welcher wein zu welchem essen
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welcher wein zu welchem essen
Ess- und Trinkkultur WELCHER WEIN ZU WELCHEM ESSEN Eine Grundsatzfrage richtigen Dinierens heisst: Welcher Wein passt zu welchem Essen? Zum Beispiel zu Meeresfrüchten? Eine einfache Antwort gibt es für Feinschmecker nicht und die klassischen Regeln gelten nur noch bedingt. Ein Gespräch mit dem diplomierten Sommelier Josef Pargfrieder aus Zug. Text und Fotos Urs Oskar Keller * Herr Pargfrieder, die richtige Kombination zwischen Essen und Wein, so meint der französische Spitzenkoch Michel Roux jr. (Restaurant Le Gavroche, London), ist eigentlich ganz einfach. «Man serviert leichten Wein vor kräftigem, jungen vor altem, weissen vor rotem.» Wer sich an diese klassischen Regeln halte und dann noch Weisswein zu Fisch und Rotwein zu Fleisch einschenke, der könne nicht viel falsch machen. Sehen Sie das auch so? Josef Pargfrieder: Im Grossen und Ganzen ja. Heute empfehle ich: Öffnet den Wein zu Eurem Essen, auf den Ihr gerade Lust habt, ob das jetzt Rotwein zu 32 | swiss-cuisine | November 2014 Fisch oder ein kräftiger Weisswein zu Fleisch ist. Was einem selber schmeckt, das ist richtig. Ich empfehle auch nach dem Rotwein vom Hauptgang einen Weisswein zum Käse. Immer mehr Menschen mögen zu Meeresfrüchten auch Rotwein trinken. Je nach Zubereitungsart, Sauce und Beilagen, die den Fisch oder die Krustentiere begleiten, ist es überhaupt kein Problem, einen Rotwein zu servieren. Vielleicht nicht gerade einen mit 16 Volumenprozent Alkohol. Sondern z.B. ein eleganter Pinot Noir oder Merlot. Droht ein kräftiger Rotwein den eher feinen Geschmack von Fischen oder Krustentieren nicht zu überdecken? Ich würde in der Tat keinen zu kräftigen und alkoholreichen Rotwein zu Fisch oder Krustentieren empfehlen. Warum? Der Fisch kommt erstens nicht mehr zur Geltung und auch der Rotwein kann sich nicht wirklich entfalten. Zum geräucherten Lachs verliert ein Rotwein seine Frucht, schmeckt teerig, metallisch. Wenn Rotwein zum Fisch, dann muss er möglichst leicht sein, möglichst wenig Gerbstoffe haben und sollte gekühlt getrunken werden – mithin fast so schmecken wie ein Weisswein. November 2014 | swiss-cuisine | 33 Ess- und Trinkkultur Wenn diese Weine zu warm werden, dann riecht man nur noch Alkohol in der Nase und die Frucht usw. verschwindet. Welche Schweizer Weine würden Sie zu Meeresfrüchten empfehlen? Da gibt es sehr viele verschiedene Möglichkeiten. Zum Beispiel vom Walliser Amigne über Petite Arvine bis hin zum Heida. Natürlich passen auch zahlreiche Weissweine aus Graubünden – vom Comple- ter von Martin Donatsch über einen Pinot Gris von Markus Stäger oder Irene Grünenfelders Sauvignon Blanc. Wie Sie sehen: alles Weissweine! Zu Austern empfehle ich immer noch einen Chablis oder auch Champagner. Zu Moules darf es schon ein eher kräftiger Weisswein sein, etwas aus dem französischen Rhonetal, wie zum Beispiel ein Condrieu. Zu Lachs könnte ich mir auch einen kräftigen Weisswein aus dem Wallis vorstellen, vielleicht einen Petite Arvine von Didier Joris. Muss es immer Wein sein? Der deutsche Drei-Sterne-Koch Dieter Müller hat mal versucht, allgemeine Tipps zu geben, wie Bier und Essen passen. Zu Muscheln rät er Altbier. Persönlich bevorzuge ich schon Wein, da ich Bier nicht gerne habe. Es gibt natürlich Gerichte, die sich mit Bier gut verstehen. Zu asiatischen Fredy Clerc, ein portweinartiger Wein aus Nuolen. Fotos: © Urs Oskar Keller/Pro Litteris, 2014 Zum geräucherten Fisch würde ich auch keinen Rotwein empfehlen, das schmeckt dann wirklich sehr metallisch am Gaumen. Dazu gehört schon Weisswein oder Champagner. Wenn Rotweine, dann elegante Gewächse mit nicht zu viel Alkohol, eher wenig oder sehr weichen Gerbstoff. Und ja, etwas kühler servieren, wie man es eigentlich bei vielen Rotweinen macht, die einen sehr hohen Alkoholgehalt haben – 15 Volumenprozent und mehr. Wie sieht der Weinkeller Ihrer 2006 eröffnete Vinothek und der Bestand aus? Im Moment sind es rund tausend verschiedene Positionen, wobei ich von manchen Weinen eine Flasche habe und von anderen 2 000 und mehr. ZUR PERSON Josef Pargfrieder: «Prinz Charles bediente ich jeden Winter...» Pargfrieder stammt aus Oberösterreich. Er wurde 1969 in Eferding geboren, wo er auch eine vierjährige Koch-/Kellnerlehre im Restaurant «Dannerbauer» absolvierte. «Als Sechzehnjähriger begann ich mich für Wein zu interessieren. Mein Lehrmeister brachte mir damals das Grundwissen bei.» Anschliessend arbeitete er in der Nobelherberge «Post» in Lech am Arlberg. Dann gings in die Schweiz: Sieben Jahre arbeitete er im renommierten 18-Punkte-Hotel Walserhof von Gabi und Beat Bolliger in Klosters GR, wo er auch regelmässig Prinzen, Herzoginnen, Ladies und Lords bediente. «Prinz Charles bediente ich jeden Winter. Er war ein normaler und freundlicher Gast, der auch gerne Schweizer Weine, vor allem Bündner Landweine trank. Die schweren Bordeaux geniesst er vermutlich zu Hause im Schloss», erzählt Pargfrieder. 2002 wechselte er in die Taverne zum Schäfli von Wolfgang und Marlis Kuchler nach Wigoltingen TG. Pargfrieder betreute dort die über 600 Weine (insgesamt lagern über 12 000 exklusive Flaschen aus aller Welt in Kuchlers einzigartigem Weinkeller). Neben der Kellerung gehörten auch Einkauf, Gestaltung der Weinkarte und natürlich das Gespräch am Tisch der Gäste zu seinen Aufgaben. Wichtigste Voraussetzungen für einen Sommelier sind Neugier und die Liebe zum Wein. Die gute Nase und den guten Gaumen, so Pargfrieder, könne man trainieren. Ein aufmerksamer Sommelier kann viel bewirken für den guten Ruf eines Hauses. Später wechselte Pargfrieder als Sommelier ins Restaurant Sternen nach Walchwil ZG. In Zug eröffnete er 2006 die Vinothek Josef AG. Er führt die Beziehungen, die er über die Jahre im Gastgewerbe aufgebaut hatte, weiter: Zu ehemaligen Gästen, zu Lieferanten, zu Restaurants und zu den Teilnehmern seiner regelmässigen DegustationsAnlässe oder der Lehrgänge im Rahmen der Diplom-Sommelier-Schule. Josef Pargfrieder ist unter anderem «Trophée Ruinart»-Sommelier Sieger des Jahres 2000 in der Schweiz. Der Gastroführer «Gault & Millau Guide Schweiz» zeichnete ihn 2002 zum «Sommelier des Jahres» aus. Und seit 2006 ist er auch diplomierter Weinakademiker. Hat der sportliche Mountainbiker und Sommelier noch andere Träume? «Ja, ein eigenes Weingut. Irgendwann. Doch jetzt gilt meine ganze Leidenschaft erst mal dem Aufbau der Vinothek.» Auch auf der sportlichen Ebene fordert er von sich Höchstleistungen: Auf seinem Rennvelo fährt er, so oft es der Beruf zulässt, mindestens 15 000 Kilometer pro Jahr. Er lebt in Küssnacht am Rigi SZ. Kontakt: Vinothek Josef, Josef Pargfrieder, Grabenstrasse 3, 6300 Zug, Telefon 041 711 17 04, Telefax 041 711 17 05, Mobiltelefon 079 207 73 47, [email protected], www.vinothek-josef.ch. 34 | swiss-cuisine | November 2014 Welche Weine passen zu den Speisen? Die Sommelière ist gefragt... Gerichten kann ich mir ein Bier sehr gut vorstellen. Der Koch grillt gerade einen Tintenfisch. Was empfehlen Sie? Einen gereiften österreichischen Grünen Veltliner Smaragd von Emmerich Knoll aus Unter- Loiben aus der Lage Schütt in der Wachau. Loup de Mer! Einen weissen Burgunder, einen Meursault oder Puligny- Montrachet. Wein geht nicht gut mit Salaten zusammen, wegen des Essigs. Wie finden Sie einen Wein zu Wurstsalat mit saurer Gurke? Natürlich ein Bier! Je nach Essig ist es überhaupt kein Problem, zum Salat Wein zu servieren. Es gibt heute sehr milde Balsamico-Essige, die den Weinen nichts anhaben. Die Käseplatte steht bereit: Sbrinz, reifer Bergkäse, Ziegenfrischkäse, Camembert. Zu Sbrinz und Bergkäse würde ich etwas kräftiges Rotes mit wenig Gerbstoff und wenig Säure empfehlen. Fakt ist: Weinsäure und Milchsäure vom Käse haben sich nicht gerne. Das kann ein kräftiger Spanier oder etwas aus Südfrankreich sein. Zu Ziegenfrischkäse und Camembert funktioniert Rotwein überhaupt nicht, das gibt ein Desaster am Gaumen. Die beiden harmonieren mit kräftigen Weissweinen oder solchen mit einer Spur Restsüsse. Nun geniessen wir ein Appenzeller Bärli-Biber-Mousse à la Käthi Fässler aus Weissbad oder ein grosses Lebkuchenherz, und Sie, Herr Josef Pargfrieder, geben zu, dass dazu eine Tasse Kaffee schmeckt. Lieber einen kurzen kräftigen Espresso. Dazu würde ich ein Glas Pinot Gris Föhnbeerenauslese von Martin Donatsch in Malans GR trinken oder noch besser einen Doina von Weintrinker machen ein grosses Aufheben, aus welchem Glas Riesling oder Merlot getrunken werden muss. Ist das so entscheidend? Das ist für einen Sommelier ein grosses Thema, da könnten wir stundenlang darüber reden. Ja, es macht schon sehr viel aus, das richtige Glas zum entsprechenden Wein zu haben. Es ist ein anderes Erlebnis, als wenn ein grosser Wein in ein kleines Glas gezwängt wird. Einen einfacheren Wein kann man gut einmal in einem einfacheren Glas trinken. Man muss nicht für jede Rebsorte ein anderes Glas zu Hause haben, das habe auch ich nicht. Für daheim würde ich vorschlagen: Ein Schaumweinglas, ein Glas für einfachere, frische und fruchtige Weissweine sowie zwei Rotweingläser. Ein bauchiges rundes für Pinots/Blauburgunder etc. und für kräftige Weissweine, sowie ein eher schlankeres und höheres für Bordeaux Blends usw. Wenn Sie auf eine einsame Insel geschickt würden, was für eine Flasche Wein käme mit ins Gepäck? Spontan einen gereiften Riesling vom Weingut Egon Müller im deutschen Wiltingen (Saar/ Mosel). Unter gereift meine ich hier einen, der schon 25-jährig sein darf. Warum? Im Weissweinbereich gibt es nicht viel Schöneres als die Aromen und Finessenvielfalt ● eines Rieslings. WAS PASST ZU WELCHEM WEIN? Tipps von Sommelier Josef Pargfrieder Austern Chablis, weisse Burgunder, und Champagner, Champagner nur Brut, trockene und ich würde auch nur Weissweine empfehlen. Andere Muscheln Kräftige Weissweine, die aber nicht vom Holz dominiert werden. Es darf ein gewisser Holzeinsatz vorhanden sein, aber nicht zu viel. Weisse Burgunder, Weissweine aus dem Rhonetal, kräftige Grüne Veltliner aus Österreich. Fisch Süsswasserfische: Leichte oder spritzige Weine, ja eher leichte Weissweine, die von der Frucht geprägt sind: Müller Thurgau und Chasselas. Meerfische: Kräftige und komplexe Weine wie weisser Bordeaux und weisser Burgunder. Welche Schweizer Weine? Bündner Chardonnay vom Donatsch über Studach bis zu Gantenbein oder kräftige Weissweine aus dem Wallis (Heida, Amigne, Petite Arvine etc.). Natürlich auch kräftige Genfer Weissweine. Die Schweiz bietet hier eine sehr grosse Auswahl! Fleisch Lamm: Kräftige Rotweine Wild Reh- oder Hirsch: Schwere weiche runde volle Rotweine Vegetarisch Gemüse: Leichte Weine. * [email protected] November 2014 | swiss-cuisine | 35