Ich war immer eine Kämpferin - AMD-Netz

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Ich war immer eine Kämpferin - AMD-Netz
Patient im Blickpunkt • Makuladegeneration
Brigitte Blank kümmert sich weiterhin gerne um ihren Garten
„Ich war immer eine Kämpferin“
Brigitte Blank meistert ihr Leben trotz der Augenerkrankung altersabhängige
Makuladegeneration (AMD). Nach dem ersten Schock hat sie Aufklärung und
Hilfe gesucht und gefunden. Ihre Geschichte.
B
rigitte Blank aus dem ostwestfälischen RhedaWiedenbrück ist eine lebensfrohe Frau. Auf den
ersten Blick wirkt die 66-Jährige kerngesund. Seit
ihrer Jugend liebt sie es, zu kochen. Ihre Leidenschaft
hat sie früh zum Beruf gemacht: Zunächst als Köchin,
dann als Unternehmerin. Zusammen mit ihrem Mann
führte sie 14 Jahre lang einen erfolgreichen CateringService. Doch vor einem Jahr erhält sie eine Diagnose,
die ihr Leben verändert. Plötzlich war ihr das Zeitungslesen schwer gefallen, die Buchstaben verschwommen
vor ihren Augen. „Es war wie ein Rätselraten“, erzählt
sie. Innerhalb eines halben Jahres nimmt ihre Sehkraft
rapide ab, Lesen wird fast unmöglich. Sie weiß nicht,
was mit ihr los ist, sucht besorgt eine Augenärztin auf.
Nach zahlreichen Untersuchungen erhält sie die Diagnose: altersabhängige Makuladegeneration (AMD).
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„Das war erst einmal ein großer Schock für mich“, erinnert sie sich. Von der Augenkrankheit AMD hatte sie
zuvor noch nie etwas gehört. Und das, obwohl fast vier
Millionen Menschen in Deutschland mit verschiedenen
Formen der Erkrankung leben. 80 Prozent der Betroffenen leiden unter der trockenen AMD, so auch Blank.
Diese ist zwar gegenüber der feuchten AMD die weniger gravierende Form, jedoch gibt es hierfür derzeit
keine medizinisch wirksame Therapie. Nach dem Gespräch mit der Augenärztin wird klar, dass keine Hoffnung auf Heilung besteht. Es bereitet Blank anfangs
schlaflose Nächte – doch sie lässt sich nicht hängen. Als
ihr die Ärztin die Angst vor der völligen Erblindung
nehmen kann, schöpft sie neuen Mut: „Es wird nie völlig dunkel um mich werden, ich werde mich immer orientieren können“, sagt sie, „das ist zumindest etwas.“
Augenlicht 4 | 2013
Makuladegeneration • Patient im Blickpunkt
Manchmal geht es jedoch nicht ohne die Unterstützung von Freunden und Familie. Vor allem ihr Mann
Rainer (71) unterstützt sie, wo er kann. Seit 45 Jahren
sind die beiden verheiratet. „Er hilft mir zum Beispiel
beim Einkaufen: Preisschilder oder meine Konfektionsgröße kann ich nicht mehr erkennen, das übernimmt
er dann.“ In ihrem gesamten Umfeld stößt die 66-Jährige auf großes Verständnis, ihre ganze Familie hilft
ihr. Das weiß sie zu schätzen. Denn sie weiß auch, dass
nicht alle AMD-Patienten das Glück haben, auf ein
großes soziales Umfeld zählen zu können, das derart
bei der Bewältigung des Alltags hilft und immer für
Gespräche da ist. Deshalb empfiehlt sie allen AMDErkrankten, auf die verschiedenen Hilfsangebote zurückzugreifen, beispielsweise Selbsthilfegruppen und
Sehbehindertenverbände, spezialisierte Augenoptiker
oder Reha- und Mobilitätstrainer.
Ihre Augenärztin machte sie nach der Diagnose auf
das gemeinnützige AMD-Netz aufmerksam. Das Netzwerk, das seit 2011 in Nordrhein-Westfalen und ab
2014 bundesweit Patienten hilft, stellt Informationen
über die AMD zur Verfügung und vermittelt die richtigen Ansprechpartner vor Ort. „Mein Mann hat mir
über die Internetseite Beratungsangebote in unserem
Umfeld herausgesucht. Es ist immer gut, wenn man
weiß, dass Hilfe direkt in der Nähe ist. Einmal habe ich
mich auch von der Patienten-Hotline des AMD-Netz
beraten lassen.“
Sie hält es für wichtig, dass die Öffentlichkeit über die
Krankheit aufgeklärt wird und Erkrankte wissen, an
wen sie sich bei Fragen oder Gesprächsbedarf wenden
können. „Es kann nie zu viel aufgeklärt und geholfen
werden. Je mehr, desto besser“, findet Blank. Um anderen Betroffenen zu helfen, nimmt sie an einer AMDStudie des St. Franziskus Hospitals Münster teil.
In ihrer Familie und ihrem Bekanntenkreis ist Brigitte
Blank die Einzige, die an der altersabhängigen MakulaDegeneration leidet. Was für sie im Alltag am schlimm-
Die Westfälin ist immer noch eine leidenschaftliche Köchin
sten ist? „Es ist mir sehr unangenehm, wenn mich ein
Bekannter begrüßt und ich ihn nicht erkenne“, erzählt sie. Als Einschränkung empfindet sie es auch,
die Tageszeitung nicht mehr wie gewohnt gemütlich
auf der Couch lesen zu können. Doch auf die tägliche
Zeitungslektüre muss sie dennoch nicht verzichten:
Ein Bildschirmlesegerät hilft ihr, die Wörter trotz eingeschränkter Sehkraft zu erkennen. Und manchmal
macht die Erkrankung auch erfinderisch: „Wenn ich
mir einen Kaffee einschenke, halte ich einen Finger in
die Tasse. Wenn es zu heiß wird, weiß ich, dass ich aufhören muss einzugießen“, erklärt sie lächelnd.
Blank lässt sich ihre Lebensfreude nicht nehmen. So
gibt sie ihre Geheimzutat für ein ausgefülltes Leben
mit der AMD preis: „Man muss positiv denken und darf
nicht aufgeben! Ich war immer eine Kämpferin. Und
das muss man mit der Erkrankung auch sein“, spricht
sie anderen Erkrankten Mut zu. Am wenigsten nehmen lassen möchte sie sich ihre größte Leidenschaft,
das Kochen. Die Rezepte kennt sie entweder auswendig oder liest sie mit ihrem Bildschirmlesegerät ab. Erst
kürzlich bekochte sie eine ganze Familienfeier, rund
40 Personen. „Auch wenn die Zwiebelwürfel vielleicht
nicht mehr so perfekt geschnitten sind wie früher –
meinen Gästen schmeckt es immer noch sehr gut.“
Von Diana Meier
Das Leben mit der AMD
Augenlicht 4 | 2013
Fotos: privat /Rainer Blank
Brigitte Blank versucht, trotz der Erkrankung ihre Selbstständigkeit zu erhalten. Sie kümmert sich weiterhin um
den Haushalt und die Gartenarbeit: „Dann mache ich
eben eine Runde mehr durch den Garten, um das ganze
Unkraut zu erwischen!“ Das Auto lässt sie mittlerweile
stehen: „Auch wenn ich noch fahren dürfte, wäre das
einfach zu gefährlich. Dann gehe ich lieber zu Fuß.“
Website: www.amd-netz.de
Patienten-Hotline: 01805 / 774 778
(Montags bis freitags 14 – 18 Uhr,
dt. Festnetz 14 Ct./Min., Mobilfunk max. 42 Ct./Min.)
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