Publikation Gebäudekennwerte 2013
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Publikation Gebäudekennwerte 2013
EnOB-Fachartikel, www.enob.info Kennwerte zur energetischen und ökologischen Qualität von Bauwerken in deren Nutzungsphase Begriffe und methodische Grundlagen Ein Artikel von Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Ökonomie und Ökologie des Wohnungsbaus, www.oew.kit.edu Kontakt [email protected], [email protected] Zusammenfassung Eine Interpretation und Anwendung von Kennwerten zur Darstellung der energetischen und ökologischen Qualität von Bauwerken in der Nutzungsphase ist nicht länger Vertretern aus Wissenschaft und Politik vorbehalten. Zunehmend setzen sich Makler, Banken, die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie Bauträger, Bauherren und Privathaushalte mit diesem Thema auseinander. Kennwerte werden zu wichtigen Hilfsmitteln für das Formulieren und Vereinbaren von Zielen, für die Erfolgskontrolle, für die Nachhaltigkeitsbewertung und -berichterstattung sowie für das Signalisieren von Qualitäten im Marketing und im Wettbewerb. Voraussetzung für die sinnvolle Anwendung und Nutzung derartiger Kennwerte sind detaillierte Kenntnisse zu den methodischen Grundlagen, zu Fragen der Beeinflussung von Ergebnissen durch Art und Umfang von Systemgrenzen und Randbedingungen, zu den Anforderungen an eine transparente und nachvollziehbare Darstellung sowie zur Nutzung geeigneter Vergleichs-werte und Bewertungsmaßstäbe. Die Ausarbeitung dieses Beitrages erfolgte im Rahmen des vom BMWi geförderten Forschungsvorhabens EnOB. Der Entwurf des Dokuments „Kennwerte zur energetischen und ökologischen Qualität von Bauwerken in der Nutzungsphase - Begriffe und methodische Grundlagen“ wurde den Teilnehmern eines EnOB-Workshops am 21.März 2013 in Kassel vorgestellt und in einer Gruppe besonders interessierter Teilnehmer diskutiert. Ergebnisse dieser Diskussion flossen in die hier vorliegende Fassung ein. Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 1 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info 1. Anlass und Zielstellung In der Bau-, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft werden derzeit in der Planung, Bewirtschaftung, Wertermittlung, Portfolioanalyse und Nachhaltigkeitsberichterstattung verstärkt Energie- und Emissionskennwerte verwendet. Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik gewinnt durch die Notwendigkeit der Beschreibung, Beurteilung und Darstellung der energetischen und umweltbezogenen Qualität von Gebäuden als Teil einer Nachhaltigkeitsbewertung und -zertifizierung an zusätzlicher Bedeutung. Gleichzeitig erfordert das Ziel einer Errichtung von Gebäuden mit ausgeglichener bzw. positiver Energieund/oder Emissionsbilanz („net zero energy buildings“ und „net zero emission buildings“) die Entwicklung geeigneter Vorgehensweisen für die Planung, Darstellung und den Nachweis der Zielerreichung. Die Bildung, Anwendung und Interpretation von Energiekennwerten blickt bereits auf eine lange Tradition zurück. Ursprünglich wurden sie überwiegend in Wissenschaft, Politik und Immobilienpraxis von einem kleinen Kreis von Fachleuten zur Beschreibung energetischer Anforderungen und Niveaus bzw. der energetischen Qualität von Gebäuden genutzt. Im Rahmen der An-wendung und Interpretation durch Fachleute konnten Missverständnisse und Fehlinterpretationen i.d.R. vermieden werden. Im Zusammenhang mit dem Austausch von Kennwerten zwischen Akteuren der Bau-, Wohnungsund Immobilienwirtschaft oder der Nutzung und Weiterverwendung von Daten aus der Literatur traten jedoch von Anfang an Probleme auf. Ursachen waren u. a. unklare Systemgrenzen, Randbedingungen, Bezugsgrößen und Begriffe. Durch Veröffentlichungen [1] und Richtlinien, z. B. VDI 3807 [2], [3], [4], wurde frühzeitig versucht, allgemeingültige Regeln zur Bildung, Auswertung, Nutzung und Interpretation von Energiekennwerten zu erarbeiten und als Verständigungsgrundlage zu nutzen. Im Bereich der engeren Fachwelt ist dies in der Vergangenheit bedingt gelungen. Durch die zunehmende Auseinandersetzung mit Fragen der Beschreibung und Beurteilung der energetischen und ökologischen Qualität von Gebäuden gelangen nun weitere Berufsgruppen und Tätigkeitsbereiche (z. B. Immobilienmakler, Wertermittler, Banken, Auditoren für die Nachhaltigkeitsbewertung) in Berührung mit Energiekennwerten. Diese werden z. T. genutzt und interpretiert, ohne die methodischen Hintergründe ausreichend zu kennen. Neben den traditionellen Kennwerten zur Beschreibung und Beurteilung der energetischen Qualität wächst das Interesse an Aussagen zu Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Zunehmend werden in Ergänzung zu Energiekennwerten Angaben zu den flächen- und zeitbezogenen CO2Emissionen verwendet und ausgetauscht. Diese basieren einerseits auf vergleich-baren methodischen Grundlagen, weisen jedoch andererseits auch ihre eigene Spezifik auf. Die vorliegende Veröffentlichung soll einen Beitrag liefern, Anwender und Nutzer von Kennwerten zur Beschreibung und Beurteilung der energetischen und ökologischen Qualität von Bau-werken über die methodischen Grundlagen zu informieren. Einerseits sollen damit Missverständnisse und Fehlinterpretationen ausgeschlossen werden. Andererseits kann durch die Bildung und Veröffentlichung von Kennwerten, die auf einheitlicher Basis erhoben und dargestellt bzw. hinsichtlich ihrer Systemgrenzen transparent und nachvollziehbar beschrieben werden, die empirische Basis deutlich verbreitert werden. Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 2 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info 2. Anwendungsfälle Der Umgang mit Kennwerten zur Beschreibung und Beurteilung der energetischen und ökologischen Qualität von Gebäuden ist einerseits notwendig zur Darstellung und Interpretation des zukünftigen Energiebedarfs von Neubau- und Sanierungsprojekten und andererseits zur späteren Erfolgskontrolle als Ergebnis eines Energieverbrauchsmonitorings. Über die Auseinandersetzung mit dem Energieaufwand hinaus gewinnt die Beschreibung und Beurteilung der Wirkungen auf die Umwelt an Bedeutung. Energiekennwerte werden daher zunehmend durch Emissionskennwerte ergänzt. Für die Bildung und Interpretation von Energie- und Emissionskennwerten existieren eine Reihe von konkreten Anwendungsfällen in der Nutzungsphase von Gebäuden. Beispiele sind: a) Formulierung von Zielwerten und Anforderungsniveaus (u. a. in Förderprogrammen, Selbstverpflichtungen, Projektentwicklungen), b) Interpretation von Kennwerten in Energiebedarfs- und Energieverbrauchsausweisen durch Mieter, Vermieter, Eigentümer, Erwerber etc., c) Beschreibung, Planung und Überwachung komplexer Gebäude mit mehreren, unterschiedlichen Nutzungszonen als Anwendungsfall für Teilenergiekennwerte, d) Festlegung und Anwendung von Beschaffenheitszuschlägen in Mietspiegeln in Abhängigkeit von der energetischen Qualität von Gebäuden, e) Berücksichtigung von energetischen Eigenschaften in der Wertermittlung auf Basis von Energiekennwerten in Verbindung mit der Berücksichtigung von Merkmalen der Nachhaltigkeit – u. a. auf Basis von Emissionskennwerten, f) energetische Portfolioanalyse in Unternehmen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie bei Immobilienfonds, g) Benchmarking in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft auf Basis von Energie- und Emissionskennwerten, h) Zielvereinbarungen zur energetischen Qualität – auch bei umweltorientierter Beschaffung / green public procurement, i) Nachhaltigkeitsbewertung und -zertifizierung, für Neubauten als Teilinformation sowie für Bestandsbauten in der Nutzungsphase, j) Nachhaltigkeitsberichterstattung zu eigenen Objekten im Teil Betriebsökologie, k) Entwicklung von Förderprogrammen, Festlegung von Förderkonditionen, l) Definition energetischer Niveaus, m) Festlegung einer Baseline für ein Energieeinsparcontracting, n) Gestaltung von Konditionen für Finanzierung und Versicherung (z. Z. nur internationale Beispiele auf Basis Energy Star, z. B. energy efficient mortgages in USA), o) empirische Analysen zur ökonomischen Vorteilhaftigkeit energieeffizienter Gebäude. Im Zusammenhang mit den oben genannten Anwendungsfällen stellt sich immer die Frage nach geeigneten Methoden und Verfahren zur Bildung und Interpretation von Kennwerten zur Beurteilung der energetischen und ökologischen Qualität von Gebäuden, die der jeweiligen Phase im Lebenszyklus eines Gebäudes bzw. der jeweiligen Fragestellung einer ausgewählten Akteursgruppe gerecht werden. Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 3 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info 3. Begriffe und Definitionen Ein Kennwert (auch Kennzahl oder Kenngröße) dient der quantitativen Beschreibung eines Sachverhaltes und basiert auf Vorschriften bzw. Regeln zur Messung von spezifischen Größen oder Zuständen. Er setzt sich i.d.R. aus einem Zahlenwert und einer Einheit zur Beschreibung der Messgröße zusammen. Unterschieden werden absolute und relative Kennwerte, die sich auf einen Zeitpunkt oder auf einen Zeitraum beziehen können. Ein Bezug auf weitere Größen ist möglich. Kennwerte können als Indikatoren zur Beschreibung spezifischer Merkmale und Eigenschaften herangezogen und in diesem Zusammenhang ausgewählten Bewertungskriterien zugeordnet werden. Im Baubereich sowie in der Immobilienwirtschaft ist die Verwendung von Angaben zur Beschreibung der energetischen bzw. ökologischen Qualität von Gebäuden üblich. Die VDI 3807 legt fest, derartige Angaben als Energiekennwerte zu bezeichnen. Der Begriff Energiekennwert wird durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) im Zusammenhang mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem Thema Energieausweis verwendet. Der Begriff „Emissionskennwert“ hat sich noch nicht fest etabliert. Er wird z. T. (falsch) für Emissionsfaktoren verwendet oder (richtig) z. B. als CO2-Kennwert aufgeführt. 4. Energiekennwerte Bei der Bildung von Energiekennwerten müssen eine Reihe von Entscheidungen getroffen und Randbedingungen festgelegt werden. Bei ihrer Interpretation müssen diese zwingend bekannt sein. Der transparenten Darstellung und Kommunikation der jeweiligen Randbedingungen und Systemgrenzen kommt damit eine hohe Bedeutung zu. Folgende Entscheidungen bzw. Angaben sind daher zu deklarieren und ggf. über geeignete Indizes darzustellen. In Übereinstimmung mit der EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden sollen Energiekennwerte dem Zweck dienen, „einen Vergleich und eine Beurteilung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden zu ermöglichen“ (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 EU-Richtlinie 2010/31/EU). In der DIN EN 15603 [7] wird von der „Bewertung der Energieeffizienz eines Gebäudes auf der Grundlage […] des berechneten oder (mit einem Verbrauchszähler) gemessenen Verbrauchs an Energieträgern“ gesprochen. Energiekennwerte sind demzufolge ein Hilfsmittel zur kompakten, anschaulichen Beschreibung der energetischen Qualität von Gebäuden. Herangezogen wird der definierte, berechnete oder gemessene Aufwand an Energie, der auf geeignete Größen und Zeiträume bezogen wird. Allen Energiekennwerten gemeinsam ist daher die Eigenschaft eine Energiemenge bzw. einen Energieaufwand (z. B. dargestellt in kWh oder MJ1) einer Bezugsgröße und einem Bezugszeitraum zuzuordnen. Bezugsgrößen sind hierbei i.d.R. Merkmale und Eigenschaften des betrachteten Gebäudes und seiner Nutzung (z. B. Quadratmeter Schulgebäude mit definiertem Nutzungsprofil, wobei die Fläche auch als ein genau zu spezifizierender Repräsentant für ein funktionales Äquivalent betrachtet werden kann, siehe Kapitel 4.8). Ein reiner Bezug auf eine Fläche ohne 1 Die Angaben von Energiekennwerten in MJ ist z. B. in der Schweiz üblich und entspricht der geforderten Anwendung von SI-Einheiten. Dennoch ist in Deutschland die Nutzung der Einheit kWh üblich. 1 kWh = 3,6 MJ; 1 MJ = 0,28 kWh Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 4 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Angabe eines Nutzungsprofils und weiterer Randbedingungen ist damit nicht ausreichend. Art und Umfang zu deklarierender Randbedingungen und Systemgrenzen von Energiekennwerten werden nachstehend beschrieben und erläutert. Energiekennwerte können in folgender Form auftreten: Energiekennwert = Energieaufwand Bezugsgröße x Bezugszeitraum 4.1 Energetische Umwandlungskette mit Nutz-, End- bzw. Primärenergie Energiekennwerte werden hinsichtlich der energetischen Umwandlungsstufe unterschieden. Es ist daher anzugeben, ob es sich um Nutzenergie-, Endenergie- bzw. Primärenergiekennwerte handelt. Primärenergiekennwerte werden dabei nochmals in den Aufwand an Primärenergie, nicht erneuerbar und den Aufwand an Primärenergie, erneuerbar unterschieden. Sie können alternativ auch als Gesamtaufwand an Primärenergie abgegeben werden. Eine gesonderte Darstellung des Aufwandes an Primärenergie, nicht erneuerbar wird jedoch stets empfohlen. Nutzenergie Nutzenenergie ist die Menge an Energie, die unmittelbar für die zu erbringende Dienstleistung z. B. im Sinne der Aufrechterhaltung der Temperatur in Räumen oder der Erwärmung von Trinkwasser zur Verfügung gestellt werden muss. Es wird u. a. ein Aufwand an Wärme für die Raumheizung, ein Aufwand an Kälte infolge des Kühlbedarfs und ein Aufwand an Wärme für die Trinkwassererwärmung angegeben. Der Nutzenergiebedarf ist i.d.R. das Ergebnis einer Energiebilanz, in die neben Energieverlusten auch Energiegewinne eingehen. Für Beleuchtung und weitere Anwendungsbereiche von elektrischer Energie – außer Heizung und Trinkwassererwärmung – ist ein Ausweisen des Nutzenergiebedarfes zwar theoretisch möglich, praktisch jedoch nicht üblich. Im Rahmen der Heizkostenabrechnung kann der Aufwand an Nutzenergie für z. B. Raumwärme und Trinkwassererwärmung über Hilfsmessverfahren der Heizkostenverteilung oder unmittelbar im Bereich der Wärmeabgabe angeordnete Wärmemengenzähler erfasst werden. Nutzenergie repräsentiert die Seite der Nachfrage nach Energiedienstleistungen. Im Gebäudebereich wird damit u. a. die energetische Qualität des Gebäudes (hier i.S.v. bauliche Lösung / Gebäudehülle) unter Beachtung zu definierender Randbedingungen und Nutzungsszenarien beschrieben. Endenergie Mit Endenergiekennwerten wird i.d.R. der Aufwand an Energieträgern beschrieben. Dargestellt wird der Aufwand an Energie, der zur Deckung des Bedarfes an Nutzenergie benötigt wird. In den Endenergieaufwand fließen damit neben dem Aufwand an Nutzenergie der Aufwand für die Umwandlung, Speicherung, Verteilung und Abgabe von Energie im Gebäude ein. Das Verhältnis von Nutzenergie zu Endenergie kennzeichnet den Jahresnutzungsgrad der Anlage (z. T. auch umgangssprachlich (falsch) als Wirkungsgrad bezeichnet). Erfasst wird damit der Aufwand an Energie, der an der Systemgrenze Gebäude übergeben bzw. zur Verfügung gestellt wird. Letztlich handelt es sich dabei um die Menge gelieferter bzw. bezogener Energie im Falle leitungsgebundener Energie (i.S.v. Strom, Fernwärme, Nahwärme) bzw. die Menge bezogener End-Energieträger Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 5 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info (i.S.v. Heizöl, Gas, Holz). Der Aufwand an Endenergie ist stets an End-Energieträger gebunden. Da sich diese hinsichtlich Kosten, Ressourceninanspruchnahme und Emissionen sehr unterscheiden ist es nicht sinnvoll, den Energieaufwand auf der Stufe Endenergie zusammenzufassen, soweit unterschiedliche Energieträger eingesetzt werden. Die Darstellung eines Gesamtaufwandes je Energieträger ist hingegen zweckmäßig und üblich. Der Aufwand an Endenergie kann messtechnisch erfasst sowie über die Auswertung von Rechnungen für die Lieferung von Energie bzw. Energieträgern nachvollzogen werden. Die Erfassung des Endenergieaufwandes bzw. des Einsatzes von Endenergieträgern erfolgt idealerweise auf Basis eines zielgerichteten Messkonzeptes. Minimalbasis sind die Abrechnungen des Energieträgerbezugs vom Energieversorgungsunternehmen. Endenergiekennwerte sind besonders für einen Vergleich von SOLL- und IST-Größen bzw. von Bedarfs- und Verbrauchskennwerten geeignet, soweit diese hinsichtlich ihrer Systemgrenzen und Randbedingungen übereinstimmen. Endenergie ist die Basis für eine sowohl ökonomische als auch ökologische Bewertung. Endenergiekennwerte liefern die Grundlage für eine Ermittlung von Energiekosten als Teil der Betriebs- bzw. Nutzungskosten sowie für eine Bewertung der Ressourceninanspruchnahme (u. a. Aufwand an Primärenergie, nicht erneuerbar) und der Wirkungen auf Umwelt (u. a. Treibhauseffekt GWP (global warming potential) auf Basis von Emissionen). Primärenergie Bei Kennwerten „Primärenergie, nicht erneuerbar“ werden zusätzlich zum Aufwand an Endenergie im Gebäude die außerhalb der Systemgrenze „Gebäude“ liegenden Aufwendungen für Gewinnung, Umwandlung und Verteilung der Endenergieträger berücksichtigt. Dargestellt wird damit die Menge an Energie, die z. B. unmittelbar der Natur entnommen wird. Die Umrechnung von End- auf Primärenergie erfolgt über durchschnittliche bzw. spezifische Primärenergiefaktoren. Das Verhältnis von Nutz- zu Primärenergie wird über die Anlagenaufwandszahl ausgedrückt. Auf dem Niveau „Primärenergie, nicht erneuerbar“ werden die Hauptanforderungen der derzeitigen Energieeinsparverordnung (EnEV) in Deutschland formuliert. In der Nachhaltigkeitsbewertung ist der Aufwand an „Primärenergie, nicht erneuerbar“ ein Indikator für die Ressourceninanspruchnahme. Mit dem Aufwand an „Primärenergie, erneuerbar“ kann der Aufwand an erneuerbaren Energieträgern ab Quelle sowie die Nutzung erneuerbarer Energie dargestellt werden. Im Rahmen der Nachhaltigkeitsbewertung ist die Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit der Bereitstellung erneuerbarer Energieträger zu prüfen. Bei der Bereitstellung von „Primärenergie, erneuerbar“ wird häufig auch ein Aufwand an „Primärenergie, nicht erneuerbar“ erforderlich. „Primärenergie, nicht erneuerbar“ und „Primärenergie, erneuerbar“ können zum Aufwand an „Primärenergie, gesamt“ zusammengefasst werden. Es besteht i.d.R. das Ziel, den Aufwand an „Primärenergie, gesamt“ zu minimieren bei gleichzeitiger relativer Erhöhung des Anteils an „Primärenergie, erneuerbar“. Bei der Angabe von Primärenergiemengen ist zu unterscheiden, ob diese von Dritten bezogen wurden oder aus Eigenproduktion (z. B. Primärenergie, erneuerbar aus solarthermischer Warmwasserbereitung im Gebäude) stammen (vgl. SIA 2031 [8]). Im Rahmen der Energiebedarfsberechnung nach aktuell gültiger EnEV wird der Primärenergiebedarfskennwert auf Basis der Endenergiebedarfskennwerte der eingesetzten Endenergieträger ermittelt. Die Umrechnung erfolgt durch Multiplikation mit Primärenergiefaktoren Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 6 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info für jeden Endenergieträger und anschließender Aufsummierung. Primärenergiefaktoren zur Verwendung im öffentlich rechtlichen Energiebedarfsausweis für typische Endenergieträger zur Beheizung von Gebäuden werden in Tabelle 1 bezogen auf den unteren Heizwert des Endenergieträgers wiedergegeben, vgl. nächste Seite. Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V. veröffentlicht eine Liste deutscher Städte, deren Fernwärmeversorger über eine unabhängige Bescheinigung ihres erzeugerspezifischen Primärenergiefaktors verfügen.2 Diese Primärenergiefaktoren können eine realitätsnahe Berechnung des Primärenergieaufwands unterstützen; zur Erstellung des öffentlich rechtlichen Nachweises nach aktuell gültiger EnEV dürfen sie derzeit jedoch nicht verwendet werden. Teilweise wird der Aufwand an Primärenergie auch als kumulierter Energieverbrauch (KEV) bezeichnet. Hierbei wird u. a. der Aufwand an Primärenergie in den der eigentlichen Energieumwandlung vorgelagerten Stufen der Gewinnung und Weiterverarbeitung zusammengefasst (kumuliert). Es ist anzugeben bzw. zu beachten, innerhalb welcher Systemgrenzen und bis zu welcher Umwandlungsstufe diese Zusammenfassung erfolgt bzw. bereits erfolgt ist. Erfasst wird beim KEV die rein energetische Nutzung von Energieträgern. Wird im Falle einer Ökobilanzierung von Bauprodukten oder Bauwerken die Ressourceninanspruchnahme infolge einer energetischen und stofflichen Nutzung dargestellt spricht man vom kumulierten Energieaufwand (KEA). Für den Fall der Darstellung eines Aufwandes an Primärenergie im hier zutreffenden Kontext sind Unterschiede zwischen KEV und KEA weitgehend vernachlässigbar. In einigen Tabellen in der Literatur wird daher auch in Bezug auf die rein energetisch genutzten Energieträger der Begriff KEA (kumulierter Energieaufwand) für den Aufwand an Primärenergie genutzt.3 Dennoch sind Systemgrenzen zu beachten. So ist zu klären bzw. anzugeben, ob und inwieweit bei Angaben zum Verbrauch an Primärenergie bzw. zum Aufwand an Primärenergie Anteile enthalten sind, welche die Herstellung der Anlagen zur Energieerzeugung bzw. -umwandlung inkl. der Speicher, Netze usw. enthalten sind. Diese Anteile werden als (energetische und/oder stoffliche) Vorstufen bezeichnet, entsprechende Prozesse und Lebenszyklusabschnitte als „upstream“. In jedem Fall wird sowohl bei KEA als auch bei KEV zwischen Anteilen aus erneuerbaren sowie aus nicht erneuerbaren Quellen unterschieden. Als eine ausführliche Bezeichnung ergibt sich damit z. B. ein „Aufwand an Primärenergie, nicht erneuerbar, kumuliert von der Gewinnung über die Weiterverarbeitung und Umwandlung bis hin zur unmittelbaren bestimmungsgemäßen Nutzung einschließlich aller Vorstufen“. 2 Fernwärmeversorger können einen formlosen Antrag auf Aufnahme stellen (Download unter www.agfw.de derzeitiger Stand 15.06.2012). 3 vgl. Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 7 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Primärenergiefaktoren Energieträger Fossile Brennstoffe Biogene Brennstoffe Nah-/Fernwärme aus KWK (70 %) insgesamt nicht erneuerbarer Anteil Heizöl EL 1,1 1,1 Erdgas H 1,1 1,1 Flüssiggas 1,1 1,1 Steinkohle 1,1 1,1 Braunkohle 1,2 1,2 Biogas 1,5 0,5 Bioöl 1,5 0,5 Holz 1,2 0,2 fossiler Brennstoff 0,7 0,7 0,7 0,0 erneuerbarer Brennstoff Nah-/Fernwärme fossiler Brennstoff 1,3 1,3 aus Heizwerken erneuerbarer Brennstoff 1,3 0,1 allgemeiner Strommix 2,8 2,4 Verdrängungsstrommix 2,8 2,8 Solarenergie 1,0 0,0 Erdwärme, Geothermie 1,0 0,0 Umgebungswärme 1,0 0,0 Umgebungskälte 1,0 0,0 aus Prozessen 1,0 0,0 Strom 4 Umweltenergie Abwärme innerhalb des Gebäudes Tab. 1: Primärenergiefaktoren nach DIN V 18599 (Quelle: [9]) Es wird deutlich, dass Angaben nur dann interpretiert werden können, wenn Informationen zur Herangehensweise und zu den Systemgrenzen bei der Ermittlung der Werte bekannt sind – siehe hierzu auch die Checklisten in Kapitel 6. 4 In der aktuellen EnEV 2009, die sich noch auf die DIN V 18599 von 2007 bezieht (aktuell 2011) werden noch keine Primärenergiefaktoren, die zwischen bezogenem und eingespeistem Strom (asymmetrische Bewertung) unterscheiden, angewendet. Anstelle der in Tabelle 1 genannten Werte für Strom wird 2,6 für den nicht erneuerbaren Anteil festgelegt. Hieraus geht hervor, dass die Entwicklung des Primärenergiefaktors für Strom einer großen Dynamik unterliegt. Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 8 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Im Geltungsbereich der Energieeinsparverordnung 2009 erfolgt eine Konzentration auf Primärenergie, nicht erneuerbar, ohne Vorstufen für die Herstellung der Anlagen, Netze usw. In Tabelle 2 werden die Definitionen aus DIN V 4701-10:2003-08 [10] als Anwendungsbeispiel im Bereich Wärme wiedergegeben. Begriffe Definitionen nach DIN V 4701-10:2003-08 Beheizung von Gebäuden Energiemenge, die zur Deckung des Jahresheizenergiebedarfs QH und des Trinkwarmwasserwärmebedarfs QW benötigt wird unter (Primärenergie) Berücksichtigung der zusätzlichen Energiemenge, die durch vorgelagerte Prozessketten außerhalb der Systemgrenze „Gebäude“ bei Gewinnung, Umwandlung und Verteilung der jeweils eingesetzten Brennstoffe entstehen. Heizenergiebedarf Energiemenge, die zur Deckung des Jahresheizwärmebedarfs QH und des Trinkwarmwasserbedarfs QW (Bedarf und Aufwand der (Endenergie) Anlagentechnik) benötigt wird, ermittelt an der Systemgrenze des betrachteten Gebäudes. Die zusätzliche Energiemenge, die durch vorgelagerte Prozessketten bei der Erzeugung des jeweils eingesetzten Brennstoffs entsteht, wird nicht in Betracht gezogen. Heizwärmebedarf Wärme, die den beheizten Räumen zugeführt werden muss, um die innere Solltemperatur der beheizten Räume einzuhalten. (Nutzenergie) Tab. 2: Begriffe der Energieumwandlungskette (Quelle: [10]) In Abbildung 1 werden die Zusammenhänge zwischen Gewinn- und Verlustgrößen der Energiebilanz zur Ermittlung des Nutzenergiebedarfes für Raumwärme (Jahresheizwärmebedarf), der Endenergie (Jahresheizenergiebedarf) und dem Primärenergiebedarf dargestellt. Berechnung des Energiebedarfs QS QT BilanzgrenzeRaum Lennard Qi QV David Qc,e Qh Nutzenergie (Raumgrenze) Übergabe Verteilung Qd Speicherung Qs Erzeugung PrimärEnergie Qg Endenergie (Gebäudegrenze) Abb. 1: Berechnung des Energiebedarfs in Richtung der Bedarfsentwicklung (aus DIN 4701-10:2003-08, [10]) Die folgenden Abbildungen 2 bis 5 geben den Sachverhalt für die Energiedienstleistungen Heizung, Warmwasserbereitung und Lüftung noch detaillierter wieder. Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 9 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Abb. 2: Bedarfsentwicklung für Heizung nach DIN 4701-10:2003-08, [10] Abb. 3: Bedarfsentwicklung für Warmwasserbereitung nach DIN 4701-10:2003-08, [10] Abb. 4: Bedarfsentwicklung für Lüftung nach DIN 4701-10:2003-08, [10] 4.2 Bedarfswerte versus Verbrauchskennwerte Energiekennwerte können generell als Bedarfs- oder Verbrauchskennwerte angegeben werden. Bedarfskennwerte entstehen i.d.R. als Ergebnisse einer Bedarfsberechnung und können sowohl den Bedarf an Nutz-, End- oder Primärenergie beschreiben. Es existieren jedoch auch Bedarfskennwerte im Sinne einer Anforderung oder eines Budgets. Bedarfskennwerte eignen sich u.U. als SOLL-Größen. Bei Bedarfskennwerten ist zusätzlich zu unterscheiden, wie und zu welchem Zweck sie ermittelt bzw. verwendet werden. Nach DIN EN 15603 kann unterschieden werden zwischen einem „genormten“ Energiebedarfskennwert „basierend auf dem konventionellen Klima, der Verwendung, Umgebung und belegungsbezogenen Eingangsdaten“ (z. B. im Rahmen eines nationalen öffentlich-rechtlichen Nachweises) oder einem „individuellen“ Energiebedarfskennwert im Sinne einer verbrauchsnahen Vorhersage mit „an das tatsächliche Gebäude und den Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 10 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Berechnungszweck angepassten Daten“, d.h. einer Verwendung von Eingangsgrößen zur Beschreibung der konkreten Gebäudenutzung sowie eines spezifischen Nutzerverhaltens und der konkreten Standort- und Klimaverhältnisse. Weiterhin können sich Bedarfskennwerte in Abhängigkeit vom verwendeten Rechenverfahren unterscheiden. Bei der Übernahme von Bedarfskennwerten aus der Literatur ist jeweils zu überprüfen, ob sie für die geplante Anwendung geeignet sind (zutreffende Gebäude- und Nutzungsart, übereinstimmende Systemgrenzen usw.). Verbrauchskennwerte sind stets das Ergebnis einer Verbrauchsmessung für den Aufwand an Nutzoder vorzugsweise Endenergie. Der Primärenergieverbrauch kann nur rechnerisch über normierte bzw. spezifische Primärenergiefaktoren5 aus dem Endenergieverbrauch ermittelt werden. Insbesondere der Endenergieverbrauch stellt eine IST-Größe dar, die regelmäßig zu erfassen und auszuwerten ist. Bei Verbrauchskennwerten sind u. a. Art und Umfang einer Bereinigung (zeitlich, örtlich, in Bezug auf die Witterung/das Klima) anzugeben – siehe hierzu auch Kapitel 4.7. Ein Vergleich von Bedarfs- und Verbrauchskennwerten im Sinne eines SOLL-IST-Vergleiches ist nur dann sinnvoll, wenn die Systemgrenzen, Randbedingungen sowie Art und Umfang erfasster Energiedienstleistungen übereinstimmen, siehe hierzu auch Kapitel 4.4. Bei mittleren Verbrauchskennwerten ist zudem darauf zu achten, ob das arithmetische Mittel aus mehreren Perioden (vgl. Energieverbrauchsausweis nach aktuell gültiger EnEV) oder der Modalwert von mehreren gemessenen Kennwerten (vgl. VDI 3807 [2]) gebildet wurde. 4.3 Nettokennwerte versus Bruttokennwerte Im Zusammenhang mit dem Ziel, Gebäude mit ausgeglichener oder positiver Energiebilanz zu realisieren, können Nettokennwerte6 gebildet werden. Sie charakterisieren u. a. die energetische Qualität von net zero energie buildings (NetZEBs). Anzugeben ist jeweils, welche Größen unter Beachtung welcher Randbedingungen und Systemgrenzen in die Bilanz einfließen. Bei Nettokennwerten wird i.d.R. ein jährlicher Aufwand an Energie einem jährlichen Gewinn bzw. einer jährlichen Erzeugung an Energie (zumeist aus erneuerbarer Energie) gegenübergestellt. Dies ist aus Gründen der Vergleichbarkeit auf Basis Primärenergie sinnvoll. Es wird vorgeschlagen, sowohl Aufwand als auch Erzeugung weiterhin als erkennbare Teilgrößen in Form von Bruttokennwerten anzugeben, z. B. NetZEB -10/+10 kWh/m²a bzw. NetZEB -100/+100 kWh/m²a. Damit können auch Gebäude mit positiver Primärenergiejahresbilanz dargestellt werden, z. B. Plus-Energie-Haus7 +10 (-10/+20) kWh/m²a. 4.4 Art und Umfang erfasster Energiedienstleistungen Energiekennwerte unterscheiden sich hinsichtlich Art und Umfang erfasster Energiedienstleistungen im Sinne der einen jeweiligen Energieaufwand verursachenden Größen. Es ist anzugeben bzw. zu prüfen, welche der nachstehend genannten Energiedienstleistungen berücksichtigt wurden und damit im Bedarfs- oder Verbrauchskennwert enthalten sind: 5 Der Zeitpunkt der Berechnung ist zu dokumentieren, da insbesondere Primärenergiefaktoren für Strom einer dynamischen Entwicklung unterliegen. 6 im deutschen Sprachraum noch nicht etabliert 7 http://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Artikel/B/plus-energie-haus-bauen-fuer-die-zukunft.html Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 11 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Raumheizung, Trinkwassererwärmung, Raumkühlung, Be-/Entfeuchtung, Be-/Entlüftung, Hilfsenergie (u. a. für Pumpen), Beleuchtung (Kunstlicht), sonstige, bisher von der EnEV nicht berücksichtigte gebäudebedingte Größen (z. B. Aufzüge und Rolltreppen, Sicherheitstechnik und sonstige zentrale Dienste), sonstiger nutzer- und nutzungsbedingter Energieaufwand, allgemein (u. a. Individualbeleuchtung, Haushaltsgeräte, EDV), sonstiger nutzer- und nutzungsbezogener Energieaufwand, spezifisch für ausgewählte Nutzungszonen (u. a. Produktion, Kantine, Rechenzentrum). Eine zusammenfassende Darstellung der Bilanzierung und Bewertung von Energiedienstleistungen im Nichtwohnungsbau und im Wohnungsbau enthält der Anhang. Bei erweiterten Betrachtungen werden ggf. auch folgende Aspekte in die Bildung und Interpretation von Kennwerten einbezogen: Aufwand an (Primär-)Energie für die Herstellung, Errichtung, Instandhaltung und ggf. Entsorgung des Gebäudes über einen definierten Betrachtungszeitraum, Aufwand an Energie für die Mobilität der Bewohner/Nutzer des Gebäudes. 4.5 Gesamtkennwerte versus Teilenergiekennwerte Energiebedarfs- und Verbrauchskennwerte können entweder als Gesamt- oder Teilenergiekennwerte angegeben werden. Bei Gesamtenergiekennwerten sind Randbedingungen und Systemgrenzen sowie insbesondere Art und Umfang erfasster Energiedienstleistungen anzugeben bzw. zu beachten – siehe auch Kapitel 4.4. Teilenergiekennwerte lassen sich für den Bedarf oder Verbrauch je Endenergieträger und/oder je Energiedienstleistung und/oder je Zone darstellen und nutzen. Dabei können Energiedienstleistungen auch in verschiedenen Zonen bzw. Teilflächen eines einzelnen Gebäudes erbracht sowie separat dargestellt und beurteilt werden. Zur Handhabung von Teilenergiekennwerten wird die Anwendung einer Energiematrix empfohlen (siehe Kapitel 6.1). Teilenergiekennwerte, in diesem Kapitel „thermische Teilkennwerte“ genannt, können noch in einem weiteren, von der obigen Beschreibung abweichenden Anwendungsfall zum Einsatz kommen. So schlägt VDI 3807 Blatt 5 (Entwurf) [4] eine alternative Herangehensweise für die energetische Beurteilung von Gebäuden vor (Abbildung 5). Hintergrund dieser Herangehensweise ist der Versuch, die technischen Eigenschaften der Heizungstechnik in die Bewertung einfließen zu lassen, um innerhalb gleichartiger Gebäudegruppen (Gebäudetypen, z. B. Verwaltungsgebäude) eine bessere Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 12 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Abb. 5: Kennwerte zur Beschreibung der Qualität der Energieumwandlung nach VDI 3807 Blatt 5 (Entwurf) [4] Abbildung 6 liefert eine Entscheidungshilfe, wie durch Anwendung von thermischen Teilkennwerten auf gebäudebezogene thermische Gesamtkennwerte geschlossen werden kann. Im Sinne der VDI 3807 Blatt 5 (Entwurf) wird ein thermischer Teilkennwert zur Beschreibung der energetischen Qualität der Energieumwandlungskette herangezogen. So definieren diese Kennwerte beispielsweise die Höhe der Erzeugungs- oder Verteilungsverluste sowie den Trinkwarmwasserbedarf. Lässt sich ein Gebäude einer Gebäudegruppe nach VDI 3807 Blatt 2 (Entwurf) eindeutig zuordnen, können gemessene Gesamtverbräuche mit den in Blatt 2 genannten Referenzkennwerten (thermische Gesamtkennwerte) direkt verglichen werden. Bei abweichenden Gebäudetypen und vor allem, wenn in diesem Fall nur ein Hauptzähler vorhanden ist, ist kein direkter Vergleich mit den Referenzkennwerten (thermische Gesamtkennwerte) der VDI 3807 Blatt 2 möglich. Um dies doch zu ermöglichen, wird der rechnerische Umweg mit thermischen Teilkennwerten nach Blatt 5 vorgeschlagen. Wird hierzu der Zählerstand des Hauptzählers mindestens monatlich erfasst und sind idealerweise Unterzähler vorhanden, die monatlich ausgelesen werden, besteht die Möglichkeit, die Effizienz von Wärmeerzeugern und die anteiligen außentemperaturunabhängigen Verbräuche für die Warmwasserbereitung zu ermitteln. Dadurch kann eine Bereinigung des gesamten thermischen Endenergieverbrauchs durchgeführt und somit der Vergleich des betrachteten Gebäudes mit den Referenzkennwerten (thermische Gesamtkennwerte) nach Blatt 2 ermöglicht werden. Abb. 6: Vorgehensweise für die Analyse von Messwerten bei Einzelgebäuden, nach VDI 3807 Blatt 5 (Entwurf) [4] Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 13 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Im Rahmen dieses Artikels wird der Begriff Teilenergiekennwert im Unterschied zur VDI 3807 Blatt 5 in der weiteren Darstellung ausschließlich mit folgender Bedeutung weiterverwendet: Differenzierung des Energieaufwands bzw. der Energieverbräuche nach Teilflächen bzw. Nutzungszonen des betrachteten Gebäudes. Somit ist. u. a. eine Abschätzung des Gesamtenergiebedarfs (z. B. Endenergie) über die Zusammenfassung von Teilenergiekennwerten einzelner Nutzungszonen möglich. 4.6 Verwendungszweck Insbesondere bei Bedarfskennwerten hat der Verwendungszweck einen Einfluss auf die Aussagekraft des Kennwerts. Die Ermittlung im Rahmen eines öffentlich rechtlichen Nachweises gemäß aktueller Energieeinsparverordnung basiert auf normierten Randbedingungen, normiertem Nutzerverhalten, normierten Standort- und Klimafaktoren sowie normierten Primärenergiefaktoren. Je nach Berechnungsgrundlage und -methode können Unterschiede auftreten, z. B. zwischen Berechnungsergebnissen nach DIN 4108 in Kombination mit DIN 4701 und nach DIN V 18599. Die Ermittlung von Bedarfskennwerten im Rahmen einer verbrauchsnahen Vorhersage kann auf spezifischen Werten u. a. für das Nutzerverhalten, das Klima oder die Primärenergiefaktoren beruhen. Unterschiedlichste Kombinationen und Mischformen sind denkbar. Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Energieverbrauchskennwerten für öffentlich rechtliche Energieausweise gelten spezifische Regelungen. Zur Ermittlung des Energieverbrauchskennwertes im Rahmen des Energieverbrauchsausweises nach aktuell gültiger EnEV ist beispielsweise nach den durch das BMVBS veröffentlichten Reglungen für die Ermittlung der Energieverbrauchskennwerte zu verfahren.8 4.7 Art, Umfang und Grundlagen einer Bereinigung Insbesondere Energieverbrauchskennwerte können einer zeitlichen und/oder Standort- und Witterungsbereinigung unterzogen werden. Bei einer zeitlichen Bereinigung werden Energieverbrauchskennwerte einer Messperiode i.d.R. auf ein Kalenderjahr umgerechnet. Zusätzlich ist zu beachten, ob und welche Anteile direkt abhängig vom Witterungsverlauf sind. Bei der Umrechnung von Energiekennwerten für die Raumheizung ist dies zu beachten (siehe auch [2]). Witterungsabhängige Energiekennwerte (z. B. für Raumheizung) können von den spezifischen Witterungsbedingungen auf durchschnittliche Witterungsbedingungen am Standort umgerechnet werden. Art der Umrechnung (auf Basis von Gradtagszahlen oder Heizgradtagen, eine Umrechnung ist möglich) sowie die Quelle für die durchschnittlichen Witterungsbedingungen (z. B. Testreferenzjahr oder Messstation) sind zu benennen. Insbesondere bei einem EnergieeinsparContracting sind Art und Methode der Witterungsbereinigung zu fixieren. 9 8 Vgl. 9 http://www.dwd.de/klimafaktoren http://www.iwu.de/downloads/fachinfos/energiebilanzen/#c203 (Gradtagszahlen) Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 14 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Es ist möglich, die für einen Standort ermittelten Energiekennwerte auf die Witterungsbedingungen an einem anderen Standort bzw. an einem normierten Einheits- bzw. Durchschnittsstandort umzurechnen. Dies ist u. a. die Vorgehensweise der EnEV im Rahmen der Erstellung von Kennwerten für den Energieverbrauchsausweis. Bei der Ermittlung von Energiekennwerten sind längere Leerstände angemessen zu berücksichtigen bzw. anzugeben. 4.8 Bezugsgrößen Der Aufwand an Nutz-, End- oder Primärenergie kann neben dem Bezugszeitraum (i.d.R. ein Kalenderjahr) auf unterschiedliche Größen bezogen werden. Die Wahl sinnvoller Bezugsgrößen wird durch die jeweilige Gebäude- und Nutzungsart und den Verwendungszweck beeinflusst. Flächen Üblich ist der Bezug auf Flächen. Zur Vermeidung von Missverständnissen schlägt die VDI 3807 zwar die generelle Verwendung der Nettogrundfläche als Bezugsgröße vor, dennoch gelangen unterschiedlichste Flächenkennwerte zur Anwendung. Es ist zu unterscheiden zwischen der BGF (Brutto-Grundfläche) nach DIN 277 und ihrer Unterteilung in a-, b-, c-Bereiche, NGF (Netto-Grundfläche) nach DIN 277 (Bezug für Nichtwohngebäude gemäß EnEV 2009), Wohnfläche nach Wohnflächenverordnung, vermietbare Fläche, Energiebezugsfläche AN gemäß EnEV 2009, Wohnfläche nach EnEV 201310, Energiebezugsfläche gemäß Definition in der Schweiz, beheizten Wohn- bzw. Nutzfläche. Zudem wird empfohlen, sowohl die Art der verwendeten Bezugsfläche zweifelsfrei anzugeben als auch generell zur Vermeidung von Verwechslungen, die Energiekennwerte parallel auf BGF und NGF zu beziehen und beide Werte anzugeben. Prinzipiell besteht auch die Möglichkeit, Bezugsflächen ineinander umzurechnen, wie die beiden folgenden Beispiele zeigen: 10 Nach der Novellierung der Energieeinsparverordnung (voraussichtlich EnEV 2013) sind zukünftig Pflichtangaben in Immobilienanzeigen bereitzustellen. Für Wohngebäude ist der Endenergiebedarf hierzu auf die Wohnfläche zu beziehen. Sind Energieausweise verfügbar, die vor Inkrafttreten der Novelle ausgestellt wurden, sind die Endenergiekennwerte umzurechnen. Liegen keine Angaben zur tatsächlichen Wohnfläche vor, gibt die EnEV 2013 Umrechnungsfaktoren vor. Energieausweise für Wohngebäude, die nach Inkrafttreten der Novelle ausgestellt werden, enthalten den Wohnflächenbezug bereits. Sofern im Heizenergiekennwert keine Trinkwarmwasserbereitung enthalten ist, ist dieser nach EnEV 2013 vor der Umrechnung auf die Wohnfläche um 20 kwh/m²a bezogen auf die Nutzfläche zu erhöhen (vgl. http://www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/103840/publicationFile/70437/enev-nicht-amtlichelesefassung-06-02-2013.pdf). Kritisch ist von den Autoren anzumerken, dass diese Kennwerte die Summe unterschiedlicher Endenergieträger, wie z. B. Erdgas und Strom, enthalten können (siehe Ausführungen in Kapitel 4.1). Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 15 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Beispiel 1 Umrechnungsfaktoren im Rahmen der Regelung für Energieverbrauchskennwerte nach aktuell gültiger EnEV im Nichtwohnungsbau: Umrechnungsfaktoren für BWZK Ziffer Gebäudekategorie HNF NF NGF BGF 1100 Parlamentsgebäude 1,97 1,54 1,00 0,85 1200 Gerichtsgebäude 1,68 1,41 1,00 0,83 1300 Verwaltungsgebäude 1,71 1,40 1,00 0,85 1312 Ämtergebäude 1,64 1,38 1,00 0,84 1315 Finanzämter 1,62 1,41 1,00 0,85 1320 Verwaltungsgebäude (höhere techn. Ausst.) 1,75 1,33 1,00 0,86 1340 Polizeidienstgebäude 1,78 1,38 1,00 0,84 1342 Polizeiinspektionen, Kommissariate, … 1,76 1,40 1,00 0,83 1350 Rechenzentren 1,73 1,54 1,00 0,88 2000 Gebäude für wissenschaftliche Lehre 1,74 1,56 1,00 0,88 2100 Hörsaalgebäude 1,91 1,64 1,00 0,88 2200 Institutsgebäude für Lehre und Forschung 1,70 1,54 1,00 0,89 Tab. 3: Flächenumrechnungsfaktoren zur Berechnung der Energiebezugsfläche im Nichtwohnungsbau nach den „Regeln zur Ermittlung von Energieverbrauchskennwerten“ (Quelle: [11]) Beispiel 2 Umrechnungsfaktoren nach VDI 3807: Gebäudeart HNF [%] Grundschulen 59 NF [%] 66 NGF [%] WF [%] 89 BGF [%] 100 Gymnasien 54 100 Berufliche Schulen 62 100 Verwaltungsgebäude 48 61 87 100 Altenwohnheime 43 60 87 100 Kindertagesstätten 62 100 Bibliotheken 54 100 Sporthallen 68 100 Ein-/Zweifamilienhäuser 71 100 Geschosswohnhäuser 59 100 Tab. 4: Umrechnungsmöglichkeiten nach VDI 3807 (Quelle: [2]) Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 16 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Es wird darauf verwiesen, dass die Bezugsfläche hier nicht im engeren Sinne als Fläche zu interpretieren ist. Vielmehrt handelt es sich um ein funktionales Äquivalent bzw. eine Nutzungseinheit, die über eine Nutzungsart und Nutzungsintensität weiter zu definieren ist (z. B. 1 m² Grundschule, genutzt von 08.00 – 16.00 Uhr) Volumen Bei Gebäuden mit überdurchschnittlichen Raumhöhen ist ein Bezug auf das Volumen sinnvoll. Es kann unterschieden werden zwischen umbauten Raum und dem beheizten Raumvolumen in m³. Sonstige Möglichkeiten Für besondere Gebäude- und Nutzungsarten können spezifische Bezugsgrößen verwendet werden (m² Schwimmbadoberfläche, Krankenhausbett, Arbeitsplatz, Umsatz usw.). Deutlich wird ein Übergang zu Bezugsgrößen, die in einem starken Bezug zur Nutzung stehen. Nutzungsart und Nutzungsintensität wirken sich stark auf den Energieaufwand aus. Zusätzlich zu den bereits genannten Möglichkeiten kann der Energieaufwand daher zusätzlich u. a. auf folgende Größen bezogen werden: Bewohner bzw. Nutzer Vollbenutzungsstunden Personenbenutzungsstunden 4.9 Zusammenfassung und Hinweise auf Arbeitshilfen Die vorangegangen Kapitel zeigen deutlich, dass Energiekennwerte sehr gut geeignet sind, um die energetischen Eigenschaften von Gebäuden kompakt und präzise zu beschreiben. Voraussetzung hierfür ist allerdings die vollständige Dokumentation zu nutzender Energiekennwerte. Findet dies nur unvollständig oder gar nicht statt, sind Fehlinterpretationen und Missverständnisse unvermeidbar. Kapitel 6 liefert in Form einer Energiematrix und übersichtlicher Checklisten Hilfsmittel zur Vermeidung möglicher Fehler. Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 17 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info 5. Emissionskennwerte Emissionskennwerte gewinnen für eine Darstellung von Wirkungen auf die globale und lokale Umwelt im Zusammenhang mit der Bewertung der ökologischen Qualität, der Nachhaltigkeitsbewertung sowie der Nachhaltigkeitsberichterstattung an Bedeutung. Bei der Bildung und Interpretation derartiger Kennwerte müssen Randbedingungen, Systemgrenzen und Datengrundlagen beachtet bzw. detailliert beschrieben und angegeben werden. Besonders häufig werden Emissionskennwerte im Zusammenhang mit der Darstellung der Emission klimarelevanter Gase verwendet. Auf diese wird hier eingegangen. Die Ermittlung und Interpretation weiterer Emissionskennwerte, z. B. für Luftschadstoffe, ist möglich. Nachstehende Ausführungen konzentrieren sich auf die Darstellung von Emissionskennwerten für klimarelevante Gase für die Nutzungsphase mit einem Ausblick auf lebenszyklusbezogene Betrachtungen. 5.1 Zusammenhang zwischen Energiekennwerten und Emissionskennwerten Grundlage für die Ermittlung von Emissionskennwerten sind grundsätzlich Nutz- oder Endenergiekennwerte. Typisch ist die Verwendung von Endenergiekennwerten. Nutzenergiekennwerte müssen entweder in Endenergiekennwerte umgerechnet oder mit nutzenergie- und anlagenspezifischen Emissionsfaktoren verknüpft werden. Grundsätzlich gelten für die Emissionskennwerte alle Hinweise zu den Systemgrenzen, Randbedingungen, Bezugsgrößen usw., wie sie für die Energiekennwerte in Kapitel 4 beschrieben wurden. Art und Umfang der ergänzenden Informationen zum Kennwert sind daher zunächst identisch. Besonderheiten von Emissionskennwerten, die über dies hinausgehen werden in den Kapiteln 5.2 und 5.3 erläutert – vgl. hierzu auch die Checklisten in Kapitel 6. Emissionskennwerte können in folgender Form auftreten: Emissionskennwert = Emissionsmenge Bezugsgröße x Bezugszeitraum Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 18 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info 5.2 CO2-Kennwerte versus CO2-Äquivalent-Kennwerte Kennwerte zur Beschreibung und Bewertung von CO 2-Emissionen können danach unterschieden werden, ob sie sich entweder auf CO2-Emissionen konzentrieren oder die Emissionen weiterer klimarelevanter Gase einbeziehen. Bei einer Einbeziehung von klimarelevanten Gasen (Treibhausgasen bzw. Kyotogasen) werden diese in CO2-Äquivalente umgerechnet und zusammengefasst. Die folgenden Treibhausgase werden durch das Kyoto-Protokoll geregelt: Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), teilhalogenierte Kohlenwasserstoffe (HFKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW) und Schwefelhexafluorid (SF6). Neben diesen Treibhausgasen sind Stoffe wie Stickoxide (NOX), Kohlenmonoxid (CO) und flüchtige organische Verbindungen (NMVOC) treibhauswirksam. Bei der Nutzung von Emissionsfaktoren für CO2-Äquivalente ist zu untersuchen bzw. darzustellen, welche Emissionen unter Nutzung welcher Umrechnungsfaktoren in die Ermittlung einflossen. 11 Insbesondere die Emissionsfaktoren für Strom unterliegen einer hohen zeitlichen Dynamik. Es ist daher anzugeben, mit welchen Daten aus welchem Jahr gerechnet wurde. 12 5.3 Art und Umfang der Einbeziehung von Vorketten Sowohl CO2- als auch CO2-Äquivalent-Kennwerte können entweder die Emissionen am Ort des unmittelbaren Brennstoffeinsatzes am Gebäude bzw. der Erzeugung von Nah- oder Fernwärme (ohne energetische und stoffliche Vorketten) oder zusätzlich die Emissionen infolge der energetischen und stofflichen Vorketten umfassen.13 5.4 Verhältnis zu GWP und carbon footprint Die Angabe von CO2-Äquivalenten entspricht der Wirkungskategorie global warming potential (GWP) / Treibhauseffekt einer Ökobilanzierung. Üblich ist die Verwendung von Daten zum GWP 10014. Es existiert eine inhaltliche Nähe zum carbon footprint. Mit der Beschreibung des GWP in der Nutzungsphase entsteht ein partial carbon footprint als Teilaussage. 5.5 Durchschnittliche versus spezifische Emissionsfaktoren In Tabelle 5 ist die Entwicklung der Emissionsfaktoren von 1990 bis 2010 erkennbar. So ist beispielweise der Emissionsfaktor zum CO2-Äquivalent für den deutschen Strommix von 1990 bis 2010 um 148 g/kWh auf 620 g/kWh gesunken. Erneut wird daher auf die zeitliche Dynamik derartiger Werte und auf die Notwendigkeit der Angabe eines Betrachtungszeitpunktes hingewiesen. Alternativ zu Durchschnittswerten oder Rechengrößen existieren insbesondere für 11 Vgl. http://www.ago.ag/files/deeagt-services-emissionadvice-list-document.pdf, http://www.iwu.de/fileadmin/user_upload/dateien/energie/werkzeuge/kea.pdf, http://www.delta-q.de/export/sites/default/de/downloads/anlage_zum_hessischen_energiepass.pdf, http://www.gemis.de/files/doku/gemis44thg_emissionen_fossil.pdf, http://www.probas.umweltbundesamt.de/php/themen.php? 12 http://www.umweltbundesamt.de/energie/archiv/co2-strommix.pdf 13 http://www.kea-bw.de/service/emissionsfaktoren/, http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdfl/3476.pdf 14 Bezugszeitraum Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 19 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Strom, Nah- und Fernwärme spezifische Werte, die unmittelbar bei den Erzeugern abzufragen sind bzw. Datensammlungen entnommen werden können. Energieträger Gesamte CO2-äquivalente Emissionen (einschl. Vorkette) in g/kWh 1990 1995 2000 2005 2010 Braunkohle-Brikett 408 408 408 408 408 Erdgas 254 254 254 254 254 Fernwärme (Mix D) 263 263 263 263 263 Flüssiggas 278 278 278 278 278 Heizöl EL 317 317 317 317 317 Holzhackschnitzel 9 9 9 9 9 Koks 405 405 405 405 405 Rohbraunkohle 394 394 394 394 394 Steinkohle 446 446 446 446 446 Stadtgas 158 158 158 158 158 768 697 633 626 620 24 24 24 Elektroenergie Strommix D Strom aus fester Biomasse Tab. 5: Endenergiebezogene CO2-äquivalent-Emissionsfaktoren (Quelle: [12]) Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 20 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info 6. Hilfsmittel Die folgenden Hilfsmittel werden vorgeschlagen, um Systemgrenzen, Eigenschaften und Randbedingungen von Kennwerten transparent darzustellen, zu interpretieren und mögliche Fehlerquellen auszuschließen. 6.1 Hilfsmittel zur Erfassung des Energieverbrauchs (Energieaufwandsmatrix) Zur Auswertung und Interpretation gemessener Verbrauchswerte ist eine geeignete Strukturierung erforderlich. Von den Autoren wird empfohlen, dies unter Nutzung einer hierfür entwickelten „Energieaufwandsmatrix“ durchzuführen. Dabei werden Energieverbräuche, die in Zusammenhang mit verschiedenen Energiedienstleistungen (ED), wie z. B. Heizung (H), Kühlung (KE), Beleuchtung (B) etc. entstehen, verschiedenen Nutzungszonen zugeordnet (Tabelle 6). Tab. 6: Beispielhaftes Schema einer Energieaufwandsmatrix für Endenergie in einem Bürogebäude (Quelle: Darstellung der Autoren, in Anlehnung an [13]) In der hier dargestellten Energieverbrauchsmatrix lassen sich Teilenergieverbräuche (z. B. Heizung für Zone 1) eintragen und Summen bilden. Teilenergieverbräuche, die nicht direkt messtechnisch erfasst wurden, lassen sich durch Markieren („Ankreuzen“) qualitativ zuordnen. Bei der in Tabelle 6 dargestellten Endenergieaufwandsmatrix werden Energiedienstleistungen möglicherweise von verschiedenen Endenergieträgern erbracht, so dass Energiedienstleistungen mehreren Endenergieträgern (Spalten in der Tabelle) zuzuordnen sind. Summenbildungen sind nur innerhalb der Endenergieträger (z. B. Gesamtverbrauch Heizöl EL) sinnvoll und zulässig. 6.2 Checkliste für Energie- und Emissionskennwerte Die folgende Checkliste (Tabelle 7) soll anhand der vorangegangenen Ausführungen für Energiekennwerte den Anwender unterstützen, schnell prüfen zu können, ob ein Energiekennwert den Mindestumfang notwendiger Angaben enthält: Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 21 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Checkliste für Energiekennwerte ???? Gesamt- oder Teilenergiekennwert Gebäudetyp Nutz-, End- oder Primärenergie Energieträger bei Endenergie Energiedienstleistung Zone bei Teilenergiekennwert Bedarf geschätzt oder berechnet Verbrauch geschätzt oder gemessen Rechenverfahren und Hersteller/Version der Software Witterungs- und Standortbereinigung durchgeführt Trinkwarmwasser enthalten Bezugsgröße Bezugszeitraum Brutto- oder Nettoenergiekennwert Tab. 7: Mindestumfang notwendiger Angaben bei Energiekennwerten (eigene Darstellung) Die folgende Checkliste (Tabelle 8) soll anhand der vorangegangenen Ausführungen für Emissionskennwerte den Anwender unterstützen, schnell prüfen zu können, ob ein Emissionskennwert den Mindestumfang notwendiger Angaben enthält: Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 22 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Checkliste für Emissionskennwerte ???? Gebäudetyp Energiedienstleistung CO2 oder CO2-Äquivalent Energiebezug (Nutz- oder Endenergie) energetische und stoffliche Vorketten enthalten Quelle und Stand des zugrundeliegenden Emissionsfaktors zugrundeliegender Bedarf geschätzt oder berechnet zugrundeliegender Verbrauch geschätzt oder gemessen Rechenverfahren und Hersteller/Version der Software Witterungs- und Standortbereinigung durchgeführt Trinkwarmwasser enthalten Bezugsgröße Bezugszeitraum Tab. 8: Mindestumfang notwendiger Angaben bei Emissionskennwerten (eigene Darstellung) Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 23 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info 7. Ausblick Die vorliegende Veröffentlichung soll der Bau-, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft einerseits transparent und nachvollziehbar die notwendigen Hintergrundinformationen zum sicheren Umgang mit Kennwerten und andererseits in der Praxis handhabbare Checklisten an die Hand geben. Der konsequente Einsatz der vorgestellten Hilfsmittel, insbesondere der Energiematrix und der Checklisten, wird helfen, Missverständnisse und Fehlinterpretationen zu vermeiden. Die Autoren plädieren dafür, den Einsatz dieser Hilfsmittel nachdrücklich voranzutreiben. In einem weiteren Schritt wird es notwendig sein, den beteiligten Akteuren ein Gefühl für die auftretenden Größenordnungen von Energie- und Emissionskennwerten zu vermitteln. Hierzu soll diese Veröffentlichung um einen zweiten Teil ergänzt werden, der konkrete Kennwerte liefert. Unabhängig von komplexen, zeitaufwendigen Berechnungsverfahren, wie sie beispielsweise in der aktuellen Energieeinsparverordnung angewendet werden, sollen u. a. Teilenergiekennwerte für Nutzungszonen und Energiedienstleistungen angeboten werden. Somit soll dem Planer bereits in frühen Planungsphasen die Möglichkeit gegeben werden, den Energiebedarf des geplanten Gebäudes mit der Auswahl und Zusammenstellung von Teilenergiekennwerten hochzurechnen („Kennwerte-Baukasten“). Haushaltsstrom im Wohnungsbau, elektrischer Energiebedarf für die allgemeine Haustechnik (wie z. B. Aufzüge) im Wohnungs- und Nichtwohnungsbau sowie für nutzerspezifische IT-Technik werden in der aktuellen Energieeinsparverordnung nicht berücksichtigt. Es ist davon auszugehen, dass dies auch in der erwarteten Novelle der Energieeinsparverordnung nicht der Fall sein wird. 15 Damit werden voraussichtlich auch die Bilanzgrenzen der zugrundeliegenden Berechnungsmethoden nicht erweitert. Zur Planung von Gebäuden mit ausgeglichener oder positiver Energiebilanz ist dies jedoch unerlässlich. So werden beispielsweise im „Energie- und CO2-Bericht Bundesliegenschaften 2012“16 als Handlungsempfehlungen zur Reduzierung des elektrischen Energiebedarfs und der damit verbundenen Emissionen neben dem Einsatz tageslicht- und präsenzgesteuerter Beleuchtungstechnik der Einsatz hocheffizienter IT-Technik bei Erstanschaffung und Ersatz empfohlen. Eine Erfolgskontrolle wird jedoch letztlich nur möglich sein mit plausibler Zuordnung zur jeweils vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahme durch die Erweiterung und Angleichung der Bilanzgrenzen einerseits für die realitätsnahe Verbrauchsvorhersage und andererseits für das spätere Energieverbrauchsmonitoring im laufenden Gebäudebetrieb. 15 http://www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/103840/publicationFile/70758/enev-nicht-amtlichelesefassung-06-02-2013.pdf 16http://www.bbsr.bund.de/nn_321348/BBSR/DE/Bauwesen/EnergieKlima/Energiebeauftragter/Berichte/Energi ebericht2012, templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Energiebericht2012.pdf Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 Seite 24 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Anhang Energetische Bilanzierung und Bewertung im Nichtwohnungsbau (eigene Darstellung) Bewertungsebene Bilanzgrenzen Bewertungsumfang für Nichtwohngebäude Hilfsenergie fest eingebaute (Strom) Beleuchtung O O O O O X X X O O O berücksichtigt in... Primärenergie O O X O Trinkwarmwasserbereitung O O X O Endenergie X X X O X X X O X X O X X X O X X X O O X O ▲ X X O EnEV2 Passivhaus Projektierungs Paket Netto-Null-Energie-Standard Plus-Energie-Haus-Niveau Nutzenergie X O X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X ▲ X X X EnEV2 Passivhaus Projektierungs Paket3 Netto-Null-Energie-Standard4 Plus-Energie-Haus-Niveau5 Raumheizung X O ▲ Kühlung O X O allgemeine Haustechnik ▲ O X O EnEV Passivhaus Projektierungs Paket Netto-Null-Energie-Standard Plus-Energie-Haus-Niveau Haushaltsgeräte 2 1,2 wird in der Bilanzierung berücksichtigt gilt zusätzlich als höchstzulässiger Anforderungswert im Energiekonzept nicht vorgesehen im Gebäude i.d.R. vorhanden, aber nicht bewertet ) aktuelle Energieeinsparverordnung 2009 3 ) www.passivhaus.de 4 ) vgl. Voss, K., Musall, E., 2011 [16] 5 ) www.bmvbs.de Energetische Bewertung im Wohnungsbau (eigene Darstellung) Bewertungsebene Bilanzgrenzen Bewertungsumfang für Wohngebäude Hilfsenergie fest eingebaute (Strom) Beleuchtung O O ▲ O O X X X O O O berücksichtigt in... Primärenergie O O X O Trinkwarmwasserbereitung O O X O Endenergie X X X O X X X O X X O X X X O ▲ X X O ▲ O X O ▲ X X O EnEV1 Passivhaus Projektierungs Paket Netto-Null-Energie-Standard Plus-Energie-Haus-Niveau Nutzenergie X O X X X X X X X X X X X X X ▲ X X X ▲ X X X ▲ X X X EnEV1 Passivhaus Projektierungs Paket3 Netto-Null-Energie-Standard4 Plus-Energie-Haus-Niveau5 Raumheizung X O ▲ Kühlung wird in der Bilanzierung berücksichtigt gilt zusätzlich als höchstzulässiger Anforderungswert im Energiekonzept nicht vorgesehen im Gebäude i.d.R. vorhanden, aber nicht bewertet Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 23. Mai 2013 ▲ O X O allgemeine Haustechnik ▲ O X O EnEV Passivhaus Projektierungs Paket Netto-Null-Energie-Standard Plus-Energie-Haus-Niveau Haushaltsgeräte 1 1,2 ) aktuelle Energieeinsparverordnung 2009 3 ) www.passivhaus.de 4 ) vgl. Voss, K., Musall, E., 2011 [16] 5 ) www.bmvbs.de Seite 25 von 26 EnOB-Fachartikel, www.enob.info Literaturhinweise [1] Neumann, C.; Herkel, S.: Leitfaden für das Monitoring der Demonstrationsbauten im Förderkonzept EnBau und EnSan. Freiburg 2006. [2] VDI: Energie- und Wasserverbrauchskennwerte für Gebäude - Grundlagen (2007) 3807-1. [3] VDI: Verbrauchskennwerte für Gebäude, Heizenergie-, Wasser- und Stromverbrauchskennwerte (2012) 3807-2. [4] VDI: Energieverbrauchskennwerte für Gebäude, Teilkennwerte thermische Energie (2012) 3807-5. [5] Unholzer, M.; Bartels, D.; Lützkendorf, T.; Spars, G.: Energiekonzepte und ihre Auswirkungen auf ausgewählte Nutzungskosten von EnOB-Bürogebäuden. Wien 2010. [6] Unholzer, M.; Bartels, D.; Lützkendorf, T.; Spars, G.: Investitions- und Baunutzungskosten energieoptimierter Gebäude. In: DETAIL Green (2011) 02/11, S. 84–88. [7] DIN EN: Energieeffizienz von Gebäuden - Gesamtenergiebedarf und Festlegung der Energiekenwerte (2008) 15603. [8] SIA: Energieausweise für Gebäude (2007) 2031. [9] DIN: Energetische Bewertung von Gebäuden (2011) 18599-1. [10] DIN: Energetische Bewertung heiz- und raumluftechnischer Anlagen (2003) 4701-10. [11] Bekanntmachung der Regeln für Energieverbrauchskennwerte im Nichtwohngebäudebestand 2009. [12] Thamling, N.; Weinert, K.; Claaßen, T.: Wissenschaftliche Methodik zur Ermittlung der CO2- Emissionen in Bundesliegenschaften im Jahr 1990, Endbericht 2012. [13] Leitfaden Elektrische Energie im Hochbau (LEE). Darmstadt 2000. Thomas Lützkendorf und Matthias Unholzer, 17. Mai 2013 Seite 26 von 26