschrittene kapitalistische Länder
Westeuropa
Zwischen 1973 und 1998 wuchs das westeuropäische BIP jährlich um 2,1%, gegenüber 4,8% im
goldenen Zeitalter. Zurückzuführen ist diese Abschwächung auf drei Faktoren: a) eine Verlangsamung
des Bevölkerungswachstums von 0,7% auf 0,3% jährlich auf Grund eines deutlichen und generellen
Rückgangs der Geburtenziffern, b) einen sehr starken Anstieg der Arbeitslosigkeit und anderer Formen
der Unterauslastung des Arbeitskräftepotentials und c) eine langsamere Zunahme der Arbeitsproduktivität um eine Jahresrate von nur 2,3%, gegenüber 4,8% im goldenen Zeitalter.
Ein Nachlassen des Produktivitätswachstums in Westeuropa war unvermeidlich. Im Zeitraum
1950-1973 boten sich einmalige Chancen, zum Niveau der Vereinigten Staaten aufzuschließen, und
diese Chancen wurden auch genutzt; damals war der technische Fortschritt im führenden Land (den
Vereinigten Staaten) sehr viel rascher als seit 1973. In der Tat setzte sich der Aufholprozess nach 1973
weiter fort. Das durchschnittliche Produktivitätsniveau in Westeuropa stieg zwischen 1973 und 1998
von zwei Dritteln des amerikanischen Niveaus auf über vier Fünftel. Dennoch nahm das Pro-KopfEinkommen in den meisten westeuropäischen Ländern auf Grund der Arbeitsmarktflaute langsamer zu
als in den Vereinigten Staaten (vgl. Tabelle 3.7).
Der beunruhigendste Aspekt in der wirtschaftlichen Entwicklung Westeuropas seit 1973 ist der
dramatische Anstieg der Arbeitslosigkeit. Zwischen 1994 und 1998 lag die durchschnittliche Arbeitslosenquote bei nahezu 11% der Erwerbsbevölkerung (vgl. Tabelle 3.8). Damit erreichte sie ein höheres
Niveau als zum Zeitpunkt der großen Depression in den dreißiger Jahren und war viermal so hoch wie
im goldenen Zeitalter. Eine derart massive Arbeitslosigkeit hätte eine größere Wirtschaftskrise ausgelöst, wenn die Arbeitslosen nicht umfangreiche Einkommensunterstützungsleistungen aus der Sozialversicherung erhalten hätten. Der Hauptgrund für diese Zunahme der Arbeitslosigkeit war eine Neuorientierung der makroökonomischen Politikziele, die zunächst unter dem Druck der Ereignisse vorgenommen wurde, von der sich in der Folgezeit aber herausstellte, dass es sich um einen grundlegenden
ideologischen Wandel handelte.
147
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.7 Westeuropa und Vereinigte Staaten: Konvergenzgrad bei Produktivität
und Pro-Kopf-BIP, 1950–1998
Pro-Kopf-BIP
BIP je Arbeitsstunde
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsrate)
1950–1973
1973–1998
1950–1973
1973–1998
Frankreich
Deutschland
Italien
Vereinigtes Königreich
12 Länder Westeuropas
4.1
5.0
5.0
2.4
3.9
1.6
1.6
2.1
1.8
1.8
5.0
5.9
5.8
3.1
4.8
2.5
2.4
2.3
2.2
2.3
Irland
Spanien
3.0
5.8
4.0
2.0
4.3
6.4
4.1
2.9
Vereinigte Staaten
2.5
2.0
2.8
1.5
Pro-Kopf-BIP-Niveau
1950
1973
BIP-Niveau je Arbeitsstunde
US = 100
1998
1950
1973
1998
Frankreich
Deutschland
Italien
Vereinigtes Königreich
12 Länder Westeuropas
55
41
37
72
52
79
72
64
73
73
72
65
65
68
72
46
32
35
63
44
76
62
67
67
68
98
77
81
79
83
Irland
Spanien
36
25
41
52
67
52
29
21
41
46
78
64
Zahl der Beschäftigten
in % der Bevölkerung
1950
1973
1998
Zahl der Arbeitsstunden
je Einwohner
1950
1973
1998
Frankreich
Deutschland
Italien
Vereinigtes Königreich
12 Länder Westeuropas
47.0
42.0
40.1
44.5
43.4
41.1
44.9
41.5
44.6
43.3
38.6
44.0
42.3
45.8
43.5
905
974
800
871
904
728
811
669
753
750
580
670
637
682
657
Irland
Spanien
Vereinigte Staaten
41.1
41.8
40.5
34.7
37.4
41.0
40.6
34.0
49.1
925
921
756
698
805
704
672
648
791
Quelle: Anhänge A und E.
Den „Standpunkt des Establishments“ zu den anzustrebenden wirtschaftspolitischen Zielen im
goldenen Zeitalter beschrieb Erik Lundberg (1968, S. 37) wie folgt: „In der Nachkriegszeit wurde
die Erreichung von Vollbeschäftigung und raschem Wirtschaftswachstum zu einem der wichtigsten
Anliegen der nationalen Regierungen. Während des größten Teils der Zwischenkriegszeit waren es
nicht diese wirtschaftspolitischen Ziele, an denen sich die Regierungen orientierten, sondern vielmehr
Ziele verschiedener Art, die heute weitgehend als intermediär, zweitrangig, irrelevant oder irrational
bezeichnet werden würden, wie beispielsweise die Wiederherstellung oder Wahrung eines bestimmten
Wechselkurses, der jährliche Ausgleich des Staatshaushalts sowie die Stabilität des Preisniveaus auf
dem laufenden bzw. zuvor erreichten Niveau“.
Im Laufe der siebziger Jahre nahm man von den Zielen der Vollbeschäftigung und des raschen
Wirtschaftswachstums Abstand, stattdessen wurde die Preisstabilität zur obersten Priorität. Zunächst
war diese Umorientierung auf Grund der Konjunkturlage voll berechtigt. Nach dem Zusammenbruch des
148
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Abbildung 3.1 Pro-Kopf-BIP: binäre Gegenüberstellung Vereinigte Staaten/Japan, Vereinigte Staaten/Europa,
1950-1998
(in Geary-Khamis-Dollar von 1990)
100 000
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
10 000
Deutschland
Japan
Ehemalige UdSSR
1 000
1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
1990
2000
100 000
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
Frankreich
10 000
Vereinigtes Königreich
Italien
1 000
1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
Quelle: Anhang C.
149
1990
2000 1950
1960
1970
1980
1990
2000
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.8 Arbeitslosigkeit und Inflation in fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern, 1950–1998
Niveau der Arbeitslosigkeit
(in % der Erwerbsbevölkerung)
Veränderungen des Verbraucherpreisindex
(kumulierte jahresdurchschnittliche
Zuwachsrate)
1950–1973 1974–1983 1984–1993 1994–1998 1950–1973 1973–1983 1983–1993 1994–1998
Belgien
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Verein. Königreich
Irland
Spanien
Westeuropa
Durchschnitt
3.0
1.7
2.0
2.5
5.5
2.2
1.9
1.8
2.8
n.a.
2.9
8.2
4.7
5.7
4.1
7.2
7.3
2.1
2.3
7.0
8.8
9.1
8.8
6.9
10.0
6.2
9.3
7.3
4.1
3.4
9.7
15.6
19.4
9.7
14.2
12.1
9.0
11.9
5.9
4.6
9.2
8.0
11.2
21.8
2.9
5.6
5.0
2.7
3.9
4.1
4.8
4.7
4.6
4.3
4.6
8.1
10.5
11.2
4.9
16.7
6.5
9.7
10.2
13.5
15.7
16.4
3.1
4.6
3.7
2.4
6.4
1.8
5.1
6.4
5.2
3.8
6.9
1.8
1.0
1.5
1.7
3.5
2.2
2.0
1.5
3.0
2.1
3.4
2.6
6.0
9.2
10.7
4.3
11.2
4.5
2.2
Australien
Kanada
Vereinigte Staaten
Durchschnitt
2.1
4.7
4.6
3.8
5.9
8.1
7.4
7.1
8.5
9.7
6.7
8.3
8.6
9.4
5.3
7.8
4.6
2.8
2.7
3.4
11.3
9.4
8.2
9.6
5.6
4.0
3.8
4.5
2.0
1.3
2.4
1.9
Japan
1.6
2.1
2.3
3.4
5.2
7.6
1.7
0.6
Quelle:
Die Arbeitslosenquoten für den Zeitraum 1950–1983 sind Maddison (1995a), S. 84, entnommen und wurden anhand von OECD, Labour Force
Statistics, aktualisiert. Die Angaben zum Verbraucherpreisindex für den Zeitraum 1950–1983 stammen aus Maddison (1995a) und wurden, auf
der Grundlage von OECD-Wirtschaftsausblick, Dezember 1999, aktualisiert.
festen Wechselkurssystems von Bretton Woods fühlten sich die politischen Entscheidungsträger ohne
einen monetären Anker orientierungslos. Die Aufgabe der festen Wechselkurse geschah zu einem
Zeitpunkt wachsender inflationärer Spannungen, und die Erwartungen eines Inflationsschubs wurden
durch den ersten OPEC-Schock in hohem Maße verstärkt. Man glaubte, dass eine über einen gewissen
Punkt hinausgehende Akkommodierung der Inflation eine Hyperinflation nach sich ziehen und dies
die gesamte soziopolitische Ordnung gefährden würde. Das war das „Auf-Messers-Schneide“-Theorem.
Nachdem die Einkommenspolitik diskreditiert worden war, schien der Abbau der Inflation die einzig
mögliche Option.
Bestärkt wurden die politischen Entscheidungsträger in ihrer veränderten Haltung durch die
neuen Theorien, die unter den Ökonomen zu jener Zeit in Mode waren. So wurden die Keynesianer
gewissermaßen marginalisiert und verloren ihren Einfluss auf die Wirtschaftspolitik. Die Politiker
suchten wirtschaftstheoretischen Rückhalt an anderer Stelle. Friedman, Hayek und die Neo-Österreicher
sahen in der Arbeitslosigkeit ein nützliches Gegengewicht. Die Theorie der rationalen Erwartungen
sprach diskretionären Politikmaßnahmen jede Nützlichkeit ab. Die Verfechter dieser Theorie argumentierten, dass sich die Wirtschaft selbst reguliere, wenn einfache Regeln lange genug verfolgt würden. Die Verantwortung für die wirtschaftspolitischen Maßnahmen sollte von den Finanzministern auf
die Zentralbanken übertragen werden. Diese sollten soweit wie möglich ihre Entscheidungen frei von
jedem politischen Druck treffen können.
Bis 1983 hatten sich die Maßnahmen zum Inflationsabbau als recht erfolgreich erwiesen, und die
OPEC hatte viel von ihrer Macht verloren. Im Zeitraum 1973-1983 hatte die Inflation in Westeuropa
im Jahresdurchschnitt 11,2% erreicht, in den Jahren 1983-1993 waren es nur noch 4,5%. Zwischen 1993
und 1998 ging sie auf 2,2% zurück – eine etwa halb so hohe Rate wie im goldenen Zeitalter (vgl.
Tabelle 3.8).
150
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Tabelle 3.9 Gesamte Staatsausgaben in Prozent des BIP zu jeweiligen Preisen:
Westeuropa, Vereinigte Staaten und Japan, 1913–1999
1913
1938
1950
1973
1999
Frankreich
Deutschland
Niederlande
Vereinigtes Königreich
Arithmetischer Durchschnitt
8.9
17.7
8.2a
13.3
12.0
23.2
42.4
21.7
28.8
29.0
27.6
30.4
26.8
34.2
29.8
38.8
42.0
45.5
41.5
42.0
52.4
47.6
43.8
39.7
45.9
Vereinigte Staaten
Japan
8.0
14.2
19.8
30.3
21.4
19.8
31.1
22.9
30.1
38.1
a) 1910.
Quelle:
Die Daten für den Zeitraum 1913–1973 sind Maddison (1995a, S. 65), die Angaben für 1999 dem OECD-Wirtschaftsausblick, Dezember
1999, Tabelle 28, entnommen.
Dass in den neunziger Jahren trotz hoher Arbeitslosigkeit und niedriger Inflation an einer Deflationspolitik festgehalten wurde, erklärte sich weitgehend durch ein neues Politikziel – die Währungsunion.
In dem 1970 vorgelegten Werner-Bericht war die Einrichtung einer Währungsunion unter den
Mitgliedern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft empfohlen worden, von diesem Ziel wurde
aber unter dem Einfluss der monetären Turbulenzen von Anfang der siebziger Jahre und des Zusammenbruchs des Systems der Wechselkursschlange (dem Vorläufer des EWS) 1976 wieder abgerückt.
Das EWS wurde 1979 geschaffen, um eine Zone währungspolitischer Stabilität einzurichten, und
erwies sich zwischen 1987 und 1992 als recht erfolgreich. Deshalb wurde das Ziel der Währungsunion
wieder aufgegriffen und im Delors-Bericht von 1989 niedergelegt. In diesem Bericht wurde erneut die
Bedeutung von Politikzielen betont, die Lundberg 1968 als zweitrangig oder irrational eingestuft hatte.
Es wurden weder Beschäftigungs- oder Wachstumsziele genannt noch eine eingehende Prüfung der
institutionellen, sozialen und wirtschaftlichen Kosten einer erzwungenen Konvergenz und Konformität
im Preis- und Lohnverhalten sowie in der Geld- und Finanzpolitik vorgenommen. Die wichtigsten
wirtschaftlichen Vorteile wurden in einer Verringerung der Transaktionskosten, mehr wirtschaftlicher
Stabilität und der Realisierung von Skalenvorteilen in einem stärker integrierten und wettbewerbsfähigeren europäischen Markt gesehen. Der Vorschlag wurde von der EG 1991 angenommen und im
Maastricht-Vertrag über die Europäische Union verankert, der 1993 ratifiziert wurde.
Der Weg zur Währungsunion verlief nicht reibungslos. 1992 brach eine größere Währungskrise
aus. Nach kostspieligen Interventionen zur Verteidigung der zu jener Zeit geltenden Wechselkurse
kam es zu einer Reihe von Abwertungen. Italien und das Vereinigte Königreich schieden aus dem
EWS aus. 1993 sah sich das Europäische Währungssystem auf Grund des auf dem französischen
Franc lastenden Drucks gezwungen, die bis dahin geltenden Bandbreiten für die Schwankungen der
Wechselkurse von 2,25% auf 15% zu erweitern. Dennoch war die Entschlossenheit, das Projekt zum
Erfolg zu führen, insbesondere in den Ländern groß, die in der Vergangenheit mit besonders ausgeprägten Inflationsproblemen und Wechselkursinstabilität zu kämpfen gehabt hatten und für die sich
die Vorteile einer Währungsunion langfristig gesehen am vielversprechendsten darstellten. Sie waren
bereit, eine längere Phase hoher Arbeitslosigkeit in Kauf zu nehmen, um die Konvergenzverpflichtungen für die Teilnahme zu erfüllen – Reduzierung der Inflation auf ein für sie sehr niedriges Niveau,
Wahrung der Wechselkursstabilität sowie Rückführung der Haushaltsdefizite. Dank dieser Maßnahmen konnte ein beachtlicher Konvergenzgrad erreicht werden. Die Währungsunion wurde Anfang
1999 eingeführt, wobei alle beitrittswilligen Kandidaten akzeptiert wurden (außer Griechenland, das
der Union im Jahr 2001 beitrat).
151
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Obwohl die staatliche Politik in den westeuropäischen Ländern über einen längeren Zeitraum
deflationär ausgerichtet war, wurde ihr budgetärer Spielraum doch durch die wohlfahrtsstaatlichen
Zwänge, die hier sehr viel weitreichender sind als in den Vereinigten Staaten und Japan, erheblich
eingeschränkt. Mit zunehmender Arbeitslosigkeit waren automatisch mehr Transferzahlungen zu
leisten. In vielen Fällen, insbesondere in Frankreich und den Niederlanden, wo man die Ursache für
die Arbeitslosigkeit in einem zu hohen Kräfteangebot sah, suchten die Regierungen Arbeitskräfte dazu
zu bewegen, vorzeitig in den Ruhestand zu treten oder eine „Invalidenrente“ in Anspruch zu nehmen.
Gleichzeitig nahm das Volumen der Rentenleistungen auf Grund des Alterungsprozesses der Bevölkerung stetig zu. Die Haushaltsdefizite waren im Zeitraum 1974-1996 sehr viel höher als im goldenen
Zeitalter. Unter dem immer stärker werdenden Druck, die Konvergenzkriterien für die Währungsunion
zu erfüllen, gingen sie dann 1997-1998 zurück. Die deflationäre Ausrichtung der staatlichen Politik
lässt sich deutlicher am Realzinsniveau erkennen, das in der Zeit des moderaten Preisanstiegs nach
1982 sehr viel höher war als während des goldenen Zeitalters und in den Hochinflationsjahren 19741981.
Seit 1973 stützen sich die westeuropäischen Länder in größerem Maße auf die Marktkräfte, um
die Effizienz der Ressourcenallokation zu verbessern. Dies spiegelte sich in Entscheidungen zur Aufhebung der internationalen Kapitalverkehrskontrollen und der Privatisierung von Staatsbetrieben wider.
Gleichwohl bleibt der Agrarsektor weiterhin stark geschützt, und die Regulierungs- sowie die Steuerpolitik stehen einer effizienten Funktionsweise der Arbeitsmärkte im Weg.
Vereinigte Staaten
Die Vereinigten Staaten haben mit ihrer seit 1973 verfolgten Wirtschaftspolitik das Potential
für Einkommenszuwächse sehr viel besser auszuschöpfen gewusst als Westeuropa und Japan. Die
Arbeitslosenquote sank auf weniger als die Hälfte des westeuropäischen Niveaus, während sie im
Zeitraum 1950-1973 generell doppelt so hoch gewesen war wie in Europa. Die Erwerbsbeteiligung ist
gestiegen, und die Beschäftigung erhöhte sich zwischen 1973 und 1998 von 41% der Bevölkerung auf
49%, gegenüber einem durchschnittlichen Anstieg in Europa von 42% auf 44% (vgl. Tabelle 3.7). Die
Zahl der geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen nahm zu, während sie in Westeuropa zurückging.
Die starke Konjunkturdynamik wurde mit einer in der Regel moderateren Inflationsrate als in Westeuropa erreicht.
Die politischen Entscheidungsträger in den Vereinigten Staaten sahen sich bei der Steuerung
ihrer Wirtschaft auf hohem Nachfrageniveau weniger Hindernissen gegenüber als ihre europäischen
Kollegen. Als Land mit der wichtigsten Reservewährung der Welt, das seit langem mit dem freien
internationalen Kapitalverkehr vertraut ist, haben die USA Wechselkursschwankungen generell mit
einer gewissen Nonchalance hingenommen. Die Regierung Reagan nahm umfangreiche Steuersenkungen vor und ergriff weitreichende Deregulierungsmaßnahmen in der Erwartung einer positiven
angebotsseitigen Reaktion, die es erlauben würde, möglicherweise entstehende inflationäre Spannungen in Schach zu halten. Die Vereinigten Staaten verfügten über flexiblere Arbeitsmärkte. Ihr Kapitalmarkt war besser gerüstet, innovative Unternehmen mit Risikokapital zu versorgen. Ihre Wirtschaft ist
größenmäßig mit der Westeuropas vergleichbar, sie ist jedoch wesentlich stärker integriert. Die Nachfragedynamik wurde durch den Boom an den Aktienmärkten in den neunziger Jahren aufrechterhalten.
Die Vereinigten Staaten zählten zu den großen Gewinnern des Globalisierungsprozesses an den
internationalen Kapitalmärkten. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1988 hatten ihre Forderungen ihre Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland stets überstiegen, danach sank ihre Nettovermögensposition aber von rd. Null auf minus 1,5 Bill. $ (über 20% des BIP). So hat der Rest der
Welt dazu beigetragen, den lang anhaltenden Boom in den Vereinigten Staaten aufrechtzuerhalten und
das hohe amerikanische Zahlungsbilanzdefizit zu finanzieren (vgl. Tabelle 3.10).
152
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Auf der anderen Seite haben die USA mit der sehr starken Ausweitung ihrer Importe zur Stützung
der Weltnachfrage beigetragen. Zwischen 1973 und 1998 expandierte das Importvolumen rascher als
in Westeuropa und Japan. Die hier verzeichnete Zuwachsrate war kaum niedriger als in den Jahren
1950-1973, während in den meisten westeuropäischen Ländern und in Japan demgegenüber eine deutliche Abschwächung zu beobachten war (vgl. Tabelle 3.11). Maßgeblich für den Importboom in den
Vereinigten Staaten waren die Stärke der Nachfragedynamik und die Auswirkungen der sukzessiven
Zollsenkungen im Rahmen des GATT und der WTO, aber auch regionale Übereinkünfte wie das
Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA).
Obwohl es den Vereinigten Staaten gelungen ist, ein hohes Nachfrage- und Konjunkturniveau
aufrechtzuerhalten, verzeichnen sie seit 1973 ein langsameres Wirtschaftswachstum als im Zeitraum
1950-1973. Zurückzuführen ist dies vor allen Dingen auf die wesentlich geringeren Produktivitätsfortschritte. In den Jahren 1950-1973 hatte die Arbeitsproduktivität jährlich um 2,8% zugenommen. Zwischen 1973 und 1998 fiel die Zuwachsrate auf 1,5%; das war die niedrigste seit 1870 jemals über
längere Zeit verzeichnete Rate. Zwischen 1913 und 1973 lag das Wachstum der gesamten Faktorproduktivität (d.h. die Reaktion der Produktion auf den kombinierten Einsatz der Faktoren Arbeit und
Kapital) in den Vereinigten Staaten im Schnitt bei 1,6-1,7% jährlich. Zwischen 1973 und 1998 wurde
etwa ein Drittel dieses Wachstumstempos erreicht.
Die Verlangsamung der Produktivitätsfortschritte wurde durch die bessere Nutzung des Potentials überdeckt; wenn dieser Trend anhält, sind jedoch sehr schwerwiegende Konsequenzen für das
künftige Wachstum zu befürchten, da er durch weitere Steigerungen des Nachfrageniveaus nicht länger wettgemacht werden kann. Die schwächere Produktivitätsentwicklung in den Vereinigten Staaten
hat wahrscheinlich zum Rückgang des Produktivitätswachstums in anderen fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern mit einem dem der USA annähernd vergleichbaren Technologieniveau beigetragen.
Auf lange Sicht werden sich die Effekte auf ärmere Länder übertragen, die auf niedrigeren Technologieniveaus operieren.
Für viele Akteure der „neuen Wirtschaft“ (Informationstechnologien und damit verbundene Aktivitäten) ist die Vorstellung von einer Verlangsamung des technischen Fortschritts inakzeptabel. In der
Computer- und Kommunikationstechnologie wurden spektakuläre Fortschritte erzielt, und diese Akteure
gehen davon aus, dass hiervon starke Wirkungen auf die übrige Wirtschaft ausstrahlen. Sie rechtfertigen
ihre Position mit punktuellen bzw. mikroökonomischen Belegen für ihren Lieblingssektor und verweisen auf den phänomenalen Kursanstieg am NASDAQ-Aktienmarkt (der auf „neue“ Technologiewerte spezialisiert ist). Allerdings haben sich die Auswirkungen dieser technologischen „Revolution“
erst vor ganz kurzer Zeit in den makroökonomischen Statistiken niederzuschlagen begonnen.
Der NASDAQ bewertet viele Unternehmen, die niedrige oder gar keine Gewinne erzielen, gleichwohl hoch und hat im zweiten Halbjahr 2000 gegenüber seinem Höchststand nahezu 50% an Wert
verloren.
Die Anhänger der neuen Wirtschaft haben argumentiert, dass die Statistiken der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung das Wachstum nicht korrekt messen würden. Das traf effektiv bis zu einem
gewissen Grade zu, da die traditionellen Schätzungen des US-Wachstums während über 60 Jahren auf
Gewichtungen jüngeren Datums basierten. Dadurch wurde das amerikanische Wachstum im Vergleich
zu dem in Westeuropa angewandten Gewichtungsverfahren effektiv zu niedrig ausgewiesen.
1993 wurde das traditionelle Konzept für die Berechnung des BIP durch zwei neue Messgrößen
modifiziert: a) eine Methode, bei der die Gewichtung alle fünf Jahre verändert wird (ein Verfahren,
das damals in den meisten EU-Ländern galt) sowie b) einen Kettenindex mit jährlich neuer Gewichtung
(ein Verfahren, das zu diesem Zeitpunkt nur in den Niederlanden offiziell angewendet wurde).
Der segmentierte Fünfjahres-Index wies das höchste Wachstum aus (0,28% mehr pro Jahr als die
traditionelle Messgröße und 0,04% mehr als der Kettenindex). In Maddison (1995a) wurde, soweit
verfügbar, der segmentierte Fünfjahres-Index verwendet (die Daten gingen bis 1959 zurück).
153
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.10 Bestand an Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland:
Vereinigte Staaten, Japan, Deutschland und Vereinigtes Königreich, 1989–1998
(in Mrd. $ zu jeweiligen Wechselkursen)
Forderungen
Verbindlichkeiten
Nettoforderungen
Forderungen
Vereinigte Staaten
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
2 348
2 291
2 468
2 464
3 055
3 276
3 869
4 545
5 289
5 948
2 397
2 459
2 731
2 919
3 237
3 450
4 292
5 092
6 355
7 485
864
1 100
1 146
1 175
1 285
1 432
1 656
1 691
1 759
–49
–168
–263
–455
–182
–174
–423
–547
–1 066
–1 537
595
751
818
881
1 080
1 237
1 537
1 612
1 695
Nettoforderungen
Japan
1 771
1 858
2 007
2 035
2 181
2 424
2 633
2 653
2 737
2 986
1 477
1 529
1 622
1 520
1 569
1 734
1 815
1 762
1 779
1 833
Deutschland
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
Verbindlichkeiten
294
329
385
515
612
690
818
891
958
1 153
Vereinigtes Königreich
269
349
328
294
205
195
119
79
64
1 514
1 728
1 756
1 731
2 001
2 090
2 386
2 775
3 212
3 521
1 432
1 744
1 750
1 697
1 948
2 096
2 394
2 778
3 348
3 695
82
–16
6
34
53
35
–8
–3
–14
–17
Quelle:IWF, International Financial Statistics.
Tabelle 3.11 Wachstum des Warenimportvolumens und BIP-Anteil der Importe:
Westeuropa, Japan und Vereinigte Staaten, 1950–1998
Wachstum des Importvolumens
(kumulierte Jahreszuwachsraten)
1950–1973
BIP-Anteil der Importe
zu Preisen von 1990
1973–1998
1950
1973
1998
Frankreich
Deutschland
Italien
Vereinigtes Königreich
9.3
12.6
11.3
4.8
4.6
4.7
4.0
4.0
6.1
4.1
4.9
11.4
15.2
17.6
16.3
17.2
27.7
36.1
24.9
28.2
Japan
16.0
4.0
2.5
9.7
12.4
Arithmetischer Durchschnitt
10.8
4.3
5.8
15.2
25.9
6.6
5.6
3.9
6.9
13.0
Vereinigte Staaten
154
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Kasten 3.1 Auswirkungen der jüngsten Umstellung der Messmethoden auf Niveau
und Wachstum des amerikanischen BIP, 1929–1998
(in Mio. Dollar von 1990)
1929
1950
1959
1973
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
Maddison (1995a)
aktualisiert
BEA (1998)
844 324
1 457 624
1 981 830
3 519 224
5 464 795
5 410 089
5 562 302
5 697 296
5 907 953
6 059 772
6 276 136
6 522 904
6 777 297
740 311
1 508 235
2 068 828
3 665 799
5 743 800
5 690 540
5 844 986
5 980 898
6 187 856
6 329 197
6 547 387
6 804 797
BEA (1999)
BEA (2000)
(1 455 916)
1 997 061
3 536 622
5 803 200
5 790 784
5 983 457
6 124 987
6 371 321
6 544 370
6 784 105
7 089 655
7 394 598
711 309
1 459 127
2 006 235
3 567 274
5 803 200
5 775 948
5 952 089
6 110 061
6 356 710
6 526 361
6 759 427
7 046 304
7 349 878
7 654 836
a) Die Bewegungen für den Zeitraum 1950–1959 sind BEA (Bureau of Economic Analysis) (1998) entnommen.
Quelle: Die Angaben in Spalte 1 für den Zeitraum 1913–1990 sind Maddison (1995a), die aktualisierten Daten für die Jahre 1990–1997 den
OECD National Accounts 1960–1997, Paris 1999, und für 1997–1998 dem OECD-Wirtschaftsausblick, Juni 1999, entnommen. Die
Angaben in Spalte 2 für den Zeitraum 1929–1997 stammen aus Survey of Current Business, August 1998, die Daten in Spalte 3 aus
Seskin, Survey of Current Business, Dezember 1999. Die Angaben in Spalte 4 sind den Internetseiten des BEA von Juni 2000
entnommen. Um die Aufstellung internationaler Vergleiche zu erleichtern, habe ich die Schätzungen aus BEA (1998) für 1992 in Dollar
von 1990 und aus BEA (1999 und 2000) für 1996 ebenfalls in Dollar von 1990 umgewandelt. Bis zu den neunziger Jahren veröffentlichte
das Bureau of Economic Analysis (BEA) Schätzungen des realen BIP, die bis zum Jahr 1929 zurückreichen, mit einer einzigen Reihe
von Gewichtungen für den gesamten Zeitraum. Im Jahr 1993 veröffentlichte es dann drei alternative Schätzungen, die bis zum Jahr 1959
zurückreichen: a) gemäß den alten festen Gewichtungen, b) mit Hilfe eines Kettenindex mit jährlich neuer Gewichtung sowie c) in Form
eines segmentierten Index, bei dem die Gewichtungen alle fünf Jahre angepasst werden. In Maddison (1995a) habe ich aus Gründen
der internationalen Vergleichbarkeit die dritte Methode verwendet (die dann auch zum Standardverfahren der EU-Länder wurde). In
Spalte 1 habe ich für den Zeitraum 1959-1990 auf die segmentierte 5-Jahres-Gewichtung zurückgegriffen; im Vergleich zur festen
Gewichtung und zum Kettenindex ergab diese Methode ein um 0,28% bzw. 0,04% rascheres Wachstum. In BEA (1998), Spalte 2,
wurden keine alternativen Messungen vorgenommen, für die Daten, die bis 1929 zurückreichen, wurde nur der Kettenindex verwendet.
In BEA (1999) wurden die Angaben für den Zeitraum 1959–1998 erneut geändert (u.a. wurden Computerprogramme als Investition
behandelt). In BEA (2000) reichen die Schätzungen nach der neuen Methode dann bis zum Jahr 1929 zurück.
Auswirkungen der jüngsten Umstellung auf die BIP-Wachstumsrate der Vereinigten Staaten
(gewichtete jahresdurchschnittliche Wachstumsrate)
1929–1950
1950–1973
1973–1998
Maddison (1995a)
BEA (1998)
BEA (1999)
BEA(2000)
2.63
3.91
2.66
3.45
3.93
b
2.68
n.v.
3.93a
2.99
3.48
3.96
2.93
a) Die Bewegungen für den Zeitraum 1950–1959 sind BEA (1998) entnommen.
b) Die Bewegungen für die Jahre 1997–1998 stammen aus BEA (1999).
Die Auswirkungen der Umstellung auf die Wachstumsraten werden in der oben stehenden Tabelle dargestellt. Für den Zeitraum 1950–1973
zeigen die neuen Messmethoden kaum Unterschiede gegenüber den in Maddison (1995a) verwendeten Verfahren. Für die Jahre 1973-1998
weisen die Daten aus BEA (1999), die ich für die Ausarbeitung der vorliegenden Studie verwendet habe, ein Wachstum aus, das um etwa
0,3 Prozentpunkte über den mit der alten Messmethode ermittelten Werten liegt. Allerdings sind die Korrekturen für den Zeitraum 19291950 sehr viel größer, ihre Akzeptanz setzt voraus, dass die amerikanische Wirtschaftsgeschichte weitgehend neu interpretiert wird. Laut
diesen Angaben lag das BIP-Niveau 1929 um 16% unter dem alten Index und würde das Niveau in den früheren Jahren entsprechend
nach unten drücken, wenn es zur Indexierung herangezogen würde. Das Wachstum der Arbeitsproduktivität würde im Zeitraum 1913-1950
jährlich um 2,5-3% steigen, und das Niveau der Arbeitsproduktivität von 1913 läge unter dem entsprechenden, im Vereinigten Königreich
verzeichneten Wert. Die neuen Schätzungen des BEA werden auch das Bild der Wirtschaft während des Krieges und in der unmittelbaren
Nachkriegszeit verändern. Der Rückgriff auf diese neuen Messmethoden für die Jahre 1929–1950 ohne nähere Untersuchung der Gründe
für diese enormen Abweichungen erscheint mir riskant. Ferner ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass kein anderes Land bei einem so
langen und bereits zurückliegenden Zeitraum die Technik des Kettenindex oder hedonische Preisindizes anwendet.
Auch viele westeuropäische Länder haben jüngst die Messmethoden für das makroökonomische Wachstum verändert. Insbesondere haben
die meisten dieser Länder die neuen SVG-Empfehlungen angenommen, denen zufolge Computerprogramme nun als Investition verbucht
werden. Allerdings waren diese Veränderungen generell weniger weitreichend und hatten geringere Auswirkungen auf die Wachstumsraten als in den Vereinigten Staaten. Die meisten anderen OECD-Länder sind nicht zur Kettengewichtung übergegangen und von denen,
die den Kettenindex angenommen haben, sind nur Australien, Frankreich und Norwegen in ihren Berechnungen weiter zurückgegangen
(Frankreich und Niederlande bis 1978, Australien bis 1960). Die meisten anderen Länder verwenden keine hedonische Preisdeflatoren
(die bei Veränderungen von Produktmerkmalen qualitative Anpassungen vornehmen). Hedonische Preisindizes finden in Belgien,
Finnland, Deutschland, Griechenland, Italien, Japan, Spanien bzw. dem Vereinigten Königreich keine Anwendung. In Wyckoff (1995) wird
die jährliche Abnahme von 13% im amerikanischen Preisindex bei Computern und Büromaschinen für die Jahre 1976-1993 dem 2%igen
jährlichen Preisrückgang für diese Kategorie von Produkten in Deutschland im selben Zeitraum gegenübergestellt. Zurückzuführen sind
diese Unterschiede offensichtlich im Wesentlichen auf die Technik für die bei der Zusammenstellung des Index herangezogenen Zahlen.
155
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Seither hat das amerikanische System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung weitere Änderungen erfahren, die sich in einem rascheren Wachstum und einem höheren BIP-Niveau niederschlagen. Nach den neueren Messgrößen ergibt sich immer noch eine deutliche Verlangsamung des
Produktivitätsanstiegs für den Zeitraum 1973-1995, wohingegen für die Jahre 1995 bis 1998 Zuwachsraten ausgewiesen werden, die nicht weit hinter denen des goldenen Zeitalters zurückbleiben. Zwischen 1973 und 1995 wuchs die Arbeitsproduktivität um 1,4% und in den Jahren 1995-1998 um 2,5%.
Diese jüngste Beschleunigung ist weitgehend dem zunehmenden Gewicht der „neuen Wirtschaft“
zuzuschreiben. In Kasten 3.1 werden diese Veränderungen in den statistischen Messmethoden der
Vereinigten Staaten sowie deren Konsequenzen in allen Einzelheiten analysiert. Ferner wird gezeigt,
dass diese Neuerungen das amerikanische Wachstum und Leistungsniveau im Vergleich zu dem etwas
konservativeren Konzept, das in den europäischen Ländern und Japan für die Messung der Auswirkungen der neuen Wirtschaft verwendet wird, bis zu einem gewissen Grade zu hoch ausweisen.
Jorgenson und Stiroh (2000) haben vor kurzem auf der Basis revidierter BIP-Schätzungen eine
Maßstäbe setzende Analyse der amerikanischen Wachstumsergebnisse der vergangenen vier Jahrzehnte durchgeführt. Sie kamen zu der Schlussfolgerung, dass sich die Beschleunigung des technischen Fortschritts im Bereich der Computer- und Kommunikationsindustrie hauptsächlich bei der
Produktion eben dieser Güter niedergeschlagen hat. In den Sektoren, in denen die Computer praktisch
eingesetzt werden, blieb die Produktivitätsentwicklung hingegen weiterhin vergleichsweise schwach.
Nach Meinung der Autoren „gibt es keine Anzeichen für Übergreifeffekte von der IT-Produktion auf
andere Industriezweige – die empirischen Belege liefern kaum Anhaltspunkte für die These einer
‚neuen Wirtschaft‘, in der es zu kaskadenartigen Übergreifeffekten von den IT-Herstellern auf die ITNutzer kommt“.
Oliner und Sichel (2000) kommen, ebenso wie Robert Gordon (2000), zu dem mehr oder minder
übereinstimmenden Schluss, dass zwei Jahrzehnte hoher Investitionen in die „neue Wirtschaft“ einen
zwar verzögerten, aber letztlich doch positiven Effekt auf die makroökonomische Produktivität hatten.
Dass sich in den mit Computern arbeitenden Industriezweigen bisher noch keine eindeutigen
Nutzeffekte gezeigt haben, liegt möglicherweise an den Kosten der Integration neuer Technologien,
die einen massiven Einsatz hoch qualifizierter Kräfte erfordern, an der Tatsache, dass Anlagen und
Qualifikationen rasch veralten, sowie an einigen schwerwiegenden Fehlern, wie sie beispielsweise
durch die sehr kostspielige Panik im Zusammenhang mit dem Jahr-2000-Problem entstanden sind.
Wenn die neuen Technologien voll integriert sind, könnte es längerfristig gesehen zu deutlichen Übergreifeffekten auf andere Wirtschaftszweige kommen.
Noch ist es zu früh für ein Urteil darüber, ob die jüngsten Produktivitätssteigerungen eine Rückkehr
zu dem in den Vereinigten Staaten zwischen 1913 und 1973 erreichten Niveau anzeigen, es besteht
aber Grund zu der Annahme, dass die Fortschritte rascher sein könnten als im Zeitraum 1973-1995.
Sonstige große Einwanderungsländer
Australien verzeichnete die dynamischste Entwicklung unter den übrigen großen Einwanderungsländern. Die positiven Ergebnisse Australiens erklären sich aus einem deutlichen Abbau der Handelsschranken, dem verstärkten Wettbewerb wie auch seiner geographischen Nähe zu den rasch wachsenden asiatischen Ländern. Die Wachstumsbilanz Kanadas und Neuseelands war weit weniger günstig.
Japan
Während des goldenen Zeitalters verzeichnete Japan ein sehr viel rascheres Wachstum als Westeuropa. Zwischen 1950 und 1973 stieg das Pro-Kopf-Einkommen um das Sechsfache und wuchs um eine
156
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Jahresrate von 8%, verglichen mit 4% in Westeuropa. Die Arbeitsproduktivität nahm jährlich um 7,7% zu,
gegenüber 4,8% in Westeuropa, und die gesamte Faktorproduktivität um eine Jahresrate von 5,1%,
gegenüber 2,9%.
Das bessere Abschneiden Japans im Vergleich zu Westeuropa hat mehrere Gründe: a) 1950 lagen
Pro-Kopf-Einkommen und Produktivitätsniveau in Japan bei nur etwas mehr als einem Drittel des
europäischen Niveaus, so dass hier ein größeres Aufholpotential bestand; b) das Bildungsniveau der
japanischen Erwerbsbevölkerung war bereits 1950 nicht weit von der westeuropäischen Norm entfernt, und Japan verfügte über ein enormes Potential an technischen Kompetenzen aus der Militärzeit,
die fortan voll in den Dienst friedlicher Zwecke gestellt werden konnten; c) die Investitionsraten
waren in Japan höher als in Westeuropa, und d) der Pro-Kopf-Arbeitsinput war größer.
Dass Japan in der Lage war, Investitionsanstrengungen so großen Ausmaßes zu unternehmen,
war vor allem der sehr hohen Sparneigung der japanischen Haushalte zu verdanken. Horioka (1990)
führt eine Reihe komplexer Gründe für diese Neigung an. Hierzu zählt u.a. die traditionelle Sparsamkeit der Bevölkerung, die dazu geführt hat, dass auch bei steigendem Einkommen ein bescheidener
Lebensstil beibehalten wurde. Die Japaner hatten eine ausgesprochene Risikoaversion und legten
Ersparnisse an, um im Falle von Krankheit oder unvorhergesehenen Gefahren versorgt zu sein. Da die
Sozialversicherungsleistungen in Japan weniger umfangreich sind als in Europa, mussten die privaten
Haushalte größere Rücklagen für ihre Altersversorgung bilden. Die bedeutende Rolle, die halbjährlich
ausgezahlte Pauschalprämien bei der Entlohnung spielten, sowie die relative Knappheit an Konsumkrediten trugen ebenfalls zu der hohen Sparneigung bei.
Die japanische Regierung hat die Aufholbemühungen der Wirtschaft in ungewöhnlichem Maße
unterstützt. Hier ging es um ein seit langem angestrebtes Ziel. Im 17. und 18. Jahrhundert hatte sich
das Tokugawa-Regime mit Erfolg darum bemüht, zum Einkommensniveau Chinas aufzuschließen und
dieses zu überholen. Ab 1868 bestand das Ziel darin, mit dem Westen gleichzuziehen.
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Angleichungsziel von einem weit gespannten,
interaktiven Netz von Interessengruppen verfolgt. Zwischen der hochgebildeten Verwaltungselite
Japans, Politikern der Liberaldemokratischen Partei (die mit einer kurzen Unterbrechung seit 1955 an
der Macht ist), Industriebossen und dem Bankensystem bestanden enge solidarische Kontakte. Die
traditionsreichen japanischen Konglomerate (keiretsu) und die Banken unterhielten ein enges Geflecht
von Finanzbeziehungen. Zwischen Großunternehmen und kleineren Firmen bestanden häufig historisch gewachsene symbiotische Beziehungen. Die japanischen Gewerkschaften waren auf Betriebsebene organisiert, die Arbeitskräfte verfügten über langfristige Arbeitsplatzsicherheit und identifizierten ihre Interessen mit denen ihrer Arbeitgeber. Die erfolgreichsten Mitglieder der Verwaltungselite
gingen häufig in die Politik oder machten Karriere an der Spitze eines Unternehmens. Das Ministerium für Handel und Industrie (MITI) gab „behördliche Direktiven“ für Unternehmen und Banken
heraus, die die Ressourcenallokation zu Gunsten von Bereichen beeinflussten, die hinsichtlich ihrer
Wachstumsaussichten bzw. Exportmärkte als Schlüsselindustrien betrachtet wurden. Die extrem
geringe Zahl an Rechtsstreitigkeiten spiegelt den Konsenscharakter all dieser Beziehungen wider.
In der Tokugawa-Zeit wurde der Außenhandel streng kontrolliert, und zwar im Rahmen einer
Isolationspolitik (sakoku), die darauf abzielte, ausländische Einflussnahmen in Japan zu verhindern. In
der Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren die Handelsbeziehungen offener, obwohl die
Tendenz zur Autarkie fortbestand. Die Regierung spielte bei der Förderung der technologischen Entwicklung und der Integration ausländischer Technologien eine entscheidende Rolle, wobei sie Mittel
einsetzte, die die nationale Unabhängigkeit wahren sollten. Ausländische Investitionen waren in Japan
sehr begrenzt und sind es auch heute noch. Wirtschaftlich schwache, aber auch einige der starken
Sektoren wurden durch eine Vielzahl von Einfuhrbeschränkungen geschützt.
157
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.12 Aktienkursindizes in Landeswährung, Japan, Vereinigte Staaten
und Westeuropa, 1950–1999
(1989 = 100)
Japan
1950
1973
1989
1992
1998
1999
4.4
14.1
100.0
53.1
45.9
54.0
Vereinigte
Staaten
Frankreich
Deutschland
Italien
Vereinigtes
Königreich
5.2
32.6
100.0
132.6
344.4
435.5
2.4
19.8
100.0
104.6
209.7
260.0
3.6
33.5
100.0
100.8
238.7
247.4
3.5
15.0
100.0
71.0
211.8
238.5
3.1
15.2
100.0
112.6
217.4
Quelle:IWF, International Financial Statistics. Bei den Angaben handelt es sich um Durchschnittswerte für die jeweiligen Jahre.
Tabelle 3.13 Wechselkurse: nationale Währungseinheiten je US-Dollar, Japan und Westeuropa,
1950–1999
(Jahresdurchschnitt)
1950
1973
1989
1992
1998
1999
Japan
Frankreich
Deutschland
Italien
Vereinigtes
Königreich
361
272
138
127
131
114
3.5
4.5
6.4
5.3
5.9
6.2
4.2
2.7
1.9
1.6
1.8
1.8
625
583
1 372
1 232
1 736
1 817
0.36
0.41
0.61
0.57
0.60
0.62
Quelle: IWF, International Financial Statistics.
Obwohl sich diese Version des Kapitalismus für die Erzielung eines raschen Wachstums und
einer hohen Pro-Kopf-Produktion als sehr effektiv erwies, verursachte sie doch höhere Kosten, als es
bei einem stärkeren Rückgriff auf die Marktkräfte, einer weitgehenderen Berücksichtigung der
Verbraucherinteressen und einem höheren Offenheitsgrad gegenüber dem Außenhandel der Fall gewesen wäre. Zu Beginn der neunziger Jahre war der Kapitalstock je Erwerbstätigen in Japan um nahezu
ein Viertel größer als in Westeuropa, die Produktivität aber erheblich niedriger. Arbeiter und Angestellte hatten sehr lange Arbeitszeiten und wenig Urlaub. Zwischen den einzelnen Sektoren gab es sehr
viel größere Leistungsunterschiede, als es für fortgeschrittene kapitalistische Länder die Regel ist –
mit einer sehr niedrigen Produktivität in der Landwirtschaft und im Distributionssektor und einer
international führenden Position in der Automobil-, der Stahl- und der Werkzeugmaschinenindustrie
sowie im Bereich der Unterhaltungselektronik.
In Japan war es wie in Westeuropa unvermeidlich, dass sich die Wachstumsrate nach 1973 verringerte, und es war vorauszusehen, dass die Verlangsamung wegen der besseren Ergebnisse im goldenen Zeitalter hier ausgeprägter sein würde. In der Tat war die Wachstumsverlangsamung einschneidend, obwohl Pro-Kopf-BIP und -Produktivität in Japan zwischen 1973 und 1990 rascher wuchsen als
in Westeuropa. Danach hat sich die Situation jedoch stark verschlechtert. Die Pro-Kopf-Produktion
expandierte in den Jahren 1990-1998 um nur 1%. Die japanische Wirtschaft operierte eindeutig unter
ihrem Potential.
Die Investitionen hatten in Japan in den siebziger und achtziger Jahren weiter kräftig zugenommen, und hohe Erwartungen führten zu einem Höhenflug der Vermögenswertpreise. In dem Maße, wie
sich das Wachstumspotential abschwächte, sanken die Renditen und die Gewinne. Diese Faktoren
trugen zu einem Einbruch der Aktienkurse in den Jahren 1989-1992 bei, von dem sich Japan bis heute
158
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
nicht erholt hat. 1999 erreichte der Nikkei-Index die Hälfte seines Niveaus von 1989, während sich die
Aktienkurse in diesem Zeitraum in den Vereinigten Staaten vervierfacht und in Westeuropa um das
Zweieinhalbfache erhöht hatten.
Der Einbruch der Aktienkurse wurde durch einen Rückgang der Grundstückspreise verschärft,
die zwischen 1990 und 1998 um ein Drittel nachgaben. Dieser Rückgang hatte relativ gesehen noch
bedeutendere Auswirkungen als der Kursrutsch an den Aktienmärkten. 1990 entsprach das gesamte
Nettovermögen der privaten Haushalte dem 8,5fachen des verfügbaren Einkommens, 1998 betrug
dieser Koeffizient nur noch 6,5. Im gleichen Zeitraum stieg dieses Verhältnis in den USA von 4,8 auf
5,9, in Deutschland von 5,2 auf 5,4 und in Frankreich von 4,2 auf 5,2.
Mit dem Einbruch bei Gewinnen und Vermögenswerten entstand eine sehr deflationäre Situation.
Die Verbraucher entwickelten ein äußerst zurückhaltendes Ausgabengebaren. Viele Unternehmen
wurden zahlungsunfähig oder gingen in Konkurs, und die Banken sahen sich einem hohen Volumen
an notleidenden Krediten gegenüber. Daher waren sie weniger bereit und in der Lage, neue Kredite zu
vergeben. Die Preissteigerungsrate ging im Zeitraum 1994-1998 auf 0,6% jährlich zurück.
Die Regierung reagierte auf diese Situation nicht mit Steuersenkungen, sondern mit einer massiven Erhöhung der Ausgaben für extravagante öffentliche Arbeiten. Die Bank of Japan senkte ihren
Diskontsatz in neun Schritten von 6% im Jahr 1991 auf 0,5% im Jahr 1995, ein Niveau, auf dem er
dann nahezu fünf Jahre verharrte. Der Refinanzierungssatz der Banken lag ab 1998 zwei Jahre lang
praktisch bei 0%. Die Regierung ging sehr langsam daran, Ordnung in das Durcheinander im Finanzsystem zu bringen. Sie verschlimmerte das Problem auf lange Sicht, indem sie Instituten finanzielle
Unterstützung gewährte, für die der Konkurs eine bessere Lösung gewesen wäre. Mit den staatlichen
Maßnahmen wurde ein größerer Zusammenbruch der Wirtschaft vermieden, eine Wiederbelebung der
Nachfrage konnte dadurch aber nicht erreicht werden.
Die in Japan eingetretene Verlangsamung wurde über zwei Kanäle auf den Rest der Welt übertragen. So hat sich das Importwachstum abgeschwächt, die Kapitalabflüsse haben dagegen zugenommen. Die Sparquote blieb in Japan hoch, doch ging fortan ein größerer Teil der Ersparnis in den Kapitalexport. Zwischen 1990 und 1998 sind die Nettoauslandsforderungen Japans von 10% auf 30% des BIP
gestiegen. Die damit verbundenen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft waren ein exaktes Spiegelbild
der von der Entwicklung in den Vereinigten Staaten ausgehenden Effekte (vgl. Tabelle 3.10).
II
Wieder erstarkende asiatische Länder
Seit 1950 ist Asien die dynamischste Region der Weltwirtschaft, die alle anderen Regionen übertrifft. Diese Entwicklung steht in starkem Kontrast zur Vergangenheit. In den viereinhalb Jahrhunderten von 1500 bis 1950 hatte Asien stagniert, während alle anderen Regionen vorankamen. Im Jahr
1500 entfielen auf Asien 65% des weltweiten BIP, 1950 waren es lediglich 18,5%. Seit 1950 hat sich
der Anteil Asiens verdoppelt.
Zwischen 1950 und 1973 erlebte Japan ein außergewöhnliches Wachstum, mit einem Anstieg des
Pro-Kopf-Einkommens von über 8% jährlich, während die wieder erstarkenden asiatischen Länder auf
2,6% kamen. Im Gesamtzeitraum 1973-1999 erzielten diese Länder ein doppelt so hohes und in den
neunziger Jahren ein viermal so hohes Pro-Kopf-Wachstum wie Japan.
Zum wiederaufstrebenden asiatischen Raum gehören die 15 Länder, die in Tabelle 3.14 aufgeführt sind. Sieben dieser Länder (China, Hongkong, Malaysia, Singapur, Südkorea, Taiwan und
Thailand) sind die dynamischsten Elemente der Weltwirtschaft. Vier weisen mittlerweile ein mit
159
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Westeuropa vergleichbares Pro-Kopf-Einkommen auf. 1999 hatte die Gruppe ein Einkommen von
zusammengenommen 5,8 Billionen (ausgedrückt in internationalen Dollar von 1990 und um KKP
bereinigt), was nicht weit unter dem Gesamteinkommen der zwölf Kernländer Westeuropas liegt und
mehr als dem Doppelten des japanischen BIP (2,6 Bill. $) entspricht.
Acht Länder gehören einer zweiten Gruppe mit einem Gesamt-BIP von 3,1 Bill. $ an (mehr als
das Doppelte des deutschen BIP). Ihr Pro-Kopf-Einkommen ist niedriger als das der ersten Gruppe,
und im Gesamtzeitraum 1950-1999 war ihr Pro-Kopf-Wachstum mit einer Jahresrate von 2,2% halb so
hoch. Seit 1973 verzeichnen sie eine höhere Zuwachsrate als irgendeine andere Weltregion außerhalb
Asiens.
Tabelle 3.15 liefert einige Anhaltspunkte zur Erklärung des asiatischen Wachstums. In jeder Kategorie sind die Länder nach Einkommensniveau in absteigender Reihenfolge aufgelistet. Die Durchschnittswerte für jede Kategorie wurden arithmetisch ermittelt, während es sich in Tabelle 3.14 um
gewichtete Durchschnitte handelt.
Die Hochwachstumsländer der ersten Gruppe verzeichneten hohe Investitionsraten. Die Kombination aus hohen Investitionsraten und raschem BIP-Wachstum deutet darauf hin, dass ihr Sachkapitalstock rascher wuchs als in anderen Teilen der Welt. Außerdem wiesen sie eine recht hohe Beschäftigungsquote auf. Dies erklärt sich z.T. aus dem demographischen Wandlungsprozess, der sich in
sinkenden Fruchtbarkeitsziffern und einem steigenden Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen
Alter niederschlug, aber auch aus der traditionell hohen Arbeitskräftemobilisierung, die für Länder mit
mehrfachen Reisernten charakteristisch ist. In allen untersuchten Fällen konnte auch die Qualität des
Humankapitals erheblich verbessert werden (vgl. Maddison 1995a wegen Schätzungen des Bildungsniveaus). Ebenso verblüffend waren der rasche Exportanstieg und der hohe BIP-Anteil der Exporte.
Das letztgenannte Merkmal steht in krassem Widerspruch zum japanischen Entwicklungsmodell. Ein
weiterer Gegensatz zu Japan besteht in der Bereitschaft dieser Länder, ausländische Direktinvestitionen als Instrument zur Integration ausländischer Technologien anzuwerben (vgl. Tabelle 3.16).
Die Länder der zweiten Gruppe weisen im Durchschnitt ein wesentlich niedrigeres Einkommensniveau, weniger hohe Investitionsraten, eine schwächere Arbeitskräftemobilisierung und eine geringere
Öffnung gegenüber dem internationalen Handel auf. Bis zu einem gewissen Grad legt ihr langsameres
Wachstum den Schluss nahe, dass die „Aufholmöglichkeiten“ nicht in inversem Verhältnis zu dem
Einkommensniveau stehen. Die Chancen, einen erfolgreichen Aufholprozess in Gang zu bringen, sind
bei einem etwas höheren Einkommensniveau offenbar am größten.
Es ist insofern schwierig, klare Schlussfolgerungen über die Rolle der staatlichen Politik in den sieben erfolgreichsten Ländern zu ziehen, als ihr Policy Mix recht heterogen war.
Drei der Hochwachstumsländer sind marktorientierte, offene und äußerst wettbewerbsfähige
kapitalistische Länder. Hongkong ist die Volkswirtschaft, die sich am stärksten an den Marktkräften
orientiert, seine Dynamik ist aber auch auf spezifische Umstände zurückzuführen. So war Hongkong
während des amerikanischen Embargos gegenüber China von 1952-1973 eine besonders privilegierte
Drehscheibe für Handels- und Finanztransaktionen zwischen China und dem Rest der Welt. Es fungiert auch heute noch als Intermediär im Handel zwischen dem chinesischen Festland und Taiwan.
Das niedrige Steuerniveau erklärt sich z.T. aus der Tatsache, dass die Regierung über große Einnahmen aus dem Monopolbesitz von nicht erschlossenem Land verfügt. Hongkong hat Zugang zu einem
enormen Reservoir an billigen Arbeitskräften direkt vor seiner Tür. Es profitierte von sehr umfangreichen ausländischen Direktinvestitionen (vgl. Tabelle 3.16), und es hat selbst massiv in den benachbarten Wirtschaftszonen Chinas investiert, wo sich sein Bestand an Direktinvestitionen 1998 auf
155 Mrd. $ belief. In dieser Situation wirkte die Laisser-faire-Politik Wunder, indem sie für eine effiziente Ressourcenallokation sorgte. 1997 gingen die Hoheitsrechte an China zurück, die Natur der
wirtschaftlichen Institutionen und der Wirtschaftspolitik blieben aber unverändert.
160
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Tabelle 3.14 Veränderungen des Pro-Kopf-BIP-Wachstums:
Die wirtschaftliche Renaissance Asiens in vergleichender Perspektive, 1913–1999
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
1913–1950
1950–1999
1950–1973
1973–1990
1990–1999
0.9
4.9
8.1
3.0
0.9
China
Hongkong
Malaysia
Singapur
Südkorea
Taiwan
Thailand
Durchschnitt der 7 Länder
–0.6
n.a.
1.5
1.5
–0.4
0.6
–0.1
–0.4
4.2
4.6
3.2
4.9
6.0
5.9
4.3
4.4
2.9
5.2
2.2
4.4
5.8
6.7
3.7
3.4
4.8
5.4
4.2
5.3
6.8
5.3
5.5
5.1
6.4
1.7
4.0
5.7
4.8
5.3
3.6
5.8
Bangladesch
Birma
Indien
Indonesien
Nepal
Pakistan
Philippinen
Sri Lanka
Durchschnitt der 8 Länder
–0.2
–1.5
–0.2
–0.2
n.a.
–0.2
0.0
0.3
–0.3
0.9
2.0
2.2
2.7
1.4
2.3
1.6
2.6
2.2
–0.4
2.0
1.4
2.6
1.0
1.7
2.7
1.9
1.7
1.5
1.1
2.6
3.1
1.5
3.1
0.7
3.0
2.5
3.0
3.8
3.7
2.1
1.9
2.3
0.5
3.9
3.0
15 wieder erstarkende Länder Asiens
–0.3
3.4
2.5
3.9
4.6
1.8
1.4
1.0
1.5
0.8
1.6
2.3a
1.7
1.0a
1.1a
2.9a
2.2
4.1
2.5
2.1
3.5
4.1
2.5
0.4
0.7
0.1
0.7
1.9
2.0
1.1b
1.4
–0.2b
–4.8b
1.4b
2.1
Japan
Andere Länder Asiens
Lateinamerika
Afrika
Osteuropa und Ex-UdSSR
Westeuropa
Vereinigte Staaten
a) 1950–1998.
b) 1990–1998.
Quelle: Anhang C, der anhand von ADB, Asian Development Outlook 2000, Manila, 2000, aktualisiert wurde.
Die Gründe für den Aufstieg Singapurs ähneln denen, die in Hongkong wirksam waren. Singapur
ist ein strategisch gut platzierter, für den Transithandel prädestinierter Stadtstaat, die Regierung hat
hier aber stärkeren Einfluss auf das Wachstum des Landes genommen. Das aufgeklärte autoritäre
Regime verfolgte eine Politik, die auf die Förderung hoher Ersparnisse, die Verbesserung des Bildungsniveaus, die Exportförderung und den Erwerb ausländischer Technologie abzielte. Singapur profitierte
noch mehr als Hongkong von ausländischen Direktinvestitionen (vgl. Tabelle 3.16). In dem Maße, wie
die Produktion seiner verarbeitenden Industrie perfektionierter wurde und die Arbeitskosten stiegen,
entwickelte sich Singapur zu einem bedeutenden Kapitalexporteur, der Partnerunternehmen in Nachbarländern unterstützte. 1998 belief sich sein eigener Gesamtbestand an Direktinvestitionen im Ausland auf 48 Mrd. $.
Das dritte Land, das sich inzwischen zu einer marktorientierten offenen kapitalistischen Volkswirtschaft entwickelt hat, ist Taiwan. Seine Industrie ist durch wettbewerbsstarke Kleinunternehmen
gekennzeichnet. Neuanbieter haben leichten Marktzugang, und die Regierung ist bereit, gescheiterte
Unternehmen in Konkurs gehen zu lassen. In den vergangenen zwanzig Jahren wurden zunehmend
hochwertigere Produkte hergestellt und die Arbeitskosten verteuerten sich, was zu einem Rückgang der
inländischen Investitionsraten und umfangreichen Direktinvestitionen im Ausland führte, insbesondere
161
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Abbildung 3. 2a Pro-Kopf-BIP: binäre Gegenüberstellung Japan/Ostasien, 1950-1999
(in Geary-Khamis-Dollar von 1990)
100 000
Japan
Japan
Japan
10 000
Hongkong
Singapur
1 000
China
100
1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
1990
2000
1990
2000
100 000
Japan
Japan
Japan
10 000
Taiwan
Thailand
1 000
Südkorea
100
1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
Quelle: Anhang C.
162
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Abbildung 3.2b Pro-Kopf-BIP: binäre GegenüberstellungJapan/Ostasien, 1950-1999
(in Geary-Khamis-Dollar von 1990)
100 000
Japan
Japan
Japan
10 000
Indonesien
1 000
Pakistan
Indien
100
1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
1990
2000
1990
2000
100 000
Japan
Japan
Japan
10 000
Malaysia
1 000
Sri Lanka
Birma
100
1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
Quelle: Anhang C.
163
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.15 Merkmale des Wachstums in den wieder erstarkenden asiatischen Ländern, 1950–1999
Land
Pro-Kopf-BIP- Pro-Kopf-BIPVerhältnis
Niveau von
Zuwachsrate
Anlage1999
investitionen/
BIP
Jahreswachstum
des Exportvolumens
Verhältnis
Exporte/BIP
Verhältnis
Beschäftigung/
Bevölkerung
Int. $ von 1999
1973–1999
1973–1997
1973–1998
1998
1997
Japan
20 431
2.3
.30
5.3
0.10
0.52
Singapur
Hongkong
Taiwan
Südkorea
Malaysia
Thailand
China
Arithm. Durchschnitt
23 582
20 352
15 720
13 317
7 328
6 398
3 259
12 851
5.4
4.1
5.3
6.1
4.1
4.8
5.4
5.0
.38
.27
.24
.31
.32
.31
.30
.30
11.1
11.7
12.1
13.9
9.5
11.7
11.8
11.7
1.30
1.05
0.42
0.41
1.03
0.47
0.19
0.70
0.49
0.48
0.44
0.46
0.41
0.55
0.52
0.48
3 451
3 031
2 291
1 952
1 818
1 050
954
835
1 923
3.3
2.7
0.6
2.8
3.0
2.0
1.7
2.0
2.3
.22
.24
.23
.17
.20
.14
.17
.14
.19
5.0
7.3
9.0
7.5
5.9
6.3
4.8
9.3
6.9
0.30
0.25a
0.31a
0.14
0.08a
0.01a
0.09
0.12
0.16
0.30
0.43
0.38
0.26
0.39b
0.40
0.39c
0.26d
0.35
28 026
6 762
5 421
2.0
1.3
1.3
.18
.19
.21
6.0
10.9
6.6
0.08
0.16a
0.07
0.52
0.40
0.38e
Sri Lanka
Indonesien
Philippinen
Pakistan
Indien
Birma
Nepal
Bangladesch
Arithm. Durchschnitt
Vereinigte Staaten
Mexiko
Brasilien
a) 1997; b) 1995; c) es wird das gleiche Ergebnis wie für Indien unterstellt; d) es wird das gleiche Ergebnis wie für Pakistan unterstellt; e) 1994.
Quelle:
Die Angaben in Spalte 1 und 2 sind Anhang A entnommen, sie wurden anhand des Asian Development Outlook 2000, Manila, 2000, bis zum
Jahr 1999 aktualisiert. Die Angaben in Spalte 3 sind ADB, Key Indicators of Developing Asia and Pacific Countries, Manila, 1999, entnommen,
mit Ausnahme der Daten für China (sie stammen aus China Statistical Yearbook 1999, S. 67–68, sowie Maddison 1998a, S. 164), Taiwan (die
Daten stammen aus National Income in Taiwan, Executive Yuan, Taipeh) sowie Japan (die Daten stammen aus OECD, National Accounts
1960–1997, Bd. 1, Paris 1999). Die Angaben in Spalte A sind IWF, International Financial Statistics und die Daten in den Spalten 5 und 6
überwiegend ADB, Key Statistics entnommen.
in China. 1998 belief sich der Bestand an Direktinvestitionen im Ausland auf 38 Mrd. $. Die Regierung unterhält angesichts der relativen politischen Isolation des Landes als Sicherheitspolster einen
sehr hohen Bestand an Devisenreserven.
China weist ein ganz anderes institutionelles und politisches Umfeld auf. Bis 1978 befand sich
fast die gesamte Wirtschaft in staatlichem Besitz und unter staatlicher Kontrolle. Die Wirtschaftsergebnisse waren wesentlich besser als in der Vergangenheit, und die Wirtschaftsstruktur hatte eine
grundlegende Transformation erfahren. Die Beschleunigung des Wachstums kam durch eine massive
Ausweitung des Einsatzes von Sach- und Humankapital zustande, es gab aber Wunden, die sich China
durch den Großen Sprung nach vorn und die Kulturrevolution selbst zugefügt hatte. Während des
größten Teils der Mao-Zeit hatte China kaum Kontakt zur Außenwelt. Zwischen 1952 und 1973 verhängten die Vereinigten Staaten ein Totalembargo auf Handel, Reisen und Finanztransaktionen, und ab
1960 tat die UdSSR das Gleiche. Die Ressourcenallokation war extrem ineffizient. China wuchs langsamer
als andere kommunistische Volkswirtschaften und blieb auch etwas unter dem Weltdurchschnitt.
Seit 1978 hat sich die ökonomische Leistung Chinas durch die Liberalisierung der Wirtschaft von
Grund auf gewandelt. Die Lockerung der staatlichen Kontrolle in der Landwirtschaft war ein spektaku164
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Tabelle 3.16 Bestand ausländischer Direktinvestitionen, insgesamt und pro Kopf,
wichtigste Länder und Regionen sowie Welt insgesamt, 1998
Land
Insgesamt
(in Mio. $)
Pro-Kopf
(in $)
Land
Insgesamt
(in Mio. $)
Pro Kopf
(in $)
Japan
47 856
209
China
Hongkong
Malaysia
Singapur
Südkorea
Taiwan
Thailand
Insgesamt/Durchschnitt
261 117
96 158
41 005
85 855
20 478
20 070
19 978
544 661
183
14 373
1 959
24 600
441
921
333
388
Vereinigte Staaten
Kanada
Australien
Neuseeland
Große Einwanderungsländer
875 026
141 772
104 977
34 093
1 155 868
3 234
4 679
5 598
8 946
3 574
Belgiena
Frankreich
Deutschland
Irland
Italien
Niederlande
Spanien
Vereinigtes Königreich
Sonst. Länder Westeuropas
164 093
179 186
228 794
23 871
105 397
164 522
118 926
326 809
264 441
15 448
3 047
2 789
6 443
1 830
10 798
3 021
5 517
4 311
Bangladesch
Birma
Indien
Indonesien
Nepal
Pakistan
Philippinen
Sri Lanka
Insgesamt/Durchschnitt
652
1 139
13 231
61 116
81
8 221
10 133
2 164
96 737
5
24
14
299
3
61
130
114
60
198
Argentinien
Brasilien
Chile
Mexiko
Sonst. Länder Lateinamerikas
45 466
156 758
30 481
60 783
122 126
1 254
923
2 061
617
649
Sonstige Länder Asiens
75 492
764 746
217
Welt
4 088 068
692
Afrika
93 994
124
Osteuropa
66 397
549
Ehemalige UdSSR
33 804
116
Asien insgesamt
a) Einschl. Luxemburg.
Quelle: UNCTAD, World Investment Report, Genf, 1999.
lärer Erfolg. Es kam zu einer sehr starken Expansion kleiner und mittlerer Unternehmen, vor allem in ländlichen Gebieten.
Das rigide Monopol über den Außenhandel und die Politik der Autarkie und Selbstversorgung
wurden nach 1978 aufgegeben. Die Entscheidungen betreffend den Außenhandel wurden dezentralisiert. Der Yuan wurde abgewertet, und China entwickelte sich zu einer sehr wettbewerbsfähigen Volkswirtschaft. Es wurden spezifische Gewerbegebiete als Freihandelszonen eingerichtet. Mit den Maßnahmen, die den Marktkräften mehr Raum ließen, kam Wettbewerb auf, die Ressourcenallokation wurde
verbessert, und die Zufriedenheit der Verbraucher nahm zu. Die Interaktionen mit der Weltwirtschaft
sind durch den Handel, den Zustrom an Direktinvestitionen, die weitaus größeren Möglichkeiten für ein
Auslandsstudium und für Auslandsreisen sowie die Öffnung Chinas für Besucher aus dem Ausland
enorm verstärkt worden. Gleichzeitig war China sorgfältig darauf bedacht, die Kontrolle über besonders
volatile internationale Kapitalströme zu behalten. Obwohl China 15 Jahre auf seine Aufnahme in die
Welthandelsorganisation warten musste, ist es heute, unter Einbeziehung von Hongkong, der viertgrößte Exporteur der Welt.
Infolgedessen hat China eine der höchsten Zuwachsraten des Pro-Kopf-BIP verzeichnet, und sein
Wachstumspfad verläuft seit den siebziger Jahren stabiler als in weiten Teilen des übrigen Asiens. Der
Erfolg dieses Landes bildet einen scharfen Kontrast zu dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der
ehemaligen Sowjetunion.
165
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.17 Jährliche prozentuale Veränderung des realen Pro-Kopf-BIP,
Japan und wieder erstarkende asiatische Länder, 1997–1999
Japan
1997
1998
1999
1.2
–3.1
0.1
Bangladesch
1997
1998
1999
3.7
3.7
2.7
China
Hongkong
5.4
4.8
4.6
2.1
–7.8
0.8
Birma
Indien
2.8
4.5
2.5
3.3
4.1
4.1
Malaysia
Singapur
5.4
–8.7
3.2
Südkorea
6.2
0.1
4.1
Indonesien
2.8
–14.1
–1.3
Taiwan
3.8
–6.7
9.6
5.8
3.9
4.7
Thailand
–1.4
–8.9
3.1
Nepal
Pakistan
Philippinen
Sri Lanka
1.4
–0.6
0.7
–0.9
3.1
0.9
2.9
–2.6
1.0
5.1
3.6
3.0
Quelle: Anhang C, die Angaben wurden anhand von Daten der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) bis 1999 aktualisiert.
Tabelle 3.18 Wechselkurse: nationale Währungseinheiten je US-Dollar
in den asiatischen Ländern, 1973–1999
(Jahresdurchschnitt)
1973
1989
1997
1998
1999
1973
1989
1997
1998
1999
Quelle:
China
Hongkong
Malaysia
Singapur
Südkorea
Taiwan
Thailand
1.99
3.77
8.29
8.28
8.28
7.80
7.74
7.75
7.76
2.44
2.71
2.81
3.92
3.80
2.46
1.95
1.48
1.67
1.70
398
671
951
1 401
1 189
26.41
28.70
33.46
32.27
20.62
25.70
31.36
41.36
37.84
Bangladesch
Birma
7.74
32.27
43.89
46.91
49.09
4.93
6.70
6.24
6.34
6.29
Indien
7.74
16.23
36.31
41.26
43.06
Indonesien
415
1 770
2 909
10 014
7 855
Nepal
Pakistan
Philippinen
10.50
27.19
58.01
65.98
68.25
9.99
20.54
40.87
44.92
47.70
6.76
21.74
29.47
40.89
39.09
Sri Lanka
6.40
36.05
59.00
64.59
70.40
IWF, International Financial Statistics. Die Angaben für Hongkong and Taiwan stammen aus nationalen Quellen und von der Asiatischen
Entwicklungsbank.
China hat noch eine ganze Reihe bedeutender Probleme zu bewältigen. Es muss einen Großteil
der staatseigenen Industriebetriebe schließen, die ein Überbleibsel aus der Mao-Zeit sind. Die meisten
dieser Betriebe erwirtschaften erhebliche Verluste. Sie können sich mit Hilfe staatlicher Subventionen
sowie dadurch über Wasser halten, dass sie die Kredite, die ihnen die Staatsbanken gezwungenermaßen einräumen müssen, nicht zurückzahlen. Die relative Bedeutung dieser Unternehmen nimmt deutlich ab. 1996 waren 43 Millionen Menschen im staatlichen Industriesektor beschäftigt. Bis 1999 hatte
sich diese Zahl auf 24 Millionen verringert. Die Zahl der öffentlichen Beschäftigten im Groß- und
Einzelhandel sowie im Gaststättengewerbe ging im gleichen Zeitraum von 10,6 Millionen auf
6,0 Millionen zurück.
Ein weiteres großes (damit verbundenes) Problem stellt das umfangreiche Volumen notleidender
Kredite im Bankensektor dar, der weitgehend unter staatlicher Kontrolle steht. Der Bestand an faulen
Krediten ist hier zwar geringer als in Japan, doch verteilt der Staat die erheblichen Ressourcen, die er
von Seiten der Sparer mobilisiert, nicht effizient, und dem rasch expandierenden privaten Sektor
fehlen die von ihm benötigten finanziellen Mittel.
166
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Tabelle 3.19 Gesamtwirtschaftliche Ersparnis fünf ostasiatischer Länder
vor und nach der Krise, in Prozent des BIP, 1990–1998
1990–1996
Inlandsersparnis
Auslandsersparnis
Indonesien
Korea
Malaysia
Philippinen
Thailand
Quelle:
29.3
35.5
34.2
19.3
34.8
2.6
1.8
6.0
3.9
7.1
1998
Inlandsersparnis
Auslandsersparnis
15.5
32.8
41.8
16.3
32.2
–4.9
–12.8
–13.7
–1.9
–13.2
Reisen und Soto (2000).
In Korea sind die Institutionen und der Policy Mix recht ähnlich wie in Japan, mit einer engen Konzertation zwischen Staat und großen Industriekonglomeraten bei strategischen Entscheidungen. Im vergangenen Jahrzehnt ist das System deutlich liberalisiert und die Rolle des Staats zurückgeschraubt worden.
Ein großer Unterschied gegenüber Japan besteht in der starken Exportorientierung der Volkswirtschaft.
Korea erzielte in den vergangenen fünfzig Jahren den raschesten Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens
in Asien und der Welt überhaupt. Zwischen 1950 und 1973 expandierte es mit einer Jahresrate von
5,8% und zwischen 1973 und 1999 um 6,1%. Im erstgenannten Zeitraum wuchs es langsamer als in
Japan, im zweiten aber mehr als doppelt so rasch, und dies trotz sehr hoher Militärausgaben.
1998 kam es zu einer schweren Rezession, in deren Verlauf das Pro-Kopf-Einkommen um 6,7%
sank. Ausgelöst wurde diese Rezession durch den Abzug kurzfristigen Auslandskapitals im Zusammenhang mit den Finanzkrisen, die in jenem Jahr in Asien ausgebrochen waren. Korea hat externe
Schocks aber seit jeher gut verkraftet, und so stieg das Pro-Kopf-Einkommen 1999 dann auch wieder
um beachtliche 9,6%. Wie in anderen asiatischen Ländern war die Krise weitgehend eine Folge der
Liberalisierung des Kapitalverkehrs von Anfang der neunziger Jahre. Das Land verzeichnete starke
kurzfristige Kapitalzuströme von Seiten ausländischer Investoren, die auf der Suche nach raschen
Gewinnen in einer boomenden Wirtschaft waren. Besonders starke Anreize für derartige Investitionen
bestanden für japanische Investoren, deren eigene Wirtschaft stagnierte und für die die Renditen im
Inland bei Aktieninvestitionen negativ und bei festverzinslichen Wertpapieren praktisch gleich Null
waren. Im Zeitraum 1997-1998 war Korea gegenüber Veränderungen der Erwartungen ausländischer
Anleger kurzfristigen Kapitals überexponiert. Unter dem Einfluss der Ansteckungseffekte der Thailand-Krise kam es zu Panikreaktionen und einem schlagartigen Abzug dieser Gelder.
Die Korea-Krise von 1998 wurde durch umfangreiche Mittelaufnahmen beim IWF, die Ergreifung
gewisser deflationärer Maßnahmen sowie die dämpfenden Effekte des vorübergehenden Einbruchs
von Gewinnen, Aktien- und Wechselkursen überwunden. Die Krise hatte aber auch einige positive
Auswirkungen. So dürfte die Regierung in Bezug auf stärkeren Schwankungen unterworfene Kapitalzuströme fortan vorsichtiger agieren. Sie ist dazu übergegangen, den Zustrom ausländischer Direktinvestitionen stärker zu fördern, und hat einige der großen Konglomerate (chaebol) dazu veranlasst,
entwertete Aktiva abzustoßen. Das Bankensystem besitzt zwar ein erhebliches Portefeuille an notleidenden Krediten, doch ist der Anteil dieser Problemkredite geringer als in Japan.
Die Rezession von 1997 bis 1998 hatte für mehrere asiatische Länder schwerwiegende Folgen
(vgl. Tabelle 3.17). Dies gilt in besonderem Maße für Indonesien, wo das Pro-Kopf-BIP 1998 um ein
Siebtel zurückging. Hier waren die Konkurse zahlreicher, die sozialen und politischen Einschnitte
gingen wesentlich tiefer als anderswo, und Anzeichen für eine Erholung waren kaum zu erkennen.
Auch in Hongkong, Malaysia und Thailand wurde das Wachstum deutlich abgebremst. Zurückzuführen war diese Entwicklung in erster Linie auf den massiven Rückfluss kurzfristiger Kapitalanlagen, die
167
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
auf Grund der durch das rasche Wachstum und die Liberalisierung des Kapitalverkehrs induzierten
Euphorie in den Jahren 1995-1997 in die Region gepumpt worden waren (vgl. Tabelle 3.19). In all
diesen Ländern ist es inzwischen zu einer gewissen Konjunkturerholung gekommen, noch lässt sich
aber nicht beurteilen, inwieweit die langfristige Wachstumsdynamik beeinträchtigt wurde.
III
Problemvolkswirtschaften in Ostasien
In sechs ostasiatischen Volkswirtschaften (Afghanistan, Kambodscha, Laos, Mongolei, Nordkorea
und Vietnam) werden seit 1950 sehr viel schlechtere Wirtschaftsergebnisse als im übrigen Asien und
ein relativ niedriges Einkommensniveau verzeichnet. Die meisten dieser Länder standen über einen
längeren Zeitraum unter kommunistischer Herrschaft, und der wirtschaftliche Fortschritt wurde durch
Kriege stark gebremst. Am gravierendsten ist die Lage in Nordkorea und der Mongolei, die sehr eng in
das sowjetische System integriert waren und wo Auslandshilfe und Handel nach dem Zusammenbruch
der UdSSR im Jahr 1991 völlig aus dem Gleichgewicht gerieten. Nordkorea ist ein isolierter Außenposten des Stalinismus und hat am meisten gelitten. Die Mongolei hat die Staatsbetriebe privatisiert
und ihre Wirtschaft an den Marktkräften ausgerichtet, leidet jetzt allerdings unter transformationsbedingten Problemen, wenn diese auch geringer zu sein scheinen als in einigen asiatischen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion (vgl. Teil VI weiter unten). Afghanistan ist durch ausländische
Invasionen und Bürgerkrieg zerstört worden und weist derzeit das niedrigste Pro-Kopf-Einkommen in
Asien auf. Kambodscha, Laos und Vietnam ist die Transformation besser gelungen als den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion.
Tabelle 3.20 Pro-Kopf-BIP in sechs Problemvolkswirtschaften Ostasiens, 1950–1998
1950–1973
1973–1990
1990–1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
Afghanistan
Kambodscha
Laos
Mongolei
Nordkorea
Vietnam
0.3
2.0
1.0
3.0
5.8
1.1
–0.8
0.9
1.1
2.6
0.0
1.3
–1.9
1.4
2.1
–2.4
–10.4
6.2
Pro-Kopf-BIP
von 1998
(int. $ von 1990)
514
1 058
1 104
1 094
1 183
1 677
IV
Westasien
Westasien besteht aus fünfzehn Volkswirtschaften, von denen zehn wichtige Ölförderländer sind.
Die Bedeutung des Öls erklärt zum Teil, warum diese Länder über ein verhältnismäßig hohes ProKopf-Einkommen verfügen und die Wachstumsdynamik dort einen anderen Verlauf genommen hat
als im überwiegenden Teil Asiens. Das Pro-Kopf-Einkommen der Ölförderländer war 1950 sehr viel
höher als in den Vorkriegsjahren und auch höher als im übrigen Asien. Die Ölförderung lag 1937 bei
168
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Tabelle 3.21 Weltproduktion von Rohöl und Erdgas, 1950–1999
(in Mio. Tonnen)
Land
1950
1973
1999
Land
1950
1973
1999
Bahrain
Iran
Irak
Kuwait
Oman
Katar
Saudi-Arabien
Syrien
Verein. Arabische Emirate
Jemen
1.5
32.3
6.6
17.3
2.2
176.2
124.7
95.6
46.1
31.2
426.3
29.2
101.7
19.4
Ex-UdSSR
37.9
429.1
370.2
Rumänien
Sonst. Länder Osteuropas
14.3
8.2
6.6
5.6
1.6
26.6
–
–
–
3.4
293.2
99.5
150.6
14.6
27.5
380.2
5.5
73.6
–
Osteuropa insgesamt
22.5
12.3
Westasien insgesamt
85.9
1 054.1
1 052.7
China
Indien
Indonesien
Malaysia
Sonstige Länder Ostasiens
n.v.
0.3
6.4
n.v.
n.v.
53.6
7.2
66.1
4.3
13.6
160.6
38.0
63.9
37.6
37.6
Ostasien insgesamt
n.v.
91.3
177.0
Norwegen
Vereinigtes Königreich
Sonst. Länder Westeuropas
—
0.2
n.v.
1.6
0.5
18.3
149.3
139.2
31.7
Westeuropa insgesamt
n.v.
20.4
320.2
266.7
513.3
94.1
19.2
0.2
359.6
114.1
24.6
2.1
626.8
500.4
Vereinigte Staaten
Kanada
Australien
Neuseeland
Große Einwanderungsländer insgesamt
Quelle:
Argentinien
Brasilien
Kolumbien
Ecuador
Mexiko
Peru
Venezuela
Sonstige Länder
Lateinamerikas
3.4
—
4.7
0.3
10.4
2.1
80.0
21.9
8.3
9.8
10.6
27.2
3.6
178.4
43.0
57.4
41.8
20.7
163.4
5.3
161.7
n.v.
12.3
13.0
Lateinamerika insgesamt
n.v.
272.1
506.3
—
51.1
8.2
2.1
8.5
7.6
106.2
101.4
3.9
58.5
37.6
12.9
41.5
16.8
65.0
99.5
17.5
289.0
349.3
2 858.9
3 449.5
Algerien
Angola
Kongo
Ägypten
Gabun
Libyen
Nigeria
Sonstige Länder Afrikas
2.6
—
Afrika insgesamt
Welt
523.0
Die Angaben für 1950 sind dem UN Statistical Yearbook 1955, New York, S. 142-145, entnommen. Die Angaben für die Jahre 1973 und
1999 wurden von der Internationalen Energie-Agentur, Paris, bereitgestellt.
16 Mio. t, 1950 bei 86 Mio. t und 1973 bei 1 054 Mio. t – was einem jährlichen Anstieg von 11,5% im
Zeitraum 1950-1973 entsprach. Infolge der Entscheidung der OPEC, die Preise anzuheben und das
Angebot zu beschränken, lag die gesamte Ölförderung in Westasien im Jahr 1999 auf demselben
Niveau wie 1973 (vgl. Tabelle 3.21). In Irak, Iran, Israel, Kuwait, Libanon, Palästina, Syrien und
Jemen war das Wachstum durch den Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Das globale BIP
dieser Gruppe erreichte im Jahr 1998 rd. 10% des asiatischen Gesamt-BIP.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass unsere Messgröße des realen Pro-Kopf-BIP auf den
Preisen von 1990 basiert und nicht um Terms-of-Trade-Fluktuationen bereinigt ist. Für die meisten
Länder spielt dies bei der Evaluierung der langfristigen Wirtschaftsergebnisse keine wichtige Rolle,
doch ist dieser Unterschied dort, wo die Exporte stark auf nur einen Rohstoff konzentriert sind und die
Preise erheblichen Schwankungen unterliegen, durchaus von Bedeutung. In den Jahren 1972-1974
vervierfachte sich der Durchschnittspreis für ein Barrel Rohöl. Von 1978 bis 1980 stieg er um nahezu
das Dreifache. Zwischen Mitte 1997 und Mitte 1998 halbierte er sich wiederum. Mitte 2000 war er
dreimal so hoch wie Mitte 1998.
169
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Ein weiteres Merkmal der Ölförderländer war das extrem rasche Bevölkerungswachstum, was
sich aus der Tatsache erklärt, dass der Wohlstand eine starke Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften auslöste. So stieg die Bevölkerung von Katar zwischen 1950 und 1998 um das 28fache, in den
Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) um das 32fache, in Kuwait um das 13fache und in SaudiArabien um das 5fache.
V
Lateinamerika
In Lateinamerika hatten der Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems und die Beschleunigung der Inflation Anfang der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts nicht die gleiche Reaktion bei den
politischen Entscheidungsträgern zur Folge wie in Europa. Die meisten Länder hatten sich nie ernsthaft darum bemüht, sich an die Disziplin der festen Wechselkurse des Bretton-Woods-Systems zu
halten. So waren nationale Währungen immer wieder abgewertet worden, die Empfehlungen des IWF
zur budgetären und monetären Disziplin wurden oft nicht befolgt, und hohe Inflationsraten waren weit
verbreitet. In diesen Ländern wurden die neuen Turbulenzen generell als Variante einer bereits vertrauten Problematik angesehen. Die Inflationsbeschleunigung wurde nicht als dramatische Entwicklung aufgefasst, die eine sofortige Neuorientierung der Wirtschaftspolitik erfordert hätte. Der OPECSchock hatte für Brasilien als großen Energieimporteur schwerwiegende Folgen, gleichzeitig brachte
er aber auch ölexportierenden Ländern wie Mexiko, Kolumbien und Venezuela unerwartete Zusatzgewinne, und seine Auswirkungen auf von der Ölversorgung her autarke Länder wie Argentinien,
Chile und Peru waren mehr oder minder neutral.
So reagierten die meisten Länder auf die weltweite Preisexplosion mit einer gewissen Sorglosigkeit, und die Regierungen hatten den Eindruck, dass sie durchaus mit höheren Inflationsraten leben
könnten. Sie konnten in großem Umfang zu negativen Realzinssätzen Kredite aufnehmen, um die
durch ihre expansive Politik bedingten außenwirtschaftlichen Defizite zu finanzieren. Aus diesem
Grund hat sich dort die BIP-Zuwachsrate zwischen 1973 und 1980 nicht verlangsamt.
Indessen war bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Anfang der achtziger Jahre ein Wandel
eingetreten. Zu jenem Zeitpunkt verfolgten die OECD-Länder eine strenge Anti-Inflationspolitik. Mit
dem Übergang zu einer restriktiven Geldpolitik auf Initiative der amerikanischen Federal Reserve
wurden die Zinssätze spontan und drastisch angehoben. Der Dollar gewann an Wert, und die Exportpreise begannen weltweit zu sinken. Der durchschnittliche Realzins auf Dollarverbindlichkeiten mit
variablem Zinssatz stieg im Zeitraum 1981-1983 auf nahezu 16%, während er in den Jahren 19771980 bei minus 8,7% gelegen hatte. Zwischen 1973 und 1982 nahm die externe Verschuldung um das
7fache zu, und die Kreditwürdigkeit Lateinamerikas insgesamt wurde durch die Schuldendienstunfähigkeit Mexikos im Jahr 1982 aufs Äußerste geschädigt. Die freiwilligen privaten Kreditzuflüsse
kamen abrupt zum Stillstand, was Länder, die am Rande von Hyperinflation und Finanzkrise standen,
zur Annahme einer extrem restriktiven Politik zwang. In den meisten Ländern wurde die Ressourcenallokation durch Subventionen, Kontrollen, weitreichende Konzessionen an Staatsbetriebe und schwere
staatliche Eingriffe verzerrt. Die meisten dieser Länder hatten darüber hinaus mit gravierenden sozialen Spannungen zu kämpfen, und mehrere hatten zweifelhafte politische Systeme.
In den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts hatten die meisten lateinamerikanischen Länder
einfach beschlossen, ihren Schuldendienstverpflichtungen nicht nachzukommen. Diesen Weg wählten
einige Länder (Bolivien und Peru) auch in den achtziger Jahren, was zu jenem Zeitpunkt aber keine
besonders sinnvolle Option war. Der Welthandel war nicht zusammengebrochen, und die Privatbanken vergaben weiterhin in großem Maßstab internationale Kredite. IWF und Weltbank verfügten über
170
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Abbildung 3.3 Pro-Kopf-BIP: binäre Gegenüberstellung Vereinigte Staaten/Lateinamerika, 1950-1998
(in Geary-Khamis-Dollar von 1990)
100 000
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
10 000
Argentinien
Chile
Brasilien
1 000
1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
1990
2000
1990
2000
100 000
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
10 000
Mexiko
Peru
Kuba
1 000
1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
Quelle: Anhang C.
171
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.22 Wirtschaftsergebnisse Lateinamerikas, 1870–1999
a) Pro-Kopf-BIP
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
Argentinien
Brasilien
Chile
Mexiko
40 sonstige Länder Lateinamerikas
Lateinamerika insgesamt
1950–1973
1973–1980
1980–1990
2.06
3.73
1.26
3.17
2.04
2.52
0.48
4.26
1.72
3.80
1.19
2.57
–2.33
–0.54
1.10
–0.31
–0.67
–0.68
1990–1999
1980–1999
3.38
1.07
4.47
1.16
1.28a
1.36
0.33
0.47
2.68
0.38
0.19b
0.28
a) 1990–1998; b) 1980–1998.
b) Inflation
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
1950–1973
Argentinien
Brasilien
Chile
Mexiko
Arithmetischer Durchschnitt
1973–1994
26.8
28.4
48.1a
5.6
27.2
1994–1998
1.3a
19.4a
6.7a
26.4a
13.5
258.4
268.5
71.8
37.6
159.1
1999
–1.7a
8.0a
2.6a
13.9a
5.7
a) Verbraucherpreisindex; sonst BIP-Deflator.
c) Warenexportvolumen
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
1870–1913
1913–1950
5.2c
1.9
3.4d
5.4e
3.4
Argentinien
Brasilien
Chile
Mexiko
Lateinamerika insgesamt
1950–1973
1.6
1.7
1.4
–0.5
2.3
3.1
4.7
2.4
4.3
4.3
1973–1998
6.7
6.7
9.1
10.9
6.0
c) 1877–1912; d) 1888–1913; e) 1877/78 bis 1910/11.
d) Verhältnis Exporte/BIP in Preisen von 1990
(in Prozent)
Argentinien
Brasilien
Chile
Mexiko
Lateinamerika insgesamt
1870
1913
1950
1973
1998
9.4
11.5
n.a.
3.1
9.2
6.8
9.2
7.5
9.1
8.9
2.4
3.9
5.0
3.0
6.0
2.0
2.5
4.0
1.9
4.7
7.0
5.4
12.6
10.5
9.7
ein breites Spektrum an Fazilitäten zur Bewältigung der Situation sowie über genügend Einfluss, um
westliche Banken auch gegen ihren Willen zur Kreditvergabe zu zwingen und eine hohe Zahlungsverzugsquote in Kauf zu nehmen.
Im Laufe der achtziger Jahre hatten Bemühungen um eine Lösung dieser Probleme große Veränderungen in der Gestaltung der Wirtschaftspolitik zur Folge. In den meisten Ländern wurde diese
Neuorientierung aber nur zögernd umgesetzt. Nach den Erfahrungen mit heterodoxen Politikoptionen
in Argentinien und Brasilien entschieden sich die meisten Länder schließlich nach dem Vorbild Chiles
für einen neoliberalen Policy Mix. So gingen sie zu einer stärker marktorientierten Politik, einer weit172
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
gehenderen Öffnung ihrer Wirtschaft gegenüber den internationalen Märkten, einer Reduzierung der
staatlichen Interventionen sowie zu Handelsliberalisierung, weniger verzerrten Wechselkursen, ausgeglicheneren Haushalten und Demokratisierung ihrer politischen Systeme über.
In wirtschaftlicher Hinsicht wurde die Transformation mit einem Jahrzehnt rückläufiger ProKopf-Einkommen erkauft. Nach 1990 belebte sich das Wirtschaftswachstum dann erneut deutlich, der
Prozess wurde aber durch die zeitweilig um sich greifende Kapitalflucht unterbrochen. Dies geschah
zum ersten Mal 1995 als Reaktion auf die Schuldenkrise in Mexiko und dann zum zweiten Mal 1998
infolge des von Russland verhängten Schuldenmoratoriums. Die Wachstumsergebnisse in den neunziger Jahren waren, gemessen an dem wirtschaftlichen Erholungspotential, das nach den verlorenen
achtziger Jahren bestand, enttäuschend. Im Gesamtzeitraum 1980-1999 stieg das Pro-KopfEinkommen in Lateinamerika um weniger als 0,3% jährlich, gegenüber mehr als 2,5% zwischen 1950
und 1980. Bei der Zuwachsrate von 2,5% wäre eine Verdopplung der Pro-Kopf-Einkommen alle
28 Jahre, bei der Rate von 0,3% im Zeitraum 1980-1999 nur noch alle 250 Jahre möglich gewesen.
Eine eingehende Untersuchung der Erfahrungen Chiles, wo der Transformationsprozess am weitreichendsten war, vermittelten einen gewissen Eindruck von den Schwierigkeiten und Kosten einer
völligen Neuorientierung der Wirtschaftspolitik.
Das chilenische Paradigma
Chile ist die Volkswirtschaft, die auf die längste Periode hoher Inflationsraten zurückblicken kann.
Zwischen 1880 und 1913 lag der Preisauftrieb im Jahresdurchschnitt bei 5,6%, im Zeitraum 1913-1950
bei 8,3% und von 1950 bis 1973 bei 48,1%.
Chile war das Kernland der „strukturalistischen“ Schule, die die Auffassung vertrat, dass die orthodoxen monetären Rezepte angesichts der bestehenden wirtschaftlichen Verkrustungen nicht zur Lösung
der spezifischen Inflationsprobleme dieser Länder taugten. Die Vertreter dieser Schule behaupteten,
dass die Inflation zwar durch institutionelle Reformen gedämpft werden könnte, dass man sich jedoch
im Grunde mit ihr abfinden, sie tolerieren bzw. sogar als ein effizientes Instrument der Wirtschaftspolitik einsetzen müsse. Sie waren im Wesentlichen Befürworter einer strengen Wirtschaftsregulierung
und Subventionspolitik sowie von Wechselkurs- und Handelskontrollen und einer stärkeren Regulierung der Inlandspreise. Diese Philosophie geriet bereits in den fünfziger Jahren in Konflikt mit der
Orthodoxie des IWF.
Die Regierung Allende, die 1970 ihre Amtsgeschäfte aufnahm, stellte eine ideologische Mischung
aus Strukturalismus, Marxismus und einem Hauch Populismus peronistischen Stils dar. Die Entscheidung
zur Verstaatlichung der in ausländischem Besitz befindlichen Kupferminen, Erhöhung der Sozialausgaben, Bodenreform und Übernahme privater Unternehmen führte zu einem Vertrauensschwund
der Investoren und zu sinkender Produktion, während sich die Inflation auf Grund der expansiven
Finanz- und Geldpolitik gleichzeitig beschleunigte.
Das Militär, das Allende 1973 stürzte, ging zu einer diametral entgegengesetzten Politik über.
Die neue Führung wurde erheblich von den Ökonomen der Universität von Chicago beeinflusst und
unterstützt, die in den Ereignissen in Chile eine Gelegenheit sahen, die Theorien des Monetarismus
und Laisser-faire unter einem Regime anzuwenden, dessen „Glaubwürdigkeit“ auf Grund seiner brutalen Kontrolle der Staatsmacht hoch war.
Das neue Regime privatisierte die Wirtschaft, gab den ehemaligen Besitzern ihr Land zurück,
veräußerte 472 der 507 Staatsbetriebe zu Billigpreisen und leistete Zahlungen an ausländische
Kupferminenbetreiber, die ihrer Meinung nach unter Allende nicht angemessen entschädigt worden
waren.
173
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Um die Inflationsdynamik zu brechen, wurde eine Schocktherapie durchgeführt – Kürzung der
öffentlichen Ausgaben um ein Viertel, Senkung der Zölle von 94% auf 10%, massive Abwertung,
Abschaffung der Handelskontrollen, Aufhebung der Gewerkschaftsrechte, Straffung der Geldpolitik,
Anhebung der indirekten Steuern sowie Senkung der Kapital- und Ertragsteuern. Infolge all dieser
Maßnahmen ging das Pro-Kopf-BIP zwischen 1971 und 1975 um 24% zurück. Die Inflationsrate
betrug 1975 noch 375%, bis 1982 war sie dann aber auf 10% zurückgegangen.
Nach 1975 belebte sich das Wirtschaftswachstum wieder, im Zeitraum 1981-1983 kam es aber zu
einer weiteren großen Rezession, in der das Pro-Kopf-BIP um 14% sank. Dieser Rückschlag war auf
zwei große wirtschaftspolitische Fehlentscheidungen zurückzuführen.
Um das Jahr 1979 herum verlagerte sich der Schwerpunkt in der monetaristischen Denkschule
von der Kontrolle der inländischen Geldmenge auf die Erreichung fester Wechselkurse, in der Erwartung,
dass diese die Binneninflation in der Nähe der weltweiten Raten halten würden. Jedoch führten die
stabilen Wechselkurse und rückläufigen Preise für Kupferexporte in den Jahren 1979-1981 zu einem
sehr großen Zahlungsbilanzdefizit (rd. 15% des BIP), so dass die Währungsbehörden den Wechselkurs
wieder freigaben, der daraufhin drastisch nachgab.
Dieser Einbruch des Peso hatte schwerwiegende Folgen für die Banken und Finanzinstitute
(financieras), die inzwischen reprivatisiert worden waren und nur einer sehr lockeren Aufsicht unterlagen. Diese Einrichtungen finanzierten ihre Verluste durch eine massive Kreditaufnahme im Ausland.
Zu dem neuen Wechselkurs konnten sie ihren Schuldendienstverpflichtungen jedoch nicht nachkommen. Die Regierung kam ihnen zu Hilfe und übernahm die Verantwortung für deren gesamte Auslandsverschuldung. Durch diese grobe Fehlentscheidung wurden der Besitz und die Kontrolle über
einen erheblichen Teil der Finanz- und Produktivvermögenswerte (und der entsprechenden Passiva)
erneut dem öffentlichen Sektor übertragen.
Nach dieser Episode gelang es der Regierung, zu einem annehmbareren Wachstumspfad zurückzukehren; ein Viertel der Auslandsschuld wurde gegen Beteiligungen getauscht, es wurden internationale Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, und nach einer kurzen Hochzollperiode sowie einer gewissen Ernüchterung wurde erneut eine Politik ausgewogener Haushalte, niedriger Inflation, floatender
Wechselkurse und einer wohlüberlegten Reprivatisierung staatlicher Vermögenswerte verfolgt.
1990 kehrte das Land dann zu einem demokratischen Regierungssystem zurück. Die drei aufeinander folgenden Zivilregierungen von Aylwin, Frei und Lagos haben keine grundlegenden Änderungen
an dem von ihren Vorgängern übernommenen neoliberalen Policy Mix vorgenommen und sind mit
diesem Kurs in den neunziger Jahren auch recht gut gefahren.
VI
Der Transformationsprozess in der ehemaligen UdSSR und Osteuropa
a) Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion
Aus dem Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion im Jahr 1991 gingen 15 Nachfolgestaaten
hervor, in denen sich das Wirtschaftswachstum bereits in den Jahren 1973-1990 erheblich abgeschwächt hatte. Diese Verlangsamung (bzw. in einigen Fällen Verringerung) hatte hier vielfach ganz
andere Ursachen als in Westeuropa. Die UdSSR war von der Weltwirtschaft verhältnismäßig stark
abgeschottet und infolgedessen auch von inflationären Schocks und spekulativen Kapitalbewegungen
isoliert gewesen, die die westlichen Regierungen zu wirtschaftspolitischer Vorsicht veranlasst hatten.
Es gab keine Arbeitslosigkeit, und da die Produktivität weniger als die Hälfte des westeuropäischen
174
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Niveaus erreichte, wäre in der UdSSR eigentlich nicht zu erwarten gewesen, dass es sich bei der wirtschaftlichen Erholung nur um Einmaleffekte handelte, die in der Folge einer Erosion unterliegen würden. Am spektakulärsten war nach 1973 die Tatsache, dass die gesamte Faktorproduktivität auf Grund
der dramatischen Verlangsamung der Arbeitsproduktivität und der ohnehin schon sehr niedrigen
Kapitalproduktivität ein deutlich negatives Vorzeichen erhielt (vgl. Maddison, 1989a, S. 100-102).
Der Konjunkturrückgang war vor allem drei Faktoren zuzuschreiben: erstens der sinkenden mikroökonomischen Effizienz, zweitens der zunehmenden Belastung durch Militärausgaben und damit
verbundene Kosten und drittens den Einbußen an Wettbewerbsvorteilen im Bereich der natürlichen
Ressourcen bzw. deren Zerstörung durch Umweltkatastrophen.
Die Mängel in der Ressourcenallokation waren offensichtlich. Die durchschnittlichen und marginalen Kapitalkoeffizienten waren höher als in der kapitalistischen Welt. Rohstoffe wurden verschwendet,
indem sie unter dem Erzeugerpreis zur Verfügung gestellt wurden. Die Versorgungsengpässe veranlassten Unternehmen zu einer massiven Vorratshaltung. Das Verhältnis Stahlverbrauch/BIP war viermal so hoch wie in den Vereinigten Staaten, das Verhältnis des industriellen Mehrwerts zur Bruttoproduktion sehr viel niedriger als in den westlichen Ländern. 1987 zählte in der UdSSR das Durchschnitts-Industrieunternehmen 814 Arbeitskräfte, gegenüber einem Schnitt von 30 in Deutschland und
dem Vereinigten Königreich. Der Technologietransfer aus dem Westen wurde durch Handelsbeschränkungen, einen Mangel an ausländischen Direktinvestitionen und einen sehr begrenzten
Zugang für ausländische Techniker und Hochschulabsolventen behindert. Es gab nur sehr wenige
Arbeitsanreize, und Drückebergerei am Arbeitsplatz war gang und gäbe. Das in diesem System niedrige
Entlohnungsniveau war ein weiterer Faktor, der die Arbeitsbereitschaft lähmte.
Die Qualität der Konsumgüter war schlecht. Es gab kaum Einzelhändler und Dienstleistungsunternehmen. Die Preise standen in keinem Verhältnis zu den Kosten. Brot, Butter und Wohnraum
wurden stark subventioniert. Die Verbraucher verschwendeten sehr viel Zeit mit Schlangestehen,
Tauschwirtschaft und manchmal auch Versuchen, sich die von ihnen gewünschten Waren und
Dienstleistungen durch Bestechung zu beschaffen. Es gab einen florierenden Schwarzmarkt und
besondere Geschäfte für die Nomenklatura. Zynismus, Frustration und Alkoholismus nahmen stark zu,
und die Lebenserwartung ging zurück.
Die Verteidigungs- und Weltraumausgaben der Sowjetunion beliefen sich in den siebziger und
achtziger Jahren auf rd. 15% des BIP, was nahezu dem Dreifachen des amerikanischen Anteils und
dem Fünffachen der in Westeuropa hierfür aufgewendeten Ausgaben entsprach. Ferner gingen damit
erhebliche Verpflichtungen gegenüber Afghanistan, Kuba, der Mongolei, Nordkorea, Vietnam und
den „Kunden“ der Sowjetunion in Afrika einher.
Die realen Kosten für die Ausbeutung der Naturressourcen nahmen zu. In den fünfziger Jahren
entfiel ein Großteil der Agrarexpansion auf die Bewirtschaftung von Neuland, dessen Fruchtbarkeit
rasch erschöpft war. Der größte Teil des Aralsees verwandelte sich so in eine Salzwüste. Die Nutzung
der Mineral- und Energieressourcen in Sibirien und Zentralasien erforderte höhere Infrastrukturausgaben als im europäischen Teil Russlands. Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl hatte durch
die Kontaminierung eines großen Teils der Ukraine verheerende Umweltfolgen.
Zwischen 1985 und 1990 setzte Gorbatschow ein beachtliches Maß an politischer Liberalisierung
um, er entließ Osteuropa in die Freiheit und setzte das System der Planwirtschaft außer Kraft, unternahm aber wenig zur Umwandlung des Wirtschaftssystems. Jelzin (Ende 1991 bis Ende 1999) führte
dann die Marktwirtschaft ein und spaltete die Sowjetunion auf.
Jelzins ursprünglich wichtigstes Anliegen war die Zerstörung des wirtschaftlichen und politischen Systems der Sowjetunion. So wurde die UdSSR auf einem geheimen Treffen zwischen dem
russischen Präsidenten Jelzin, Krawtschuk aus der Ukraine und Schuschkewitsch aus Weißrussland
Anfang Dezember 1991 aufgelöst. Den baltischen Staaten wurde freigestellt, den Pfad des Kapitalismus
175
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.23 Pro-Kopf-Wachstum in der ehemaligen UdSSR und in Osteuropa, 1950–1998
1950–1973
1973–1990
1990–1998
(jahresdurchschn. Pro-Kopf-Wachstumsraten)
Ex-UdSSR
3.36
Albanien
Bulgarien
Tschechoslowakei
Tschechische Republik
Slowakische Republik
Ungarn
Polen
Rumänien
Ex-Jugoslawien
Kroatien
Slowenien
Sonst. Länder Ex-Jugoslawiens
BIP von 1998
(Mio. int. $
von 1990)
0.74
–6.86
3 893
1 132 434
–0.04
–0.29
1.85
1.27
1.48
–0.23
–0.18
1.39
0.73
0.85
0.98
–1.84
–1.67
1.15
–1.17
–7.33
–9.35
–3.71
–0.73
–11.94
–5.09
–6.82
–0.58
–4.55
–10.77
–6.53
–14.82
–8.88
–10.24
–3.32
3 341
2 135
5 743
10 118
2 737
4 809
2 042
6 216
5 918
2 497
4 523
830
1 723
2 528
3 296
12 679
16 365
58 799
14 671
14 894
74 857
9 595
15 222
21 914
9 112
664 495
5 073
8 335
127 151
79 272
3.79
0.51
0.06
5 461
660 861
3.59
5.19
3.08
0.57
0.29
1.12
–0.41
–2.36
2 401
4 586
7 999
37 786
–0.36
–0.01
0.05
3.41
–2.45
–3.45
–1.93
1.09
–6.37
8 643
7 754
6 474
6 688
2 890
4 229
5 963
11 980
2 758
88 897
41 818
66 089
258 220
64 715
95 337
27 858
23 625
43 854
Armenien
Aserbaidschan
Weißrussland
Estland
Georgien
Kasachstan
Kirgisistan
Lettland
Litauen
Moldau
Russische Föderation
Tadschikistan
Turkmenistan
Ukraine
Usbekistan
Osteuropa insgesamt
Pro-Kopf-BIP
von 1998
(int. $ von 1990)
3.60
3.45
4.80
4.49
0.85
–0.35
0.08
1.60
3
Quelle:Anhänge A und D.
einzuschlagen. Die alten Parteiführer der asiatischen Republiken waren nicht vorgewarnt worden
bzw. waren nicht auf Veränderungen eingestellt, nahmen diese dann aber hin, wurden Präsidenten und
traten in eine lockere Föderation ein (die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten). Die sowjetische kommunistische Partei wurde aufgelöst, und ihr Vermögen beschlagnahmt.
In der Russischen Föderation wurde im Januar 1992 eine Regierung aus jungen, radikalen Wirtschaftsreformern gebildet, die die alte Planwirtschaft über Bord warfen, die meisten Inlandspreise
freigaben, Außenhandelsschranken beseitigten, das Militärbudget auf einen Bruchteil seines früheren
Niveaus kürzten, den Staatshandel abschafften, alle Formen des privaten Handels legalisierten und
schließlich eine Privatisierungswelle starteten, in deren Verlauf die meisten Staatsbetriebe zu Niedrigstpreisen veräußert wurden. Zwischen 1990 und 1998 beliefen sich die Privatisierungserlöse in
Russland auf insgesamt 7,5 Mrd. $, gegenüber Privatisierungserlösen in Höhe von 66,7 Mrd. $ im
gleichen Zeitraum in Brasilien. Das Durchschnitts-BIP der beiden Volkswirtschaften war in diesen
Jahren mehr oder minder vergleichbar, die brasilianischen Privatisierungen machten aber einen sehr
viel kleineren Teil des Kapitalstocks aus (vgl. Weltbank, 2000, S. 186-187).
Der Übergang zur Marktwirtschaft vollzog sich recht schnell, er war für die breite Masse der
Bevölkerung wirtschaftlich aber mit einer Abwärtsspirale der Realeinkommen verbunden, die nahezu
zehn Jahre andauerte. In der Russischen Föderation war das BIP 1998 um 42% niedriger als 1990. Die
Anlageinvestitionen waren drastisch auf 17,5% ihres Niveaus von 1990 gesunken. Auch die Militär176
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Tabelle 3.24 Veränderungen von Produktion und Verbrauch in Weißrussland,
Russland und der Ukraine, 1990–1998
(Volumen von 1990 = 100)
BIP
Industrieproduktion
Agrarproduktion
Finanzdienstleistungen
Privater Verbrauch
Staatsverbrauch
Anlageinvestitionen
Bevölkerung
Weißrussland
Russische Föderation
Ukraine
80.1
92.7
65.5
196.3
57.7
47.3
58.1
144.7
41.1
31.6
58.3
773.6a
79.0
79.4
62.9
99.8
88.8
70.8
17.5
99.1
51.2
76.9
15.5
96.9
a) 1990–1997.
Quelle:
Die wichtigsten makroökonomischen Indikatoren der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten 1991-1998 (in russischer Sprache), Statistischer Ausschuss der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, Moskau, 1999.
Tabelle 3.25 Prozentualer Anteil der in Armut lebenden Bevölkerung in der ehemaligen UdSSR
und in Osteuropa, 1987–1988 und 1993–1995
Land
1987–1988
1993–1995
Estland
Lettland
Litauen
Durchschnitt der drei
baltischen Staaten
1
1
1
37
22
30
1
29
Weißrussland
Moldau
Russische Föderation
Ukraine
Durchschnitt der vier
westlichen GUS-Länder
1
4
2
2
22
66
50
63
2
52
5
12
12
24
65
88
61
63
15
66
Kasachstan
Kirgisistan
Turkmenistan
Usbekistan
Durchschnitt der vier zentralasiatischen GUS-Länder
Land
Tschechische Republik
Ungarn
Polen
Slowakei
Slowenien
Durchschnitt der fünf
mitteleuropäischen Länder
Bulgarien
Rumänien
Durchschnitt der zwei
südosteuropäischen Länder
1987–1988
1993–1995
0
1
6
0
0
1
4
20
1
1
1.4
12
2
6
15
59
4
37
ausgaben des Staats verzeichneten einen deutlichen Rückgang, so dass die Verringerung des privaten
Pro-Kopf-Konsums in realer Rechnung (mit rd. 10%) sehr viel moderater ausfiel als die des Pro-KopfBIP. In Weißrussland ließ der private Konsum um ein Fünftel nach (vgl. Tabelle 3-24). In der Ukraine
war die Situation mit einem Einbruch des Pro-Kopf-Konsums um 44% noch um einiges gravierender.
Mit dem Übergang zum Kapitalismus gingen einschneidende Veränderungen in der Einkommensverteilung einher. Unter dem alten System waren Grundbedarfsgüter (Brot, Wohnraum, Bildung,
Gesundheit, Kinderkrippen und soziale Dienstleistungen) sehr stark vom Staat subventioniert bzw. von
Staatsbetrieben ihren Mitarbeitern kostenlos zur Verfügung gestellt worden. All diese Grundbedarfsgüter wurden sehr viel teurer, die Löhne und Renten verloren durch die Hyperinflation in realer Rechnung an Wert und die von der Masse der Bürger gehaltenen Sparguthaben wurden praktisch wertlos.
Natürlich waren das Ende des Schlangestehens, die der Importfreiheit zu verdankenden Verbesserungen
bei Qualität und Auswahl der Konsumgüter mit Wohlfahrtsgewinnen verbunden, doch kamen diese
vor allem den Personen zugute, die in der Lage waren, sich mit der Marktwirtschaft zu arrangieren.
177
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.26 Jahresdurchschnittliche Veränderungsrate der Verbraucherpreise:
ehemalige UdSSR und Osteuropa, 1990–1998
Land
1990–1994
Estland
Lettland
Litauen
Durchschnitt der drei
baltischen Staaten
1994–1998
333.7
320.3
435.0
15.2
11.5
14.9
363.0
13.9
1 402.0
825.5
927.8
3 361.8
132.1
17.1
61.5
62.7
1 629.3
68.4
Armenien
Aserbaidschan
Georgien
Durchschnitt der drei
Kaukasus-Länder
3 529.3
1 150.8
3 817.6
14.6
20.9
22.4
2 932.6
19.3
Kasachstan
Kirgisistan
Tadschikistan
Turkmenistan
Usbekistan
Durchschnitt der fünf zentralasiatischen GUS-Länder
1 612.5
721.9
2 228.2
2 969.3
811.3
25.6
25.0
585.0
437.3
64.3
1 268.6
227.4
Weißrussland
Moldau
Russische Föderation
Ukraine
Durchschnitt der vier
westlichen GUS-Länder
Quelle:
Land
Tschechische Republik
Ungarn
Polen
Slowakei
Slowenien
Durchschnitt der fünf mitteleuropäischen Länder
Albanien
Bulgarien
Kroatien
Mazedonien
Rumänien
Durchschnitt der südosteuropäischen Länder
1990–1994
1994–1998
23.2
24.0
42.9
26.1
95.6
8.3
19.2
15.5
6.2
8.3
42.4
11.5
96.9
151.0
583.5
615.4
194.8
18.6
230.8
4.1
2.0
69.2
328.3
64.9
EBWE, Transition Report 1999, London, S. 76.
Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) hat jüngst Schätzungen der
Variationen bei der Armutshäufigkeit vorgenommen (vgl. Tabelle 3.25). Zwischen 1987-1988 und
1993-1995 war die Armutsquote in vier „westlichen“ GUS-Ländern (mit einer kombinierten Bevölkerung von 212 Millionen im Jahr 1998) von 2% auf über 50% ihrer Gesamtbevölkerung gestiegen. In
vier zentralasiatischen Staaten (mit einer Gesamtbevölkerung von 49 Millionen) hatte sich der Anteil
von 15% auf 66%, und in den drei baltischen Staaten von 1% auf 29% erhöht. Die Lage war in diesen
Ländern also sehr viel schwieriger als in Mittel- und Osteuropa, wo sich Rumänien als einziges Land
in einer vergleichbaren Situation befand. Die gesunkene Lebenserwartung, die geringeren Schulbesuchsquoten sowie die steigende Arbeitslosigkeit sind weitere Belege für die Bevölkerungsverarmung,
wenngleich die Effekte der Arbeitslosigkeit dadurch gemindert werden konnten, dass viele Arbeitskräfte den Kontakt zu ihren alten Unternehmen aufrechterhielten und diese Unternehmen ihnen auch
nach Einstellung der Gehaltszahlungen weiterhin Sozialleistungen gewährten.
Es gibt vor allem zwei Gründe, die erklären, warum der Übergang in der ehemaligen UdSSR
problematischer verlief als in Osteuropa. Eine Ursache war die Schwäche der Geld- und Finanzpolitik,
die eine Hyperinflation zur Folge hatte, die andere jenes Phänomen, das von der EBWE als „Vereinnahmung“ des Staats durch eine neue Wirtschaftsoligarchie bezeichnete wurde. Diese beiden Faktoren
haben eine effiziente Ressourcenallokation erheblich erschwert und dazu beigetragen, dass die Einkommen vor allem einer privilegierten Elite zuflossen.
Makroökonomische Instabilität
Tabelle 3.26 weist die durchschnittlichen Inflationsraten für die Jahre 1990-1994 und 1994-1998
aus. Die erste Hyperinflationswelle hat mittlerweile deutlich nachgelassen, der Preisauftrieb liegt aber
178
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
noch immer weit über der Jahresrate von 2% der westlichen kapitalistischen Volkswirtschaften
(vgl. Tabelle 3.8). In den baltischen Staaten und in Osteuropa erreicht die Inflation nunmehr etwa die
gleiche Rate wie in Lateinamerika (d.h. 13,5%, vgl. Tabelle 3.22).
Es ist durchaus verständlich, dass der Übergang von der Preisstruktur einer zentralen Planwirtschaft zu einer von den Marktkräften bestimmten Struktur eine kurze Phase der Hyperinflation auslöst;
in diesem Fall war die Inflationsdynamik aber auch auf die staatliche Finanzschwäche zurückzuführen.
Das war unvermeidlich in einem Staat, der seine Einnahmen zuvor aus dem Besitz von Vermögenswerten bezogen hatte, die zu Schleuderpreisen veräußert worden waren. Zugleich war die Konzipierung und Einführung eines neuen Steuersystems in einer Wirtschaft, in der die Unternehmen binnen
kürzester Zeit meisterhaft gelernt hatten, Steuern zu vermeiden bzw. zu hinterziehen und Gewinne im
Inland bzw. mit Hilfe ausländischer Steueroasen zu verschleiern, sehr viel schwieriger. In Russland
wurde das Problem noch durch die Übertragung von Ausgabenbefugnissen auf die 19 Föderationsrepubliken und 61 übrigen Lokalverwaltungen verschärft.
Die leichtsinnige Geldpolitik war der zweite Faktor, der wesentlich zur Hyperinflation beigetragen
hat. In der ersten Reformphase bat die Regierung Gajdar internationale Organisationen um Rat und
hielt am Rubel als gemeinsamer Währung der GUS-Staaten bis 1993 fest. Damit musste die Föderation
auch für die Defizite der Mitgliedstaaten aufkommen, die sich auf 10% des russischen BIP beliefen.
Zwischen 1992 und 1994 wurde die Hyperinflation durch die enorme Ausweitung des Volumens der
von der Zentralbank zu negativen Realzinsen angebotenen Kredite angeheizt, mit denen das Haushaltsdefizit der Föderation gedeckt und Kapital auch solchen Unternehmen zugeführt wurde, die man
eigentlich hätte zwingen müssen, in Konkurs zu gehen. Im weiteren Verlauf wurden die Defizite dann
durch die Einrichtung eines Schatzwechselmarkts und durch Kreditaufnahme im Ausland finanziert.
Nach der Wiederwahl Jelzins im Juli 1996 kam es zu starken Zuflüssen ausländischer Anlagegelder in
russische Aktien und Schatzwechsel. Von Mitte 1996 bis Ende 1997 verdreifachten sich die Kurse am
Aktienmarkt, während der Wechselkurs mehr oder minder gleich blieb. Viele ausländische Investoren
gingen hoch spekulativ vor und sicherten sich gegen Wechselkursrisiken ab, indem sie bei russischen
Banken auf Dollar lautende Termineinlagen kauften. Die Entlassung von Ministerpräsident Tschernomyrdin im Jahr 1998 und die Finanzkrise in Asien hatten dann einen massiven Rückzug ausländischen Kapitals zur Folge. Die russische Regierung konnte ihren Wechselkurs zunächst ungefähr zwei
Wochen lang mit Finanzmitteln des IWF in Höhe von nahezu 5 Mrd. $ verteidigen, musste die Währung dann aber Mitte August 1998 abwerten, konnte den Großteil der inländischen Schuldendienstverpflichtungen nicht bedienen und verhängte für die Schuldenrückzahlungen russischer Unternehmen
und Banken an Ausländer ein Schuldenmoratorium.
Aufstieg einer neuen Finanzoligarchie
Das andere große Problem im Zusammenhang mit dem Übergang Russlands zum Kapitalismus
wurde von der EBWE (1999, S. 110-111) folgendermaßen diagnostiziert: „Im Rahmen des 1995 umgesetzten Programms ‚Kredite gegen Aktien‘ fielen viele Schlüsselunternehmen in die Hände einer
kleinen Gruppe von Finanziers, der so genannten ‚Oligarchen‘. Die Folge war ein drastischer Anstieg
der Vermögens- und Einkommensungleichheiten – so lag der Gini-Koeffizient für die Einkommen in
Russland 1997 bei rd. 0,5, d.h. auf einem mit Kolumbien oder Malaysia vergleichbaren Niveau. Ferner
hat dieses Programm zu einem Investitionsklima beigetragen, das von Korruption, nicht transparenten
Geschäftspraktiken – einschließlich Naturaltausch – und Vetternwirtschaft geprägt war.“ „Nicht nur
die Einkommensungleichheiten haben erheblich zugenommen, zusätzlich sind auch die Ausgaben für
Sozialleistungen in der Übergangsphase zurückgegangen. Das veranschaulicht, wie stark der Staat
durch kleine Interessengruppen vereinnahmt wurde.“
Es wurden zwar gesetzliche Bestimmungen zur Einführung von Eigentumsrechten nach westlichem Modell erlassen, in der Praxis aber ist das Rechnungswesen undurchsichtig und die Interpreta179
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
tion der Eigentumsrechte seitens der Regierung willkürlich. Viele Unternehmen sind kriminellem Druck
ausgesetzt. Immobilienbesitzer, so z.B. Aktionäre oder Investoren, können nicht darauf bauen, dass
ihre Rechte anerkannt werden. Arbeitskräfte wissen nicht, ob sie ihren Lohn effektiv erhalten werden.
Unter derartigen Umständen kann die Ressourcenallokation nur höchst ineffizient sein.
Die Landwirtschaft blieb von der Reform unberührt
Ein dritter, wichtiger Bereich, der in der Transformationsphase politisch unberücksichtigt blieb,
war die Landwirtschaft. In Russland und in der Ukraine lag die Agrarproduktion 1998 um 42% unter
ihrem Niveau von 1990. Diese Entwicklung steht in krassem Gegensatz zur Lage in China, wo die
Agrarproduktion in den sieben Jahren nach den 1978 beschlossenen Reformen um 56% gestiegen war.
Es wurden praktisch keine Anstrengungen unternommen, um eine gewisse Dynamik in diesem rückständigen Sektor zu entwickeln, wo sich effektive Aktionen auf Grund der bestehenden Erblasten nur
schwer umsetzen lassen. Kornai (1992, S. 437) formulierte dies folgendermaßen: „Bis heute hat sich
die sowjetische Bauernschaft noch nicht von dem furchtbaren Trauma der Kollektivierung erholt.
Obwohl die Menschen, die davon direkt betroffen waren, heute nicht mehr am Leben sind, haben ihre
Kinder und Enkelkinder noch immer das Gefühl, Privatbesitz werde nicht geschützt, und Grund und
Boden könne ihnen wieder weggenommen werden. Sollten sie also durch individuelle Bewirtschaftung ihrer Betriebe zu wohlhabenden Bauern werden, so befürchten sie, dies könne dazu führen, dass
sie erneut als Kulaken gebrandmarkt werden, was für sie Verfolgung, Verschleppung oder Tod bedeuten könnte.“
b) Die osteuropäischen Länder
Das Wirtschaftssystem der osteuropäischen Länder war bis Ende der achtziger Jahre mit dem der
ehemaligen UdSSR vergleichbar, und dasselbe galt für die makroökonomischen Ergebnisse. Im goldenen Zeitalter, d.h. in den Jahren 1950-1973, hielt das Pro-Kopf-BIP-Wachstum in Osteuropa (wie in der
UdSSR) mehr oder minder mit dem Westeuropas Schritt. Zwischen 1973 und 1990 kam es dann zu
einer starken Verschlechterung, als das wirtschaftliche und politische System sich aufzulösen begann und
das Pro-Kopf-Wachstum insgesamt nur noch rd. 0,5% jährlich erreichte, gegenüber 1,9% in Westeuropa.
Seit 1990 sieht sich Osteuropa im Zuge des Übergangs zum Kapitalismus großen Problemen gegenüber, der Prozess verlief insgesamt aber sehr viel weniger traumatisch als in der ehemaligen UdSSR.
1998 entsprach das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen etwa dem Niveau von 1990, während es
im Vergleich dazu in der ehemaligen UdSSR um über 40% niedriger war.
In der Tat gibt es bei der erfolgreichen Bewältigung des Transformationsprozesses zwischen den
einzelnen osteuropäischen Ländern große Unterschiede. Polen, die mit Abstand größte Volkswirtschaft
der Region und das Land, das im Zeitraum 1973-1990 am schlechtesten abschnitt, verzeichnet seit 1990
ein rascheres Einkommenswachstum als jedes andere europäische Land, mit Ausnahme Irlands. Die
Tschechische und die Slowakische Republik wie auch Ungarn haben ihr Pro-Kopf-Einkommensniveau
von 1990 mehr oder minder wieder erreicht. Am schlechtesten steht das ehemalige Jugoslawien da,
das im Laufe blutiger Konflikte in fünf getrennte Staaten zerfiel. Bulgarien und Rumänien weisen
ebenfalls schlechte Ergebnisse auf, was sich z.T. aus der Tatsache erklärt, dass ihre Volkswirtschaften
in mehrerlei Hinsicht durch die Kriege in Bosnien und im Kosovo, die Verhängung von Sanktionen
gegen Jugoslawien sowie die Bombardierung der Donaubrücken sehr stark in Mitleidenschaft gezogen
wurden.
Mit Ausnahme Polens waren die Wirtschaftsergebnisse in Osteuropa enttäuschend. Angesichts
der Tatsache, dass das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in Osteuropa bei etwa 30% des westeuropäischen liegt, hätte ein gewisser Spielraum für einen Aufholprozess bestehen müssen.
180
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Die Transformationsproblematik reicht in der Tat sehr tief. Am einfachsten zu bewältigen waren
die Preisliberalisierung und die Öffnung des Handels gegenüber dem Westen. Dadurch wurde der
Knappheit und dem Schlangestehen ein Ende gesetzt, die Qualität der verfügbaren Waren verbessert
und das Verbraucherwohl auf eine Art und Weise erhöht, die in den Messgrößen des BIP nicht genügend
zum Ausdruck kommt. Ein Großteil des alten Kapitalstocks war aber schrottreif, die Erwerbsbevölkerung musste neue Qualifikationen erwerben, das Rechts- und Verwaltungssystem wie auch die Struktur
des Steuer- und Transfersystems mussten umgestaltet, das Verteilungs- und Bankensystem von Grund
auf neu aufgebaut werden.
In diesem Zusammenhang ist ein Vergleich der Situation in Osteuropa mit der Lage in Ostdeutschland von Interesse, das 1990 Teil der Bundesrepublik wurde. In anderen osteuropäischen Ländern
waren die Unterstützungsleistungen des Westens verhältnismäßig gering, und ihr Zugang zu den Westmärkten wurde und wird durch die gemeinsame Agrarpolitik der EU wie auch die Exportbeschränkungen für bestimmte sensible Industriegüter erschwert. Demgegenüber hatten die ostdeutschen Bundesländer völlig freien Zugang zu den deutschen und westlichen Märkten, und sie erhielten seit der Wiedervereinigung Transferleistungen verschiedener Art in Höhe von rd. 1 Bill. $. Die Pro-Kopf-Produktion
und -Arbeitsproduktivität liegen dort aber immer noch bei weniger als der Hälfte des Niveaus im
übrigen Deutschland. Das Problem der Umwandlung sozialistischer Firmen in produktive kapitalistische
Unternehmen war in Ostdeutschland sehr viel größer als andernorts, da Ostdeutschland in eine Währungsunion eingebunden war, in der die Löhne und Gehälter wie auch die Aktiva in alter Ostmark extrem
überbewertet waren. Fast der gesamte Kapitalstock der Industrie musste verschrottet werden. Die Beschäftigung ist seit 1990 um 30% zurückgegangen, da Arbeitnehmer (wie auch Rentner und Empfänger
sonstiger Sozialleistungen) fortan Anspruch auf sehr viel höhere Sozialversicherungsleistungen hatten.
Für das gegenüber den Staaten der ehemaligen UdSSR bessere Abschneiden der osteuropäischen
Länder dürften vor allem folgende Gründe verantwortlich gewesen sein:
a)
Der Zeitraum, in dem diese Länder der Planwirtschaft ausgesetzt waren (rund 40 Jahre), war
kürzer als für den größten Teil der ehemaligen UdSSR (über 70 Jahre). Das galt auch für die baltischen Staaten, die ebenfalls bessere Ergebnisse erzielten als die übrigen Volkswirtschaften der
ehemaligen UdSSR.
b)
In mehreren osteuropäischen Ländern hatte es starke Bestrebungen gegeben, aus der Planwirtschaft und der sowjetischen Hegemonie auszubrechen – so in Jugoslawien in den fünfziger Jahren, in Ungarn 1956, in der Tschechoslowakei 1968 und in Polen in den achtziger Jahren –, und
in intellektueller Hinsicht bestand ein reges Interesse an den Transformationsproblemen. Jugoslawien, Ungarn und Polen waren vor dem Zusammenbruch des sowjetischen Systems bereits
Mitglied des IWF und hatten dadurch ein gewisses Know-how in Bezug auf den makroökonomischen Policy Mix wie auch das typische Instrumentarium kapitalistischer Volkswirtschaften erworben. Außerdem wiesen die Tschechoslowakei, Polen, Ungarn und Slowenien größere Affinitäten zum und detailliertere Kenntnisse über den westlichen Kapitalismus auf als die Länder der
ehemaligen UdSSR, Bulgarien oder Rumänien.
c)
Die osteuropäischen Länder waren sehr viel stärker als die Staaten der ehemaligen UdSSR
bestrebt, die Transformation in einem Umfeld makroökonomischer Stabilität zu vollziehen. Das
gilt insbesondere für Polen, das Anfang 1990 mit der Umsetzung radikaler Reformen angesichts
eines enormen Inflationsdrucks begann, der durch die Lohnindexierung und andere Konzessionen
an die militante Gewerkschaft der Solidarnosc-Bewegung bedingt war (vgl. Balcerowicz, 1995,
S. 324-326). Die Reformpolitik ging mit einer strengen monetären und budgetären Disziplin einher.
d)
Der Reformprozess legte den Akzent sehr viel deutlicher auf die Schaffung transparenter Rechtsgrundlagen für den Abschluss von Verträgen und den Schutz der Eigentumsrechte, und der
Privatisierungsprozess ließ keine neue Oligarchie räuberischer Kapitalisten entstehen. Auch in
181
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
diesem Punkt verweist Balcerowicz, der wichtigste Architekt der polnischen Reformen, eindringlich
auf die Unterschiede zwischen der Politik in Polen und der ehemaligen Sowjetunion. Infolgedessen
gab es sehr viel weniger Ambiguitäten in Bezug auf Richtung und Endziel des Reformprozesses.
VII
Afrika
Afrika vereint nahezu 13% der Weltbevölkerung auf sich, erwirtschaftet aber nur 3% des weltweiten BIP. Es ist die ärmste Region der Welt, deren Pro-Kopf-Einkommen 1998 nur 5% des in der
reichsten Region und weniger als die Hälfte des in Asien (ohne Japan) verzeichneten Niveaus erreichte.
Es hat die niedrigste Lebenserwartung (52 Jahre gegenüber 78 in Westeuropa), aber auch die stärkste
demographische Expansion – sie entspricht etwa dem Neunfachen des Bevölkerungswachstums in
Westeuropa.
Infolge des raschen Bevölkerungszuwachses ist die Altersstruktur grundverschieden von der
Westeuropas. In Europa befinden sich über zwei Drittel der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, in
Afrika knapp über die Hälfte. 43% der Afrikaner sind unter 15 Jahre alt und 3% 65 oder älter. In
Westeuropa sind 18% unter 15 und 15% sind 65 Jahre oder älter. Fast 50% der Erwachsenenbevölkerung Afrikas sind Analphabeten. Die Häufigkeit infektiöser und parasitärer Krankheiten (Malaria,
Schlafkrankheit, Hakenwurmkrankheit, Flussblindheit, Gelbfieber) ist hoch. Über zwei Drittel der HIVinfizierten Menschen leben in Afrika. Aus diesem Grund sind Quantität und Qualität des Arbeitsinputs
je Kopf der Bevölkerung hier sehr viel niedriger als in anderen Teilen der Welt.
Das Fundament der afrikanischen Volkswirtschaften ist sehr viel unbeständiger als das der meisten
anderen, da die Exporterlöse dieser Länder auf einer kleinen Zahl unverarbeiteter Rohstoffe basieren
und die klimatischen Extreme (wie Dürreperioden und Überflutung) größer sind und verheerendere
Folgen haben als andernorts.
Auch wenn die Wirtschaftsergebnisse Afrikas im internationalen Vergleich schlecht sind, war
doch im kapitalistischen Zeitalter auch hier ein Wirtschaftswachstum zu verzeichnen. Zwischen 1820
und 1980 stieg das Pro-Kopf-Einkommen auf rd. das 3,5fache (vgl. Tabelle 3.1b und C5.c), was etwa
dem Zuwachs in Asien (ohne Japan) entspricht. Seit 1980 ist das Pro-Kopf-Einkommen in Afrika
zurückgegangen.
Hauptmerkmale der Lage in Afrika sind Armut und Stagnation bzw. rückläufige Wirtschaftstätigkeit, bei Einkommensniveau und Wachstumsergebnissen gibt es aber große Diskrepanzen. In
Tabelle 3.28 wird zwischen den 14 Ländern mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen von
über 2 000 internationalen Dollar und den 43 Staaten unterschieden, die dieses Niveau nicht erreichen.
In der ersten Gruppe lagen die Pro-Kopf-Einkommen 1998 im Schnitt bei 2 816 $, in den übrigen
Ländern bei nur 840 $. Länder der ersten Gruppe weisen mittlerweile ein Durchschnittseinkommen
auf, das dem Westeuropas im Jahr 1900 entspricht, in den übrigen Ländern liegt es unter dem westeuropäischen Niveau von 1600.
Die erste verhältnismäßig wohlhabende Gruppe umfasst fünf Mittelmeer-Anrainerstaaten (Algerien,
Ägypten, Libyen, Marokko und Tunesien). Von diesen verzeichneten Ägypten, Marokko und Tunesien
im Zeitraum 1973-1998 annehmbare Wachstumsergebnisse, in Algerien lag das Pro-Kopf-Einkommen
1998 allerdings um 15% unter dem Höchststand von 1985, und in Libyen erreichte es in etwa die
Hälfte seines Niveaus von 1973.
Die zweite Gruppe, die sich aus Ländern im Südzipfel des Kontinents zusammensetzt, umfasst
Botsuana, Namibia, Südafrika und Swasiland. Unter diesen zählte Botsuana zu den Volkswirtschaften
mit dem weltweit dynamischsten Wachstum (5,4% pro Kopf zwischen 1973 und 1998). Seine Wachstums182
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Abbildung 3.4 Pro-Kopf-BIP: binäre Gegenüberstellung Vereinigte Staaten/Afrika, 1950-1998
(in Geary-Khamis-Dollar von 1990)
100 000
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
10 000
Algerien
1 000
Ägypten
100
1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
Kenia
1990
2000 1950
1960
1970
1980
1990
2000
100 000
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
Vereinigte Staaten
10 000
Südafrika
Marokko
1 000
Nigeria
100
1950
1960
1970
1980
1990
2000 1950
1960
1970
Quelle: Anhang C.
183
1980
1990
2000 1950
1960
1970
1980
1990
2000
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.27 Analphabetentum in Afrika, 1997
(Prozentualer Anteil der Erwachsenenbevölkerung)
Algerien
Benin
Botsuana
Burkina Faso
Burundi
Kamerun
Zentralafrikanische Republik
Kongo
Côte d'Ivoire
Ägypten
Äthiopien
Ghana
Kenia
Malawi
Mali
Mauretanien
Marokko
Mosambik
Namibia
Quelle:
40
66
26
80
55
28
57
23
58
48
65
33
21
42
65
62
54
59
21
Niger
Nigeria
Ruanda
Senegal
Südafrika
Tansania
Togo
Tunesien
Uganda
Sambia
Simbabwe
Arithmetischer Durchschnitt
86
40
37
65
16
28
47
33
36
25
9
45
Ehemalige UdSSR
Lateinamerika
China
4
13
17
Weltbank, Weltentwicklungsbericht 1999/2000, Washington, D.C., 2000, S. 278-279.
ergebnisse waren mit denen Singapurs vergleichbar, mit dem Unterschied, dass das Wachstum hier
weitgehend auf der Ausbeutung seiner Diamantvorkommen basierte. Das Pro-Kopf-Einkommen Südafrikas lag 1998 um 14% unter dem 1981 erreichten Höchststand, und in Namibia blieb es um 9%
hinter dem Niveau von 1981 zurück.
Bei der dritten Gruppe aus fünf kleinen Ländern handelt es sich um Sonderfälle. Gabun und der
Kongo verfügen über eine verhältnismäßig hohe und expandierende Erdölförderung und -ausfuhr. Bei
den drei anderen Ländern handelt es sich um Inseln im Indischen Ozean, deren Bevölkerungszuwachsraten weit unter dem afrikanischen Durchschnitt liegen. Réunion ist ein französisches ÜberseeDepartement, das von der Metropole stark subventioniert wird. Auf den Seychellen und Mauritius ist
die Bevölkerung in der Mehrzahl indischen Ursprungs und zweisprachig (englisch/französisch). Die
Seychellen verfügen über hohe Fremdenverkehrseinnahmen. Mauritius ist es gelungen, einen Industriegüterexport aufzubauen.
Drei Viertel der afrikanischen Bevölkerung gehören einer vierten Gruppe an, in der das Pro-KopfEinkommen 1980 seinen Höchststand erreichte. Bis 1998 war es um ein Viertel gesunken. Diese Ländergruppe bildet den harten Kern der Armut in Afrika.
Bei der Erläuterung der Ursachen für die Armut in Afrika muss zwischen den Langzeiteinflüssen
und den Gründen für die negative Trendwende in der wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen
zwanzig Jahre unterschieden werden.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war der Großteil des Kontinents noch unbekannt und unerforscht, von Jägern und Sammlern, Vieh- und Schafzüchtern sowie Bauern bewohnt, die Subsistenzlandwirtschaft betrieben. Das Bildungs- und Technologieniveau war primitiv. Land war verhältnismäßig reichlich vorhanden und wurde von den traditionellen Führern zugeteilt, ohne Eigentumsrechte
nach westlichem Modell. Die einzigen Territorialeinheiten, die den heutigen ähnelten, waren Ägypten,
Äthiopien, Liberia, Marokko und Südafrika. „Hauptexportartikel“ waren Sklaven.
Das Interesse der europäischen Mächte an der Beherrschung Afrikas erwachte in den achtziger
Jahren des 19. Jahrhunderts. Frankreich und Großbritannien waren mit ihren Unternehmungen am erfolg184
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Tabelle 3.28 Veränderungen des Einkommensniveaus innerhalb Afrikas, 1998
Pro-Kopf-BIP
(int. $ von 1990)
BIP
(Mio. int. $ von 1990)
Bevölkerung
(Tsd.)
Algerien
Ägypten
Libyen
Marokko
Tunesien
2 688
2 128
3 077
2 693
4 190
81 948
140 546
15 000
78 397
39 306
30 481
66 050
4 875
29 114
9 380
5 Mittelmeerländer
2 539
355 197
139 900
Botsuana
Namibia
Südafrika
Swasiland
4 201
3 797
3 858
2 794
6 803
6 158
165 239
2 699
1 448
1 622
42 835
966
4 südafrikanische Länder
3 860
180 899
46 871
Gabun
Mauritius
Réunion
Seychellen
Kongo
4 885
9 853
4 502
5 962
2 239
5 901
11 508
3 174
471
5 951
1 208
1 168
705
79
2 658
5 Sonderfälle
4 642
27 005
5 818
14 Länder mit einem Pro-Kopf-BIP
von über 2000 $, insgesamt
2 816
563 101
192 589
840
476 307
567 365
1 368
1 039 408
759 954
43 sonstige Länder insgesamt
Afrika insgesamt
Quelle:
Die Schätzungen des BIP-Wachstums für afrikanische Länder sind weniger zuverlässig als die für die übrigen Regionen. Systeme der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wurden von den Kolonialherren in der Regel Ende der fünfziger Jahre eingeführt. Qualität und Belegschaft
der Statistischen Ämter sind jedoch seit der Unabhängigkeit unzureichend. Auch in Bezug auf die Schätzungen der komparativen BIP-Niveaus
gibt es größere Probleme als in anderen Regionen, vgl. Tabelle A4.g sowie die begleitenden Anmerkungen.
reichsten. Aus der französischen Kolonialisierung gingen schließlich 22 Länder hervor, aus der britischen 21, aus der portugiesischen 5, aus der belgischen 3 und aus der spanischen 2. Deutschland verlor
seine Kolonien nach dem Ersten, Italien die seinen nach dem Zweiten Weltkrieg.
Die Kolonialherren zogen die Grenzen nach eigenem Belieben, ohne große Rücksicht auf die
Traditionen vor Ort oder auf ethnische Gesichtspunkte zu nehmen. Es wurden europäisches Recht und
europäische Eigentumsrechte eingeführt, wobei traditionellen Formen der Landverteilung kaum Rechnung getragen wurde. So bekamen die Kolonialherren das beste Land und schöpften auch die größten
Vorteile aus der Nutzung der Schürfungsrechte und der Plantagenbewirtschaftung. Das Einkommensniveau der Afrikaner wurde durch Zwangsarbeit bzw. Apartheid-Praktiken niedrig gehalten. Es wurde
nur wenig für den Aufbau einer Verkehrsinfrastruktur oder die Bildung der Bevölkerung getan.
Die Europäer zogen sich ab Mitte der fünfziger Jahre aus den Kolonien zurück. Die kolonialen
Verbindungen Großbritanniens zu Ägypten und dem Sudan wurden 1956 abgebrochen. Ghana wurde
1957, Nigeria 1960, Tansania 1961 und Kenia 1963 unabhängig. Die Interessen der weißen Siedler
haben den Unabhängigkeitsprozess in Simbabwe und Namibia hinausgezögert. In Südafrika erhielt die
schwarze Bevölkerung erst 1994 politische Rechte. Die französische Entkolonialisierung begann mit
Marokko und Tunesien im Jahr 1956. Guinea machte sich 1958 selbständig, und die übrigen Kolonien
in Subsahara-Afrika wurden 1960, Algerien im Jahr 1962 unabhängig. Belgien gab Zaire 1960,
Burundi und Ruanda 1962 auf. Portugal und Spanien beendeten ihre Kolonialherrschaft im Jahr 1975.
185
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle 3.29 Ausmaß und Dauer des drastischen Pro-Kopf-Einkommensverfalls
in den 13 größten afrikanischen Ländern südlich der Sahara
Angola
Kamerun
Côte d'Ivoire
Äthiopien
Kenia
Madagaskar
Mali
Mosambik
Nigeria
Sudan
Tansania
Zaire
Simbabwe
13 Länder insgesamt/Durchschnitt
Bevölkerung
1998
(Tsd.)
Pro-Kopf-BIP
1998 in % des
Höchstniveaus
Rekordjahr
Entfernung vom
Höchstniveau
(Jahre)
10 865
15 029
15 446
62 232
28 337
14 463
10 109
18 641
110 532
33 551
30 609
49 001
11 004
409 859
36.6
60.0
64.7
95.0
97.5
55.4
92.3
63.3
77.1
75.5
88.8
30.0
100.0
72.0
1970
1986
1980
1983
1990
1971
1979
1973
1977
1977
1979
1974
1998
1980
28
12
18
15
8
27
19
25
21
21
19
24
0
18
Quelle:Anhang C.
In jenen Jahren war der Kalte Krieg auf dem Höhepunkt angelangt, und Afrika wurde zum
Schauplatz internationaler Rivalitäten. China, die UdSSR, Kuba und die osteuropäischen Länder
leisteten den neuen Staaten, die sie in einer durch Interessenkonflikte geprägten Welt als ihre Vorposten betrachteten, wirtschaftliche und militärische Hilfe. Die westlichen Länder, Israel und Taiwan
waren in ihren Unterstützungsleistungen großzügiger und gingen bei deren Verteilung weniger bürokratisch vor, als sie es unter anderen Umständen möglicherweise getan hätten. Afrika häufte im Zuge
dieses Prozesses hohe Auslandsschulden an, die sich kaum in Form von Entwicklungsfortschritten
ausgezahlt haben.
Mit der Unabhängigkeit gingen zahlreiche große Herausforderungen einher. Die politische Führung
war gezwungen, mehr oder minder aus dem Stand Elemente der nationalen Solidarität und Stabilität
aufzubauen. Bei den neuen nationalen Einheiten handelte es sich in den meisten Fällen um Gebilde,
die von den Kolonialmächten geschaffen worden waren. Sie waren von großer ethnischer Vielfalt
geprägt, konnten jedoch keinerlei Traditionen bzw. indigene Institutionen, die üblichen Kennzeichen
nationaler Identität, vorweisen. Die Verwaltungs- und Bildungssprache war generell Französisch,
Englisch oder Portugiesisch, d.h. nicht die Sprachen, die von der Masse der Bevölkerung gesprochen
wurden. Dreizehn der neuen frankophonen Länder hatten zuvor zwei großen Föderationen angehört,
deren Verwaltungs- und Verkehrszentren sich in Dakar und Brazzaville befanden. Die entsprechenden
Netze mussten umstrukturiert werden.
Es bestand ein sehr großer Mangel an Afrikanern mit hinreichendem Bildungsniveau bzw. Verwaltungserfahrung. Von heute auf morgen mussten diese Länder aber eine politische Elite aufbauen,
eine nationale Verwaltung bilden und mit Personal besetzen, ein Rechtssystem einrichten, Polizei
und Militär aufbauen sowie Dutzende von Diplomaten ins Ausland schicken. Im Zuge dieser ersten
großen Welle neu entstehender Beschäftigungsmöglichkeiten wurden die Rolle der Ämterpatronage
und des Strebens nach unangemessenen wirtschaftlichen Vorteilen verstärkt und die Anreize für das
private Unternehmertum geschwächt. Die Zahl der vorhandenen Hochschulabsolventen war zu gering,
um den Bedarf zu decken, und die Abhängigkeit von Auslandskräften mithin sehr groß.
Mit dem Prozess der Staatsgründung gingen in vielen Fällen bewaffnete Konflikte einher. In Algerien, Angola, Mosambik, Sudan, Zaire und Simbabwe kam es im Kampf um die Unabhängigkeit zu
kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Kolonialmacht oder weißen Siedlergruppen. Einige Jahre
186
Die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Tabelle 3.30 Gesamte Auslandsverschuldung von Afrika, Asien, Lateinamerika,
Osteuropa und der ehemaligen UdSSR, 1980, 1990 und 1998
(in Mio. Dollar)
1980
1990
1998
Algerien
Angola
Kamerun
Côte d'Ivoire
Ägypten
Äthiopien
Ghana
Kenia
Marokko
Mosambik
Nigeria
Sudan
Südafrika
Tansania
Tunesien
Zaire
Simbabwe
Sonstige Länder
Afrika insgesamt
19 365
n.v.
2 588
7 462
19 131
824
1 398
3 387
9 258
n.v.
8 921
5 177
n.v.
5 322
3 527
4 770
786
20 217
112 133
27 877
8 594
6 679
17 251
32 947
8 634
3 881
7 058
24 458
4 653
33 440
14 762
n.v.
6 438
7 691
10 270
3 247
52 171
270 051
30 665
12 173
9 829
14 852
31 964
10 351
6 884
7 010
20 687
8 208
30 315
16 843
24 712
7 603
11 078
12 929
4 716
63 999
324 814
China
Indien
Indonesien
Südkorea
Pakistan
Türkei
Sonstige Länder
Asiena insgesamt
n.v.
20 581
20 938
29 480
9 931
19 131
83 688
183 749
n.v.
83 717
69 872
34 986
20 663
49 424
284 759
543 421
154 599
98 232
150 875
139 097
32 229
102 074
375 775
1 052 881
Argentinien
Brasilien
Chile
Kolumbien
Mexiko
Peru
Venezuela
Sonstige Länder
Lateinamerika insgesamt
Bulgarien
Tschechische Republik
Slowakei
Ungarn
Polen
Serbien
Russlandb
Sonstige Länder der
Ex-UdSSR
Sonstige Länder Osteuropas
Osteuropa und Ex-UdSSR
insgesamt
1980
1990
1998
27 151
71 520
12 081
6 941
57 365
9 386
29 344
43 471
257 259
62 730
119 877
19 227
17 222
104 431
20 967
33 170
99 143
475 867
144 050
232 004
36 302
32 263
159 959
32 397
37 003
112 041
786 019
n.v.
–
–
9 764
n.v.
18 486
n.v.
10 890
6 383
2 008
21 277
49 366
17 837
59 797
9 907
25 301
9 893
28 580
47 708
13 742
183 601
–
n.v.
–
1 489
34 888
21 123
56 263
171 004
383 842
a) Ohne Brunei, Japan, Hongkong, Singapur und Taiwan; b) Russland übernahm die Schulden der ehemaligen UdSSR.
Quelle:
Weltbank, Global Development Finance 2000, Washington, D.C., 2000. Die Angaben basieren auf den von 137 Ländern übermittelten
Daten sowie Weltbankschätzungen für 12 weitere Länder.
Tabelle 3.31 Zahlungsrückstände bei den Auslandsschulden in Afrika
und anderen Kontinenten, 1980–1998
(in Mio. Dollar)
Afrika
Lateinamerika
Asien
Osteuropa und Ex-UdSSR
Quelle:
1980
1990
1998
3 907
666
76
576
32 704
50 119
10 067
19 509
55 335
11 925
29 491
22 923
Rückstände im
Jahr 1998 in % der
Schulden von 1998
17.0
1.5
2.8
6.0
Weltbank, Global Development Finance 2000, Washington, D.C., 2000. Die angegebenen Beträge spiegeln die kombinierten Effekte der
Rückstände auf Kapital und Zinsen wider.
später wurden Nigeria, Uganda und Äthiopien von Bürgerkriegen und blutigen Diktaturen heimgesucht.
In jüngerer Zeit hatten Burundi, Eritrea, Liberia, Ruanda, Sierra Leone und Somalia mit den gleichen
Problemen zu kämpfen. Diese Kriege haben die Entwicklung erheblich beeinträchtigt.
187
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
In den meisten neueren Versuchen, die schwachen Wirtschaftsergebnisse Afrikas zu erklären
(Bloom und Sachs, 1998; Collier und Gunning, 1999, sowie Ndulu und O’Connell, 1999), wurde den
Problemen der „Governance“ große Bedeutung beigemessen.
Ndulu und O’Connell kamen zu der Schlussfolgerung, dass 1988 nur fünf Länder „über ein
Mehrparteiensystem verfügten, das einen echten politischen Wettbewerb auf nationaler Ebene ermöglichte“. Sie stuften 11 Länder als militärische Oligarchien, 16 als plebiszitäre Einparteienstaaten,
13 als aus „politischem Wettstreit“ hervorgegangene Einparteienstaaten und zwei als Siedleroligarchien ein (Namibia und Südafrika, wo sich die Situation inzwischen geändert hat). In den meisten
Einparteienstaaten war der jeweilige Machthaber bestrebt, seine Position auf Lebenszeit zu sichern. In
den meisten Ländern stützten sich diese Herrscher auf eine kleine Gruppe von Anhängern, mit denen
sie die aus der Regierungsmacht erwachsenden Einkünfte teilten. Die Korruption breitete sich aus, die
Eigentumsrechte wurden immer ungesicherter und Unternehmensentscheidungen zu einem Risiko.
Collier und Gunning (S. 93) legen den Schluss nahe, dass nahezu zwei Fünftel des privaten Wohlstands in Afrika heute aus Vermögenswerten im Ausland bestehen (gegenüber 10% in Lateinamerika
und 6% in Ostasien). Es handelt sich hier naturgemäß um grobe Schätzungen, doch ist angesichts von
Präsidenten wie Mobutu in Zaire oder Abacha in Nigeria ein Anteil dieser Größenordnung durchaus
vorstellbar.
Ein wichtiger Faktor bei der seit 1980 zu beobachtenden wirtschaftlichen Verschlechterung ist
die Auslandsverschuldung. Mit dem allmählichen Nachlassen des Kalten Kriegs ab Mitte der achtziger
Jahre stagnierte die Auslandshilfe, und die Nettokreditvergabe an Afrika nahm ab. Wenn der Zufluss
ausländischer Direktinvestitionen auch gestiegen ist, hat er den Rückgang der anderen Finanzströme
doch nicht wettgemacht. Tabelle 3.30 verdeutlicht, dass die Kreditvergabe an Afrika seit 1990 weniger
stark zugenommen hat als die Zuflüsse nach Asien, Lateinamerika, Osteuropa und in die ehemalige
UdSSR.
Die Gesamtsumme der Auslandsverschuldung afrikanischer Länder belief sich 1998 auf 427 $ je
Kopf der Bevölkerung. In Asien betrug sie 314 $, in Lateinamerika 1 548 $ und in Osteuropa wie auch
in den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR 932 $. In Asien ist das Pro-Kopf-Einkommen jedoch
mehr als doppelt so hoch wie in Afrika, in Lateinamerika mehr als viermal so hoch und in den Ländern der ehemaligen kommunistischen Gruppe dreimal so hoch wie in Afrika. Die Schuldenbelastung
Afrikas ist eindeutig am höchsten, und die Kapazität des afrikanischen Kontinents zur Finanzierung
von Investitionen aus Inlandsersparnissen ist niedriger als auf anderen Kontinenten.
Obwohl einige afrikanische Länder im Rahmen der HIPC-Initiativen der Weltbank und des IWF
von 1996 und 1999 in den Genuss von Schuldenerleichterungen kommen sollen und einer größeren
Gruppe bereits vom Pariser Club Schulden erlassen wurden, war der Spielraum für Schuldenumstrukturierungen dieser Art in Afrika doch sehr viel geringer als in Lateinamerika (vgl. Tabelle 3.31). Der
Zugang Afrikas zur IWF-Finanzierung war auch sehr viel stärker eingeschränkt als der Zugang für
Länder des asiatischen Raums und der ehemaligen UdSSR während deren jüngsten Schuldenkrisen.
Obwohl der Wachstumsrückgang in Afrika in den vergangenen zwei Jahrzehnten in quantitativer
Hinsicht weniger stark war als in der ehemaligen UdSSR, sind die Zukunftsperspektiven hier viel
düsterer. Der Bildungs- und Gesundheitsstand ist sehr viel niedriger, das Bevölkerungswachstum
weiterhin explosiv, die Probleme im Zusammenhang mit politischer Stabilität und bewaffneten Konflikten sind größer, und die Schwierigkeiten bei der institutionellen Anpassung und Integration in eine
liberale kapitalistische Weltordnung scheinen ebenso groß wie in der UdSSR zu sein. Die meisten
dieser Probleme erfordern Veränderungen in Afrika selbst, ihr weiterer Verlauf könnte aber sicherlich
durch Unterstützung des Auslands beim Schuldenabbau beeinflusst werden.
188
Anhang A
Anhang A
Wachstum und Niveau der Weltbevölkerung, des BIP
und des Pro-Kopf-BIP, Referenzjahre 1820-1998
Dieser Anhang gibt einen Überblick über die quantitative Entwicklung der Weltwirtschaft im
Zeitraum 1820-1998. Er enthält Schätzungen von Bevölkerung, BIP und Pro-Kopf-BIP für sieben
Referenzjahre sowie die jeweiligen Wachstumsraten in fünf Entwicklungsphasen, nämlich 1820-1870,
1870-1913, 1913-1950, 1950-1973 sowie 1973-1998.
Der erste Abschnitt betrifft Europa und die von Westeuropäern besiedelten großen Einwanderungsländer (Vereinigte Staaten, Kanada, Australien und Neuseeland), der zweite Lateinamerika, der
dritte Asien und der vierte Afrika. In den Anmerkungen zu den Quellen wird erklärt, wie die jeweiligen Schätzungen abgeleitet wurden.
Tabelle A.a zeigt den Erfassungsbereich unserer BIP-Stichprobe. Er deckt 81%, 93% bzw. mehr
als 99% der Weltwirtschaft in den Jahren 1820, 1913 bzw. 1950-1998 ab. Da eine möglichst vollständige Erfassung angestrebt wird, mussten Ersatzparameter ermittelt werden, um die Lücken in
den Datenreihen zu schließen. Die zur Berechnung der Hilfsgrößen herangezogenen Verfahren
werden im Haupttext erklärt; in der Regel wird angenommen, dass die Entwicklung des Pro-KopfWachstums in den Ländern, für die Daten fehlen, parallel zu der anderer Länder derselben Region
verlaufen ist.
Bevor die BIP-Schätzungen für die einzelnen Länder den bereits verfügbaren Daten hinzugefügt
werden konnten, um Globalwerte für die Region bzw. die Welt insgesamt zu erhalten, mussten sie in
eine gemeinsame Währung umgerechnet werden. Eine reine Umrechnung anhand von Wechselkursen
vermittelt keine zufriedenstellende Vorstellung von den realen Größen. Besser ist stattdessen eine
Umrechnung anhand von Kaufkraftparitäten. Diese werden seit über 50 Jahren für die internationalen
Organisationen ermittelt. Die besten verfügbaren Programme sind das von den Vereinten Nationen,
Eurostat und der OECD gemeinsam durchgeführte Internationale Vergleichsprogramm (International
Comparison Programme – ICP), wenngleich der Erfassungsbereich auch in diesem Fall noch nicht
wirklich universal ist. In Tabelle A.b werden die verschiedenen hier verwendeten Umrechnungsmodi
beschrieben. ICP-Messgrößen wurden für 70 Länder verwendet, die im Referenzjahr 1990 93,9% des
Welt-BIP erwirtschafteten. Für 83 Länder, die 5,5% der Weltwirtschaft ausmachen, wurden die Schätzungen von den Penn-World-Tabellen (PWT), Version 5.6 (Summers und Heston, 1995), abgeleitet.
Für 45 (überwiegend sehr kleine) Länder, für die keine ICP- oder PWT-Schätzungen verfügbar waren,
wurden Hilfsvariable verwendet (diese Länder haben einen Anteil von 0,6% am weltweiten BIP). Die
Niveaus im Referenzjahr 1990 wurden mit den BIP-Zeitreihen in konstanten nationalen Preisen verknüpft, wodurch für jedes Jahr Niveauvergleiche mit dem Referenzjahr angestellt werden konnten.
Aus Tabelle A.b ist ferner auch die Art der in Maddison (1995a) verwendeten Umrechnungsmodi zu
entnehmen.
189
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Bei den Bevölkerungsstatistiken stellen sich nicht dieselben Index- und Aggregationsprobleme
wie beim BIP, und die Datenreihen sind zudem weniger lückenhaft. Die Zahlen ab 1950 beruhen auf
amtlichen Quellen; soweit diese unzulänglich schienen, wurden sie durch Daten vom International
Programs Center des US Bureau of the Census ergänzt. Für die Jahre vor 1950 basieren die Schätzungen auf Zensus-Daten und den Arbeiten von Experten für historische Demographie. Die Schätzungen
für die Zeit vor 1950 sind am wenigsten verlässlich für Afrika, wesentlich besser für Asien und
Lateinamerika und am besten für Europa und die großen Einwanderungsländer.
Bei den vorliegenden Schätzungen handelt es sich um eine Aktualisierung und Revision der
Daten aus einer Studie von Maddison (1995a). In dieser Studie lag das Schwergewicht auf einer
Stichprobe von 56 Ländern, für die jeweils vollständige Quellenangaben gemacht wurden. Die Zahlen
für die anderen Länder wurden pauschal und ohne detaillierte Quellenangaben zitiert (vgl. Anhang F
in Maddison, 1995a). Im vorliegenden Bericht erstrecken sich die Quellenangaben auf eine weit
größere Anzahl von Ländern, wobei die statistischen Angaben sehr viel detaillierter sind.
Am stärksten fallen die Revisionen und der erweiterte Erfassungsbereich im Falle Asiens ins
Gewicht; für diese Region erstrecken sich die Quellenangaben nunmehr auf 37 Länder, verglichen mit
11 in Maddison (1995a). Darüber hinaus werden auch Schätzungen für die 22 neuen osteuropäischen
Länder gegeben, die aus der früheren UdSSR, Jugoslawien und Tschechoslowakei nach deren Zerfall
in den neunziger Jahren hervorgegangen sind (vgl. auch Anhang D). Die Schätzungen für Deutschland
wurden überarbeitet, um der Integration der neuen Bundesländer Rechnung zu tragen.
Was Westeuropa, Lateinamerika und Afrika betrifft, so waren die Revisionen der BIP-Indizes
relativ unbedeutend, so dass eine vollständige Wiedergabe der Quellenangaben aus Maddison (1995a)
für diese Regionen nicht für notwendig gehalten wurde. Jedoch wird die Methode für die Ermittlung
der BIP-Referenzniveaus in „internationalen“ Geary-Khamis-Dollar für 1990 eingehend beschrieben.
Die Bevölkerungszahlen für Afrika und Lateinamerika wurden erheblich revidiert. In Tabelle A.c
werden die früheren Bevölkerungs- und BIP-Schätzungen für die gesamte Welt wie auch für die
einzelnen Regionen denen der vorliegenden Untersuchung gegenübergestellt.
Aktualisierung der Schätzungen
BIP
Zur Aktualisierung der BIP-Schätzungen sind die nachstehend aufgeführten internationalen
Quellen von Nutzen.
Für 21 europäische Länder und für die 4 großen Einwanderungsländer enthält OECD, National
Accounts of OECD Countries, Band 1, die jüngsten verfügbaren Daten der standardisierten Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen in laufenden und konstanten Preisen sowie einen statistischen Rückblick bis 1960. Wegen der beträchtlichen Änderungen, die mit der Umstellung auf das neue System
der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung von 1993 verbunden waren, erstreckt sich der jüngste
statistische Rückblick bestenfalls auf die Zeit bis 1988. Der OECD-Wirtschaftsausblick liefert
zweimal jährlich vorläufige Schätzungen der realen BIP-Veränderungen im laufenden und im darauf
folgenden Jahr. Diese Veröffentlichungen erstrecken sich auch auf Japan, Korea, Mexiko und die
Türkei.
Für die 11 osteuropäischen Länder und die 15 Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion
liegen BIP-Schätzungen in konstanten Preisen ab 1990 vor (bzw. für das Materialprodukt zurück bis
1980), die von der statistischen Abteilung der VN-Wirtschaftskommission für Europa (Economic
190
Anhang A
Commission for Europe of the United Nations – ECE) stammen. Der Zwischenstaatliche Statistische
Ausschuss der Gemeinschaft unabhängiger Staaten hat detaillierte Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen für 12 Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR in Osnovie Makroekonomikie Pokazateli
Stran Sodruschestva Nezavisimich Gosudarstv 1991-1998, Moskau, 1999, veröffentlicht.
Für 32 lateinamerikanische Länder veröffentlicht die Wirtschaftskommission für Lateinamerika
und die Karibik (Economic Commission for Latin America and the Caribbean – ECLAC) Schätzungen
der realen jährlichen BIP-Veränderungen für das laufende Jahr und die vorangegangenen neun
Jahre in ihrer jährlichen, Ende Dezember erscheinenden Untersuchung Preliminary Overview of the
Economies of Latin America and the Caribbean.
Für 38 ostasiatische Länder veröffentlicht die Asiatische Entwicklungsbank (Asian Development
Bank – ADB) alljährlich Key Indicators of Developing Asian and Pacific Countries. Sie enthalten
relativ detaillierte Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung in laufenden und konstanten
Preisen mit einem retrospektiven Erfassungsbereich von 18 Jahren.
Für 11 westasiatische Länder und Ägypten veröffentlicht die Wirtschafts- und Sozialkommission
für Westasien (Economic and Social Commission for West Asia – ESCWA) alljährlich National
Accounts Studies of the ESCWA Region. Diese enthalten Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung in laufenden Preisen, einen Überblick über die geschätzten realen BIP-Veränderungen für
die vorangegangenen 10 Jahre sowie vorläufige Schätzungen für das laufende Jahr.
Für 51 afrikanische Länder zeigt der Internationale Währungsfonds in seinem halbjährlich
erscheinenden World Economic Outlook die jährlichen realen BIP-Veränderungen in den vorangegangenen zehn Jahren und liefert ähnliche Indikatoren für den Rest der Welt. Die IWF-Datenbasis
reicht bis 1970 zurück und ist unter folgender Internet-Adresse abrufbar: http://www.imf.org/external/
pubs/ft/weo/2000/01/data/index.htm.
Es gibt zwei andere sehr nützliche Informationsquellen, die mittlerweile nicht mehr weitergeführt
werden, die aber für die Jahre vor 1990 immer noch sehr aufschlussreich sind. Das OECDEntwicklungszentrum schuf die erste internationale Datenbasis. Es veröffentlichte 1968 die National
Accounts of Less Developed Countries, 1950-1966, die von 1969 bis 1991 23mal aktualisiert wurden
(Latest Information on National Accounts of Developing Countries). Die World Tables der Weltbank
erschienen zuerst im Jahr 1976 (eine zweite und später dritte Ausgabe folgten im Jahr 1980 bzw.
1983) und von 1987 bis 1995 jährlich.
Bevölkerung
Das Internationale Programmzentrum des US Bureau of the Census erstellt seit 1950 für alle
Länder jährliche Schätzungen sowie jährliche Projektionen bis zum Jahr 2050. Diese Schätzungen
werden regelmäßig überarbeitet, und für die neuen Länder, die in den neunziger Jahren entstanden
sind, werden bis zum Jahr 1950 zurückreichende Schätzungen geliefert. Sie sind auf Internet verfügbar
unter der Adresse: http://www.census.gov/ipc. Ich selbst habe diese Schätzungen ab 1950 für
178 Länder verwendet (25 europäische Länder, Vereinigte Staaten, 44 lateinamerikanische Länder,
51 asiatische und 57 afrikanische Länder).
BIP-Niveau in internationalen Dollar
In dieser Untersuchung wurden die BIP-Schätzungen für das Referenzjahr in internationalen
Dollar von 1990 ausgedrückt. In Maddison (1995a), S. 164-179, habe ich bereits die Gründe erklärt,
weshalb den Kaufkraftparitäten der Vorzug vor den Wechselkursparitäten gegeben wurde, und ich
191
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
habe darin ferner auch die Vorzüge der multilateralen Geary-Khamis-Kaufkraftparitäten erläutert.
Diese Daten sind erhältlich im Rahmen des von den Vereinten Nationen, Eurostat und OECD gemeinsam durchgeführten Internationalen Vergleichsprogramms (ICP).
Das ICP-Projekt wurde von Irving Kravis, Alan Heston und Robert Summers von der Universität
Pennsylvania als Folgestudie und stark erweiterte Fassung der von der OEEC in den fünfziger Jahren
durchgeführten Arbeiten ins Leben gerufen. Das Hauptwerk wurde im Namen aller drei Autoren unter
dem Titel World Product and Income: International Comparisons of Real Gross Product (1982)
veröffentlicht. Es handelte sich dabei um einen ausgeklügelten Ansatz für Preisvergleiche, bei dem der
Posten Aufwendungen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der teilnehmenden Länder in einem
gegebenen Jahr in zahlreiche Einzelposten repräsentativer Arten von Konsumgütern, Investitionen
und öffentlichen Dienstleistungen untergliedert wurden. Die Ergebnisse wurden mit Hilfe der GearyKhamis-Methode multilateralisiert, wodurch Transitivität, Invarianz der Daten der Basisländer und
Additivität sichergestellt wurden. Diese 1982 durchgeführte Studie bezog sich auf 34 Länder. Dasselbe Pennsylvania-Team erstellte auch die Penn-World-Tabellen, in denen die Daten sämtlicher
vorangegangenen ICP-Berechnungen aktualisiert und harmonisiert wurden, und ergänzte diese durch
vereinfachte Schätzungen (auf der Basis begrenzter Preisdaten) für eine Vielzahl nicht vom ICP
erfasster Länder. Diese wichtige Ergänzung zum ICP wurde zwischen 1978 und 1995 in mehreren
ständig verfeinerten Fassungen herausgegeben.
Das ICP wurde dann in den achtziger Jahren als Gemeinschaftsaufgabe von UNSO (Statistisches
Amt der Vereinten Nationen), Eurostat (Statistisches Amt der Europäischen Union) und OECD übernommen. Im Rahmen einer Arbeitsteilung erstellten die verschiedenen Organisationen Schätzungen
für ihre jeweiligen Regionen. Die Ergebnisse wurden sodann zwecks besserer Vergleichbarkeit angepasst und vom Statistischen Amt der Vereinten Nationen konsolidiert. Das UNSO legte 1980 derartige
konsolidierte Schätzungen für 60 Länder und 1985 für 57 Länder vor. In der Folgezeit wurden die
Ergebnisse dann nicht mehr auf weltweiter Basis konsolidiert, doch wurden die regionalen Schätzungen weitergeführt. Für 1990 gab es lediglich zwei Regionalschätzungen, wovon die eine von der
OECD nach der Geary-Khamis-Methode für die 22 in Tabelle A1.g angeführten Länder (sowie für
Japan und die Türkei) und die andere von der ECE für 5 osteuropäische Länder und die UdSSR (vgl.
Tabelle A1.h) durchgeführt wurde.
Bei Abfassung meiner Arbeit Maddison (1995a) lagen verschiedene IPC-Schätzreihen für
87 Länder vor, die sich auf mindestens ein Jahr erstreckten. Für 26 Länder verwendete ich die OECDund ECE-Schätzungen von 1990, für 14 andere Länder (7 lateinamerikanische und 7 asiatische
Länder) extrapolierte ich die verfügbaren Ergebnisse früherer ICP-Schätzungen auf das Jahr 1990, und
für Ostdeutschland, Bangladesch und Pakistan griff ich auf ähnliche Schätzungen wie die ICPStatistiken zurück. Ich verwendete also für 43 Länder mit einem Anteil von 79,7% am Welt-BIP ICPoder vergleichbare Schätzungen. Für 106 Länder zog ich die Penn-World-Tabellen von Robert
Summers und Alan Heston (in der Fassung 5.5 von 1993) und für China die von diesen Autoren
erstellten Schätzungen heran. Die mit Hilfe der Arbeiten von Summers und Heston ermittelte Komponente entsprach für das Jahr 1990 alles in allem 19,5% des Welt-BIP. Für die restlichen Länder mit
einem Anteil am Welt-BIP von 0,8% verwendete ich Näherungswerte (vgl. Anhang F von Maddison,
1995a).
In der vorliegenden Untersuchung habe ich 1990 aus verschiedenen Gründen erneut als Referenzjahr verwendet. Behält man nämlich dasselbe Referenzjahr bei, so erleichtert dies Transparenz
und Verständnis der Art der im Vergleich zu Maddison (1995a) vorgenommenen Revisionen und
Aktualisierung. Zum anderen war in Maddison (1998a) eine sehr detaillierte Berechnung des chinesischen BIP auf der Basis der in den westlichen Ländern verwendeten standardisierten Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung angestellt worden, die ergänzt wurde durch eine Schätzung der Ergebnisse
von 1990, umgerechnet in Geary-Khamis-Dollar von 1990; eine durchgehende Umstellung von 1990
192
Anhang A
auf 1993 als neues Referenzjahr für die verschiedenen Regionen der Welt wäre ein sehr schwieriges
Unterfangen gewesen, und die Qualität der Ergebnisse wäre voraussichtlich schlechter als für 1990.
Für das Jahr 1993 gibt es regionale ICP-Schätzungen für 68 Länder. Diese stammen für
24 Länder von der OECD, für 14 ostasiatische Länder von der Wirtschafts- und Sozialkommission der
VN für Asien und den Pazifik (Economic and Social Commission for Asia and the Pacific – ESCAP),
für 8 westasiatische Länder von der Wirtschafts- und Sozialkommission für Westasien (Economic and
Social Commission for Western Asia – ESCWA) und für 22 afrikanische Länder von Eurostat. Sämtliche Ergebnisse sind auf Geary-Khamis-Basis verfügbar (sowie auf EKS-Basis, die aus politischen
Gründen von Eurostat bevorzugt wird, weil dabei sämtliche Länder dieselbe Gewichtung erhalten).
Das gesamte Datenmaterial auf eine vergleichbare Basis umzurechnen, wirft beträchtliche Probleme
auf. Bei den ESCAP-Schätzungen wurde nicht der US-Dollar, sondern der Hongkong-Dollar zu
Grunde gelegt. ESCWA geht von einem vereinfachten, begrenzten Datenmaterial aus. Bei den Eurostat-Ergebnissen für Afrika handelt es sich um innerafrikanische, untereinander abhängige Werte, die
mit dem amerikanischen US-Dollar eher über einen standardisierten Wechselkurs als über Kaufkraftparitäten mit den Vereinigten Staaten als Ursprungsland der gemeinsamen Währung verknüpft sind.
Um diese Daten für unsere Zwecke verwendbar zu machen, mussten sie erst auf dieselbe Weise angepasst werden, wie dies das Statistische Amt der Vereinten Nationen bei früheren Eurostat-Erhebungen
für Afrika getan hat (vgl. Anmerkung zu Tabelle A4.g).
Die OECD hat kürzlich in zwei Bänden ICP-8-Schätzungen für 1996 für insgesamt 48 Länder
veröffentlicht: Dabei handelt es sich einmal um Purchasing Power Parities and Real Expenditure,
1999, wo die damaligen 28 OECD-Mitgliedstaaten und vier andere Länder (Israel, Slowakei,
Slowenien und die Russische Föderation) erfasst sind, und zum anderen um A PPP Comparison for
the NIS, 2000. Darin werden die 15 Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR, die Türkei und die
Mongolei behandelt. Die Schätzungen der ECE für das Jahr 1996 erstreckten sich auf fünf andere
osteuropäische Länder (Albanien, Bulgarien, Kroatien, Mazedonien und Rumänien). Die Ergebnisse
dieser drei Untersuchungen wurden mit Hilfe des EKS-Verfahrens multilateralisiert. Schätzungen auf
der Basis der Geary-Khamis-Methode wurden bisher noch nicht veröffentlicht. Für andere Teile der
Welt sind keine Schätzungen für 1996 verfügbar. In Anhang D werden die Ergebnisse dieser Studien
für Osteuropa und die ehemalige UdSSR evaluiert und die Probleme beschrieben, die der Versuch
einer Harmonisierung dieser Daten mit denen der vorliegenden Studie aufwirft.
Bei den Schätzungen für das Referenzjahr 1990 habe ich dieselben ICP-Quellen verwendet wie
in Maddison (1995a) und die ESCAP- und ESCWA-Ergebnisse von 1993 für 8 asiatische Länder auf
das Jahr 1990 zurückgerechnet, ebenso wie die OECD-Ergebnisse von 1993 für die Türkei und die
OECD-Ergebnisse von 1996 für die Mongolei. Was Afrika betrifft, so habe ich den Penn-WorldTabellen (Fassung 5.6) den Vorzug gegenüber den Eurostat-Schätzungen gegeben.
193
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A.a Erfassungsbereich der BIP-Stichprobe und relative Bedeutung der indirekten
Schätzungen, 1820-1998
(BIP in Mrd. internationalen Dollar von 1990 und Zahl der Länder)
1820
1870
1913
1950
1998
BIP-Stichprobe
Europa u. große Einwanderungsländer
Lateinamerika
Asien
Afrika
Stichprobe insgesamt
180.3 (16)
7.9 (2)
371.7 (4)
0.0 (0)
559.9 (22)
579.5 (21)
17.2 (5)
374.8 (6)
0.0 (0)
971.5 (32)
1 785.9 (24)
101.4 (8)
612.3 (12)
23.9 (4)
2 523.5 (48)
3 729.7
419.6
981.2
176.9
5 307.4
(32)
(23)
(37)
(42)
(134)
17 197.1
2 919.9
12 507.9
961.6
33 586.5
(50)
(23)
(37)
(42)
(152)
17 210.0
2 941.9
12 534.6
1 039.4
33 725.9
(60)
(44)
(56)
(57)
(217)
BIP insgesamt (einschl. indirekter Schätzungen)
Europa u. große Einwanderungsländer
Lateinamerika
Asien
Afrika
Welt insgesamt
238.
14.1
411.2
31.0
694.4
611.1
27.9
422.2
40.2
1 101.8
1 845.9
121.7
664.2
72.9
2 704.7
3 732.3
423.6
985.7
194.6
5 336.1
(42)
(44)
(57)
(56)
(199)
Erfassungsbereich der Stichprobe
(in % der Gesamtsummen für die Regionen bzw. die Welt)
Europa u. große Einwanderungsländer
Asien
Afrika
Welt
Quelle:
75.8
90.4
0.0
80.6
94.8
88.8
0.0
88.2
96.7
92.2
32.8
93.3
99.9
99.5
90.9
99.5
99.9
99.8
92.5
99.6
Die Stichprobenländer sind jene, für die quantitative Schätzungen der realen BIP-Veränderungen verfügbar sind. Für die fehlenden
Länder wurden indirekte Schätzungen benötigt, um die Gesamtwerte für die Regionen bzw. die Welt abzuleiten (vgl. die detaillierten
Erklärungen der zur Schließung dieser Lücken für 1820-1913 für die asiatischen Länder angewendeten Verfahren in Abschnitt A.3 der
Quellenanmerkungen). In der Regel wurden die indirekten Schätzungen ausgehend von der Arbeitshypothese ermittelt, dass sich das
Pro-Kopf-BIP in dem betreffenden Land und in dem betreffenden Zeitraum parallel zu jenem der anderen Länder in derselben Region
entwickelt hat. Dadurch wurde die Berechnung eines BIP-Ersatzwerts möglich, in dem das Pro-Kopf-BIP mit der Bevölkerung multipliziert wird (der Erfassungsbereich der demographischen Daten ist sehr viel umfangreicher). Die Erfassung für den Zeitraum ab 1950 ist
wesentlich vollständiger, da von den amtlichen Statistikern Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen erstellt wurden. Für 1913 und die
Jahre davor waren die Schätzungen für die zur Stichprobe zählenden Länder großenteils von Wirtschaftshistorikern der quantitativen
Richtung erstellt worden. In den neunziger Jahren ist es zu großen politischen Veränderungen gekommen, durch die sich die Zahl der
Länder von 199(in Maddison, 1995a) auf 217 erhöhte. Die ehemalige UdSSR zerfiel in 15 Länder, Jugoslawien in 5, die Tschechoslowakei in 2, und Eritrea hat sich von Äthiopien abgespalten. Die beiden deutschen Staaten wurden wieder vereint, und ich habe das
Westjordanland und den Gazastreifen als eine Einheit behandelt. In den meisten Fällen lassen sich die Schätzungen für diese neuen
Staaten nicht weiter als bis zum Jahr 1990 zurückberechnen. Die vorliegenden Schätzungen für die neuen Länder (z.B. die 15 Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR) stehen – wenn sie konsolidiert werden – im Einklang mit den historischen Schätzungen für die
politische Einheit, der sie zuvor angehörten.
194
Anhang A
Tabelle A.b Art der KKP-Umrechner für die Schätzung des BIP-Niveaus
in internationalen Dollar für das Referenzjahr 1990
(in Mrd. Geary-Khamis-Dollar von 1990 und Zahl der Länder)
Europa und
große Einwanderungsländer
ICP oder entsprechender Index
Penn World Tables
indirekte Schätzwerte
Insgesamt
Quelle:
15 273
59
16
15 349
(28)
(3)
(10)
(41)
Lateinamerika
2 131
71
38
2 239
Asien
(18)
(14)
(12)
(44)
8 017
524
87
8 628
Afrika
(24)
(16)
(16)
(56)
0
846
14
860
Welt
(0) 25 421
(50)
1 500
(7)
155
(57) 27 076
(70)
(83)
(45)
(198)
Europa und große Einwanderungsländer: 99,5% des regionalen BIP vom ICP, 28 Länder von Tabelle A1.g und A1.h; Penn World
Tables für 0,4% des BIP (Bulgarien, Zypern und Malta); indirekte Schätzwerte für 0,1% des BIP (Albanien, Andorra, Kanalinseln, die
Färöer, Gibraltar, Grönland, Insel Man, Liechtenstein, Monaco und San Marino).
Lateinamerika: 95,1% des regionalen BIP vom ICP (18 Länder von Tabelle A2.g); Penn World Tables für 3,2% des BIP (Bahamas,
Barbados, Belize, Dominikanische Republik, Grenada, Guyana, Haiti, Nicaragua, Puerto Rico, St. Kitts u. Nevis, St. Lucia, St. Vincent,
Suriname, Trinidad und Tobago); indirekte Schätzwerte für 1,7% des BIP (Antigua und Barbuda, Aruba, Bermuda, Kuba, Falklandinseln,
Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Niederländische Antillen, St. Pierre und Miquelon, Turks- und Caicosinseln, und
Jungferninseln.
Asien: 65,5% des regionalen BIP vom ICP, 27,4% von äquivalenten ICP-Schätzungen (Bangladesch, China, Pakistan), vgl. die
23 aufgeführten Länder in Tabelle A3.g, A3.h und A3.i sowie die Mongolei; Penn World Tables für 6,1% des BIP (Bhutan, Birma,
Fidschi, Irak, Jordanien, Kuwait, Oman, Papua-Neuguinea, Saudi-Arabien, Salomonen, Taiwan, Tonga, VAE, Vanuatu, Westsamoa und
Jemen); indirekte Schätzwerte für 1% des BIP (Afghanistan, Amerikanisch-Samoa, Brunei, Kambodscha, Französisch-Polynesien,
Guam, Kiribati, Libanon, Macau, Malediven, Marshallinseln, Mikronesien, Neukaledonien, Nordkorea, Pazifikinseln, Wallis und Futuna,
vgl. Maddison, 1995a, S. 214, 219–220).
Afrika: Penn World Tables für 98,4% des regionalen BIP (50 Länder); indirekte Schätzwerte für 1,6% des BIP (Äquatorialguinea, Eritrea,
Libyen, Mayotte, St. Helena, São Tome u. Príncipe und westliche Sahara).
Tabelle A.b (Forts.) Art der KKP-Umrechner für die Schätzung des BIP-Niveaus
in internationalen Dollar von 1990 in Maddison (1995a)
Europa und
große Einwanderungsländer
ICP oder entsprechender Index
Penn World Tables
indirekte Schätzwerte
Insgesamt
Anmerkung:
14 847
72
16
14 941
(27)
(5)
(10)
(42)
Lateinamerika
1 835
232
39
2 106
Asien
(7)
(24)
(13)
(44)
5 111
4 211
164
9 486
Afrika
(9)
(28)
(20)
(57)
0
813
14
827
Welt
(0) 21 793
(50)
5 328
(6)
233
(56) 27 359
(43)
(107)
(49)
(199)
In Maddison (1995a) habe ich die zu jener Zeit verfügbaren ICP-Reihen verwendet, gegebenenfalls mit Anpassungen an das Jahr
1990, für die 43 der insgesamt 56 Stichprobenländer. Für die nicht von der Stichprobe erfassten Länder und für die afrikanischen
Stichprobenländer (bei denen ich die Qualität der ICP-Schätzungen bezweifelte) habe ich die Penn World Tables verwendet. In
der vorliegenden Untersuchung, vgl. Tabelle A1.b weiter oben, habe ich auf die neuen Schätzungen für China aus Maddison
(1998) zurückgegriffen und soweit wie möglich die verfügbaren ICP-Ergebnisse der Reihen 1975, 1980, 1985 und 1990 sowie
teilweise die KKP der Reihen 1993 und 1996 benutzt. Dabei habe ich die Zahlen gleichzeitig bereinigt, um den Revisionen des
nominalen BIP in nationalen Preisen Rechnung zu tragen. Ich habe die ICP-Ergebnisse nicht für die afrikanischen Länder
verwendet (vgl. Tabelle A4.g). In Maddison (1995a) wurden die Penn World Tables, Fassung 5.5, in der vorliegenden Untersuchung hingegen die PWT-Fassung 5.6 (1995) herangezogen, die die aktuellsten Daten enthält.
195
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A.c Vergleich der Daten von Maddison (1995a) und der aktuellen Bevölkerungsund BIP-Schätzungen für die Regionen und die Welt, 1820–1990
Bevölkerung (Millionen Einwohner zur Jahresmitte)
Europa und große
Einwanderungsländer
1820
1870
1913
1950
1990
Lateinamerika
Maddison
(1995a)
Aktuelle
Schätzungen
228.7
360.4
595.0
748.8
1 087.6
235.3
374.5
608.2
748.5
1 086.7
Maddison
(1995a)
1820
1870
1913
1950
1990
73.0
82.8
109.7
223.0
618.9
Aktuelle
Schätzungen
Maddison
(1995a)
Aktuelle
Schätzungen
21.2
40.0
80.5
165.9
443.0
745.8
779.0
987.0
1 377.9
3 106.2
710.4
765.1
977.6
1 381.9
3 102.8
20.3
37.9
80.2
162.5
444.8
Afrika
Asien
Welt
74.2
90.5
124.7
228.3
620.8
1 067.9
1 260.1
1 771.9
2 512.2
5 257.4
1 041.1
1 270.0
1 791.0
2 524.5
5 253.3
BIP (Mrd. internationale Dollar von 1990)
Europa und große
Einwanderungsländer
1820
1870
1913
1950
1990
239.0
607.7
1 812.3
3 718.7
14 940.7
238.1
611.5
1 845.9
3 732.3
15 348.9
Lateinamerika
13.8
28.8
115.4
404.0
2 105.9
Afrika
1820
1870
1913
1950
1990
Quelle:
32.9
39.8
63.1
185.0
826.7
14.1
27.9
121.7
423.6
2 239.4
Asien
409.2
451.7
735.3
1 064.6
9 485.7
411.2
422.2
664.2
985.7
8 627.8
Welt
31.0
40.2
72.9
194.6
859.8
694.8
1 127.9
2 726.1
5 372.3
27 359.0
694.4
1 101.7
2 704.8
5 336.1
27 076.0
Maddison (1995a) sowie detaillierte Tabellen und Text weiter unten. In dieser Untersuchung wurde die Türkei Westasien zugeordnet; in
Maddison (1995a) war sie Europa zugeordnet. Hier wurden die früheren Schätzungen entsprechend berichtigt, um sie mit der regionalen Einteilung der vorliegenden Studie in Einklang zu bringen.
196
Anhang A
A.1
Bevölkerung, BIP und Pro-Kopf-BIP in Westeuropa,
den großen Einwanderungsländern, Osteuropa
und den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR
12 westeuropäische Länder
Die quantitativen Daten der Zeitreihen für diese Länder sind von sehr viel besserer Qualität als
die für die meisten anderen Teile der Welt. Nähere Einzelheiten hierzu finden sich in Maddison
(1995a).
Die BIP- und Bevölkerungsdaten für Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Norwegen, Österreich, Schweden und die Schweiz für den Zeitraum 1820-1960 sowie für Italien für den Zeitraum
1820-1970 stammen aus Maddison (1995a) und wurden bis 1990 (außer – wie weiter unten dargelegt
– für Frankreich und Norwegen) aktualisiert auf der Basis von OECD, National Accounts 1960-1997,
Bd. 1, Paris 1999, sowie für die Jahre ab 1990 auf der Basis von OECD, National Accounts of OECD
Countries, 1988-1998, Bd. 1, 2000. Die Zahlen wurden entsprechend angepasst, um die Effekte territorialer Änderungen auszuklammern, und beziehen sich, außer für Deutschland und das Vereinigte
Königreich, auf die Grenzen von 1998.
Deutschland: Die Zahlen ab 1950 beziehen sich auf die Grenzen von 1991, für den Zeitraum
1820-1913 auf die Grenzen von 1913 (ohne Elsass-Lothringen). Vgl. Tabelle A.d wegen Einzelheiten.
Niederlande: Die Entwicklung der BIP-Daten im Zeitraum 1820-1913 wurde abgeleitet von
Smits, Horlings und van Zanden (2000); die entsprechenden BIP-Daten im Zeitraum 1913-1960
sowie die Bevölkerungszahlen im Zeitraum 1820-1960 stammen aus Maddison (1995a), aktualisiert mit Hilfe von OECD-Quellen.
Schweiz: Es wurde unterstellt, dass die Entwicklung des Pro-Kopf-BIP im Zeitraum 1820-1870
parallel zu der Deutschlands verlief.
Vereinigtes Königreich: Die Schätzungen für 1820-1913 schließen ganz Irland ein, vgl.
Maddison (1995a), S. 232, und Tabelle B.13, ab 1950 nur noch Nordirland. Die Daten ab 1960
wurden mit Hilfe von OECD-Quellen aktualisiert.
Die jüngste Veröffentlichung der OECD zum Thema Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
enthält neue Schätzungen für 15 Länder. Diese Revision war notwendig zur Anpassung an das
Standardsystem der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung von 1993. Daraus ergaben sich zwei
wichtige Änderungen bei den statistischen Methoden:
197
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A.d Der Effekt der Grenzveränderungen in Deutschland
Westdeutschland
(Grenzen von
1990)
Ostdeutschland
(Grenzen von
1990)
Deutschland
in den Grenzen
von 1991
Deutschland
in den Grenzen
von 1936
Deutschland in den
Grenzen von 1913
(ohne Elsass-Lothringen)
BIP ( Mio. internationale Dollar von 1990)
1820
1870
1913
1936
1950
1973
1990
1991
16 390
44 094
145 045
192 911
213 942
814 786
1 182 261
1 242 096
74 652
51 412
129 969
82 177
85 961
267 563
265 354
944 755
1 264 438
1 328 057
225 008
299 753
26 349
71 429
237 332
Bevölkerung (Tausend zur Jahresmitte)
1820
1870
1913
1936
1950
1973
1990
1991
Quelle:
14 747
23 055
37 843
42 208
49 983
61 976
63 254
63 889
15 614
18 388
16 890
16 111
15 910
57 822
68 371
78 866
79 365
79 799
60 227
67 336
24 905
39 231
65 058
Westdeutsches BIP für 1820-1860 aus Maddison (1995a), aktualisiert mit Hilfe von OECD-Quellen, mit einer geringfügigen Berichtigung
auf Grund der Veränderung des BIP-Niveaus im Jahr 1990, wie in Tabelle A1.g vermerkt. Der ostdeutsche BIP-Index für 1950-1991
aus Maddison (1995a), S. 132, bereinigt auf Grund der amtlichen Schätzung für 1991 in D-Mark von 1990 (Differenz zwischen dem
westdeutschen und dem gesamtdeutschen BIP von 1991 gemäß den OECD-Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen). Das amtliche
BIP-Referenzniveau für Ostdeutschland im Jahr 1991 ist niedriger, als ich in Maddison (1995a) unterstellt hatte, so dass das dort
ausgewiesene ostdeutsche BIP-Niveau im Zeitraum 1950-1991 tatsächlich niedriger ausfällt. Die Werte für 1936 beziehen sich auf
Ost- und Westdeutschland, die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie und Deutschland in seinen Grenzen von 1936 in Maddison
(1995a), S. 131. Die Werte für 1820-1913 für das BIP Deutschlands in den Grenzen von 1913 stammen aus Maddison (1995a), S. 231.
Die Bevölkerungszahlen für Westdeutschland im Zeitraum 1820-1991 und für Ostdeutschland im Zeitraum 1936-1991 wurden abgeleitet
aus Maddison (1995a), S. 104-105, 132 und 231.
a)
Computersoftware wird künftig nicht mehr als Vorleistung, sondern als Investition behandelt,
was zusammen mit anderen Änderungen einen Anstieg des BIP-Referenzniveaus von 1990 zur
Folge hat, wie aus Tabelle A1.g hervorgeht.
b)
Den Ländern wurde empfohlen, zur Messung der realen BIP-Veränderungen kettengewichtete
Indizes heranzuziehen. Derartige Indizes werden mittlerweile von Frankreich, Griechenland,
Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen und Schweden verwendet. Für die meisten Länder
liegen neue Schätzungen lediglich für die allerletzten Jahre vor, was u.a. erklärt, weshalb die
Zeitreihen im neuen OECD-Jahrbuch nicht mehr so lang sind wie in den vergangenen 30 Jahren.
Für Frankreich und Norwegen wurden von der OECD auf Kettengewichtungen basierende
BIP-Indizes für die Jahre 1978-1998 bereitgestellt, die hier zusammen mit den der OECDVeröffentlichung National Accounts von 1999 für diese Länder entnommenen Schätzungen für
den Zeitraum 1960-1978 verwendet wurden. Für Norwegen scheint die Kettengewichtung das
Wachstum nicht zu beeinflussen, während sie im Falle Frankreichs ein geringfügig höheres
Wachstum zur Folge hatte.
198
Anhang A
Griechenland, Irland, Portugal und Spanien
Griechenland: Die Bevölkerungsdaten für 1900-1960 und die BIP-Daten für 1913-1960 stammen aus Maddison (1995a) und wurden aktualisiert mit Hilfe von OECD, National Accounts. Es
wurde unterstellt, dass sich das Pro-Kopf-BIP im Zeitraum 1820-1913 parallel zum Pro-Kopf-BIP
ganz Osteuropas entwickelte. Die Daten für die Bevölkerungsentwicklung im Zeitraum 1820-1900
wurden von Mitchell (1975), S. 21, abgeleitet und entsprechend angepasst, um die Änderungen in
Bezug auf die Definition der griechischen Grenzen zu berücksichtigen. Das zog wiederum eine Reihe
von Berichtigungen nach sich. Griechenland erlangte in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts
seine Unabhängigkeit von der Türkei und dehnte sein Staatsgebiet schrittweise auf die ionischen
Inseln (1864), Thessalien (1881), Kreta (1898), Epirus, Mazedonien, Thrakien und die ägäischen
Inseln (1919) sowie den Dodekanes (1947) aus.
Irland: 1950-1960 aus Maddison (1995a), aktualisiert mit Hilfe von OECD-Quellen.
Portugal: Die Bevölkerungsdaten für 1820-1970 und die BIP-Daten für 1950-1960 stammen aus
Maddison (1995a) und wurden aktualisiert mit Hilfe von OECD-Quellen. Die BIP-Daten für
1913-1950 wurden D. Batista, C. Martins, M. Pinheiro und J. Reis „New Estimates of Portugal’s
GDP 1910-1958“, Portugiesische Zentralbank, Oktober 1997, entnommen. Die Daten für
1850-1913 wurden abgeleitet von Pedro Lains (1989), wie erläutert in Maddison (1995a), S. 138.
Hinsichtlich der BIP-Entwicklung im Zeitraum 1820-1850 wurden die von J. Braga de Macedo
(1995) für 1834-1850 angegebenen Daten übernommen.
Spanien: Die Bevölkerungsdaten für 1820-1990 und die BIP-Daten für 1820-1873 stammen aus
Maddison (1995a) und wurden aktualisiert mit Hilfe von OECD-Quellen.
13 kleine westeuropäische Länder
Die BIP-Daten für Island und Luxemburg im Zeitraum 1950-1998 stammen aus OECD-Quellen,
die BIP-Daten für Zypern und Malta für 1950-1990 aus Maddison (1995a), aktualisiert mit Hilfe von
IWF-Statistiken. Es wurde unterstellt, dass das BIP neun kleinerer Länder (Andorra, Kanalinseln,
Färöer Inseln, Gibraltar, Grönland, Insel Man, Liechtenstein, Monaco und San Marino) im Zeitraum
1950-1998 dem Durchschnitt der 12 größeren westeuropäischen Länder entsprach. Die Bevölkerungszahlen für 1950-1998 stammen für die 13 Länder vom International Programms Center, US Bureau of
the Census. Für den Zeitraum 1820-1950 wurde angenommen, dass sich die Bevölkerung und das ProKopf-BIP-Niveau der Gruppe der 13 Länder parallel zum Durchschnitt der 12 größeren westeuropäischen Länder entwickelt haben.
Vier große Einwanderungsländer
Vereinigte Staaten: Die Bevölkerungsdaten stammen für 1820-1949 aus Maddison (1995a),
wobei die Zahlen für 1820 und 1870 um 325 000 bzw. 180 000 erhöht wurden, um der indigenen
Bevölkerung Rechnung zu tragen (vgl. Maddison, 1995a, S. 97). Ab 1950 stammen die Zahlen vom
US Bureau of the Census.
Die BIP-Daten für 1820-1950 stammen aus Maddison (1995a); sie wurden für 1820-1870
berichtigt, um das Einkommen der indigenen Bevölkerung einzubeziehen (wobei für 1820 wie auch
für 1870 ein Pro-Kopf-Einkommen von 400 $ unterstellt wurde).
Die BIP-Daten für 1950-1959 wurden „GDP and Other Major NIPA Series, 1929-1997“, Survey
of Current Business, August 1998, entnommen. Diese Reihen basieren auf einem Kettenindex gemäß
den Erläuterungen in J.S. Landefeld und R.P. Parker, „BEA’s Chain Indexes, Time Series and
199
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A.e Bevölkerung und BIP in 13 kleinen westeuropäischen Ländern
1950
1973
1990
1998
Bevölkerung (Tausend zur Jahresmitte)
Island
Luxemburg
Zypern
Malta
9 andere Länder
13 Länder insgesamt
143
296
494
312
285
1 529
212
350
634
322
388
1 906
255
382
681
354
483
2 155
271
425
749
380
513
2 337
BIP ( Mio. internationale Dollar von 1990)
Island
Luxemburg
Zypern
Malta
9 andere Länder
13 Länder insgesamt
762
2 481
930
278
1 429
5 880
2 435
5 237
3 207
855
4 718
16 452
4 596
8 819
6 651
2 987
8 152
31 205
5 536
13 324
8 600
4 424
9 615
41 499
Pro-Kopf-BIP (internationale Dollar von 1990)
Island
Luxemburg
Zypern
Malta
9 andere Länder
13 Länder im Durchschnitt
5 336
8 382
1 883
894
5 013
3 846
11 472
14 963
5 058
2 655
12 159
8 631
18 024
23 086
9 767
8 438
16 877
14 480
20 205
31 058
11 169
11 642
18 742
17 757
Measures of Long Term Growth“, Survey of Current Business, Mai 1997, S. 66, Tabelle 5. Die BIPDaten für 1959-1998 und das Referenzniveau 1990 wurden von den neuen BEA-Schätzungen in
Survey of Current Business, Dezember 1999, abgeleitet. Die Zahlen für 1959-1998 berücksichtigen die
Empfehlung des neuen Standardsystems der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung von 1993 (das
von Eurostat, IWF, OECD, VN und Weltbank gemeinsam veröffentlicht wurde), wonach Computersoftware nicht mehr als Vorleistung, sondern als Investition behandelt wird. Die hierdurch bedingten
Änderungen, die sich in einer Zunahme der Wachstumsrate und des BIP-Niveaus im Referenzjahr
1990 niederschlagen, sind erläutert in E.P. Seskin, „Improved Estimates of the National Income
and Product Accounts for 1959-1998: Results of the Comprehensive Revision“, Survey of Current
Business, Dezember 1999.
Australien, Neuseeland und Kanada: Die Bevölkerungszahlen für 1820-1973 stammen aus
Maddison (1995a) und wurden aktualisiert mit Hilfe von OECD-Quellen. Die Zahlen für 1820 und
1870 wurden um die indigene Bevölkerung ergänzt. Diese belief sich 1820 in Australien auf 300 000
und 1870 auf 150 000, in Kanada auf 75 000 bzw. auf 45 000 und in Neuseeland auf 100 000 bzw. auf
50 000 (vgl. Maddison, 1995a, S. 96-97).
Die BIP-Daten für 1820-1960 aus Maddison (1995a) wurden für 1820-1870 um das Einkommen
der indigenen Bevölkerung (das für 1820 wie 1870 mit 400 $ pro Kopf angesetzt wurde) ergänzt. Die
kanadischen und neuseeländischen BIP-Daten für 1960-1998 stammen aus OECD-Quellen. Die
neuseeländischen Schätzungen für 1969-1987 beziehen sich auf Finanzjahre. Die australischen BIPDaten für die Kalenderjahre 1960-1998 beruhen auf dem (von der OECD bereitgestellten) neuen
amtlichen Kettenindex, der ein etwas rascheres Wachstum als der alte Index ergibt (kumulierte Jahreszuwachsrate von 3,95%, verglichen mit 3,87% für 1960-1990). Die australischen und kanadischen
BIP-Daten entsprechen dem Standardsystem Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen von 1993, das
von Neuseeland bislang noch nicht angenommen wurde.
200
Anhang A
Osteuropa (7/12 Länder)
In den letzten zehn Jahren haben sich bei den politischen und statistischen Systemen einschneidende Änderungen ergeben, so dass die Schätzungen für diese Länder weniger zuverlässig sind als die
für Westeuropa.
Die Bevölkerungsdaten wurden für Albanien (1820-1913), Bulgarien (1820) sowie Polen,
Rumänien und Jugoslawien (1820-1970) aus McEvedy und Jones (1978) und ansonsten für den
Zeitraum 1820-1949 aus Maddison (1995a), S. 110, abgeleitet. Die Daten ab 1950 stammen vom
International Programm Center, US Bureau of the Census.
Die BIP-Daten für die osteuropäischen Länder bis 1990 basieren auf Maddison (1995a), die
Daten für die Tschechische Republik, Ungarn und Polen wurden mit Hilfe von OECD-Quellen aktualisiert, die der anderen Länder anhand der Datenbasis der Statistikabteilung der VN-Wirtschaftskommission für Europa (ECE). Schätzungen des BIP waren für 1820 lediglich für ein Land verfügbar
(Tschechoslowakei), für 1870 für zwei Länder (Tschechoslowakei und Ungarn) und für 1913 für vier
Länder (Bulgarien, Tschechoslowakei, Ungarn und Jugoslawien). Um eine grobe Schätzung des
Tabelle A.f BIP und Bevölkerung in den Nachfolgerepubliken des ehemaligen Jugoslawien,
1990–1998
1990
1997
1998
Bevölkerung (Tausend zur Jahresmitte)
Bosnien
Kroatien
Mazedonien
Slowenien
Serbien-Montenegro
Ex-Jugoslawien
4 360
4 754
2 031
1 968
9 705
3 223
4 665
1 996
1 973
10 534
3 366
4 672
2 009
1 972
10 526
22 819
22 390
22 545
BIP (Mio. internationale Dollar von 1990)
Bosnien
Kroatien
Mazedonien
Slowenien
Serbien-Montenegro
Ex-Jugoslawien
16 530
33 139
7 394
21 624
51 266
9 028
27 182
5 706
22 730
28 000
9 261
27 858
5 871
23 625
28 722
129 953
92 646
95 337
Pro-Kopf-BIP (internationale Dollar von 1990)
Bosnien
Kroatien
Mazedonien
Slowenien
Serbien-Montenegro
Ex-Jugoslawien
Quelle:
3 791
6 971
3 641
10 988
5 282
2 801
5 827
2 859
11 521
2 658
2 851
5 963
2 922
11 980
2 729
5 695
4 138
4 229
Die Bevölkerungsdaten stammen vom US Bureau of the Census. Die Daten für das gesamte BIP Jugoslawiens für 1990 stammen aus
Tabelle A1.h, aufgegliedert nach Teilrepubliken durch Übernahme der Anteile des Bruttomaterialprodukts von 1988 gemäß Statisticki
Godisnjak Jugoslavije 1990 (Statistisches Jahrbuch von Jugoslawien), Statistisches Amt, Belgrad, 1990. Die BIP-Veränderungsraten für
die Nachfolgerepubliken im Zeitraum 1990-1998 stammen von der statistischen Abteilung der ECE, außer für Bosnien, für das keine
Zahlen verfügbar waren. Bezüglich Bosniens wurde unterstellt, dass das BIP sich parallel zu jenem von Serbien-Montenegro entwickelt
hat.
201
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Gesamt-BIP der 7 Länder für den Zeitraum 1820-1913 zu erhalten, wurde unterstellt, dass sich das
Pro-Kopf-BIP in den Ländern, für die keine Angaben vorhanden waren, parallel zum Durchschnitt
jener Länder entwickelt hat, für die Daten vorliegen. In den neunziger Jahren spaltete sich die
Tschechoslowakei in die Tschechische Republik und die Slowakei, und Jugoslawien brach in fünf
Republiken auseinander; für den Zeitraum 1990-1998 stammen die realen BIP-Daten für die fünf
Nachfolgerepubliken Jugoslawiens von der Statistikabteilung der ECE, während die Aufteilung des
BIP auf die Teilrepubliken im Jahr 1990 vom jugoslawischen Statistischen Jahrbuch für 1990
abgeleitet wurde (vgl. Tabelle A.f).
Ehemalige UdSSR
Die Bevölkerungsdaten für 1913-1990 stammen aus Maddison (1995a), mit revidierten
Schätzungen für 1820 und 1870 zwecks Berücksichtigung der asiatischen Bevölkerung auf dem
Gebiet der ehemaligen UdSSR (vgl. Anhang B). Die Daten für 1950 für jede der 15 Nachfolgerepubliken stammen aus Naselenie SSSR 1987, Finansi i Statistika, Moskau, 1988, S. 8-15 (die Daten
wurden Mitte des Jahres revidiert), für 1973 aus Narodnoe Khoziastvo SSSR, Ausgaben 1972 und
1973, S. 9 (Mitte des Jahres revidiert), für 1990 aus Mir v Tsifrakh 1992, Goskomstat CIS, Moskau
1992. Ab 1990 wurden die Daten von der Statistikabteilung der ECE zur Verfügung gestellt.
Die BIP-Angaben für den Zeitraum 1870-1990 für die UdSSR in ihren Grenzen von 1990 wurden
von Maddison (1995a) abgeleitet. Bei Maddison (1998b) findet sich eine gründliche Analyse der
Verfahren zur Umrechnung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen der Sowjetära durch
Umstellung von der MPS- auf eine SNA-Basis. Es wurde unterstellt, dass sich das Pro-Kopf-BIP im
Zeitraum 1820-1870 im Verhältnis zum globalen BIP der osteuropäischen Länder entwickelt hat.
Die Aufschlüsselung des BIP von 1991 nach den verschiedenen Nachfolgerepubliken wurde
abgeleitet von B.M. Bolotin „The Former Soviet Union as Reflected in National Accounts Statistics“,
in S. Hirsch, Hrsg., Memo 3: In Search of Answers in the Post-Soviet Era, Bureau of National Affairs,
Washington D.C., 1992, zitiert in Maddison (1995a), S. 142, wobei die Daten auf das Jahr 1990
zurückgerechnet und an das gesamte BIP der UdSSR von 1990 angepasst wurden. Die realen BIPVeränderungsraten der einzelnen Teilrepubliken im Zeitraum 1990-1998 wurden von der Statistikabteilung der ECE errechnet.
Eine grobe Messung der realen BIP-Veränderungen in jedem der 15 Nachfolgestaaten wurde für
den Zeitraum 1973-1990 von den amtlichen sowjetischen Indizes des realen „Volkseinkommens“
(MPS-Konzept) abgeleitet, die für 1958-1990 vorliegen (vgl. Narodnoe Khoziastvo SSSR, Ausgabe
1990, S. 13; Ausgabe 1987, S. 123; Ausgabe 1974, S. 574, sowie Ausgabe 1965, S. 590). Die
Zuwachsraten des realen „Volkseinkommens“ für 1973-1990 wurden auf BIP-Basis umgerechnet, und
zwar unter Verwendung des Koeffizienten, der für diesen Zeitraum für die UdSSR insgesamt herangezogen wurde (0.49075). Vgl. Maddison (1998b), S. 313, wegen eines Vergleichs dieser zwei Arten
von Messgrößen für 1913-1990.
Die amtliche Volkswirtschaftliche Gesamtrechung der Russischen Föderation (Natsionalnie
Schchota Rossii, 1999) enthält eine Aufschlüsselung des russischen BIP und Pro-Kopf-BIP nach
9 Regionen und 90 Verwaltungsdistrikten. Auf die 5 sibirischen Regionen und die fernöstliche Region
zusammengenommen entfielen 1997 29% des geographisch aufschlüsselbaren Sozialprodukts und auf
den Kaukasus 5,8%. Also wurde etwas mehr als ein Drittel des BIP der Russischen Föderation in
Asien erwirtschaftet; das entspricht einem Anteil von rd. 232 Mrd. internationalen Dollar am gesamten
BIP der Russischen Föderation in Höhe von 697 Mrd. Dollar (1997). Von den anderen Nachfolgerepubliken der UdSSR befinden sich acht in Asien (Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan,
202
Anhang A
Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan). Ihr BIP belief sich 1997 auf insgesamt
216 Mrd. internationale Dollar. Somit entfielen auf den asiatischen Teil der Russischen Republik und
die acht anderen Nachfolgerepubliken in Asien insgesamt 448 Mrd. internationale Dollar bzw. rd. 39%
des Gesamtbetrags der ehemaligen UdSSR.
Das Jahrbuch von 1999 enthält ebenfalls Angaben über das Pro-Kopf-Produkt in den verschiedenen Teilen der Russischen Föderation. In der Stadt Moskau betrug das Pro-Kopf-Einkommen das
2,3fache des Landesdurchschnitts, in St. Petersburg entsprach es in etwa dem Landesdurchschnitt,
während es in Sibirien und in der fernöstlichen Region in der Regel weit über dem Landesdurchschnitt
lag. Die niedrigsten Einkommen wurden im Kaukasus verzeichnet; so beliefen sie sich in Inguschetien
auf weniger als ein Fünftel des Landesdurchschnitts und in Dagestan auf 28%. Für Tschetschenien
sind keine Angaben verfügbar.
In der vorliegenden Untersuchung wurde das BIP-Niveau in internationalen Dollar im Jahr 1990
von den ICP-Schätzungen für 1990 abgeleitet (vgl. Tabelle A1.h weiter unten). Die Aufschlüsselung
nach den einzelnen Folgerepubliken wurde, wie weiter oben erklärt, auf der Basis der von Bolotin
erstellten Schätzungen vorgenommen. In jüngster Zeit haben die OECD, die ECE und die Regierungen der meisten Nachfolgerepubliken bei der Berechnung neuer Kaufkraftparitäten für 1996 zusammengearbeitet. Bei diesen Arbeiten wurde nicht die Geary-Khamis-Methode, sondern vielmehr die
EKS-Methode zu Grunde gelegt. Die Ergebnisse weichen erheblich von den ICP-6-Schätzungen ab,
die ich selbst hier herangezogen habe (vgl. Anhang D).
203
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A1.a Bevölkerung (in Tausend zur Jahresmitte): europäische Länder,
ehemalige UdSSR und große Einwanderungsländer
1820
1870
1913
1950
1973
1990
1998
3 369
3 434
1 155
1 169
31 246
24 905
20 176
2 355
970
2 585
1 829
21 226
114 419
4 520
5 096
1 888
1 754
38 440
39 231
27 888
3 615
1 735
4 164
2 664
31 393
162 388
6 767
7 666
2 983
3 027
41 463
65 058
37 248
6 164
2 447
5 621
3 864
45 649
227 957
6 935
8 640
4 269
4 009
41 836
68 371
47 105
10 114
3 265
7 015
4 694
50 363
256 616
7 586
9 738
5 022
4 666
52 118
78 956
54 751
13 438
3 961
8 137
6 441
56 223
301 037
7 729
9 971
5 138
4 986
56 735
79 364
56 719
14 947
4 241
8 566
6 796
57 561
312 753
8 078
10 197
5 303
5 153
58 805
82 029
57 592
15 700
4 432
8 851
7 130
59 237
322 507
657
933
1 358
1 529
1 907
2 155
2 337
2 312
3 657
5 425
3 297
12 203
4 353
16 201
6 004
20 263
7 566
2 969
8 512
27 868
8 929
3 073
8 634
34 810
10 161
3 506
9 899
38 851
10 511
3 705
9 968
39 371
Westeuropa insgesamt
132 888
187 532
261 007
305 060
358 390
377 325
388 399
Australien
Neuseeland
Kanada
Vereinigte Staaten
4 Einwanderungsländer
333
100
816
9 981
11 230
1 770
341
3 781
40 241
46 133
4 821
1 122
7 852
97 606
111 401
8 177
1 909
13 737
152 271
176 094
13 505
2 971
22 560
211 909
250 945
17 085
3 380
27 701
249 984
298 150
18 751
3 811
30 297
270 561
323 420
437
2 187
7 190
603
2 586
9 876
898
4 794
13 245
1 227
7 251
12 389
2 318
8 621
14 550
3 273
8 966
3 331
8 240
10 286
5 393
10 208
38 607
22 396
22 545
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 westeuropäische Länder
13 kleine westeurop. Länder
Griechenland
Irland
Portugal
Spanien
Albanien
Bulgarien
Tschechoslowakei
a) Tschechische Republik
b) Slowakei
Ungarn
Polen
Rumänien
Ex-Jugoslawien
4 571
10 426
6 389
5 215
5 717
17 240
9 179
6 981
7 840
26 710
12 527
13 590
9 338
24 824
16 311
15 949
10 426
33 331
20 828
20 416
10 310
5 263
10 352
38 109
22 775
22 819
Osteuropa insgesamt
36 415
52 182
79 604
87 289
110 490
121 867
121 006
Ex-UdSSR
Armenien
Aserbaidschan
Belarus
Estland
Georgien
Kasachstan
Kirgisistan
Lettland
Litauen
Moldau
Russische Föderation
Tadschikistan
Turkmenistan
Ukraine
Usbekistan
54 765
88 672
156 192
180 050
1 355
2 900
7 755
1 115
3 261
6 711
1 742
1 951
2 570
2 344
102 317
1 534
1 222
36 951
6 322
249 748
2 697
5 468
9 235
1 411
4 857
13 812
3 182
2 442
3 247
3 743
132 651
3 235
2 395
48 280
13 093
289 350
3 335
7 134
10 260
1 582
5 460
16 742
4 395
2 684
3 726
4 365
148 290
5 303
3 668
51 891
20 515
290 866
3 795
7 666
10 239
1 450
5 442
15 567
4 699
2 449
3 703
3 649
146 909
6 115
4 838
50 295
24 050
204
Anhang A
Tabelle A1.b Höhe des BIP (in Mio. internationalen Dollar von 1990): europäische Länder,
ehemalige UdSSR und große Einwanderungsländer
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 westeuropäische Länder
13 kleine westeurop. Länder
Griechenland
Irland
Portugal
Spanien
Westeuropa insgesamt
Australien
Neuseeland
Kanada
Vereinigte Staaten
4 Einwanderungsländer
Albanien
Bulgarien
Tschechoslowakei
a) Tschechische Republik
b) Slowakei
Ungarn
Polen
Rumänien
Ex-Jugoslawien
1820
1870
1913
1950
1973
1990
1998
4 104
4 529
1 471
913
38 434
26 349
22 535
4 288
1 071
3 098
2 342
36 232
145 366
8 419
13 746
3 782
1 999
72 100
71 429
41 814
9 952
2 485
6 927
5 867
100 179
338 699
23 451
32 347
11 670
6 389
144 489
237 332
95 487
24 955
6 119
17 403
16 483
224 618
840 743
25 702
47 190
29 654
17 051
220 492
265 354
164 957
60 642
17 838
47 269
42 545
347 850
1 286 544
85 227
118 516
70 032
51 724
683 965
944 755
582 713
175 791
44 544
109 794
117 251
675 941
3 660 253
130 476
171 442
94 863
84 103
1 026 491
1 264 438
925 654
258 094
78 333
151 451
146 900
944 610
5 276 855
152 712
198 249
117 319
94 421
1 150 080
1 460 069
1 022 776
317 517
104 860
165 385
152 345
1 108 568
6 044 301
667
1 553
3 843
5 880
16 452
31 205
41 499
1 539
3 338
8 635
3 175
12 975
4 338
22 295
7 467
45 686
14 489
10 231
17 615
66 792
68 355
21 103
63 397
304 220
101 452
41 459
107 427
474 366
118 433
67 368
128 877
560 138
163 722
370 223
906 374
1 401 551
4 133 780
6 032 764
6 960 616
172
40
729
12 548
13 489
6 452
922
6 407
98 374
112 155
27 552
5 781
34 916
517 383
585 632
61 274
16 136
102 164
1 455 916
1 635 490
172 314
37 177
312 176
3 536 622
4 058 289
291 180
46 729
524 475
5 803 200
6 665 584
382 335
56 322
622 880
7 394 598
8 456 135
1 228
11 971
43 368
5 219
45 557
102 445
8 125
49 779
7 999
37 786
11 491
7 181
27 755
88 897
41 818
66 089
258 220
64 715
95 337
6 106
7 253
13 988
23 158
60 742
19 279
25 277
58 339
177 973
72 411
88 813
91 706
40 854
66 990
194 920
80 277
129 953
16 447
Osteuropa insgesamt
23 149
45 448
121 559
185 023
550 757
662 604
660 861
Ex-UdSSR
Armenien
Aserbaidschan
Belarus
Estland
Georgien
Kasachstan
Kirgisistan
Lettland
Litauen
Moldau
Russische Föderation
Tadschikistan
Turkmenistan
Ukraine
Usbekistan
37 710
83 646
232 351
510 243
1 513 070
16 691
24 378
48 333
12 214
28 627
104 875
11 781
18 998
24 643
20 134
872 466
13 279
11 483
238 156
67 012
1 987 995
20 483
33 397
73 389
16 980
41 325
122 295
15 787
26 413
32 010
27 112
1 151 040
15 884
13 300
311 112
87 468
1 132 434
12 679
16 365
58 799
14 671
14 894
74 857
9 595
15 222
21 914
9 112
664 495
5 073
8 335
127 151
79 272
205
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A1.c Pro-Kopf-BIP (in internationalen Dollar von 1990): europäische Länder,
ehemalige UdSSR und große Einwanderungsländer
1820
1870
1913
1950
1973
1990
1998
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 westeuropäische Länder
1 218
1 319
1 274
781
1 230
1 058
1 117
1 821
1 104
1 198
1 280
1 707
1 270
1 863
2 697
2 003
1 140
1 876
1 821
1 499
2 753
1 432
1 664
2 202
3 191
2 086
3 465
4 220
3 912
2 111
3 485
3 648
2 564
4 049
2 501
3 096
4 266
4 921
3 688
3 706
5 462
6 946
4 253
5 270
3 881
3 502
5 996
5 463
6 738
9 064
6 907
5 013
11 235
12 170
13 945
11 085
13 123
11 966
10 643
13 082
11 246
13 493
18 204
12 022
12 159
16 881
17 194
18 463
16 868
18 093
15 932
16 320
17 267
18 470
17 680
21 616
16 411
16 872
18 905
19 442
22 123
18 324
19 558
17 799
17 759
20 224
23 660
18 685
21 367
18 714
18 742
13 kleine westeurop. Länder
1 015
1 665
2 830
3 846
8 627
14 480
17 757
7 655
6 867
7 343
8 739
9 984
11 825
10 852
12 210
11 268
18 183
12 929
14 227
Griechenland
Irland
Portugal
Spanien
666
913
1 592
963
1 063
997
1 376
1 244
2 255
1 915
3 446
2 069
2 397
Westeuropa insgesamt
1 232
1 974
3 473
4 594
11 534
15 988
17 921
Australien
Neuseeland
Kanada
Vereinigte Staaten
4 Einwanderungsländer
517
400
893
1 257
1 201
3 645
2 704
1 695
2 445
2 431
5 715
5 152
4 447
5 301
5 257
7 493
8 453
7 437
9 561
9 288
12 759
12 513
13 838
16 689
16 172
17 043
13 825
18 933
23 214
22 356
20 390
14 779
20 559
27 331
26 146
2 252
5 284
7 041
2 482
5 552
2 401
4 586
2 096
1 001
1 651
3 501
8 643
7 754
6 474
6 688
2 890
4 229
Albanien
Bulgarien
Tschechoslowakei
a) Tschechische Rep.
b) Slowakei
Ungarn
Polen
Rumänien
Ex-Jugoslawien
849
1 164
1 269
1 029
2 480
2 447
1 182
1 585
5 596
5 340
3 477
4 350
8 895
7 762
6 471
5 115
3 525
5 695
2 098
Osteuropa insgesamt
636
871
1 527
2 120
4 985
5 437
5 461
Ex-UdSSR
Armenien
Aserbaidschan
Belarus
Estland
Georgien
Kasachstan
Kirgisistan
Lettland
Litauen
Moldau
Russische Föderation
Tadschikistan
Turkmenistan
Ukraine
Usbekistan
689
943
1 488
2 834
6 058
6 189
4 458
5 234
8 656
5 894
7 593
3 702
7 780
7 589
5 379
6 577
4 105
4 795
4 933
5 118
6 871
6 142
4 681
7 153
10 733
7 569
7 305
3 592
9 841
8 591
6 211
7 762
2 995
3 626
5 995
4 264
3 893
3 341
2 135
5 743
10 118
2 737
4 809
2 042
6 216
5 918
2 497
4 523
830
1 723
2 528
3 296
206
Anhang A
Tabelle A1.d Zuwachsraten des Pro-Kopf-BIP: europäische Länder,
ehemalige UdSSR und große Einwanderungsländer
1820–1870
1870–1913
1913–1950
1950–1973
1973–1998
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 westeuropäische Länder
0.85
1.44
0.91
0.76
0.85
1.09
0.59
0.83
0.52
0.66
1.09
1.26
1.00
1.45
1.05
1.57
1.44
1.45
1.63
1.26
0.90
1.30
1.46
1.55
1.01
1.33
0.18
0.70
1.56
1.91
1.12
0.17
0.85
1.07
2.13
2.12
2.06
0.92
0.83
4.94
3.55
3.08
4.25
4.05
5.02
4.95
3.45
3.19
3.07
3.08
2.44
3.93
2.10
1.89
1.86
2.03
1.61
1.60
2.07
1.76
3.02
1.31
0.64
1.79
1.75
13 kleine westeurop. Länder
0.99
1.24
0.83
3.58
2.93
Griechenland
Irland
Portugal
Spanien
0.63
1.30
0.50
0.07
0.52
0.52
1.15
1.39
0.17
6.21
3.04
5.66
5.79
1.56
3.97
2.29
1.97
Westeuropa insgesamt
0.95
1.32
0.76
4.08
1.78
Australien
Neuseeland
Kanada
Vereinigte Staaten
4 Einwanderungsländer
3.99
3.90
1.29
1.34
1.42
1.05
1.51
2.27
1.82
1.81
0.73
1.35
1.40
1.61
1.55
2.34
1.72
2.74
2.45
2.44
1.89
0.67
1.60
1.99
1.94
1.38
1.40
3.59
5.19
3.08
0.26
–0.57
(0.67)
1.18
0.45
1.17
3.60
3.45
4.80
4.49
0.59
0.91
–0.74
–0.11
Albanien
Bulgarien
Tschechoslowakei
a) Tschechische Rep.
b) Slowakei
Ungarn
Polen
Rumänien
Ex-Jugoslawien
0.63
Osteuropa insgesamt
0.63
1.31
0.89
3.79
0.37
Ex-UdSSR
Armenien
Aserbaidschan
Belarus
Estland
Georgien
Kasachstan
Kirgisistan
Lettland
Litauen
Moldau
Russische Föderation
Tadschikistan
Turkmenistan
Ukraine
Usbekistan
0.63
1.06
1.76
3.36
–1.75
–2.44
–2.90
0.37
0.63
–3.02
–1.81
–2.35
–0.89
–0.99
–3.02
–1.49
–6.20
–4.01
–2.64
–1.74
207
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A1.e BIP-Zuwachsraten: europäische Länder,
ehemalige UdSSR und große Einwanderungsländer
1820–1870
1870–1913
1913–1950
1950–1973
1973–1998
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 westeuropäische Länder
1.45
2.25
1.91
1.58
1.27
2.01
1.24
1.70
1.70
1.62
1.85
2.05
1.71
2.41
2.01
2.66
2.74
1.63
2.83
1.94
2.16
2.12
2.17
2.43
1.90
2.14
0.25
1.03
2.55
2.69
1.15
0.30
1.49
2.43
2.93
2.74
2.60
1.19
1.16
5.35
4.08
3.81
4.94
5.05
5.68
5.64
4.74
4.06
3.73
4.51
2.93
4.65
2.36
2.08
2.09
2.44
2.10
1.76
2.28
2.39
3.48
1.65
1.05
2.00
2.03
13 kleine westeurop. Länder
1.70
2.13
1.16
4.58
3.77
Griechenland
Irland
Portugal
Spanien
1.56
2.23
1.41
0.63
1.09
1.27
1.68
2.35
1.03
6.98
3.20
5.73
6.81
2.22
4.75
2.88
2.47
Westeuropa insgesamt
1.65
2.10
1.19
4.81
2.11
Australien
Neuseeland
Kanada
Verein. Staaten
4 Einwanderungsländer
7.52
6.48
4.44
4.20
4.33
3.43
4.36
4.02
3.94
3.92
2.18
2.81
2.94
2.84
2.81
4.60
3.70
4.98
3.93
4.03
3.24
1.68
2.80
2.99
2.98
2.07
1.39
1.21
6.49
5.98
3.81
1.72
–0.75
(0.98)
1.92
0.93
1.61
4.10
4.78
5.92
5.62
0.50
1.50
–0.45
0.28
Albanien
Bulgarien
Tschechoslowakei
a) Tschechische Republik
b) Slowakei
Ungarn
Polen
Rumänien
Ex-Jugoslawien
1.27
Osteuropa insgesamt
1.36
2.31
1.14
4.86
0.73
Ex-UdSSR
Armenien
Aserbaidschan
Belarus
Estland
Georgien
Kasachstan
Kirgisistan
Lettland
Litauen
Moldau
Russische Föderation
Tadschikistan
Turkmenistan
Ukraine
Usbekistan
1.61
2.40
2.15
4.84
–1.15
–1.09
–1.58
0.79
0.74
–2.58
–1.34
–0.82
–0.88
–0.47
–3.12
–1.08
–3.78
–1.27
–2.48
0.67
208
Anhang A
Tabelle A1.f Bevölkerungszuwachsraten: europäische Länder,
ehemalige UdSSR und große Einwanderungsländer
1820–1870
1870–1913
1913–1950
1950–1973
1973–1998
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 westeuropäische Länder
0.59
0.79
0.99
0.81
0.42
0.91
0.65
0.86
1.17
0.96
0.75
0.79
0.70
0.94
0.95
1.07
1.28
0.18
1.18
0.68
1.25
0.80
0.70
0.87
0.87
0.79
0.07
0.32
0.97
0.76
0.02
0.13
0.64
1.35
0.78
0.60
0.53
0.27
0.32
0.39
0.52
0.71
0.66
0.96
0.63
0.66
1.24
0.84
0.65
1.39
0.48
0.70
0.25
0.18
0.22
0.40
0.48
0.15
0.20
0.62
0.45
0.34
0.41
0.21
0.28
13 kleine westeurop. Länder
0.70
0.88
0.32
0.97
0.82
Griechenland
Irland
Portugal
Spanien
0.92
0.92
0.90
0.56
0.57
0.75
0.52
0.95
0.87
0.72
0.15
0.06
0.97
0.65
0.75
0.58
0.49
Westeuropa insgesamt
0.69
0.77
0.42
0.70
0.32
Australien
Neuseeland
Kanada
Vereinigte Staaten
4 Einwanderungsländer
3.40
2.48
3.11
2.83
2.87
2.36
2.81
1.71
2.08
2.07
1.44
1.45
1.52
1.21
1.25
2.21
1.94
2.18
1.45
1.55
1.32
1.00
1.19
0.98
1.02
Albanien
Bulgarien
Tschechoslowakei
a) Tschechische Rep.
b) Slowakei
Ungarn
Polen
Rumänien
Ex-Jugoslawien
0.65
0.34
0.64
0.93
1.45
0.68
0.85
1.12
–0.18
2.80
0.76
0.70
1.46
–0.18
(0.30)
0.45
1.01
0.73
0.59
0.74
1.02
0.73
1.56
0.47
–0.20
0.72
0.43
0.48
1.29
1.07
1.08
–0.08
0.59
0.29
0.40
Osteuropa insgesamt
0.72
0.99
0.25
1.03
0.36
Ex-UdSSR
Armenien
Aserbaidschan
Belarus
Estland
Georgien
Kasachstan
Kirgisistan
Lettland
Litauen
Moldau
Russische Föderation
Tadschikistan
Turkmenistan
Ukraine
Usbekistan
0.97
1.33
0.38
1.43
3.04
2.80
0.76
1.03
1.75
3.19
2.65
0.98
1.02
2.06
1.14
3.30
2.97
1.17
3.22
0.61
1.38
1.36
0.41
0.11
0.46
0.48
1.57
0.01
0.53
–0.10
0.41
2.58
2.85
0.16
2.46
209
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A1.g Berechnung des BIP für das Referenzjahr 1990 in internationalen Dollar
für 22 OECD-Länder
BIP in Landeswährung
KKP nach
Geary–Khamis
Wechselkurs
1 813 482
6 576 846
825 310
523 034
6 620 867
2 426 000
1 281 207
537 867
722 705
1 359 879
317 304
554 486
13.899
38.362
8.700
6.219
6.450
2.052
1384.11
2.084
9.218
8.979
2.160
0.587
11.370
33.418
6.189
3.824
5.445
1.616
1198.1
1.821
6.26
5.919
1.389
0.563
130 476
171 442
94 863
84 103
1 026 491
1 182 261
925 654
258 094
78 333
151 451
146 900
944 610
159 497
196 805
133 351
136 777
1 215 954
1 501 238
1 069 366
295 369
115 448
229 748
228 441
984 877
Luxemburg
Island
345 738
364 402
39.203
79.291
33.418
58.284
8 819
4 596
10 346
6 252
Griechenland
Irland
Portugal
Spanien
13 143
28 524
9 855
501 452
129.55
0.688
91.737
105.71
158.51
0.605
142.56
101.93
101 452
41 459
107 427
474 366
82 916
47 147
69 129
491 957
1.281
1.676
1.167
1.000
291 180
46 729
524 475
5 803 200
307 319
43 422
572 563
5 803 200
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
a
Westdeutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
Australien
Neuseeland
Kanada
Vereinigte Staaten
a)
393 675
72 776
668 181
5 803 200
1.352
1.5574
1.274
1.000
BIP
in Mio. int. $
BIP in Mio. $,
umgerechnet
zum Wechselkurs
Das ostdeutsche BIP belief sich 1990 auf 82 177 Mio. int. $.
Quelle:
Die BIP-Daten in Landeswährung wurden den OECD National Accounts of OECD Countries, 1988–1998, Bd. 1, OECD, Paris, 2000, entnommen;
Ausnahmen bilden die Niederlande, deren BIP-Daten aus den OECD Quarterly National Accounts (1999:4) stammen, und die Vereinigten Staaten,
deren Daten dem Survey of Current Business, Dezember 1999, S. 132, entnommen wurden. Die amtlichen BIP-Schätzungen für Italien wurden um
3% reduziert, wie in Maddison (1995a), S. 133, erklärt. Die Geary-Khamis-KKP-Umrechner stammen aus der sechsten Reihe des Internationalen
Vergleichsprojekts (ICP) für 1990 – vgl. Maddison (1995a), Tabelle C.6, S. 172; die Wechselkurse wurden derselben Quelle entnommen. Die KKP
und die Wechselkurse sind ausgedrückt in Einheiten der nationalen Währung als KKP je US-Dollar. Das BIP in Mio. internationalen Dollar,
umgerechnet auf der Basis der KKP, wurde errechnet, indem die Spalte 1 durch die Spalte 2 dividiert wurde. Das BIP in Mio. US-$ umgerechnet
zum Wechselkurs wurde errechnet, indem die Spalte 1 durch die Spalte 3 dividiert wurde. Um binäre Kaufkraftvergleiche anzustellen, z.B.
zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten, sind drei Ansätze möglich. Erstens können die französischen Ausgaben zu US-Preisen neu
bewertet werden, was einen Vergleich des realen BIP nach der Laspeyres-Methode ergibt; zweitens können die amerikanischen Ausgaben nach
den französischen Preisen neu bewertet werden, was einen Vergleich des realen BIP nach der Paasche-Methode ergibt; und drittens kann ein
Kompromissvergleich nach der Fischer-Methode durch die Errechnung eines geometrischen Mittels der Laspeyres- und Paasche-Werte errechnet
werden. Die Ergebnisse solcher binären Untersuchungen können herangezogen werden, um die Situation in mehreren Ländern zu vergleichen.
Zum Beispiel kann eine Korrelation zwischen den Vergleichen Frankreich/Vereinigte Staaten, Deutschland/Vereinigte Staaten und Vereinigtes
Königreich/Vereinigte Staaten hergestellt werden, wobei die Vereinigten Staaten als Verbindungsglied dienen. Bei den abgeleiteten Ergebnissen
Frankreich/Deutschland, Vereinigtes Königreich/Deutschland und Frankreich/Vereinigtes Königreich handelt es sich jedoch um induktive Werte,
die sich nicht zwangsläufig mit jenen decken, die das Ergebnis unmittelbarer binärer Vergleiche zwischen den verschiedenen Länderpaaren
wären. Solche Vergleiche sind nicht transitiv, doch lassen sich Transitivität und Additionalität durch die Verwendung „multilateraler“ KKP erzielen.
Multilateral gebe ich der Geary-Khamis-Messgröße den Vorzug, da sie den Ländern dem Volumen ihres BIP entsprechende Gewichtungen zuteilt
(vgl. Maddison, 1995a, S. 163, für eine eingehende Erklärung). Für die meisten Länder sind die neuen BIP-Zahlen in Landeswährung höher als
jene, die in Maddison (1995a) verwendet wurden. Sie tragen den regelmäßig vorgenommenen Revisionen sowie den Korrekturen Rechnung, die
sich aus der Übernahme des standardisierten Systems der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen von 1993 ergeben. Das SNA-System wurde
von Norwegen 1995, von Dänemark und Kanada 1997 übernommen. Australien, Österreich, Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland,
Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden und das Vereinigte Königreich haben diese Veränderung
später vorgenommen, und die auf der neuen Basis errechneten Daten wurden für diese 15 Länder zum ersten Mal von der OECD in ihrem
Jahrbuch 1988-1998 veröffentlicht. Nach dem neuen System werden Ausgaben für die Exploration mineralischer Bodenschätze sowie für
Computersoftware nicht als Vorleistungen, sondern als Investitionen eingestuft. In einigen Ländern wie z.B. Frankreich und Italien werden nunmehr auch “Originalwerke der Unterhaltung, Literatur und Kunst” als Investitionen behandelt. Island, Neuseeland und die Schweiz wenden nach
wie vor das alte SNA-System von 1968 an und haben diese methodologischen Änderungen noch nicht vorgenommen. Infolge dieser Revisionen
hat sich das BIP-Niveau von 1990 gegenüber dem in Maddison (1995a) ausgewiesenen Niveau um folgende Koeffizienten verändert:
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
1.00676
1.02342
1.02779
1.01591
1.01774
1.00033
1.00668
1.04184
1.09314
1.00000
1.01041
Vereinigtes Königreich
Luxemburg
Island
Griechenland
Irland
Portugal
Spanien
Australien
Neuseeland
Kanada
Vereinigte Staaten
210
1.00928
1.15206
1.03700
0.99539
1.06406
1.014765
1.00051
1.04055
0.99290
1.00567
1.06192
Anhang A
Tabelle A1.h Berechnung des BIP-Niveaus in internationalen Dollar im Referenzjahr 1990
für 5 osteuropäische Länder und die UdSSR
BIP in Landeswährung
Tschechoslowakei
Ungarn
Polen
Rumänien
UdSSR
Jugoslawien
Quelle:
811 309
1 935 459
608 347
857 180
1 033 222
1 113 095
impliziter
KKP-Umrechner
6.12
28.89
3.12
10.678
0.520
8.565
Wechselkurs
17.95
63.206
9.5
22.43
1.059
11.318
BIP
in Mio. int. $
132 560
66 990
194 920
80 277
1 987 995
129 953
BIP in Mio. $,
umgerechnet
zum Wechselkurs
45 198
30 621
64 037
38 216
975 658
98 347
Die BIP-Werte in Landeswährung stammen aus International Comparison of Gross Domestic Product in Europe 1990, Statistische
Kommission der Vereinigten Nationen und VN-Wirtschaftskommission für Europa (ECE), Genf und New York, 1994, S. 61. Diese
Vergleiche wurden in Zusammenarbeit mit den nationalen statistischen Ämtern durchgeführt, unter Vornahme von Anpassungen, um die
Übereinstimmung des Erfassungsbereichs der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen mit jenem des in den westlichen Ländern
benutzten SNA-Systems zu gewährleisten. Zudem wurden auch Berichtigungen vorgenommen, um der geringeren Qualität der Güter in
den osteuropäischen Ländern Rechnung zu tragen. Die Ergebnisse wurden multilateralisiert, wobei der EKS-Methode der Vorzug
gegenüber der Geary-Khamis-Technik gegeben wurde, und die um die KKP bereinigten BIP-Werte wurden in Österreichischen Schilling
ausgedrückt. Die relativen realen BIP-Indizes wurden auf der Basis einer approximativen Geary-Khamis-Methode unter Verwendung
des in internationalen Dollar ausgedrückten BIP gemäß den Werten in Tabelle 2.4 als Verbindungsglied, a.a.O., S. 5, umgerechnet. Die
Ergebnisse in Spalte 4 wurden auf diese Art erzielt, und die impliziten KKP in Spalte 3 wurden abgeleitet, indem die Spalte 1 durch die
Spalte 4 dividiert wurde. Die Wechselkurse wurden abgeleitet aus IWF, International Financial Statistics, außer jenen der UdSSR, die
von der Weltbank, World Tables 1995, stammen. Seit 1990 sind aus diesen 6 Ländern 25 hervorgegangen. Die Tschechoslowakei
spaltete sich in 2 Länder, Jugoslawien in 5 und die UdSSR in 15. Um grobe vorläufige BIP-Schätzungen für diese 22 neuen
Nachfolgestaaten zu erhalten, habe ich unterstellt, dass ihr jeweiliger BIP-Anteil 1990 derselbe war wie in Landeswährung. Die OECD
hat neue Schätzungen in internationalen Dollar für 20 dieser neuen Staaten (ohne Bosnien und Serbien) unter Verwendung der EKSMethode zur Multilateralisierung veröffentlicht, vgl. A PPP Comparison for the NIS, 1994, 1995 and 1996, OECD, Februar 2000. Vgl.
Anhang D für eine Gegenüberstellung dieser neuen Schätzungen mit den von mir an dieser Stelle verwendeten.
211
Anhang A
A.2
Bevölkerung, BIP und Pro-Kopf-BIP in
44 lateinamerikanischen und karibischen Ländern
Für den Zeitraum vor 1950 liegen BIP-Schätzungen für acht Kernländer vor. Was den Zeitraum
1820-1990 betrifft, so stammen die BIP-Daten für Argentinien, Chile, Kolumbien, Peru und
Venezuela aus Maddison (1995a) und wurden aktualisiert auf der Basis von ECLAC, Economic
Survey of Latin America and the Caribbean: Summary 1998-99, 1999, S. 32. Dasselbe gilt für das BIP
Brasiliens für den Zeitraum 1950-1998; die Daten für 1820-1900 wurden abgeleitet aus Maddison
(1995a); für das Pro-Kopf-BIP im Zeitraum 1900-1950 stammen sie aus Maddison and Associates
(1992, S. 212). Die BIP-Daten Mexikos für den Zeitraum 1870-1910 wurden abgeleitet aus
Coatsworth (1989), für 1910-1960 aus Maddison (1995a), ab 1960 von OECD-Quellen. Bei meinen
Berechnungen habe ich einen geringeren Rückgang des mexikanischen Pro-Kopf-BIP im Zeitraum
1820-1870 unterstellt als Coatsworth. Uruguays BIP-Daten für 1820-1936 sind Luis Bertola and
Associates, PIB de Uruguay 1870-1936, Montevideo, 1998, entnommen. Die BIP-Daten für 19361990 stammen von Luis Bertola, ab 1990 von ECLAC (1999). Das in internationalen Dollar ausgedrückte BIP-Niveau der acht Länder im Referenzjahr 1990 wurde von Tabelle A2.g abgeleitet.
Die Bevölkerungsdaten für 1820-1950 stammen aus Maddison (1995a), mit Ausnahme Uruguays
(für das Luis Bertola die Daten lieferte). Ab 1950 stammen sie vom US Bureau of the Census.
Für 15 weitere Länder sind detaillierte Schätzungen von Bevölkerungs- und BIP-Entwicklung
angegeben. Für 13 von ihnen wurden die Bevölkerungszahlen für den Zeitraum 1870-1913 durch
Interpolation der Schätzungen in N. Sanchez Albornoz, „The Population of Latin America, 18501930“, in L. Bethell, Hrsg., The Cambridge History of Latin America, Bd. 4, Cambridge University
Press, 1986, S. 122, ermittelt. Die Jamaika betreffenden Daten für 1870 und 1913 stammen aus
G. Eisner, Jamaica, 1830-1930: A Study in Economic Growth, Manchester University Press, 1961,
S. 134. Hinsichtlich der Wachstumsraten in Trinidad und Tobago im Zeitraum 1870-1950 wurde
unterstellt, dass sie sich im Verhältnis genauso entwickelt haben wie in Jamaika. Ferner wurde unterstellt, dass sich die Bevölkerung in den 15 Ländern im Zeitraum 1820-1870 proportional genauso
entwickelt hat wie in den acht Kernländern zusammengenommen. Die Bevölkerungsdaten für den
Zeitraum 1950-1998 stammen vom US Bureau of the Census.
Die Daten über die BIP-Entwicklung im Zeitraum 1950-1973 für 11 der 15 Länder stammen von
ECLAC, Series Historicas del Crecimiento de America Latina, Santiago, 1978, für 1973-1990 von der
Weltbank, World Tables (1995), und ab 1990 von ECLAC (1999). Die Kuba betreffenden Daten für
1950-1990 stammen aus verschiedenen ECLAC-Quellen, ab 1990 aus ECLAC, Preliminary Overview
of the Economies of Latin America, Santiago (Ausgaben 1998 und 1999). Die BIP-Daten Puerto Ricos
für den Zeitraum 1950-1998 stammen aus PBI Historico, Junta de Planificación, San José, 1998. Die
Daten für Jamaika, Trinidad und Tobago für 1950-1973 wurden von der Datenbank des OECDEntwicklungszentrums abgeleitet, für 1973-1990 stammen sie von der Weltbank, World Tables, und
213
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A.g BIP und Bevölkerung 21 kleiner karibischer Länder, 1950–1998
BIP (Mio. internationale Dollar von 1990)
Bahamas
Barbados
Belize
Dominica
Grenada
Guayana
St. Lucia
St. Vincent
Suriname
Gruppe A insgesamt
Antigua & Barbuda
Bermuda
Guadeloupe
Franz. Guayana
Martinique
Niederl. Antillen
St. Kitts und Nevis
Gruppe B insgesamt
Übrige 5 Länder
21 Länder
Quelle:
Bevölkerung (Tausend)
1950
1973
1990
1998
1950
1973
1990
1998
756
448
110
82
71
462
61
79
315
3 159
1 595
341
182
180
1 309
199
175
1 046
3 946
2 138
735
279
310
1 159
449
392
1 094
4 248
2 366
929
344
388
2 018
508
506
1 209
70
211
66
51
76
428
79
66
208
182
243
130
74
97
755
109
90
384
251
255
190
72
94
748
140
113
396
180
259
230
66
96
708
152
120
428
2 384
8 186
10 502
12 516
1 255
2 064
2 249
2 339
82
65
359
138
293
393
61
328
238
1 568
238
1 568
1 097
215
413
310
1 801
516
1 857
980
233
510
1 100
345
46
39
208
26
217
159
44
68
53
329
53
332
225
45
63
58
378
116
374
253
40
64
62
416
163
407
274
42
1 391
5 252
6 110
7 787
739
1 105
1 284
1 428
181
667
1 094
1 446
68
139
183
233
3 956
14 105
17 706
21 749
2 062
3 308
3 726
3 990
Die BIP-Veränderungen für 1950–1990 stammen aus Maddison (1995a), S. 218, sowie aus der dafür benutzten Datenbank. Für sieben
Länder der Gruppe A stammen die BIP-Daten ab 1990 aus ECLAC (Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik),
Economic Survey of Latin America and the Caribbean 1998-1999, Santiago, 1999, S. 32. Die Daten für das Pro-Kopf-BIP im Zeitraum
1990–1998 für Antigua und Barbuda, Bahamas, Niederländische Antillen und St. Kitts und Nevis stammen vom IWF. Für die anderen
Länder wurde unterstellt, dass sich das globale Pro-Kopf-BIP proportional zum Durchschnitt der Gruppe A entwickelte. Die Bevölkerungsdaten ab 1950 stammen von der Division of Population Studies, US Bureau of the Census; hinsichtlich der globalen Bevölkerungsdaten der 21 Länder im Zeitraum 1820-1850 wurde unterstellt, dass sie sich proportional zum Durchschnitt der 15 in Tabelle A2.a
angeführten Länder entwickelt haben. Bei den 5 Ländern der dritten Gruppe handelt es sich um Aruba, die Falklandinseln, St. Pierre
und Miquelon, die Turks- und Caicosinseln sowie die Jungferninseln.
ab 1990 von ECLAC (1999). Hinsichtlich des globalen Pro-Kopf-BIP der 15 Länder im Zeitraum
1820-1950 wurde unterstellt, dass sich dieser Parameter im Verhältnis genauso entwickelt hat wie in
den acht Kernländern insgesamt.
Die Tabellen A2.a bis A2.f enthalten globale Schätzungen für 21 karibische Länder, während
Tabelle A.g nach Ländern aufgeschlüsselte Daten für den Zeitraum 1950-1998 wiedergibt.
Tabelle A2.g ist zu entnehmen, wie das BIP-Niveau für das Referenzjahr 1990 von ICPUntersuchungen in internationalen Preisen von 1990 für die 8 Kernländer sowie 10 weitere Länder
abgeleitet wurde. Für die Bahamas, Barbados, Belize, Dominica, Grenada, Guayana, Haiti, Nicaragua,
Puerto Rico, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent, Suriname sowie Trinidad und Tobago wurden
Penn-World-Tabellen herangezogen.
Für 11 kleine karibische Länder sowie für Kuba waren weder ICP- noch PWT-Schätzungen in
KKP verfügbar. Es wurde unterstellt, dass das durchschnittliche Pro-Kopf-BIP in diesen Ländern dem
Durchschnitt der 32 Länder entsprach, für die Indikatoren existierten, und dass es in Kuba um rd. 15%
unter dem lateinamerikanischen Durchschnitt lag.
214
Anhang A
Tabelle A2.a Bevölkerung (in Tausend zur Jahresmitte) in 44 lateinamerikanischen Ländern
1820
1870
1913
1950
1973
1990
1998
534
4 507
885
1 206
6 587
1 317
55
718
15 809
1 796
9 797
1 943
2 392
9 219
2 606
373
1 653
29 779
7 653
23 660
3 491
5 195
14 970
4 339
1 177
2 874
63 359
17 150
53 443
6 091
11 592
28 485
7 633
2 194
5 009
131 597
25 174
103 463
9 897
23 069
57 643
14 350
2 834
11 893
248 323
32 634
151 040
13 128
32 985
84 748
21 989
3 106
19 325
358 955
36 265
169 807
14 788
38 581
98 553
26 111
3 285
22 803
410 193
5 077
1 495
155
1 331
242
1 013
492
1 007
1 150
404
499
361
176
384
645
210
9 564
1 881
372
2 469
750
1 689
1 008
1 486
1 891
660
837
578
348
594
1 181
352
16 096
2 766
867
5 785
2 312
3 310
1 940
2 969
3 097
1 431
1 385
1 098
893
1 476
2 218
632
32 179
4 680
1 886
9 001
4 781
6 629
3 853
5 801
4 748
2 964
2 036
2 241
1 659
2 692
2 863
985
56 819
6 620
3 022
10 545
6 997
10 308
5 041
9 631
6 048
4 740
2 466
3 591
2 388
4 236
3 537
1 198
80 368
7 826
3 605
11 051
7 999
12 337
5 752
12 008
6 781
5 862
2 635
4 583
2 736
5 291
3 860
1 117
93 443
334
630
1 060
2 062
3 308
3 726
3 990
44 lateinamerik. Länder insgesamt
21 220
39 973
80 515
165 837
308 450
443 049
507 623
43 lateinamerik. Länder insgesamt
(ohne Mexiko)
14 633
30 754
65 545
137 352
250 807
358 301
409 070
Argentinien
Brasilien
Chile
Kolumbien
Mexiko
Peru
Uruguay
Venezuela
8 Länder insgesamt
Bolivien
Costa Rica
Kuba
Dominikanische Republik
Ecuador
El Salvador
Guatemala
Haiti
Honduras
Jamaika
Nicaragua
Panama
Paraguay
Puerto Rico
Trinidad & Tobago
15 Länder insgesamt
21 kleine Nicht-Stichprobenländer insgesamt
Die ICP-Schätzungen decken nahezu 95,2%, die PWT-Angaben nahezu 3,2% und die indirekten
Schätzungen 1,7% des globalen lateinamerikanischen BIP im Jahr 1990 ab.
Es wurde von der Arbeitshypothese ausgegangen, dass sich das globale Pro-Kopf-BIP in den drei
Ländern, für die keine Daten vorlagen, im Zeitraum 1870-1913 parallel zum Durchschnitt der fünf
anderen großen Länder entwickelt hat. Für 1820 wurde unterstellt, dass das Durchschnittsniveau des
Pro-Kopf-BIP in den Kernländern, für die keine Daten verfügbar waren, dem durchschnittlichen
Pro-Kopf-BIP Brasiliens und Mexikos entsprach.
Für die 36 anderen Länder waren keine Schätzungen der BIP-Veränderungen im Zeitraum
1820-1950 verfügbar. Es wurde unterstellt, dass sich ihr durchschnittliches Pro-Kopf-BIP parallel zu
dem der acht untersuchten Länder entwickelt hat (einschließlich der Komponente indirekte Schätzungen). Infolgedessen belief sich die gesamte indirekte Komponente beim globalen BIP Lateinamerikas
1820 auf 44,0%, 1870 auf 38,2%, 1913 auf 16,7%, bis sie dann ab 1950 überhaupt nicht mehr ins
Gewicht fiel.
215
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A2.b BIP-Niveau (in Mio. internationalen Dollar von 1990)
in 44 lateinamerikanischen Ländern
Argentinien
Brasilien
Chile
Kolumbien
Mexiko
Peru
Uruguay
Venezuela
8 Länder insgesamt
Bolivien
Costa Rica
Kuba
Dominikanische Republik
Ecuador
El Salvador
Guatemala
Haiti
Honduras
Jamaika
Nicaragua
Panama
Paraguay
Puerto Rico
Trinidad & Tobago
15 Länder insgesamt
1820
1870
1913
1950
1973
1990
1998
2 912
2 354
6 985
5 000
6 214
11 275
748
941
22 273
29 060
19 188
9 261
6 420
25 921
4 500
3 895
3 172
101 417
85 524
89 342
23 274
24 955
67 368
17 270
10 224
37 377
355 334
200 720
401 643
50 401
80 728
279 302
56 713
14 098
126 364
1 209 969
212 518
743 765
84 038
159 042
516 692
64 979
20 105
160 648
1 961 787
334 314
926 919
144 279
205 132
655 910
95 718
27 313
204 433
2 594 018
11 030
8 145
29 165
9 617
21 337
9 084
18 593
4 810
4 866
8 411
6 566
7 052
5 487
20 908
8 553
173 626
14 446
14 370
31 087
17 503
40 267
10 805
29 050
6 323
8 898
8 890
5 297
10 688
13 923
37 277
11 110
259 934
19 241
19 272
23 909
25 304
51 378
15 627
40 522
5 532
11 929
9 308
6 651
15 609
16 719
51 159
13 683
325 843
2 676
5 289
19 058
5 309
1 702
19 613
2 416
6 278
2 888
6 190
3 254
1 880
1 837
1 774
1 710
2 338
4 755
2 322
64 266
21 kleine Nicht-Stichprobenländer insgesamt
169
335
1 206
3 956
14 105
17 706
21 749
44 lateinamerik. Länder insg.
14 120
27 897
121 681
423 556
1 397 700
2 239 427
2 941 610
43 lateinamerik. Länder insg.
(ohne Mexiko)
9 120
21 683
95 760
356 188
1 118 398
1 722 735
2 285 700
216
Anhang A
Tabelle A2.c Pro-Kopf-BIP (in internationalen Dollar von 1990)
in 44 lateinamerikanischen Ländern
Argentinien
Brasilien
Chile
Kolumbien
Mexiko
Peru
Uruguay
Venezuela
8 Länder insgesamt
1820
1870
1913
1950
1973
1990
1998
646
1 311
713
759
674
713
2 005
569
748
3 797
811
2 653
1 236
1 732
1 037
3 309
1 104
1 601
4 987
1 672
3 821
2 153
2 365
2 263
4 660
7 462
2 700
7 973
3 882
5 093
3 499
4 845
3 952
4 975
10 625
4 873
6 512
4 924
6 401
4 822
6 097
2 955
6 473
8 313
5 465
9 219
5 459
9 756
5 317
6 655
3 666
8 314
8 965
6 324
2 357
4 319
3 240
2 012
3 219
2 358
3 205
1 013
1 642
4 131
2 930
4 251
2 038
7 303
8 683
3 056
2 182
4 755
2 948
2 502
3 906
2 143
3 016
1 045
1 877
3 605
1 475
4 476
3 287
10 539
9 274
3 234
2 459
5 346
2 164
3 163
4 165
2 717
3 375
816
2 035
3 532
1 451
5 705
3 160
13 254
12 250
3 487
Bolivien
Costa Rica
Kuba
Dominikanische Republik
Ecuador
El Salvador
Guatemala
Haiti
Honduras
Jamaika
Nicaragua
Panama
Paraguay
Puerto Rico
Trinidad & Tobago
15 Länder insgesamt
527
553
1 184
1 919
1 963
3 390
1 045
1 897
1 489
2 085
1 051
1 314
1 326
1 616
1 915
1 584
2 144
3 674
1 997
21 kleine Nicht-Stichprobenländer
insgesamt
506
532
1 138
1 919
4 264
4 752
5 451
44 lateinamerik. Länder insgesamt
665
698
1 511
2 554
4 531
5 055
5 795
43 lateinamerik. Länder insgesamt
(ohne Mexiko)
623
705
1 461
2 593
4 459
4 808
5 588
217
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A2.d Zuwachsraten des Pro-Kopf-BIP in 44 lateinamerikanischen Ländern
Argentinien
Brasilien
Chile
Kolumbien
Mexiko
Peru
Uruguay
Venezuela
8 Länder insgesamt
1820–1870
1870–1913
1913–1950
1950–1973
1973–1998
0.20
2.50
0.30
–0.24
2.22
0.74
1.97
0.99
1.51
0.85
2.13
0.93
5.30
1.42
2.06
3.73
1.26
2.13
3.17
2.45
0.28
1.55
2.60
0.58
1.37
2.63
1.69
1.28
–0.30
2.08
–0.68
1.05
0.90
3.49
–0.20
2.89
2.33
2.02
1.89
–0.16
0.97
5.06
2.62
3.53
1.10
5.47
3.81
1.87
0.17
0.86
–1.60
1.83
1.04
0.57
0.21
–0.86
0.86
–0.62
–2.77
1.18
1.77
2.41
1.39
0.53
3.53
0.99
1.17
0.10
1.79
Bolivien
Costa Rica
Kuba
Dominikanische Republik
Ecuador
El Salvador
Guatemala
Haiti
Honduras
Jamaika
Nicaragua
Panama
Paraguay
Puerto Rico
Trinidad & Tobago
15 Länder insgesamt
21 kleine Nicht-Stichprobenländer
insgesamt
44 lateinamerik. Länder insgesamt
0.10
1.81
1.43
2.52
0.99
43 lateinamerik. Länder insgesamt
(ohne Mexiko)
0.25
1.71
1.56
2.38
0.91
218
Anhang A
Tabelle A2.e BIP-Zuwachsraten in 44 lateinamerikanischen Ländern
1820–1870
1870–1913
1913–1950
1950–1973
1973–1998
1.77
6.02
2.38
0.44
3.38
2.96
4.24
2.52
3.74
2.62
3.70
2.64
6.89
3.45
3.78
6.75
3.42
5.24
6.38
5.31
1.41
5.44
5.47
2.06
3.40
4.30
3.80
3.47
2.12
2.68
1.94
3.10
Bolivien
Costa Rica
Kuba
Dominikanische Republik
Ecuador
El Salvador
Guatemala
Haiti
Honduras
Jamaika
Nicaragua
Panama
Paraguay
Puerto Rico
Trinidad & Tobago
15 Länder insgesamt
3.23
7.04
1.74
6.19
5.46
5.11
4.90
1.71
4.22
6.84
5.85
6.35
3.78
6.65
5.83
4.42
2.25
3.51
–0.79
3.95
3.58
2.19
3.17
0.56
3.65
0.41
0.05
3.23
4.56
3.64
1.90
2.55
21 kleine Nicht-Stichprobenländer
insgesamt
5.68
1.75
Argentinien
Brasilien
Chile
Kolumbien
Mexiko
Peru
Uruguay
Venezuela
8 Länder insgesamt
3.91
1.37
3.59
44 lateinamerik. Länder insgesamt
1.37
3.48
3.43
5.33
3.02
43 lateinamerik. Länder insgesamt
(ohne Mexiko)
1.75
3.51
3.61
5.10
2.90
219
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A2.f Bevölkerungszuwachsraten in 44 lateinamerikanischen Ländern
1820–1870
1870–1913
1913–1950
1950–1973
1973–1998
2.46
1.57
1.59
1.38
0.67
1.37
3.90
1.68
1.27
3.43
2.07
1.37
1.82
1.13
1.19
2.71
1.29
1.77
2.20
2.23
1.52
2.19
1.75
1.54
1.70
1.51
2.00
1.68
2.91
2.13
3.04
3.11
2.78
1.12
3.83
2.80
1.47
2.00
1.62
2.08
2.17
2.42
0.59
2.64
2.03
Bolivien
Costa Rica
Kuba
Dominikanische Republik
Ecuador
El Salvador
Guatemala
Haiti
Honduras
Jamaika
Nicaragua
Panama
Paraguay
Puerto Rico
Trinidad & Tobago
15 Länder insgesamt
1.27
0.54
2.06
1.45
2.67
1.20
1.68
0.91
1.16
1.15
1.21
1.10
1.60
1.02
1.42
1.21
1.22
1.05
2.31
2.33
3.09
1.84
1.79
1.89
1.34
2.11
1.37
1.75
2.58
2.49
1.72
1.59
1.89
2.31
3.44
1.94
3.21
3.07
3.03
2.96
1.88
3.22
1.69
3.15
2.73
2.65
1.12
1.95
2.50
2.08
2.63
0.82
2.08
2.52
1.62
2.95
1.44
2.77
1.04
2.90
2.02
2.74
1.20
0.50
2.01
21 kleine Nicht-Stichprobenländer
insgesamt
1.28
1.22
1.81
2.08
0.75
44 lateinamerik. Länder insgesamt
1.27
1.64
1.97
2.73
2.01
43 lateinamerik. Länder insgesamt
(ohne Mexiko)
1.50
1.78
2.02
2.65
1.98
Argentinien
Brasilien
Chile
Kolumbien
Mexiko
Peru
Uruguay
Venezuela
8 Länder insgesamt
220
Anhang A
Tabelle A2.g Abgeleitete Schätzungen des BIP von 1990 in internationalen Dollar von 1990
für 18 lateinamerikanische Länder
BIP in Mio.
KKP-Umrechner
Landeswährungsfür das
einheiten im
Referenzjahr
Referenzjahr
(Landeswährungseinheiten je Dollar)
BIP im
Referenzjahr
in Mio. GearyKhamis-Dollar
BIP von 1990 in
Geary-KhamisDollar des
Referenzjahrs
BIP von 1990
in Mio. GearyKhamis-Dollar
von 1990
ICP 3 (Referenzjahr 1975)
Jamaika
Mexiko
2 611
1 007 036
0.742
7.4
3 519
136 086
3 865
224 649
8 890
516 692
134 607
9 150
471 096
53 299
100 736
9 102
11 086
25 505
6 844
18 400
5 636
6 770
8 819
41 157
12 734
101 753
212 518
14 446
743 765
84 038
159 042
14 370
17 503
40 267
10 805
29 050
8 898
10 688
13 923
64 979
20 105
160 648
ICP 4 (Referenzjahr 1980)
Argentinien
Bolivien
Brasilien
Chile
Kolumbien
Costa Rica
Dominik. Republik
Ecuador
El Salvador
Guatemala
Honduras
Panama
Paraguay
Peru
Uruguay
Venezuela
Quelle:
3 840
128 614
13 164
1 075 269
1 579 130
41 406
6 625
293 337
8 917
7 879
4 976
3 559
560 459
5 970 000
92 204
297 800
0.02604
14.51
0.03252
26.67
21.99
5.79
0.594
14.16
1.31
0.467
1.12
0.564
83.87
129.6
7.58
3.14
147 465
8 864
404 797
40 318
71 811
7 151
11 153
20 716
6 807
16 871
4 443
6 310
6 682
46 065
12 164
94 841
Spalte 1 zeigt das BIP im Referenzjahr in Landeswährungseinheiten, in den meisten Fällen gemäß den in der ursprünglichen ICPSchätzung genannten Spezifikationen. Für Argentinien, Peru und Venezuela wurden die amtlichen Schätzungen des nominalen BIP im
Jahr 1980 nach Abschluss der ICP-Berechnungen nach oben korrigiert. Das hatte eine Korrektur der zuvor zu niedrig angesetzten
Schätzungen der informellen Wirtschaftstätigkeit um jeweils plus 36%, 6,5% bzw. 17,2% zur Folge. Was Mexiko betrifft, so liegt meine
Schätzung um 12,2% unter der amtlichen Schätzung für 1975 in OECD, National Accounts, 1960-1997; mit dieser Korrektur sollten die
amtlich zu hoch angesetzten Produktionsdaten in der Landwirtschaft, im Verarbeitenden Gewerbe und gewissen Dienstleistungsbereichen bereinigt werden. Die Gründe hierfür sind erklärt in Maddison (1995a), S. 166. Die KKP in Spalte 2 stammen vom ICP.
Spalte 3 ist das Ergebnis der Spalten 1 und 2. Spalte 4 ergab sich aus der Bereinigung von Spalte 3 um die realen BIP-Veränderungen
zwischen dem Referenzjahr und 1990. Spalte 5 stellt die um die Veränderung des US-BIP-Deflators vom Referenzjahr bis zum Jahr
1990 bereinigte Spalte 4 dar.
221
Anhang A
A.3
Bevölkerung, BIP und Pro-Kopf-BIP
in 56 asiatischen Ländern, 1820-1998
Bei den Schätzungen für Asien handelt es sich um die aktualisierten und erheblich revidierten
Daten aus Maddison (1995a). Die stärksten Revisionen der BIP-Zuwachsraten betrafen China, wie
beschrieben in Maddison (1998a), aber die Qualität der Daten für Indien, Japan, die Philippinen,
Taiwan und eine Reihe anderer Länder wurde ebenfalls verbessert. Es wurden Quellenanmerkungen
für 26 Länder hinzugefügt, so dass sich die Zahl der Länder, die detailliert erfasst wurden, von 11
auf 37 erhöhte. Es wurden auch Revisionen bei den Bevölkerungszahlen vorgenommen. Die BIPSchätzungen für das Referenzjahr 1990 wurden revidiert: Für 24 Länder, die 93% des gesamten
asiatischen BIP auf sich vereinen, basieren sie auf ICP- oder äquivalenten Daten, für 16 Länder (mit
einem Anteil von 6% am BIP Asiens) wurden sie von den Penn-World-Tabellen, Fassung 5.6,
abgeleitet, und für das verbleibende 1% wurde das BIP-Niveau anhand von indirekten Schätzungen
ermittelt (16 Länder).
Es ist zwischen drei Gruppen von Ländern zu unterscheiden. Am verlässlichsten sind die
Schätzungen des BIP-Wachstums für die erste Gruppe 16 ostasiatischer Länder, für die eingehende
Untersuchungen der historischen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen durchgeführt wurden.
Diese Länder hatten einen Anteil von 95% am BIP Asiens im Jahr 1820, 85% im Jahr 1950 und 88,4%
im Jahr 1998. Die indirekten Schätzungen, die durchgeführt wurden, um vorhandene Lücken in den
BIP-Datenreihen zu schließen, sind in Tabelle A.m wiedergegeben.
Bei der zweiten Gruppe, die 25 ostasiatische Länder umfasst, sind die derzeit verfügbaren
Indikatoren des BIP-Wachstums sehr mangelhaft, und selbst die Qualität der Schätzungen für das
Referenzjahr 1990 lässt stark zu wünschen übrig. Für Afghanistan, Kambodscha, Laos, die Mongolei,
Nordkorea und Vietnam, bei denen die Statistiken allesamt mit bedeutenden Problemen behaftet sind,
wurden detaillierte Anmerkungen gemacht. Eines dieser Probleme ist die Umrechnung ihrer Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, die auf dem sowjetischen Konzept des Materialprodukts
beruhten, auf BIP-Basis, was lediglich zu groben Annäherungswerten führen kann. Bei den anderen
Ländern in dieser Gruppe handelt es sich um Bhutan, Brunei, Macau, die Malediven und 15 pazifische
Inseln. Diese Gruppe von 25 Ländern hatte einen Anteil von 3,7% am BIP Asiens im Jahr 1950 und
von 1,7% im Jahr 1998.
Die dritte Gruppe besteht aus 15 westasiatischen Ländern, von denen viele bis zum Ende des
Ersten Weltkriegs Provinzen des Osmanischen Reichs waren. Für die meisten von ihnen ist vor 1950
keinerlei quantitative Analyse der makroökonomischen Ergebnisse durchgeführt worden. In zehn
Ländern wurde die Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg nachhaltig von der Ölindustrie geprägt.
Das Pro-Kopf-Einkommen der Ölförderländer war 1950 sehr viel höher als in den Vorkriegsjahren
und merklich höher als in den übrigen asiatischen Ländern. Die Ölförderung dieser Region belief sich
1937 auf 16 Mio. t, 1950 auf 86 Mio. t und 1973 auf 1,053 Mrd. t – das entspricht einer Steigerung um
223
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
jährlich 11,5% im Zeitraum 1950-1973. Infolge der OPEC-Maßnahmen zur Erhöhung der Preise und
Einschränkung des Angebots war das Förderniveau 1998 ungefähr ebenso hoch wie 1973 (vgl. Tabelle
3.21). Das Wachstum wurde in einigen Ländern (Iran, Irak, Israel, Kuwait, Libanon, Syrien und
Jemen) ferner erheblich durch Kriege beeinträchtigt. Der Anteil dieser Gruppe am asiatischen BIP
belief sich 1950 auf 11,2%, 1973 auf 14,4% und 1998 auf 9,9%.
Unsere Schätzungen für Asien schließen weder die 8 asiatischen Nachfolgerepubliken der
ehemaligen UdSSR (Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan,
Turkmenistan und Usbekistan) noch das asiatische Staatsgebiet der Russischen Föderation ein (vgl.
hierzu die Anmerkung über die ehemalige UdSSR in Teil A.1 dieses Anhangs sowie in Anhang D).
16 ostasiatische Länder
Bangladesch: Maddison (1995a) liefert separate BIP- und Bevölkerungsschätzungen für
Bangladesch und Pakistan, die bis zum Jahr 1820 zurückreichen. In der vorliegenden Untersuchung
schließen die Zahlen für Indien im Zeitraum 1820-1913 Bangladesch und Pakistan ein.
Die realen BIP-Daten für Bangladesch für 1950-1966 stammen aus A. Maddison, Class Structure
and Economic Growth, Allen und Unwin, London 1971, S. 171, für 1966-1978 aus Weltbank, World
Tables (verschiedene Ausgaben), und für die Zeit ab 1978 wurden ADB-Daten verwendet. Die Zahlen
ab 1967 beziehen sich auf Finanzjahre. Die Bevölkerungsdaten ab 1950 stammen vom Center for
International Research, US Bureau of the Census.
Für Indien, Bangladesch und Pakistan sind unbedingt BIP-Referenzwerte erforderlich, die mit der
Tatsache kompatibel sind, dass diese drei Länder bis 1947 eine Einheit bildeten. Da die ICPSchätzungen für Bangladesch und Pakistan (vgl. Tabelle A.3g) nicht mit denen für Indien kompatibel
waren, habe ich unterstellt, dass Pakistan und Bangladesch zusammengenommen im Jahr 1950
dasselbe durchschnittliche Pro-Kopf-BIP (in internationalen Dollar von 1990) wie Indien hatten.
Bangladesch und Pakistan stellten 1950 gewissermaßen zwei „Flügel“ des ehemaligen Pakistan dar.
Ihr relatives BIP-Niveau im Jahr 1950 wurde entnommen aus Planning Commission, Reports of the
Advisory Panels for the Fourth Five-Year Plan, Government of Pakistan, Islamabad, Juli 1970, S. 136.
Birma (Myanmar): Es wurde unterstellt, dass sich die Bevölkerung im Zeitraum 1820-1870
proportional zu der Indiens entwickelt hat; die Bevölkerungsdaten für 1870-1941 wurden abgeleitet
aus Aye Hlaing (1964), ab 1950 vom US Bureau of the Census. Die Daten über die Entstehung des
Nettoinlandsprodukts nach Wirtschaftszweigen zu Preisen von 1901 im Zeitraum 1901-1938 stammen
aus Aye Hlaing, „Trends of Economic Growth and Income Distribution in Burma 1870-1940“,
Journal of the Burma Research Society, 1964, S. 144, in Verbindung mit Schätzungen der Entstehung
des BIP nach Wirtschaftszweigen zu Preisen von 1947/48 für den Zeitraum 1938-1959 in E.E. Hagen,
On the Theory of Social Change, Dorsey, Homewood, Illinois, 1962, in Verbindung mit Schätzungen
des OECD-Entwicklungszentrums für 1950-1978. Die BIP-Daten ab 1978 stammen von der ADB. Die
Schätzungen des BIP-Niveaus im Referenzjahr 1990 in Geary-Khamis-Dollar von 1990 wurden
abgeleitet aus R. Summers und A. Heston, Penn World Tables, Fassung 5.6.
China: Die Daten über das BIP-Niveau und die Bevölkerung im Zeitraum 1820-1995 sind
entnommen aus A. Maddison, Chinese Economic Performance in the Long Run, OECD Entwicklungszentrum, 1998, S. 158-159 und S. 169, während die BIP-Daten für den Zeitraum 1950-1952 aus
Maddison (1995a) stammen. Die BIP-Daten für den Zeitraum 1995-1998 wurden abgeleitet aus China
Statistical Yearbook 1999, State Statistical Bureau, Beijing, 1999, S. 58. Den chinesischen Behörden
zufolge belief sich das BIP-Wachstum im Zeitraum 1995-1998 auf jährlich durchschnittlich 8,7%. Ich
habe mir erlaubt, diese Zahl anhand eines aus Maddison (1998a), S. 160, abgeleiteten Koeffizienten
für den Zeitraum 1978-1995 auf 6,6% zu korrigieren. Vgl. Xu (1999) wegen eines Kommentars zu den
224
Anhang A
Schätzungen in Maddison (1998a), abgegeben vom stellvertretenden Leiter des Büros für Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen im Chinesischen Statistischen Amt (SSB). Vgl. Tabelle A.3g wegen
des BIP-Niveaus im Referenzjahr 1990.
Hongkong: Die demographischen Angaben für den Zeitraum 1820-1950 stammen aus Maddison
(1998a), S. 170, für den Zeitraum 1950-1989 vom US Bureau of the Census und ab 1990 von der
ADB. Die BIP-Angaben für den Zeitraum 1950-1961 wurden abgeleitet aus K.R. Chou, The Hong
Kong Economy, Academic Publications, Hongkong, 1966, S. 81, und für 1961-1998 aus Estimates of
Gross Domestic Product 1961 to 1998, Census and Statistics Dept., Hongkong, März 1999, S. 14. Das
BIP-Niveau im Referenzjahr 1990 wurde ermittelt durch Aktualisierung der ICP-5-Daten (vgl. Tabelle
A3.g).
Indien: Die demographischen Angaben für den Zeitraum 1820-1900 stammen aus Maddison
(1995a), für die Zeit danach von Sivasubramonian, die Zahlen beziehen sich jeweils auf den
1. Oktober (Mitte des Finanzjahrs). Die nach Wirtschaftszweigen der Entstehung aufgeschlüsselten
BIP-Daten zu Preisen von 1948/49 für die Finanzjahre beziehen sich auf das ungeteilte Indien im
Zeitraum 1900-1946, die Angaben über Indien für den Zeitraum 1946-1998 wurden abgeleitet aus
S. Sivasubramonian, „Twentieth Century Economic Performance of India“, in A. Maddison,
D.S. Prasada Rao und W. Shepherd (Hrsg.), The Asian Economies in the Twentieth Century, Elgar,
Aldershot, London, 2001. Die Daten über die BIP-Veränderungen im Zeitraum 1870-1900 ergaben
sich durch die Verbindung von Schätzungen des Nettoprodukts in neun Sektoren zu konstanten
Preisen in A. Heston, „National Income“ sowie in D. Kumar und M. Desai, Cambridge Economic
History of India, Bd. 2, Cambridge, 1983, S. 397-398, mit den Schätzungen von Sivasubramonian
über das Niveau der sektoralen Produktion im Jahr 1900 (vgl. Tabelle A.h). Es wurde unterstellt, dass
das Pro-Kopf-BIP des Jahrs 1820 mit dem des Jahrs 1870 identisch war. Das BIP-Niveau im
Referenzjahr 1990 wurde von ICP-4-Daten abgeleitet, vgl. Tabelle A3.g.
Indonesien: Die Daten betreffend das Realeinkommen der drei ethnischen Gruppen (Einheimische, ausländische Asiaten und „Europäer“) im Zeitraum 1820-1870 stammen aus A. Maddison,
„Dutch Income in and from Indonesia“, Modern Asian Studies, 23.4 (1989), S. 663-665. Die Angaben
über die BIP-Veränderungen (aufgeschlüsselt nach Wirtschaftszweigen der Entstehung) im Zeitraum
1870-1900 zu Preisen von 1983 lieferte Pierre van der Eng. Hierbei handelt es sich um eine
Revision der Schätzungen in seinem Artikel „The Real Domestic Product of Indonesia, 1880-1989“,
Explorations in Economic History, Juli 1992. Die Angaben für 1900-1998 sind P. van der Eng,
„Indonesia’s Growth Performance in the Twentieth Century“, in A. Maddison, D.S. Prasada Rao und
W. Shepherd (Hrsg.), The Asian Economies in the Twentieth Century, Elgar, Aldershot, 2001,
entnommen. Die demographischen Daten für den Zeitraum 1820-1890 stammen aus denselben
Quellen wie jene für das BIP, ab 1990 von der ADB. Das BIP-Niveau für das Referenzjahr 1990
wurde von ICP-4-Daten abgeleitet (vgl. Tabelle A.3g).
Japan: Die Bevölkerungsdaten für 1820-1960 stammen aus Maddison (1995a), aktualisiert mit
OECD-Quellen. Die BIP-Daten (aufgeschlüsselt nach Wirtschaftszweigen der Entstehung) für den
Zeitraum 1890-1940 zu Marktpreisen von 1934-1936 stammen aus K. Ohkawa und M. Shinohara
(Hrsg.), Patterns of Japanese Development: A Quantitative Appraisal, Yale, 1979, S. 278-280. Hierbei
handelt es sich um eine Zusammenfassung der Ergebnisse in K. Ohkawa, M. Shinohara und
M. Umemura (Hrsg.), Estimates of Long-Term Economic Statistics of Japan since 1868, (LTES),
veröffentlicht in 14 Bänden zwischen 1966 und 1988. Ohkawa und Shinohara (1979) reproduzieren
die Schätzungen des nach Wirtschaftszweigen der Entstehung aufgeschlüsselten BIP mit einigen
kleinen Änderungen in LTES, Band 1 (1974), S. 227. In den LTES-Bänden sollte ursprünglich die
gesamte Meiji-Ära bis zurück zum Jahr 1868 behandelt werden, doch wurden BIP-Gesamtdaten
lediglich bis zum Jahr 1885 veröffentlicht, obwohl einige dieser Veröffentlichungen Schätzungen für
frühere Jahre enthielten. Der Hauptgrund für die Zurückhaltung von Ohkawa und Shinohara ist darin
225
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A.h Indien: BIP, Bevölkerung und Pro-Kopf-BIP, 1820–1998a
BIP
(Mio. int. $
von 1990)
a)
Bevölkerung Pro-Kopf-BIP
(Mio.)
(int. $
von 1990)
1820
111 417
209.0
533
1870
134 882
253.0
533
1900
1901
1902
1903
1904
1905
1906
1907
1908
1909
1910
1911
1912
1913
1914
1915
1916
1917
1918
1919
1920
1921
1922
1923
1924
1925
1926
1927
1928
1929
1930
1931
1932
1933
1934
1935
1936
1937
1938
1939
1940
1941
1942
1943
1944
1945
1946
170 466
173 957
188 504
191 141
192 060
188 587
193 979
182 234
184 844
210 241
210 439
209 354
208 946
204 242
215 400
210 110
216 245
212 341
185 202
210 730
194 051
208 785
217 594
210 511
220 763
223 375
230 410
230 426
232 745
242 409
244 097
242 489
245 209
245 433
247 712
245 361
254 896
250 768
251 375
256 924
265 455
270 531
269 278
279 898
276 954
272 503
258 164
284.5
286.2
288.0
289.7
291.5
293.3
295.1
296.9
298.7
300.5
302.1
303.1
303.4
303.7
304.0
304.2
304.5
304.8
305.1
305.3
305.6
307.3
310.4
313.6
316.7
319.9
323.2
326.4
329.7
333.1
336.4
341.0
345.2
345.8
350.7
355.6
360.6
365.7
370.9
376.1
381.4
386.8
391.7
396.3
400.3
405.6
410.4
599
608
655
660
659
643
657
614
619
700
697
691
689
673
709
691
710
697
607
690
635
679
701
671
697
698
713
706
706
728
726
711
710
710
706
690
707
686
678
683
696
699
687
706
692
672
629
BIP
(Mio. int. $
von 1990)
1946
1947
1948
1949
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
212 622
213 680
215 927
221 631
222 222
227 362
234 148
248 963
259 262
265 527
280 978
277 924
299 137
305 499
326 910
336 744
344 204
361 442
389 262
373 814
377 207
408 349
418 907
446 872
469 584
474 238
472 766
494 832
500 146
544 683
551 402
593 834
625 695
594 510
637 202
675 882
697 705
753 942
783 042
814 344
848 990
886 154
978 822
1 043 912
1 098 100
1 104 114
1 161 769
1 233 796
1 330 036
1 425 798
1 532 733
1 609 371
1 702 712
Bevölkerung Pro-Kopf-BIP
(Mio.)
(int. $
von 1990)
343
346
350
355
359
365
372
379
386
393
401
409
418
426
434
444
454
464
474
485
495
506
518
529
541
554
567
580
593
607
620
634
648
664
679
692
708
723
739
755
771
788
805
822
839
856
872
891
908
927
943
959
975
620
618
617
624
619
623
629
657
672
676
701
680
716
717
753
758
758
779
821
771
762
807
809
845
868
856
834
853
843
897
889
937
966
895
938
977
985
1 043
1 060
1 079
1 101
1 125
1 216
1 270
1 309
1 290
1 332
1 385
1 465
1 538
1 625
1 678
1 746
Die Zahlen für 1820-1946 beziehen sich auf das ungeteilte Indien, jene für 1946-1998 auf das moderne Indien, wobei es 1946 zu Überschneidungen kommt, da für jenes Jahr zwei Zahlen angegeben werden, die die Auswirkungen der Teilung veranschaulichen.
226
Anhang A
Tabelle A.i Rekonstruktion des japanischen BIP nach Wirtschaftszweigen, 1874–1890
(in Mio. Yen zu Preisen von 1934-1936)
1874
1875
1876
1877
1878
1879
1880
1881
1882
1883
1884
1885
1886
1887
1888
1889
1890
Quelle:
LFF
(1)
VIB
(2)
1 300
1 444
1 388
1 437
1 416
1 514
1 580
1 497
1 537
1 529
1 426
1 637
1 748
1 808
1 749
1 578
1 848
207
225
226
240
249
266
277
274
280
281
293
266
307
328
331
374
369
Bauw.
(3)
GI
(4)
Zwischensumme (5)
SD
(6)
WR
(7)
BIP
(8)
61
50
49
48
48
57
68
73
82
85
74
88
87
116
99
115
127
28
30
31
33
35
38
40
42
45
48
51
54
58
60
65
67
73
1 596
1 749
1 694
1 758
1 748
1 875
1 965
1 886
1 944
1 943
1 844
2 045
2 200
2 312
2 244
2 134
2 417
1 418
1 506
1 480
1 520
1 519
1 593
1 648
1 608
1 644
1 648
1 598
1 713
1 833
1 908
1 778
2 085
2 217
125
126
127
128
129
130
131
132
133
134
135
136
137
137
138
142
144
3 139
3 381
3 301
3 406
3 396
3 598
3 744
3 626
3 721
3 725
3 775
3 894
4 170
4 357
4 160
4 361
4 778
Die Daten für das Referenzjahr 1890 stammen aus Ohkawa, Takamatsu und Yamamoto, National Income (1974) (Bd. 1 von LTES),
S. 227. Spalte 1 bezieht sich auf die Bruttowertschöpfung in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei (LFF). Es handelt sich um
eine Korrektur der Schätzung der landwirtschaftlichen Bruttoproduktion im Zeitraum 1874-1889 (Bd. 9, S. 152, in Übereinstimmung mit
den Ergebnissen von Yamada und Hayami (1979), S. 233. Die Angaben betreffend den Gesamtaufwand an Produktionsfaktoren im
Landwirtschaftssektor stammen aus Bd. 9, S. 186, jene der Wertschöpfung in der Forstwirtschaft von S. 234. Die Angaben über die
Wertschöpfung in der Fischerei aus Bd. 1, S. 228, in Verbindung mit Schätzungen für frühere Jahre in Ohkawa (1957), S. 72. Spalte 2
bezieht sich auf die Bruttowertschöpfung in der Verarbeitenden Industrie und im Bergbau (VIB). Die Angaben für 1885-1890 sind Bd. 1,
S. 227, entnommen; die Angaben für 1874-1885 wurden abgeleitet von Shinoharas Schätzungen in Bd. 10, S. 145 und 243 für die
Bruttoproduktion und unter der Annahme, dass das 1885 geltende Verhältnis von Wertschöpfung zu Bruttoproduktion (30%) ebenfalls
für den Zeitraum 1874-1884 gültig war. Spalte 3 bezieht sich auf die Bauwirtschaft (Bauw.); die Angaben für 1885-1890 stammen aus
Bd. 1, S. 227, bei den Angaben für 1874-1885 wurde unterstellt, dass sie sich in Übereinstimmung mit den Investitionen in der Bauwirtschaft entwickelt haben (Bd. 4, S. 230). Spalte 4 bezieht sich auf Verkehr, Kommunikationen, Elektrizität, Gas und Wasser, die nach
Ohkawa so genannten “flankierenden Industrien” (FI). Die Angaben für 1885-1890 stammen aus Bd. 1, S. 227, wobei unterstellt wurde,
dass dieser Wirtschaftszweig dieselbe Wachstumsrate wie im Zeitraum 1874-1884 aufwies. Spalte 5 stellt die Zwischensumme der
Spalten 1 bis 4 dar. Spalte 6 bezieht sich auf die “sonstigen Dienstleistungen” (SD), d.h. Handel, öffentliche Verwaltung und Militär,
Bildung, freiberufliche Dienstleistungen sowie häusliche Dienste; die Schätzungen für 1885-1890 stammen aus Bd. 1, S. 227. Bezüglich
der Angaben für 1874-1884 wurde unterstellt, dass sich zwei Drittel des Volumens dieser Dienstleistungen parallel zu der Zwischensumme in Spalte 5 und ein Drittel parallel zur Bevölkerung entwickelt hat. Spalte 7 bezieht sich auf die Abschreibung der Wohngebäude
und Reparaturarbeiten (AWR). In LTES wurden Wohnungsmieten nicht berücksichtigt; die Angaben für 1885-1890 stammen aus Bd. 1,
S. 227; bei jenen für 1874-1884 wurde unterstellt, dass sie sich in Übereinstimmung mit der Bevölkerung entwickelt haben. Spalte 8
entspricht dem BIP und stellt die Summe der Spalten 5, 6 und 7 dar.
zu sehen, dass die in dem 1966 veröffentlichten Band 9 „On Agriculture and Forestry“ enthaltenen
Schätzungen von James Nakamura, Agricultural Production and the Economic Development of Japan,
1873-1922, Princeton, 1966, wegen einer Überzeichnung der Zuwachsraten der Reisproduktion in den
Anfangsjahren der Meiji-Ära kritisiert worden waren. Zudem gab es auch einige Lücken in der Datenbasis, was die Vorsicht der Autoren in Bezug auf die Schätzung des Gesamt-BIP für die Jahre vor
1885 noch verstärkte. 1979 wurden neue Schätzungen der Reisproduktion für den Zeitraum 1874-1889
verfügbar (vgl. Saburo Yamada und Yujiro Hayami, „Agricultural Growth in Japan, 1880-1970“, in
Y. Hayami, V.W. Ruttan und H.M. Southworth (Hrsg.), Agricultural Growth in Japan, Taiwan, Korea
and the Philippines, Asian Productivity Center, Honolulu, 1979, S. 233). Diese Quelle wurde herangezogen, um die in LTES aufgestellten BIP-Schätzungen für den Landwirtschaftssektor zu revidieren
und grobe Schätzungen zur Schließung der Lücken in den Datenreihen aufzustellen, wobei das BIP für
1874-1889 unter Verwendung derselben Gewichtungen wie in LTES (vgl. Tabelle A.i) zu Preisen von
1934-1936 geschätzt wurde. Die BIP-Wachstumsraten für 1820-1874 wurden Anhang B entnommen.
227
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A.j Japan: BIP, Bevölkerung und Pro-Kopf-BIP, 1820-1998
BIP
(Mio. int. $)
Bevölkerung Pro-Kopf-BIP
(Tsd.)
(internat. $
von 1990)
1820
20 739
31 000
669
1870
1871
1872
1873
1874
1875
1876
1877
1878
1879
1880
1881
1882
1883
1884
1885
1886
1887
1888
1889
1890
1891
1892
1893
1894
1895
1896
1897
1898
1899
1900
1901
1902
1903
1904
1905
1906
1907
1908
1909
1910
1911
1912
1913
1914
1915
1916
1917
1918
1919
1920
1921
1922
1923
1924
1925
1926
1927
1928
1929
1930
1931
1932
1933
25 393
34 437
34 648
34 859
35 070
35 235
35 436
35 713
36 018
36 315
36 557
36 807
37 112
37 414
37 766
38 138
38 427
38 622
38 866
39 251
39 688
40 077
40 380
40 684
41 001
41 350
41 775
42 196
42 643
43 145
43 626
44 103
44 662
45 255
45 841
46 378
46 829
47 227
47 691
48 260
48 869
49 518
50 215
50 941
51 672
52 396
53 124
53 815
54 437
54 886
55 253
55 818
56 490
57 209
57 937
58 686
59 522
60 490
61 430
62 361
63 244
64 203
65 205
66 189
67 182
737
26 644
28 698
28 019
28 910
28 825
30 540
31 779
30 777
31 584
31 618
31 872
33 052
35 395
36 982
35 310
37 016
40 556
38 621
41 200
41 344
46 287
46 933
44 353
45 284
53 883
49 870
52 020
53 883
51 088
54 672
55 101
54 169
61 263
63 198
63 628
63 556
64 559
68 070
70 507
71 563
69 504
75 952
87 702
90 641
91 572
100 959
94 653
105 043
104 756
104 828
107 766
112 208
113 211
114 859
124 246
128 115
118 800
119 803
129 835
142 589
BIP
(Mio. int. $)
1934
1935
1936
1937
1938
1939
1940
1941
1942
1943
1944
1945
1946
1947
1948
1949
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
756
810
785
803
794
835
863
829
844
837
836
860
916
952
900
933
1 012
956
1 013
1 008
1 119
1 123
1 051
1 062
1 249
1 143
1 180
1 206
1 129
1 193
1 188
1 157
1 297
1 325
1 318
1 301
1 304
1 356
1 384
1 385
1 327
1 430
1 630
1 665
1 668
1 827
1 696
1 859
1 831
1 809
1 836
1 885
1 872
1 870
1 992
2 026
1 850
1 837
1 962
2 122
228
142 876
146 817
157 493
165 017
176 050
203 780
209 728
214 392
214 853
211 431
206 747
156 805
120 017
125 433
135 352
138 867
160 966
181 025
202 005
216 889
229 151
248 855
267 567
287 130
303 857
331 570
375 090
420 246
457 742
496 514
554 449
586 744
649 189
721 132
813 984
915 556
1 013 602
1 061 230
1 150 516
1 242 932
1 227 706
1 265 661
1 315 966
1 373 741
1 446 165
1 525 477
1 568 457
1 618 185
1 667 653
1 706 380
1 773 223
1 851 315
1 904 918
1 984 142
2 107 060
2 208 858
2 321 153
2 409 305
2 433 924
2 441 512
2 457 252
2 493 399
2 591 213
2 613 154
2 539 986
Bevölkerung Pro-Kopf-BIP
(Tsd.)
(internat. $
von 1990)
68 090
69 238
70 171
71 278
71 879
72 364
72 967
74 005
75 029
76 005
77 178
76 224
77 199
78 119
80 155
81 971
83 563
84 974
86 293
87 463
88 752
89 790
90 727
91 513
92 349
93 237
94 053
94 890
95 797
96 765
97 793
98 883
99 790
100 850
102 050
103 231
104 334
105 677
107 179
108 660
110 160
111 520
112 770
113 880
114 920
115 880
116 800
117 650
118 450
119 260
120 020
120 750
121 490
122 090
122 610
123 120
123 540
123 920
124 320
124 670
124 960
125 570
125 864
126 166
126 469
2 098
2 120
2 244
2 315
2 449
2 816
2 874
2 897
2 864
2 782
2 679
2 057
1 555
1 606
1 689
1 694
1 926
2 130
2 341
2 480
2 582
2 772
2 949
3 138
3 290
3 556
3 988
4 429
4 778
5 131
5 670
5 934
6 506
7 151
7 976
8 869
9 715
10 042
10 735
11 439
11 145
11 349
11 669
12 063
12 584
13 164
13 429
13 754
14 079
14 308
14 774
15 332
15 680
16 251
17 185
17 941
18 789
19 442
19 578
19 584
19 664
19 857
20 587
20 712
20 084
Anhang A
Die in LTES (Band 1, S. 214) enthaltenen BIP-Schätzungen für 1940-1950 wurden von Toshiyuki
Mizoguchi und Noriyuki Nojima, „Nominal and Real GDP in Japan: 1940-1955“ revidiert, und diese
Untersuchungen wurden in einer englischen Übersetzung zusammengefasst in T. Mizoguchi, Reforms
of Statistical System under Socio-Economic Changes, Maruzen, Tokyo, 1995, S. 225. Ich habe diese
Schätzungen (zu Preisen von 1955 nach Wirtschaftszweigen der Entstehung) für die Jahre von 19401950 herangezogen. Die Daten für den Zeitraum 1950-1960 wurden abgeleitet aus Maddison (1995a),
die für 1960-1990 aus OECD, National Accounts 1960-1997, Bd. 1, 1999. Ab 1990 stammen die
Daten aus National Accounts of OECD-Countries 1988-1998, Bd. 1, 2000. Das BIP-Niveau für das
Referenzjahr 1990 wurde von ICP-6-Daten abgeleitet (vgl. Tabelle A3.g).
Malaysia: Die demographischen Daten betreffen das moderne Malaysia (die alten föderierten
und nicht föderierten malaysischen Staaten, Sabah und Sarawak), ohne Brunei und Singapur; sie
beruhen für den Zeitraum 1820-1913 auf Schätzungen von Don Hoerr, die Angaben zur Bevölkerungsentwicklung 1913-1950 wurden freundlicherweise von Pierre van der Eng zur Verfügung
gestellt, Daten ab 1950 vom US Bureau of the Census.
Die Angaben zur BIP-Entwicklung 1913-1990 beruhen auf vorläufigen Schätzungen von Pierre
van der Eng. Es handelt sich hierbei um eine Fortschreibung der Schätzungen über die Entstehung des
BIP nach Wirtschaftszweigen für Westmalaysia in V.V. Bhanoji Rao, National Accounts of West
Malaysia 1947-1971, Heinemann, Kuala Lumpur, 1976, die berichtigt wurden, um Sabah und
Sarawak einzubeziehen. Die Daten ab 1990 stammen von der ADB. Das BIP-Niveau im Referenzjahr
1990 wurde von ICP-7-Daten abgeleitet (vgl. Tabelle A3.h).
Nepal: Es wurde unterstellt, dass sich die Bevölkerung im Zeitraum 1820-1913 proportional zu
der Indiens entwickelt hat. Die Angaben ab 1913 wurden entnommen aus Völkerbund, International
Statistical Yearbook, 1927, Genf, 1928, S. 2-3; jene ab 1950 stammen vom US Bureau of the Census.
Die Angaben über die BIP-Entwicklung im Zeitraum 1950-1990 stammen aus der Datenbank von
Maddison (1995a), ab 1990 von der ADB. Das BIP-Niveau für das Referenzjahr 1990 wurden von
ICP-7-Daten abgeleitet (vgl. Tabelle A3.h).
Pakistan: Wie für Bangladesch.
Philippinen: Die Bevölkerungsdaten für 1820-1913 stammen aus Maddison (1995a), ab 1950
vom US Bureau of the Census. Die Daten über die BIP-Entwicklung im Zeitraum 1950-1990 wurden
abgeleitet von Schätzungen des National Statistical Coordination Board, Manila, ab 1990 stammen sie
von der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), Key Indicators of Developing Asian and Pacific
Countries, Manila, aktualisiert nach ADB. In Maddison (1995a) habe ich die Schätzungen von Hooley
(1968) für 1913-1950 zu Grunde gelegt, die ein Pro-Kopf-BIP für 1950 ergaben, das weit unter jenem
von 1913 lag. Er hat seine Schätzungen von 1968 seitdem erheblich revidiert, was zu wesentlich
besseren Ergebnissen für 1913-1950 führt. Ich bin von der vorläufigen Hypothese ausgegangen, dass
das Pro-Kopf-BIP 1950 ungefähr dem von 1913 entsprach. Das BIP-Niveau im Referenzjahr 1990
wurden von ICP-4-Daten abgeleitet (vgl. Tabelle A3.d).
Singapur: Die Bevölkerungsdaten für 1820-1998 gehen auf dieselben Quellen wie für Malaysia
zurück. Hinsichtlich des Pro-Kopf-BIP im Zeitraum 1913-1950 wurde unterstellt, dass es sich
proportional zu dem in Malaysia entwickelt hat. Die Angaben über die BIP-Entwicklung in den Jahren
1950-1973 sind der Datenbank von Maddison (1995a) entnommen, die für 1973-1990 der Weltbank,
World Tables 1995, jene ab 1990 der ADB. Das BIP-Niveau im Referenzjahr 1990 wurden von ICP-7Daten abgeleitet (vgl. Tabelle A3.h).
Südkorea: Die Schätzungen beziehen sich auf Gesamtkorea für den Zeitraum 1820-1913 und
auf Südkorea ab 1950. Die demographischen Daten für die Periode 1820-1906 stammen aus
T.H. Kwon und Y-H. Shin, „On Population Estimates of the Yi Dynasty, 1392-1910“, Tong-a
229
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Munhwa, 14, 1977, S. 324-329. Die Angaben für 1906-1938 sind Mizoguchi und Umemura (1988),
S. 238, jene für 1940 von Kim und Roemer (1979), S. 23, entnommen. Die Bevölkerungsdaten ab
1950 stammen vom Center for International Research, US Bureau of the Census.
Die koreanischen BIP-Daten für den Zeitraum 1911-1938 wurden abgeleitet aus T. Mizoguchi
und M. Umemura, Basic Economic Statistics of Former Japanese Colonies, 1895-1938, Toyo Keizai
Shinposha, Tokyo, 1988, S. 238. Die Autoren liefern jährliche Schätzungen von zwei globalen
Messgrößen: die Bruttoinlandsausgaben und das Nettoinlandsprodukt zu Faktorkosten (beide zu
Preisen von 1934-1936). Für den Zeitraum 1913-1938 ergab sich eine kumulierte jährliche Zuwachsrate von 3,68% für das Nettoinlandsprodukt und von 4,6% für die Bruttoinlandsausgaben. Ich habe die
Ausgabenschätzungen verwendet. Bei Sang-Chul Suh, Growth and Structural Changes in the Korean
Economy, 1910-1940, Harvard University Press, Cambridge, Mass., 1978, S. 171, finden sich jährliche
Schätzungen des Nettoproduktionswerts für fünf grundstofforientierte Sektoren (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau und Verarbeitendes Gewerbe) für den Zeitraum 1910-1940 zu Preisen von
1936. Die globale Messgröße ergibt für 1913-1938 ein langsameres Wachstum als bei Mizoguchi
und Umemura (jährliche Zuwachsrate von 3,07%). Ich habe die Schätzungen Suhs bezüglich der
Grundstoffsektoren in Verbindung mit einer groben Schätzung für den Dienstleistungssektor (in der
Annahme, dass sich die Produktion im Dienstleistungssektor parallel zur Bevölkerung entwickelt hat)
als eine annähernde Ersatzvariable für die BIP-Veränderungen im Zeitraum 1938-1940 verwendet. Die
Angaben über die demographische Entwicklung 1938-1940 wurden abgeleitet aus Suh, S. 41, wobei
die Berechnungsbasis vom Jahresende auf die Jahresmitte umgestellt wurde.
Die koreanische Wirtschaft wurde 1945 in zwei Besatzungszonen gespalten, und seitdem haben
sich auf der Halbinsel zwei unterschiedliche Volkswirtschaften entwickelt. Suh (S. 136) lieferte eine
Aufschlüsselung der Warenproduktion für seine fünf Sektoren zwischen Nord- und Südkorea für die
Jahre 1934, 1935, 1939 und 1940. Die Warensektoren können auf der Basis der Marktanteile zu
jeweiligen Preisen, wie auf den Seiten 160-166 dargelegt, aggregiert werden. Der Anteil Nordkoreas
erhöhte sich zwischen 1934 und 1940 von 37,2% der gesamten Warenproduktion auf 45,2%. Im
selben Zeitraum nahm der Bevölkerungsanteil Nordkoreas von 32,4% auf 33,6% zu, so dass die
Pro-Kopf-Warenproduktion 1934 höher als im Süden war, und diese Differenz hat sich bis 1940
wegen der Konzentration der japanischen Investitionen im Verarbeitenden Gewerbe und Bergbau
Nordkoreas zur Flankierung der Aktivitäten in Manchukuo noch wesentlich vergrößert. Werden die
Schätzungen Suhs für die Warenproduktion in Nord- und Südkorea mit Hilfe einer groben Messgröße
für die Dienstleistungstätigkeit ergänzt, ergibt sich, dass das Pro-Kopf-BIP in Nordkorea 1940 offenbar um rd. 49% höher als in Südkorea war. Kwang Suk Kim und M. Roemer (Growth and Structural
Transformation, Harvard University Press, 1979, S. 35) haben das Niveau der Warenproduktion nach
Sektoren in Südkorea für die Jahre 1940 und 1953 zu Preisen von 1953 geschätzt, und diese Werte
wurden von mir nach einer näherungsweisen Berichtigung um die Produktion des Dienstleistungssektors auf eine BIP-Basis umgestellt. Eine solche Korrelation ist nicht sehr zufriedenstellend, da sie
auf einer Neubewertung der Suh’schen Schätzung der südkoreanischen Warenproduktion im Jahr
1940 (zu Preisen von 1940) zu Preisen von 1953 beruhte, wozu eine Vielzahl von Preisindizes herangezogen und diese Werte dann den mittels einer unabhängigen Schätzung ermittelten Daten für die
Warenproduktion im Jahr 1953 zu Preisen von 1953 gegenübergestellt wurden. Die Ergebnisse wären
zufriedenstellender gewesen, wenn es Kim und Roemer gelungen wäre, quantitative Indikatoren für
die realen Veränderungen zwischen den beiden Jahren zu finden. Es handelt sich jedoch um die beste
Korrelation, die bei dem derzeitigen Stand der Forschung verfügbar ist.
Die Daten über die BIP-Veränderungen in Südkorea für den Zeitraum 1950-1953 stammen aus
Maddison (1970), S. 300-301, für 1953-1970 aus National Income in Korea 1975, Bank of Korea,
S. 142-143, jene für 1970-1990 aus OECD, National Accounts 1960-1997, Bd. 1, Paris, 1999. Die
Daten ab 1990 stammen aus National Accounts of OECD Countries 1988-1998, Bd. 1, 2000.
230
Anhang A
Sri Lanka: Die demographischen Daten für 1820-1913 wurden abgeleitet aus N.K. Sarkar, The
Demography of Ceylon, Ceylon Government Press, Colombo, 1957, S. 22, mittels einer Interpolation
seiner Referenzschätzungen für 1814-1921; die Zahlen ab 1950 stammen vom US Bureau of the
Census.
Die Angaben über die BIP-Veränderungen im Zeitraum 1870-1950 wurden abgeleitet aus dem
umfangreichen Statistischen Anhang bei D.R. Snodgrass, Ceylon: An Export Economy in Transition,
Irwin Illinois, 1966. Die BIP-Daten zu Faktorkosten nach Wirtschaftszweigen der Entstehung zu
Preisen von 1950 für das Referenzjahr 1950 wurden in 14 Sektoren aufgeschlüsselt (S. 279). Die
jährlichen realen Veränderungen in diesen Sektoren im Zeitraum 1870-1950 wurden wie folgt
abgeleitet: Exportkulturen (Tee und weniger bedeutende Produkte der großen Plantagen, Kautschuk,
Kokosnusserzeugnisse) von S. 357-360, Nahrungsmittelkulturen von Reisanbaugebieten und andere
Kulturen (S. 333); es wurde unterstellt, dass sich die Wertschöpfung im Bergbau und im Verarbeitenden Gewerbe parallel zur Beschäftigung entwickelte (S. 322); für die Bauwirtschaft, den Groß- und
Einzelhandel, sowie den Banken- und Versicherungssektor wurde eine parallel zur gesamten Warenproduktion (in der Landwirtschaft und Industrie) verlaufende Entwicklung angenommen; für die
Sektoren Verkehr, Kommunikation und Versorgungsunternehmen wurde eine parallel zu den Veränderungen des Eisenbahnfrachtverkehrs verlaufende Entwicklung unterstellt (S. 351). Bei den sonstigen
Dienstleistungen (namentlich Wohnungen, öffentliche Verwaltung und Verteidigung) wurde angenommen, dass sie sich parallel zur Bevölkerung entwickelt haben. Diese groben Schätzungen für
1870-1950 haben vorläufigen Charakter, und sie werden anhand einer eingehenderen Analyse von
Pierre van der Eng und mir selbst noch verfeinert werden. Die Daten zu den BIP-Veränderungen im
Zeitraum 1950-1985 stammen aus H.J. Bruton und Associates, Political Economy of Poverty, Equity
and Growth: Sri Lanka and Malaysia, Oxford University Press, 1992, S. 375, die Angaben für
1985-1990 aus Weltbank, World Tables (1995), aktualisiert auf der Grundlage von ADB-Daten. Das
BIP-Niveau im Referenzjahr 1990 wurde von ICP-5-Daten abgeleitet (vgl. Tabelle A3.g).
Taiwan: Die Bevölkerungsdaten für 1820-1990 stammen aus Maddison (1998a) und wurden auf
der Basis von ADB-Daten aktualisiert. Die BIP-Daten für 1913-1990 stammen aus Toshiyuki
Mizoguchi, Long-Term Economic Statistics of Taiwan: 1905-1990, Institute of Economic Research,
Hitotsubashi University, 1999. Darin sind zwei globale Schätzungen (zu Preisen von 1960) angegeben, eine für die Bruttoinlandsausgaben, die andere für das BIP nach Wirtschaftszweigen der
Entstehung. Im Zeitraum 1913-1951 weisen die realen Veränderungsraten keine große Differenz auf,
während danach eine erhebliche Diskrepanz festzustellen ist. Ich bin von den realen Veränderungen
ausgegangen, wie sie aus Mizoguchis Messgröße für die Bruttoinlandsausgaben für den Zeitraum
1913-1990 hervorgehen, und habe die in diesen Reihen vorhandene Lücke für 1950 geschlossen,
ausgehend von der Arbeitshypothese, dass die Veränderungsraten im Zeitraum 1950-1951 proportional mit den Schätzungen übereinstimmten, die er für die Entstehung des BIP nach Wirtschaftszweigen
angesetzt hat. Die BIP-Veränderungsraten ab 1990 stammen von der ADB. Das BIP-Niveau für das
Referenzjahr 1990 wurde aus Angaben von Summers und Heston abgeleitet, Penn World Tables,
Version 5.6.
Thailand: Die Bevölkerungsdaten für 1820-1913 stammen aus Maddison (1995a), ab 1950 vom
US Bureau of the Census. Die BIP-Veränderungsraten für 1870-1951 sind Quellen entnommen, die in
Maddison (1995a) zitiert wurden, für 1951-1996 National Income of Thailand 1951-1996, National
Economic and Social Development Board, Bangkok, aktualisiert auf der Basis von ADB-Daten. Das
BIP-Niveau für das Referenzjahr 1990 wurde aus ICP-5-Daten abgeleitet (vgl. Tabelle A3.g).
231
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
25 ostasiatische Länder
Die Qualität der Schätzungen für diese Länder ist deutlich geringer als die Daten für die vorangegangene Gruppe von 16 Ländern.
Afghanistan: Die demographischen Daten für 1820-1913 stammen aus McEvedy und Jones
(1978), ab 1950 vom US Bureau of the Census. Die BIP-Veränderungsraten für 1950-1990 wurden der
Datenbank des OECD-Entwicklungszentrums entnommen und auf der Basis von IWF-Daten aktualisiert (World Economic Outlook, Mai 1999, S. 147). Es lagen weder ICP- noch PWT-Schätzungen für
das Realprodukt im Jahr 1990 vor; es wurde unterstellt, dass sich das Pro-Kopf-BIP 1990 auf 600 $
belief.
Kambodscha: Die Daten über die Bevölkerungsentwicklung im Zeitraum 1820-1913 stammen
aus McEvedy und Jones (1978), ab 1950 vom US Bureau of the Census. Die Angaben über Niveau
und Entwicklung des BIP im Zeitraum 1950-1990 sind Maddison (1995a), S. 219, und der dazu
gehörenden Datenbank entnommen, sie wurden auf der Basis von ADB-Daten aktualisiert.
Laos: Es wurde unterstellt, dass sich die Bevölkerung im Zeitraum 1820-1913 proportional zu
der in Vietnam entwickelt hat, die Daten ab 1950 stammen vom US Bureau of the Census. Die in
Maddison (1995a) enthaltenen Veränderungsraten der Produktion für den Zeitraum 1950-1990 und die
der ADB entnommenen Daten für 1990-1998 basierten überwiegend auf dem Materialprodukt anstatt
auf dem BIP und überzeichneten infolgedessen das Wachstum. Ich habe diese Werte unter Verwendung desselben negativen Korrekturfaktors wie für China auf eine BIP-Basis umgerechnet. Das
BIP-Niveau für das Referenzjahr 1990 wurde abgeleitet von ICP-7-Daten (vgl. Tabelle A3.h).
Mongolei: Die demographischen Angaben für 1820-1913 stammen aus McEvedy und Jones
(1978), ab 1950 vom US Bureau of the Census. Bei den BIP-Veränderungsraten für den Zeitraum
1980-1998 handelt es sich um ADB-Daten. Für die BIP-Veränderungsraten im Zeitraum 1950-1980
liegen keine Schätzungen vor. Hinsichtlich der tendenziellen Entwicklung des Pro-Kopf-BIP im Zeitraum 1950-1980 wurde unterstellt, dass sie der in China entsprach. Die Daten über das Pro-Kopf-BIP
in internationalen Dollar im Jahr 1990 wurden abgeleitet von OECD, A PPP Comparison for the NIS,
Paris, Februar 2000, S. B.24.
Nordkorea: Für den Zeitraum bis 1950 sind die Nordkorea betreffenden Daten in die Schätzungen für Gesamt-Korea mit eingeschlossen. Die Bevölkerungsdaten ab 1950 stammen vom US Bureau
of the Census. Für das nordkoreanische BIP oder Materialprodukt wurden keine Schätzungen für die
Jahre vor 1992 veröffentlicht, so dass jegliche Schätzung riskant wäre. Wir wissen, dass das nordkoreanische Pro-Kopf-BIP 1940 nahezu 50% höher als im Süden war (vgl. die Quellenanmerkungen
für Südkorea), so dass mit gutem Grund davon ausgegangen werden kann, dass das Pro-Kopf-BIP
Nordkoreas 1950 mindestens ebenso hoch wie das Südkoreas war. Die Arbeit von N. Eberstadt,
„Material progress in Korea since Partition“, in R.H. Myers (Hrsg.), The Wealth of Nations in the
Twentieth Century, Hoover Institution, 1996, zählt zu den fundiertesten Evaluierungen, die verfügbar
sind. Nach seiner These war Nordkorea produktiver und hat sich rascher entwickelt als der Süden, und
zwar „über viele Jahre nach der Teilung hinweg“, obwohl der Anteil der Militärausgaben im Norden
zweifellos höher war. Ich habe unterstellt, dass das Pro-Kopf-BIP des Nordens zwischen 1950 und
1973 mit dem des Südens identisch war und es bis 1991 nicht weiter gestiegen ist. Danach hat Nordkorea keine sowjetische Hilfe mehr bekommen, und sein Pro-Kopf-Einkommen ist stark gesunken.
Die Angaben über die reale BIP-Entwicklung ab 1991 stammen aus M.C. Cho und H. Zang The
Present and Future Prospects of the North Korean Economy, Discussion Paper D99-3, Institute of
Economic Research, Hitotsubashi University, Juni 1999, S. 5 (auf der Basis der von der koreanischen
Zentralbank erstellten Schätzungen für die BIP-Veränderungsraten 1991-1992 und 1996-1997 und der
von den nordkoreanischen Behörden an den IWF übermittelten Schätzungen für 1992-1996). Ich habe
unterstellt, dass das Pro-Kopf-BIP von 1997 auf 1998 unverändert blieb.
232
Anhang A
Tabelle A.k Bevölkerung und BIP in 19 kleinen ostasiatischen Ländern, 1950–1998
Bevölkerung (Tsd. zur Jahresmitte)
BIP (Mio. int. $ von 1990)
1950
1973
1990
1998
1950
1973
1990
1998
Bhutan
Brunei
Macau
Malediven
4 Länder insgesamt
734
45
205
79
1 063
1 111
145
259
126
1 641
1 585
254
352
218
2 409
1 908
315
429
290
2 942
369
224
127
43
763
645
1 156
735
107
2 641
1 407
1 663
3 078
497
6 645
2 110
1 932
4 331
826
9 199
Fidschi
Papua-Neuguinea
13 andere pazifische Inseln
15 pazifische Inseln insgesamt
287
1 412
649
2 348
556
2 477
1 210
4 243
738
3 823
1 782
6 343
803
4 600
2 148
7 551
851
1 356
875
3 082
2 348
4 847
2 296
9 491
3 440
5 865
3 496
12 711
4 498
8 625
4 340
17 463
19 kleine Länder
3 411
5 884
8 752
10 493
3 845
11 952
19 356
26 662
Vietnam: Die demographischen Angaben für 1913 stammen aus Banens (2000). Seine
Schätzungen beinhalten eine wesentliche Aufwärtskorrektur der Zahlen für die Kolonialzeit, wozu
Rekonstruktionstechniken auf der Basis von Geburten- und Mortalitätsziffern verwendet wurden. Die
Daten für den Zeitraum 1820-1913 stammen aus McEvedy und Jones (1978) und wurden proportional
bereinigt. Für die Bevölkerungsdaten ab 1950 wurden die Angaben des US Bureau of the Census
verwendet.
Die Schätzungen betreffend das Materialprodukt im Zeitraum 1950-1960, die auf das frühere
sowjetische MPS-System zurückgehen, wurden dem OECD-Entwicklungszentrum von den statistischen Behörden Hanois mitgeteilt. Ich habe diese den Datenunterlagen des Zentrums entnommenen
Schätzungen verwendet. Neue BIP-Schätzungen für 1960-1998 nach der Standarddefinition der
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wurden freundlicherweise durch Viet Vu von der statistischen
Abteilung der Vereinten Nationen bereit gestellt. Das BIP-Niveau im Referenzjahr 1990 wurde von
ICP-7-Daten abgeleitet (vgl. Tabelle A3.h).
Jean-Pascal Bassino (Centre d’Économie et de Finance International, Aix-en-Provence) führt im
Rahmen des Projekts Asiatische Historische Statistiken der Hitotsubashi University eine umfassende
Untersuchung der vietnamesischen Wirtschaftsgeschichte durch, wobei er sich auf französische
Kolonialarchive stützt. Die vorläufigen Ergebnisse seiner Schätzungen für das BIP-Niveau im
Zeitraum 1820-1950 (Basisjahr 1950 = 100) lauten: 1913 84,3; 1870 31,9; 1820 20,7.
19 kleine ostasiatische Länder: Die Bevölkerungsangaben für 1950-1998 stammen vom
US Bureau of the Census. Die Bevölkerungsveränderungen im Zeitraum 1820-1950 betreffend
15 pazifische Inseln sind McEvedy und Jones (1978), S. 330-336, betreffend Macau für 1900-1950,
S. 173, entnommen. Hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung im Zeitraum 1820-1950 in Bhutan,
den Malediven und Brunei wurde unterstellt, dass sie parallel zu der Indiens verlief.
Betreffend Bhutan, Brunei, Macau und die Malediven wurden die BIP-Veränderungsraten für
1950-1990 von der Datenbasis Maddisons (1995a) abgeleitet. Die bis 1998 aktualisierten Daten
stammen vom IWF, außer für Macau, für das eine parallele Entwicklung zu der in Hongkong unterstellt wurde. Die Angaben über die BIP-Veränderungsraten in 14 pazifischen Inseln für 1950-1990
wurden vom Datenbestand Maddisons (1995a) abgeleitet und für folgende Länder auf der Grundlage
von IWF-Daten aktualisiert: Fidschi, Papua-Neuguinea, Salomonen, Tonga, Vanuatu, Westsamoa,
Kiribati und Mikronesien; von der ADB stammen die Angaben bezüglich der Marshallinseln. Bezüg-
233
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
lich der BIP-Entwicklung in Französisch-Polynesien, Guam, auf den Pazifikinseln Neukaledonien,
Amerikanisch-Samoa, Wallis und Futuna wurde unterstellt, dass sie parallel zu jener der 9 pazifischen
Inseln, für die Schätzungen verfügbar waren, verlief.
Für Bhutan, Fidschi, Papua-Neuguinea, die Salomonen, Tonga, Vanuatu und Westsamoa wurden
die Angaben über das BIP-Niveau im Referenzjahr 1990 in internationalen Dollar den Penn-WorldTables entnommen. Die Daten für zehn andere Länder wurden indirekten Schätzungen in Maddison
(1995a), S. 219-220, entnommen. Bezüglich des Pro-Kopf-BIP von Macau wurde unterstellt, dass
es halb so hoch war wie das von Hongkong. In Brunei wird das Einkommensniveau durch die Ölförderung bestimmt, die sich 1990 auf 30,7 t Pro-Kopf der Bevölkerung belief, was um rd. 6% über
dem Niveau Kuwaits liegt. Daher wurde das Pro-Kopf-Einkommen auf rd. 6 550 $ angesetzt (rd. 6%
höher als das Kuwaits).
15 westasiatische Länder
Die demographischen Daten für 1820-1913 stammen aus McEvedy und Jones (1978), jene ab
1950 vom US Bureau of the Census. Die für Israel ausgewiesenen Zahlen für den Zeitraum 1820-1913
beziehen sich effektiv auf Palästina (d.h. ein Gebiet, das das jetzige Israel, das Westjordanland und
den Gazastreifen umfasst).
Für Bahrain, den Irak, Jordanien, Kuwait, den Libanon, Oman, Katar, Saudi-Arabien, Syrien, die
Vereinigten Arabischen Emirate und den Jemen wurden die realen BIP-Veränderungsraten im
Zeitraum 1950-1990 der Datenbank des OECD-Entwicklungszentrums (wie in Maddison, 1995a)
entnommen, danach stammen sie aus IWF, World Economic Outlook, Oktober 1999. Für alle vorstehenden Länder, mit Ausnahme des Libanon und Syriens, wurde das BIP-Niveau im Referenzjahr
1990 in internationalen (d.h. Geary-Khamis-) Dollar von den Penn-World-Tables, Version 5.6, abgeleitet, für Syrien von ICP-3-Daten (vgl. Tabelle A3.g), für den Libanon handelt es sich um Hypothesen
(vgl. Maddison 1995a, S. 214).
Iran: Für den Zeitraum 1950-1974 stammen die realen BIP-Veränderungsraten aus der Datenbank des OECD-Entwicklungszentrums, für 1974-1990 aus den World Tables 1995, ab 1990 vom
IWF. Das BIP-Niveau für das Referenzjahr 1990 wurde von ICP-3-Daten abgeleitet (vgl. Tabelle
A3.g).
Türkei: Für den Zeitraum 1950-1960 stammen die realen BIP-Veränderungsraten aus Maddison
(1995a), für 1960-1990 aus OECD National Accounts 1960-1997, Bd. 1, 1999, danach aus National
Accounts of OECD Countries 1988-1998, Bd. 1, 2000. Die neuen Zahlen basieren auf einer erheblichen Revision der in Maddison (1995a) enthaltenen Daten. Die türkischen Behörden haben ihre
Schätzungen revidiert, was eine wesentliche Erhöhung des BIP-Niveaus im Jahre 1990 und eine
Verringerung der BIP-Wachstumsrate ab 1968 zur Folge hatte. Das BIP-Niveau für das Referenzjahr
1990 wurde von ICP-7-Daten abgeleitet (vgl. Tabelle A3.g).
Israel: Die realen BIP-Veränderungsraten für den Zeitraum 1950-1973 wurden vom Statistischen Zentralamt zur Verfügung gestellt, für 1973-1990 wurden sie abgeleitet aus World Bank, World
Tables 1995, ab 1990 stammen sie vom IWF. Das BIP-Niveau für das Referenzjahr 1990 wurde
von ICP-4-Daten abgeleitet (vgl. Tabelle A3.g). Bezüglich der Entwicklung Palästinas im Zeitraum
1922-1947 vgl. den folgenden Abschnitt über das Westjordanland und den Gazastreifen.
Westjordanland und Gazastreifen: Diese Gebiete gehörten bis 1948 zur alten palästinensischen politischen Einheit, danach wurden sie in drei Teile gespalten. Israel erhielt rd. 75% des
Territoriums, Jordanien übernahm den Teil, der zu jener Zeit einer Erweiterung des jetzigen West-
234
Anhang A
Tabelle A.l Arabische und jüdische Bevölkerung und BIP in Palästina und Israel, 1922–1950
Nettoinlandsprodukt
(Tsd. Palästin. Pfund zu Preisen von 1936)
1922
1947
1950
Anmerkung:
Bevölkerung zur Jahresmitte
(Tsd.)
Insgesamt
Arabisch
Jüdisch
Insgesamt
Arabisch
Jüdisch
8 360
70 877
93 099
6 628
32 345
3 971
1 732
38 532
89 128
754.6
1 942.8
1 266.8
674.5
1 333.8
163.8
80.1
609.0
1 103.0
Die Zahlen für 1922-1947 beziehen sich auf das Gebiet Palästina unter britischer Mandatshoheit, jene für 1950 auf Israel. Die
“arabische” Bevölkerung Israels schließt Christen und Drusen ein.
jordanlands (einschließlich Jerusalem) entsprach, und Ägypten erhielt die Verantwortung für die
Verwaltung des Gazastreifens. 1967 besetzte Israel das Westjordanland und den Gazastreifen und hat
im Anschluss an die Osloer Friedensverträge damit begonnen, die Kontrolle über Teile des Westjordanlands an die neue Palästinensische Autonomiebehörde abzugeben.
Die Charakteristiken Palästinas vor der Teilung wurden analysiert in J. Metzer, The Divided
Economy of Mandatory Palestine, Cambridge University Press, 1998; darin (S. 29, 217 und 242) sind
jährliche Schätzungen der Bevölkerung und des BIP für den arabischen und die jüdischen Sektoren für
den Zeitraum 1922-1947 enthalten. Diese Schätzungen können bis 1950 fortgeschrieben werden, unter
Verwendung der Bevölkerungsschätzungen der jüdischen und nicht jüdischen Bevölkerung Israels im
Jahr 1950 in D. Patinkin, The Israel Economy: the First Decade, Falk-Projekt, Jerusalem, 1960, sowie
der von der israelischen Zentralbank übermittelten BIP-Schätzungen für 1947-1950 (größtenteils auf
der Basis von R. Szerezewski, Essays on the Structure of the Jewish Economy in Palestine and Israel,
Falk Project, Jerusalem, 1968).
Auf der Basis der o.g. Quellen ergibt sich, dass sich das Nettoinlandsprodukt und die Bevölkerung entsprechend der in Tabelle A.I wiedergegebenen Daten entwickelt haben.
Metzers Schätzungen zufolge ist das arabische Pro-Kopf-Einkommen in Palästina zwischen 1922
und 1947 von 9,83 Pfund auf 24,25 Pfund gestiegen. In der jüdischen Wirtschaft Palästinas erhöhte
sich das Pro-Kopf-Einkommen in demselben Zeitraum von 24,6 Pfund auf 63,27 Pfund. Die weiter
oben erwähnten Schätzungen der israelischen Zentralbank für das Jahr 1950 sind nicht nach jüdischen
und nicht jüdischen Gruppen unterteilt; ich bin jedoch von der Annahme ausgegangen, dass das reale
nicht jüdische Pro-Kopf-Einkommen 1950 dem von 1947 entsprach. Werden die oben stehenden
proportionalen Anteile für das Jahr 1950 auf das BIP Israels im Jahr 1950 in internationale Dollar
von 1990 umgerechnet, so ergibt sich für den arabischen Teil 1950 ein Pro-Kopf-BIP von rd. 950
internationalen Dollar.
Das statistische Zentralamt Palästinas in Ramallah verfügt über Schätzungen des BIP in laufenden Preisen offenbar erst ab 1994. Ich habe eine indirekte Schätzung der tendenziellen Entwicklung
des Realprodukts vorgenommen, indem ich eine Korrelation zwischen dem in der oben beschriebenen
Weise abgeleiteten Pro-Kopf-Einkommen im Jahr 1950 und dem von der ESCWA (Wirtschafts- und
Sozialkommission für Westasien der Vereinten Nationen) geschätzten Niveau von 1993 gemäß der in
Tabelle A3.i angeführten Untersuchung herstellte. Diese punktuellen Schätzungen (950 $ pro Kopf im
Jahr 1950 und 4 708 $ im Jahr 1993) lauten beide auf internationale Dollar von 1990. Mein Ansatz
basierte auf einer logarithmischen Trendentwicklung, um zwischen diesen beiden Jahren zu interpolieren und um von 1993 auf 1998 zu extrapolieren, wobei die Schätzungen des Pro-KopfEinkommens mit der vom US Bureau of the Census geschätzten Bevölkerung multipliziert wurde.
235
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Indirekte Schätzungen zur Schließung von Lücken in den Datenreihen
für 16 asiatische Länder
Bezüglich des Jahrs 1913 gibt es zwei Lücken in den BIP-Datenreihen. Ich bin von der Annahme
ausgegangen, dass sich das Pro-Kopf-BIP in Hongkong im Zeitraum 1913-1950 parallel zu jenem
Japans und in Nepal parallel zu jenem Indiens entwickelt hat (vgl. Tabelle A.m). Für das Jahr 1870
wiesen die Datenreihen acht Lücken auf. Ich bin von der Arbeitshypothese ausgegangen, dass sich das
Pro-Kopf-BIP in Hongkong und Singapur im Zeitraum 1870-1913 proportional zu jenem Japans
entwickelt hat. Für die anderen sechs Länder (Birma, Korea, Malaysia, Nepal, die Philippinen
und Taiwan) habe ich eine parallele Entwicklung zum durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen
Indonesiens, Sri Lankas und Thailands im Zeitraum 1870-1913 unterstellt (vgl. Tabelle A.m). Für das
Jahr 1820 wiesen die Datenreihen zehn Lücken auf. Für die durchschnittliche Veränderung des
Pro-Kopf-BIP im Zeitraum 1820-1870 wurde gemäß der hier zu Grunde gelegten Arbeitshypothese
eine parallele Entwicklung zu jener Japans unterstellt.
Indirekte Schätzungen zur Schließung der Lücken in den Datenreihen
für 25 ostasiatische und 16 westasiatische Länder
Bezüglich dieser Länder waren für die Jahre 1820, 1870 oder 1913 keinerlei BIP-Schätzungen
vorhanden. Es wurde unterstellt, dass das Durchschnittsniveau ihres Pro-Kopf-BIP in den Jahren 1870
und 1913 dem Durchschnittsniveau der 16 ostasiatischen Länder und das Niveau im Jahr 1820 dem
des Jahrs 1870 entsprachen.
Proportionale Bedeutung der indirekten Schätzungen
Für 1913 beträgt der Anteil der indirekten Schätzungen am asiatischen Gesamt-BIP 7,8%, für
1870 11,2% und für 1820 9,5%. Indirekte Schätzungen sind anfechtbar, da die jeweiligen Analysten
unterschiedliche Vorstellungen davon haben können, wie diese Lücken zu schließen sind. Der auf
diese indirekten Schätzungen entfallende Anteil ist jedoch relativ gering, so dass sich diese unterschiedlichen Verfahren nicht allzu stark auf die Ergebnisse für Gesamt-Asien auswirken dürften. Die
Hauptaufgabe künftiger Untersuchungen wird darin bestehen, diese Lücken durch direkte Schätzungen
zu füllen, was in einer Reihe von Fällen realisierbar zu sein scheint (vgl. die Anmerkung weiter oben
über Vietnam).
Tabelle A.m Indirekte Schätzungen zur Schließung von Lücken in den
BIP- und Pro-Kopf-BIP-Datenreihen für 1870 und 1913
BIP
1870
Birma
Hongkong
Malaysia
Nepal
Philippinen
Singapur
Südkorea
Taiwan
Obengenannte Länder insgesamt
25 ostasiatische Länder
16 westasiatische Länder
Indirekte Schätzungen insgesamt
Pro-Kopf-BIP
1913
2 156
106
534
1 879
4 005
58
9 512
1 299
19 549
11 050
16 782
47 381
778
3 039
3 817
21 583
26 537
51 937
236
1870
508
862
667
400
791
691
663
554
617
552
552
570
1913
1 597
539
623
679
679
675
Anhang A
Tabelle A3.a Bevölkerung in 56 asiatischen Ländern
(in Tausend zur Jahresmitte)
Bangladesch
Birma
China
Hongkong
Indiena
Indonesien
Japan
Malaysia
Nepal
Pakistan
Philippinen
Singapur
Südkoreab
Sri Lanka
Taiwan
Thailand
16 ostasiatische Länder
1870
1913
3 506
381 000
20
209 000
17 927
31 000
287
3 881
4 245
358 000
123
253 000
28 922
34 437
800
4 698
12 326
437 140
487
303 700
49 934
51 672
3 084
5 639
2 176
30
13 820
1 305
2 000
4 665
670 617
5 063
84
14 347
2 786
2 345
5 775
714 625
9 384
323
16 070
4 817
3 469
8 689
906 734
1950
1973
1990
1998
45 646
19 488
546 815
2 237
359 000
79 043
83 563
6 434
8 990
39 448
21 131
1 022
20 846
7 533
7 882
20 042
1 269 120
72 471
29 227
881 940
4 213
580 000
124 271
108 660
11 712
12 685
71 121
42 094
2 193
34 073
13 246
15 427
40 302
2 043 635
109 897
41 068
1 135 185
5 704
839 000
179 248
123 540
17 507
19 333
113 914
65 037
3 039
42 869
17 193
20 230
55 052
2 787 816
125 105
47 305
1 242 700
6 690
975 000
204 390
126 486
20 933
23 698
135 135
77 726
3 490
46 430
18 934
21 780
60 037
3 135 839
13 421
7 202
3 027
1 360
15 161
45 737
5 884
91 792
14 767
8 717
4 191
2 216
20 019
66 315
8 752
124 977
24 792
11 340
5 261
2 579
21 234
76 236
10 493
151 935
Afghanistan
Kambodscha
Laos
Mongolei
Nordkorea
Vietnam
19 kleine Länder
25 ostasiatische Länder
3 280
2 090
470
619
4 207
2 340
755
668
5 730
3 070
1 387
725
6 314
1 798
14 571
10 146
1 903
20 019
18 638
2 237
31 787
8 150
4 163
1 886
779
9 471
25 348
3 411
53 208
41 ostasiatische Länder
685 188
734 644
938 521
1 322 328
2 135 427
2 912 793
3 287 774
6 560
1 093
332
217
8 415
1 580
429
266
104
10 994
2 613
700
348
332
317
476
367
649
421
2 123
1 337
10 074
2 464
1 582
11 793
2 800
1 994
15 000
2 953
2 840
3 284
25 178
30 412
39 083
115
16 357
5 163
1 286
561
145
1 364
489
25
3 860
3 495
21 122
72
4 461
1 016
59 531
239
31 491
10 402
3 197
1 674
894
2 824
857
142
6 667
6 931
38 503
391
7 077
1 098
112 387
502
55 717
18 135
4 512
3 277
2 131
3 130
1 773
482
15 871
12 620
56 125
1 952
12 023
1 715
189 965
616
64 411
21 722
5 644
4 453
1 913
3 506
2 364
697
20 786
16 673
64 568
2 303
16 388
2 611
228 655
56 asiatische Länder
710 366
765 056
977 604
1 381 859
2 247 814
3 102 758
3 516 429
Insgesamt, ohne Japan
Insgesamt, ohne Japan,
China, Indien
679 366
730 619
925 932
1 298 296
2 139 154
2 979 218
3 389 943
89 366
119 619
185 092
392 481
677 214
1 005 033
1 172 243
Bahrain
Iran
Irak
Israel
Jordanien
Kuwait
Libanon
Oman
Katar
Saudi-Arabien
Syrien
Türkei
VAE
Jemen
Westjordanland u. Gazastreifen
15 westasiatische Länder
a)
b)
1820
Die Daten für 1820–1913 schließen Bangladesch und Pakistan ein.
Die Daten für 1820–1913 gelten für Nord- und Südkorea.
237
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A3.b BIP-Niveau in 56 asiatischen Ländern
(in Mio. internationalen Dollar von 1990)
1820
Bangladesch
Birma
China
Hongkong
Indiena
Indonesien
Japan
Malaysia
Nepal
Pakistan
Philippinen
Singapur
Südkoreab
Sri Lanka
Taiwan
Thailand
16 ostasiatische Länder
1913
228 600
189 740
8 445
241 344
111 417
10 970
20 739
134 882
18 929
25 393
204 241
45 152
71 653
2 773
10 000
413
14 343
4 094
2 591
7 251
616 117
1 782
389 305
4 081
394 356
1950
1973
24 628
7 711
239 903
4 962
222 222
66 358
160 966
10 032
4 462
25 366
22 616
2 268
16 045
7 241
7 378
16 375
838 533
35 997
18 352
740 048
29 931
494 832
186 900
1 242 932
29 982
7 894
67 828
82 464
13 108
96 794
19 759
63 519
75 511
3 205 851
9 181
5 858
2 331
1 170
43 072
38 238
11 952
111 802
Afghanistan
Kambodscha
Laos
Mongolei
Nordkorea
Vietnam
19 kleine Länder
25 ostasiatische Länder
3 453
5 321
14 062
8 043
11 050
21 583
5 255
2 155
1 156
339
7 293
16 681
3 845
36 724
41 ostasiatische Länder
397 348
405 406
637 700
875 257
3 317 653
1 046
171 466
39 042
30 839
3 999
23 847
8 915
2 809
6 228
73 601
27 846
144 483
9 739
12 431
2 455
558 746
Bahrain
Iran
Irak
Israel
Jordanien
Kuwait
Libanon
Oman
Katar
Saudi-Arabien
Syrien
Türkei
VAE
Jemen
Westjordanland u. Gazastreifen
15 westasiatische Länder
a)
b)
1870
1990
1998
70 320
101 666
30 834
48 427
2 109 400
3 873 352
99 770
135 089
1 098 100
1 702 712
450 901
627 499
2 321 153
2 581 576
89 823
148 621
15 609
22 435
182 014
261 497
143 025
176 246
43 330
79 025
373 150
564 211
42 089
63 408
200 477
326 958
255 732
372 509
7 525 727 11 085 231
8 861
8 235
3 912
2 954
56 874
68 959
19 356
169 151
12 744
11 998
5 806
2 821
25 130
127 851
26 662
213 012
7 694 878 11 298 243
13 894
16 782
26 537
242
28 128
7 041
3 623
933
4 181
3 313
304
763
8 610
8 418
38 408
1 130
4 353
965
110 412
56 asiatische Länder
411 242
422 188
664 237
985 669
3 876 399
8 627 846 12 534 571
Insgesamt, ohne Japan
Insgesamt, ohne Japan,
China, Indien
390 503
396 795
592 584
824 703
2 633 467
6 306 693
9 952 995
50 486
72 173
146 999
362 578
1 398 587
3 099 193
4 376 931
Die Daten für 1820–1913 schließen Bangladesch und Pakistan ein.
Die Daten für 1820–1913 gelten für Nord- und Südkorea.
238
2 054
199 819
44 583
58 511
12 371
13 111
6 099
11 487
3 276
144 438
70 894
305 395
25 496
28 212
7 222
932 968
2 846
274 695
24 564
85 520
18 313
21 565
12 077
17 179
5 091
170 972
96 112
423 018
31 913
37 656
14 807
1 236 328
Anhang A
Tabelle A3.c Pro-Kopf-BIP in 56 asiatischen Ländern
(in internationalen Dollar von 1990)
1820
Bangladesch
Birma
China
Hongkong
Indiena
Indonesien
Japan
Malaysia
Nepal
Pakistan
Philippinen
Singapur
Südkoreab
Sri Lanka
Taiwan
Thailand
16 ostasiatische Länder
a)
b)
1870
1913
600
530
685
552
533
612
669
533
654
737
673
904
1 387
899
1 066
1 279
893
850
747
835
679
640
581
707
552
1950
1973
1990
1998
540
396
439
2 218
619
840
1 926
1 559
496
643
1 070
2 219
770
961
936
817
661
497
628
839
7 104
853
1 504
11 439
2 560
622
954
1 959
5 977
2 841
1 492
4 117
1 874
1 569
640
751
1 858
17 491
1 309
2 516
18 789
5 131
807
1 598
2 199
14 258
8 704
2 448
9 910
4 645
2 700
813
1 024
3 117
20 193
1 746
3 070
20 410
7 100
947
1 935
2 268
22 643
12 152
3 349
15 012
6 205
3 535
684
813
770
860
2 841
836
2 031
1 218
600
945
933
1 333
2 841
1 040
2 212
1 353
514
1 058
1 104
1 094
1 183
1 677
2 541
1 402
Afghanistan
Kambodscha
Laos
Mongolei
Nordkorea
Vietnam
19 kleine Länder
25 ostasiatische Länder
546
524
754
552
552
679
645
518
613
435
770
658
1 127
690
41 ostasiatische Länder
580
552
679
662
1 554
2 642
3 436
4 377
5 445
3 753
9 646
2 389
26 674
3 157
3 278
43 859
11 040
4 018
3 753
24 908
1 757
2 236
4 972
4 092
3 586
2 458
12 968
3 775
6 153
1 949
6 479
6 797
9 101
5 618
5 441
13 061
2 347
4 211
4 911
4 620
4 265
1 131
15 152
4 113
11 273
3 445
7 267
7 304
8 225
5 765
6 552
13 857
2 298
5 671
5 407
Bahrain
Iran
Irak
Israel
Jordanien
Kuwait
Libanon
Oman
Katar
Saudi-Arabien
Syrien
Türkei
VAE
Jemen
Westjordanland u. Gazastreifen
15 westasiatische Länder
552
552
679
2 104
1 720
1 364
2 817
1 663
28 834
2 429
622
30 520
2 231
2 409
1 818
15 694
976
950
1 855
56 asiatische Länder
579
552
679
713
1 725
2 781
3 565
Insgesamt, ohne Japan
Insgesamt, ohne Japan,
China, Indien
575
543
640
635
1 231
2 117
2 936
565
603
794
924
2 065
3 084
3 734
Die Daten für 1820–1913 schließen Bangladesch und Pakistan ein.
Die Daten für 1820–1913 gelten für Nord- und Südkorea.
239
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A3.d Wachstumsraten des Pro-Kopf-BIP in 56 asiatischen Ländern, 1820–1998
1820–1870
Bangladesch
Birma
China
Hongkong
Indiena
Indonesien
Japan
Malaysia
Nepal
Pakistan
Philippinen
Singapur
Südkoreab
Sri Lanka
Taiwan
Thailand
16 ostasiatische Länder
Afghanistan
Kambodscha
Laos
Mongolei
Nordkorea
Vietnam
19 kleine Länder
25 ostasiatische Länder
41 ostasiatische Länder
Bahrain
Iran
Irak
Israel
Jordanien
Kuwait
Libanon
Oman
Katar
Saudi-Arabien
Syrien
Türkei
VAE
Jemen
Westjordanland u. Gazastreifen
15 westasiatische Länder
a)
b)
1870–1913
–0.25
0.10
0.00
0.13
0.19
0.54
0.75
1.48
0.39
0.49
–0.10
1913–1950
–1.47
–0.62
–0.22
–0.20
0.89
1.50
0.01
1.50
–0.40
0.33
0.61
–0.06
–0.08
1950–1973
1973–1998
–0.36
2.03
2.86
5.19
1.40
2.57
8.05
2.18
0.99
1.73
2.66
4.40
5.84
1.93
6.65
3.67
3.83
1.99
1.97
5.39
4.27
2.91
2.90
2.34
4.16
1.69
2.87
0.59
5.47
5.99
3.29
5.31
4.91
3.30
–1.14
1.06
1.45
0.97
–3.44
2.82
0.90
0.56
–0.08
0.85
–0.37
0.00
0.48
0.04
0.26
1.98
1.00
3.01
5.84
1.05
2.59
2.50
–0.10
0.49
–0.07
3.78
3.23
0.22
–0.97
–4.69
1.82
2.20
–3.39
0.35
3.24
–6.92
–1.17
1.45
2.25
–2.32
1.08
3.79
0.34
0.00
0.48
2.75
3.23
5.14
4.50
5.50
1.59
–0.34
1.15
7.50
1.59
7.20
2.25
3.20
2.03
2.59
3.79
4.38
56 asiatische Länder
–0.10
0.48
0.13
3.91
2.95
Insgesamt, ohne Japan
Insgesamt, ohne Japan,
China, Indien
–0.11
0.38
–0.02
2.92
3.54
0.13
0.64
0.41
3.56
2.40
Die Daten für 1820–1913 schließen Bangladesch und Pakistan ein.
Die Daten für 1820–1913 gelten für Nord- und Südkorea.
240
Anhang A
Tabelle A3.e BIP-Wachstumsraten in 56 asiatischen Ländern, 1820–1998
1820–1870
Bangladesch
Birma
China
Hongkong
Indiena
Indonesien
Japan
Malaysia
Nepal
Pakistan
Philippinen
Singapur
Südkoreab
Sri Lanka
Taiwan
Thailand
16 ostasiatische Länder
a)
b)
1870–1913
–0.37
0.56
0.38
1.10
0.41
0.97
2.04
2.44
1.95
1.35
1.04
0.03
1913–1950
–0.25
–0.02
0.23
1.05
2.21
3.54
2.23
4.71
0.30
1.55
2.87
2.23
0.84
1950–1973
1973–1998
1.66
3.84
5.02
8.13
3.54
4.61
9.29
4.88
2.51
4.37
5.79
7.93
8.13
4.46
9.81
6.87
6.00
4.24
3.96
6.84
6.21
5.07
4.96
2.97
6.61
4.27
5.55
3.08
7.45
7.31
4.77
6.77
6.59
5.09
1.32
2.91
3.72
3.58
–2.13
4.95
3.26
2.61
Afghanistan
Kambodscha
Laos
Mongolei
Nordkorea
Vietnam
19 kleine Länder
25 ostasiatische Länder
0.86
2.29
0.46
0.64
1.57
1.45
2.46
4.44
3.10
5.53
8.03
3.67
5.05
4.96
41 ostasiatische Länder
0.04
1.06
0.86
5.96
5.02
4.08
1.90
–1.84
4.16
6.28
–0.40
1.22
7.51
–0.80
3.43
5.08
4.39
4.86
4.53
7.45
3.23
Bahrain
Iran
Irak
Israel
Jordanien
Kuwait
Libanon
Oman
Katar
Saudi-Arabien
Syrien
Türkei
VAE
Jemen
Westjordanland u. Gazastreifen
15 westasiatische Länder
0.38
1.07
3.93
6.57
8.18
7.73
9.76
6.53
7.86
4.40
10.15
9.56
9.78
5.34
5.93
9.82
4.67
4.14
7.30
56 asiatische Länder
0.05
1.06
1.07
6.13
4.81
Insgesamt, ohne Japan
Insgesamt, ohne Japan,
China, Indien
0.03
0.94
0.90
5.18
5.46
0.72
1.67
2.47
6.05
4.67
Die Daten für 1820–1913 schließen Bangladesch und Pakistan ein.
Die Daten für 1820–1913 gelten für Nord- und Südkorea.
241
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A3.f Bevölkerungszuwachsraten in 56 asiatischen Ländern, 1820–1998
1820–1870
Bangladesch
Birma
China
Hongkong
Indiena
Indonesien
Japan
Malaysia
Nepal
Pakistan
Philippinen
Singapur
Südkoreab
Sri Lanka
Taiwan
Thailand
16 ostasiatische Länder
1913–1950
0.38
–0.12
3.70
0.38
0.96
0.21
2.07
0.38
2.51
0.47
3.25
0.43
1.28
0.95
3.19
0.43
1.25
0.61
4.21
0.45
1.25
1.31
2.01
1.27
1.70
2.08
0.07
1.53
0.32
0.43
0.13
1.45
3.18
0.26
1.28
0.91
0.95
0.56
2.22
3.16
0.71
1.22
2.24
2.28
0.91
1950–1973
1973–1998
2.03
1.78
2.10
2.79
2.11
1.99
1.15
2.64
1.51
2.60
3.04
3.38
2.16
2.48
2.96
3.08
2.09
2.21
1.94
1.38
1.87
2.10
2.01
0.61
2.35
2.53
2.60
2.48
1.88
1.25
1.44
1.39
1.61
1.73
2.49
1.83
2.24
2.59
1.36
2.06
2.34
2.04
Afghanistan
Kambodscha
Laos
Mongolei
Nordkorea
Vietnam
19 kleine Länder
25 ostasiatische Länder
0.50
0.23
0.95
0.15
0.72
0.63
1.42
0.19
0.96
0.83
0.83
0.19
0.95
0.11
0.64
1.42
0.38
1.08
0.83
1.15
1.40
2.19
2.41
2.08
2.45
2.07
2.60
2.40
2.40
41 ostasiatische Länder
0.14
0.57
0.93
2.11
1.74
0.50
0.74
0.51
0.41
0.62
1.18
1.15
0.63
0.27
1.08
1.86
1.66
1.30
0.72
0.29
0.72
0.32
2.03
0.41
0.30
0.34
0.32
0.30
0.54
0.56
0.87
1.53
0.93
–0.08
0.34
0.83
0.38
0.59
1.14
3.23
2.89
3.09
4.04
4.87
8.23
3.21
2.47
7.84
2.40
3.02
2.64
7.63
2.03
0.34
2.80
3.86
2.90
2.99
2.30
3.99
3.09
0.87
4.14
6.57
4.65
3.57
2.09
7.35
3.42
3.53
2.88
56 asiatische Länder
0.15
0.57
0.94
2.14
1.81
Insgesamt, ohne Japan
Insgesamt, ohne Japan,
China, Indien
0.15
0.55
0.92
2.19
1.86
0.58
1.02
2.05
2.40
2.22
Bahrain
Iran
Irak
Israel
Jordanien
Kuwait
Libanon
Oman
Katar
Saudi-Arabien
Syrien
Türkei
VAE
Jemen
Westjordanland u. Gazastreifen
15 westasiatische Länder
a)
b)
1870–1913
Die Daten für 1820–1913 schließen Bangladesch und Pakistan ein.
Die Daten für 1820–1913 gelten für Nord- und Südkorea.
242
Anhang A
Tabelle A3.g Ableitung des BIP-Niveaus im Referenzjahr 1990 in internationalen Dollar von 1990
für 15 ostasiatische Länder
BIP in Mio.
KKP-Umrechner für
Landeswährungs- das Referenzjahr
(Landeswährungseinheiten im
einheiten je Dollar)
Referenzjahr
BIP im
Referenzjahr
in Mio. GearyKhamis-Dollar
BIP im Jahr 1990
Geary-KhamisDollar des
Referenzjahrs
BIP im Jahr 1990
in Mio. GearyKhamis-Dollar
ICP 3 (Referenzjahr 1975)
Iran
Syrien
3 377 740
20 600
39.7
1.48
85 073
13 919
86 878
23 631
199 819
70 894
695 515
285 598
37 061
90 591
236 350
1 098 100
450 901
58 511
143 025
373 150
81 779
83 160
166 380
35 082
213 158
98 113
99 770
199 611
42 089
255 732
ICP 4 (Referenzjahr 1980)
Indien
Indonesien
Israel
Philippinen
Südkorea
1 360 100
48 914 000
107 651
243 750
38 148 400
3.37
280.0
4.14
3.18
384.0
403 591
174 693
26 003
76 651
99 345
ICP 5 (Referenzjahr 1985)
Bangladesch
Hongkong
Pakistan
Sri Lanka
Thailand
406 930
271 655
472 160
157 763
1 056 496
6.075
4.680
3.761
5.288
8.094
66 984
58 046
125 541
29 834
130 528
ICP 6 (Referenzjahr 1990)
China
Japan
1 956 038
430 040 000
0.9273
185.27
2 109 400
2 321 153
ICP 7 (Referenzjahr 1993)
Türkei
Quelle:
1 981 867
5 139.3
385 630
333 678
305 395
Spalte 1 zeigt das BIP in Landeswährungseinheiten im Referenzjahr; in den meisten Fällen stammen die Daten aus Weltbank, World
Tables (1995), für Japan, die Türkei und Südkorea aus OECD, National Accounts, 1960–1997, Bd. 1 (1999), und für Thailand aus
Asiatische Entwicklungsbank, Key Indicators (1999). Das bedingt in den meisten Fällen geringfügige Revisionen der vom ICP verwendeten Daten. Bei Spalte 2 stammen die Daten betreffend die Kaufkraftparität (KKP-Umrechner) für 1975 aus Kravis, Heston und
Summers, World Product and Income (1982), S. 176–179; für 1980 aus UN, World Comparisons of Purchasing Power and Real Product
for 1980 (1987), S. viii; für 1985 aus UN, World Comparisons of Real Gross Domestic Product and Purchasing Power, 1985 (1994),
S. 5; für 1990 betreffend Japan aus OECD, Purchasing Power Parities and Real Expenditures: GK Results, 1990, Bd. 2 (1993),
S. 32 (umgerechnet auf eine US-KKP = 1.00); die Daten für die Türkei für 1993 stammen aus Purchasing Power Parities and Real
Expenditures: GK Results, 1993, Bd. 2 (1996), S. 35 (umgerechnet auf eine US-KKP = 1.00). Alle diese KKP-Umrechner sind multilateral und verwenden die Geary-Khamis-Schätzmethode. Die Ergebnisse für China wurden abgeleitet von einem 1987 durchgeführten
bilateralen Vergleich zwischen China und den Vereinigten Staaten, umgerechnet auf eine Geary-Khamis-Basis, wie beschrieben in
Maddison, Chinese Economic Performance in the Long Run (1998), S. 153–154, was eine Aufwärtskorrektur der amtlichen chinesischen BIP-Schätzungen in Yuan bedingte. Die Daten in Spalte 3 wurden abgeleitet aus den Daten von den Spalten 1 und 2. Die
Ergebnisse in Spalte 4 wurden erzielt durch die Bereinigung der Daten in Spalte 3, um die realen BIP-Veränderungsraten zwischen
dem Referenzjahr und dem Jahr 1990. Bei Spalte 5 handelt es sich um die Daten von der Spalte 4, bereinigt um die Bewegungen des
US-BIP-Deflators zwischen dem Referenzjahr und dem Jahr 1990.
243
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A3.h Ableitung des BIP-Niveaus im Referenzjahr 1990 in internationalen Dollar von 1990
für 5 ostasiatische Länder
BIP in Mio.
Impliziter GearyLandeswährungsKhamis-KKPeinheiten im
Umrechner für
Referenzjahr
das Referenzjahr
(Landeswährungseinheiten je Dollar)
BIP im
Referenzjahr
in Mio. GearyKhamis-Dollar
BIP 1990
in Mio. GearyKhamis-Dollar
von 1993
BIP 1990
in Mio. GearyKhamis-Dollar
ICP 3 (Referenzjahr 1993)
Hongkong
Laos
Malaysia
Nepal
Singapur
Vietnam
Quelle:
897 463
950 973
165 206
171 386
92 905
136 571 000
6.9486
191.0865
1.32718
8.7553
1.5287
1538.281
129 158
109 010
99 770
4 977
124 479
19 575
60 774
88 749
4 274
98 142
17 055
47 343
75 345
3 912
89 823
15 609
43 330
68 959
Die Daten in Spalte 1 stammen aus ADB, Key Indicators of Developing Asian and Pacific Countries, 1999. In den meisten Fällen wurden
darin die von der Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und den Pazifik (ESCAP) zitierten Zahlen geringfügig revidiert, außer
für Singapur, wo die Zahl um 13% niedriger ist. Die ESCAP verwendete eine veränderte Version des Geary-Khamis-Verfahrens. Die
Schätzungen für Malaysia und Laos wurden von der Weltbank auf der Basis beschränkter Informationstechniken aufgestellt (vgl.
ESCAP, Comparisons of Real Gross Product and Purchasing Power Parities 1993). Die ESCAP zog Hongkong für die Vorgabe der
Rechnungseinheit heran, und die Zahlen für Hongkong wurden ohne eine KKP-Bereinigung wiedergegeben. Was die Daten in Spalte 2
betrifft, so habe ich die implizite KKP für Hongkong im Jahr 1993, umgerechnet in Kaufkraft von Hongkong-Dollar je US-Dollar durch
Aktualisierung der in Tabelle A3.g gezeigten Ergebnisse für 1990 abgeleitet. Für die anderen Länder errechnete die ESCAP in
Landeswährungseinheiten je Hongkong-Dollar umgerechnete KKP. In Spalte 3 wurden diese KKP-Werte mit dem Hongkong/US-DollarKKP für 1993 multipliziert, um eine Korrelation zwischen diesen regionalen Ergebnissen und den globalen ICP-Untersuchungen herzustellen, bei denen die Rechnungseinheit der Vereinigten Staaten zu Grunde gelegt wird. Spalte 3 wurde von den Daten der Spalten 1
und 2 abgeleitet. Die Zahlen in Spalte 4 wurden durch Bereinigung der Daten in Spalte 3 um die realen BIP-Veränderungen zwischen
1990 und 1993 abgeleitet. Bei Spalte 5 handelt es sich um die in Spalte 4 ausgewiesenen Daten, bereinigt um Veränderungen des USBIP-Deflators zwischen 1990 und 1993.
Tabelle A3.i Ableitung des BIP-Niveaus im Referenzjahr 1990 in internationalen Dollar von 1990
für 3 westasiatische Länder
BIP in Mio.
Geary-KhamisLandeswährungs- KKP-Umrechner für
das Referenzjahr
einheiten im
(LandeswährungsReferenzjahr
einheiten je Dollar)
BIP im
Referenzjahr
in Mio. GearyKhamis-Dollar
BIP im Jahr 1990
in Mio. GearyKhamis-Dollar
von 1993
BIP 1990
in Mio. GearyKhamis-Dollar
ICP 3 (Referenzjahr 1993)
Bahrain
Palästina
Katar
1 754.2
8 844.63
26 183.0
0.6402
0.8698
6.5951
2 740
10 169
3 970
2 244
7 890
3 579
2 054
7 222
3 276
Quelle:Die Daten in den ersten drei Spalten wurden abgeleitet von Ergebnissen nach der Geary-Khamis-Methode aus Purchasing Power Parities,
Volume and Price Level Comparisons for the Middle East, 1993, Economic and Social Commission for Western Asia and World Bank,
S. 59. Diese Untersuchung enthält Angaben für acht westasiatische Länder und Ägypten für das Jahr 1993. Sie ging von einem
vereinfachten Verfahren auf der Basis beschränkter Informationen aus, wobei sowohl die Geary-Khamis-Methode als auch das EKSKonzept zu Grunde gelegt wurden. Die Ergebnisse sollten als erster Schritt in Richtung auf eine umfassende ICP-Untersuchung
angesehen werden. Für einige Länder wie z.B. den Libanon und den Jemen, erschienen die Ergebnisse nicht plausibel, so dass ich
lediglich die Ergebnisse für drei der Länder heranzog. Die Daten in Spalte 4 wurden durch die Bereinigung der Daten in Spalte 3 um die
realen BIP-Veränderungen zwischen 1990 und 1993 erzielt. Spalte 5 ist das Ergebnis einer Bereinigung der in Spalte 4 ausgewiesenen
Daten um die Veränderungen des US-BIP-Deflators zwischen 1990 und 1993.
244
Anhang A
A.4
Bevölkerung, BIP und Pro-Kopf-BIP
in 57 afrikanischen Ländern
Die Bevölkerungsdaten ab 1950 stammen vom International Programs Centre (IPC), US Bureau
of the Census, das eine vollständige Erfassung der afrikanischen Länder auf einer jährlichen Basis bis
zurück zum Jahr 1950 bietet. Diese Schätzungen werden regelmäßig aktualisiert und revidiert. Die
Verwendung dieser Quelle hatte einige signifikante Veränderungen der Zahlen in Maddison (1995a)
zur Folge, bei denen Daten des OECD-Entwicklungszentrums und der Weltbank miteinander kombiniert wurden. Was die vier Stichprobenländer betrifft, so stammen die Bevölkerungsdaten für 1913 aus
Maddison (1995a). Die Angaben über die afrikanische Gesamtbevölkerung im Zeitraum 1820-1913
wurden abgeleitet aus McEvedy und Jones (1978), S. 206.
Schätzungen des BIP-Niveaus für das Referenzjahr 1990 in internationalen (Geary-Khamis-)
Dollar waren auf der Basis der Penn World Tables (PWT) von Robert Summers und Alan Heston für
50 afrikanische Länder verfügbar. In Maddison (1995a) wurden die Schätzungen der PWT, Version
5.5, verwendet. Für die vorliegende Untersuchung habe ich auf die Version 5.6 zurückgegriffen.
Tabelle A4.g enthält eine Gegenüberstellung der Ergebnisse der PWT und der drei Reihen des
ICP, die 24 Länder erfassen. Für 7 Länder waren weder ICP- noch PWT-Schätzungen verfügbar.
Betreffend Äquatorialguinea, Mayotte, St. Helena, Sao Tomé und Príncipe sowie Westsahara wurde
unterstellt, dass das Pro-Kopf-BIP 1990 dem Durchschnitt der 50 in den PWT erfassten Länder
entsprach. Für Libyen wurde davon ausgegangen, dass es ebenso hoch war wie für Algerien, und für
Eritrea wurde derselbe Wert wie für Äthiopien angenommen.
Die BIP-Veränderungsraten im Zeitraum 1990-1998 stammen für sämtliche afrikanischen Länder
aus IWF, World Economic Outlook, Oktober 1999. Die BIP-Veränderungsraten im Zeitraum 19131990 wurden für Ägypten, Ghana, Marokko und Südafrika von den weiter unten angeführten Quellen
abgeleitet, die BIP-Veränderungsraten im Zeitraum 1950-1990 für andere Länder (mit Ausnahme
Botsuanas, Nigerias und der sieben indirekten Schätzungen) von der Datenbank des OECDEntwicklungszentrums.
Ägypten: Die BIP-Angaben für 1913-1950 stammen aus Hansen und Marzouk (1965), S. 3, für
1950-1973 aus Ikram (1980), S. 398-399, für 1973-1990 aus Weltbank, World Tables, 1995.
Ghana: Die BIP-Daten für 1913-1950 stammen aus Szereszewski (1965), S. 74, 92 und 149,
für 1950-1955 aus Maddison (1970), für 1955-1990 gehen sie auf das statistische Amt der Republik
Ghana zurück.
Marokko: Die BIP-Daten für 1913-1950 wurden abgeleitet aus Amin (1966), für 1950-1990 aus
Weltbank, World Tables (Ausgaben 1983 und 1995).
245
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Südafrika: Die BIP-Daten in jeweiligen Preisen für 1913-1920, dividiert durch den Index
der Lebenshaltungskosten, wurden von Daten des Bureau of Census and Statistics abgeleitet, Union
Statistics for Fifty Years, Jubilee Issue 1910-1960, Pretoria, 1960; die Daten für 1920-1950 stammen
aus L.J. Fourie, „Contribution of Factors of Production and Productivity to South African Economic
Growth“, IARIW, Vervielfältigungsdruck, 1971. Die BIP-Daten für 1946-1970 zu Preisen von 1975
sind Statistiken der Development Bank of South Afrika, die Daten für 1970-1990 der Weltbank, World
Tables, entnommen.
Botsuana: Die BIP-Veränderungsraten im Zeitraum 1950-1990 stammen aus Weltbank, World
Tables.
Nigeria: Die Daten für 1950-1990 nach Bevan, Collier und Gunning (1999).
Die Schätzungen für die 15 nicht zur Stichprobe zählenden Länder wurden separat angeführt, da
sie sehr unsicher sind.
Es wurde unterstellt, dass sich das Pro-Kopf-BIP für Afrika im Zeitraum 1913-1950 parallel zum
Durchschnitt der vier Länder, für die Schätzungen verfügbar waren, entwickelt hat. Für den Zeitraum
vor 1913 liegen keine Indikatoren vor. Es wurde daher von der Arbeitshypothese ausgegangen, dass
sich das Pro-Kopf-BIP für Afrika insgesamt im Zeitraum 1820-1913 mit demselben Tempo wie in den
„anderen Ländern Asiens“ (vgl. Tabelle B.21) entwickelt hat.
246
Anhang A
Tabelle A4.a Bevölkerung in 57 afrikanischen Ländern
(in Tausend zur Jahresmitte)
1820
1870
1913
1950
1973
1990
1998
12 144
2 043
4 500
6 153
24 840
21 198
5 297
9 343
13 596
49 434
35 480
9 583
16 998
24 549
86 610
56 106
15 190
24 685
37 191
133 172
66 050
18 497
29 114
42 835
156 496
Algerien
Angola
Benin
Botsuana
Kamerun
Kap Verde
Zentralafrikanische Republik
Tschad
Komoren
Kongo
Côte d'Ivoire
Dschibuti
Gabun
Gambia
Kenia
Liberia
Madagaskar
Mali
Mauretanien
Mauritius
Mosambik
Namibia
Niger
Nigeria
Réunion
Ruanda
Senegal
Seychellen
Sierra Leone
Somalia
Sudan
Swasiland
Tansania
Togo
Tunesien
Uganda
Sambia
Simbabwe
38 andere Länder
8 893
4 118
1 673
430
4 888
146
1 260
2 608
148
768
2 860
60
416
305
6 121
824
4 620
3 688
1 006
481
6 250
464
2 482
31 797
244
2 439
2 654
33
2 087
2 438
8 051
277
8 909
1 172
3 517
5 522
2 553
2 853
129 055
15 198
6 028
2 836
643
7 179
277
1 945
3 995
257
1 279
6 352
189
557
546
12 594
1 528
7 250
5 909
1 356
861
10 088
831
4 559
53 121
469
4 110
4 727
58
2 925
3 932
15 113
493
15 321
2 133
5 426
10 386
4 625
6 041
221 137
25 352
8 430
4 676
1 304
11 894
349
2 798
5 889
429
2 206
11 904
370
1 078
964
23 674
2 265
11 525
8 231
1 979
1 074
14 056
1 409
7 644
86 530
600
7 161
7 408
73
4 283
6 675
26 628
840
24 886
3 680
8 207
17 227
7 957
9 958
361 613
30 481
10 865
6 101
1 448
15 029
400
3 376
7 360
546
2 658
15 446
441
1 208
1 292
28 337
2 772
14 463
10 109
2 511
1 168
18 641
1 622
9 672
110 532
705
7 956
9 723
79
5 080
6 842
33 551
966
30 609
4 906
9 380
22 167
9 461
11 044
448 947
15 Nicht-Stichprobenländer
49 853
79 898
125 980
154 511
228 342
387 645
620 765
759 954
4 376
2 363
21 577
2 586
573
726
2 817
13 569
1 266
49 853
5 947
3 529
34 028
3 786
633
1 142
4 865
23 186
2 782
79 898
9 024
5 285
50 960
5 936
998
1 744
9 139
37 978
4 916
125 980
11 266
5 537
62 232
7 477
1 206
2 090
9 840
49 001
5 862
154 511
Ägypten
Ghana
Marokko
Südafrika
4 Stichprobenländer
57 Länder insgesamt
74 208
90 466
124 697
Burkina Faso
Burundi
Äthiopien und Eritrea
Guinea
Guinea-Bissau
Lesotho
Malawi
Zaire
6 andere Länder
15 Nicht-Stichprobenländer
247
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A4.b BIP-Niveau in 57 afrikanischen Ländern
(in Mio. internationalen Dollar von 1990)
1820
1870
1913
1950
1973
1990
1998
8 891
1 509
3 630
9 857
23 887
15 224
5 943
13 598
34 465
69 230
36 249
13 484
28 800
102 498
181 031
112 873
16 372
64 082
147 509
340 836
140 546
23 014
78 397
165 239
407 196
Algerien
Angola
Benin
Botsuana
Kamerun
Kap Verde
Zentralafrikanische Republik
Tschad
Komoren
Kongo
Côte d'Ivoire
Dschibuti
Gabun
Gambia
Kenia
Liberia
Madagaskar
Mali
Mauretanien
Mauritius
Mosambik
Namibia
Niger
Nigeria
Réunion
Ruanda
Senegal
Seychellen
Sierra Leone
Somalia
Sudan
Swasiland
Tansania
Togo
Tunesien
Uganda
Sambia
Simbabwe
38 andere Länder
12 136
4 331
1 813
150
3 279
66
972
1 240
83
990
2 977
90
1 292
165
3 982
869
4 394
1 685
467
1 198
7 084
1 002
2 018
23 933
485
1 334
3 341
63
1 370
2 576
6 609
200
3 362
673
3 920
3 793
1 687
2 000
107 629
35 814
10 784
3 011
722
7 201
147
1 627
1 726
229
2 727
12 064
412
4 086
533
12 107
2 212
8 292
3 449
1 309
3 169
18 894
2 895
3 377
76 585
1 771
2 826
6 217
187
3 180
4 625
11 783
1 114
9 007
2 245
12 051
8 704
4 930
8 594
290 606
73 934
7 207
5 347
4 178
14 393
430
1 982
2 573
294
5 394
16 330
530
4 500
833
26 093
2 245
9 210
6 040
1 825
7 652
14 105
4 619
4 289
107 459
2 694
6 125
10 032
366
4 335
7 231
19 793
2 154
13 852
2 805
27 387
10 206
6 432
13 766
448 640
81 948
7 029
7 668
6 083
15 157
544
2 203
3 463
285
5 951
21 201
467
5 901
1 098
30 451
2 580
9 976
7 917
2 494
11 508
22 125
6 158
5 149
136 162
3 174
5 605
12 659
471
2 837
6 044
29 535
2 699
16 933
3 159
39 306
16 082
6 374
15 990
554 386
15 Nicht-Stichprobenländer
17 710
57 548
70 352
77 826
194 569
529 185
859 828
1 039 408
1 686
772
5 394
784
166
232
913
6 750
1 013
17 710
3 287
1 781
13 640
1 861
558
790
2 756
16 915
15 960
57 548
5 482
3 520
18 964
3 304
794
1 828
5 146
17 394
13 920
70 352
7 613
3 005
24 833
4 573
736
2 451
6 949
10 790
16 876
77 826
Ägypten
Ghana
Marokko
Südafrika
4 Stichprobenländer
57 Länder insgesamt
31 010
40 172
72 948
Burkina Faso
Burundi
Äthiopien und Eritrea
Guinea
Guinea-Bissau
Lesotho
Malawi
Zaire
6 andere Länder
15 Nicht-Stichprobenländer
248
Anhang A
Tabelle A4.c Pro-Kopf-BIP in 57 afrikanischen Ländern
(in internationalen Dollar von 1990)
1820
1870
Ägypten
Ghana
Marokko
Südafrika
4 Stichprobenländer
1913
1950
1973
1990
1998
732
739
807
1 602
962
718
1 122
1 455
2 535
1 400
1 022
1 407
1 694
4 175
2 090
2 012
1 078
2 596
3 966
2 559
2 128
1 244
2 693
3 858
2 602
1 365
1 052
1 084
349
671
452
771
475
561
1 289
1 041
1 500
3 106
541
651
1 055
951
457
464
2 491
1 133
2 159
813
753
1 988
547
1 259
1 909
656
1 057
821
722
377
574
1 115
687
661
701
834
2 356
1 789
1 062
1 123
1 003
531
837
432
891
2 132
1 899
2 180
7 336
976
961
1 448
1 144
584
965
3 681
1 873
3 484
741
1 442
3 776
688
1 315
3 224
1 087
1 176
780
2 260
588
1 053
2 221
838
1 066
1 423
1 314
2 916
855
1 143
3 204
1 210
1 232
708
437
685
2 445
1 372
1 432
4 174
864
1 102
991
799
734
922
7 125
1 003
3 278
561
1 242
4 490
855
1 354
5 014
1 012
1 083
743
2 564
557
762
3 337
592
808
1 382
1 241
2 688
647
1 257
4 201
1 009
1 360
653
471
522
2 239
1 373
1 059
4 885
850
1 075
931
690
783
993
9 853
1 187
3 797
532
1 232
4 502
704
1 302
5 962
558
883
880
2 794
553
644
4 190
725
674
1 448
1 235
355
720
558
504
852
1 365
1 385
1 368
385
327
250
303
290
320
324
497
800
355
553
505
401
492
882
692
566
730
5 737
720
607
666
372
557
796
1 048
563
458
2 832
558
676
543
399
612
610
1 173
706
220
2 879
504
Algerien
Angola
Benin
Botsuana
Kamerun
Kap Verde
Zentralafrikanische Republik
Tschad
Komoren
Kongo
Côte d'Ivoire
Dschibuti
Gabun
Gambia
Kenia
Liberia
Madagaskar
Mali
Mauretanien
Mauritius
Mosambik
Namibia
Niger
Nigeria
Réunion
Ruanda
Senegal
Seychellen
Sierra Leone
Somalia
Sudan
Swasiland
Tansania
Togo
Tunesien
Uganda
Sambia
Simbabwe
38 andere Länder
15 Nicht-Stichprobenländer
57 Länder insgesamt
418
444
585
Burkina Faso
Burundi
Äthiopien und Eritrea
Guinea
Guinea-Bissau
Lesotho
Malawi
Zaire
6 andere Länder
15 Nicht-Stichprobenländer
249
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A4.d Pro-Kopf-BIP-Zuwachsraten in 57 afrikanischen Ländern
1820–1870
1870–1913
Ägypten
Ghana
Marokko
Südafrika
4 Stichprobenländer
1913–1950
1973–1998
1.54
0.99
0.66
2.19
1.76
2.98
–0.49
1.87
–0.32
0.88
Algerien
Angola
Benin
Botsuana
Kamerun
Kap Verde
Zentralafrikanische Republik
Tschad
Komoren
Kongo
Côte d'Ivoire
Dschibuti
Gabun
Gambia
Kenia
Liberia
Madagaskar
Mali
Mauretanien
Mauritius
Mosambik
Namibia
Niger
Nigeria
Réunion
Ruanda
Senegal
Seychellen
Sierra Leone
Somalia
Sudan
Swasiland
Tansania
Togo
Tunesien
Uganda
Sambia
Simbabwe
38 andere Länder
2.40
2.34
–0.09
5.21
1.76
0.70
0.35
–0.42
2.03
2.21
2.65
1.64
3.81
2.60
1.71
1.39
0.81
1.07
3.23
1.71
2.21
2.10
–0.40
2.87
2.83
1.00
0.19
2.30
2.22
0.47
–0.22
5.09
1.95
2.67
3.04
0.87
2.10
3.12
2.00
0.53
–3.99
0.68
5.42
0.02
3.84
–0.99
0.34
–2.12
0.20
–1.29
–2.85
–1.61
–0.55
0.45
–1.75
–2.00
1.18
0.11
4.02
–1.81
0.34
–1.31
–0.63
0.71
0.10
–0.04
2.49
–2.63
–1.14
0.49
0.85
–0.24
–1.95
2.57
–0.58
–1.82
0.07
–0.25
15 Nicht-Stichprobenländer
3.12
–1.42
2.07
0.01
1.58
1.91
2.07
2.12
4.96
3.41
2.46
1.68
8.94
3.12
0.81
0.29
–0.02
0.88
–1.46
2.13
0.89
–4.68
–2.72
–1.42
57 Länder insgesamt
–0.05
1.14
1.61
1.25
1.02
1950–1973
0.12
0.64
Burkina Faso
Burundi
Äthiopien und Eritrea
Guinea
Guinea-Bissau
Lesotho
Malawi
Zaire
6 andere Länder
15 Nicht-Stichprobenländer
250
1.02
Anhang A
Tabelle A4.e BIP-Zuwachsraten in 57 afrikanischen Ländern
1820–1870
1870–1913
Ägypten
Ghana
Marokko
Südafrika
4 Stichprobenländer
1913–1950
1973–1998
3.84
3.63
3.32
4.85
4.27
5.57
2.16
4.09
1.93
3.30
Algerien
Angola
Benin
Botsuana
Kamerun
Kap Verde
Zentralafrikanische Republik
Tschad
Komoren
Kongo
Côte d'Ivoire
Dschibuti
Gabun
Gambia
Kenia
Liberia
Madagaskar
Mali
Mauretanien
Mauritius
Mosambik
Namibia
Niger
Nigeria
Réunion
Ruanda
Senegal
Seychellen
Sierra Leone
Somalia
Sudan
Swasiland
Tansania
Togo
Tunesien
Uganda
Sambia
Simbabwe
38 andere Länder
4.82
4.05
2.23
7.07
3.48
3.54
2.26
1.45
4.51
4.50
6.27
6.84
5.13
5.23
4.95
4.15
2.80
3.16
4.58
4.32
4.36
4.72
2.26
5.19
5.79
3.32
2.74
4.84
3.73
2.58
2.55
7.75
4.38
5.38
5.00
3.68
4.77
6.54
4.41
3.37
–1.70
3.81
8.90
3.02
5.37
1.22
2.82
0.88
3.17
2.28
0.50
1.48
2.93
3.76
0.62
0.74
3.38
2.61
5.29
0.63
3.07
1.70
2.33
2.36
2.78
2.89
3.76
–0.46
1.08
3.74
3.60
2.56
1.38
4.84
2.49
1.03
2.51
2.62
15 Nicht-Stichprobenländer
5.26
1.21
4.45
2.74
2.95
3.70
4.12
3.83
5.41
5.47
4.92
4.08
12.74
5.26
3.42
2.11
2.43
3.66
1.11
4.63
3.77
–1.78
0.22
1.21
57 Länder insgesamt
1.46
3.77
3.63
3.44
2.92
1950–1973
0.52
1.40
Burkina Faso
Burundi
Äthiopien und Eritrea
Guinea
Guinea-Bissau
Lesotho
Malawi
Zaire
6 andere Länder
15 Nicht-Stichprobenländer
251
2.69
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle A4.f Bevölkerungswachstumsraten in 57 afrikanischen Ländern
1820–1870
1870–1913
Ägypten
Ghana
Marokko
Südafrika
4 Stichprobenländer
1913–1950
1973–1998
2.26
2.61
2.64
2.60
2.47
2.52
2.67
2.18
2.25
2.39
Algerien
Angola
Benin
Botsuana
Kamerun
Kap Verde
Zentralafrikanische Republik
Tschad
Komoren
Kongo
Côte d'Ivoire
Dschibuti
Gabun
Gambia
Kenia
Liberia
Madagaskar
Mali
Mauretanien
Mauritius
Mosambik
Namibia
Niger
Nigeria
Réunion
Ruanda
Senegal
Seychellen
Sierra Leone
Somalia
Sudan
Swasiland
Tansania
Togo
Tunesien
Uganda
Sambia
Simbabwe
38 andere Länder
2.36
1.67
2.32
1.76
1.69
2.82
1.91
1.87
2.43
2.24
3.53
5.12
1.28
2.56
3.19
2.72
1.98
2.07
1.31
2.56
2.10
2.57
2.68
2.26
2.88
2.29
2.54
2.48
1.48
2.10
2.78
2.54
2.39
2.64
1.90
2.78
2.62
3.32
2.37
2.82
2.38
3.11
3.30
3.00
1.48
2.23
2.47
3.06
2.97
3.62
3.45
3.15
3.51
3.30
2.41
2.80
2.17
2.50
1.23
2.49
2.71
3.05
2.97
1.64
2.68
2.93
1.24
2.23
2.24
3.24
2.73
2.81
3.39
2.21
3.08
2.90
2.44
2.87
15 Nicht-Stichprobenländer
2.07
2.67
2.33
2.73
1.34
1.76
2.00
1.67
0.43
1.99
2.40
2.36
3.48
2.07
2.59
1.82
2.44
2.76
2.61
2.45
2.86
3.04
3.03
2.67
57 Länder insgesamt
1.52
2.61
1.99
2.17
1.88
1950–1973
0.40
0.75
Burkina Faso
Burundi
Äthiopien und Eritrea
Guinea
Guinea-Bissau
Lesotho
Malawi
Zaire
6 andere Länder
15 Nicht-Stichprobenländer
252
1.65
Anhang A
Tabelle A4.g Alternative Schätzungen des BIP-Niveaus im Jahr 1990 auf der Basis
von ICP und PWT in einigen afrikanischen Ländern
(in Mio. internationalen Geary-Khamis-Dollar)
Benin
Botsuana
Kamerun
Kongo
Côte d'Ivoire
Ägypten
Äthiopien
Gabun
Guinea
Kenia
Madagaskar
Malawi
Mali
Mauritius
Marokko
Nigeria
Ruanda
Senegal
Sierra Leone
Swasiland
Tansania
Tunesien
Sambia
Simbabwe
Quelle:
PWT 5.5
PWT 5.6
ICP 4
ICP 5
ICP 7
5 248
5 479
17 115
5 972
14 568
105 684
17 891
3 639
3 087
26 028
9 093
4 840
5 059
7 211
60 193
96 521
5 360
9 351
4 041
1 580
14 676
26 421
6 935
14 913
5 347
4 178
14 393
5 394
16 330
112 873
18 964
4 500
3 304
26 093
9 210
5 146
6 040
7 652
64 082
107 459
6 125
10 032
4 325
2 154
13 852
27 387
6 432
13 766
n.v.
5 488
16 781
n.v.
16 655
n.v.
16 498
n.v.
n.v.
25 698
8 001
5 131
4 561
n.v.
56 183
126 035
n.v.
8 627
n.v.
n.v.
13 388
28 990
8 358
15 256
6 629
5 662
41 534
5 358
18 528
194 267
18 622
n.v.
n.v.
31 855
8 531
6 173
5 314
7 671
83 696
139 453
5 040
12 139
3 021
2 181
13 199
35 312
10 684
20 391
1 227
2 591
7 123
1 096
5 562
66 855
n.v.
2 424
2 506
7 358
3 541
1 582
1 485
1 796
20 338
24 349
n.v.
3 361
774
611
2 470
9 409
2 741
5 559
Die Angaben in Spalte 1 wurden abgeleitet von den Penn World Tables, Version 5.5, Diskette als Anhang zu R.S. Summers und
A. Heston, "The Penn World Table (Mark 5): An Expanded Set of International Comparisons, 1950–1988", Quarterly Journal of
Economics, Mai 1991. Die Daten in Spalte 2 wurden ihrer Diskette, Version 5.6a, von Januar 1995 entnommen. In einigen Fällen beziehen sich die PWT-Schätzungen nicht auf das Jahr 1990 sondern auf ein bzw. zwei Jahre davor, und ich habe die Zahlen mit Hilfe der
realen BIP-Veränderungen sowie den Veränderungen des US-BIP-Deflators zwischen jenem Jahr und 1990 aktualisiert. Ich habe die
PWT, Version 5.5, zuvor für 50 Länder verwendet (vgl. Maddison, 1995a, S. 192 und 221) und hier Version 5.6a herangezogen.
Dadurch erhöhte sich das globale BIP für die 50 Länder von 812 817 Mio. internationalen (Geary-Khamis) Dollar in Maddison (1995a)
auf 845 908 Mio. in dieser Untersuchung. Zudem beliefen sich die anhand indirekter Schätzungen für 6 Länder erzielten Werte auf
13 883 Mio. internationale Dollar in beiden Untersuchungen (vgl. Maddison, 1995a, S. 214 und 221). Die PWT-Schätzungen sind sehr
viel umfassender als jene des ICP, das sich 1980 auf 15 Länder (ICP 4), 1985 im Rahmen des ICP 5 auf 22 Länder und im Rahmen des
ICP 7 für 1993 wiederum auf 20 Länder beschränkte. 1990 hat keine ICP-6-Runde für Afrika stattgefunden. Die ICP-Ergebnisse wurden
in derselben Art wie jene in Tabellen A3.g und A3.h auf eine Basis 1990 umgerechnet. Bei den hier aufgeführten 24 Ländern handelt es
sich um alle jene, die an einer der beiden ICP-Untersuchungen teilgenommen haben. Die Ergebnisse von ICP 4 stammen aus
UN/Eurostat, World Comparisons of Purchasing Power Parity and Real Product for 1980, New York, 1987, S. viii; die von ICP 5 aus
UN/Eurostat, World Comparisons of Real GDP and Purchasing Power 1985, New York, 1994, S. 5; Die Geary-Khamis-Ergebnisse von
ICP 7 aus Eurostat, Comparisons of Price Levels and Economic Aggregates 1993: The Results of 22 African Countries, Luxemburg
1996, S. 43, 145–146. Die ICP-7-Ergebnisse der letzten Spalte sind nicht mit jenen der früheren Jahre vergleichbar. Es handelt
sich hierbei um innerafrikanische Relationen, die über einen standardisierten Wechselkurs zum US-$ anstatt eine Kaufkraftparität in
Korrelation gestellt wurden, wobei die Rechnungseinheit der Vereinigten Staaten zu Grunde gelegt wurde. Die Folge davon ist, dass
das dort ausgewiesene Realproduktniveau insgesamt rd. einem Drittel der Werte der ICP-5-Untersuchung entspricht. Das Verhältnis
zwischen den ICP-7- und den ICP-5-Ergebnissen schwankt zwischen 0.46 für Botsuana und 0.17 für Kamerun. Die ICP-5-Ergebnisse
für Kamerun fallen denn auch effektiv aus der Reihe. Was die größten Länder betrifft, so liegt das Verhältnis jedoch zwischen 0.17
(Nigeria) und 0.34 (Ägypten). Ein großes Problem der ICP-Untersuchung besteht darin, dass keinerlei Versuche zur Ausräumung der
Diskrepanzen zwischen den Ergebnissen der unterschiedlichen Runden unternommen wurden, was ein wesentliches Merkmal des von
Summers und Heston verfolgten Konzepts in den Penn World Tables war.
253
Anhang B
Anhang B
Weltweites Wachstum von Bevölkerung, BIP und
Pro-Kopf-BIP, vor 1820
Maddison (1995a) lieferte eine grobe Gesamtschätzung der weltweiten Entwicklung von Bevölkerung, BIP und Pro-Kopf-BIP, die bis zum Jahr 1500 zurückging, um so einen perspektivischen
Hintergrund für die ausführliche Analyse der Entwicklung nach 1820 zu erhalten. Der Hauptzweck
dieses kurzen historischen Rückblicks bestand darin, die spektakuläre Wachstumsbeschleunigung in
der darauf folgenden kapitalistischen Ära herauszustellen. In Maddison (1998a) wurde eine Gegenüberstellung der Wirtschaftsleistung Chinas und der der westlichen Länder über einen zwei Jahrtausende umfassenden Zeitraum vorgenommen. Diese Untersuchung förderte bedeutende Unterschiede
bei Tempo und Art der Veränderungen in den großen weltwirtschaftlichen Regionen zu Tage und
zeigte, dass die Gründe hierfür weit in die Vergangenheit zurückreichen.
Die vorliegende Studie enthält eine detailliertere und stärker aufgeschlüsseltere Analyse der
„protokapitalistischen“ Epoche von 1500 bis 1820 und beschreibt in großen Zügen den Verlauf des
Entwicklungsprozesses vom Beginn unserer Zeitrechnung bis zum Jahr 1500.
Die quantitative Analyse in diesem Anhang geht von den Schätzungen für das Jahr 1820 in
Anhang A aus und stützt sich bei Berechnungen für die Zeit davor auf die gleichen Analysetechniken:
Zusammenstellung von Daten über demographische Veränderungen, Zugrundelegung des internationalen Dollar von 1990 als zeitlicher und räumlicher Anker für die Schätzung der Entwicklung des BIP
und des Pro-Kopf-BIP sowie Schätzung von Annäherungswerten zur Schließung von Lücken in
den Datenreihen, um so Weltgesamtwerte ableiten zu können. Der vorliegende Anhang ist in zwei
Abschnitte unterteilt: Der erste behandelt das Thema Bevölkerung, der zweite das BIP-Wachstum.
Bevölkerung
Die hier wiedergegebenen Daten über die fernere Vergangenheit sind weniger verlässlich als die
Angaben in Anhang A, und die Datenbasis enthält mehr Lücken. Dennoch sind die angegebenen
quantitativen Werte keine Phantasieprodukte. Die verlässlichsten und umfassendsten Daten betreffen
die Bevölkerung, und die demographische Komponente ist bei der Untersuchung von Jahrhunderten
mit geringem Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens von proportional größerer Bedeutung.
Die demographischen Daten geben wichtige Aufschlüsse über die Entwicklung des Pro-KopfEinkommens. Ein frappierendes Beispiel ist die Urbanisationsrate. Dank der Arbeiten von de Vries für
Europa und von Rozman für Asien kann der Anteil der in Städten mit über 10 000 Einwohnern lebenden Bevölkerung gemessen werden. Im Jahr 1000 lag diese Rate in Europa bei Null (es gab überhaupt
255
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
nur vier Städte mit über 10 000 Einwohnern) und in China bei 3%. Im Jahr 1800 betrug die Urbanisationsrate in Westeuropa 10,6%, in China 3,8% und in Japan 12,3%. Wenn die Urbanisationsrate eines
Landes steigt, ist dies ein Hinweis darauf, dass die Landwirtschaft zunehmende, über den Eigenbedarf
hinausgehende Überschüsse abwirft und dass die nicht landwirtschaftlichen Komponenten der Wirtschaftstätigkeit an Bedeutung gewinnen. In Maddison (1998a) wurden aus diesen Veränderungen
Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Unterschiede beim Pro-Kopf-Wachstum zwischen China und
Europa abgeleitet, und diese Methode bildet auch eine der Grundlagen der vorliegenden Untersuchung. Die chinesische Bürokratie führte Bevölkerungsregister, die mehr als 2000 Jahre zurückreichen. Diese amtlichen Aufzeichnungen dienten der Beurteilung der Besteuerungsfähigkeit. Sie
enthalten Informationen über Anbauflächen und Ernteerträge, die von Perkins (1969) verwendet
wurden, um die langfristige Entwicklung des chinesischen Pro-Kopf-BIP zu evaluieren. Bagnall und
Frier (1994) haben mit Hilfe von Fragmenten alter Zensusdaten hervorragende Schätzungen über
Beschäftigungsstruktur, Haushaltsgröße, Ehemodelle, Fertilität und Lebenserwartung im von Rom
beherrschten Ägypten des 3. Jahrhunderts erstellt.
Seriöse Arbeiten auf dem Gebiet der historischen Demographie begannen im 17. Jahrhundert
mit John Graunt (1662). Er erstellte Bevölkerungsstatistiken, Überlebenstabellen und bestimmte die
Bevölkerung von London, indem er die in den Londoner Mortalitätslisten ab 1603 enthaltenen Angaben
über Taufen und Beerdigungen verarbeitete und analysierte. Halley (1693) veröffentlichte die erste
mathematisch genaue Analyse der Sterbetafeln, und Gregory King (1696) leitete Schätzungen der
Bevölkerung von England und Wales aus Informationen über die Herd- und Kopfsteuer, eine neue
Steuer auf Geburten, Eheschließungen und Beerdigungen, sowie seinen eigenen Minivolkszählungen
für mehrere Städte ab.
Im 20. Jahrhundert erlebte die historische Demographie an verschiedenen wichtigen Zentren
einen neuen Aufschwung: a) beim Büro für Demographieforschung an der Universität von Princeton
(gegründet 1936); b) beim INED – Institut National des Etudes Demographiques, das in den fünfziger
Jahren eingerichtet wurde, um die von Louis Henry entwickelten Techniken der Familienrekonstitution zu nutzen; c) bei der Cambridge-Gruppe für Bevölkerungsgeschichte und Familienstruktur
(gegründet in den siebziger Jahren), die ein weitreichendes Forschungsprojekt durchführte, um Größe
und Struktur der englischen Bevölkerung auf Jahresbasis, zurückgehend bis zum Jahr 1541, zu
rekonstituieren (Wrigley et al., 1997); d) im Rahmen intensiver Forschungsarbeiten auf dem Gebiet
der historischen Demographie, die in Japan unter der Führung von Akira Hayami und Osamu Saito
durchgeführt wurden; und schließlich durch e) eine Flut von Arbeiten über die lateinamerikanische
Demographie, die von Mitgliedern der Berkeley School der University of California veröffentlicht
wurden. Für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts verfügen wir über die umfassenden internationalen
Erhebungen der Vereinten Nationen und des US Bureau of the Census.
Mithin liegen nunmehr in großer Zahl Monographien über europäische, amerikanische und asiatische Länder vor, und es wurde eine lange Reihe von Arbeiten durchgeführt, um Gesamtschätzungen
der Weltbevölkerung zu erstellen. Riccioli (1672) und Gregory King (1696) haben mit dieser Tradition
begonnen. Die frühen Schätzungen wurden von Willcox (1931) in einer nützlichen Übersicht zusammengefasst, die für den Zeitraum von 1650 bis 1850 eine Liste von 66 Publikationen umfasste. Die
zeitgenössische Forschung wird von Colin Clark (1967), Durand (1974), McEvedy und Jones (1978)
sowie Biraben (1979) vertreten.
Die nachfolgenden detaillierten Schätzungen für die Zeit nach 1500 basieren größtenteils auf
Monographien über die wichtigsten Länder. Zur Schließung von Lücken in meiner Datenbank habe
ich die Arbeiten von McEvedy und Jones (1978) herangezogen, und für den Zeitraum von Beginn
unserer Zeitrechnung bis zum Jahr 1500 habe ich mich weitgehend hierauf gestützt.
256
Anhang B
Aus verschiedenen Gründen gebe ich McEvedy und Jones den Vorzug vor Clark, Durand und
Biraben. Bei den Schätzungen von McEvedy und Jones handelt es sich um die detailliertesten und am
besten belegten Arbeiten. Wenn sie die Vergangenheit rekonstituieren, definieren sie die Länder nach
den 1975 bestehenden Grenzen, die in den meisten Fällen mit den Grenzen von 1990 übereinstimmen,
von denen ich selbst in der Regel bei meinen Arbeiten ausgegangen bin (mit Ausnahme von Deutschland, Indien, Korea und dem Vereinigten Königreich). Sie zeigen darüber hinaus den Effekt von Veränderungen des Grenzverlaufs. Zwischen den vier klassischen Informationsquellen bestehen signifikante Unterschiede bei der Beurteilung der langfristigen Bevölkerungsdynamik, insbesondere was
Lateinamerika im Jahr 1500 und davor betrifft, aber auch in Bezug auf Afrika. In beiden Fällen deckt
sich meine Auffassung eher mit der von McEvedy und Jones als der von Clark, Durand oder Biraben.
Tabelle B.1 enthält einen Vergleich meiner Gesamtergebnisse mit denen von McEvedy und
Jones, Clark, Durand sowie Biraben.
Westeuropa
Die Daten über Dänemark, Finnland, Deutschland, die Niederlande, Norwegen, Schweden und
die Schweiz für den Zeitraum 1500-1700 stammen aus Maddison (1991), S. 226-227; die Daten über
Belgien und Italien aus de Vries (1984), S. 36; die Daten über Österreich aus McEvedy und Jones
(1978); die Daten über Frankreich (in seinen gegenwärtigen Grenzen) stammen für den Zeitraum
1500-1700 aus Bardet und Dupaquier (1997), S. 446 und 449; für den Zeitraum 1700-1820 aus Henry
und Blayo (1975), S. 97-99. Die Schätzungen für das Vereinigte Königreich werden in der nachstehenden Tabelle B.13 erklärt. Die demographischen Angaben für die Jahre 0 und 1000 wurden
McEvedy und Jones (1978) entnommen. Es wurde unterstellt, dass sich die Bevölkerung von 13 kleinen westeuropäischen Ländern parallel zu der Gesamtbevölkerung der 12 oben angeführten Länder
entwickelt hat.
Die Daten für Portugal im Zeitraum 1500-1700 und Spanien im Jahr 1500 wurden de Vries
(1984), S. 36, entnommen. Für Spanien im Jahr 1600 und im Jahr 1700 entstammen die Angaben dem
statistischen Jahrbuch Spaniens, 1977, INE, Madrid, S. 49, für die Jahre 0 und 1000 den Arbeiten von
McEvedy und Jones. Die Daten für Griechenland im Zeitraum 0-1700 sind McEvedy und Jones entnommen.
Osteuropa
Die demographischen Angaben für – in der heutigen Gebietsform – Albanien, Bulgarien,
Griechenland, Polen, Rumänien, Slowakei, Tschechische Republik, Ungarn und die fünf Republiken
des ehemaligen Jugoslawien wurden McEvedy und Jones (1978) entnommen.
Ehemalige UdSSR
Tabelle B.3 bezieht sich auf die Bevölkerung des geographischen Gebiets, das die UdSSR
bildete, bevor es 1991 zu deren Auflösung kam. Die Angaben für die Zeitspanne 0-1870 stammen aus
McEvedy und Jones (1978), S. 78-82, 157-163; sie sind aufgeschlüsselt in den europäischen Teil
Russlands (ohne Finnland und die polnischen Provinzen), Sibirien, den Kaukasus (die heutigen
Republiken Armenien, Aserbaidschan und Georgien) und Turkestan (die heutigen Republiken
Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan).
257
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle B.1 Alternative Schätzwerte der regionalen Aufteilung der Weltbevölkerung, 0-1700
(in Tausend)
Jahr
0
1000
1500
1700
Europa (einschließlich Gebiet der ehemaligen Sowjetunion)
Clark
Durand
Biraben
McEvedy und Jones
Maddison
44 500
42 500
43 000
32 800
33 350
44 200
45 500
43 000
38 800
39 013
73 800
79 000
84 000
85 500
87 718
111 800
n.v.
125 000
126 150
126 810
41 000
46 500
42 000
14 000
19 750
13 000
n.v.
12 000
13 000
13 250
227 000
304 000
245 000
277 330
284 350
416 000
n.v.
436 000
411 250
402 350
85 000
54 000
87 000
46 000
46 000
100 000
n.a.
107 000
61 000
61 000
427 800
483 500
461 000
423 600
437 818
640 800
n.v.
680 000
610 000
603 410
Amerika
Clark
Durand
Biraben
McEvedy und Jones
Maddison
3 000
12 000
12 000
4 500
6 320
13 000
37 500
18 000
9 000
12 860
Asien (einschließlich Australasien)
Clark
Durand
Biraben
McEvedy und Jones
Maddison
185 000
207 000
171 000
114 200
174 650
173 000
189 500
152 000
183 400
183 400
Afrika
Clark
Durand
Biraben
McEvedy und Jones
Maddison
23 000
35 000
26 000
16 500
16 500
50 000
37 500
38 000
33 000
33 000
Welt insgesamt
Clark
Durand
Biraben
McEvedy und Jones
Maddison
225 500
296 500
252 000
168 700
230 820
280 200
310 000
253 000
264 500
268 273
Quelle: Clark (1967), Durand (1974), McEvedy und Jones (1978) und Biraben (1979). Bei den Schätzungen von Durand handelt es sich um
Ober-/Untergrenzen, deren mittleren Wert ich hier wiedergegeben habe. Ich habe das gesamte Gebiet der ehemaligen Sowjetunion Europa und die gesamte Türkei Asien zugerechnet; die Schätzwerte der anderen Autoren habe ich dieser Definition angepasst.
Die großen Einwanderungsländer
Bei Daniels (1992) finden sich ein detailliertes Literaturverzeichnis und eine umfassende Übersicht der Untersuchungen über Nordamerika. Thornton (1987) analysiert den Prozess der indigenen
Entvölkerung und zitiert die von Ubelaker (1976) für die Smithsonian Institution durchgeführten
Schätzungen. Ich habe diese Schätzungen (in gerundeter Form) als Basis für meine eigene Schätzung
– 2 Millionen im Jahr 1500 für die Vereinigten Staaten und eine viertel Million für Kanada – verwendet. Thornton gibt keine Schätzwerte für 1600 und 1700 an. Meine Evaluierung für diese beiden Jahre
basiert auf der Annahme, dass die Entvölkerungsrate niedriger war als in Mexiko (das eine wesentlich
größere Bevölkerungsdichte aufwies). Für den Zeitraum 0-1500 wird angenommen, dass die demographische Entwicklung proportional der des gesamten lateinamerikanischen Raums entsprach.
258
Anhang B
Tabelle B.2 Bevölkerung West- und Osteuropas sowie der großen Einwanderungsländer, 0-1820
(in Tausend)
Jahr
0
1000
1500
1600
1700
1820
500
300
180
20
5 000
3 000
7 000
200
100
200
300
800
17 600a
500
4 500
2 000
100
700
400
360
40
6 500
3 500
5 000
300
200
400
300
2 000
19 700b
600
4 000
1 000
113
2 000
1 400
600
300
15 000
12 000
10 500
950
300
550
650
3 942
48 192
1 000
6 800
1 000
276
2 500
1 600
650
400
18 500
16 000
13 100
1 500
400
760
1 000
6 170
62 580
1 100
8 240
1 500
358
2 500
2 000
700
400
21 471
15 000
13 300
1 900
500
1 260
1 200
8 565
68 796
2 000
8 770
1 500
394
3 369
3 434
1 155
1 169
31 246
24 905
20 176
2 355
970
2 585
1 829
21 226
114 419
3 297
12 203
2 312
657
24 700
25 413
57 268
73 778
81 460
132 888
Albanien
Bulgarien
Tschechoslowakei
Ungarn
Polen
Rumänien
Jugoslawien
200
500
1 000
300
450
800
1 500
200
800
1 250
500
1 200
800
1 750
200
800
3 000
1 250
4 000
2 000
2 250
200
1 250
4 500
1 250
5 000
2 000
2 750
300
1 250
4 500
1 500
6 000
2 500
2 750
437
2 187
7 190
4 571
10 426
6 389
5 215
Osteuropa insgesamt
4 750
6 500
13 500
16 950
18 800
36 415
640
80
450
1 300
160
500
2 000
250
550
1 500
250
550
1 000
200
550
9 981
816
433
1 170
1 960
2 800
2 300
1 750
11 230
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 Länder insgesamt
Portugal
Spanien
Griechenland
13 kleine Länder
Westeuropa insgesamt
Vereinigte Staaten
Kanada
Australien und Neuseeland
Große Einwanderungsländer insgesamt
Tabelle B.3 Europäische und asiatische Bevölkerung Russlands, 0-1870
(in Tausend)
Jahr
0
1000
1500
1600
1700
1820
1870
Europäische Gebiete
Sibirien
Kaukasus
Turkestan
2 000
100
300
1 500
4 000
100
500
2 500
12 000
200
1 250
3 500
15 000
200
1 500
4 000
20 000
300
1 750
4 500
44 161
1 443
2 429
6 732
71 726
3 272
4 587
9 087
Insgesamt
3 900
7 100
16 950
20 700
26 550
54 765
88 672
Quelle:
McEvedy und Jones (1978).
259
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Für Australien wurde die Zahl der Ureinwohner nach der herkömmlichen offiziellen Schätzung
zum Zeitpunkt der ersten Begegnung mit Europäern auf 250 000 bis 300 000 beziffert; das von Butlin
(1983) erarbeitete detaillierte Modell zur Messung der wahrscheinlichen Effekte von Krankheit, Vertreibung und gezielter Ausrottung in New South Wales und Victoria lässt jedoch auf eine beträchtlich
höhere Zahl schließen. Ich habe für die Bevölkerung von Australien und Neuseeland zusammengenommen (vor den ersten Kontakten mit Europäern) eine Zahl von 550 000 angesetzt; das ist ein
niedrigerer Wert als der von Butlin geschätzte, liegt aber über den früheren offiziellen Schätzungen.
Für den Zeitraum 0-1500 gehe ich von einem langsameren Bevölkerungswachstum in Australien aus
als auf dem amerikanischen Kontinent.
Lateinamerika
Über die Größe der autochthonen Bevölkerung zum Zeitpunkt der spanischen Eroberung
bestehen erhebliche Kontroversen. Es gibt wenig gesicherte Daten und doch existieren zwei ganz
unterschiedliche Denkschulen. Fest steht, dass die Bevölkerung nach der spanischen Eroberung
erheblich gesunken ist. Die indigene Bevölkerung, die über Jahrtausende von fremden Mikroben
abgeschirmt war, wurde durch die großen Pocken- und Masernepidemien sowie andere tödliche
Krankheiten, gegen die sie keine Abwehrkräfte entwickelt hatte, dezimiert.
Mexiko
In einer Evaluierung, die auf sorgfältigen Recherchen der Literatur über die Konquistadoren und
den in spanischen Archiven vorhandenen Dokumenten beruhte, schätzte Angel Rosenblat (1945) die
vor der Eroberung im heutigen Mexiko ansässige Bevölkerung auf etwa 4,5 Millionen. Er nahm eine
verhältnismäßig moderate Entvölkerungsrate nach der Eroberung an – einen Rückgang um weniger als
15% im 16. Jahrhundert. Die Berkeley School (Cook und Simpson, 1948) ging von sehr viel höheren
Schätzungen der Bevölkerung vor der Eroberung aus – ihr Schätzwert für Mittelmexiko allein (rund
ein Viertel der Fläche des heutigen Mexiko) lag bei 11 Millionen. Diese Schätzung basierte auf verschiedenen, wenig verlässlichen Annahmen, z.B. der Multiplizierung der Zahl der franziskanischen
Mönche mit den Taufkoeffizienten oder Rückschlüssen auf die Bevölkerungsgröße anhand der Größe
der aztekischen Armeen, wie sie von ihren Gegnern geschätzt wurde. Borah und Cook (1963) gelangten für Mittelmexiko zu noch höheren Schätzungen – 25 Millionen auf der Basis vieldeutiger Piktogramme, die die Inzidenz der aztekischen Steuerabgaben beschreiben. Für den Zeitraum 1519-1605
unterstellten sie eine Entvölkerungsrate der autochthonen Einwohner von 95%, und bei Berechnungen
für frühere Jahre legten sie die spanischen Schätzungen für 1605 zu Grunde, unter Verwendung eines
Multiplikators von 25. Sie gaben keine ausführlichen Erläuterungen der verschiedenen Mortalitätsursachen, wie es Butlin (1983) für Australien getan hat. Sie untersuchten keine alternativen Messmethoden wie Cook (1981) im Fall Perus, und sie verzichteten stets darauf, die von Rosenblat (1967)
formulierte Kritik an ihrer Arbeit in aller Form zu beantworten.
Aus zwei Gründen sind Zweifel an den extrem hohen von der Berkeley School geschätzten
Mortalitätsraten angebracht: a) Es wird eine sehr viel höhere Mortalität angenommen als in Europa im
Gefolge der Schwarzen Pest (Dezimierung der Bevölkerung um ein Drittel); b) es ist unwahrscheinlich, dass die Bevölkerung von Mittelmexiko ihr für 1519 unterstelltes Niveau, trotz des positiven
Effekts der spanischen Eroberung auf das Produktionspotential, erst 1970 wieder erreicht haben soll.
Vor der Eroberung gab es keine Wagen auf Rädern, keine Pflüge und keine Metallwerkzeuge. Die
Grundernährung war praktisch vegetarisch, denn Rinder, Schafe, Schweine oder Hühner waren unbekannt. Da es keine Pferde, Esel, Ochsen oder mit Rädern ausgestattete Fahrzeuge gab, waren die
Transportmöglichkeiten zu Land auf menschliches Trägerpersonal beschränkt. Europa hat sich inner260
Anhang B
halb eines Jahrhunderts, praktisch ohne technologischen Fortschritt, von den durch die Schwarze Pest
verursachten Verlusten erholt. Es erscheint unglaubwürdig, dass Mexiko hierfür 450 Jahre gebraucht
haben soll.
Meiner Ansicht nach sind die Schätzungen der Berkeley School für Mexiko viel zu hoch. Ich
glaube jedoch auch, dass Rosenblat das vor der spanischen Eroberung bestehende Niveau und die
danach eingetretene Entvölkerung unterschätzt. Zambardino (1980) schlägt in einer kritischen Analyse
der Arbeiten der Berkeley School eine plausible Spanne von 5-10 Millionen Einwohnern vor. Ich habe
den Mittelwert der Schätzungen Zambardinos für Mexiko (vgl. die Analyse in Maddison, 1995b)
gewählt und eine Entvölkerungsrate von zwei Dritteln zwischen 1500 und 1600 unterstellt.
Rosenblat (1945) beschreibt die Struktur der mexikanischen Bevölkerung im Jahr 1825 am Ende
der spanischen Herrschaft, als die Bevölkerung sich auf 6,8 Millionen belief. Am oberen Ende der
Skala gab es eine dünne Schicht von 70 000 Peninsulares (Spanier von der iberischen Halbinsel). Die
zweite Gruppe bestand aus 1,2 Millionen Criollos (Weiße spanischer Abstammung). Die dritte Gruppe
setzte sich aus 1,9 Millionen Mestizos oder Castas zusammen. Die Mehrzahl entstammte Verbindungen zwischen Weißen und Indianern; manche dieser Indianer hatten ihren ländlichen Lebensstil aufgegeben, trugen Kleidung im spanischen Stil und lebten in städtischen Gebieten. Am unteren Ende der
sozialen Leiter befanden sich die in ländlichen Regionen lebenden Indianer (3,7 Millionen); sie lebten
zumeist in kleineren Dörfern und betrieben Landwirtschaft zur Eigenbedarfsdeckung, wobei es im
Norden auch einige Jäger/Sammler-Gruppen gab. Diese Indianergemeinschaften trugen traditionelle
Kleidung, sprachen ihre eigenen Sprachen und pflegten ihre eigenen Gebräuche (mit Ausnahme der
Religion). Im Süden des Landes lebte eine kleine Gruppe schwarzer Sklaven (etwa 10 000). Diese
Informationen über die soziale Struktur sind für die Berechnung der Einkommenskonten von großem
Nutzen (vgl. weiter unten).
Brasilien
Ich habe die Schätzungen von Rosenblat (1945) für 1500 übernommen, die McEvedy und Jones
verwendet haben. Sie kommen den Schätzungen von Kroeber (1939) nahe, die auf bestimmten Hypothesen über die Art der Landnutzung und die Technologien, einer mehrheitlich als Jäger/Sammler
lebenden Bevölkerung basieren (zum Teil wurde auch Brandrodungsbau in Küstengebieten betrieben).
Hemming (1978) schätzt die Bevölkerung vor den Kontakten mit den Kolonisatoren auf 2,4 Millionen
(von ihm selbst als „reine Vermutung“ bezeichnet), einen Wert, den er durch Extrapolation der heutigen Zahlen für 28 Regionen unter Berücksichtigung der angenommenen Entvölkerungsraten ermittelte. Denevan (1976) schätzt die Bevölkerung von Nord- und Mittelbrasilien (einschließlich Amazonasgebiet) auf 4,8 Millionen; diese Schätzung basiert jedoch auf dem landwirtschaftlichen Potential und
auf Parametern, die von Daten über Peru abgeleitet wurden. Hemming setzt die wahrscheinliche Entvölkerungsrate für ein dünn besiedeltes Land mit einer Jäger/Sammler-Bevölkerung zu hoch an, und die
auf der Evaluierung des landwirtschaftlichen Potentials basierenden Schätzungen von Denevan sind
für eine mehrheitlich aus Jägern und Sammlern bestehende indianische Bevölkerung nicht geeignet.
Im ersten Jahrhundert der Kolonialisierung wurde deutlich, dass es schwierig war, Indianer als
Leibeigene oder Sklaven einzusetzen. Sie waren nicht gefügig, hatten bei Kontakten mit westlichen
Krankheiten eine hohe Sterblichkeitsrate, und sie waren in der Lage zu fliehen bzw. sehr begabt darin
sich zu verstecken. Die Portugiesen brachten daher eine Vielzahl afrikanischer Sklaven für manuelle
Arbeiten ins Land. Im Endeffekt erlitten die brasilianischen Indianer das gleiche Schicksal wie die
nordamerikanischen Indianer. Sie wurden über die Grenzen des kolonialen Machtbereichs hinaus
vertrieben. Der Hauptunterschied bestand in der zahlenmäßig stärkeren Vermischung mit weißen
Invasoren und schwarzen Sklaven.
261
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle B.4 Ethnische Zusammensetzung der brasilianischen Bevölkerung, 1500-1870
(in Tausend)
Jahr
1500
1600
1700
1820
1870
Indigene Bevölkerung
Schwarze und Mischlinge
Europäer
1 000
700
70
30
950
200
100
500
2 500
1 500
400
5 700a
3 700
Insgesamt
1 000
800
1 250
4 500
9 800
a) Einschl. 1,5 Millionen Sklaven.
Quelle: Rosenblat (1945), Simonsen (1962), Merrick und Graham (1979), Marcilio (1984).
Tabelle B.5 Alternative Schätzwerte der lateinamerikanischen Bevölkerung, 0-1820
(in Tausend)
Jahr
0
1000
1500
1600
1700
1820
2 500
800
1 300
4 000
8 600
4 500
1 250
1 300
5 000
12 050
6 587
4 507
1 317
8 809
21 220
3 500
1 000
1 500
4 500
10 500
4 000
1 250
1 500
5 400
12 150
6 309a
3 827a
1 683a
10 450a
22 269a
3 645b
886b
1 591b
4 532b
10 654b
n.a.
n.a.
n.a.
n.a.
n.a.
6 800c
4 000c
1 400c
10 863c
23 063c
14 000
12 000
10 000
10 000
Maddison Schätzungen
Mexiko
Brasilien
Peru
Sonstige
Insgesamt
5 600
4 500
700
3 000
3 200
11 400
7 500
1 000
4 000
5 000
17 500
McEvedy und Jones (1978)
Mexiko
Brasilien
Peru
Sonstige
Insgesamt
1 500
400
750
1 550
4 200
3 000
700
1 500
3 300
8 500
5 000
1 000
2 000
5 200
13 200
Rosenblat (1945)
Mexiko
Brasilien
Peru
Sonstige
Insgesamt
4 500
1 000
2 000
4 885
12 385
Clark (1967)
Insgesamt
2 900
12 600
40 000
Biraben (1979)
Insgesamt
10 000
16 000
39 000
a) Interpolation der Schätzungen für 1800 und 1850; b) Interpolation der Schätzungen für 1570 und 1650; c) 1825.
Quelle: Meine Schätzungen für 1500-1820 (vgl. obigen Text). Zuwachsraten für 0-1500 aus McEvedy und Jones.
262
23 980a
Anhang B
Peru
Ich habe die von Cook (1981, Kapitel 7) angegebene „Minimal“-Schätzung von 4 Millionen
übernommen. Obgleich er hier von „minimal“ spricht, nennt er noch niedrigere Werte, die mit Hilfe
anderer, von ihm als nützlich betrachteter Methoden ermittelt wurden. Der methodische Ansatz von
Cook ähnelt dem der Berkeley School; er kommt aber zu alternativen Schätzungen, die auf verschiedenen Ansätzen beruhen: a) „ökologischer“ Ansatz, der die maximal mögliche Bevölkerung (bis zur
natürlichen Belastungsgrenze) unter dem Aspekt der verfügbaren Ressourcen und der vorhandenen
Technologie bewertet; b) Rückschlüsse aus der Häufigkeit archäologischer Funde; c) Retropolation
der angenommenen Entvölkerungsraten ab 1571, dem Jahr, aus dem die ersten einigermaßen gut
dokumentierten Bevölkerungsschätzungen der Spanier stammen. Cook entscheidet sich für die Zeit
vor der spanischen Eroberung für eine Zahl von 9 Millionen (S. 114), die nahe am oberen Ende der
von ihm ermittelten breiten Spanne liegt. Ich bin von der gleichen Entvölkerungsrate ausgegangen wie
im Falle Mexikos, d.h. einem Rückgang um zwei Drittel zwischen 1500 und 1600.
Andere lateinamerikanische Länder
Ich habe für die Zeit vor der spanischen Eroberung die Schätzungen von McEvedy und Jones
(1978) übernommen, die sich hier größtenteils auf Rosenblat (1945) stützen. Ich nehme eine höhere
Entvölkerungsrate für das 16. Jahrhundert an als McEvedy und Jones, doch liegt diese Rate unter der
für Mexiko und Peru (vgl. Tabelle B.5).
Gesamtbevölkerung Lateinamerikas
Tabelle B.5 enthält einen Vergleich meiner Schätzungen mit denen von McEvedy und Jones
sowie Rosenblat. Meine Schätzungen liegen für 1500 höher und weisen für das 16. Jahrhundert eine
stärkere Entvölkerung aus, die Differenzen sind, mit den Daten der Berkeley School verglichen,
jedoch gering. Borah (1976) vertrat die Auffassung, dass die Bevölkerung des gesamten amerikanischen Kontinents im Jahr 1500 über 100 Millionen betragen haben könnte. Colin Clark (1967) und
Biraben (1979) waren von den Arbeiten Borahs beeindruckt, hielten seine Angaben aber offensichtlich
für übertrieben und schlugen Kompromissschätzungen vor (ohne detaillierte Angaben für die einzelnen
Länder).
China
Die Schätzungen der chinesischen Bevölkerung (vgl. Tabelle B.8) basieren auf amtlichen Registern,
die sehr viel weiter zurückgehen als die aller anderen Länder. Die Anpassungen, die notwendig sind,
um intertemporale Kompatibilität zu gewährleisten, werden in Bielenstein (1987) und Ho (1959)
eingehend erörtert. Ich übernahm die Angaben von Ho (1970, S. 49) für die Bevölkerung im Jahr
2 n.Chr. Für die Jahre ab 960 vgl. Maddison, 1998a, Anhang D, S. 167-169. In jüngster Zeit hat Martin
Heidra (in Cambridge History of China, Bd. 8) eine völlig andere Darstellung der chinesischen Bevölkerung mit einem sehr raschen Wachstum unter der Ming-Dynastie geliefert. Er legt jedoch weder
Einzelheiten noch bibliographische Belege für diese revidierte Auffassung vor und geht auch nicht
von einem Bevölkerungsrückgang infolge der Kriege zwischen den Ming-Herrschern und der nachfolgenden Ch’ing-Dynastie in der Mitte des 17. Jahrhunderts aus. Seine Analyse reicht bis 1650, und
seine hoch angesetzten Werte würden jegliches Wachstum während der Ch’ing-Ära praktisch ausschließen (vgl. Heidra in Twitchett und Mote, 1998, S. 436-440). Daher fällt es schwer, seinen Schätzungen Glauben zu schenken.
263
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Indien
Indien verfügt nicht über statistische Aufzeichnungen in der Art, wie wir sie in Westeuropa,
China oder Japan finden, und deshalb gehen die Meinungen hier weit auseinander. Die Diskussion
dreht sich zu einem großen Teil um das Jahr 1600, für das Moreland die Bevölkerung auf 100 Millionen, Davis (1951) auf 125 Millionen und Habib (1982) auf rd. 145 Millionen (d.h. eine Größenordnung von 140-150 Millionen) schätzte. Fast alle diese Schätzungen basieren auf einer Evaluierung
der Produktionskapazität der Anbauflächen (vgl. Raychaudhuri und Habib, 1982), so dass Interdependenzen zwischen den Hypothesen über Demographie und Wirtschaftsleistung bestehen. Ich habe
Durchschnittswerte der Schätzungen von Davis und Habib für das Jahr 1600 übernommen. Für das
Jahr 0 verwendete ich die Schätzungen von Durand.
Tabelle B.6 Alternative Schätzwerte der indischen Bevölkerung, 0-1820
(in Millionen)
Jahr
Clark (1967)
McEvedy & Jones (1978)
Biraben (1979)
Durand (1974)
Maddison
a)
0
1000
1500
1600
70
34
46
75
55
70
77
40
75
75
79
100
95
112.5
110
100
130
145
n.v.
135
1700
200
160
175
180a
165
1820
190
200
194
n.v.
209
1750.
Japan
Relativ verlässliche Angaben stehen ab 1721 aus den alle sechs Jahre durchgeführten nationalen
Bevölkerungserhebungen zur Verfügung. Diese Erhebungen wurden für den Herrschaftsbereich des
Shogun sowie die Herrschaftsbereiche von etwa 250 Daimyo im übrigen Japan vorgenommen. Die
Register klammerten Samurai-Haushalte, die kaiserliche Aristokratie, Kastenlose und Bettler (Eta und
Hinin) aus. Sie unterzeichneten die weibliche Bevölkerung und (je nach Herrschaftsgebiet in unterschiedlichem Maße) auch die Zahl der Kleinkinder. Die Zahlenangaben können jedoch angepasst
werden, so dass wir ab 1721, als die Gesamtbevölkerung bei etwa 30 Millionen lag, akzeptable Schätzungen erhalten. Für die Zeit vor der Einführung der regelmäßigen Erhebungen stehen als Informationsquellen die Jahresregister religiöser Vereinigungen zur Verfügung, die nach der Vertreibung der
Portugiesen aus Japan und nach dem Verbot des Christentums etabliert wurden. Darauf aufbauend
stellt Hayami (1986a) retrospektive Schätzungen für die Daimyo von 17 Regionen über Perioden von
30 bis 100 Jahren für die Zeit vor den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts an. Zusammengenommen
decken sie etwa 17% der japanischen Bevölkerung in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts ab. Sie
zeigen für die Wachstumsrate einen arithmetischen Durchschnitt von 0,35% und einen gewichteten
Durchschnitt von 0,52% pro Jahr. Werden diese Raten in die Vergangenheit extrapoliert, ergibt
sich für 1600 eine Bevölkerung von 16 bis 19,7 Millionen, was den Schätzungen Yoshidas (1911) von
18,5 Millionen nahe kommt. Yoshida stützte sich bei seinen Schätzungen auf die Katastererhebungen
von 1598, die eine Getreideproduktion von 18,5 Millionen Koku auswiesen. Er ging davon aus, dass
mit dieser Getreidemenge 18,5 Millionen Menschen bei einem Verbrauch von 1 Koku (150 kg) pro
Person ernährt werden konnten.
264
Anhang B
Tabelle B.7 Alternative Schätzwerte der japanischen Bevölkerung, 0-1820
(in Tausend)
Jahr
Maddison
Hayami
Quelle:
0
1000
1500
1600
1700
1820
3 000
7 500
15 400
10 000
18 500
12 000
27 000
30 000
31 000
31 000
Für das erste Jahrhundert habe ich den mittleren Wert der von Farris (1985, S. 3) für die Jajoi-Periode ermittelten Bandbreite gewählt,
für das Jahr 1000 habe ich die Schätzungen von Farris (S. 175) für die Mitte des 7. Jh. und von Taeuber (1958, S. 20) für die Mitte des
13. Jh. interpoliert. Für 1500-1600 habe ich dieselben Zuwachsraten wie Hayami veranschlagt (0,18% pro Jahr).
Yoshidas Überlegungen waren etwas vereinfachend, dennoch erscheint seine Schätzung plausibler als die von Hayami (1986a) für das Jahr 1600 genannte Größenordnung von 10 bis 14 Millionen.
Hayamis Schätzung impliziert ein sehr rasches Wachstum im 17. Jahrhundert, das abrupt von einer
mehr oder weniger totalen Stagnation im 18. Jahrhundert abgelöst wird.
Korea
In Korea wurde die Bevölkerung von 1392 bis 1910 im Rahmen des Registriersystems Hojok auf
Haushaltsbasis erfasst. Das System, dessen amtliche Unterlagen z.T. noch vorhanden sind, diente
Besteuerungszwecken und bildete die Grundlage für die Arbeitskräftemobilisierung. In diesen Registern
wurden kaum Kinder geführt, es gab erhebliche regionale Unterschiede, und der Erfassungsgrad war
in der Hauptstadt Seoul vergleichsweise sehr viel vollständiger. Kwon (1993) hat diese Zahlen mit
Hilfe anderer historischer Dokumente sowie von Informationen über die Familienstruktur aus der ersten
modernen Volkszählung von 1925 angepasst. Kwon und Shin (1977) liefern Jahresschätzungen für den
Zeitabschnitt von 1392 bis 1910. Ich habe ihre demographischen Schätzwerte für 1500, 1600, 1700
und 1910 verwendet und diese, wie in Anhang A beschrieben, mit den Schätzungen von Mizoguchi
und Umemura (1988) für das Jahr 1910 verknüpft. Die revidierten Schätzungen sind etwa zweimal so
hoch wie die von McEvedy und Jones (1978), die auf den nicht bereinigten Daten der Bevölkerungsregister beruhten, wie sie von Lee (1936, S. 40-41) wiedergegeben wurden. Für den Zeitraum 0-1500
habe ich proportional die gleiche demographische Entwicklung wie in Japan angenommen.
Afrika
Außer für Ägypten gibt es praktisch keine Unterlagen über die afrikanische Bevölkerung. Die
vorhandenen Schätzungen sind spekulativer Natur. Die ersten wurden im Jahr 1672 von Riccioli, einem
italienischen Jesuiten, erstellt. Er gab eine Bevölkerung von 100 Millionen für die damalige Zeit an,
ohne zu erklären, wie er zu diesem Resultat gelangt war. Gregory King (1696) schätzte 70 Millionen;
er wählte die vorhandene Landfläche als Ausgangspunkt und stellte eine grobe Schätzung der landwirtschaftlichen Produktivität an, um zu bestimmen, wie viele Menschen von den vorhandenen natürlichen Ressourcen und angesichts der gegebenen technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen leben konnten.
Der renommierte amerikanische Demograph Walter Willcox (1931) hielt Ricciolis Schätzungen
für plausibel und ging davon aus, dass im 17. und 18. Jahrhundert keine Veränderungen eingetreten
sind. Colin Clark (1967) war der gleichen Ansicht. Carr-Saunders (1964) akzeptierte Ricciolis Schätzungen für die Mitte des 17. Jahrhunderts, unterstellte jedoch wegen des Sklavenhandels einen leichten Rückgang in der darauf folgenden Zeit. Auch Biraben (1979) ging von einer gewissen Abnahme
auf Grund des Sklavenhandels aus.
265
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle B.8 Asiatische Bevölkerung, 0-1820
(in Millionen)
Jahr
0
1000
1500
1600
1700
1820
China
Indien
Japan
Korea
Indonesien
Indochina
Sonstiges Ostasien
59,6
75,0
3,0
1,6
2,8
1,1
5,9
59,0
75,0
7,5
3,9
5,2
2,2
9,8
103,0
110,0
15,4
8,0
10,7
4,5
14,4
160,0
135,0
18,5
10,0
11,7
5,0
16,9
138,0
165,0
27,0
12,2
13,1
5,9
19,8
381,0
209,0
31,0
13,8
17,9
8,9
23,6
Iran
Türkei
Sonstiges Westasien
4,0
6,1
15,1
4,5
7,3
8,5
4,0
6,3
7,5
5,0
7,9
8,5
5,0
8,4
7,4
6,6
10,1
8,5
174,2
182,9
283,8
378,5
401,8
710,4
Asien insgesamt
Quelle:
China, Indien, Japan und Korea wie im Text beschrieben. Alle Angaben für 1820 aus Anhang A, Angaben für Indonesien 1700 aus Maddison
(1989b), proportionale Entwicklung 0-1700 aus McEvedy und Jones. Proportionale Entwicklung 0-1820 für Indochina
(Gebiet von Kambodscha, Laos und Vietnam) aus McEvedy und Jones. Sonstiges Ostasien, Iran, Türkei und sonstiges Westasien
0-1700 aus McEvedy und Jones. Für Asien wurde dieselbe geographische Ausdehnung festgelegt wie in Anhang A: Die asiatische Bevölkerung
des Gebiets der ehemaligen Sowjetunion ist nicht eingerechnet; die Türkei, Polynesien und Melanesien sind dafür inbegriffen.
Durand (1974) sowie McEvedy und Jones (1978) vertraten einen völlig anderen Standpunkt. Die
auf der Basis ihrer Schätzungen des Bevölkerungsniveaus von 1900 vorgenommenen retrospektiven
Berechnungen führten sie zu der Annahme eines dynamischeren Wachstumsprozesses. Ihre Position
hinsichtlich der Interaktion zwischen Bevölkerungsdruck und Produktion liegt der von Boserup (1965
und 1981) näher als der Theorie von Malthus, auf die sich die andere Schule stützte. Die Hypothese
von McEvedy und Jones erscheint plausibler, so dass ich deren Schätzwerte für den Zeitraum 0-1913
übernommen habe.
McEvedy und Jones (1978) sind die einzigen, die eine detaillierte Analyse der Bevölkerung Afrikas
vorlegen. Der frappierendste Aspekt ihrer Schätzungen ist die Dynamik der Expansion in den Gebieten
südlich der Sahara und der sehr starke Rückgang des nordafrikanischen Anteils, der sich von rund der
Hälfte der Gesamtbevölkerung Afrikas im 1. Jahrhundert auf etwa ein Siebtel im Jahr 1820 verringerte
(vgl. Tabelle B.9b). Etwa vier Jahrtausende lang war Ägypten praktisch das einzige Gebiet, in dem
Landwirtschaft betrieben wurde, und der übrige Kontinent war nur spärlich von Jäger/SammlerGruppen bevölkert. Im letzten Jahrtausend v.Chr. siedelten sich Phönizier und Griechen in Nordafrika
westlich von Ägypten an, gründeten Städte und brachten hoch entwickelte Landwirtschaftstechniken
mit. Im 1. Jahrhundert stand das gesamte prosperierende Mittelmeerküstengebiet unter römischer
Herrschaft. Nach dem Untergang des Römischen Reichs gingen Wirtschaft und Bevölkerung dieser
Region zurück. Im 7. Jahrhundert kam es dann unter arabischer Herrschaft zu einem neuerlichen Aufschwung, der um das Jahr 1000 einen Höhepunkt erreichte.
Das dynamische Wachstum südlich der Sahara war auf das Vordringen der Landwirtschaft nach
Ost- und Südafrika zurückzuführen, wodurch die Jäger/Sammler-Gruppen vertrieben wurden. Mit
der Einführung von Maniok und Mais aus Amerika im 16. Jahrhundert vergrößerten sich die Möglichkeiten für landwirtschaftliche Expansion. Die Ausbreitung der Landwirtschaft machte es möglich, eine
wesentlich größere Bevölkerung zu ernähren, das Pro-Kopf-Einkommen dürfte sich jedoch kaum
verändert haben.
266
Anhang B
Tabelle B.9a Alternative Schätzwerte der afrikanischen Bevölkerung, 0-1950
(in Millionen)
Jahr
Willcox
(1931)
0
1000
1500
1600
1650
1700
1800
1820
1870
1900
1913
1950
Quelle:
Carr–
Saunders
(1964)
100
100
100
90
(92)
(104,3)
120
141
Clark
(1967)
Biraben
(1979)
23
50
85
95
100
100
100
26
39
87
113
Durand
(1974)
35
37,5
54
55
107
102
122
138
207
159
219
McEvedy
& Jones
(1978)
Maddison
(1999)
16,5
33
46
55
16,5
33
46
55
61
70
(74,2)
(90,5)
110
(124,7)
205
61
74,2
90,5
110,0
124,7
228,3
Willcox (1931), S.78; Carr-Saunders (1964), S.42; Clark (1967), S.64, 104 und 108; Biraben (1979), S. 16; Durand (1974), S. 11
(mittlerer Wert des angegebenen Bereichs); McEvedy und Jones (1978), S. 206. Bei den Angaben in Klammern handelt es sich um
Interpolationen.
Tabelle B.9b Regionale Verteilung der afrikanischen Bevölkerung 0-1820
(in Tausend)
Jahr
Ägypten
Sonstiges Nordafrika
Sonstiges Afrika
Afrika insgesamt
Anteil Nordafrika in %
Quelle:
0
1000
1500
1600
1700
1820
4 000
4 200
8 300
16 500
5 000
5 500
22 500
33 000
4 000
4 300
37 700
46 000
5 000
6 000
44 000
55 000
4 500
4 800
51 700
61 000
4 195
6 790
63 223
74 208
49,7
31,8
18,0
20,0
13,6
14,8
McEvedy und Jones (1978). Bei den Angaben für 1820 handelt es sich um Interpolationen der Schätzungen für 1800 und 1850.
Der Sklavenhandel hatte erhebliche Auswirkungen auf das Wachstum der afrikanischen Bevölkerung (vgl. die Tabellen 1.7 und 2.5 sowie die Analyse in Kapitel 2). Zwischen 1600 und 1870 wurden
über 9 Millionen Sklaven nach dem amerikanischen Kontinent verschifft. Der Höhepunkt wurde im
18. Jahrhundert erreicht, als über 6 Millionen afrikanische Sklaven auf dem amerikanischen Kontinent
ankamen, wobei die Verluste für Afrika infolge der Mortalität während der Überfahrt noch höher
waren. Ohne den Sklavenhandel wäre das Wachstum die afrikanische Bevölkerung im 18. Jahrhundert
vermutlich dreimal so rasch gewachsen.
267
268
680
490
1 170
2 200
3 400
5 600
3 000
Vereinigte Staaten
Sonst. große Einw.-Länder
Große Einwanderungsländer insg.
Mexiko
Sonstiges Lateinamerika
Lateinamerika insgesamt
Japan
16 500
230 820
Afrika
Welt
59 600
75 000
36 600
171 200
3 900
Ex-UdSSR
China
Indien
Sonstiges Asien
Asien insgesamt (ohne Japan)
4 750
500
300
180
20
5 000
3 000
7 000
200
100
200
300
800
17 600
500
4 500
2 100
24 700
0
Osteuropa
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 Länder insgesamt
Portugal
Spanien
Sonstige
Westeuropa insgesamt
Jahr
268 273
33 000
59 000
75 000
41 400
175 400
7 500
4 500
6 900
11 400
1 300
660
1 960
7 100
6 500
700
400
360
40
6 500
3 500
5 000
300
200
400
300
2 000
19 700
600
4 000
1 113
25 413
1000
437 818
46 000
103 000
110 000
55 400
268 400
15 400
7 500
10 000
17 500
2 000
800
2 800
16 950
13 500
2 000
1 400
600
300
15 000
12 000
10 500
950
300
550
650
3 942
48 192
1 000
6 800
1 276
57 268
1500
555 828
55 000
160 000
135 000
65 000
360 000
18 500
2 500
6 100
8 600
1 500
800
2 300
20 700
16 950
2 500
1 600
650
400
18 500
16 000
13 100
1 500
400
760
1 000
6 170
62 580
1 100
8 240
1 858
73 778
1600
603 410
61 000
138 000
165 000
71 800
374 800
27 000
4 500
7 550
12 050
1 000
750
1 750
26 550
18 800
2 500
2 000
700
400
21 471
15 000
13 300
1 900
500
1 260
1 200
8 565
68 796
2 000
8 770
1 894
81 460
1700
1 041 092
74 208
381 000
209 000
89 366
679 366
31 000
6 587
14 633
21 220
9 981
1 249
11 230
54 765
36 415
3 369
3 434
1 155
1 169
31 246
24 905
20 176
2 355
970
2 585
1 829
21 226
114 419
3 297
12 203
2 969
132 888
1820
1 270 014
90 466
358 000
253 000
119 619
730 619
34 437
9 219
30 754
39 973
40 241
5 892
46 133
88 672
52 182
4 520
5 096
1 888
1 754
38 440
39 231
27 888
3 615
1 735
4 164
2 664
31 393
162 388
4 353
16 201
4 590
187 532
1870
1 791 020
124 697
437 140
303 700
185 092
925 932
51 672
14 970
65 545
80 515
97 606
13 795
111 401
156 192
79 604
6 767
7 666
2 983
3 027
41 463
65 058
37 248
6 164
2 447
5 621
3 864
45 649
227 957
6 004
20 263
6 783
261 007
1913
1950
2 524 531
228 342
546 815
359 000
392 481
1 298 296
83 563
28 485
137 352
165 837
152 271
23 823
176 094
180 050
87 289
6 935
8 640
4 269
4 009
41 836
68 371
47 105
10 114
3 265
7 015
4 694
50 363
256 616
8 512
27 868
12 064
305 060
Tabelle B.10 Weltbevölkerung, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998
(in Tausend)
3 913 482
387 645
881 940
580 000
677 214
2 139 154
108 660
57 643
250 807
308 450
211 909
39 036
250 945
249 748
110 490
7 586
9 738
5 022
4 666
52 118
78 956
54 751
13 438
3 961
8 137
6 441
56 223
301 037
8 634
34 810
13 909
358 390
1973
5 907 680
759 954
1 242 700
975 000
1 172 243
3 389 943
126 469
98 553
409 070
507 623
270 561
52 859
323 420
290 866
121 006
8 078
10 197
5 303
5 153
58 805
82 029
57 592
15 700
4 432
8 851
7 130
59 237
322 507
9 968
39 371
16 553
388 399
1998
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Anhang B
Tabelle B.11 Weltbevölkerungswachstum, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsraten)
Jahr
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 Länder insgesamt
Portugal
Spanien
Sonstige
Westeuropa insgesamt
0–1000 1000–1500 1500–1820
1820–70
1870–1913
1913–50
1950–73
1973–98
0,03
0,03
0,07
0,07
0,03
0,02
–0,03
0,04
0,07
0,07
0,00
0,09
0,01
0,02
–0,01
–0,06
0,00
0,21
0,25
0,10
0,40
0,17
0,25
0,15
0,23
0,08
0,06
0,15
0,14
0,18
0,10
0,11
0,03
0,16
0,16
0,28
0,20
0,43
0,23
0,23
0,20
0,28
0,37
0,48
0,32
0,53
0,27
0,37
0,18
0,26
0,26
0,59
0,79
0,99
0,81
0,42
0,91
0,65
0,86
1,17
0,96
0,75
0,79
0,70
0,56
0,57
0,88
0,69
0,94
0,95
1,07
1,28
0,18
1,18
0,68
1,25
0,80
0,70
0,87
0,87
0,79
0,75
0,52
0,91
0,77
0,07
0,32
0,97
0,76
0,02
0,13
0,64
1,35
0,78
0,60
0,53
0,27
0,32
0,95
0,87
1,57
0,42
0,39
0,52
0,71
0,66
0,96
0,63
0,66
1,24
0,84
0,65
1,39
0,48
0,70
0,06
0,97
0,62
0,70
0,25
0,18
0,22
0,40
0,48
0,15
0,20
0,62
0,45
0,34
0,41
0,21
0,28
0,58
0,49
0,70
0,32
Osteuropa
0,03
0,15
0,31
0,72
0,99
0,25
1,03
0,36
Ex-UdSSR
0,06
0,17
0,37
0,97
1,33
0,38
1,43
0,61
Vereinigte Staaten
Sonstige große
Einwanderungsländer
Große Einwanderungsländer insgesamt
0,06
0,09
0,50
2,83
2,08
1,21
1,45
0,98
0,03
0,04
0,14
3,15
2,00
1,49
2,17
1,22
0,05
0,07
0,43
2,87
2,07
1,25
1,55
1,02
Mexiko
Sonstiges Lateinamerika
Lateinamerika insgesamt
0,07
0,07
0,07
0,10
0,07
0,09
–0,04
0,12
0,06
0,67
1,50
1,27
1,13
1,78
1,64
1,75
2,02
1,97
3,11
2,65
2,73
2,17
1,98
2,01
Japan
0,09
0,14
0,22
0,21
0,95
1,31
1,15
0,61
China
Indien
Sonstiges Asien
Asien insgesamt
(ohne Japan)
0,00
0,00
0,01
0,11
0,08
0,06
0,41
0,20
0,15
–0,12
0,38
0,58
0,47
0,43
1,02
0,61
0,45
2,05
2,10
2,11
2,40
1,38
2,10
2,22
0,00
0,09
0,29
0,15
0,55
0,92
2,19
1,86
Afrika
0,07
0,07
0,15
0,40
0,75
1,65
2,33
2,73
Welt
0,02
0,10
0,27
0,40
0,80
0,93
1,92
1,66
269
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle B.12 Aufteilung der Weltbevölkerung, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998
(in % der Weltbevölkerung)
Jahr
0
1000
1500
1600
1700
1820
1870
1913
1950
1973
1998
0,2
0,1
0,1
0,0
2,2
1,3
3,0
0,1
0,0
0,1
0,1
0,3
7,6
0,2
1,9
0,9
10,7
0,3
0,1
0,1
0,0
2,4
1,3
1,9
0,1
0,1
0,1
0,1
0,7
7,3
0,2
1,5
0,4
9,5
0,5
0,3
0,1
0,1
3,4
2,7
2,4
0,2
0,1
0,1
0,1
0,9
11,0
0,2
1,6
0,3
13,1
0,4
0,3
0,1
0,1
3,3
2,9
2,4
0,3
0,1
0,1
0,2
1,1
11,3
0,2
1,5
0,3
13,3
0,4
0,3
0,1
0,1
3,6
2,5
2,2
0,3
0,1
0,2
0,2
1,4
11,4
0,3
1,5
0,3
13,5
0,3
0,3
0,1
0,1
3,0
2,4
1,9
0,2
0,1
0,2
0,2
2,0
11,0
0,3
1,2
0,3
12,8
0,4
0,4
0,1
0,1
3,0
3,1
2,2
0,3
0,1
0,3
0,2
2,5
12,8
0,3
1,3
0,4
14,8
0,4
0,4
0,2
0,2
2,3
3,6
2,1
0,3
0,1
0,3
0,2
2,5
12,7
0,3
1,1
0,4
14,6
0,3
0,3
0,2
0,2
1,7
2,7
1,9
0,4
0,1
0,3
0,2
2,0
10,2
0,3
1,1
0,5
12,1
0,2
0,2
0,1
0,1
1,3
2,0
1,4
0,3
0,1
0,2
0,2
1,4
7,7
0,2
0,9
0,4
9,2
0,1
0,2
0,1
0,1
1,0
1,4
1,0
0,3
0,1
0,1
0,1
1,0
5,5
0,2
0,7
0,3
6,6
Osteuropa
2,1
2,4
3,1
3,0
3,1
3,5
4,1
4,4
3,5
2,8
2,0
Ex-UdSSR
1,7
2,6
3,9
3,7
4,4
5,3
7,0
8,7
7,1
6,4
4,9
Vereinigte Staaten
Sonstige große
Einwanderungsländer
Große Einwanderungsländer insgesamt
0,3
0,5
0,5
0,3
0,2
1,0
3,2
5,4
6,0
5,4
4,6
0,2
0,2
0,2
0,1
0,1
0,1
0,5
0,8
0,9
1,0
0,9
0,5
0,7
0,6
0,4
0,3
1,1
3,6
6,2
7,0
6,4
5,5
Mexiko
Sonstiges Lateinamerika
Lateinamerika insgesamt
1,0
1,5
2,4
1,7
2,6
4,2
1,7
2,3
4,0
0,4
1,1
1,5
0,7
1,3
2,0
0,6
1,4
2,0
0,7
2,4
3,1
0,8
3,7
4,5
1,1
5,4
6,6
1,5
6,4
7,9
1,7
6,9
8,6
Japan
1,3
2,8
3,5
3,3
4,5
3,0
2,7
2,9
3,3
2,8
2,1
25,8
32,5
15,9
22,0
28,0
15,4
23,5
25,1
12,7
28,8
24,3
11,7
22,9
27,3
11,9
36,6
20,1
8,6
28,2
19,9
9,4
24,4
17,0
10,3
21,7
14,2
15,5
22,5
14,8
17,3
21,0
16,5
19,8
74,2
65,4
61,3
64,8
62,1
65,3
57,5
51,7
51,4
54,7
57,4
7,1
12,3
10,5
9,9
10,1
7,1
7,1
7,0
9,0
9,9
12,9
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 Länder insgesamt
Portugal
Spanien
Sonstige
Westeuropa insgesamt
China
Indien
Sonstiges Asien
Asien insgesamt
(ohne Japan)
Afrika
Welt
270
Anhang B
BIP und Pro-Kopf-BIP, 1500-1820
Maddison (1995a, S. 19-20) enthielt eine sehr grobe Schätzung der Entwicklung des Weltwirtschaftswachstums von 1500 bis 1820, ergänzend zu der sehr viel detaillierteren Analyse für die Zeit ab
1820. In dieser Studie verwendete ich drei einfache Hypothesen bezüglich des Wachstums des realen
Pro-Kopf-BIP. Für Westeuropa nahm ich eine Steigerung von 0,2% pro Jahr an und folgte damit der
Hypothese von Kuznets (1973), der von 0,1% pro Jahr für das übrige Europa und für Lateinamerika
sowie von einem Nullwachstum für Asien und Afrika ausgeht. In Maddison (1998a, S. 25 und 40)
wurden die Entwicklungsprofile Chinas und Europas vom 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung bis
zum Jahr 1995 verglichen. Dabei wurden die für China vorliegenden Angaben sehr eingehend untersucht, während die Schätzungen für Europa zu einem erheblichen Teil auf Mutmaßungen beruhten.
Der vorliegende Anhang basiert auf einer wesentlich detaillierteren Untersuchung der Daten für
die Zeitspanne 1500-1820. Daraus geht klar hervor, dass die durchschnittliche Pro-Kopf-Wachstumsrate in Westeuropa zwischen 1500 und 1820 (mit 0,15% pro Jahr) niedriger war als die von Kuznets
unterstellte Rate von 0,2%. Lateinamerika und die großen Einwanderungsländer verzeichneten ein
rascheres Wachstum als in Maddison (1995a) angenommen worden war. Die Hypothese eines stagnierenden Pro-Kopf-Einkommens in Asien wird generell bestätigt, wobei Japan jedoch eine bedeutende
Ausnahme darstellt.
Der letzte Abschnitt dieses Anhangs enthält, aufgeschlüsselt nach großen Regionen, grobe, überschlägige Schätzungen des BIP-Niveaus für das 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung sowie für das
Jahr 1000. Schätzungen des weltweiten BIP und des Pro-Kopf-BIP sind in den Tabellen B.18 bis B.22
wiedergegeben.
Westeuropa
Belgien
Blomme und Van der Wee (1994) liefern BIP-Schätzungen (für Flandern und Brabant) nach
Wirtschaftszweigen für den Zeitraum 1510-1812. Sie geben Schätzwerte für sieben Punkte innerhalb
der Periode an, auf die ich mich bei meinen überschlägigen Schätzungen für die Jahre 1500, 1600 und
1700 gestützt habe.
Frankreich
François Perroux gründete mit Förderung und Unterstützung von Simon Kuznets in den fünfziger
Jahren eine Gruppe zur Messung des französischen Wachstums (produktivste Mitglieder dieser Gruppe
waren Marczewski und Toutain). Marczewski (1961) erstellte einige vorläufige Schätzungen des
Wachstums im 18. Jahrhundert, die den Anteil der Industrie stark überzeichneten. Sie werden inzwischen als überholt angesehen. Für den Zeitraum 1700-1820 habe ich die neuen Schätzungen zu Grunde
gelegt, die J.C. Toutain mir übermittelt hat.
In den letzten Jahrzehnten waren in der Diskussion über die französische Wirtschaftsgeschichte
die Mitglieder der Historikerschule der Annalen (Ecole des Annales) tonangebend, die dem Ansatz
von Kuznets mit einer gewissen Geringschätzung begegneten. Aus unserer Sicht weisen die Arbeiten
dieser Schule drei wichtige Schwachstellen auf: a) Desinteresse an der Makro-Quantifizierung;
b) Konzentration auf regionale bzw. supranationale Aspekte auf Kosten der nationalen Wirtschaftsergebnisse; c) Beeinflussung durch die Theorie von Malthus.
271
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Le Roy Ladurie hob nachdrücklich die langfristige Stabilität der französischen Wirtschaft im
Zeitraum 1300 bis 1700 hervor, sowohl unter demographischen Gesichtspunkten als auch vom ProKopf-Einkommen her gesehen. Die These eines stagnierenden Einkommens vertrat er erstmals in
einer Regionalstudie über die Bauern im Languedoc (Le Roy Ladurie, 1966). Er argumentierte, dass es
eine Spannung zwischen Bevölkerungsdynamik und Rigidität des landwirtschaftlichen Produktionspotentials gegeben habe, die zu wiederholten und länger andauernden Bevölkerungsrückgängen geführt habe. 1977 gelangte er zu den gleichen Schlussfolgerungen in einer Analyse, die auf einer neuen
Reihe regionaler Studien beruhte.
In einer seiner öffentlichen Äußerungen vertrat Braudel einen sogar noch pessimistischeren
Standpunkt als Le Roy Ladurie. In einem 1967 gemeinsam mit Spooner verfassten Artikel gelangte er
nach einer Zusammenfassung der Arbeiten von Phelps Brown und anderen Analysten der Reallohnentwicklung sowie auf Grund regionaler Studien der Ecole des Annales zu folgendem Schluss: „Vom
Ende des 15. Jahrhunderts bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts ging der Lebensstandard in Europa
schrittweise zurück.“ Später revidierte er seine Ansicht (Braudel, 1985, Bd. III, S. 314): „Bei Betrachtung der globalen quantitativen Daten treten klare Kontinuitäten in der europäischen Geschichte
hervor. Die erste ist der trotz aller Widrigkeiten regelmäßige Anstieg des BSP – wenn Frank Spooner
Recht hat, ist das französische BSP seit der Herrschaft Ludwig XII. und wahrscheinlich schon davor
gestiegen.“ (Ludwig XII. regierte von 1498 bis 1515).
Meiner Ansicht nach ist Braudels revidierte Beurteilung akzeptabler als seine frühere Position
oder die von Le Roy Ladurie. Allerdings zeigte die graphische Darstellung, die Braudel von Spooner
(1972) übernommen hatte, nicht das reale BSP, sondern die wertmäßige Entwicklung einer gegebenen
Weizenmenge zwischen 1500 und 1800, multipliziert mit der Bevölkerungszahl und einem Glättungsindex für Weizenpreise in Paris. Die quantitative Basis für die Beurteilung der Gesamtergebnisse
Frankreichs im Zeitraum 1500-1700 ist daher immer noch recht schwach. Bei einem Vergleich der
Wachstumsraten der städtischen Bevölkerung (Tabelle B.14) wird klar ersichtlich, dass das Wirtschaftswachstum in Frankreich langsamer verlief als in England. Ich habe hier angenommen, dass das
Pro-Kopf-Wachstum Frankreichs in der Zeitspanne 1500-1700 in etwa dem Belgiens entsprach.
Italien
Malanima (1995, S. 600) vertritt die Ansicht, dass das Pro-Kopf-Einkommen in Italien im Zeitraum 1570-1700 rückläufig und zwischen 1700 und 1820 stabil war. Diese Schlussfolgerungen basieren nicht auf einer expliziten Schätzung der BIP-Entwicklung, sondern vielmehr auf einer Vielzahl
von Indikatoren der industriellen und kommerziellen Aktivität in städtischen Ballungsgebieten, dem
Niveau des Nahrungsmittelverbrauchs und den Reallöhnen. Die verwendete Methodik wird in der
kurzen Abhandlung „Italian Economic Performance: Output and Income 1600-1800“, in Maddison
und van der Wee (1994), erklärt. Malanimas Annahme eines Rückgangs bis zum Jahr 1700 entspricht
den qualitativen Indikatoren und der Analyse von Cipolla (1976, S. 236-244), der vom späten 15. bis
zum 17. Jahrhundert eine rückläufige Entwicklung unterstellt. Weniger Übereinstimmung in diesem
Punkt besteht hingegen mit Sella (1979) und dessen Beurteilung der Entwicklung der spanischen
Lombardei (mit Mailand als Zentrum im 17. Jahrhundert) sowie mit Rapp (1976), der die Situation
Venedigs im selben Jahrhundert untersuchte. Sella und Rapp gingen beide, verglichen mit den dynamischeren Volkswirtschaften Nordeuropas, von einem gewissen relativen, nicht jedoch absoluten
Rückgang aus. Meinen eigenen Annahmen zufolge stagnierte das italienische Pro-Kopf-Einkommen
von 1500-1820. In Italien wuchs die Bevölkerung langsamer als im übrigen Europa, und bei der Urbanisationsrate kam es im Zeitraum 1500-1820 kaum zu Veränderungen.
272
Anhang B
Niederlande
Die Schätzungen des BIP-Wachstums für den Zeitraum 1580-1820 sind Maddison (1991a, S. 205
und 277) entnommen. Ab 1820 sind die entsprechenden Werte mit neuen Schätzungen von Smits,
Horlings und van Zanden (2000) für den Zeitraum 1820-1913 gekoppelt. Für die BIP-Entwicklung
zwischen 1580 und 1700 wurde auf Daten von de Vries (1974) zurückgegriffen (z.B. was das explosionsartige Wachstum der Städte, die Transformation der ländlichen Wirtschaft sowie die aus Nachlassverzeichnissen zu entnehmende Größe der Haushaltsvermögen betrifft). Van Zanden (1987)
lieferte ein breites Spektrum von Daten, mit denen er seine Schätzungen der Landwirtschafts- und
Fischereiproduktion, der Industrie, des Verkehrswesens und der Dienstleistungen für den Zeitraum
1650-1805 untermauert. Die niederländischen Schätzungen weisen auf ein rasches Wachstum bis zum
Jahr 1700 und einen deutlichen Pro-Kopf-Rückgang zwischen 1700 und 1820 hin. De Vries und van
der Woude (1997, S. 707) präsentieren eine graphische Darstellung, die auf alternativen Annahmen
bezüglich des Rückgangs des niederländischen Pro-Kopf-Einkommens von seinem Höhepunkt bis zu
seinem Tiefpunkt am Ende der napoleonischen Kriege basiert. Das daraus resultierende Datenprofil
unterscheidet sich nicht merklich von meinen eigenen Messungen. Ich habe die Pro-KopfWachstumsrate von 0,43 für den Zeitraum 1580-1700 interpoliert, um den Schätzwert für das Jahr
1600 zu erhalten, und bin davon ausgegangen, dass das Niveau im Jahr 1500 unter dem Belgiens lag.
Vereinigtes Königreich
Die Daten über das BIP-Wachstum im Zeitraum 1700-1820 sind Maddison (1991a, S. 220) entnommen, wobei die Angaben für England und Wales in der Weise berichtigt wurden, dass sie nicht
den Ergebnissen von Crafts (1983), sondern denen von Crafts und Harley (1992) Rechnung tragen. Ich
bin davon ausgegangen, dass das schottische Pro-Kopf-BIP 1801 drei Vierteln des Niveaus von England und Wales entsprach und sich im Zeitraum 1700-1801 parallel zu den Schätzungen von Crafts
und Harley für England und Wales entwickelte. Für Irland wurde angenommen, dass das Pro-KopfEinkommen im Zeitraum 1700-1801 halb so rasch stieg wie in England und Wales.
Für die Zeitspanne 1500-1700 gibt es verschiedene Indikatoren, die darauf hindeuten, dass das
Vereinigte Königreich eine dynamischere Entwicklung durchlief als die meisten anderen europäischen
Länder. Die Bevölkerung wuchs um 0,39% pro Jahr, gegenüber 0,15% im übrigen Westeuropa. Der
Anteil der städtischen Bevölkerung (Bevölkerung in Städten mit mindestens 10 000 Einwohnern in
Prozent der Gesamtbevölkerung) erhöhte sich in England und Wales von 3,1% auf 13,3%, also etwa
zweimal so rasch wie in Frankreich oder den Niederlanden. Zweifellos dürfte der Anteil des Außenhandels am BIP von 1500 bis 1820 gestiegen sein. Es gibt keine befriedigenden globalen Messungen,
um die Agrarproduktion bis 1500 zurückzuverfolgen (vgl. Overton, 1996); die Angaben von Clark
(1991) über die Erträge je Acre, die von Allen (1991) über Arbeitsproduktivität und von Wrigley
(1988) über die Beschäftigungsstruktur helfen jedoch, den Anstieg der Urbanisationsrate zu erklären,
wobei das Niveau der landwirtschaftlichen Pro-Kopf-Produktion bei rückläufigem Arbeitskräfteanteil
unverändert blieb. Die Tatsache, dass sich die Viehzucht rascher entwickelte als der landwirtschaftliche Anbau (Wrigley, 1988), lässt auf Verbesserungen in der Ernährungsweise schließen. Neuere
Forschungen über die zunehmende Vielfalt von Nahrungsmitteln, die Verbesserung der Wohnverhältnisse sowie die wachsende Habe an Möbeln, Bett- und Tischwäsche, deren Ergebnisse in den Nachlassverzeichnissen sukzessiver Generationen festgehalten sind, deuten ebenfalls auf einen langen
Prozess steigenden Lebensstandards hin – vgl. die Kapitel von de Vries, Wills und Shammas in
Brewer und Porter (1993).
273
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Aus diesen Gründen kann man wohl davon ausgehen, dass die von Crafts-Harley angegebene
Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens für den Zeitraum 1700-1801 auch für den Zeitraum 15001700 Gültigkeit hat. Was Irland betrifft, habe ich ein halb so rasches Pro-Kopf-Wachstum unterstellt.
Für das Vereinigte Königreich insgesamt impliziert dies im Zeitraum 1500-1700 eine Pro-KopfWachstumsrate von 0,28% pro Jahr.
Snooks (1993) schätzte das Wachstum des Gesamt- und des Pro-Kopf-Einkommens in England
für den Zeitraum 1086-1688, indem er die Nominaleinkommensbewertungen gemäß den Aufzeichnungen im Domesday Book für das ländliche England südlich des Flusses Tees mit den Schätzungen
von Gregory King für 1688 in ihrer von Lindert und Williamson (1982) angepassten Version verknüpfte. Er deflationierte das Wachstum des Nominaleinkommens mit dem in Phelps Brown und
Hopkins (1981, S. 28-30) angegebenen Preisindex für Haushaltskonsumgüter sowie zusätzlich mit
einem in Thorold Rogers enthaltenen Weizenpreisindex. Seine Berechnungen ergeben eine Wachstumsrate des Pro-Kopf-Realeinkommens von durchschnittlich 0,35% pro Jahr für die Zeit von 1492
bis 1688 (S. 24). Bei gleichbleibendem Tempo hätte sich das Pro-Kopf-Einkommen im Zeitraum
1500-1700 verdoppelt. Das ist ein rascheres Wachstum, als ich es angenommen habe.
Die Schätzungen des Pro-Kopf-BIP in Tabelle B.13 zeigen eine Entwicklung, die stark von dem
häufig zitierten Reallohnindex von Phelps Brown und Hopkins (1981) für Bauarbeiter in Südengland
abweicht. Sie gehen für den Zeitraum 1500-1800 von einem Rückgang der Reallöhne um 60% aus,
wohingegen ich zeige, dass das reale Pro-Kopf-BIP in dieser Periode um das 2,4fache gestiegen ist.
Der traditionelle Reallohnansatz stellt im Vergleich zu den demographischen Daten oder der
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung eine stark vereinfachende Methode dar. Phelps Brown und
Hopkins verwenden Tageslohnsätze für Handwerker und Arbeiter, die Bauarbeiten für Colleges in
Oxford und Cambridge, die Schule von Eton und einige andere Auftraggeber in Südengland ausführten. Im Allgemeinen hatten sie 15 oder mehr Lohnangaben pro Jahr für Handwerker und etwa 3 pro
Jahr für Bauarbeiter. In der uns am meisten interessierenden Zeitspanne von 1500 bis 1800 wurden
82 Jahre ausgelassen und hierfür keine Lohnschätzungen erstellt, weil die verfügbaren Angaben sehr
stark voneinander abwichen oder es überhaupt an Daten mangelte. Angaben über Wochen- oder
Jahreslöhne oder über die Zahl der Arbeitstage werden nicht gemacht. Phelps Brown und Hopkins
gehen nicht auf die Frage ein, ob ihr Lohnindex für Bauarbeiter repräsentativ ist. Lindert und Williamson (1982, S. 393) zeigen, dass 5,3% der Familien (73 000 Personen) ihren Lebensunterhalt im Jahr
1688 aus Arbeitsverhältnissen im Baugewerbe bezogen. Selbst unter der Annahme, dass Phelps Brown
diese Gruppe angemessen erfasst hat, und auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass Bauarbeiter vorwiegend nicht Natural-, sondern Barlöhne bezogen, gilt dies mit Sicherheit nicht für den
Großteil der arbeitenden Bevölkerung.
Im Jahr 1700 waren 56% der Gesamtbevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt, und die
Mehrheit dieser Arbeitskräfte stellte Produkte wie Getreide, Fleisch, Butter und Käse, die im Preisindex eine so wichtige Rolle spielen, selbst her und verbrauchte diese auch direkt. Zahlreiche andere
Personen wie z.B. Dienstboten, Handwerker, Geistliche und Angehörige des Militär waren entweder
keine Lohnempfänger oder wurden vorwiegend in Naturalien entlohnt. Ein großer Teil der arbeitenden
Bevölkerung war somit vor den Auswirkungen von Preissteigerungen geschützt.
Jan de Vries (1993) beurteilt den auf dem Reallohn basierenden Ansatz im Vergleich zu anderen
quantitativen Methoden der Wohlstandsmessung sehr kritisch. Er stellt den repräsentativen Charakter
der Gruppe der Bauarbeiter in einer Gesellschaft mit großen Einkommensunterschieden in Frage und
verweist auf die große Zahl wichtiger, im Phelps-Brown-Index nicht erfasster Elemente sowie auf die
Tatsache, dass über einen so langen Zeitraum feste Gewichtungen verwendet wurden. Seine stärksten
Zweifel beruhen jedoch auf dem Widerspruch zwischen den daraus resultierenden negativen Schlussfolgerungen und den Belegen anderer Art, die er in Nachlassverzeichnissen fand. „Alle von mir unter274
Anhang B
suchten Studien über Neuengland und Chesapeake während der Kolonialherrschaft sowie über England und die Niederlande heben systematisch zwei Aspekte hervor. Von sehr wenigen Ausnahmen
abgesehen hat zwischen der Mitte des 17. und dem Ende des 18. Jahrhunderts jede Generation der
nachfolgenden einen vermehrten und wertvolleren Besitz hinterlassen.“
Tabelle B.13 Regionale Aufschlüsselung des BIP, der Bevölkerung und des Pro-Kopf-BIP
der britischen Inseln, 1500-1920
Vereinigtes
Königreich
England, Wales
und Schottland
Irland
Schottland
England
und Wales
298
566
1 136
2 445
2 096
4 826
8 196
18 615
500
700
1 036
1 625
2 071
3 337
4 728
4 864
2 642
4 470
5 604
9 277
12 071
22 637
36 575
37 596
596
809
1 096
1 505
793
1 080
1 463
2 006
BIP (in Mio. Geary-Khamis-Dollar von 1990)
1500
1600
1700
1801
1820
1870
1913
1920
2 815
6 007
10 709
25 426
36 232
100 179
224 618
212 938
2 394
5 392
9 332
21 060
30 001
90 560
212 727
201 860
421
615
1 377
4 366
6 231
9 619
11 891
11 078
Bevölkerung (in Tsd.)
1500
1600
1700
1801
1820
1870
1913
1920
3 942
6 170
8 565
16 103
21 226
31 393
45 649
46 821
3 142
5 170
6 640
10 902
14 142
25 974
41 303
42 460
800
1 000
1 925
5 201
7 084
5 419
4 346
4 361
Pro-Kopf-BIP (in Geary-Khamis-Dollar von 1990)
1500
1600
1700
1801
1820
1870
1913
1920
Quelle:
714
974
1 250
1 579
1 707
3 191
4 921
4 568
762
1 043
1 405
1 931
2 121
3 487
5 150
4 754
526
615
715
839
880
1 775
2 736
2 540
BIP wie im Text erläutert. Bevölkerung Englands (ohne Monmouth) interpoliert aus Fünfjahresschätzwerten für 1541-1871 von Wrigley
et al. (1997, S. 614-15). Zuwachsraten für 1500-1541 gemäß den von Wrigley und Schofield für 1471-1541 veranschlagten Werten
(1981, S. 737). Bevölkerungsentwicklung von Monmouth und Wales 1700-1820 aus Deane und Cole (1964, S. 103); für 1500-1600
wurde von einer in etwa gleich verlaufenden Entwicklung wie in England ausgegangen. Angaben für Irland 1500 und 1600 nach
O Grada, in: Bardet und Dupaquier (1997, Bd. 1, S. 386), Entwicklung für 1700-1821 aus Dickson, O Grada und Daultrey (1982,
S. 156). Angaben für Schottland 1500-1600 aus McEvedy und Jones (1978, S. 45-47), für 1700 aus Deane und Cole (1964, S. 6) und
für 1820 aus Mitchell (1962, S. 8-10). Bevölkerungs- und BIP-Entwicklung 1820-1920 aus Maddison (1995a).
275
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle B.14 Anteil der Stadtbevölkerung in Europa und Asien, 1500-1890
(Bevölkerung der Städte mit über 10 000 Einwohnern im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung)
Jahr
1500
1600
1700
1800
1890
Belgien
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Skandinavien
Schweiz
England und Wales
Schottland
Irland
Westeuropa
21,1
4,2
3,2
14,9
15,8
0,9
1,5
3,1
1,6
0,0
6,1
18,8
5,9
4,1
16,8
24,3
1,4
2,5
5,8
3,0
0,0
7,8
23,9
9,2
4,8
14,7
33,6
4,0
3,3
13,3
5,3
3,4
9,9
18,9
8,8
5,5
18,3
28,8
4,6
3,7
20,3
17,3
7,0
10,6
34,5
25,9
28,2
21,2
33,4
13,2
16,0
61,9
50,3
17,6
31,3
Portugal
Spanien
3,0
6,1
14,1
11,4
11,5
9,0
8,7
11,1
12,7
26,8
China
Japan
3,8
2,9
4,0a
4,4
n.v.
n.v..
3,8
12,3
4,4
16,0
a) 1650.
Quelle:
Angaben für die europäischen Länder ohne Italien aus de Vries (1984, S. 30, 36, 39 und 46), Angaben für Italien aus Malanima
(1988); Angaben für China und Japan aus Rozman (1973), umgerechnet auf Städte mit mehr als 10 000 Einwohnern, vgl. Maddison
(1998) S. 33-36.
Gesamtergebnisse für die westeuropäischen Kernländer
Zusammengenommen erzielten die fünf Länder (Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande und
Vereinigtes Königreich), für die ich Schätzungen für den Zeitraum 1500-1820 erstellt habe, eine ProKopf-Wachstumsrate von 0,14% pro Jahr, wobei diese Länder jedoch eine recht heterogene Gruppe
bilden. Im Vereinigten Königreich betrug die Wachstumsrate 0,27%, in den Niederlanden 0,28%, in
Frankreich 0,16%, in Belgien 0,13% und in Italien 0%. Das Vereinigte Königreich und die Niederlande
stellen auf Grund ihres raschen Wachstums Sonderfälle dar. Die Stagnation in Italien ist ebenfalls
atypisch (wie die Stabilität der Urbanisationsrate des Landes beweist), und für das langsamere
Wachstum Belgiens waren Sonderfaktoren verantwortlich. Das belgische Wachstum wurde durch die
Trennung von den Niederlanden negativ beeinflusst. Im Jahr 1500 war Belgien eine der prosperierendsten Regionen Europas, ein Zentrum des internationalen Handels und Bankwesens und Standort
einer bedeutenden Textilproduktion. Nachdem die Niederlande unabhängig geworden waren, wurde
der Hafen von Antwerpen einer Blockade unterworfen, die 200 Jahre dauerte; außerdem kam es zu
einer erheblichen Migration von Kapital und qualifizierten Arbeitskräften nach Holland. Um ein ungefähres Bild für Westeuropa insgesamt zu erhalten, habe ich Annäherungswerte für Dänemark, Finnland, Norwegen, Österreich, Schweden und die Schweiz erstellt, wobei ich für den Zeitraum 15001820 von einem Anstieg des realen Pro-Kopf-BIP um 0,17% jährlich ausgegangen bin. Für Deutschland habe ich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich seine Rolle im Bankgeschäft und im
Handel der Hanse wie auch auf Grund der Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges im Laufe der
Zeit verringert hat, ein Pro-Kopf-Wachstum von 0,14% unterstellt. Bei Aggregation der Näherungswerte mit den Schätzungen für die fünf Länder, für die bessere Daten vorliegen, ergibt sich für die
276
Anhang B
zwölf wichtigsten europäischen Länder ein durchschnittliches Pro-Kopf-Wachstum von 0,15% pro
Jahr. Dies liegt deutlich unter der von Kuznets angenommenen Rate von 0,2%, die ich in Maddison
(1995a) zu Grunde gelegt habe. In der vorliegenden Untersuchung gehe ich davon aus, dass das
durchschnittliche Pro-Kopf-Wachstum in den „anderen“ westeuropäischen Ländern (d.h. Griechenland
und 13 kleine Länder) mit dem Durchschnittswert der zwölf Kernländer identisch war.
Spanien und Portugal
Nach den von Yun (1994) durchgeführten groben Schätzungen des Pro-Kopf-BIP für Kastilien
(etwa drei Viertel des gesamten Spanien) ergibt sich für den Zeitraum 1580-1630 eine Pro-KopfWachstumsrate von rd. 0,22%; in der Folgezeit ging dieses Wachstum zurück, und im Jahr 1800 lag
das Niveau leicht unter dem Höchststand von 1630. Yun erstellt punktuelle Schätzungen des Produktionsniveaus (zu laufenden Preisen) für sechs Referenzjahre innerhalb der Periode 1580-1800 und
deflationiert sie mittels eines Preisindex für Nahrungsmittel. Seine verlässlichsten Daten betreffen die
landwirtschaftliche Produktion und den Nahrungsmittelkonsum, wohingegen seine Indikatoren für den
Sekundär- und Tertiärsektor schwach sind. Er kommt zu dem Schluss, dass seine „Darstellung mit
dem übereinstimmt, was wir über die Entwicklung der kastilischen Wirtschaft wissen: Expansion bis
zum Ende des 16. Jahrhunderts; Rezession der Landwirtschaft, Zerfall der städtischen Netze sowie
industrielle und kommerzielle Krise während des 17. Jahrhunderts und in der Folge ein Rückgang des
BIP, wie die ermittelten Zahlen belegen; im 18. Jahrhundert dann Wachstum auf der Basis der
schwach entwickelten urbanen Strukturen und der stärkeren Dynamik der peripheren Regionen“. Für
Spanien habe ich für den Zeitraum 1500-1600 eine Wachstumsrate des Pro-Kopf-BIP von 0,25% pro
Jahr angenommen, gefolgt von einer Stagnation im 17. Jahrhundert und einem gewissen moderaten
Anstieg in den Jahren 1700-1820. Für Portugal bin ich von einem ähnlichen Entwicklungsprozess
ausgegangen.
Osteuropa und UdSSR
Für diese beiden Regionen waren keine direkten Angaben vorhanden. Als Näherungswert habe
ich eine niedrigere Zuwachsrate des Pro-Kopf-BIP als in Westeuropa unterstellt, d.h. 0,1% pro Jahr für
den Zeitraum 1500-1820 (wie in Maddison, 1995a).
Die großen Einwanderungsländer
Für die Vereinigten Staaten schätzte Gallman (1972, S. 22) das Pro-Kopf-Wachstum des Nettoinlandsprodukts im Zeitraum 1710-1840 auf 0,42% pro Jahr (ausgehend vom Mittelwert der von ihm
für das Jahr 1710 angesetzten Spannweite). Unter Berücksichtigung des rascheren Wachstums des
Pro-Kopf-Einkommens im Zeitraum 1820-1840 (vgl. Maddison, 1995a, S. 137) implizieren die Schätzungen von Gallman ein Pro-Kopf-Wachstum von rd. 0,29% pro Jahr für die nicht indigene Bevölkerung, deren Einkommensniveau sich von 909 $ im Jahr 1700 auf 1 286 $ im Jahr 1820 erhöhte. Gallmans
Schätzungen erstrecken sich nur auf die weiße und die schwarze Bevölkerung. Im Jahr 1820 machte
die autochthone Bevölkerung lediglich 3% der Gesamtbevölkerung aus, während deren Anteil im Jahr
1700 noch drei Viertel betragen hatte (vgl. Tabelle B.15). Unter der Annahme, dass das Pro-KopfEinkommen der indigenen Bevölkerung 1700 wie auch 1820 bei 400 $ lag, belief sich das durchschnittliche Einkommensniveau der Gesamtbevölkerung im Jahr 1700 auf 527 $ und im Jahr 1820 auf
1 257 $. Für 1500 und 1600, als die Bevölkerung ausschließlich aus indianischen Jägern und Sammlern
bestand, wurde ein durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen von 400 $ angenommen.
277
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle B.15 Ethnische Zusammensetzung der US-Bevölkerung, 1700-1820
(in Tausend)
Indigene
1700
1820
Quelle:
Weiße
750
325
223
7 884
Schwarze
Insgesamt
27
1 772
1 000
9 981
US Bureau of the Census, Historical Statistics of the United States: Colonial Times to 1970, 1975, S. 14 und 18 für 1820, S. 1168 für
schwarze und weiße Bevölkerung 1700. Angaben zur indianischen Bevölkerung für 1820 aus Rosenblat (1945); für 1700 wie
oben erläutert.
Tabelle B.16 Ethnische Zusammensetzung der lateinamerikanischen Bevölkerung im Jahr 1820
(in Tausend)
Indigene
Mexiko
Brasilien
Karibik
Sonstiges Lateinamerika
Lateinamerika insgesamt
Quelle:
3 500
500
0
3 160
7 160
Weiße
Schwarze
Mischlinge
1 200
1 500
420
1 300
4 420
10
2 200
1 700
200
4 110
1 880
300
350
3 000
5 530
Insgesamt
6 590
4 500
2 470
7 660
21 220
Angaben für Brasilien aus Tabelle B.4, sonstige Angaben aus Rosenblat (1945).
Mancall und Weiss (1999) erstellten Schätzungen des Pro-Kopf-Einkommens der Vereinigten
Staaten für die Jahre 1700 und 1800 mit getrennten Beurteilungen für Weiße, Sklaven und Indianer.
Ihre „multikulturelle“ Schätzung (S. 35) weist eine Pro-Kopf-Wachstumsrate von nur 0,28% pro Jahr
für den Zeitraum 1700-1800 aus, gegenüber meiner Schätzung von 0,73% pro Jahr für den Zeitraum
1700-1820. Ich halte die von Mancall und Weiss angegebene Wachstumsrate für viel zu niedrig, wenn
man bedenkt, welcher enorme Wandel in der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung in dieser
Periode eingetreten ist. Die Autoren geben keine Zahlen für die Bevölkerung oder das Gesamt-BIP an,
so dass es nicht möglich ist, ihre „multikulturelle“ Messung zu reproduzieren. Sie verweisen auch
nicht auf die von mir verwendeten Schätzungen Gallmans.
Was die anderen großen Einwanderungsländer – Australien, Kanada und Neuseeland – betrifft,
so setzte sich deren Bevölkerung im Zeitraum 1500-1700 zum Großteil aus indigenen Jägern und
Sammlern zusammen, und hier habe ich für die Jahre 1500, 1600 und 1700 ein Pro-Kopf-BIP von
400 $ angenommen.
Mexiko
Meine Schätzung für das Pro-Kopf-Einkommen im Jahr 1820 beträgt 759 $ (vgl. Anhang A). Zu
dem damaligen Zeitpunkt machte die indigene Bevölkerung etwa 53% der Gesamtbevölkerung aus
(vgl. Tabelle B.16). Es gab eine dünne Schicht von „Peninsula“-Spaniern, d.h. Spanier von der iberischen Halbinsel (rd. 1% der Bevölkerung), die die Führungspositionen in Armee, Kirche und Handelsmonopolen innehatten und einen Teil der Freiberufler stellten. Sie hatten einen barocken Lebensstil, besaßen herrschaftliche Wohnsitze und hielten sich ein Heer von Dienstboten. Die Criollos, d.h.
in Mexiko geborene Weiße spanischer Abstammung, machten rund ein Sechstel der Bevölkerung aus.
278
Anhang B
Sie waren Hazienda-Besitzer, Kaufleute, Angehörige der Geistlichkeit, der Armee und der freien
Berufe. Die dritte soziale Gruppe – mehr als ein Viertel der Bevölkerung – bestand aus Mestizos, die
aus Verbindungen zwischen Weißen und Indianern hervorgegangen waren. In der Regel waren sie
Arbeiter, landwirtschaftliche Hilfskräfte, Dienstboten und einige auch Ranch-Arbeiter. Ich nehme für
die autochthone Bevölkerung ein Pro-Kopf-Einkommen von 425 $ an. Die Gesamtschätzwerte für
1820 implizieren ein durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen von 1 140 $ für die nicht autochthone
Bevölkerung. Für den Zeitraum 1500-1700 wurde ein dem Jahr 1820 entsprechendes Niveau des ProKopf-Einkommens der zwei Bevölkerungssegmente unterstellt, wobei der Durchschnitt für die zwei
Segmente zusammengenommen jedoch niedriger ist, da die nicht autochthone Bevölkerung im Jahr
1700 lediglich ein Viertel, im Jahr 1600 4% und im Jahr 1500 nur einen unbedeutenden Teil der
Gesamtbevölkerung ausmachte.
Andere lateinamerikanische Länder
Im Jahr 1500 waren andere Teile Lateinamerikas ärmer als Mexiko. Mit Ausnahme von Peru
waren die Einwohner in der Mehrzahl keine Bauern, sondern Jäger und Sammler. Auch am Ende der
Kolonialzeit im Jahr 1820 lag ihr Pro-Kopf-Einkommen unter dem der mexikanischen Bevölkerung.
Mithin ist ihr Pro-Kopf-Einkommen im Zeitraum 1500-1820 langsamer gewachsen als das Mexikos.
Ich bin von einem stabilen Wachstumsgefälle zwischen Mexiko und den übrigen lateinamerikanischen
Ländern im Zeitraum 1500-1820 ausgegangen.
China
Maddison (1998a) enthält eine umfassende Analyse der demographischen Entwicklung sowie der
Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Produktion und des Pro-Kopf-Sozialprodukts in den letzten
2000 Jahren. Für die chinesische Bevölkerung stehen für die vergangenen zwei Jahrtausende sehr viel
umfangreichere Erhebungsdaten zur Verfügung als für die Bevölkerung jedes anderen Landes, was
dem Verwaltungssystem des Landes und den Bemühungen um Überwachung der wirtschaftlichen
Aktivitäten zu Besteuerungszwecken zu verdanken ist.
Die Evaluierung des Wachstums der landwirtschaftlichen Produktion im Zeitraum 1368-1968
von Perkins (1969) ist ein wissenschaftliches Meisterwerk, auf das ich mich weitgehend gestützt habe.
Seine Analyse folgt im Wesentlichen dem Konzept von Boserup. Er ist der Ansicht, dass China den
Bevölkerungsdruck erfolgreich bewältigen und einen mehr oder weniger stabilen Pro-Kopf-Konsum in
dem betrachteten Zeitraum aufrechterhalten konnte. Erreicht wurde dies durch die Ausweitung der
Anbauflächen, die Erhöhung des Pro-Kopf-Arbeitseinsatzes und die Steigerung der Bodenproduktivität. Damit verbunden waren der massive Einsatz von traditionellen Düngemitteln, die Anlage von
Bewässerungssystemen, die Entwicklung von Kulturen und Saatgütern, die mehrfache Ernten ermöglichten, die Verbreitung optimaler Techniken durch die offiziell geförderte Verteilung landwirtschaftlicher Handbücher (die schon früh zur Verfügung standen, da Papierherstellung und Druckereitechnik
bereits bekannt waren). Nach der Mitte des 16. Jahrhunderts wurden Pflanzenkulturen aus Amerika
eingeführt. Mais, Erdnüsse, Kartoffeln und Süßkartoffeln haben auf Grund ihrer hohen Erträge und der
Möglichkeit des Anbaus auf Böden minderer Qualität erheblich zur Steigerung des chinesischen Produktionspotentials beigetragen. Tabak- und Zuckerrohrkulturen waren während der Ming-Zeit weit
verbreitet. Die Ernährungsgewohnheiten der Chinesen basierten vorwiegend auf Protein- und
Kalorienzufuhr pflanzlichen Ursprungs, was eine ökonomischere Bodennutzung ermöglicht als
Weidewirtschaft. Die Chinesen aßen sehr viel weniger Fleisch als die Europäer und verzehrten vorwiegend Geflügel und Schweinefleisch, d.h. Tiere, die kein Gras fressen, sondern sich von Abfällen
ernähren. Milch und Milchprodukte waren so gut wie unbekannt. Auch Wolle verwendeten die Chinesen
279
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
nur in sehr geringem Maß. Die normale Bekleidung wurde weitgehend aus pflanzlichen Fasern gefertigt
(Hanf, Ramie und dann Baumwolle). Gesteppte Kleidung erzeugte die gleiche Wärme wie Wolle. Die
reichere Bevölkerungsschicht verwendete Seide. Die Seidenraupen wurden auf Maulbeerbäumen gezüchtet, die häufig auf für andere Kulturen ungeeigneten hügeligen Landflächen angepflanzt wurden.
Die chinesischen Bauernhaushalte gingen neben der Landwirtschaft zahlreichen arbeitsintensiven
Aktivitäten nach. Sie betrieben Fischzucht in kleinen Seen, verwendeten Gras und sonstige Biomasse
als Brennstoff. In ländlichen Haushalten wurden auch wichtige „industrielle“ Aktivitäten durchgeführt, wie das Spinnen und Weben von Textilien sowie die Herstellung von Kleidung und Lederwaren.
Das Gleiche galt für die Ölerzeugung und das Mahlen von Getreide, das Trocknen und Vorbereiten
von Teeblättern, für Tabakprodukte, Sojasoße, Kerzen und Tungöl, Wein und Liköre, Stroh-, Rattanund Bambusprodukte. Die Herstellung von Ziegelsteinen und Dachziegeln, Lastkarren und kleinen
Booten sowie der Bau von ländlichen Gehöften bildeten ebenfalls wichtige dörfliche Aktivitäten. Die
chinesischen Bauern betrieben weit verzweigte kommerzielle Aktivitäten, die auf ländlichen Märkten
abgewickelt wurden, zu denen praktisch sämtliche Dörfer Zugang hatten. All diese nicht landwirtschaftlichen Tätigkeiten haben sich offenbar unter der Song-Dynastie (960-1280) ausgeweitet. Für die
Zeit danach dürfte auf Grund der langfristig steigenden Bedeutung von Marktfrüchten (cash crops)
wie Baumwolle, Zucker, Tabak und Tee, von einer gewissen proportionalen Zunahme auszugehen
sein. Im 19. Jahrhundert entfiel weit über ein Viertel des BIP auf das traditionelle Handwerk und die
Bereiche Verkehr, Handel sowie Bau- und Wohnungswirtschaft, wobei sich diese Aktivitäten zumeist
auf ländliche Gegenden konzentrierten. Ihr relativer Anteil am BIP wird im Jahr 1500 wahrscheinlich
ebenso hoch gewesen sein wie im Jahr 1820.
Unter Zugrundelegung der groben Schätzungen Rozmans (1973) hat es in China, was den Anteil
der städtischen Bevölkerung (Städte mit mindestens 10 000 Einwohnern) betrifft, zwischen der TangDynastie und dem Beginn des 19. Jahrhunderts offenbar keine einschneidenden Veränderungen
gegeben. Dies steht in krassem Gegensatz zu der Situation in Westeuropa und ist ein wichtiger Faktor
bei der vergleichenden Gegenüberstellung der Wirtschaftsentwicklung Chinas und Europas.
Eine weitere sehr nützliche Datenquelle ist die ausführliche Dokumentation über die chronologische Entwicklung der chinesischen Technik in Needhams Meisterwerk über die chinesische Wissenschaft und Zivilisation. Wenngleich es die Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen von Erfindungen etwas vernachlässigt, ist es für die vergleichende Evaluierung der Entwicklung in den Bereichen
Landwirtschaft, Metallurgie, Textilproduktion, Druckerei, Schiffbau, Seefahrt usw. doch eine wertvolle Hilfe; dies gilt auch im Hinblick auf die darin enthaltene Analyse der Fähigkeit Chinas zur Entwicklung von Wissenschaftsgrundlagen.
Die großen Fortschritte Chinas bei der Steigerung der Bodenproduktivität und die bescheideneren
Verbesserungen des Lebensstandards waren bereits in der Zeit vor der hier untersuchten Periode zu
verzeichnen. Die einschneidende Umstellung vom Weizen- und Hirseanbau in Nordchina auf den
wesentlich intensiveren Nassreisanbau südlich des Jangtse erfolgte unter der Song-Dynastie (10. bis
13. Jahrhundert). Die vorhandenen Belege lassen den Schluss zu, dass das Pro-Kopf-BIP danach nahezu sechs Jahrhunderte lang stagnierte, wenngleich China in der Lage war, eine starke Bevölkerungszunahme durch extensives Wachstum zu verkraften.
Indien
Maddison (1971) enthielt eine Analyse der sozialen und institutionellen Struktur Indiens unter
dem Mogul-Reich und unter britischer Herrschaft. Für die Mogul-Zeit habe ich weitgehend auf die am
Ende des 16. Jahrhunderts von Abul Fazl, dem Wesir Akbars, durchgeführte Wirtschaftserhebung
zurückgegriffen (vgl. Übersetzung von Jarrett und Sarkar, 1949). Ich habe keine präzise Schätzung der
280
Anhang B
Wachstumsrate für den Zeitraum 1500-1820 vorgenommen; jedenfalls existieren kaum Belege dafür,
dass die indische Wirtschaft zum damaligen Zeitpunkt dynamisch gewesen wäre. Es gibt keinen
Grund zu der Annahme, dass die britische Kolonialisierung sich vor den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts positiv auf das Wirtschaftswachstum ausgewirkt hat.
Band 1 des Werks The Cambridge Economic History of India (Raychaudhuri und Habib, 1982)
geht nicht wirklich direkt auf die Frage des Wachstums ein und untersucht die wichtigsten Regionen
Indiens, ohne davon allgemeine Rückschlüsse für das gesamte Land abzuleiten. Habib vermutet, dass
die landwirtschaftliche Pro-Kopf-Produktion im Jahr 1595 höher gewesen sein könnte als 1870 oder
1900, und gründet diese Vermutung darauf, dass es in der weiter zurückliegenden Periode mehr kultivierbare Fläche pro Kopf der Bevölkerung gab und offenbar auch verhältnismäßig mehr Ochsen und
Büffel als Zugtiere zur Verfügung standen. Andererseits verweist er aber auch auf die Einführung
neuer Pflanzenkulturen im 17. und 18. Jahrhundert. Optimistischer schätzt er die Entwicklung im
Verarbeitenden Gewerbe ein: „Die Expansion der Binnen- und Auslandsmärkte sowie die steigenden
staatlichen Ausgaben für städtische Einrichtungen, öffentliche Gebäude und Baudenkmäler sowie
für die Armee lassen auf einen Aufwärtstrend der Produktion und möglicherweise auch der Arbeitsproduktivität schließen“ (S. 305).
Shireen Moosvi (1987, S. 400) nimmt an, dass der ländliche Pro-Kopf-Konsum im Jahr 1601 und
1901 in etwa identisch, das städtische Einkommen jedoch im Jahr 1601 höher war. Daher geht sie für
1601 von einem gegenüber 1901 um 5% höheren globalen Pro-Kopf-Konsum aus. Moreland (1920,
S. 274), der sich auf ähnliche Angaben wie Habib und Moosvi stützt, diese aber weniger gründlich
analysiert, kommt zu dem Schluss, dass Indien zum Zeitpunkt von Akbars Tod sicherlich nicht reicher
war als im Zeitraum 1910-1914 „und wahrscheinlich sogar etwas ärmer“.
Ich gehe davon aus, dass das indische Pro-Kopf-Einkommen von 1700 bis zu den fünfziger Jahren
des 19. Jahrhunderts infolge des Zusammenbruchs des Mogul-Reichs und der Kosten der Anpassung
an das britische Regierungssystem gesunken ist (vgl. die Analyse in Kapitel 2).
Japan
Es liegen keine Schätzungen der langfristigen makroökonomischen Wirtschaftsergebnisse Japans
für den Zeitraum vor der Meiji-Restauration von 1868 vor. Wir können uns jedoch eine gewisse Vorstellung von den Geschehnissen in Japan verschaffen, wenn wir die japanische und die chinesische
Entwicklung vergleichen.
Im 7. Jahrhundert versuchte Japan, China in Bezug auf seine Wirtschaft, Gesellschaft, Religion,
Literatur und Institutionen zu kopieren. Die Bewunderung für alles Chinesische hielt bis ins 18. Jahrhundert an, obgleich Japan (von zwei kurzen Episoden abgesehen) nicht als tributpflichtiger Staat
in den chinesischen Herrschaftsbereich eingegliedert war. Japan führte jedoch nie ein auf Leistung
beruhendes Verwaltungssystem ein, sondern ließ die effektive Regierungsgewalt in den Händen einer
erblichen und weitgehend dezentralisierten Militäraristokratie. Deshalb hatte die institutionelle
Geschichte Japans vom 10. bis 15. Jahrhundert größere Ähnlichkeit mit der der feudalistischen Epoche
Europas als mit der Chinas.
Japan kopierte die Institutionen der Tang-Ära im 7. Jahrhundert und gründete eine zentrale
Hauptstadt in Nara nach dem Muster der chinesischen Hauptstadt Chang-An. Es nahm auch den
Buddhismus chinesischer Prägung an und erlaubte seinen religiösen Orden, sehr umfangreichen Landbesitz zu erwerben und wirtschaftlichen Einfluss auszuüben. Japan übernahm die chinesischen Ideogramme, die Kanji-Schrift, den literarischen Stil Chinas, den chinesischen Kleidungsstil, den chinesischen Kalender, die chinesischen Methoden zur Messung von Alter und Stunden. Es bestand damals
bereits eine große Ähnlichkeit bei den Anbaukulturen und der Ernährungsweise, wobei der Reisanbau
281
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
vorherrschend war und Fleisch sowie Fleischprodukte in sehr viel geringerem Ausmaß als in Europa
verzehrt wurden. Zudem bestand in Japan und China eine größere Bodenknappheit als in Europa oder
Indien, so dass die Landwirtschaft in beiden Ländern sehr arbeitsintensiv war.
Wenngleich die japanischen Kaiser weiterhin die offiziellen Staatsoberhäupter waren, lag die
eigentliche Leitung der Staatsgeschäfte in den Händen einer erblichen Aristokratie. Von 1195 bis 1868
war das effektive Staatsoberhaupt der als Shogun bezeichnete Kronfeldherr.
Vom 7. bis zum 9. Jahrhundert kontrollierte die Zentralregierung die Landzuteilung, wobei die
chinesische Tang-Dynastie als Vorbild diente, doch nach und nach ging der Landbesitz auf die ländliche Militäraristokratie über. Bei den Shoen handelt es sich um ein komplexes und fragmentiertes
Feudalsystem. Zahlreiche Klassen von Landeigentümern forderten einen Anteil des erwirtschafteten
Überschusses von den leibeigenen Bauern.
Der technologische Fortschritt und seine Verbreitung wurden in China von dem Verwaltungssystem in einem Maße gefördert, das in Japan nicht möglich war, da das Land keine gebildete weltliche Elite besaß. Die Druckereikunst war in Japan nahezu ebenso früh bekannt wie in China, doch gab
es außer buddhistischen Kerbstöcken und Talismanen nur wenige gedruckte Dokumente. Die Chinesen hingegen verwendeten gedruckte Handbücher über optimale landwirtschaftliche Praktiken, um die
Verbreitung der Techniken für Mehrfachernten, Bewässerungssysteme sowie den Einsatz von schnell
reifendem Saatgut, das die Song-Dynastie aus Vietnam eingeführt hatte, zu fördern. In Japan war der
Urbanisationsgrad niedriger als in China. Die Aufteilung in einzelne, miteinander konkurrierende
feudale Herrschaftsgebiete brachte es mit sich, dass landwirtschaftliche Einrichtungen und Bewässerungsanlagen in der Regel in defensiver Absicht auf hügeligem Gelände angelegt wurden. Das Lehnsystem verhinderte auch die landwirtschaftliche Spezialisierung und die Entwicklung von Marktfrüchten (cash crops).
Während die Chinesen im 14. Jahrhundert von Hanf- zu Baumwollkleidung übergegangen waren,
fand diese Umstellung in Japan erst im 17. Jahrhundert statt. Bis zum 17. Jahrhundert war die japanische Seidenproduktion gering, und der Verbrauch hing von Importen aus China ab. Schiffbau- und
Bergbautechnologien blieben bis zum 17. Jahrhundert denen Chinas unterlegen. Ländliche komplementäre Aktivitäten entwickelten sich langsamer als in China.
Das alte Herrschaftssystem brach nach einem hundertjährigen Bürgerkrieg (Sengoku), der 1467
begonnen hatte, zusammen. Die Hauptstadt Kyoto wurde bereits zu Beginn dieser Auseinandersetzungen zerstört, und ihre Bevölkerung sank von 400 000 auf 40 000 Personen im Jahr 1500. Aus den
Ruinen ging ein neues Herrschaftssystem mit einer neuen Art von Militäraristokratie hervor.
Tokugawa Ieyasu begründete im Jahr 1603 das erbliche Shogunat seiner Familie, nachdem er
selbst zwei aufeinander folgenden Heerführern gedient hatte – Nobunaga (1573-1582) und Hideyoshi
(1582-1598), die einige der von Ieyasu übernommenen Regierungstechniken entwickelt hatten (insbesondere die Entmilitarisierung ländlicher Gebiete, das ursprünglich auf Katastererhebungen basierende Kokudaka-System der Steuererhebung, die Reduzierung der dem Klerus gehörenden Ländereien
sowie die Praxis, Ehefrauen und Kinder der Daimyo als Geiseln zu halten).
Der Shogun Tokugawa kontrollierte unmittelbar ein Viertel der Landesfläche. Das Kaiserhaus
und die Aristokratie von Kyoto erhielten nur 0,5% des Steueraufkommens, die Verwaltungsinstanzen
der Shinto- und der buddhistischen Tempel teilten sich 1,5%. Ein Drittel ging an die kleineren
Daimyo, die einer strengen Kontrolle unterworfen waren. Der Rest wurde größeren und unabhängigeren
(tozama) Daimyo in relativ entfernten Gebieten zugeteilt, die bereits vor Errichtung des TokugawaRegimes Feudalherren gewesen waren. Diese waren potentielle Rivalen des Shogunats und erhoben
sich in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts schließlich gegen dieses Regime. Doch blieb die
Vormachtstellung des Shogun nach 1615 – als er Hideyoshis Familie tötete und dessen Schloss in
282
Anhang B
Osaka zerstörte – praktisch unangefochten. Die Tokugawa-Shogune neutralisierten die potentielle
Opposition der Daimyo, indem sie deren Familien zu Geiseln machten und ihre Einkommensverhältnisse prekär hielten (zwischen 1601 und 1705 „waren etwa 200 Daimyate zerstört, 172 neu geschaffen
und 200 vergrößert worden; die Bereiche von 280 Daimyaten waren transferiert worden“ – Hall, 1991,
S. 150-151). Die Shogunat-Beamten verwalteten unmittelbar die größten Städte (Edo, Kyoto, Osaka
und einige weitere), agierten als Abgesandte des Kaisers und kontrollierten die Außenbeziehungen
sowie die Erträge aus Gold- und Silberbergwerken.
Das Tokugawa-Shogunat war nicht ideal für Wirtschaftswachstum und Ressourcenallokation,
aber es übte einen günstigeren Einfluss aus als seine Vorgänger, das Kamakura-Shogunat (1192-1338)
und das Ashikaga-Shogunat (1338-1573). Es leitete einen erfolgreichen Aufhol- und Überflügelungsprozess ein. Zwischen 1600 und 1868 stieg das japanische Pro-Kopf-Einkommen wahrscheinlich um
rd. 40%, womit sich Japan von einem Niveau, das unter dem Chinas lag, zu einer deutlich höheren
Position aufschwang, und dies trotz der schweren Belastung, die die Unterhaltung einer großen Elite
mit einer Vielzahl von funktionellen Überschneidungen darstellt.
Die Tokugawa-Shogune schufen ein System von Kontrolle und Gegenkontrolle zwischen den
führenden Mitgliedern der Militäraristokratie (Daimyo), die den Bürgerkrieg überlebt hatten. Es
gewährleistete dauerhaften inneren Frieden. Die ländlichen Gebiete wurden durch das von Hideyoshis
Truppen im Jahr 1588 durchgeführte Einsammeln der Schwerter sowie durch die vom TokugawaRegime schrittweise vollzogene Einstellung der Produktion und Verwendung von Feuerwaffen westlichen Stils, die von den Portugiesen 1543 eingeführt worden waren, völlig entmilitarisiert.
Die Daimyo und ihre militärischen Vasallen (die Samurai) wurden gezwungen, in jedem Herrschaftsbereich in einer einzigen Burgstadt zu leben und auf ihre frühere Rolle als landwirtschaftliche
Verwalter zu verzichten. Als Entschädigung erhielten sie Sachzuwendungen (Reis), die von den in
ihrem Herrschaftsgebiet lebenden Bauern geliefert wurden. Die Daimyo besaßen keine festgelegten
Eigentumsrechte an Grund und Boden und konnten Land weder kaufen noch verkaufen. Der Shogun
konnte die Daimyo von einem Teil des Landes in einen anderen versetzen und die diesen zustehenden
Reiszuwendungen konfiszieren, reduzieren oder erhöhen, je nachdem, wie deren Verhalten (oder
deren Intentionen gemäß den Erkenntnissen des Überwachungs- und Spionageapparats des Shogunats)
beurteilt wurde. Die Daimyo waren zudem verpflichtet, einen Teil des Jahres in der neuen Hauptstadt
Edo (dem heutigen Tokyo) zu verbringen und ihre Familien dort als ständige Geiseln und Unterpfand
ihrer Loyalität zu halten. Die Daimyo schuldeten der Shogunat-Verwaltung keine regelmäßigen
Abgaben, sie mussten jedoch die sehr hohen Kosten für ihre obligatorische (sankin kotai) Residenz in
Edo aufbringen und punktuellen Mittelanforderungen für Bauten in Edo und Reparaturarbeiten nach
Erdbebenschäden nachkommen.
Dieses Regierungssystem war gegenüber dem Chinas sehr kostenaufwendig. Die Shogun-,
Daimyo- und Samurai-Haushalte machten etwa 6,5% der japanischen Bevölkerung aus, wohingegen
in China auf die Verwaltung, das Militär und den niedrigen Adel nur 2% der Bevölkerung entfielen.
Die Steuereinnahmen entsprachen 20-25% des japanischen BIP gegenüber rd. 5% in China, wobei
allerdings der niedrige Adel Chinas Pachteinnahmen hatte und die chinesische Bürokratie erhebliche
Einkünfte aus nicht fiskalischen Abgabeforderungen bezog. Gleichwohl erzielten die TokugawaHerrscher gewisse Einsparungen, indem sie Einkommen und Besitz der buddhistischen Mönche sehr
erheblich reduzierten. Sie vollzogen ebenfalls eine ideologische Wende, indem sie sich von der Religion ab- und dem Neo-Konfuzianismus zuwandten. In beiden Fällen übernahmen sie damit Reformen,
die China bereits im 9. Jahrhundert vorgenommen hatte.
Dieser politische Wandel hatte bedeutende Auswirkungen für alle Teile der Wirtschaft.
283
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Wachstum der landwirtschaftlichen Produktion in der Tokugawa-Zeit
Die ländliche Bevölkerung bestand nicht länger aus unterwürfigen Haushalten, die willkürlichen
Forderungen zur Befriedigung der Bedürfnisse des feudalen Adels und Militärs ausgesetzt waren.
Die Reisabgaben waren hoch, aber eine mehr oder weniger feste Größe, und gingen mit der Zeit
im Zuge der landwirtschaftlichen Expansion proportional zurück. Das Ende lokaler Fehden brachte
erhöhte Sicherheit mit sich, so dass die Landwirtschaft auch auf offene Ebenen ausgedehnt werden
konnte. Es gab mehr Möglichkeiten der Landerschließung und der Ausweitung der landwirtschaftlichen Anbauflächen. Dies galt insbesondere für die zuvor unterentwickelte Kanto-Ebene, die die neue
Hauptstadt Edo umschloss.
Gedruckte Handbücher über die besten landwirtschaftlichen Praktiken – nach chinesischem
Muster – begannen zu erscheinen. Nogyo Zensho (Enzyklopädie der Landwirtschaft, 1697) war die
erste kommerzielle Publikation, und zu Beginn des 18. Jahrhunderts gab es bereits Hunderte solcher
Bücher (vgl. Robertson, 1984). Schnell reifendes Saatgut und Kulturen mit doppelten Ernten wurden
eingeführt. Es kam zu vermehrtem Einsatz von kommerziellen Düngemitteln (Sojabohnenmehl, Seetang usw.) sowie zu Verbesserungen bei den Dreschgeräten. Der Anbau marktfähiger Pflanzen
– Baumwolle, Tabak, Ölsaaten, Zucker (in Süd-Kyushu und auf den Ryukyu-Inseln) – wurde erheblich ausgedehnt, und die Seidenraupenzucht nahm einen großen Aufschwung. In den zwanziger Jahren
des 18. Jahrhunderts begannen Landerschließungsmaßnahmen großen Stils, die teilweise von Kaufleuten finanziert wurden.
Wir können uns anhand der von Hideyoshi im Zeitraum 1582-1590 eingeführten Katastererhebungen (Kokudaka) ein gewisses Bild von den Fortschritten in der landwirtschaftlichen Produktion im
Japan der Tokugawa-Zeit machen. Bei diesen Erhebungen wurde die Produktionskapazität des Bodens
in Koku-Reisäquivalenten (d.h. die dem Pro-Kopf-Jahresbedarf entsprechende Menge) bewertet. Die
Maßeinheit Koku entspricht gewichtsmäßig 5,1 US-Scheffel oder 150 Kilogramm. Diese KokudakaEvaluierung diente dem Shogun als Basis für die Zuwendungen an die Daimyo. Die unbedeutendsten
Daimyo erhielten 100 000 Koku, an die größten gingen weitaus mehr (über 1 Million Koku im Herrschaftsbereich von Kaga in Kanazawa an der Küste des Japanischen Meers, 770 000 im Bereich von
Satsuma in Süd-Kyushu). Im Jahr 1598 wurde der Gesamtwert auf 18,5 Millionen geschätzt. Die
offiziellen Schätzungen erhöhten sich im Laufe der Zeit, da sich die Anbaufläche vergrößerte, es gab
aber erhebliche und verschiedenartige Messfehler bei der Berechnung der Gesamtzahl. Craig (1961,
S. 11) führt Beispiele für den Unterschied zwischen nominaler und effektiver Produktionskapazität in
der späten Tokugawa-Ära an; der effektive Ertrag der neun von ihm untersuchten Herrschaftsbereiche
war um ein Drittel höher als der offizielle Schätzwert. Nakamura (1968) nahm eine Schätzung der
Getreideproduktion für den Zeitraum 1600-1872 vor, die um die Schwankungen beim Erfassungsgrad
der offiziellen Statistik bereinigt wurde. Tabelle B.17 zeigt, dass die Pro-Kopf-Getreideproduktion
zwischen 1600 und 1820 um 18% und während der gesamten Tokugawa-Ära wahrscheinlich um ein
Viertel gestiegen ist. Im Jahr 1874 machten Reis und andere Getreidearten 72% des Bruttowerts der
landwirtschaftlichen Produktion aus, andere traditionelle Produkte kamen auf 10,7% und relativ neue
Kulturen (Baumwolle, Zucker, Tabak, Ölsaaten, Seidenraupen und Kartoffeln) auf 17,2%. Die meisten
der letztgenannten Kulturen waren 1600 noch unbekannt und unterlagen keiner Besteuerung, so dass
ihre Produktion rascher wuchs als die von Getreide. Unter der Annahme, dass diese anderen Kulturen
im Jahr 1600 rd. 5% der Produktion ausmachten, würde sich damit für die gesamte landwirtschaftliche
Produktion ein Pro-Kopf-Wachstum von rund einem Viertel im Zeitraum 1600-1820 und von über
40% in der ganzen Tokugawa-Ära ergeben. Für die Zeit vor 1600 gibt es keine brauchbaren quantitativen Angaben, man kann aber wohl davon ausgehen, dass die Pro-Kopf-Produktion in der Landwirtschaft im 16. Jahrhundert wegen der Verheerungen durch den Bürgerkrieg kaum gestiegen ist.
284
Anhang B
Tabelle B.17 Japanische Getreideproduktion und verfügbare Mengen pro Kopf, 1600-1874
Getreideproduktion
Jahr
1600
1700
1820
1872
1874
Quelle:
(in Tsd. Koku)
19 731
30 630
39 017
46 812
49 189
(in Tsd. Tonnen)
2 960
4 565
5 853
7 022
7 378
Bevölkerung
(in Tsd.)
18 500
27 000
31 000
34 859
35 235
Verfügbare Menge
pro Kopf
(in kg)
160
169
189
201
209
Angaben erste Spalte 1600-1872 aus Hayami und Miyamamoto (1988, S. 44); die Angaben für 1820 wurden durch Interpolation der
Werte für 1800 und 1850 abgeleitet. Die Schätzungen von Hayami und Miyamamoto gründen sich auf Satoru Nakamura (1968),
S. 169-171. Getreideproduktion 1874 aus Ohkawa, Shinohara und Umemura (1966), Bd. 9, Agriculture and Forestry, S. 166, Reisproduktion um 1 927 Koku nach oben berichtigt – vgl. Yamada und Hayami (1979, S. 233). 1874 entsprach die berichtigte Getreideproduktion 72% des Werts der landwirtschaftlichen Bruttoproduktion zu Preisen von 1874-76, auf die anderen traditionellen Feldfrüchte entfielen 10,8% und auf sonstige Kulturen 17,2% (vgl. Bd. 9, S. 148). Die letztere Gruppe umfasst den Anbau von Industriepflanzen und Kartoffeln sowie die Seidenraupenzucht, d.h. Kulturen, von denen die meisten im Jahre 1600 noch unbedeutend waren.
Es ist daher wahrscheinlich, dass die landwirtschaftliche Pro-Kopf-Produktion schneller stieg als die Getreideproduktion. Spalte 2
Koku-Wert (150 kg.) umgerechnet in Tonnen. Spalte 3 entspricht meinen Schätzungen aus Tabelle B.7. Spalte 4 ist gleich Spalte 2
geteilt durch Spalte 3. Die Standardproduktionsmessgröße im Japan der Tokugawa-Zeit war geschälter Reis, während in China ungeschälter Reis als Maßstab diente. Perkins (1969) veranschlagte für China für den Zeithorizont der obigen Tabelle eine verfügbare
Menge an ungeschältem Reis von 250 kg pro Kopf. Ausgehend von Perkins Koeffizienten (1969, p. 305) ergibt dies 167 kg geschälten
Reis pro Kopf, was mehr ist als die in Japan im Jahre 1600 pro Kopf verfügbare Menge, aber weniger als die dort 1700 verfügbare
Menge. 1872 war Japan Nettoimporteur von Reis, womit sich die pro Kopf verfügbare Menge auf 219 kg erhöhte; 1874 betrug sie 231 kg.
Wirtschaftsleistung außerhalb des Agrarsektors
Die meisten Analysten der Tokugawa-Zeit (Smith, 1969; Hanley und Yamamura, 1977; Yasuba,
1987) betonen die wachsende Bedeutung der industriellen und kommerziellen Nebenbeschäftigungen
in ländlichen Gebieten.
Smith (1969) erstellte eine klassische Analyse nicht landwirtschaftlicher Aktivitäten in ländlichen
Regionen, wobei er sich auf eine 1843 in 15 Bezirken des Verwaltungsbereichs von Choshu durchgeführte Erhebung stützte. In der Grafschaft von Kaminoseki lebten 6 501 Familien in einer im äußersten
Süden der Insel Honshu gelegenen Region mit einem weiten, in das Binnenmeer hineinreichenden
Küstenstreifen zwischen Kyushu und Shikoku – einer für den Handel mit anderen Teilen Japans ausgesprochen günstigen Lage. 82% der Bevölkerung waren Bauern, die 55% ihres Nettoeinkommens
jedoch aus nicht landwirtschaftlichen Tätigkeiten erwirtschafteten. Aus dem arithmetischen Mittel der
von Smith ermittelten distriktspezifischen Koeffizienten ergibt sich, dass industrielle Aktivitäten nahezu 28% zum Familieneinkommen beitrugen. Ich bezweifle den repräsentativen Charakter der Stichprobenerhebung von Kaminoseki. Wenn es sich wirklich um ein für alle ländlichen Gebiete typisches
Beispiel handelte und soweit städtische Ballungsräume proportional stärker zu nicht landwirtschaftlichen Tätigkeiten tendieren, wäre anzunehmen, dass der Anteil industrieller Aktivitäten am Ende der
Tokugawa-Ära mehr als 30% des BIP betrug.
Nishikawa (1987) legt eine sehr viel ausgefeiltere und umfassendere Untersuchung der Wirtschaft von Choshu in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts vor. Auf der Basis der gleichen Erhebungsdaten entwickelt er eine Reihe von globalen Input-Output-Konten. Seine Analyse erstreckt sich
auf 107 000 Haushalte (520 000 Personen) und umfasst sowohl ländliche als auch städtische Gebiete,
d.h. eine 16-mal größere Stichprobe als die von Smith. Sein Ansatz steht in der Tradition der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, mit sorgfältiger Prüfung der Konsistenz und Verwendung verschie285
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
dener Datenquellen zur Schätzung der Erwerbsbevölkerung, der Bruttoproduktion und der Wertschöpfung je Wirtschaftssektor. Auf Wertschöpfungsbasis entfallen auf das Verarbeitende Gewerbe (einschließlich Handwerk) 18,8% des von ihm ermittelten Gesamtwerts. Er weist jedoch darauf hin, dass
die Erhebungsdaten in Bezug auf die Produktion in vieler Hinsicht unzulänglich waren. Deshalb
bleiben verschiedene Bereiche bei seinem Gesamtwert unberücksichtigt: die militärischen und administrativen Dienstleistungen der Daimyo und Samurai, die Aktivität der Mönche, Nonnen, Priester und
Dienstboten, städtische Dienstleistungen „im ‚Unterhaltungssektor‘ wie z.B. Gasthöfe, Restaurants,
Teehäuser, Bordelle, Straßenprostitution, Frisörgewerbe, Massage usw.“. Er ermittelt keinen rechnerischen Wert für Wohnunterkünfte. Der Bausektor wird ebenfalls ausgelassen. Wenn wir den Gesamtwert von Nishikawa um ein Viertel erhöhen, um die nicht erfassten Elemente in Rechnung zu stellen,
und ihn auf eine BIP-Basis stellen, hätte die Struktur der Wertschöpfung in Choshu in den vierziger
Jahren des 19. Jahrhunderts wie folgt ausgesehen: 53% wären auf die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, 15% auf das Verarbeitende Gewerbe und 32% auf die übrigen Sektoren (einschließlich
Dienstleistungen und Baugewerbe) entfallen. Nishikawas Berechnungen sind auch insofern sehr interessant, als sie Schätzungen der Transaktionen von Choshu mit anderen Teilen Japans enthalten und
die physiokratische Verzerrung des Steuersystems der Tokugawa aufzeigen. 97% des Steueraufkommens bestanden aus landwirtschaftlichen Abgaben, 3% stammten aus Abgaben auf nicht landwirtschaftliche Aktivitäten. Neben seiner strukturellen Analyse versucht Nishikawa auch eine Berechnung
der Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens in Choshu zwischen den sechziger Jahren des
18. Jahrhunderts und den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts und kommt auf 0,4% pro Jahr. Diese
Angabe basiert jedoch ausschließlich auf den Schätzungen der zu Besteuerungszwecken durchgeführten Erhebungen über Grund und Boden.
Im Jahr 1500 lebten weniger als 3% der Japaner in Städten mit mindestens 10 000 Einwohnern.
Im Jahr 1800 lag dieser Anteil bei über 12%. Edo entwickelte sich von einem Dorf zu einer Stadt mit
einer Million Einwohnern. Es gab mehr als 200 Burgstädte, deren Bevölkerung zur Hälfte aus Samurai
bestand. Die größten waren Kanazawa und Nagoya mit einer Bevölkerung von über 100 000. Die alte
Hauptstadt Kyoto zählte eine halbe Million Einwohner (hier residierten der Kaiser und sein Hof, und
sie bildete das Zentrum einer prosperierenden landwirtschaftlichen Region). Osaka entwickelte sich zu
einer bedeutenden Handelsmetropole, die größenmäßig Kyoto vergleichbar war. Diese Vervierfachung
des städtischen Bevölkerungsanteils kontrastierte mit einer stabilen und wesentlich niedrigeren Rate in
China. Japan hatte einen geringeren Anteil an kleinen Städten als China, da die Konzentration der
Samurai in einer einzigen Burgstadt je Verwaltungsbereich mit der obligatorischen Zerstörung kleinerer befestigter Siedlungen einherging, die um diese verstreut waren. Im 18. Jahrhundert kam es auch
zu einem Rückgang der Größe Osakas, da die kommerzielle Aktivität in kleineren Städten und ländlichen Gebieten zunahm.
Die städtischen Zentren schufen einen Markt für die umliegenden ländlichen Gebiete. Sie ließen
ebenfalls eine Nachfrage nach Dienstboten, Unterhaltung und Theater entstehen. Kaufleute waren
nicht mehr ausschließlich Quartiermeister für das Militär, sie wurden zu Vermittlern für Warengeschäfte, zu Bankiers und Geldverleihern. Dank ihrer Aktivitäten erlebten der Küstenhandel und die
Seeschifffahrt im Binnenmeer einen deutlichen Aufschwung (vgl. Crawcour, 1963). Die TokugawaZeit war also mit Sicherheit bei vielen Arten von Dienstleistungsaktivitäten durch ein erhebliches ProKopf-Wachstum gekennzeichnet. Die umfangreichsten Dienstleistungsaktivitäten entfielen jedoch auf
die Samurai und Daimyo, die einen unverhältnismäßig hohen Anteil militärischer und administrativer
Dienstleistungen erbrachten. Die vorhandenen Belege deuten darauf hin, dass ihr Bevölkerungsanteil
während der Tokugawa-Zeit stabil geblieben ist. Nach einer Studie von Yamamura (1974) wies das
Realeinkommen der Samurai- und Daimyo-Haushalte keine wesentlichen Fluktuationen auf, und die
Arbeiten von Smith über die abnehmende Inzidenz der Steuerabgaben in der Landwirtschaft erhärten
diese Schlussfolgerung.
286
Anhang B
Während der Tokugawa-Zeit ist das Bildungsniveau in Japan ganz erheblich gestiegen, und die
Betonung lag stärker auf weltlichen, neokonfuzianischen Werten als auf dem Buddhismus. Dies trug
zu einer Hebung des kulturellen Niveaus der Bevölkerung und zu Verbesserungen der technischen
Kenntnisse bei. Die Buchproduktion und die Verbreitung von Holzdrucken expandierten enorm.
Zwischen dem 8. und dem Beginn des 17. Jahrhunderts erschienen weniger als 100 bebilderte Bücher
in Japan, im 18. Jahrhundert gab es dagegen große Auflagen von Werken mit mehrfarbigen Abbildungen, und 40% der männlichen Bevölkerung waren alphabetisiert.
Im Jahr 1639 wurden die Jesuiten und die portugiesischen Kaufleute des Landes verwiesen. Das
Christentum wurde verboten, und Kontakte mit den Europäern wurden auf eine kleine niederländische
Handelsniederlassung im Süden Japans in der Nähe von Nagasaki beschränkt. Diese Maßnahmen
waren eine Reaktion auf das als aufdringlich empfundene Verhalten der Portugiesen, in denen man
überdies eine politische Bedrohung sah. Die Tokugawa-Herrscher wussten, dass die Spanier die Philippinen in Besitz genommen hatten, und sie wollten dies in Japan vermeiden. Die Niederländer waren
lediglich am Handel interessiert, während ihrer langen Präsenz in Japan benannte die niederländische
Ostindien-Kompanie jedoch drei sehr renommierte Wissenschaftler als Mitarbeiter in Deshima
(Engelbert Kaempfer, 1690-1692, ein abenteuerlustiger deutscher Gelehrter und Wissenschaftler;
C.P. Thunberg, 1775-1776, ein hervorragender schwedischer Botaniker; und Franz Philipp von
Siebold, 1823-1829 und 1859-1862, ein deutscher Arzt und Naturwissenschaftler). Diese Gelehrten
schrieben Bücher, die einen bedeutenden Beitrag zum westlichen Verständnis Japans leisteten, sie
spielten aber auch eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der europäischen Wissenschaft und Technologie in Japan.
Japaner waren zuvor auf chinesische Bücher angewiesen gewesen, um sich Kenntnisse über
westliche Länder anzueignen (chinesische Übersetzungen von Werken von Matteo Ricci und anderen
Jesuiten in Peking), 1720 hob der Shogun Yoshimune jedoch das Verbot europäischer Bücher auf. Ein
wichtiger Wendepunkt war 1771, als zwei japanische Ärzte dem Sezieren eines Leichnams beiwohnten und die Körperteile (Lungen, Nieren und Eingeweide) mit den Beschreibungen in einem chinesischen Buch und einem niederländischen Anatomietext verglichen. Der niederländische Text entsprach
dem, was sie gesehen hatten, während der chinesische Text nicht mit ihren Wahrnehmungen übereinstimmte (vgl. Keene, 1969). In der Folge erlangten Übersetzungen niederländischer Abhandlungen
über wissenschaftliche Erkenntnisse (Rangaku) einen wichtigen kulturellen Einfluss. Wenngleich sie
mengenmäßig begrenzt waren, trugen sie doch dazu bei, den Japanern den Respekt vor „chinesischen
Dingen“ zu nehmen und größeres Interesse an „westlichen Dingen“ zu wecken.
Japan kam weniger mit westlichem Wissen in Berührung als China, doch hinterließ dieses Wissen in Japan eine sehr viel tiefere Wirkung. Die alte Tradition konnte in Japan leichter abgeschüttelt
werden, da sie fremden Ursprungs war. Kontakte mit Ausländern und ausländischen Ideen wurden von
den Behörden jedoch oft mit Argwohn betrachtet. Von Siebold wurde 1829 aus Japan ausgewiesen,
und ein japanischer Freund wurde hingerichtet, weil er ihm Kopien der großartigen topographischen
Karten Ino Tadakatas von den Kurilen und Kamchatka gegeben hatte. Jedenfalls spielte das niederländische Fenster zur westlichen Welt eine wichtige Rolle und trug zur Vorbereitung des geistigen
Bodens für die Meiji-Restauration im Jahr 1868 bei. Niederländisches (mühsam erworbenes) Wissen
war das wichtigste Instrument der Aufklärung für den bekanntesten westlich orientierten Japaner,
Yukichi Fukuzawa (1832-1901), dessen Bücher millionenfach verkauft wurden und der die KeioUniversität nach westlichem Vorbild gründete.
Wenn sich die Tokugawa-Herrschaft auch positiv auf das japanische Wachstum ausgewirkt hat,
war sie doch mit gewissen Nachteilen verbunden.
287
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Die Tokugawa unterhielten eine bedeutende Elite, deren effektives militärisches Potential gemessen an den Herausforderungen des 19. Jahrhunderts sehr schwach war und die durch einen äußerst
kostspieligen Lebensstil gekennzeichnet war. Die Meiji-Herrscher konnten erhebliche Ressourcen für
die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Modernisierung der Armee gewinnen, indem sie
diese unter dem Tokugawa-Regime bestehende Ordnung abschafften.
Das System der erblichen Privilegien und der enormen Standesunterschiede, bei dem das Leistungsprinzip praktisch keine Rolle spielte, brachte eine erhebliche Vergeudung potentieller Talente mit
sich. Wie frustrierend diese Situation war, geht klar aus Fukuzawas Autobiographie hervor. Das
Tokugawa-System war insofern ineffizient, als es sich auf einen schwerfälligen Einzug von Naturalsteuern und eine minutiöse Überwachung der wirtschaftlichen Aktivität stützte. Es beschränkte auch
die Technologieverbreitung. Zum Beispiel waren mit Rädern ausgestattete Fahrzeuge auf japanischen
Straßen verboten, und es gab praktisch keine Brücken. Diese Restriktionen wurden aus Sicherheitsgründen auferlegt, sie machten Reisen jedoch zu einer sehr kostspieligen und zeitraubenden Angelegenheit. Auch hinsichtlich der Größe von Schiffen gab es restriktive Bestimmungen, die die Küstenschifffahrt, den Außenhandel und die Einsatzbereitschaft der Marine behinderten. Die Beschränkungen in Bezug auf Eigentumsrechte (Kauf und Verkauf von Land), die willkürlichen Steuererhebungen
des Shogun, der Erlass der Daimyo-Schulden oder die zahlreichen Fälle von Zahlungsverzug seitens
der Samurai stellten ein Hemmnis für private Unternehmertätigkeit dar.
All diese Faktoren führten zusammen mit dem wachsenden Druck, den Russland, England und
die Vereinigten Staaten auf Japan ausübten, schließlich zum Zusammenbruch des Tokugawa-Systems.
Die globale Wirtschaftsleistung Japans
Es liegen recht umfangreiche Forschungsarbeiten über die Wirtschaftsgeschichte der TokugawaZeit vor, doch wurde bisher – außer auf regionaler Ebene – keine globale Quantifizierung vorgenommen. Die meisten revisionistischen Nachkriegshistoriker (Akira Hayami, Yasuba, Nishikawa, Hall,
Smith, Hanley und Yamamura) stimmen (im Gegensatz zu den früheren Marxisten) darin überein,
dass diese Periode durch erhebliche wirtschaftliche Fortschritte gekennzeichnet war.
Im Jahr 1500 war das Einkommensniveau infolge des Bürgerkriegs wahrscheinlich niedrig, im
16. Jahrhundert könnte das japanische Pro-Kopf-Einkommen jedoch leicht gestiegen sein. Für den
Zeitraum 1600-1820 gibt es Indikatoren, die auf eine erhebliche Steigerung der Wirtschaftsleistung in
mehreren Sektoren hindeuten. In der Landwirtschaft insgesamt (unter Einbeziehung neuer Kulturen –
Baumwolle, Zucker, Tabak, Ölsaaten, Seidenraupen und Kartoffeln) erhöhte sich die Bruttoproduktion
pro Kopf der Bevölkerung um rund ein Viertel (vgl. Tabelle B.17 und den dazugehörigen Text), die
Wertschöpfung etwas weniger. Zu Beginn der Tokugawa-Zeit stellte die Landwirtschaft wahrscheinlich weit über die Hälfte des BIP.
Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass die Aktivität der ländlichen Haushalte an Bedeutung gewann, und der starke Anstieg der städtischen Bevölkerung dürfte zu vermehrten Handelsaktivitäten
sowie einer Zunahme der städtischen Dienste geführt haben. Es kam zu beträchtlichen Verbesserungen
im Bildungsbereich und einer ganz erheblichen Steigerung der Buchproduktion. All diese Aktivitäten
sind wahrscheinlich rascher gewachsen als die Landwirtschaft.
Diese dynamischen Elemente wurden z.T. durch die mit dem Regierungssystem der Tokugawa
verbundenen hohen Kosten neutralisiert. Die Elite der Samurai, die Daimyo und das Shogunat absorbierten nahezu ein Viertel des BIP. Ihre offizielle Funktion bestand darin, administrative und militärische Dienste zu leisten. Aber die Art und Weise, in der diese starre Elite funktionierte, ging mit einer
sehr erheblichen Ressourcenvergeudung einher und belastete die Wirtschaft zunehmend. Der Staats288
Anhang B
apparat beruhte auf einem System von Kontrolle und Gegenkontrolle – einem bewaffneten Frieden,
der zu Anfang aus dem Bestreben entstanden war, die Bürgerkriege zu beenden, die sich von der Mitte
des 15. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts hingezogen hatten.
Nach meinen Schätzungen (vgl. Tabelle B.21) ist das Pro-Kopf-BIP Japans zwischen 1500 und
1820 um ein Drittel gestiegen. Dies reichte aus, um das BIP-Niveau Chinas und das der meisten anderen
asiatischen Länder zu übertreffen.
Sonstige asiatische Länder
Der Rest Asiens besteht aus einer heterogenen Gruppe von Ländern, die 1820 rd. 12,5% der
Bevölkerung Asiens und etwa 12% des BIP auf sich vereinigten. Für die meisten dieser Länder
liegen wenig verlässliche Daten zur Evaluierung ihrer BIP-Entwicklung im Zeitraum 1500-1820 vor.
Indonesien ist das größte dieser Länder. Die Schätzungen in den Tabellen 2.21c und 2.22 zeigen,
dass der bescheidene Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens im Zeitraum 1700-1820 zum größten Teil
den europäischen und chinesischen Handelsinteressen zugute kam. Boomgard (1993, S. 208-210)
gelangte für den Zeitraum 1500-1835 zu einer ähnlichen Schlussfolgerung. Er stellte fest, dass „die
Niederländer und die Chinesen neue Technologien, Organisationstalent und Kapital mitbrachten,
die die nicht landwirtschaftlichen Sektoren stärkten und zur Einführung einiger neuer Marktfrüchte
(Kaffee und Zucker) führten. Sie verdrängten die Javaner aber auch aus den lukrativeren Wirtschaftsaktivitäten und erhöhten die Steuerlast sowie die zu leistende Fronarbeit“.
Korea war das zweitgrößte Land in dieser Gruppe. Bis in die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts
war es ein in großer Isolierung lebendes Königreich, das, außer mit China, nur sehr beschränkte
Kontakte mit der Außenwelt pflegte. Seine Gesellschaftsordnung und seine Technologie waren dem
chinesischen Modell sehr nahe, und es gibt Grund zu der Annahme, dass seine Wirtschaftsleistung
Parallelen zu der Chinas aufwies, d.h. sein Pro-Kopf-Einkommen auf einem über der asiatischen Norm
liegenden Niveau stabil war. Die wichtigsten Störeinflüsse, die die Entwicklung Koreas hemmten,
waren die mongolische und die japanische Invasion, die in die Zeit vor 1500 zurückgehen.
Die indochinesischen Staaten mussten China ebenfalls Tribut leisten. Sie waren offener für den
Handel mit dem Ausland als Korea, es gibt aber keinen Grund anzunehmen, dass sich das Pro-KopfEinkommen in dem untersuchten Zeitraum nennenswert verändert hätte.
Im Jahr 1500 beherrschte das Osmanische Reich einen Großteil Westasiens und des Balkans.
1517 brachte es Syrien und Ägypten in seinen Besitz und erlangte die Oberhoheit über Arabien. Das
Osmanische Reich hatte weit ausgedehnte Handelsinteressen in Asien. Im 18. Jahrhundert befand es
sich bereits in einer langen Periode des Niedergangs, und die Europäer hatten sich seiner Handelsinteressen in Asien bemächtigt. Wenngleich keine Schätzungen des Pro-Kopf-Einkommens vorliegen,
lassen gewisse Belege (vgl. Inalcik, 1994, und Faroqui et al., 1994) doch darauf schließen, dass es
1820 niedriger war als im Jahr 1500. Auch im Iran, dem zweitgrößten Land Westasiens, scheint es
höchst unwahrscheinlich, dass das Pro-Kopf-Einkommen 1820 so hoch war wie in der Blütezeit der
Safawiden-Dynastie im 16. und 17. Jahrhundert.
Afrika
Ich bin davon ausgegangen, dass sich das afrikanische Pro-Kopf-Einkommen zwischen 1500 und
1700 nicht verändert hat.
289
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
BIP und Pro-Kopf-BIP vom 1. Jahrhundert bis zum Jahr 1000
Die Schätzungen für die Zeit vor 1500 beruhen in der Tat zu einem sehr großen Teil auf Mutmaßungen. Die Methode für die Berechnung der Werte für das Pro-Kopf-BIP Chinas und Europas
wird in Maddison (1998a) erläutert, und die Annahmen über andere Regionen werden nachstehend
erklärt. In allen Fällen wurde das BIP durch Multiplizierung des Pro-Kopf-Niveaus mit den getrennt
durchgeführten Bevölkerungsschätzungen ermittelt.
Maddison (1998a) enthielt Schätzungen der Wirtschaftsleistung Chinas ab dem 1. Jahrhundert
unserer Zeitrechnung. Das vorhandene Datenmaterial ließ vermuten, dass das Pro-Kopf-BIP im
1. Jahrhundert (unter der Han-Dynastie) über dem Existenzminimum lag – etwa 450 $ in unserer
Rechnungseinheit (internationale Dollar von 1990), sich bis zum Ende des 10. Jahrhunderts aber nicht
nennenswert veränderte.
Während der Song-Dynastie (960-1280) stieg das chinesische Pro-Kopf-Einkommen beträchtlich, d.h. um rd. ein Drittel, und das Bevölkerungswachstum beschleunigte sich. Dieser Fortschritt
erklärte sich hauptsächlich aus einer grundlegenden Transformation in der Landwirtschaft. Bis zur
Song-Dynastie waren große Teile Südchinas relativ unterentwickelt geblieben. Es wurde eine primitive Landwirtschaft (Brandrodungs- und Wanderfeldbau) betrieben, von den klimatischen Bedingungen und den Wasservorräten her war jedoch ein enormes Potential für intensiven Reisanbau gegeben.
Die Song-Herrscher entwickelten dieses Potential, indem sie schnell reifende Reissorten aus Indochina
einführten. Sie nutzten neue Möglichkeiten der Verbreitung von Wissen über landwirtschaftliche
Technologien, indem sie Handbücher über die besten landwirtschaftlichen Praktiken druckten. So kam
es zu einer bedeutenden Schwerpunktverlagerung mit einer erheblichen Zunahme des Bevölkerungsanteils im Reisanbaugebiet südlich des Jangtse und einem drastischen Rückgang der relativen Bedeutung der Trockenkulturgebiete (Hirse und Weizen) in Nordchina. Die höhere Siedlungsdichte im
Süden gab dem Binnenhandel Auftrieb, führte zu einem höheren Anteil marktfähiger Produkte an der
landwirtschaftlichen Erzeugung und hatte auf Grund der mit dem steigenden Lebensstandard einhergehenden stärkeren Spezialisierung der Agrarproduktion Produktivitätsverbesserungen zur Folge. Die
Einführung von Papiergeld förderte die Expansion des Handels und erhöhte den Anteil der Staatseinnahmen in Geldform, der von einem anfänglich unbedeutenden Niveau auf über die Hälfte der
Gesamteinnahmen anstieg.
Für die meisten anderen asiatischen Länder schien die Annahme gerechtfertigt, dass das ProKopf-Einkommensniveau dem Chinas vergleichbar war und zwischen dem 1. Jahrhundert und dem
Jahr 1000 keine großen Veränderungen zeigte. Das hier unterstellte Pro-Kopf-Einkommen von 450 $
lag weit genug über dem Existenzminimum, um der führenden Elite ein gewisses Maß an Luxus zu
sichern und ein relativ komplexes Regierungssystem zu unterhalten. Japan stellte einen Sonderfall dar.
Im 1. Jahrhundert war es eine Bedarfsdeckungswirtschaft, die vom Jäger- und Sammlerstadium zur
Landwirtschaft und von Holz- zu Metallwerkzeugen überging. Im Jahr 1000 hatte Japan bereits gewisse Fortschritte erzielt, blieb aber weit hinter China zurück.
In Maddison (1998a, S. 25, 37-38) war davon ausgegangen, dass das Pro-Kopf-Einkommensniveau in Europa im 1. Jahrhundert mit dem Chinas vergleichbar war. Goldsmith (1984) lieferte eine
umfassende Evaluierung der Wirtschaftsleistung des Römischen Reichs insgesamt und führte auch
eine temporale Verknüpfung durch, wonach das im Römischen Reich erzielte Niveau etwa zwei
Fünftel des Einkommens erreicht haben könnte, das von Gregory King für England im Jahr 1688
geschätzt wurde.
Die zum Römischen Reich gehörenden Teile Westasiens und Nordafrikas waren zumindest ebenso prosperierend und in gleichem Maße urbanisiert wie der europäische Teil des Römischen Reichs,
was die Annahme ähnlicher Einkommensniveaus rechtfertigt.
290
Anhang B
Zwischen dem 1. Jahrhundert und dem Jahr 1000 ging der Lebensstandard in Westeuropa
drastisch zurück. Die Urbanisationsraten sind der deutlichste Beweis dafür, dass das Jahr 1000 einen
Tiefpunkt darstellte. Die Urbanisationsrate des Römischen Reichs betrug im 1. Jahrhundert rd. 5%.
Dem steht eine Rate von Null für das Jahr 1000 gegenüber, als es nur vier Städte mit über 10 000
Einwohnern gab (vgl. Maddison, 1998a, S. 35). Der Zerfall städtischer Strukturen und andere Zeichen
des Niedergangs rechtfertigen die Annahme eines Rückfalls auf ein mehr oder weniger am Existenzminimum liegendes Niveau (400 $ pro Kopf) im Jahr 1000.
Für den amerikanischen Kontinent, Australasien, Subsahara-Afrika, Osteuropa und das Gebiet
der ehemaligen UdSSR habe ich unterstellt, dass sich das Einkommensniveau zwischen dem 1. Jahrhundert und dem Ende des 1. Jahrtausends um das Existenzminimum (400 $ pro Kopf) bewegte.
291
292
Welt
Afrika
102 536
7 013
26 820
33 750
16 470
77 040
1 200
Japan
China
Indien
Sonstiges Asien
Asien insgesamt (ohne Japan)
2 240
Mexiko
Sonstiges Lateinamerika
Lateinamerika insgesamt
468
1 560
Ex-UdSSR
Vereinigte Staaten
Sonstige große Einwanderungsländer
Große Einw.anderungsländer insgesamt
1 900
11 115
0
Osteuropa
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 Länder insgesamt
Portugal
Spanien
Sonstige
Westeuropa insgesamt
Jahr
116 790
13 723
26 550
33 750
18 630
78 930
3 188
4 560
784
2 840
2 600
10 165
1000
247 116
18 400
61 800
60 500
31 301
153 601
7 700
3 188
4 100
7 288
800
320
1 120
8 475
6 237
1 414
1 225
443
136
10 912
8 112
11 550
716
192
382
482
2 815
38 379
632
4 744
590
44 345
1500
329 417
22 000
96 000
74 250
36 725
206 975
9 620
1 134
2 623
3 757
600
320
920
11 447
8 743
2 093
1 561
569
215
15 559
12 432
14 410
2 052
304
626
880
6 007
56 708
850
7 416
981
65 955
1600
371 369
24 400
82 800
90 750
40 567
214 117
15 390
2 558
3 813
6 371
527
300
827
16 222
10 647
2 483
2 288
727
255
21 180
13 410
14 630
4 009
450
1 231
1 253
10 709
72 625
1 708
7 893
1 169
83 395
1700
694 442
31 010
228 600
111 417
50 486
390 503
20 739
5 000
9 120
14 120
12 548
941
13 489
37 710
23 149
4 104
4 529
1 471
913
38 434
26 349
22 535
4 288
1 071
3 098
2 342
36 232
145 366
3 175
12 975
2 206
163 722
1820
1 101 369
40 172
189 740
134 882
72 173
396 795
25 393
6 214
21 683
27 897
98 374
13 781
112 155
83 646
45 448
8 419
13 746
3 782
1 999
72 100
71 429
41 814
9 952
2 485
6 927
5 867
100 179
338 699
4 338
22 295
4 891
370 223
1870
2 704 782
72 948
241 344
204 241
146 999
592 584
71 653
25 921
95 760
121 681
517 383
68 249
585 632
232 351
121 559
23 451
32 347
11 670
6 389
144 489
237 332
95 487
24 955
6 119
17 403
16 483
224 618
840 743
7 467
45 686
12 478
906 374
1913
Tabelle B.18 Weltweites BIP, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998
(in Mio. internationalen Dollar von 1990)
529 185
740 048
494 832
1 398 587
2 633 467
1 242 932
279 302
1 118 398
1 397 700
3 536 622
521 667
4 058 289
1 513 070
550 757
85 227
118 516
70 032
51 724
683 965
944 755
582 713
175 791
44 544
109 794
117 251
675 941
3 660 253
63 397
304 220
105 910
4 133 780
1973
1 039 408
3 873 352
1 702 712
4 376 931
9 952 995
2 581 576
655 910
2 285 700
2 941 610
7 394 598
1 061 537
8 456 135
1 132 434
660 861
152 712
198 249
117 319
94 421
1 150 080
1 460 069
1 022 776
317 517
104 860
165 385
152 345
1 108 568
6 044 301
128 877
560 138
227 300
6 960 616
1998
5 336 101 16 059 180 33 725 635
194 569
239 903
222 222
362 578
824 703
160 966
67 368
356 188
423 556
1 455 916
179 574
1 635 490
510 243
185 023
25 702
47 190
29 654
17 051
220 492
265 354
164 957
60 642
17 838
47 269
42 545
347 850
1 286 544
17 615
66 792
30 600
1 401 551
1950
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Anhang B
Tabelle B.19 Weltweites BIP-Wachstum, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsrate)
Jahr
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 Länder insgesamt
Portugal
Spanien
Sonstige
Westeuropa insgesamt
0–1000 1000–1500
1500–1820
1820–1870
1870–1913 1913–1950 1950–1973 1973–1998
–0,01
0,30
0,33
0,41
0,38
0,60
0,39
0,37
0,21
0,56
0,54
0,66
0,50
0,80
0,42
0,51
0,31
0,41
0,41
Osteuropa
0,03
0,18
0,41
1,36
2,31
1,14
4,86
0,73
Ex-UdSSR
0,06
0,22
0,47
1,61
2,40
2,15
4,84
–1,15
0,86
0,34
4,20
5,51
3,94
3,79
2,84
2,65
3,93
4,75
2,99
2,88
0,07
0,78
4,33
3,92
2,81
4,03
2,98
0,44
1,75
1,37
3,38
3,51
3,48
2,62
3,61
3,43
6,38
5,10
5,33
3,47
2,90
3,02
Vereinigte Staaten
Sonstige große Einw.Länder
Große Einw.-Länder insg.
0,05
1,45
2,25
1,91
1,58
1,27
2,01
1,24
1,70
1,70
1,62
1,85
2,05
1,71
0,63
1,09
1,61
1,65
2,41
2,01
2,66
2,74
1,63
2,83
1,94
2,16
2,12
2,17
2,43
1,90
2,14
1,27
1,68
2,20
2,10
0,25
1,03
2,55
2,69
1,15
0,30
1,49
2,43
2,93
2,74
2,60
1,19
1,16
2,35
1,03
2,45
1,19
5,35
4,08
3,81
4,94
5,05
5,68
5,64
4,74
4,06
3,73
4,51
2,93
4,65
5,73
6,81
5,55
4,81
2,36
2,08
2,09
2,44
2,10
1,76
2,28
2,39
3,48
1,65
1,05
2,00
2,03
2,88
2,47
3,10
2,11
Mexiko
Sonstiges Lateinamerika
Lateinamerika insgesamt
0,07
0,09
0,14
0,25
0,21
Japan
0,10
0,18
0,31
0,41
2,44
2,21
9,29
2,97
China
Indien
Sonstiges Asien
Asien insg. (ohne Japan)
0,00
0,00
0,01
0,00
0,17
0,12
0,10
0,13
0,41
0,19
0,15
0,29
–0,37
0,38
0,72
0,03
0,56
0,97
1,67
0,94
–0,02
0,23
2,47
0,90
5,02
3,54
6,05
5,18
6,84
5,07
4,67
5,46
Afrika
0,07
0,06
0,16
0,52
1,40
2,69
4,45
2,74
Welt
0,01
0,15
0,32
0,93
2,11
1,85
4,91
3,01
293
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle B.20 Aufteilung des weltweiten BIP, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998
(in Prozent des weltweiten BIP)
Jahr
1000
1500
1600
1700
1820
1870
1913
1950
1973
1998
10,8
8,7
0,6
0,5
0,2
0,1
4,4
3,3
4,7
0,3
0,1
0,2
0,2
1,1
15,5
0,3
1,9
0,2
17,9
0,6
0,5
0,2
0,1
4,7
3,8
4,4
0,6
0,1
0,2
0,3
1,8
17,2
0,3
2,1
0,3
19,9
0,7
0,6
0,2
0,1
5,7
3,6
3,9
1,1
0,1
0,3
0,3
2,9
19,5
0,5
2,2
0,3
22,5
0,6
0,7
0,2
0,1
5,5
3,8
3,2
0,6
0,2
0,4
0,3
5,2
20,9
0,5
1,9
0,3
23,6
0,8
1,2
0,3
0,2
6,5
6,5
3,8
0,9
0,2
0,6
0,5
9,1
30,7
0,4
2,0
0,4
33,6
0,9
1,2
0,4
0,2
5,3
8,8
3,5
0,9
0,2
0,6
0,6
8,3
31,1
0,3
1,7
0,5
33,5
0,5
0,9
0,6
0,3
4,1
5,0
3,1
1,1
0,3
0,9
0,8
6,5
24,1
0,3
1,3
0,6
26,3
0,5
0,7
0,4
0,3
4,3
5,9
3,6
1,1
0,3
0,7
0,7
4,2
22,8
0,4
1,9
0,7
25,7
0,5
0,6
0,3
0,3
3,4
4,3
3,0
0,9
0,3
0,5
0,5
3,3
17,9
0,4
1,7
0,7
20,6
Osteuropa
1,9
2,2
2,5
2,7
2,9
3,3
4,1
4,5
3,5
3,4
2,0
Ex-UdSSR
1,5
2,4
3,4
3,5
4,4
5,4
7,6
8,6
9,6
9,4
3,4
0,7
0,3
0,1
0,5
0,2
0,1
0,3
0,1
0,1
0,2
1,8
0,1
1,9
8,9
1,3
10,2
19,1
2,5
21,7
27,3
3,4
30,6
22,0
3,2
25,3
21,9
3,1
25,1
0,3
0,8
1,1
0,7
1,0
1,7
0,7
1,3
2,0
0,6
2,0
2,5
1,0
3,5
4,5
1,3
6,7
7,9
1,7
7,0
8,7
1,9
6,8
8,7
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 Länder insgesamt
Portugal
Spanien
Sonstige
Westeuropa insgesamt
Vereinigte Staaten
Sonstige große Einw.-Länder
Große Einw.-Länder insg.
0
0,5
Mexiko
Sonstiges Lateinamerika
Lateinamerika insgesamt
2,2
3,9
1,3
1,7
2,9
Japan
1,2
2,7
3,1
2,9
4,1
3,0
2,3
2,6
3,0
7,7
7,7
26,2
32,9
16,1
75,1
22,7
28,9
16,0
67,6
25,0
24,5
12,7
62,1
29,2
22,6
11,2
62,9
22,3
24,4
10,9
57,6
32,9
16,0
7,3
56,2
17,2
12,2
6,6
36,0
8,9
7,6
5,4
21,9
4,5
4,2
6,8
15,5
4,6
3,1
8,7
16,4
11,5
5,0
13,0
29,5
6,8
11,8
7,4
6,7
6,6
4,5
3,6
2,7
3,6
3,3
3,1
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
China
Indien
Sonstiges Asien
Asien insgesamt (ohne
Japan)
Afrika
Welt
294
295
416
435
400
400
400
400
450
450
450
450
425
444
Ex-UdSSR
Vereinigte Staaten
Sonstige große Einw.-Länder
Große Einwanderungsländer insgesamt
Mexiko
Sonstiges Lateinamerika
Lateinamerika insgesamt
Japan
China
Indien
Sonstiges Asien
Asien (ohne Japan)
Afrika
Welt
450
450
450
450
425
400
400
400
400
400
Osteuropa
400
1000
450
0
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 Länder insgesamt
Portugal
Spanien
Sonstige
Westeuropa insgesamt
Jahr
565
400
600
550
565
572
500
425
410
416
400
400
400
500
462
707
875
738
453
727
676
1 100
754
640
695
742
714
796
632
698
462
774
1500
593
400
600
550
565
575
520
454
430
437
400
400
400
553
516
837
976
875
538
841
777
1 100
1 368
760
824
880
974
906
773
900
528
894
1600
615
400
600
550
565
571
570
568
505
529
527
400
473
611
566
993
1 144
1 039
638
986
894
1 100
2 110
900
977
1 044
1 250
1 056
854
900
617
1 024
1700
667
418
600
533
565
575
669
759
623
665
1 257
753
1 201
689
636
1 218
1 319
1 274
781
1 230
1 058
1 117
1 821
1 104
1 198
1 280
1 707
1 270
963
1 063
743
1 232
1820
867
444
530
533
603
543
737
674
705
698
2 445
2 339
2 431
943
871
1 863
2 697
2 003
1 140
1 876
1 821
1 499
2 753
1 432
1 664
2 202
3 191
2 086
997
1 376
1 066
1 974
1870
1 510
585
552
673
794
640
1 387
1 732
1 461
1 511
5 301
4 947
5 257
1 488
1 527
3 465
4 220
3 912
2 111
3 485
3 648
2 564
4 049
2 501
3 096
4 266
4 921
3 688
1 244
2 255
1 840
3 473
1913
2 114
852
439
619
924
635
1 926
2 365
2 593
2 554
9 561
7 538
9 288
2 834
2 120
3 706
5 462
6 946
4 253
5 270
3 881
3 502
5 996
5 463
6 738
9 064
6 907
5 013
2 069
2 397
2 536
4 594
1950
Tabelle B.21 Weltweites Pro-Kopf-BIP, 20 Länder und regionale Durchschnittswerte, 0-1998
(in internationalen Dollar von 1990)
4 104
1 365
839
853
2 065
1 231
11 439
4 845
4 459
4 531
16 689
13 364
16 172
6 058
4 985
11 235
12 170
13 945
11 085
13 123
11 966
10 643
13 082
11 246
13 493
18 204
12 022
12 159
7 343
8 739
7 614
11 534
1973
5 709
1 368
3 117
1 746
3 734
2 936
20 413
6 655
5 588
5 795
27 331
20 082
26 146
3 893
5 461
18 905
19 442
22 123
18 324
19 558
17 799
17 759
20 224
23 660
18 685
21 367
18 714
18 742
12 929
14 227
13 732
17 921
1998
Anhang B
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle B.22 Weltweites BIP-Pro-Kopf-Wachstum, 20 Länder und regionale Gesamtwerte, 0-1998
(kumulierte jahresdurchschnittliche Zuwachsrate)
Jahr
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Italien
Niederlande
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes Königreich
12 Länder insgesamt
Portugal
Spanien
Sonstige
Westeuropa insgesamt
0–1000
1000–1500
1500–1820 1820–1870 1870–1913 1913–1950 1950–1973 1973–1998
–0,01
0,13
0,17
0,13
0,17
0,17
0,16
0,14
0,00
0,28
0,17
0,17
0,17
0,27
0,15
0,13
0,13
0,15
0,15
Osteuropa
0,00
0,03
0,10
0,63
1,31
0,89
3,79
0,37
Ex-UdSSR
0,00
0,04
0,10
0,63
1,06
1,76
3,36
–1,75
Vereinigte Staaten
0,36
1,34
1,82
1,61
2,45
1,99
Sonstige große Einw.Länder
Große Einw.-Länder insg.
0,20
2,29
1,76
1,14
2,52
1,64
0,00
0,34
1,42
1,81
1,55
2,44
1,94
–0,24
0,25
0,10
2,22
1,71
1,81
0,85
1,56
1,43
3,17
2,38
2,52
1,28
0,91
0,99
0,00
0,85
1,44
0,91
0,76
0,85
1,09
0,59
0,83
0,52
0,66
1,09
1,26
1,00
0,07
0,52
0,72
0,95
1,45
1,05
1,57
1,44
1,45
1,63
1,26
0,90
1,30
1,46
1,55
1,01
1,33
0,52
1,15
1,28
1,32
0,18
0,70
1,56
1,91
1,12
0,17
0,85
1,07
2,13
2,12
2,06
0,92
0,83
1,39
0,17
0,87
0,76
4,94
3,55
3,08
4,25
4,05
5,02
4,95
3,45
3,19
3,07
3,08
2,44
3,93
5,66
5,79
4,90
4,08
2,10
1,89
1,86
2,03
1,61
1,60
2,07
1,76
3,02
1,31
0,64
1,79
1,75
2,29
1,97
2,39
1,78
Mexiko
Sonstiges Lateinamerika
Lateinamerika insgesamt
0,00
0,01
0,18
0,13
0,15
Japan
0,01
0,03
0,09
0,19
1,48
0,89
8,05
2,34
China
Indien
Sonstiges Asien
Asien insg. (ohne Japan)
0,00
0,06
0,04
0,05
0,05
0,00
–0,01
0,00
0,00
–0,25
0,00
0,13
–0,11
0,10
0,54
0,64
0,38
–0,62
–0,22
0,41
–0,02
2,86
1,40
3,56
2,92
5,39
2,91
2,40
3,54
Afrika
0,00
–0,01
0,01
0,12
0,64
1,02
2,07
0,01
Welt
0,00
0,05
0,05
0,53
1,30
0,91
2,93
1,33
296
Anhang C
Anhang C
Jährliche Schätzungen der Bevölkerung, des BIP
und des Pro-Kopf-BIP für 124 Länder, 7 Regionen
und die Welt insgesamt, 1950-1998
Dieser Anhang enthält jährliche Schätzungen der Bevölkerung sowie des BIP und des Pro-KopfBIP für die Jahre 1950-1998, ausgedrückt in internationalen Dollar von 1990. Angegeben sind die
jährlichen Schätzungen für 124 einzelne Länder sowie die Gesamtzahlen für Regionen, Teilregionen
und die Welt insgesamt. Die Quellen werden in Anhang A angeführt.
Jährliche Schätzungen für die Entwicklung von Bevölkerung und BIP in früheren Jahren für
46 Länder sind in Maddison (1995a) enthalten. Sie wurden aus Platzgründen hier nicht einbezogen.
Vgl. Maddison (1995a, Anhang A) S. 104-107 bezüglich der jährlichen Schätzungen der Bevölkerungszahlen für 12 westeuropäische Länder, die großen Einwanderungsländer und Japan für die Jahre 18701949; S. 108-109 für fünf südeuropäische Länder, 1900-1989; S. 110-111 für sieben osteuropäische
Länder, 1920-1989; S. 112-113 für sieben lateinamerikanische Länder, 1900-1949; S. 114-115 für
zehn asiatische Länder, 1900-1949. Die jährlichen Indizes des realen BIP für die gleichen Länder und
Jahre werden (soweit verfügbar) auf den Seiten 148-159 in Anhang B dargestellt. Diese BIP-Indizes
stehen im Allgemeinen mit den gegenwärtigen Schätzungen für die Jahre ab 1950 in Einklang und
können zur Rückrechnung der hier in Tabellen C1.b, C2.b und C3.b für 1950 angeführten Werte
verwendet werden. Revidierte jährliche Schätzungen für die Jahre 1900-1950 für Indien werden in
Tabelle A.h, für Japan 1870-1950 in Tabelle A.j der vorliegenden Arbeit angeführt.
Verwendete Abkürzungen
WEL:
westeuropäische Länder
OEL:
osteuropäische Länder
297
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C1.a Bevölkerung der europäischen Länder, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
Österreich
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
6 935
6 936
6 928
6 933
6 940
6 947
6 952
6 966
6 987
7 014
7 048
7 087
7 130
7 175
7 224
7 271
7 322
7 377
7 415
7 441
7 467
7 501
7 544
7 586
7 599
7 579
7 566
7 568
7 562
7 549
7 549
7 569
7 576
7 567
7 571
7 578
7 588
7 598
7 615
7 659
7 729
7 813
7 914
7 991
8 030
8 047
8 059
8 072
8 078
Belgien
8 640
8 679
8 731
8 778
8 820
8 869
8 924
8 989
9 053
9 104
9 118
9 166
9 218
9 283
9 367
9 488
9 508
9 557
9 590
9 613
9 638
9 673
9 709
9 738
9 768
9 795
9 811
9 822
9 830
9 837
9 847
9 854
9 862
9 867
9 871
9 879
9 888
9 901
9 908
9 941
9 971
10 008
10 051
10 088
10 119
10 137
10 157
10 182
10 197
Dänemark
Finnland
4 269
4 304
4 334
4 369
4 406
4 439
4 466
4 488
4 515
4 587
4 581
4 612
4 647
4 684
4 720
4 757
4 797
4 839
4 867
4 893
4 929
4 963
4 992
5 022
5 045
5 060
5 073
5 088
5 104
5 117
5 123
5 122
5 118
5 114
5 112
5 114
5 121
5 127
5 130
5 131
5 138
5 150
5 166
5 185
5 201
5 222
5 256
5 280
5 303
4 009
4 047
4 091
4 139
4 187
4 235
4 282
4 324
4 360
4 395
4 430
4 461
4 491
4 523
4 549
4 564
4 581
4 606
4 626
4 624
4 606
4 612
4 640
4 666
4 691
4 712
4 726
4 739
4 753
4 765
4 780
4 800
4 827
4 856
4 882
4 902
4 918
4 932
4 946
4 964
4 986
5 014
5 042
5 066
5 089
5 108
5 125
5 140
5 153
298
Frankreich Deutschland
41 836
42 156
42 460
42 752
43 057
43 428
43 843
44 311
44 789
45 240
45 684
46 163
46 998
47 816
48 310
48 758
49 164
49 548
49 915
50 315
50 772
51 251
51 701
52 118
52 460
52 699
52 909
53 145
53 376
53 606
53 880
54 182
54 492
54 772
55 026
55 284
55 547
55 824
56 118
56 423
56 735
57 055
57 374
57 654
57 900
58 138
58 372
58 604
58 805
68 371
68 863
69 193
69 621
69 937
70 310
70 743
71 134
71 554
72 024
72 674
73 310
73 939
74 544
74 963
75 647
76 214
76 368
76 584
77 143
77 709
78 345
78 715
78 956
78 979
78 679
78 317
78 165
78 082
78 104
78 303
78 418
78 335
78 122
77 846
77 668
77 690
77 718
78 115
78 677
79 364
79 984
80 595
81 180
81 422
81 661
81 896
82 053
82 029
Italien
Niederlande
47 105
47 418
47 666
47 957
48 299
48 633
48 921
49 182
49 476
49 832
50 200
50 536
50 879
51 252
51 675
52 112
52 519
52 901
53 236
53 538
53 822
54 073
54 381
54 751
55 111
55 441
55 718
55 955
56 155
56 318
56 434
56 510
56 579
56 626
56 652
56 674
56 675
56 674
56 629
56 672
56 719
56 751
56 859
57 049
57 204
57 301
57 397
57 512
57 592
10 114
10 264
10 382
10 494
10 616
10 751
10 888
11 026
11 187
11 348
11 483
11 637
11 801
11 964
12 125
12 293
12 455
12 597
12 726
12 873
13 032
13 194
13 330
13 438
13 543
13 660
13 773
13 856
13 939
14 034
14 148
14 247
14 312
14 368
14 423
14 488
14 567
14 664
14 760
14 846
14 947
15 068
15 182
15 290
15 381
15 460
15 523
15 605
15 700
Anhang C
Tabelle C1.a Bevölkerung der europäischen Länder, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes
Königreich
12 WEL
insgesamt
Irland
Griechenland
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
3 265
3 296
3 328
3 362
3 395
3 429
3 462
3 494
3 525
3 556
3 585
3 615
3 639
3 667
3 694
3 723
3 753
3 785
3 819
3 851
3 879
3 903
3 933
3 961
3 985
4 007
4 026
4 043
4 060
4 073
4 086
4 100
4 115
4 128
4 140
4 153
4 167
4 187
4 209
4 227
4 241
4 262
4 286
4 312
4 337
4 358
4 381
4 405
4 432
7 015
7 071
7 125
7 171
7 213
7 262
7 315
7 367
7 415
7 454
7 480
7 520
7 562
7 604
7 662
7 734
7 807
7 869
7 912
7 968
8 043
8 098
8 122
8 137
8 160
8 192
8 222
8 251
8 275
8 294
8 311
8 320
8 325
8 329
8 337
8 350
8 370
8 398
8 436
8 493
8 566
8 617
8 668
8 719
8 781
8 827
8 841
8 846
8 851
4 694
4 749
4 815
4 877
4 929
4 980
5 045
5 126
5 199
5 259
5 362
5 512
5 666
5 789
5 887
5 943
5 996
6 063
6 132
6 212
6 267
6 343
6 401
6 441
6 460
6 404
6 333
6 316
6 333
6 351
6 385
6 429
6 467
6 482
6 505
6 534
6 573
6 619
6 671
6 723
6 796
6 873
6 943
6 989
7 037
7 081
7 105
7 113
7 130
50 363
50 574
50 737
50 880
51 066
51 221
51 430
51 657
51 870
52 157
52 373
52 807
53 292
53 625
53 991
54 350
54 643
54 959
55 214
55 461
55 632
55 928
56 097
56 223
56 236
56 226
56 216
56 190
56 178
56 240
56 330
56 352
56 318
56 377
56 506
56 685
56 852
57 009
57 158
57 358
57 561
57 808
58 006
58 191
58 395
58 606
58 801
59 009
59 237
256 616
258 357
259 790
261 333
262 865
264 504
266 271
268 064
269 930
271 970
274 018
276 426
279 262
281 926
284 167
286 640
288 759
290 469
292 036
293 932
295 796
297 884
299 565
301 037
302 037
302 454
302 690
303 138
303 647
304 288
305 176
305 903
306 326
306 608
306 871
307 309
307 956
308 651
309 695
311 114
312 753
314 403
316 086
317 714
318 896
319 946
320 913
321 821
322 507
2 969
2 961
2 953
2 949
2 941
2 921
2 898
2 885
2 853
2 846
2 834
2 819
2 830
2 850
2 864
2 876
2 884
2 900
2 913
2 926
2 950
2 978
3 024
3 073
3 124
3 177
3 228
3 272
3 314
3 368
3 401
3 443
3 480
3 505
3 529
3 541
3 542
3 543
3 531
3 510
3 506
3 526
3 549
3 563
3 583
3 601
3 626
3 661
3 705
7 566
7 659
7 733
7 817
7 893
7 966
8 031
8 096
8 173
8 258
8 327
8 398
8 448
8 480
8 510
8 551
8 614
8 716
8 741
8 773
8 793
8 831
8 889
8 929
8 962
9 046
9 167
9 309
9 430
9 548
9 643
9 729
9 790
9 847
9 896
9 934
9 967
10 001
10 037
10 090
10 161
10 247
10 322
10 379
10 426
10 454
10 476
10 499
10 511
299
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C1.a Bevölkerung der europäischen Länder, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
Portugal
8 512
8 547
8 563
8 587
8 607
8 657
8 698
8 737
8 789
8 837
8 891
8 944
9 002
9 040
9 053
8 996
8 871
8 798
8 743
8 696
8 663
8 644
8 631
8 634
8 755
9 094
9 356
9 456
9 559
9 662
9 767
9 851
9 912
9 955
9 989
10 011
10 011
9 994
9 968
9 937
9 899
9 871
9 867
9 880
9 902
9 917
9 927
9 946
9 968
Spanien
27 868
28 086
28 332
28 571
28 812
29 056
29 355
29 657
29 962
30 271
30 583
30 904
31 158
31 430
31 741
32 085
32 453
32 850
33 240
33 566
33 876
34 190
34 498
34 810
35 147
35 515
35 937
36 367
36 778
37 108
37 510
37 741
37 944
38 123
38 279
38 420
38 537
38 632
38 717
38 792
38 851
39 920
39 008
39 086
39 150
39 210
39 270
39 323
39 371
Durchschnitt
16 WEL
13 kleine
WEL
29 WEL
OEL
Ex-UdSSR
OEL und
Ex-UdSSR
303 531
305 610
307 371
309 257
311 118
313 104
315 253
317 439
319 707
322 182
324 653
327 491
330 700
333 726
336 335
339 148
341 581
343 733
345 673
347 893
350 078
352 527
354 607
356 483
358 025
359 286
360 378
361 542
362 728
363 974
365 497
366 667
367 452
368 038
368 564
369 215
370 013
370 821
371 948
373 443
375 170
377 967
378 832
380 622
381 957
383 128
384 212
385 250
386 062
1 529
1 544
1 559
1 574
1 591
1 600
1 613
1 636
1 661
1 682
1 701
1 717
1 729
1 747
1 759
1 773
1 787
1 803
1 819
1 837
1 853
1 869
1 883
1 907
1 929
1 915
1 914
1 922
1 939
1 957
1 990
2 009
2 020
2 035
2 049
2 067
2 060
2 082
2 105
2 126
2 154
2 183
2 211
2 240
2 264
2 284
2 302
2 320
2 337
305 060
307 154
308 930
310 831
312 709
314 704
316 866
319 075
321 368
323 864
326 354
329 208
332 429
335 473
338 094
340 921
343 368
345 536
347 492
349 730
351 931
354 396
356 490
358 390
359 954
361 201
362 292
363 464
364 667
365 931
367 487
368 676
369 472
370 073
370 613
371 282
372 073
372 903
374 053
375 569
377 324
380 150
381 043
382 862
384 221
385 412
386 514
387 570
388 399
87 288
88 374
89 487
90 770
92 045
93 439
94 721
95 801
96 919
98 003
99 056
100 112
101 010
101 914
102 783
103 610
104 412
105 195
106 264
107 101
107 927
108 782
109 628
110 490
111 461
112 468
113 457
114 442
115 300
116 157
116 921
117 661
118 323
118 926
119 503
120 062
120 574
121 051
121 253
121 650
121 866
122 049
122 070
121 632
121 323
121 126
120 980
120 977
121 006
180 050
183 200
186 400
189 500
192 700
196 150
199 650
203 150
206 700
210 450
214 350
218 150
221 750
225 100
228 150
230 900
233 500
236 000
238 350
240 600
242 757
245 083
247 459
249 747
252 131
254 469
256 760
259 029
261 253
263 425
265 542
267 722
270 042
272 540
275 066
277 537
280 236
283 100
285 463
287 845
289 350
291 060
292 422
292 417
292 407
292 196
291 660
291 027
290 866
267 338
271 574
275 887
280 270
284 745
289 589
294 371
298 951
303 619
308 453
313 406
318 262
322 760
327 014
330 933
334 510
337 912
341 195
344 614
347 701
350 684
353 865
357 087
360 237
363 592
366 937
370 217
373 471
376 553
379 582
382 463
385 383
388 365
391 466
394 569
397 599
400 810
404 151
406 716
409 495
411 216
413 109
414 492
414 049
413 730
413 322
412 640
412 004
411 872
300
Anhang C
Tabelle C1.a Bevölkerung der großen Einwanderungsländer, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
Australien
Neuseeland
Kanada
Vereinigte
Staaten
4 große Einwanderungsländer
Durchschnitt
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
8 177
8 418
8 634
8 821
8 996
9 201
9 421
9 640
9 842
10 056
10 275
10 508
10 700
10 907
11 122
11 341
11 599
11 799
12 009
12 263
12 507
13 067
13 304
13 505
13 723
13 893
14 033
14 192
14 359
14 516
14 695
14 923
15 184
15 393
15 579
15 788
16 018
16 264
16 538
16 833
17 085
17 284
17 489
17 657
17 838
18 072
18 311
18 524
18 751
1 909
1 948
1 996
2 049
2 095
2 139
2 183
2 233
2 286
2 335
2 377
2 427
2 485
2 537
2 589
2 635
2 683
2 728
2 754
2 780
2 820
2 864
2 913
2 971
3 032
3 087
3 116
3 128
3 129
3 138
3 144
3 157
3 183
3 226
3 258
3 272
3 277
3 304
3 318
3 337
3 380
3 488
3 524
3 567
3 617
3 673
3 729
3 771
3 811
13 737
14 047
14 491
14 882
15 321
15 730
16 123
16 677
17 120
17 522
17 870
18 238
18 583
18 931
19 290
19 644
20 015
20 378
20 701
21 001
21 297
22 026
22 285
22 560
22 865
23 209
23 518
23 796
24 036
24 277
24 593
24 900
25 202
25 456
25 702
25 942
26 204
26 550
26 798
27 286
27 701
28 031
28 377
28 703
29 036
29 354
29 672
30 008
30 297
152 271
154 878
157 553
160 184
163 026
165 931
168 903
171 984
174 882
177 830
180 671
183 691
186 538
189 242
191 889
194 303
196 560
198 712
200 706
202 677
205 052
207 661
209 896
211 909
213 854
215 973
218 035
220 239
222 585
225 055
227 726
229 966
232 188
234 307
236 348
238 466
240 651
242 804
245 021
247 342
249 984
252 639
255 374
258 083
260 599
263 044
265 463
268 008
270 561
176 094
179 291
182 674
185 936
189 438
193 001
196 630
200 534
204 130
207 743
211 193
214 864
218 306
221 617
224 890
227 923
230 857
233 617
236 170
238 721
241 676
245 618
248 398
250 945
253 474
256 162
258 702
261 355
264 109
266 986
270 158
272 946
275 757
278 382
280 887
283 468
286 150
288 922
291 675
294 798
298 150
301 442
304 764
308 010
311 090
314 143
317 175
320 311
323 420
301
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C1.b BIP in den europäischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Mio. internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Österreich
Belgien
Dänemark
Finnland
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
25 702
27 460
27 484
28 680
31 611
35 105
37 520
39 818
41 272
42 445
45 939
48 378
49 550
51 567
54 662
56 234
59 399
61 205
63 925
67 945
72 785
76 506
81 256
85 227
88 588
88 267
92 307
96 624
96 273
101 525
103 874
103 771
105 750
108 716
109 077
111 525
114 135
116 053
119 730
124 791
130 476
134 944
136 754
137 455
140 949
143 849
146 699
148 443
152 712
47 190
49 874
49 486
51 071
53 173
55 696
57 313
58 381
58 316
60 160
63 394
66 478
69 904
72 988
78 128
80 870
83 440
86 695
90 293
96 302
102 265
106 103
111 679
118 516
123 494
121 855
128 743
129 549
133 231
136 350
142 458
140 680
142 665
142 648
146 180
147 650
149 854
153 392
160 632
166 396
171 442
174 880
177 695
175 072
180 312
185 047
186 661
192 652
198 249
29 654
29 852
30 144
31 859
32 478
32 828
33 225
35 746
36 551
39 270
40 367
42 926
45 295
45 579
49 843
52 117
53 539
55 339
57 613
61 283
62 524
64 191
67 578
70 032
69 379
68 921
73 382
74 573
75 674
78 356
78 010
77 316
79 650
81 656
85 241
88 897
92 135
92 406
93 482
93 728
94 863
96 184
97 413
98 232
103 884
107 713
110 778
114 250
117 319
17 051
18 501
19 121
19 255
20 941
22 008
22 673
23 739
23 867
25 285
27 598
29 701
30 627
31 636
33 235
35 002
35 843
36 600
37 442
41 048
44 114
45 036
48 473
51 724
53 291
53 905
53 676
53 808
54 934
58 756
61 890
63 043
65 090
66 849
68 866
71 184
72 873
75 861
79 581
84 092
84 103
78 841
76 222
75 347
78 327
81 311
84 571
89 892
94 421
302
Frankreich Deutschland
220 492
234 074
240 287
247 223
259 215
274 098
287 969
305 308
312 966
321 924
344 609
363 754
387 937
408 090
435 296
456 456
479 631
501 799
523 967
560 280
592 389
621 055
648 668
683 965
704 012
699 106
729 326
756 545
777 544
802 491
813 763
822 116
842 787
852 644
865 172
877 305
898 129
920 822
961 287
1 000 286
1 026 491
1 036 379
1 051 689
1 041 232
1 061 556
1 079 157
1 091 060
1 112 956
1 150 080
265 354
289 679
314 794
341 150
366 584
406 922
436 086
461 071
481 599
516 821
558 482
581 487
606 292
623 382
661 273
694 798
715 393
717 610
755 463
805 410
843 103
867 917
903 739
944 755
952 571
947 383
993 132
1 021 710
1 050 404
1 092 615
1 105 099
1 109 276
1 099 799
1 119 394
1 150 951
1 176 131
1 202 151
1 220 284
1 260 983
1 302 212
1 264 438
1 328 057
1 357 825
1 343 060
1 374 575
1 398 310
1 408 868
1 429 308
1 460 069
Italien
164 957
177 272
190 541
204 288
214 884
227 389
237 699
251 732
265 192
281 707
296 981
321 992
347 098
371 822
386 333
395 020
415 639
445 232
482 462
510 051
521 506
531 385
546 933
582 713
610 040
596 946
635 737
654 108
678 494
716 984
742 299
745 816
749 233
758 360
777 841
799 697
822 404
847 870
880 671
906 053
925 654
938 522
945 660
937 303
957 993
986 004
994 537
1 009 277
1 022 776
Niederlande
60 642
61 914
63 162
68 652
73 319
78 759
81 654
83 950
83 701
87 793
95 180
95 455
101 993
105 686
114 446
120 435
123 754
130 267
138 627
147 552
155 955
162 539
167 919
175 791
182 763
182 596
191 194
196 392
201 024
205 501
207 979
206 925
204 517
208 014
214 854
221 470
227 570
230 788
236 824
247 906
258 094
263 950
269 298
271 347
280 094
286 416
295 118
306 297
317 517
Anhang C
Tabelle C1.b BIP in den europäischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Mio. internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Norwegen
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
17 838
18 665
19 332
20 225
21 229
21 639
22 771
23 432
23 218
24 411
25 813
27 377
28 159
29 254
30 662
32 305
33 556
35 690
36 498
38 140
38 902
40 683
42 785
44 544
46 858
48 811
52 135
54 002
56 453
58 894
61 811
62 406
62 514
64 729
68 530
72 105
74 687
76 203
76 117
76 818
78 333
80 774
83 413
85 694
90 400
93 879
98 475
102 687
104 860
Schweden
47 269
49 148
49 845
51 237
53 395
54 944
57 032
59 591
59 887
61 714
64 986
68 710
71 599
75 411
80 562
83 643
85 383
88 272
91 475
96 056
102 275
103 241
105 604
109 794
113 306
116 198
117 428
115 553
117 577
122 092
124 130
124 113
125 358
127 555
132 717
135 277
138 381
142 733
145 946
149 415
151 451
149 760
147 631
144 353
150 296
155 843
157 523
160 643
165 385
Schweiz
Vereinigtes
Königreich
12 WEL
insgesamt
Irland
Griechenland
42 545
45 990
46 369
48 001
50 705
54 117
57 710
60 002
58 732
62 425
66 793
72 200
75 661
79 370
83 541
86 195
88 305
91 008
94 272
99 584
105 935
110 253
113 781
117 251
118 957
110 294
108 745
111 392
111 847
114 634
119 909
121 802
120 051
120 659
124 311
128 561
130 653
131 614
135 709
141 599
146 900
145 724
145 540
144 839
145 610
146 345
146 811
149 273
152 345
347 850
358 234
357 585
371 646
386 789
400 850
405 825
412 315
411 450
428 107
452 768
467 694
472 454
490 625
516 584
529 996
540 163
552 277
574 775
585 207
599 016
611 705
633 352
675 941
666 755
665 984
680 933
695 699
720 501
740 370
728 224
718 733
729 861
755 779
774 665
802 000
837 280
877 143
920 841
940 908
944 610
930 493
930 975
952 554
994 384
1 022 172
1 048 308
1 085 122
1 108 568
1 286 544
1 360 663
1 408 150
1 483 287
1 564 323
1 664 355
1 737 477
1 815 085
1 856 751
1 952 062
2 082 910
2 186 152
2 286 569
2 385 410
2 524 565
2 623 071
2 714 045
2 801 994
2 946 812
3 108 858
3 240 769
3 340 614
3 471 767
3 660 253
3 730 014
3 700 266
3 856 738
3 959 955
4 073 956
4 228 568
4 289 446
4 295 997
4 327 275
4 407 003
4 518 405
4 631 802
4 760 252
4 885 169
5 071 803
5 234 204
5 276 855
5 358 508
5 420 115
5 406 488
5 558 380
5 686 046
5 769 409
5 900 800
6 044 301
10 231
10 488
10 753
11 043
11 142
11 432
11 283
11 266
11 034
11 481
12 127
12 706
13 120
13 741
14 279
14 528
14 652
15 521
16 804
17 815
18 289
18 923
20 151
21 103
22 002
23 246
23 571
25 506
27 340
28 180
29 047
30 013
30 698
30 624
31 957
32 943
32 802
34 331
36 123
38 223
41 459
42 231
43 625
44 775
47 355
51 855
55 865
61 844
67 368
14 489
15 765
15 878
18 053
18 615
20 022
21 731
23 147
24 218
25 107
26 195
28 492
29 562
32 567
35 243
38 553
40 907
43 152
46 027
50 585
54 609
58 496
65 775
68 355
65 868
69 853
74 296
76 843
81 989
85 015
86 505
86 553
86 895
87 244
89 645
92 442
93 941
93 507
97 670
101 425
101 452
104 581
105 327
103 604
105 723
107 929
110 474
114 253
118 433
303
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C1.b BIP in den europäischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Mio. internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Portugal
Spanien
16 WEL
insgesamt
13 kleine
WEL
insgesamt
29 WEL
insgesamt
OEL
insgesamt
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
17 615
18 404
18 428
19 714
20 660
21 512
22 451
23 445
23 753
25 039
26 711
28 170
30 040
31 823
33 921
36 446
37 929
40 792
44 421
45 364
49 498
52 781
57 011
63 397
64 122
61 334
65 566
69 239
71 189
75 203
78 655
79 928
81 634
81 492
79 961
82 206
85 610
91 073
97 894
102 922
107 427
110 047
112 134
110 593
113 328
116 640
120 357
124 529
128 877
66 792
73 874
79 676
80 589
85 204
89 635
96 077
100 188
104 666
102 701
105 123
117 549
128 514
139 752
148 387
162 823
179 727
191 468
208 144
231 535
246 976
259 814
281 560
304 220
321 313
323 056
333 729
343 202
348 223
348 367
356 062
355 615
361 106
368 180
374 444
380 795
392 978
415 150
436 576
457 262
474 366
485 126
488 459
482 776
493 643
507 054
518 920
538 824
560 138
1 395 671
1 479 194
1 532 885
1 612 686
1 699 944
1 806 956
1 889 019
1 973 131
2 020 422
2 116 390
2 253 066
2 373 069
2 487 805
2 603 293
2 756 395
2 875 421
2 987 260
3 092 927
3 262 208
3 454 157
3 610 141
3 730 628
3 896 264
4 117 328
4 203 319
4 177 755
4 353 900
4 474 745
4 602 697
4 765 333
4 839 715
4 848 106
4 887 608
4 974 543
5 094 412
5 220 188
5 365 583
5 519 230
5 740 066
5 934 036
6 001 559
6 100 493
6 169 660
6 148 236
6 318 429
6 469 524
6 575 025
6 740 250
6 919 117
5 880
5 746
6 180
6 436
6 647
7 001
7 427
7 752
7 966
8 279
8 487
8 876
9 269
9 756
10 165
10 877
11 398
11 862
12 261
13 144
13 713
14 651
15 548
16 452
16 510
16 005
17 038
18 095
19 058
20 007
20 768
21 257
21 886
22 385
23 512
24 313
25 556
26 754
28 385
30 000
31 205
32 342
33 161
34 633
35 838
36 899
38 136
39 918
41 499
1 401 551
1 484 940
1 539 065
1 619 122
1 706 591
1 813 957
1 896 446
1 980 883
2 028 388
2 124 669
2 261 553
2 381 945
2 497 074
2 613 049
2 766 560
2 886 298
2 998 658
3 104 789
3 274 469
3 467 301
3 623 854
3 745 279
3 911 812
4 133 780
4 219 829
4 193 760
4 370 938
4 492 840
4 621 755
4 785 340
4 860 483
4 869 363
4 909 494
4 996 928
5 117 924
5 244 501
5 391 139
5 545 984
5 768 451
5 964 036
6 032 764
6 132 835
6 202 821
6 182 869
6 354 267
6 506 423
6 613 161
6 780 168
6 960 616
185 023
195 667
198 287
209 197
218 949
233 875
239 574
257 645
272 649
286 878
304 633
322 781
328 253
344 112
364 518
380 016
404 452
420 645
436 444
449 862
465 695
499 790
524 971
550 756
583 528
604 251
619 961
641 681
662 328
672 299
675 819
667 932
674 202
684 326
705 274
706 201
725 733
721 188
727 564
718 039
662 604
590 231
559 157
550 466
572 173
605 352
628 154
646 234
660 861
304
Ex-UdSSR
insgesamt
OEL insg.
und
Ex-UdSSR
510 243
512 566
545 792
569 260
596 910
648 027
710 065
724 470
778 840
770 244
843 434
891 763
915 928
895 016
1 010 727
1 068 117
1 119 932
1 169 422
1 237 966
1 255 392
1 351 818
1 387 832
1 395 732
1 513 070
1 556 984
1 561 399
1 634 589
1 673 159
1 715 215
1 707 083
1 709 174
1 724 741
1 767 262
1 823 723
1 847 190
1 863 687
1 940 363
1 965 457
2 007 280
2 037 253
1 987 995
1 863 524
1 592 085
1 435 008
1 235 701
1 169 446
1 137 039
1 156 028
1 132 434
695 266
708 233
744 079
778 457
815 859
881 902
949 639
982 115
1 051 489
1 057 122
1 148 067
1 214 544
1 244 181
1 239 128
1 375 245
1 448 133
1 524 384
1 590 067
1 674 410
1 705 254
1 817 513
1 887 622
1 920 703
2 063 826
2 140 512
2 165 650
2 254 550
2 314 840
2 377 543
2 379 382
2 384 993
2 392 673
2 441 464
2 508 049
2 552 464
2 569 888
2 666 096
2 686 645
2 734 844
2 755 292
2 650 599
2 453 755
2 151 242
1 985 474
1 807 874
1 774 798
1 765 193
1 802 262
1 793 295
Anhang C
Tabelle C1.b BIP in den großen Einwanderungsländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Mio. internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Australien
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
61 274
63 892
64 470
66 481
70 614
74 471
77 034
78 577
82 351
87 421
91 085
91 713
97 444
103 413
110 488
116 131
119 363
127 422
134 913
143 118
152 220
158 992
163 453
172 314
176 586
181 367
188 678
190 653
196 184
206 515
210 642
218 780
218 512
218 539
233 618
245 444
250 539
262 925
274 737
286 820
291 180
288 661
296 225
307 489
322 819
336 990
350 394
363 903
382 335
Neuseeland
Kanada
16 136
14 904
15 552
16 084
18 298
18 639
19 605
20 165
20 957
22 449
22 449
23 704
24 215
25 749
27 004
28 724
30 536
29 142
29 095
32 099
31 644
33 285
34 711
37 177
39 390
38 937
39 887
37 944
38 097
38 874
39 141
41 041
41 809
42 955
45 072
45 420
46 372
46 564
46 435
46 850
46 729
45 908
46 304
48 654
51 554
53 599
55 331
56 455
56 322
102 164
107 960
115 816
121 228
120 390
131 633
142 282
146 402
149 021
155 062
159 880
164 598
176 130
185 041
197 098
210 203
223 832
230 647
242 703
255 497
262 098
276 694
291 314
312 176
324 928
332 269
350 467
362 245
376 894
392 561
397 814
410 164
397 671
409 246
432 711
456 107
468 055
487 138
510 815
523 177
524 475
514 459
519 148
531 096
556 209
571 447
581 118
604 180
622 880
305
Vereinigte Staaten 4 großeEinwanderungsländer
insgesamt
1 455 916
1 566 784
1 625 245
1 699 970
1 688 804
1 808 126
1 843 455
1 878 063
1 859 088
1 997 061
2 046 727
2 094 396
2 220 732
2 316 765
2 450 915
2 607 294
2 778 086
2 847 549
2 983 081
3 076 517
3 081 900
3 178 106
3 346 554
3 536 622
3 526 724
3 516 825
3 701 163
3 868 829
4 089 548
4 228 647
4 230 558
4 336 141
4 254 870
4 433 129
4 755 958
4 940 383
5 110 480
5 290 129
5 512 845
5 703 521
5 803 200
5 790 784
5 983 457
6 124 987
6 371 321
6 544 370
6 784 105
7 089 655
7 394 598
1 635 490
1 753 540
1 821 083
1 903 763
1 898 106
2 032 869
2 082 376
2 123 207
2 111 417
2 261 993
2 320 141
2 374 411
2 518 521
2 630 968
2 785 505
2 962 352
3 151 817
3 234 760
3 389 792
3 507 231
3 527 862
3 647 077
3 836 032
4 058 289
4 067 628
4 069 398
4 280 195
4 459 671
4 700 723
4 866 597
4 878 155
5 006 126
4 912 862
5 103 869
5 467 359
5 687 354
5 875 446
6 086 756
6 344 832
6 560 368
6 665 584
6 639 812
6 845 134
7 012 226
7 301 903
7 506 406
7 770 948
8 114 193
8 456 135
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C1.c Pro-Kopf-BIP in den europäischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Österreich
Belgien
Dänemark
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
3 706
3 959
3 967
4 137
4 555
5 053
5 397
5 716
5 907
6 051
6 518
6 826
6 950
7 187
7 567
7 734
8 112
8 297
8 621
9 131
9 748
10 199
10 771
11 235
11 658
11 646
12 200
12 767
12 731
13 449
13 760
13 710
13 959
14 367
14 407
14 717
15 042
15 274
15 723
16 293
16 881
17 272
17 280
17 201
17 553
17 876
18 203
18 390
18 905
5 462
5 747
5 668
5 818
6 029
6 280
6 422
6 495
6 442
6 608
6 953
7 253
7 583
7 863
8 341
8 523
8 776
9 071
9 415
10 018
10 611
10 969
11 503
12 170
12 643
12 441
13 122
13 190
13 554
13 861
14 467
14 276
14 466
14 457
14 809
14 946
15 155
15 493
16 212
16 738
17 194
17 474
17 679
17 354
17 819
18 255
18 378
18 921
19 442
6 946
6 936
6 955
7 292
7 371
7 395
7 440
7 965
8 095
8 561
8 812
9 307
9 747
9 731
10 560
10 956
11 161
11 436
11 837
12 525
12 685
12 934
13 537
13 945
13 752
13 621
14 465
14 657
14 826
15 313
15 227
15 095
15 563
15 967
16 675
17 383
17 992
18 023
18 223
18 267
18 463
18 677
18 857
18 945
19 974
20 627
21 076
21 638
22 123
Finnland
4 253
4 572
4 674
4 652
5 001
5 197
5 295
5 490
5 474
5 753
6 230
6 658
6 820
6 994
7 306
7 669
7 824
7 946
8 094
8 877
9 578
9 765
10 447
11 085
11 360
11 440
11 358
11 354
11 558
12 331
12 948
13 134
13 485
13 766
14 106
14 521
14 818
15 381
16 090
16 940
16 868
15 724
15 117
14 873
15 391
15 918
16 502
17 489
18 324
306
Frankreich Deutschland
5 270
5 553
5 659
5 783
6 020
6 312
6 568
6 890
6 988
7 116
7 543
7 880
8 254
8 535
9 010
9 362
9 756
10 128
10 497
11 135
11 668
12 118
12 547
13 123
13 420
13 266
13 785
14 235
14 567
14 970
15 103
15 173
15 466
15 567
15 723
15 869
16 169
16 495
17 130
17 728
18 093
18 165
18 330
18 060
18 334
18 562
18 691
18 991
19 558
3 881
4 207
4 550
4 900
5 242
5 788
6 164
6 482
6 731
7 176
7 685
7 932
8 200
8 363
8 821
9 185
9 387
9 397
9 865
10 440
10 849
11 078
11 481
11 966
12 061
12 041
12 681
13 071
13 453
13 989
14 113
14 146
14 040
14 329
14 785
15 143
15 474
15 701
16 143
16 551
15 932
16 604
16 848
16 544
16 882
17 123
17 203
17 419
17 799
Italien
Niederlande
3 502
3 738
3 997
4 260
4 449
4 676
4 859
5 118
5 360
5 653
5 916
6 372
6 822
7 255
7 476
7 580
7 914
8 416
9 063
9 527
9 689
9 827
10 057
10 643
11 069
10 767
11 410
11 690
12 083
12 731
13 153
13 198
13 242
13 392
13 730
14 110
14 511
14 960
15 552
15 988
16 320
16 538
16 632
16 430
16 747
17 207
17 327
17 549
17 759
5 996
6 032
6 084
6 542
6 906
7 326
7 499
7 614
7 482
7 736
8 289
8 203
8 643
8 834
9 439
9 797
9 936
10 341
10 893
11 462
11 967
12 319
12 597
13 082
13 495
13 367
13 882
14 174
14 422
14 643
14 700
14 524
14 290
14 478
14 897
15 286
15 622
15 738
16 045
16 699
17 267
17 517
17 738
17 747
18 210
18 526
19 012
19 628
20 224
Anhang C
Tabelle C1.c Pro-Kopf-BIP in den europäischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Norwegen
Schweden
Schweiz
Vereinigtes
Königreich
12 WEL
insgesamt
Irland
Griechenland
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
5 463
5 663
5 809
6 016
6 253
6 311
6 577
6 706
6 587
6 865
7 200
7 573
7 738
7 978
8 300
8 677
8 941
9 429
9 557
9 904
10 029
10 424
10 878
11 246
11 759
12 181
12 950
13 357
13 905
14 460
15 128
15 221
15 192
15 680
16 553
17 362
17 923
18 200
18 084
18 173
18 470
18 952
19 462
19 873
20 844
21 542
22 478
23 311
23 660
6 738
6 951
6 996
7 145
7 403
7 566
7 797
8 089
8 076
8 279
8 688
9 137
9 468
9 917
10 514
10 815
10 937
11 218
11 562
12 055
12 716
12 749
13 002
13 493
13 886
14 184
14 282
14 005
14 209
14 721
14 936
14 917
15 058
15 315
15 919
16 201
16 533
16 996
17 300
17 593
17 680
17 380
17 032
16 556
17 116
17 655
17 817
18 160
18 685
9 064
9 684
9 630
9 842
10 287
10 867
11 439
11 705
11 297
11 870
12 457
13 099
13 354
13 710
14 191
14 504
14 727
15 010
15 374
16 031
16 904
17 382
17 776
18 204
18 414
17 223
17 171
17 636
17 661
18 050
18 780
18 946
18 564
18 614
19 110
19 676
19 877
19 884
20 343
21 062
21 616
21 202
20 962
20 724
20 692
20 667
20 663
20 986
21 367
6 907
7 083
7 048
7 304
7 574
7 826
7 891
7 982
7 932
8 208
8 645
8 857
8 865
9 149
9 568
9 752
9 885
10 049
10 410
10 552
10 767
10 937
11 290
12 022
11 856
11 845
12 113
12 381
12 825
13 164
12 928
12 754
12 960
13 406
13 709
14 148
14 727
15 386
16 110
16 404
16 411
16 096
16 050
16 369
17 029
17 441
17 828
18 389
18 714
5 013
5 267
5 420
5 676
5 951
6 292
6 525
6 771
6 879
7 177
7 601
7 909
8 188
8 461
8 884
9 151
9 399
9 646
10 091
10 577
10 956
11 214
11 589
12 159
12 350
12 234
12 742
13 063
13 417
13 897
14 056
14 044
14 126
14 373
14 724
15 072
15 458
15 827
16 377
16 824
16 872
17 043
17 148
17 017
17 430
17 772
17 978
18 336
18 742
3 446
3 542
3 641
3 745
3 789
3 914
3 893
3 905
3 868
4 034
4 279
4 507
4 636
4 821
4 986
5 051
5 080
5 352
5 769
6 089
6 200
6 354
6 664
6 867
7 043
7 317
7 302
7 795
8 250
8 367
8 541
8 717
8 821
8 737
9 056
9 303
9 261
9 690
10 230
10 890
11 825
11 977
12 292
12 567
13 217
14 400
15 407
16 893
18 183
1 915
2 058
2 053
2 309
2 358
2 513
2 706
2 859
2 963
3 040
3 146
3 393
3 499
3 840
4 141
4 509
4 749
4 951
5 266
5 766
6 211
6 624
7 400
7 655
7 350
7 722
8 105
8 255
8 694
8 904
8 971
8 896
8 876
8 860
9 059
9 306
9 425
9 350
9 731
10 052
9 984
10 206
10 204
9 982
10 140
10 324
10 545
10 882
11 268
307
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C1.c Pro-Kopf-BIP in den europäischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Portugal
Spanien
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
2 069
2 153
2 152
2 296
2 400
2 485
2 581
2 683
2 703
2 833
3 004
3 150
3 337
3 520
3 747
4 051
4 276
4 637
5 081
5 217
5 714
6 106
6 605
7 343
7 324
6 744
7 008
7 322
7 447
7 783
8 053
8 114
8 236
8 186
8 005
8 212
8 552
9 113
9 821
10 357
10 852
11 149
11 365
11 194
11 445
11 762
12 124
12 521
12 929
2 397
2 630
2 812
2 821
2 957
3 085
3 273
3 378
3 493
3 393
3 437
3 804
4 125
4 446
4 675
5 075
5 538
5 829
6 262
6 898
7 291
7 599
8 162
8 739
9 142
9 096
9 287
9 437
9 468
9 388
9 492
9 423
9 517
9 658
9 782
9 911
10 197
10 746
11 276
11 788
12 210
12 152
12 522
12 352
12 609
12 932
13 214
13 703
14 227
16 WEL
insgesamt
4 598
4 840
4 987
5 215
5 464
5 771
5 992
6 216
6 320
6 569
6 940
7 246
7 523
7 801
8 195
8 478
8 745
8 998
9 437
9 929
10 312
10 583
10 988
11 550
11 740
11 628
12 081
12 377
12 689
13 093
13 241
13 222
13 301
13 516
13 822
14 139
14 501
14 884
15 432
15 890
15 997
16 140
16 286
16 153
16 542
16 886
17 113
17 496
17 922
13 kleine
WEL insgesamt
3 846
3 722
3 964
4 089
4 178
4 376
4 604
4 738
4 796
4 922
4 989
5 169
5 361
5 584
5 779
6 135
6 378
6 579
6 741
7 155
7 400
7 839
8 257
8 627
8 559
8 358
8 902
9 415
9 829
10 223
10 436
10 581
10 835
11 000
11 475
11 762
12 406
12 850
13 485
14 111
14 487
14 815
14 998
15 461
15 830
16 155
16 566
17 206
17 757
308
29 WEL
insgesamt
4 594
4 835
4 982
5 209
5 457
5 764
5 985
6 208
6 312
6 560
6 930
7 235
7 512
7 789
8 183
8 466
8 733
8 985
9 423
9 914
10 297
10 568
10 973
11 534
11 723
11 611
12 065
12 361
12 674
13 077
13 226
13 208
13 288
13 503
13 809
14 125
14 489
14 872
15 421
15 880
15 988
16 133
16 279
16 149
16 538
16 882
17 110
17 494
17 921
OEL
insgesamt
Ex-UdSSR
insgesamt
OEL insg.
und
Ex-UdSSR
2 120
2 214
2 216
2 305
2 379
2 503
2 529
2 689
2 813
2 927
3 075
3 224
3 250
3 376
3 546
3 668
3 874
3 999
4 107
4 200
4 315
4 594
4 789
4 985
5 235
5 373
5 464
5 607
5 744
5 788
5 780
5 677
5 698
5 754
5 902
5 882
6 019
5 958
6 000
5 902
5 437
4 836
4 581
4 526
4 716
4 998
5 192
5 342
5 461
2 834
2 798
2 928
3 004
3 098
3 304
3 557
3 566
3 768
3 660
3 935
4 088
4 130
3 976
4 430
4 626
4 796
4 955
5 194
5 218
5 569
5 663
5 640
6 058
6 175
6 136
6 366
6 459
6 565
6 480
6 437
6 442
6 544
6 692
6 715
6 715
6 924
6 943
7 032
7 078
6 871
6 403
5 444
4 907
4 226
4 002
3 899
3 972
3 893
2 601
2 608
2 697
2 778
2 865
3 045
3 226
3 285
3 463
3 427
3 663
3 816
3 855
3 789
4 156
4 329
4 511
4 660
4 859
4 904
5 183
5 334
5 379
5 729
5 887
5 902
6 090
6 198
6 314
6 268
6 236
6 209
6 287
6 407
6 469
6 464
6 652
6 648
6 724
6 729
6 446
5 940
5 190
4 795
4 370
4 294
4 278
4 374
4 354
Anhang C
Tabelle C1.c Pro-Kopf-BIP in den großen Einwanderungsländern, jährliche Schätzungen,
1950-1998
(in internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Australien
Neuseeland
Kanada
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
7 493
7 590
7 467
7 537
7 849
8 094
8 177
8 151
8 367
8 693
8 865
8 728
9 107
9 481
9 934
10 240
10 291
10 799
11 234
11 671
12 171
12 167
12 286
12 759
12 868
13 055
13 445
13 434
13 663
14 227
14 334
14 661
14 391
14 197
14 996
15 546
15 641
16 166
16 612
17 039
17 043
16 701
16 938
17 415
18 097
18 647
19 136
19 645
20 390
8 453
7 651
7 792
7 850
8 734
8 714
8 981
9 030
9 168
9 614
9 444
9 767
9 744
10 149
10 430
10 901
11 381
10 683
10 565
11 546
11 221
11 622
11 916
12 513
12 991
12 613
12 801
12 130
12 175
12 388
12 449
13 000
13 135
13 315
13 834
13 881
14 151
14 093
13 995
14 040
13 825
13 162
13 140
13 640
14 253
14 593
14 838
14 971
14 779
7 437
7 686
7 992
8 146
7 858
8 368
8 825
8 779
8 704
8 850
8 947
9 025
9 478
9 774
10 218
10 701
11 183
11 318
11 724
12 166
12 307
12 562
13 072
13 838
14 211
14 316
14 902
15 223
15 680
16 170
16 176
16 472
15 779
16 077
16 836
17 582
17 862
18 348
19 062
19 174
18 933
18 353
18 295
18 503
19 156
19 467
19 585
20 134
20 559
309
Vereinigte Staaten 4 großeEinwanderungs-länder
insgesamt
9 561
10 116
10 316
10 613
10 359
10 897
10 914
10 920
10 631
11 230
11 328
11 402
11 905
12 242
12 773
13 419
14 134
14 330
14 863
15 179
15 030
15 304
15 944
16 689
16 491
16 284
16 975
17 567
18 373
18 789
18 577
18 856
18 325
18 920
20 123
20 717
21 236
21 788
22 499
23 059
23 214
22 921
23 430
23 733
24 449
24 879
25 556
26 453
27 331
9 288
9 780
9 969
10 239
10 020
10 533
10 590
10 588
10 343
10 888
10 986
11 051
11 537
11 872
12 386
12 997
13 653
13 846
14 353
14 692
14 597
14 849
15 443
16 172
16 048
15 886
16 545
17 064
17 798
18 228
18 057
18 341
17 816
18 334
19 465
20 063
20 533
21 067
21 753
22 254
22 356
22 027
22 460
22 766
23 472
23 895
24 501
25 332
26 146
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C2.a Bevölkerung von 8 lateinamerikanischen Ländern, jährliche Schätzungen,
1950-1998
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
Argentinien Brasilien
17 150
17 517
17 877
18 231
18 581
18 928
19 272
19 611
19 947
20 281
20 616
20 951
21 284
21 616
21 949
22 283
22 612
22 934
23 261
23 600
23 962
24 352
24 757
25 174
25 598
26 021
26 457
26 895
27 338
27 785
28 237
28 701
29 151
29 584
29 993
30 407
30 853
31 303
31 749
32 194
32 634
33 083
33 531
33 963
34 412
34 877
35 335
35 798
36 265
53 443
54 996
56 603
58 266
59 989
61 774
63 632
65 551
67 533
69 580
71 695
73 833
76 039
78 317
80 667
83 093
85 557
88 050
90 569
93 114
95 684
98 244
100 837
103 463
106 122
108 813
111 533
114 299
117 129
120 020
122 936
125 907
128 938
131 864
134 596
137 272
140 080
142 903
145 744
148 526
151 040
153 471
155 918
158 344
160 744
163 113
165 427
167 661
169 807
Chile
Kolumbien
Mexiko
Peru
6 091
6 252
6 378
6 493
6 612
6 743
6 889
7 048
7 220
7 400
7 585
7 773
7 961
8 147
8 330
8 510
8 686
8 859
9 030
9 199
9 369
9 540
9 718
9 897
10 077
10 252
10 432
10 600
10 760
10 923
11 094
11 282
11 487
11 687
11 879
12 067
12 260
12 463
12 678
12 901
13 128
13 353
13 573
13 788
14 000
14 205
14 403
14 597
14 788
11 592
11 965
12 351
12 750
13 162
13 588
14 029
14 486
14 958
15 447
15 953
16 476
17 010
17 546
18 090
18 646
19 202
19 764
20 322
20 869
21 430
21 993
22 543
23 069
23 593
24 114
24 620
25 094
25 543
26 031
26 583
27 159
27 764
28 388
29 026
29 675
30 339
31 011
31 681
32 341
32 985
33 629
34 296
34 979
35 679
36 397
37 124
37 852
38 581
28 485
29 296
30 144
31 031
31 959
32 930
33 946
35 016
36 142
37 328
38 579
39 836
41 121
42 434
43 775
45 142
46 538
47 996
49 519
51 111
52 775
54 434
56 040
57 643
59 240
60 828
62 404
63 981
65 554
67 123
68 686
70 324
71 923
73 463
74 992
76 544
78 132
79 754
81 408
83 073
84 748
86 437
88 143
89 863
91 592
93 325
95 063
96 807
98 553
7 633
7 826
8 026
8 232
8 447
8 672
8 905
9 146
9 397
9 658
9 931
10 218
10 517
10 826
11 144
11 467
11 796
12 132
12 476
12 829
13 193
13 568
13 955
14 350
14 753
15 161
15 573
15 990
16 414
16 849
17 295
17 755
18 234
18 706
19 171
19 624
20 073
20 531
21 000
21 487
21 989
22 501
23 015
23 531
24 047
24 563
25 079
25 595
26 111
310
Uruguay
2 194
2 223
2 253
2 284
2 317
2 353
2 389
2 425
2 460
2 495
2 531
2 564
2 598
2 632
2 664
2 693
2 721
2 749
2 777
2 802
2 824
2 826
2 830
2 834
2 838
2 842
2 857
2 874
2 889
2 905
2 920
2 936
2 954
2 973
2 990
3 008
3 027
3 045
3 064
3 084
3 106
3 128
3 149
3 172
3 194
3 216
3 239
3 262
3 285
Venezuela Insgesamt
5 009
5 217
5 440
5 674
5 919
6 170
6 431
6 703
6 982
7 268
7 556
7 848
8 143
8 444
8 752
9 068
9 387
9 710
10 041
10 389
10 758
11 152
11 516
11 893
12 281
12 675
13 082
13 504
13 931
14 355
14 768
15 166
15 621
16 084
16 545
16 998
17 450
17 910
18 379
18 851
19 325
19 801
20 266
20 706
21 139
21 564
21 983
22 396
22 803
131 597
135 292
139 070
142 961
146 985
151 158
155 493
159 985
164 639
169 457
174 446
179 498
184 674
189 963
195 370
200 903
206 499
212 193
217 994
223 913
229 994
236 110
242 193
248 323
254 502
260 706
266 960
273 237
279 558
285 990
292 519
299 230
306 072
312 750
319 192
325 595
332 214
338 922
345 702
352 457
358 955
365 402
371 891
378 346
384 807
391 261
397 653
403 969
410 192
Anhang C
Tabelle C2.a Bevölkerung von 15 lateinamerikanischen Ländern, jährliche Schätzungen,
1950-1998
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
Bolivien
Costa
Rica
Kuba
Dominik.
Republik
Ecuador
El Salvador
Guatemala
Haiti
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
2 766
2 824
2 883
2 945
3 009
3 074
3 142
3 212
3 284
3 358
3 434
3 513
3 594
3 678
3 764
3 853
3 945
4 041
4 139
4 241
4 346
4 455
4 566
4 680
4 796
4 914
5 025
5 128
5 232
5 335
5 439
5 545
5 653
5 763
5 876
5 992
6 111
6 233
6 359
6 487
6 620
6 756
6 895
7 048
7 202
7 358
7 514
7 670
7 826
867
895
926
959
994
1 032
1 072
1 112
1 154
1 200
1 248
1 297
1 345
1 393
1 440
1 488
1 538
1 589
1 638
1 687
1 736
1 786
1 835
1 886
1 938
1 993
2 051
2 112
2 198
2 266
2 307
2 366
2 435
2 506
2 568
2 640
2 716
2 793
2 870
2 947
3 022
3 098
3 172
3 246
3 319
3 391
3 463
3 534
3 605
5 785
5 892
6 008
6 129
6 254
6 381
6 513
6 641
6 763
6 901
7 027
7 134
7 254
7 415
7 612
7 810
7 985
8 139
8 284
8 421
8 543
8 670
8 831
9 001
9 153
9 290
9 421
9 538
9 634
9 710
9 653
9 712
9 789
9 886
9 982
10 079
10 162
10 240
10 334
10 439
10 545
10 643
10 724
10 789
10 846
10 900
10 952
11 003
11 051
2 312
2 375
2 444
2 518
2 598
2 685
2 778
2 873
2 968
3 064
3 159
3 225
3 359
3 470
3 588
3 714
3 848
3 981
4 114
4 244
4 373
4 508
4 644
4 781
4 915
5 052
5 192
5 333
5 472
5 613
5 697
5 826
5 957
6 087
6 214
6 343
6 472
6 603
6 734
6 867
6 997
7 127
7 253
7 372
7 489
7 612
7 740
7 869
7 999
3 310
3 403
3 498
3 596
3 699
3 806
3 918
4 034
4 155
4 281
4 413
4 551
4 696
4 846
5 001
5 162
5 330
5 503
5 682
5 865
6 051
6 240
6 432
6 629
6 829
7 038
7 243
7 455
7 671
7 893
8 123
8 361
8 606
8 831
9 051
9 269
9 484
9 696
9 904
10 110
10 308
10 577
10 852
11 121
11 381
11 629
11 869
12 105
12 337
1 940
1 989
2 042
2 097
2 156
2 218
2 283
2 351
2 422
2 497
2 574
2 656
2 738
2 825
2 912
3 005
3 114
3 217
3 330
3 450
3 583
3 688
3 767
3 853
3 944
4 042
4 143
4 249
4 361
4 470
4 527
4 475
4 434
4 478
4 543
4 617
4 702
4 791
4 877
4 959
5 041
5 125
5 211
5 301
5 391
5 481
5 571
5 662
5 752
2 969
3 056
3 146
3 239
3 335
3 434
3 535
3 640
3 749
3 861
3 975
4 090
4 208
4 329
4 454
4 581
4 712
4 847
4 987
5 133
5 287
5 452
5 623
5 801
5 986
6 178
6 375
6 580
6 792
7 009
7 232
7 486
7 710
7 898
8 118
8 351
8 593
8 844
9 103
9 366
9 631
9 901
10 179
10 465
10 759
11 061
11 370
11 686
12 008
3 097
3 148
3 201
3 257
3 316
3 376
3 441
3 508
3 577
3 648
3 723
3 800
3 880
3 964
4 050
4 137
4 227
4 318
4 412
4 507
4 605
4 653
4 701
4 748
4 795
4 839
4 882
4 925
4 970
5 017
5 056
5 091
5 149
5 248
5 354
5 468
5 588
5 708
5 825
5 939
6 048
6 133
6 215
6 310
6 399
6 488
6 583
6 680
6 781
311
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C2.a Bevölkerung von 15 lateinamerikanischen Ländern, jährliche Schätzungen,
1950-1998
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
Honduras
Jamaika
Nicaragua
Panama
Paraguay
Puerto Rico
Trinidad
& Tobago
Insgesamt
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1 431
1 474
1 517
1 562
1 611
1 662
1 715
1 770
1 829
1 889
1 952
2 017
2 082
2 151
2 224
2 299
2 375
2 453
2 534
2 618
2 683
2 767
2 864
2 964
3 066
3 151
3 237
3 326
3 425
3 520
3 625
3 744
3 847
3 946
4 053
4 164
4 277
4 390
4 473
4 604
4 740
4 880
5 021
5 163
5 304
5 445
5 585
5 725
5 862
1 385
1 406
1 426
1 446
1 468
1 489
1 510
1 535
1 566
1 599
1 632
1 648
1 665
1 698
1 739
1 777
1 820
1 861
1 893
1 920
1 944
1 967
1 998
2 036
2 071
2 105
2 133
2 157
2 179
2 207
2 229
2 258
2 298
2 323
2 348
2 372
2 396
2 415
2 430
2 446
2 466
2 488
2 509
2 529
2 551
2 574
2 595
2 616
2 635
1 098
1 131
1 166
1 202
1 239
1 277
1 317
1 359
1 402
1 446
1 493
1 541
1 591
1 642
1 695
1 750
1 807
1 865
1 926
1 988
2 053
2 120
2 180
2 241
2 311
2 383
2 458
2 537
2 587
2 663
2 776
2 869
2 945
3 012
3 083
3 152
3 224
3 302
3 387
3 480
3 591
3 708
3 820
3 935
4 057
4 185
4 317
4 450
4 583
893
916
940
962
985
1 011
1 037
1 064
1 085
1 115
1 148
1 181
1 216
1 251
1 288
1 326
1 365
1 405
1 447
1 489
1 531
1 573
1 616
1 659
1 706
1 748
1 790
1 840
1 873
1 915
1 956
1 996
2 036
2 077
2 120
2 164
2 208
2 252
2 297
2 342
2 388
2 434
2 480
2 524
2 567
2 609
2 651
2 693
2 736
1 476
1 515
1 556
1 597
1 640
1 683
1 727
1 771
1 816
1 862
1 910
1 959
2 010
2 062
2 115
2 170
2 228
2 288
2 349
2 412
2 477
2 545
2 614
2 692
2 773
2 850
2 919
2 984
3 051
3 119
3 193
3 276
3 366
3 463
3 564
3 668
3 776
3 887
4 000
4 117
4 236
4 359
4 484
4 612
4 743
4 876
5 012
5 150
5 291
2 218
2 235
2 227
2 204
2 214
2 250
2 249
2 260
2 299
2 322
2 358
2 403
2 448
2 497
2 552
2 597
2 627
2 649
2 674
2 722
2 722
2 766
2 847
2 863
2 887
2 935
3 026
3 081
3 118
3 168
3 210
3 239
3 279
3 316
3 350
3 382
3 413
3 444
3 475
3 506
3 537
3 571
3 604
3 644
3 687
3 731
3 783
3 828
3 860
632
649
663
678
698
721
743
765
789
817
841
861
887
904
924
939
953
960
963
963
955
962
975
985
995
1 007
1 021
1 039
1 056
1 073
1 091
1 102
1 116
1 133
1 150
1 166
1 180
1 191
1 198
1 200
1 198
1 194
1 186
1 177
1 166
1 155
1 143
1 130
1 117
32 178
32 908
33 643
34 393
35 214
36 099
36 980
37 894
38 857
39 859
40 886
41 877
42 974
44 126
45 359
46 610
47 875
49 118
50 372
51 660
52 888
54 150
55 493
56 819
58 167
59 525
60 920
62 286
63 619
64 979
66 113
67 346
68 619
69 967
71 375
72 828
74 302
75 788
77 266
78 809
80 368
81 993
83 605
85 236
86 863
88 495
90 148
91 800
93 441
312
Anhang C
Tabelle C2.a Bevölkerung von 15 lateinamerikanischen Ländern, jährliche Schätzungen,
1950-1998
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
8 Kernländer
insgesamt
15 Länder
insgesamt
21 kleine karibische
Länder insgesamt
44 Länder
insgesamt
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
131 597
135 292
139 070
142 961
146 985
151 158
155 493
159 985
164 639
169 457
174 446
179 498
184 674
189 963
195 370
200 903
206 499
212 193
217 994
223 913
229 994
236 110
242 193
248 323
254 502
260 706
266 960
273 237
279 558
285 990
292 519
299 230
306 072
312 750
319 192
325 595
332 214
338 922
345 702
352 457
358 955
365 402
371 891
378 346
384 807
391 261
397 653
403 969
410 192
32 178
32 908
33 643
34 393
35 214
36 099
36 980
37 894
38 857
39 859
40 886
41 877
42 974
44 126
45 359
46 610
47 875
49 118
50 372
51 660
52 888
54 150
55 493
56 819
58 167
59 525
60 920
62 286
63 619
64 979
66 113
67 346
68 619
69 967
71 375
72 828
74 302
75 788
77 266
78 809
80 368
81 993
83 605
85 236
86 863
88 495
90 148
91 800
93 441
2 062
2 111
2 161
2 211
2 267
2 323
2 378
2 435
2 494
2 555
2 614
2 662
2 711
2 781
2 841
2 900
2 959
3 014
3 071
3 121
3 164
3 214
3 263
3 308
3 340
3 347
3 350
3 364
3 383
3 397
3 410
3 434
3 464
3 494
3 527
3 561
3 593
3 622
3 653
3 684
3 726
3 758
3 790
3 824
3 856
3 889
3 922
3 955
3 990
165 837
170 311
174 875
179 565
184 466
189 580
194 851
200 315
205 990
211 871
217 946
224 038
230 359
236 870
243 570
250 412
257 334
264 325
271 436
278 694
286 046
293 473
300 949
308 451
316 009
323 578
331 230
338 887
346 560
354 366
362 041
370 010
378 155
386 211
394 093
401 985
410 109
418 332
426 621
434 950
443 049
451 153
459 285
467 406
475 526
483 645
491 723
499 724
507 623
313
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C2.b BIP in 8 lateinamerikanischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Mio. internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
Argentinien Brasilien
85 524
88 866
84 333
88 866
92 528
99 125
101 856
107 087
113 655
106 303
114 614
122 809
120 833
117 927
130 074
141 960
142 919
146 755
153 002
166 080
174 972
183 458
189 183
200 720
213 739
211 850
211 327
224 084
214 233
229 547
232 802
219 434
212 518
220 016
224 491
209 641
224 985
230 797
226 438
212 373
212 518
233 770
254 575
269 341
291 696
282 653
295 090
318 698
334 314
89 342
93 608
99 181
103 957
110 836
118 960
120 674
130 717
142 577
154 538
167 397
179 951
190 932
192 912
199 423
203 444
216 181
224 877
244 921
266 292
292 480
322 159
356 880
401 643
433 322
455 918
498 823
522 154
548 342
587 289
639 093
611 007
614 538
593 575
625 438
675 090
729 252
753 685
751 910
776 547
743 765
751 203
748 949
782 652
831 176
866 086
891 202
925 068
926 918
Chile
Kolumbien
Mexiko
Peru
Uruguay
23 274
24 274
25 663
27 006
27 117
27 080
27 238
30 090
30 915
30 748
32 767
34 341
35 971
38 240
39 092
39 407
43 797
45 223
46 844
48 585
49 586
54 022
53 373
50 401
50 891
44 316
45 881
50 401
54 540
59 060
63 654
67 192
57 634
57 245
60 875
62 366
65 895
69 674
74 814
82 269
84 038
90 173
100 092
106 698
112 139
122 344
130 786
139 941
144 279
24 955
25 726
27 350
29 026
31 042
32 242
33 539
34 766
35 639
38 207
39 831
41 847
44 120
45 571
48 389
50 136
52 806
55 028
58 398
62 116
66 308
70 250
75 637
80 728
85 370
87 347
91 488
95 283
103 366
108 906
113 375
115 789
116 938
118 806
123 037
127 076
134 844
142 086
147 896
152 686
159 042
161 587
167 889
175 444
186 496
196 567
200 695
203 706
205 132
67 368
72 578
75 481
75 688
83 258
90 307
96 502
103 812
109 333
112 599
121 723
126 365
132 039
141 839
157 312
167 116
177 427
188 258
201 669
213 924
227 970
237 480
257 636
279 302
296 370
312 998
326 267
337 499
365 340
398 788
431 983
469 972
466 649
446 602
462 678
475 505
457 655
466 148
471 953
491 767
516 692
538 508
558 049
568 934
594 054
557 419
586 144
625 759
655 910
17 270
18 669
19 848
20 901
22 246
23 317
24 316
25 936
25 805
26 737
30 017
32 226
34 922
36 217
38 580
40 501
43 921
45 581
45 734
47 448
50 229
52 331
53 838
56 713
61 969
64 075
65 334
65 600
65 784
69 609
72 723
76 035
76 147
66 567
69 650
71 247
77 857
84 237
77 285
68 399
64 979
66 603
66 004
69 766
79 254
86 070
88 050
95 622
95 718
10 224
11 015
11 167
11 736
12 488
12 593
12 807
12 932
13 292
12 125
12 554
12 912
12 624
12 686
12 940
13 088
13 536
12 975
13 181
13 984
14 638
14 498
13 992
14 098
14 541
15 406
16 026
16 205
17 058
18 110
19 205
19 575
17 724
16 688
16 505
16 746
18 231
19 676
19 676
19 930
20 105
20 687
22 218
22 907
24 166
23 683
24 867
26 112
27 313
314
Venezuela Insgesamt
37 377
39 979
43 472
45 147
49 820
53 991
58 677
67 414
68 540
72 658
72 889
70 643
73 762
77 134
83 688
89 240
90 842
96 334
102 916
106 612
114 807
116 494
117 982
126 364
129 038
132 728
142 978
151 927
155 528
156 752
149 735
149 253
146 150
140 665
142 664
144 843
152 244
157 698
166 879
152 577
160 648
177 516
189 942
189 182
182 183
192 931
192 160
204 843
204 433
355 334
374 715
386 495
402 327
429 335
457 615
475 609
512 754
539 756
553 915
591 792
621 094
645 203
662 526
709 498
744 892
781 429
815 031
866 665
925 041
990 990
1 050 692
1 118 521
1 209 969
1 285 240
1 324 638
1 398 124
1 463 153
1 524 191
1 628 061
1 722 570
1 728 257
1 708 298
1 660 164
1 725 338
1 782 514
1 860 963
1 924 001
1 936 851
1 956 548
1 961 787
2 040 047
2 107 718
2 184 924
2 301 164
2 327 753
2 408 994
2 539 749
2 594 017
Anhang C
Tabelle C2.b BIP in 15 lateinamerikanischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Mio. internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Bolivien
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
5 309
5 683
5 855
5 301
5 412
5 698
5 360
5 183
5 306
5 289
5 516
5 631
5 945
6 327
6 632
6 958
7 461
7 928
8 604
8 989
9 459
9 820
10 321
11 030
11 598
12 364
13 118
13 670
14 128
14 125
13 995
14 124
13 508
12 905
13 034
12 943
12 530
12 858
13 348
13 735
14 446
15 226
15 485
16 135
16 910
17 705
17 670
18 394
19 241
Costa
Rica
Kuba
Dominik.
Republik
Ecuador
1 702
1 747
1 958
2 256
2 275
2 538
2 466
2 676
3 007
3 118
3 389
3 530
3 746
4 067
4 265
4 651
5 013
5 320
5 730
6 111
6 515
6 945
7 556
8 145
8 583
8 755
9 231
10 055
10 677
11 207
11 290
11 035
10 266
10 551
11 379
11 475
12 107
12 683
13 114
13 867
14 370
14 686
15 729
16 641
17 357
17 739
17 650
18 268
19 272
19 613
19 829
20 045
20 281
20 495
20 731
20 966
21 202
21 438
21 672
21 908
22 222
22 556
22 888
23 241
23 595
23 928
24 301
24 653
25 026
25 399
24 046
23 281
29 165
25 870
24 811
25 125
25 458
25 792
25 811
25 850
26 851
28 204
29 754
31 969
33 284
32 538
30 930
32 029
32 048
31 087
27 481
24 238
21 039
21 039
21 417
22 981
23 555
23 909
2 416
2 701
2 921
2 884
3 049
3 237
3 562
3 787
3 989
4 012
4 209
4 114
4 815
5 129
5 472
4 791
5 434
5 617
5 628
6 244
6 906
7 637
8 581
9 617
10 171
10 659
11 377
11 930
12 207
12 733
13 511
14 069
14 324
14 959
14 999
14 620
15 057
16 189
16 300
18 377
17 503
17 643
18 772
19 148
19 971
20 870
22 289
23 871
25 304
6 278
6 346
7 129
7 279
7 867
8 074
8 373
8 751
9 007
9 490
10 106
10 360
10 911
11 189
11 977
13 131
13 475
14 188
14 973
15 792
16 899
17 872
18 972
21 337
22 585
23 772
26 075
27 731
29 664
31 274
32 706
34 041
34 421
33 702
35 081
36 570
37 648
35 288
39 060
39 123
40 267
42 280
43 549
44 507
46 465
47 859
48 960
50 869
51 378
315
El Salvador
2 888
2 945
3 166
3 392
3 431
3 608
3 891
4 098
4 187
4 375
4 553
4 713
5 276
5 504
6 017
6 340
6 794
7 164
7 396
7 653
7 881
8 245
8 712
9 084
9 675
10 193
10 572
11 189
11 935
11 744
10 748
9 869
9 324
9 386
9 595
9 819
9 926
10 193
10 384
10 491
10 805
11 108
11 918
12 681
13 442
14 275
14 532
15 143
15 627
Guatemala
Haiti
6 190
6 277
6 408
6 643
6 767
6 934
7 565
7 992
8 365
8 778
8 992
9 378
9 709
10 635
11 128
11 613
12 255
12 757
13 877
14 532
15 364
16 221
17 412
18 593
19 779
20 164
21 654
23 344
24 511
25 667
26 632
26 804
25 858
25 193
25 321
25 167
25 199
26 094
27 110
28 179
29 050
30 125
31 601
32 865
34 212
35 923
37 001
38 592
40 522
3 254
3 302
3 489
3 378
3 654
3 507
3 814
3 587
3 871
3 688
3 926
3 767
4 128
3 860
3 772
3 813
3 790
3 713
3 860
3 986
4 174
4 445
4 603
4 810
5 114
4 995
5 422
5 448
5 710
6 127
6 591
6 410
6 191
6 238
6 256
6 269
6 261
6 214
6 263
6 329
6 323
6 329
5 456
5 336
4 893
5 138
5 281
5 361
5 532
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C2.b BIP in 15 lateinamerikanischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Mio. internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Honduras
Jamaika
Nicaragua
Panama
Paraguay
Puerto Rico
Trinidad
& Tobago
Insgesamt
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1 880
1 982
2 058
2 220
2 094
2 149
2 322
2 429
2 506
2 569
2 728
2 798
2 959
3 069
3 229
3 509
3 713
3 922
4 154
4 187
4 296
4 462
4 635
4 866
4 826
4 949
5 467
6 047
6 662
6 976
7 014
7 196
7 078
7 030
7 312
7 640
7 710
8 167
8 571
8 894
8 898
9 138
9 668
10 355
10 158
10 534
10 934
11 481
11 929
1 837
1 985
2 145
2 446
2 727
3 008
3 307
3 789
3 849
4 064
4 330
4 453
4 533
4 681
5 050
5 456
5 695
5 915
6 218
6 681
7 481
7 481
7 706
8 411
8 095
8 093
7 603
7 443
7 496
7 363
6 957
7 142
7 237
7 405
7 343
7 003
7 119
7 668
7 889
8 428
8 890
8 917
9 140
9 304
9 481
9 642
9 594
9 373
9 308
1 774
1 894
2 215
2 268
2 480
2 646
2 645
2 868
2 877
2 920
2 960
3 182
3 529
3 912
4 370
4 786
4 944
5 288
5 360
5 716
5 771
6 055
6 248
6 566
7 505
7 493
7 880
8 556
7 884
5 785
6 043
6 367
6 312
6 609
6 474
6 204
6 077
6 035
5 367
5 296
5 297
5 281
5 323
5 302
5 514
5 762
6 050
6 383
6 651
1 710
1 695
1 787
1 895
1 963
2 077
2 185
2 414
2 432
2 589
2 744
3 040
3 295
3 606
3 761
4 091
4 395
4 762
5 109
5 507
5 839
6 312
6 645
7 052
7 221
7 338
7 458
7 546
8 285
8 651
9 961
10 367
10 939
11 013
10 963
11 480
11 857
12 150
10 256
10 215
10 688
11 650
12 605
13 273
13 685
13 945
14 321
15 009
15 609
2 338
2 383
2 343
2 410
2 452
2 564
2 672
2 795
2 952
2 944
2 970
3 111
3 330
3 421
3 569
3 773
3 815
4 058
4 202
4 365
4 636
4 839
5 088
5 487
5 945
6 328
6 758
7 478
8 297
9 215
10 549
11 458
11 058
10 724
11 061
11 501
11 486
11 988
12 764
13 509
13 923
14 271
14 514
15 094
15 547
16 247
16 425
16 820
16 719
4 755
4 929
5 214
5 445
5 669
5 961
6 388
6 708
6 901
7 521
8 066
8 835
9 500
10 488
11 232
12 254
13 119
13 944
14 606
15 899
17 280
18 375
19 732
20 908
20 919
20 388
21 464
22 867
24 379
25 868
26 263
26 544
25 734
25 855
27 747
28 319
30 630
32 136
34 228
35 919
37 277
38 136
39 877
41 729
43 475
45 453
46 706
48 882
51 159
2 322
2 526
2 612
2 682
2 730
3 111
3 756
4 088
4 423
4 692
5 258
5 488
5 781
6 076
6 283
6 603
6 891
7 035
7 400
7 604
7 873
7 954
8 414
8 553
9 011
9 181
10 059
10 698
11 947
12 500
13 501
14 096
13 271
12 231
12 967
12 436
12 028
11 473
11 027
10 937
11 110
11 499
11 372
11 236
11 708
12 188
12 675
13 208
13 683
64 266
66 224
69 345
70 780
73 065
75 843
79 272
82 367
85 110
87 721
91 655
94 622
100 013
104 852
109 998
115 364
120 722
125 912
131 770
138 292
145 773
150 709
157 906
173 624
176 897
179 483
189 263
199 460
209 574
215 046
221 611
226 373
223 725
223 555
231 501
234 730
238 173
240 066
247 710
255 347
259 934
263 770
269 247
274 645
283 857
294 697
303 069
315 209
325 843
316
Anhang C
Tabelle C2.b BIP in 44 lateinamerikanischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Mio. internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
8 Kernländer
insgesamt
355 334
374 715
386 495
402 327
429 335
457 615
475 609
512 754
539 756
553 915
591 792
621 094
645 203
662 526
709 498
744 892
781 429
815 031
866 665
925 041
990 990
1 050 692
1 118 521
1 209 969
1 285 240
1 324 638
1 398 124
1 463 153
1 524 191
1 628 061
1 722 570
1 728 257
1 708 298
1 660 164
1 725 338
1 782 514
1 860 963
1 924 001
1 936 851
1 956 548
1 961 787
2 040 047
2 107 718
2 184 924
2 301 164
2 327 753
2 408 994
2 539 749
2 594 017
15 Länder
insgesamt
64 266
66 224
69 345
70 780
73 065
75 843
79 272
82 367
85 110
87 721
91 655
94 622
100 013
104 852
109 998
115 364
120 722
125 912
131 770
138 292
145 773
150 709
157 906
173 624
176 897
179 483
189 263
199 460
209 574
215 046
221 611
226 373
223 725
223 555
231 501
234 730
238 173
240 066
247 710
255 347
259 934
263 770
269 247
274 645
283 857
294 697
303 069
315 209
325 843
317
21 kleine karibische
Länder insgesamt
3 956
4 180
4 418
4 670
4 935
5 215
5 512
5 825
6 156
6 506
6 876
7 266
7 679
8 116
8 577
9 064
9 579
10 124
10 699
11 307
11 950
12 629
13 347
14 105
14 295
14 487
14 682
14 880
15 081
15 284
15 489
15 698
15 909
16 124
16 341
16 561
16 784
17 010
17 239
17 471
17 706
18 167
18 640
19 126
19 624
20 135
20 659
21 197
21 749
44 Länder
insgesamt
423 556
445 119
460 258
477 777
507 335
538 673
560 393
600 946
631 022
648 142
690 323
722 982
752 895
775 494
828 073
869 320
911 730
951 067
1 009 134
1 074 640
1 148 713
1 214 030
1 289 774
1 397 698
1 476 432
1 518 608
1 602 069
1 677 493
1 748 846
1 858 391
1 959 670
1 970 328
1 947 932
1 899 843
1 973 180
2 033 805
2 115 920
2 181 077
2 201 800
2 229 366
2 239 427
2 321 984
2 395 605
2 478 695
2 604 645
2 642 585
2 732 722
2 876 155
2 941 609
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C2.c Pro-Kopf-BIP in 8 lateinamerikanischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
Argentinien Brasilien
4 987
5 073
4 717
4 874
4 980
5 237
5 285
5 461
5 698
5 241
5 559
5 862
5 677
5 455
5 926
6 371
6 321
6 399
6 578
7 037
7 302
7 533
7 642
7 973
8 350
8 142
7 988
8 332
7 837
8 262
8 245
7 646
7 290
7 437
7 485
6 894
7 292
7 373
7 132
6 597
6 512
7 066
7 592
7 930
8 477
8 104
8 351
8 903
9 219
1 672
1 702
1 752
1 784
1 848
1 926
1 896
1 994
2 111
2 221
2 335
2 437
2 511
2 463
2 472
2 448
2 527
2 554
2 704
2 860
3 057
3 279
3 539
3 882
4 083
4 190
4 472
4 568
4 682
4 893
5 199
4 853
4 766
4 501
4 647
4 918
5 206
5 274
5 159
5 228
4 924
4 895
4 803
4 943
5 171
5 310
5 387
5 518
5 459
Chile
3 821
3 883
4 024
4 159
4 101
4 016
3 954
4 269
4 282
4 155
4 320
4 418
4 518
4 694
4 693
4 631
5 042
5 105
5 188
5 281
5 293
5 663
5 492
5 093
5 050
4 323
4 398
4 755
5 069
5 407
5 738
5 956
5 017
4 898
5 125
5 168
5 375
5 590
5 901
6 377
6 402
6 753
7 374
7 738
8 010
8 612
9 080
9 587
9 757
Kolumbien
2 153
2 150
2 214
2 277
2 358
2 373
2 391
2 400
2 383
2 473
2 497
2 540
2 594
2 597
2 675
2 689
2 750
2 784
2 874
2 976
3 094
3 194
3 355
3 499
3 618
3 622
3 716
3 797
4 047
4 184
4 265
4 263
4 212
4 185
4 239
4 282
4 445
4 582
4 668
4 721
4 822
4 805
4 895
5 016
5 227
5 401
5 406
5 382
5 317
Mexiko
2 365
2 477
2 504
2 439
2 605
2 742
2 843
2 965
3 025
3 016
3 155
3 172
3 211
3 343
3 594
3 702
3 813
3 922
4 073
4 185
4 320
4 363
4 597
4 845
5 003
5 146
5 228
5 275
5 573
5 941
6 289
6 683
6 488
6 079
6 170
6 212
5 857
5 845
5 797
5 920
6 097
6 230
6 331
6 331
6 486
5 973
6 166
6 464
6 655
318
Peru
2 263
2 385
2 473
2 539
2 634
2 689
2 731
2 836
2 746
2 768
3 023
3 154
3 321
3 345
3 462
3 532
3 723
3 757
3 666
3 698
3 807
3 857
3 858
3 952
4 200
4 226
4 195
4 103
4 008
4 131
4 205
4 283
4 176
3 559
3 633
3 631
3 879
4 103
3 680
3 183
2 955
2 960
2 868
2 965
3 296
3 504
3 511
3 736
3 666
Uruguay
4 659
4 955
4 957
5 139
5 391
5 352
5 360
5 333
5 402
4 860
4 960
5 036
4 858
4 820
4 858
4 860
4 974
4 721
4 747
4 991
5 184
5 130
4 945
4 974
5 123
5 421
5 608
5 639
5 903
6 234
6 577
6 668
6 000
5 614
5 520
5 567
6 023
6 461
6 422
6 462
6 474
6 614
7 055
7 223
7 566
7 363
7 677
8 006
8 315
Venezuela
7 462
7 663
7 992
7 956
8 417
8 750
9 124
10 058
9 816
9 997
9 646
9 002
9 058
9 134
9 562
9 841
9 677
9 922
10 249
10 262
10 672
10 446
10 245
10 625
10 507
10 472
10 929
11 251
11 164
10 920
10 139
9 841
9 356
8 745
8 623
8 521
8 725
8 805
9 080
8 094
8 313
8 965
9 373
9 137
8 618
8 947
8 741
9 146
8 965
Durchschnitt
2 700
2 770
2 779
2 814
2 921
3 027
3 059
3 205
3 278
3 269
3 392
3 460
3 494
3 488
3 632
3 708
3 784
3 841
3 976
4 131
4 309
4 450
4 618
4 873
5 050
5 081
5 237
5 355
5 452
5 693
5 889
5 776
5 581
5 308
5 405
5 475
5 602
5 677
5 603
5 551
5 465
5 583
5 668
5 775
5 980
5 949
6 058
6 287
6 324
Anhang C
Tabelle C2.c Pro-Kopf-BIP in 15 lateinamerikanischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Bolivien
Costa
Rica
Kuba
Dominik.
Republik
Ecuador
El Salvador
Guatemala
Haiti
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1 919
2 013
2 031
1 800
1 799
1 853
1 706
1 614
1 616
1 575
1 606
1 603
1 654
1 720
1 762
1 806
1 891
1 962
2 079
2 120
2 176
2 204
2 260
2 357
2 418
2 516
2 610
2 666
2 700
2 647
2 573
2 547
2 390
2 239
2 218
2 160
2 050
2 063
2 099
2 117
2 182
2 254
2 246
2 289
2 348
2 406
2 352
2 398
2 458
1 963
1 951
2 114
2 353
2 289
2 460
2 301
2 406
2 605
2 598
2 715
2 723
2 785
2 919
2 961
3 127
3 258
3 349
3 497
3 622
3 754
3 889
4 118
4 319
4 428
4 392
4 500
4 760
4 859
4 945
4 894
4 664
4 217
4 210
4 432
4 346
4 457
4 541
4 569
4 706
4 754
4 741
4 958
5 127
5 230
5 231
5 097
5 169
5 346
3 390
3 366
3 336
3 309
3 277
3 249
3 219
3 193
3 170
3 140
3 118
3 115
3 109
3 087
3 053
3 021
2 997
2 986
2 976
2 972
2 973
2 774
2 636
3 240
2 826
2 671
2 667
2 669
2 677
2 658
2 678
2 765
2 881
3 010
3 203
3 302
3 202
3 021
3 099
3 070
2 948
2 582
2 260
1 950
1 940
1 965
2 098
2 141
2 164
1 045
1 137
1 195
1 145
1 174
1 206
1 282
1 318
1 344
1 310
1 332
1 276
1 433
1 478
1 525
1 290
1 412
1 411
1 368
1 471
1 579
1 694
1 848
2 012
2 069
2 110
2 191
2 237
2 231
2 269
2 372
2 415
2 405
2 458
2 414
2 305
2 326
2 452
2 420
2 676
2 501
2 476
2 588
2 597
2 667
2 742
2 880
3 034
3 163
1 897
1 865
2 038
2 024
2 127
2 121
2 137
2 169
2 168
2 217
2 290
2 276
2 324
2 309
2 395
2 544
2 528
2 578
2 635
2 693
2 793
2 864
2 950
3 219
3 307
3 378
3 600
3 720
3 867
3 962
4 026
4 071
4 000
3 816
3 876
3 945
3 970
3 640
3 944
3 870
3 906
3 997
4 013
4 002
4 083
4 116
4 125
4 202
4 165
1 489
1 481
1 551
1 617
1 591
1 627
1 704
1 743
1 729
1 752
1 769
1 774
1 927
1 948
2 066
2 110
2 182
2 227
2 221
2 218
2 199
2 236
2 313
2 358
2 453
2 522
2 551
2 633
2 737
2 627
2 374
2 205
2 103
2 096
2 112
2 127
2 111
2 128
2 129
2 115
2 143
2 168
2 287
2 392
2 493
2 604
2 608
2 675
2 717
2 085
2 054
2 037
2 051
2 029
2 019
2 140
2 195
2 231
2 274
2 262
2 293
2 307
2 457
2 499
2 535
2 601
2 632
2 782
2 831
2 906
2 975
3 097
3 205
3 304
3 264
3 397
3 547
3 609
3 662
3 683
3 580
3 354
3 190
3 119
3 014
2 933
2 950
2 978
3 009
3 016
3 043
3 105
3 141
3 180
3 248
3 254
3 302
3 375
1 051
1 049
1 090
1 037
1 102
1 039
1 108
1 023
1 082
1 011
1 055
991
1 064
974
931
922
897
860
875
884
906
955
979
1 013
1 066
1 032
1 111
1 106
1 149
1 221
1 304
1 259
1 202
1 189
1 168
1 146
1 120
1 089
1 075
1 066
1 045
1 032
878
846
765
792
802
803
816
319
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C2.c Pro-Kopf-BIP in 15 lateinamerikanischen Ländern, jährliche Schätzungen,
1950-1998
(in internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
Honduras
Jamaika
Nicaragua
Panama
Paraguay
Puerto
Rico
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1 313
1 344
1 356
1 421
1 300
1 293
1 354
1 372
1 370
1 360
1 398
1 387
1 421
1 427
1 452
1 526
1 563
1 599
1 639
1 599
1 601
1 613
1 618
1 642
1 574
1 571
1 689
1 818
1 945
1 982
1 935
1 922
1 840
1 781
1 804
1 835
1 803
1 861
1 916
1 932
1 877
1 873
1 925
2 006
1 915
1 935
1 958
2 006
2 035
1 327
1 412
1 504
1 691
1 858
2 020
2 190
2 468
2 458
2 541
2 654
2 702
2 722
2 757
2 904
3 070
3 129
3 178
3 284
3 480
3 849
3 803
3 858
4 130
3 908
3 845
3 564
3 451
3 439
3 336
3 121
3 162
3 150
3 188
3 128
2 952
2 972
3 176
3 247
3 445
3 605
3 584
3 643
3 679
3 716
3 746
3 697
3 584
3 533
1 616
1 674
1 900
1 888
2 002
2 072
2 008
2 111
2 052
2 019
1 983
2 065
2 219
2 382
2 578
2 734
2 736
2 835
2 783
2 875
2 812
2 856
2 867
2 929
3 248
3 144
3 205
3 373
3 047
2 172
2 177
2 219
2 144
2 194
2 100
1 968
1 885
1 828
1 585
1 522
1 475
1 424
1 394
1 347
1 359
1 377
1 401
1 434
1 451
1 916
1 851
1 901
1 969
1 993
2 055
2 108
2 270
2 241
2 322
2 391
2 574
2 710
2 882
2 920
3 085
3 219
3 388
3 531
3 699
3 814
4 012
4 111
4 250
4 232
4 198
4 167
4 102
4 424
4 518
5 091
5 194
5 372
5 301
5 172
5 306
5 370
5 394
4 465
4 361
4 476
4 786
5 083
5 259
5 332
5 345
5 402
5 572
5 705
1 584
1 573
1 506
1 509
1 495
1 523
1 547
1 578
1 625
1 581
1 555
1 588
1 657
1 659
1 687
1 739
1 712
1 774
1 789
1 810
1 872
1 902
1 946
2 038
2 144
2 220
2 315
2 506
2 719
2 954
3 304
3 498
3 285
3 097
3 104
3 135
3 042
3 085
3 191
3 282
3 287
3 274
3 237
3 273
3 278
3 332
3 277
3 266
3 160
2 144
2 205
2 341
2 471
2 561
2 649
2 840
2 968
3 002
3 239
3 421
3 677
3 881
4 201
4 401
4 719
4 993
5 264
5 463
5 840
6 349
6 642
6 930
7 302
7 247
6 946
7 093
7 422
7 819
8 164
8 183
8 195
7 848
7 797
8 283
8 373
8 974
9 330
9 850
10 246
10 539
10 678
11 065
11 453
11 791
12 183
12 347
12 769
13 253
320
Trinidad Durchschnitt
& Tobago
3 674
3 894
3 941
3 954
3 914
4 316
5 059
5 344
5 609
5 743
6 251
6 371
6 514
6 718
6 801
7 030
7 234
7 327
7 684
7 897
8 244
8 272
8 628
8 685
9 053
9 118
9 847
10 296
11 319
11 649
12 380
12 794
11 888
10 794
11 273
10 664
10 192
9 631
9 202
9 112
9 271
9 630
9 586
9 550
10 038
10 550
11 087
11 685
12 254
1 997
2 012
2 061
2 058
2 075
2 101
2 144
2 174
2 190
2 201
2 242
2 260
2 327
2 376
2 425
2 475
2 522
2 563
2 616
2 677
2 756
2 783
2 846
3 056
3 041
3 015
3 107
3 202
3 294
3 309
3 352
3 361
3 260
3 195
3 243
3 223
3 205
3 168
3 206
3 240
3 234
3 217
3 220
3 222
3 268
3 330
3 362
3 434
3 487
Anhang C
Tabelle C2.c Durchschnittliches Pro-Kopf-BIP in 44 lateinamerikanischen Ländern,
jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
8 Kernländer
insgesamt
15 Länder
insgesamt
21 kleine karibische
Länder insgesamt
44 Länder
insgesamt
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
2 700
2 770
2 779
2 814
2 921
3 027
3 059
3 205
3 278
3 269
3 392
3 460
3 494
3 488
3 632
3 708
3 784
3 841
3 976
4 131
4 309
4 450
4 618
4 873
5 050
5 081
5 237
5 355
5 452
5 693
5 889
5 776
5 581
5 308
5 405
5 475
5 602
5 677
5 603
5 551
5 465
5 583
5 668
5 775
5 980
5 949
6 058
6 287
6 324
1 997
2 012
2 061
2 058
2 075
2 101
2 144
2 174
2 190
2 201
2 242
2 260
2 327
2 376
2 425
2 475
2 522
2 563
2 616
2 677
2 756
2 783
2 846
3 056
3 041
3 015
3 107
3 202
3 294
3 309
3 352
3 361
3 260
3 195
3 243
3 223
3 205
3 168
3 206
3 240
3 234
3 217
3 220
3 222
3 268
3 330
3 362
3 434
3 487
1 919
1 980
2 044
2 112
2 177
2 245
2 318
2 392
2 468
2 546
2 630
2 730
2 833
2 918
3 019
3 126
3 237
3 359
3 484
3 623
3 777
3 929
4 090
4 264
4 280
4 328
4 383
4 423
4 458
4 499
4 542
4 571
4 593
4 615
4 633
4 651
4 671
4 696
4 719
4 742
4 752
4 834
4 918
5 002
5 089
5 177
5 267
5 360
5 451
2 554
2 614
2 632
2 661
2 750
2 841
2 876
3 000
3 063
3 059
3 167
3 227
3 268
3 274
3 400
3 472
3 543
3 598
3 718
3 856
4 016
4 137
4 286
4 531
4 672
4 693
4 837
4 950
5 046
5 244
5 413
5 325
5 151
4 919
5 007
5 059
5 159
5 214
5 161
5 126
5 055
5 147
5 216
5 303
5 477
5 464
5 557
5 755
5 795
321
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C3.a Bevölkerung von 16 ostasiatischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1999
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
China
546 815
557 480
568 910
581 390
595 310
608 655
621 465
637 408
653 235
666 005
667 070
660 330
665 770
682 335
698 355
715 185
735 400
754 550
774 510
796 025
818 315
841 105
862 030
881 940
900 350
916 395
930 685
943 455
956 165
969 005
981 235
993 861
1 000 281
1 023 288
1 036 825
1 051 040
1 066 790
1 084 035
1 101 630
1 118 650
1 135 185
1 150 780
1 164 970
1 178 440
1 191 835
1 204 855
1 217 550
1 230 075
1 242 700
1 252 704
Indien
Indonesien
Japan
Philippinen
Südkorea
Thailand
Taiwan
359 000
365 000
372 000
379 000
386 000
393 000
401 000
409 000
418 000
426 000
434 000
444 000
454 000
464 000
474 000
485 000
495 000
506 000
518 000
529 000
541 000
554 000
567 000
580 000
593 000
607 000
620 000
634 000
648 000
664 000
679 000
692 000
708 000
723 000
739 000
755 000
771 000
788 000
805 000
822 000
839 000
856 000
872 000
891 000
908 000
927 000
943 000
959 000
975 000
991 691
79 043
80 525
82 052
83 611
85 196
86 807
88 456
90 124
91 821
93 565
95 254
97 085
99 028
101 009
103 031
105 093
107 197
109 343
111 532
113 765
116 044
118 368
121 282
124 271
127 338
130 485
133 713
137 026
140 425
143 912
147 490
150 657
153 894
157 204
160 588
164 047
166 976
169 959
172 999
176 094
179 248
182 223
185 259
188 359
191 524
194 755
198 025
201 350
204 390
207 429
83 563
84 974
86 293
87 463
88 752
89 790
90 727
91 513
92 349
93 237
94 053
94 890
95 797
96 765
97 793
98 883
99 790
100 850
102 050
103 231
104 334
105 677
107 179
108 660
110 160
111 520
112 770
113 880
114 920
115 880
116 800
117 650
118 450
119 260
120 020
120 750
121 490
122 090
122 610
123 120
123 540
123 920
124 320
124 670
124 960
125 570
125 864
126 166
126 486
126 737
21 131
21 777
22 443
23 129
23 836
24 565
25 316
26 090
26 888
27 710
28 557
29 443
30 361
31 313
32 299
33 317
34 359
35 416
36 489
37 577
38 680
39 801
40 939
42 094
43 265
44 447
45 692
46 976
48 306
49 680
51 092
52 423
53 753
55 079
56 416
57 784
59 185
60 602
62 044
63 529
65 037
66 558
68 100
69 664
71 251
72 860
74 481
76 104
77 726
79 376
20 846
20 876
20 948
21 060
21 259
21 552
22 031
22 612
23 254
23 981
24 784
25 614
26 420
27 211
27 984
28 705
29 436
30 131
30 838
31 544
32 241
32 883
33 505
34 073
34 692
35 281
35 860
36 436
37 019
37 534
38 124
38 723
39 326
39 910
40 406
40 806
41 214
41 622
42 031
42 449
42 869
43 246
43 657
44 099
44 556
45 018
45 482
45 991
46 430
46 898
20 042
20 653
21 289
21 964
22 685
23 451
24 244
25 042
25 845
26 667
27 513
28 376
29 263
30 174
31 107
32 062
33 036
34 024
35 028
36 050
37 091
38 202
39 276
40 302
41 306
42 272
43 221
44 148
45 057
46 004
47 026
47 924
48 802
49 655
50 481
51 275
52 048
52 813
53 571
54 317
55 052
55 702
56 348
56 988
57 620
58 241
58 851
59 451
60 037
60 609
7 882
8 255
8 541
8 822
9 134
9 480
9 823
10 133
10 460
10 806
11 155
11 510
11 857
12 210
12 570
12 928
13 283
13 617
13 945
14 264
14 565
14 865
15 142
15 427
15 709
16 001
16 329
16 661
16 974
17 308
17 642
17 970
18 297
18 596
18 873
19 136
19 357
19 564
19 788
20 006
20 230
20 460
20 660
20 850
21 040
21 220
21 390
21 580
21 780
21 984
322
Anhang C
Tabelle C3.a Bevölkerung von 16 ostasiatischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1999
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
Bangladesch
Birma
Hongkong
Malaysia
Nepal
Pakistan
Singapur
Sri Lanka
Insgesamt
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
45 646
46 152
46 887
47 660
48 603
49 602
50 478
51 365
52 399
53 485
54 622
55 741
56 839
58 226
59 403
60 332
61 548
62 822
64 133
65 483
67 403
69 227
70 759
72 471
74 679
76 253
77 928
80 428
82 936
85 492
88 077
90 666
93 074
95 384
97 612
99 753
101 769
103 764
105 771
107 807
109 897
111 936
113 711
115 453
117 283
119 188
121 140
123 112
125 105
127 118
19 488
19 788
20 093
20 403
20 721
21 049
21 385
21 732
22 088
22 456
22 836
23 229
23 634
24 053
24 486
24 933
25 394
25 870
26 362
26 867
27 386
27 919
28 466
29 227
29 828
30 445
31 080
31 735
32 404
33 081
33 766
34 460
35 162
35 873
36 592
37 319
38 055
38 800
39 551
40 308
41 068
41 834
42 607
43 385
44 169
44 955
45 741
46 525
47 305
48 081
2 237
2 015
2 126
2 242
2 365
2 490
2 615
2 736
2 854
2 967
3 075
3 168
3 305
3 421
3 505
3 598
3 630
3 723
3 803
3 864
3 959
4 045
4 116
4 213
4 320
4 396
4 518
4 584
4 668
4 930
5 063
5 183
5 265
5 345
5 398
5 456
5 525
5 585
5 628
5 661
5 704
5 750
5 800
5 900
6 040
6 160
6 310
6 500
6 690
6 830
6 434
6 582
6 742
6 929
7 118
7 312
7 520
7 739
7 966
8 196
8 428
8 663
8 906
9 148
9 397
9 648
9 900
10 155
10 409
10 662
10 910
11 171
11 441
11 712
11 986
12 267
12 554
12 845
13 139
13 444
13 764
14 097
14 442
14 794
15 158
15 546
15 943
16 334
16 732
17 121
17 507
17 911
18 324
18 753
19 184
19 615
20 052
20 491
20 933
21 376
8 990
9 086
9 183
9 280
9 379
9 479
9 580
9 682
9 789
9 906
10 035
10 176
10 332
10 500
10 677
10 862
11 057
11 262
11 473
11 692
11 919
12 155
12 413
12 685
12 973
12 278
13 599
13 933
14 280
14 641
15 016
15 403
15 796
16 200
16 613
17 037
17 472
17 918
18 376
18 848
19 333
19 831
20 345
20 874
21 414
21 966
22 530
23 107
23 698
24 303
39 448
40 382
41 347
42 342
43 372
44 434
45 536
46 680
47 869
49 104
50 387
51 719
53 101
54 524
55 988
57 495
59 046
60 642
62 282
63 970
65 706
67 491
69 326
71 121
72 912
74 712
76 456
78 153
80 051
82 374
85 219
88 417
91 257
93 720
96 284
99 053
101 953
104 887
107 846
110 848
113 914
116 909
118 852
120 853
123 668
126 404
129 276
132 185
135 135
138 123
1 022
1 068
1 127
1 192
1 248
1 306
1 372
1 446
1 519
1 587
1 646
1 702
1 750
1 795
1 842
1 887
1 934
1 978
2 012
2 043
2 075
2 113
2 152
2 193
2 230
2 263
2 293
2 325
2 354
2 384
2 414
2 470
2 528
2 586
2 644
2 703
2 763
2 824
2 893
2 966
3 039
3 096
3 152
3 209
3 268
3 326
3 383
3 441
3 490
3 532
7 533
7 752
7 982
8 221
8 457
8 679
8 898
9 129
9 362
9 610
9 879
10 152
10 422
10 687
10 942
11 202
11 470
11 737
12 010
12 275
12 532
12 776
13 017
13 246
13 450
13 660
13 887
14 117
14 371
14 649
14 900
15 152
15 410
15 618
15 810
16 021
16 256
16 495
16 735
16 971
17 193
17 391
17 587
17 823
18 066
18 290
18 508
18 721
18 934
19 154
1 269 120
1 292 365
1 317 963
1 344 708
1 373 435
1 401 651
1 430 446
1 462 431
1 495 698
1 525 282
1 543 294
1 555 798
1 580 785
1 617 371
1 653 379
1 691 130
1 731 480
1 772 120
1 814 876
1 858 312
1 904 160
1 951 798
1 998 043
2 043 635
2 088 198
2 129 675
2 170 585
2 210 702
2 251 069
2 294 318
2 336 628
2 377 056
2 413 737
2 465 512
2 508 720
2 552 726
2 597 796
2 645 292
2 693 205
2 740 695
2 787 816
2 833 547
2 875 692
2 920 320
2 963 878
3 009 423
3 051 583
3 093 799
3 135 839
3 175 945
323
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C3.a Bevölkerung von 25 ostasiatischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
Afghanistan
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
8 150
8 284
8 425
8 573
8 728
8 891
9 062
9 241
9 429
9 625
9 829
10 043
10 267
10 501
10 744
10 998
11 262
11 538
11 825
12 123
12 431
12 749
13 079
13 421
13 772
14 132
14 501
14 880
15 269
15 556
14 985
14 087
13 645
13 709
13 826
13 898
13 937
14 074
14 332
14 646
14 767
14 964
16 624
18 888
20 382
21 571
22 664
23 738
24 792
Kambodscha
4 163
4 266
4 371
4 478
4 589
4 702
4 827
4 956
5 088
5 224
5 364
5 511
5 761
5 919
6 079
6 242
6 408
6 578
6 752
6 931
6 996
7 018
7 112
7 202
7 287
7 179
6 906
6 669
6 460
6 393
6 499
6 681
6 903
7 143
7 286
7 399
7 621
7 883
8 153
8 431
8 717
9 012
9 403
9 858
10 210
10 491
10 773
11 055
11 340
Laos
Mongolei
Nordkorea
Vietnam
19 kleine
Länder
Insgesamt
1 886
1 921
1 957
1 995
2 035
2 077
2 121
2 166
2 213
2 261
2 309
2 359
2 409
2 460
2 512
2 565
2 619
2 674
2 730
2 787
2 845
2 904
2 964
3 027
3 092
3 161
3 176
3 208
3 248
3 268
3 293
3 337
3 411
3 495
3 577
3 657
3 753
3 853
3 960
4 073
4 191
4 314
4 440
4 569
4 702
4 837
4 976
5 117
5 261
779
789
801
814
828
844
862
882
904
929
955
982
1 010
1 031
1 061
1 090
1 119
1 150
1 181
1 214
1 248
1 283
1 321
1 360
1 403
1 446
1 487
1 528
1 572
1 617
1 662
1 709
1 756
1 805
1 856
1 908
1 961
2 015
2 071
2 159
2 216
2 271
2 320
2 366
2 410
2 454
2 497
2 538
2 579
9 471
9 162
8 865
8 580
8 572
8 839
9 116
9 411
9 727
10 054
10 392
10 651
10 917
11 210
11 528
11 869
12 232
12 617
13 024
13 455
13 912
14 365
14 781
15 161
15 501
15 801
16 069
16 325
16 580
16 840
17 114
17 384
17 648
17 918
18 196
18 481
18 772
19 068
19 371
19 688
20 019
20 361
20 711
21 064
21 361
21 551
21 512
21 334
21 234
25 348
25 794
26 247
26 724
27 210
27 738
28 327
28 999
29 775
30 683
31 656
32 701
33 796
34 933
36 099
37 258
38 379
39 464
40 512
41 542
42 577
43 614
44 655
45 737
46 902
48 075
49 273
50 534
51 663
52 668
53 661
54 792
55 972
57 205
58 466
59 730
61 006
62 320
63 630
64 906
66 315
67 684
69 021
70 344
71 617
72 815
73 977
75 124
76 236
3 411
3 493
3 577
3 662
3 750
3 840
3 932
4 027
4 123
4 222
4 323
4 427
4 533
4 642
4 754
4 868
4 984
5 104
5 226
5 352
5 480
5 612
5 746
5 884
6 023
6 165
6 311
6 460
6 613
6 769
6 929
7 093
7 260
7 432
6 708
7 787
7 971
8 160
8 353
8 550
8 752
8 953
9 159
9 369
9 584
9 804
10 030
10 260
10 493
53 208
53 709
54 243
54 826
55 712
56 931
58 247
59 682
61 259
62 998
64 828
66 674
68 693
70 696
72 777
74 890
77 003
79 125
81 250
83 404
85 489
87 545
89 658
91 792
93 980
95 959
97 723
99 604
101 405
103 111
104 143
105 083
106 595
108 707
109 915
112 860
115 021
117 373
119 870
122 453
124 977
127 559
131 678
136 458
140 266
143 523
146 429
149 166
151 935
324
Anhang C
Tabelle C3.a Bevölkerung von 15 westasiatischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-2000
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
Bahrain
Iran
Irak
Israel
Jordanien
Kuwait
Libanon
Oman
Katar
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
115
118
120
123
127
130
134
139
144
150
157
164
172
179
186
191
197
202
208
214
220
225
231
239
248
259
274
297
323
336
348
363
378
393
408
424
440
455
470
486
502
517
531
546
561
576
590
603
616
629
642
16 375
16 809
17 272
17 742
18 226
18 729
19 249
19 729
20 326
20 958
21 577
22 214
22 874
23 554
24 264
25 000
25 764
26 538
27 321
28 119
28 933
29 763
30 614
31 491
32 412
33 379
34 381
35 430
36 519
37 772
39 274
40 906
42 555
44 200
45 868
47 533
49 274
50 873
52 435
53 979
55 717
57 492
58 905
59 684
60 424
61 528
62 584
63 531
64 411
65 180
65 865
5 163
5 300
5 442
5 589
5 743
5 903
6 073
6 249
6 433
6 625
6 822
7 026
7 240
7 468
7 711
7 971
8 240
8 519
8 808
9 106
9 414
9 732
10 062
10 402
10 754
11 118
11 494
11 883
12 317
12 768
13 233
13 703
14 173
14 652
15 161
15 694
16 247
16 543
17 038
17 568
18 135
17 491
17 905
18 480
19 083
19 713
20 367
21 037
21 722
22 427
23 151
1 286
1 490
1 621
1 667
1 712
1 772
1 850
1 944
2 025
2 082
2 141
2 217
2 311
2 407
2 498
2 578
2 641
2 694
2 747
2 817
2 903
2 997
3 096
3 197
3 286
3 354
3 424
3 496
3 570
3 653
3 737
3 801
3 858
3 927
4 005
4 075
4 137
4 203
4 272
4 344
4 512
4 756
4 937
5 062
5 185
5 306
5 422
5 535
5 644
5 750
5 852
561
584
608
633
659
687
716
747
779
813
849
887
934
975
1 017
1 061
1 107
1 255
1 383
1 454
1 503
1 556
1 614
1 674
1 738
1 803
1 870
1 938
2 007
2 077
2 168
2 262
2 357
2 451
2 546
2 646
2 748
2 851
2 956
3 069
3 277
3 562
3 762
3 889
3 999
4 099
4 210
4 322
4 435
4 561
4 701
145
152
160
168
177
187
197
213
235
262
292
325
358
394
433
476
523
575
632
690
748
793
842
894
948
1 007
1 072
1 140
1 214
1 292
1 370
1 432
1 497
1 566
1 637
1 720
1 799
1 880
1 962
2 045
2 131
955
1 398
1 467
1 574
1 673
1 754
1 834
1 913
1 991
2 068
1 364
1 401
1 440
1 479
1 519
1 561
1 604
1 647
1 692
1 739
1 786
1 836
1 887
1 940
1 996
2 058
2 122
2 187
2 254
2 320
2 383
2 529
2 680
2 824
2 986
3 095
3 115
3 110
3 102
3 090
3 075
3 068
3 072
3 073
3 072
3 068
3 066
3 068
3 075
3 088
3 130
3 179
3 210
3 247
3 291
3 340
3 394
3 450
3 506
3 563
3 620
489
498
508
517
528
539
550
562
573
586
599
614
628
645
662
679
697
715
735
756
779
803
829
857
884
913
956
1 005
1 059
1 116
1 175
1 238
1 301
1 363
1 424
1 482
1 538
1 594
1 652
1 712
1 773
1 843
1 915
1 989
2 059
2 131
2 206
2 283
2 364
2 447
2 533
25
27
29
31
33
35
37
39
41
43
45
49
53
58
64
70
77
85
94
103
113
122
132
142
153
165
177
189
202
216
231
242
252
284
315
345
375
402
430
457
482
505
531
558
587
615
643
670
697
724
750
325
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C3.a Bevölkerung von 15 westasiatischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-2000
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
Saudi-Arabien
Syrien
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
3 860
3 932
4 006
4 082
4 160
4 243
4 329
4 420
4 514
4 614
4 718
4 828
4 943
5 065
5 129
5 327
5 469
5 618
5 775
5 939
6 109
6 287
6 473
6 667
6 868
7 199
7 608
8 108
8 680
9 307
9 949
10 565
11 179
11 822
12 502
13 208
13 859
14 465
15 064
15 646
15 871
16 110
16 739
17 386
18 049
18 730
19 409
20 088
20 786
21 505
22 246
3 495
3 577
3 662
3 750
3 842
3 938
4 041
4 150
4 268
4 395
4 533
4 681
4 835
4 993
5 157
5 326
5 500
5 681
5 867
6 059
6 258
6 479
6 701
6 931
7 169
7 416
7 670
7 933
8 203
8 484
8 774
9 073
9 412
9 762
10 126
10 502
10 892
11 294
11 711
12 141
12 620
13 115
13 589
14 075
14 575
15 087
15 609
16 138
16 673
17 214
17 759
Türkei
Vereinigte
Arabische
Emirate
21 122
21 669
22 236
22 831
23 464
24 145
24 877
25 671
26 506
27 356
28 217
29 030
29 789
30 509
31 227
31 951
32 678
33 411
34 165
34 952
35 758
36 580
37 493
38 503
39 513
40 530
41 485
42 404
43 317
44 223
45 121
46 222
47 329
48 440
49 554
50 669
51 780
52 884
53 976
55 054
56 125
57 198
58 267
59 330
60 387
61 439
62 486
63 530
64 568
65 599
66 620
72
73
75
77
80
83
86
89
93
98
103
109
116
124
133
144
157
172
191
218
249
288
336
391
453
523
598
684
779
884
1 000
1 100
1 204
1 316
1 438
1 570
1 714
1 779
1 840
1 898
1 952
2 003
2 051
2 097
2 140
2 181
2 222
2 262
2 303
2 344
2 386
326
Jemen
4 461
4 546
4 635
4 726
4 820
4 916
5 024
5 134
5 247
5 363
5 483
5 597
5 715
5 834
5 956
6 079
6 186
6 294
6 405
6 516
6 628
6 771
6 916
7 077
7 241
7 409
7 629
7 847
8 068
8 295
8 527
8 768
9 018
9 278
9 551
9 842
10 149
10 476
10 823
11 192
12 023
12 889
13 379
13 892
14 395
14 862
15 349
15 857
16 388
16 942
17 521
Westbank
und Gaza
1 016
1 023
1 031
1 040
1 049
1 054
1 061
1 071
1 078
1 101
1 113
1 110
1 133
1 157
1 182
1 211
1 236
1 143
1 001
1 002
1 022
1 045
1 070
1 098
1 134
1 161
1 183
1 209
1 237
1 263
1 286
1 308
1 336
1 376
1 416
1 457
1 501
1 549
1 603
1 653
1 715
1 797
1 886
1 977
2 085
2 215
2 352
2 484
2 611
2 724
2 825
Insgesamt
59 549
61 199
62 845
64 455
66 139
67 922
69 828
71 804
73 954
76 185
78 435
80 687
82 988
85 302
87 615
90 122
92 594
95 089
97 586
100 265
103 020
105 970
109 089
112 387
115 787
119 331
122 936
126 673
130 597
134 776
139 268
144 051
148 921
153 903
159 023
164 235
169 519
174 316
179 307
184 332
189 965
193 412
199 005
203 679
208 394
213 495
218 597
223 624
228 637
233 600
238 539
Anhang C
Tabelle C3.a Bevölkerung in 56 asiatischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1998
(in Tausend zur Jahresmitte)
Jahr
16 ostasiatische
Länder
25 ostasiatische
Länder
15 westasiatische
Länder
56 asiatische
Länder
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1 269 120
1 292 365
1 317 963
1 344 708
1 373 435
1 401 651
1 430 446
1 462 431
1 495 698
1 525 282
1 543 294
1 555 798
1 580 785
1 617 371
1 653 379
1 691 130
1 731 480
1 772 120
1 814 876
1 858 312
1 904 160
1 951 798
1 998 043
2 043 635
2 088 198
2 129 675
2 170 585
2 210 702
2 251 069
2 294 318
2 336 628
2 377 056
2 413 737
2 465 512
2 508 720
2 552 726
2 597 796
2 645 292
2 693 205
2 740 695
2 787 816
2 833 547
2 875 692
2 920 320
2 963 878
3 009 423
3 051 583
3 093 799
3 135 839
53 208
53 709
54 243
54 826
55 712
56 931
58 247
59 682
61 259
62 998
64 828
66 674
68 693
70 696
72 777
74 890
77 003
79 125
81 250
83 404
85 489
87 545
89 658
91 792
93 980
95 959
97 723
99 604
101 405
103 111
104 143
105 083
106 595
108 707
109 915
112 860
115 021
117 373
119 870
122 453
124 977
127 559
131 678
136 458
140 266
143 523
146 429
149 166
151 935
59 549
61 199
62 845
64 455
66 139
67 922
69 828
71 804
73 954
76 185
78 435
80 687
82 988
85 302
87 615
90 122
92 594
95 089
97 586
100 265
103 020
105 970
109 089
112 387
115 787
119 331
122 936
126 673
130 597
134 776
139 268
144 051
148 921
153 903
159 023
164 235
169 519
174 316
179 307
184 332
189 965
193 412
199 005
203 679
208 394
213 495
218 597
223 624
228 637
1 381 877
1 407 273
1 435 051
1 463 989
1 495 286
1 526 504
1 558 521
1 593 917
1 630 911
1 664 465
1 686 557
1 703 159
1 732 466
1 773 369
1 813 771
1 856 142
1 901 077
1 946 334
1 993 712
2 041 981
2 092 669
2 145 313
2 196 790
2 247 814
2 297 965
2 344 965
2 391 244
2 436 979
2 483 071
2 532 205
2 580 039
2 626 190
2 669 253
2 728 122
2 777 658
2 829 821
2 882 336
2 936 981
2 992 382
3 047 480
3 102 758
3 154 518
3 206 375
3 260 457
3 312 538
3 366 441
3 416 609
3 466 589
3 516 411
327
Die Weltwirtschaft: eine Millenniumsperspektive
Tabelle C3.b BIP in 16 ostasiatischen Ländern, jährliche Schätzungen, 1950-1999
(in Mio. internationalen Geary-Khamis-Dollar von 1990)
Jahr
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
1961
1962
1963
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976