111 gründe, poker zu lieben

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111 gründe, poker zu lieben
111 GRÜNDE, POKER ZU LIEBEN
UDO GARTENBACH
111 GRÜNDE,
POKER
ZU LIEBEN
Eine Liebeserklärung an das
faszinierendste Kartenspiel der Welt
SCHWARZKOPF & SCHWARZKOPF
INHALT
WELTMEISTERLICHES VORWORT . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1. MEHR ALS NUR EIN SPIEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Weil einer der besten Spieler der Welt mir die Worte aus dem
Mund nimmt  Weil Poker für alle da ist  Weil es mehr als nur ein
Spiel ist  Weil es echte, wahre, reine, unverfälschte und pure Liebe
ist  Weil es schon der Kaiser von China gespielt hat  Weil Poker
eine fantastische Mischung ist  Weil man anregende Bekannt­
schaften macht  Weil 52 Karten besser sind als 15 Kegel  Weil
es die einzige seligmachende Glaubensgemeinschaft ist  Weil es
eine Schule fürs Leben ist
2. DAS ABSOLUTE FASZINOSUM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Weil wahrscheinlich die Wahrscheinlichkeit heute mal wieder un­
wahrscheinlich sein wird  Weil man schon am Anfang alles falsch
machen kann  Weil es aus lauter Aberglaube dieses Kapitel nicht
gibt  Weil man immer 50 Prozent hat  Weil es kein Glücksspiel
ist  Weil es ein absolutes Faszinosum ist  Weil ich auf dem Flop
noch die Nuts hatte  Weil es nur im Atlantischen Ozean mehr
Fische gibt – und in der Nordsee  Weil es total einfach ist ein
Turnier zu gewinnen  Weil es nie langweilig wird
3. QUADRATUR DES KREISES . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Weil es die einzig wahre gemeinsame Welt ist  Weil es süße kleine
Paare gibt  Weil wir es zum umjubelten Mainstream gemacht
haben – Avantgarde war gestern  Weil wir nur hier voll tilten
können  Weil schlecht gepokert immer noch besser ist als gut
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gegessen  Weil Poker die Quadratur des Kreises schafft  Weil
es ohne Poker dieses Buch nicht geben würde  Weil es einfache
Psychologie ist  Weil ich zumindestens beim Rebuy schon richtig
gut bin  Weil dir Nadal auf dem Tennisplatz den Arsch versohlen
würde
4. DIE VARIANZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
Weil nach dem Flop vor dem Fold ist  Weil es die variantenreichste
Varianz überhaupt ist  Weil 8–4 der Geburtstag meiner Katze ist 
Weil Poker die Königsdisziplin ist  Weil wir so herrlich politisch
unkorrekt sind  Weil wir es nie, never, niemals lernen werden 
Weil es kaum eine schönere Selbstbefriedigung gibt  Weil nicht
nur beim Kamasutra die Position wichtig ist  Weil auch Luca und
Eugene es lieben
5. MAN KANN NICHT IMMER GEWINNEN . . . . . . . . . . . . . . 111
Weil Anfängerfehler auch Fortgeschrittenen passieren  Weil
Scheitern dazugehört  Weil man es immer und überall spielen
kann  Weil Chips die Währung von heute sind  Weil 7–2 offsuit
eine sensationelle Hand ist  Weil ein Bad Beat wie ein Latten­
treffer sein kann  Weil Poker meine Insel ist  Weil es keine Klei­
derordnung gibt  Weil es Magie ist
6. HERRLICH VERRÜCKT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
Weil ich dabei meine Verrücktheiten ausleben kann  Weil ich
sowieso schon committed war  Weil wir alle so herrlich bescheuert
sind  Weil es einfach kompliziert ist  Weil es mindestens 139 Mei­
nungen zu ein und derselben Hand gibt – und alle sind irgendwie
richtig  Weil es manchmal ein schmerzhaftes Vergnügen ist  Weil
man beim Pokern abschalten kann wie bei sonst nichts auf dieser
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Welt  Weil ich immer calle – auch für Fold Equity  Weil Gewin­
nen nicht alles ist – es kommt auch darauf an, den Gegner richtig
zu zerstören  Weil es sozialistischer Kommunismus in Reinform
ist  Weil es nichts Geileres als einen gelungenen Bluff gibt
7. MEHR ALS NUR EIN FLIRT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
Weil man im Ausland selten die Bad-Beat-Storys versteht  Weil
niemand außer uns weiß, was ein »Aggressive ABC Bluff limper in
Early Position« bei einem »6-handed Freeroll« bedeuten soll  Weil
wir sonst nicht wüssten, was wir heute Abend machen könnten 
Weil wir es uns nicht verbieten lassen – von niemandem  Weil es
mehr als nur ein Sommerflirt ist  Weil wir uns Träume erfüllen 
Weil es wissenschaftliche Thesen fördert  Weil wir alle Verdrän­
gungskünstler sind  Weil es der schönste Krieg auf Erden ist  Weil
nicht alle Begriffe jugendfrei sind  Weil auch Fatima und Liv mit
Herz dabei sind  Weil es viel Philosophie ist
8. DIE ASSE – IMMER WIEDER DIE ASSE . . . . . . . . . . . 205
Weil der Bettnässer das gecallt hat, obwohl er es niemals hätte
callen dürfen  Weil wir Pokerspieler viele Sachen niemals sagen
würden  Weil die Asse als Starthand sensationell sind  Weil die
Asse als Starthand scheiße sind  Weil es keinen Pokergott gibt 
Weil auch Verlierer mal gewinnen  Weil Poker kein Pferderennen
ist  Weil man sich nicht die Hände waschen muss, wenn man die
Arschkarte gezogen hat  Weil sie suited waren
9. SCHNEEMÄNNER IN LAS VEGAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
Weil Las Vegas mitten in Wanne-Eickel liegen kann – oder im
Gewerbegebiet in Stuttgart  Weil die Herzdame so ein Schnu­
ckelchen ist  Weil es total einfach ist, ins vierte Level zu kom­
6
men  Weil es sozial ist  Weil man gleichgesinnte Freunde fürs
Leben findet  Weil Poker das Karpaltunnelsyndrom fördert
 Weil es das Bayern München der Kartenspiele ist  Weil es
Schneemänner nicht nur im Winter gibt  Weil es gelebte Barm­
herzigkeit sein könnte
10. HERZ IST KEIN TRUMPF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
Weil Herz kein Trumpf ist  Weil mich die Augen von Katja Tha­
ter voll getroffen haben  Weil es Jammern auf hohem Niveau ist
 Weil man auch Frauen schlagen darf  Weil wir von Wilhelm
Tell lernen können  Weil Dealer auch nur Menschen sind  Weil
man mit uns lachen kann – und über uns  Weil es eine tatsäch­
liche Sportart ist  Weil auch Jason und Barry dem Spiel ver­
fallen sind – in Lust und Leidenschaft  Weil der Straight Flush
einen schlechten Kicker hat  Weil wir niemals damit aufhören
­können – und auch nicht wollen
11. MENSCH ÄRGERE DICH NICHT BEIM POKER . . . . . . . 261
Weil man Spielsituationen und Handverläufe in epischer Breite
erleben und erzählen darf  Weil man nie wirklich unterlegen
ist – und weil man mit Poker auch helfen kann  Weil es offen
für fernöstliche Weisheiten ist  Weil ich auch in der Karibik
mental fit bleiben kann  Weil uns eine platonische, fast schon
künstlerisch anmutende Hassliebe verbindet  Weil es geiler ist
als Mensch ärgere Dich nicht  Weil es nicht süchtig macht – sagt
mein Therapeut  Weil man Nichtsuitednonconnectors so herrlich
raisen kann  Weil es im Prinzip kein Mensch braucht  Weil es
eine schöne Disziplin zwischen Realität und Wunschdenken ist 
Weil es auch morgen wieder ein Spiel gibt
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WELTMEISTERLICHES VORWORT
VON JAN-PETER JACHTMANN
Welch eine besondere Ehre. Der überaus sympathische, »grenzgeniale« Udo Gartenbach bittet mich, das Vorwort für sein neues
Buch zu schreiben. Nun, die Grenzen zwischen Genie und Wahnsinn liegen bekanntlich ja oft sehr nah beieinander. Udo hatte in
der Vergangenheit schon viele Ideen, gute wie schlechte, kreative,
skurrile und verrückte. Aber die Idee für dieses Buch war definitiv
eine seiner besten. 111 Gründe, Poker zu lieben – bei diesem Titel
musste man nicht lange bitten; da bin ich mit Hingabe bei der Sache
und trage gerne etwas dazu bei.
Es gibt wohl kaum eine Spiel- oder Sportart, die so kritisch und
voller Vorurteile betrachtet wird wie Poker. Das HinterzimmerImage und das Klischee von zockenden Gestalten aus dem Halbweltmilieu konnte Poker leider immer noch nicht ganz loswerden.
Obwohl sich in den vergangenen Jahren schon viel getan hat und
auch viele Prominente sich zu diesem Hobby bekannt haben, wird
man häufig noch schräg angesehen, wenn man angibt, ernsthaft
und leidenschaftlich Poker zu spielen. Meistens kommt danach die
Frage, ob denn um echtes Geld gespielt werden würde. Wahrheitsgemäß antworte ich: »Ja. Manchmal sogar um sehr viel.« Danach
versuche ich meistens zu erklären, dass Poker ohne echtem Einsatz
mit respektablem Gewinn- oder Verlustpotenzial nicht funktioniert. Das können viele nicht nachvollziehen; die Pokerwelt ist halt
eine eigene.
Ich möchte hier die besondere Gelegenheit nutzen und alle
pokerinteressierten Männer und Frauen dazu aufrufen, eure Leidenschaft für Poker öffentlich zu bekunden. Bekennt euch, steht
dazu und habt sozusagen euer Poker-Coming-out. Wie Klaus
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Wowereit, der damals als Regierender Bürgermeister von Berlin
ausrief »Ich bin schwul und das ist auch gut so«, so nehmt ihr mit
dem Statement »Ich spiele Poker und das ist auch gut so« vielen
Skeptikern den Wind aus den Segeln. Ihr seid nicht allein, es gibt
Millionen Gleichgesinnte, die das Spiel genauso lieben.
Poker war für mich schon immer das Geilste! Das habe ich lange
vor dem Boom, der Pokerwelle, die etwa ab 2005 aus Nord­amerika
zu uns überschwappte, gewusst. Das Spiel hat mich schon seit
Mitte der 90er-Jahre fasziniert. Ich bin damit ein echtes Urgestein
der deutschen Pokerszene. Damals gab es nur die Möglichkeit, in
Casinos zu pokern. Der Spielerkreis war klein und es wurde fast
ausschließlich die Variante 7 Card Stud gespielt. Größere Turniere
konnte man in Deutschland und Österreich an einer Hand abzählen. Dann kamen die amerikanischen TV-Poker-Formate, die
ausschließlich No Limit Texas Hold’em präsentierten; die Variante
war am einfachsten für den Zuschauer nachzuvollziehen und am
schnellsten für Neueinsteiger zu erlernen. Die Texas-Hold’em-Epidemie verbreitete sich rasend schnell und weltweit gab es auf einmal Millionen neuer Pokerspieler. Seitdem ist No Limit Hold’em die
Pokervariante Nummer eins, vor allem im Turnierpoker. Der Trend
bei den Cash Games geht aber momentan wieder zu den anspruchsvolleren und abwechslungsreicheren Pokervarianten wie Pot Limit
Omaha oder Mixed Games.
Poker ist für mich eine coole Mischung aus Strategie, Mathematik, Psychologie, Nervenstärke, Menschenkenntnis und Varianz
der Karten. Ein faszinierendes Zusammenspiel von Glück und Geschick.
Also, liebe Pokergemeinde, lasst uns das halbseidene Image von
Poker vergessen machen und steht zu eurem Poker-Coming-out.
Wir sehen uns an den Tischen!
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JAN-PETER JACHTMANN
Pot-­Limit-­Omaha-­Weltmeister 2012 und
Chefredakteur der Zeitschrift Pokerblatt
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MEHR ALS NUR
EIN SPIEL
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Weil einer der besten Spieler der Welt
mir die Worte aus dem Mund nimmt
DANIEL NEGREANU
Team PokerStars Kanada
Neulich, in Las Vegas. Daniel nimmt sich Zeit für einen Latte
Macchiato und redet. Mit mir. Über das Wetter, über Las Vegas,
über Wohnen im Luxuswohnmobil direkt vor dem Casino. Aber
auch über Omaha, 7 Card Stud und attraktive Dealerinnen. Und
über den Spaß, den auch einem Weltklassespieler wie ihm das
Pokern immer noch macht. Wir reden über die Lust und die Faszination, die dieses Spiel ausstrahlt. Über das extreme Wachstum
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dieses Spiels. Über die Vergangenheit und über eine mögliche
Zukunft. Wir bestellen noch einen Latte Macchiato und reden
weiter. Über den Zauber von Poker, über das Kennenlernen neuer
Menschen aus allen Nationen und über den niemals endenden
Lernprozess.
Zusammengefasst erklärt er mir dann in einem einzigen Satz
seine Liebe zu diesem Spiel: »I’ve always been a competitive person
and poker is a fair game for all, an even playing field that doesn’t
discriminate based on age, gender, race or even body type.«
Ja, schöner und besser hätte ich es nicht ausdrücken können.
Danke, Daniel. Der Kaffee geht auf mich.
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Weil Poker für alle da ist
Kein anderes Spiel, keine andere Freizeitbeschäftigung, kein anderes Hobby und kein anderer Beruf hat es geschafft, alle Menschen
so zu vereinen wie Poker. Wirklich alle Menschen. Quer durch alle
Alterssparten und soziale Schichten.
Die alten Klischees wie Hinterzimmer, Pistolen auf dem Tisch,
gezinkte Karten und leichte Frauen, die ihren Körper für ein paar
Chips verkaufen, sind Geschichte. Und werden nur noch in schlechten Kinofilmen erzählt.
Heute ist es eine seriöse, unterhaltsame und ernst zu nehmende
Beschäftigung für so ziemlich jeden geworden. Für Jung und Alt,
für Doris und Peter, für Legastheniker und Vorstandsvorsitzende,
für Klaus, Dirk, Ralph und Robert. Aber natürlich auch für Claudia,
Anja, Anke, Uschi und Michaela. Die übrigens bis letztes Jahr noch
Michael hieß.
Poker ist für alle da. Für Blöde und total Verdummte. Für Einser­
abiturienten und Volksschulabbrecher. Für Horst und seine Nach15
barin. Für Johann und seinen Bewährungshelfer. Aber auch für
Chantal und ihren Stammfreier. Für Nonnen und Nachwuchsluder.
Für Priester und deren Ministranten. Amen. Für Willi und Kevin,
für Mike und Aaron. Aber natürlich auch für Nathalie, für Elke und
sogar für meine Großtante mütterlicherseits.
Poker vereint alle Menschen. Egal, ob schwarz, weiß oder gelb.
Oder leicht gebräunt. Egal, welcher Religion oder politischen Ideologie angehörig. Für alle Augenfarben, für alle Haarfarben und für
alle Ohrengrößen. Für Menschen mit schlechter Frisur genauso
wie für Glatzköpfe. Für Metzger, Obstfachverkäufer, Professoren.
Für Klempner, die nach dem Rohrverlegen schnell ein Ründchen
spielen. Für die Hausfrau, die ihrem Kind gerade das Essen nicht
aufwärmen kann, weil sie online in der Bubble-Phase ist. Für
den Bankdirektor, der seinen Downswing aus dem Kundensafe
­reguliert.
Für Feinsinnige und Grobmotoriker. Für Svetlana. Ja, Poker
ist für alle da. Für Jean-Pierre, für Matthias und für Mathias mit
nur einem »t«. Für Oscar, für Karl, für Eva und sogar für Maria.
Und für Adam. Für Brad, für Angelie, für Jennifer, für Heidi, für
Johnny den Depp und für Charlize. Natürlich auch für David,
Naomi, Penélope und für Gisele, Kate, Pamela. Sogar für Boris.
Und für Lothar. Und für Stephan und Miranda. Für Justin und für
Til. Für Daniel, für den Paketboten, für George und Ashton. Und
für die extrem süße Optikergehilfin. Sogar für Engländer. Und für
Frauen mit leichtem Dreitagebartwuchs über der Oberlippe. Und
für Zehntklässler männlichen Geschlechts, die noch kein einziges
Haar irgendwo haben. Sogar für Sven und Svenja, für Irina, Alexej,
Igor und Ljudmila. Für Jürgen und seine Dauerverlobte. Für Lea
und Lucas, für Sarah und Hugo. Den Boss. Für Poppy und Stevie,
Scarlett und Mohammed. Für Lucy, Harry und Sally.
Für FDP-Wähler und sonstige Minderheiten. Für Rapper und
sonstige Sprachbehinderte. Für Schlagerfreunde und sonstige
­Geschmacksverirrte.
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Für Anlagentechniker und Anlagebetrüger, für Piloten und Stewards, Betonbauer und normale Bauern, für Chemielaboranten
und Yogalehrer. Sogar für Opelfahrer und Frauenfußballversteher,
für Weißweinschorletrinker und Hamsterzüchter. Für kleinwüchsige Fernsehmoderatoren, für Linksträger, für Freunde von linksdrehendem Joghurt und für Rechtsaußen. Für Strategen und für
Nichtspeiler.
Für Singles, Singles aus Überzeugung, Geschiedene, Verheiratete, die bald wegen übermäßigem Poker geschieden werden, für
Witwen und für Menschen, die noch nie Geschlechtsverkehr hatten. Und sogar für Fremdgeher.
Für Gesunde und für Kranke. Für Menschen mit Grippe, Heuschnupfen und eingewachsenen Zehennägeln. Sogar für Alektorophobiker, Menschen, die Angst vor Hühnern haben. Und für
­Anthrophobiker, Menschen, die sich vor Blumen fürchten. Oder die
Bathonophobiker, mit ihrer Angst vor Pflanzen. Auch die Chaeto­
phobiker lässt Poker nicht alleine, hier wird es allerdings mit der
Angst vor Haaren etwas schwierig; es sei denn, der Dealer setzt sich
einen Fahrradhelm auf.
Auch für Dendrophobiker, Leute die tatsächlich Angst vor Bäumen haben. Vom Wortstamm nicht zu verwechseln mit Dento­
phobiker. Das bin ich. Ich habe tierisch Angst vor dem Zahnarzt.
Ein Enophobiker bin ich hingegen nicht – Wein flößt mir keine
Angst ein. Und auch die Gymnophobie hat mich noch nicht ereilt,
die Angst vor Nacktheit. Poker ist aber auch für die behandelnden
Ärzte und die Sachbearbeiter bei den Krankenkassen da.
Poker ist für alle da. Poker macht alle glücklich. Den Koch, den
Gast, den Menschen vom Gewerbeaufsichtsamt, den Makler, den
schlecht bezahlten Schreiber, das gut bezahlte Aktmodell, die Hausfrau, den Hausmann, den Nikolaus, wenn es den dann tatsächlich
geben sollte, und den Osterhasen (Einschränkung bei ihm: siehe
Nikolaus). Ja, Poker ist für alle da. Für mich. Und für dich.
Ja, Poker ist für alle da. Sogar für Vegetarier.
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3
Weil es mehr als nur ein Spiel ist
Poker hat eine nicht vorhersehbare Entwicklung genommen. Die
Geburt des Spiels liegt lange zurück. Das Spiel selbst ist eine Variation von diversen Spielen.
Schon im 19. Jahrhundert, von Siedlern nach New Orleans gebracht, wurde Poker sehr schnell zu einem der beliebtesten Gesellschaftsspiele in den Vereinigten Staaten. Auch wenn es anfänglich
wie beispielsweise in Nevada verboten wurde, weil es als Wett- und
Glücksspiel eingestuft war, erkannten die rechtlich Verantwort­
lichen dort, dass Poker dann letztendlich doch viel mehr ist und
Strategie, Psychologie, Mathematik und von Geschicklichkeit beinhaltet. Und auch die zunehmende Popularität sowie der wirtschaftliche Anteil von Poker in den Casinos trugen dazu bei, die
Gesetze zu ändern. So wurde Poker 1931 legalisiert.
Poker ist auch mehr als nur ein Spiel. Es beinhaltet in seiner Umsetzung viele Aspekte des tatsächlichen Lebens. Wie im Leben geht
es auch beim Pokern darum, richtige Entscheidungen zu treffen.
Die richtigen Informationen zu sammeln, diese zielgerichtet einzusetzen und zum richtigen Zeitpunkt zuzuschlagen.
Poker wie auch das Leben verpflichtet uns, aktiv zu werden. Wer
nur abwartet, wird das gesetzte Ziel nie erreichen. Das Heft müssen
wir schon in unserer eigenen Hand halten.
Auch im Leben selbst müssen wir auf unsere Instinkte hören.
Das ist beim Poker nicht anders. Wir müssen an uns arbeiten, müssen unsere Instinkte überprüfen, müssen diese auf uns und unsere
momentane Situation umsetzen. Und auch Strategie und Geschick
sollten wir im Privat- sowie Berufsleben durchaus haben. Und daran arbeiten.
Wie auch im richtigen Leben sollten wir uns nur selten bis gar
nicht in die Karten schauen lassen.
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Poker ist ein ausgezeichneter Lehrer. Es bestraft uns sofort,
direkt und unmittelbar für unsere Fehler, für unsere Unaufmerksamkeiten und wir müssen wieder mal draußen vor der Tür in der
Ecke stehen. Mit dem Kopf zur Wand und dürfen nicht weiter am
Unterricht teilnehmen. Dieses schnelle und eindeutige Feedback,
diese drastische Bestrafung unserer eigenen Unzulänglichkeit aber
lässt uns lernen. Schnell lernen und begreifen. Error. Und Poker
lässt uns so auf eine direkte Art und in einer rasanten Weise weiterentwickeln. Persönliche Qualitäten werden entwickelt, eigene
Fähig­keiten werden ausgebaut und Entscheidungen sind einfacher,
schneller zu treffen. Dies gilt für viele Aspekte des Lebens, nicht
nur am Kartentisch. Wir lernen dank Poker besser, schneller und
eindeutiger zu analysieren, und ebenfalls eindeutiger und klarer,
unsere Entscheidungen zu treffen.
Poker kann man also durchaus als Lehre für das Leben bezeichnen, auch dies ist einer der faszinierenden Aspekte und somit einer
der Gründe für die Verehrung dieses Kartenspiels, welches mehr als
nur ein simples Kartenspiel ist. Poker lässt uns, es zwingt uns sogar,
in uns selber hineinzuhorchen, in uns hineinzublicken, um daraus
Schlussfolgerungen zu ziehen.
Schon in der allerersten Begegnung verzaubert uns Poker und
nimmt uns gefangen in seine spielerische Kompetenz, in seinen komplexen Charakter. Jahrelanges unerfülltes Verlangen wird gestillt. Die
Vergangenheit mit einsamen Sehnsüchten ist Geschichte, wenn wir
Poker gefunden und in all seinen Facetten für uns entdeckt haben.
Auch wenn es sich extrem kitschig anhören mag, und auch wenn die
armen, armen Menschen, die kein Poker spielen, es nicht verstehen
werden und uns möglicherweise dafür belächeln – aber Poker nimmt
uns an die Hand, führt uns in Abenteuer, in neue Länder, lässt uns
neue Menschen kennenlernen, verschafft uns Momente voller Wahrhaftigkeit. Momente, an die wir uns noch Jahre später erinnern.
Man kann nur schwer bis unmöglich Nichtpokerinfizierten diese
Leidenschaft, vor allem aber den inneren Wert von Poker erklären.
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Ihnen verständlich machen, dass Poker in der Tat viel, viel mehr
ist als nur ein simples Beisammensein und Wegbluffen. Poker in
seiner Bedeutung für das zwischenmenschliche Miteinander, als
kausale Ursache für eine wahrhafte Gemeinschaft muss man selber
erlebt haben. Dann wird man feststellen, dass es nicht ein ordinäres
Spiel mit bedrucktem Plastik ist, sondern eine Faszination bietet,
der man sich nur schwer entziehen kann. Poker nimmt uns mit auf
eine Reise durch alle Emotionen, die wir durchleben können. Es
nimmt uns mit auf einen Trip der Leidenschaft, der unterschiedlichen Gefühle, die wir allesamt verarbeiten müssen. Eine aufrichtige
Begegnung mit unterschiedlichsten Reizen, aber auch mit Kraft und
Anmut. Schönheit und Intellekt. Ohne Stagnation.
Poker ist wie Kunst. Moderne Kunst. Die sich ebenso wie der
dafür bestehende Markt stetig wandelt. Vorbei die Zeiten des nostalgischen Konservatismus als reines Kartenvergleichen; heute ist es
eine radikale, progressive Kraft. Als Kunstform und als Wirtschaftsfaktor. Mit innovativen, kompromisslosen Künstlern.
Das Pokerspiel drängt vor in neue, bestaunenswerte Welten.
Viele Betrachter und Kunstkenner stehen verblüfft vor der Leinwand. War es früher noch ein Landschaftsgemälde mit Hirschen,
Bergseen und der untergehenden Sonne, so hat es sich gewandelt
zu einer modernen Skulptur, die neue Elemente beinhaltet, die teilweise erklärungsbedürftig ist und die dennoch jeden Kunstinteressenten in seinen Bann zieht. So wie die großen Hunde von Jeff
Koons oder die Vervielfältigungen eines Andy Warhols oder auch
die reduzierten Arbeiten von Gerhard Richter.
Die Jungen Wilden sind wieder aufgetaucht, die Leipziger Schule
hat wieder eröffnet. Trotzdem durchzieht auch deren Kunstwerke
ein Hauch von Romantik, eine Verspieltheit. Casinos wandeln sich
zu Kunsthallen, Turniere zu Ausstellungen und die Spieler zu umjubelten Kunstschaffenden. Vitale, inspirative und in ihren äußerlich dargestellten Ausdrucksformen ungebändigte Künstlernaturen.
Klassische Künstlerbündnisse finden zusammen, um das Spiel neu
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zu gestalten, um mit Gleichgesinnten die Kunst zu revolutionieren. Wahre Gegenwartskünstler, statt Pinsel nun mit Chips, die
sich substanziell mit der kreativen, schöpferischen Erscheinung
des Spiels beschäftigen. Poker verleitet dazu, auch deshalb ist es
mehr als nur ein Spiel. Sein Klassizismus stilisiert bis zur Perfektion,
welches auch die klassisch daherkommende Kunst als einen der
wichtigsten Werte beherbergt.
Collagen und Installationen, Skulpturen, bewegte Kunst oder
Gemälde. Wie die Kunst ist auch Poker ein multioptionales Feld der
Betätigung, der künstlerischen Entfaltung. Anders als die Gemälde
eines Gerhard Richters ist Poker als Kunstform nicht konfliktfrei,
nicht überraschungsarm. Nicht diffus, trotzdem bedeutend. Man
kann sich nie zurücklehnen und sich bei der Betrachtung fallen
lassen. Mit neoliberalem Denkansatz, verankert in der Geschichte,
dennoch auf immer neuen Wegen. Eigene Wege, um Spuren zu
hinterlassen. Spektakel und Spekulation, Popularität und ein großer
Farbklecks Relevanz, mit dem Zeitgeist vermischt. Poker nicht als
Kunstform der Wohlfühloasen, sondern als Wagnis einer künstlerischen Fantasie; mit einem Eigenwillen und einer ästhetischen
Umsetzung. Ein großartiges Bild entsteht.
Poker ist aber auch wie unser täglich Brot. Und wie ein gelungenes Mahl ist es auch sättigend, für Körper und Geist. Mit allen
Gefahren, aber auch allen Genüssen. Es weckt eine unbefriedigte
Sehnsucht nach Freude, Liebe und harmonischem Gefangensein.
Es befriedigt diese Sehnsucht aber auch.
Ebenso wie ein gelungenes Essen in der Familie ist auch bei
Poker die soziale Komponente immer noch unterbewertet. Essen
ist mehr als reines satt werden, Poker ist mehr als ein reiner Zeitvertreib. Drei-Sterne-Genuss mit ausgewählten, perfekt korrespondierenden Weinen. Poker als Lebensart. Als Einstellung. Mit
lustigem Gemüse und veganen Hackbällchen. Die Messer sind
gewetzt, der Braten kann geteilt werden. Oder wir machen uns
eine Dose Ravioli auf. Jeder Koch sagt aus, dass sein Beruf kein Be21
ruf ist, sondern mit Leidenschaft umgesetztes Hobby. So ist Poker
auch. Guten Appetit.
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Weil es echte, wahre, reine,
unverfälschte und pure Liebe ist
Es ist Liebe. Tiefe, echte Liebe. Poker ist Wärme und Geborgenheit.
Sinnlichkeit und Stärke. Poker ist mein starker Partner. Ja, Poker,
wir sind wie Strand und Meer. Wie Deckel und Topf, wie Arsch auf
Eimer. Wobei du der Eimer bist.
Ja, Poker, du bist leckerer als jede Schokolade. Du bist sinnlicher
als Schokolade und weckst meinen Ero-Tick und meinen Egotrip.
Ja, du mein Poker, wir sind nicht nur eine Idee, wir beide sind eine
Zustandsbeschreibung. Erlebnisse mit Risiko; herrliche Momente
der absoluten Verrücktheiten. Wir sind verwegen. Verwegen auf
unseren Wegen. Hin zu gemeinsamen Zielen. Wir beide sind das
Ziel. Schon irgendwie angekommen, und trotzdem wartet noch
eine lange Reise auf uns. Atemberaubende Expeditionen. Ohne
Routine, ohne Langeweile. Lass uns gemeinsam den Himmel erreichen. Dank dir ist in meinem Himmel der Teufel los.
Ja, Poker, du hast mich gefunden. Lieber zwei Jahre zu früh als
vier Stunden zu spät. Du gibst mir Nähe. Ohne Enge. Du gibst mir
Zauber. Ohne Ende. Und Herz ohne Schmerz. Wir sind wie Eva und
der Adam, nur ohne Apfel. Du hast mich auserwählt und bist jetzt
mein Zuhause. Home is where you are. My home is Table 4, Seat 3.
Als Kind wollte ich Pilot werden, oder Formel-1-Fahrer, oder
Schlagersänger. Oder auch mal Lokomotivführer. Heute will ich nur
noch nach Las Vegas. Früher hatte ich Ziele, heute nur noch Träume.
Ja, du mein Poker. Das Feuer der Leidenschaft brennt. Du wärmst
mich. Du bist Balsam für meine Seele und eine Wärmeflasche für
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meine Füße. Dein Turn bringt jede Lawine zum Schmelzen. Dein
River ist schuld an der Erderwärmung.
Du bist der Stern meines Daseins. Der wegweisende Fixstern
in meinem System. Es muss vom Himmel kommen, was auf der
Erde leuchten soll. Es muss vom Dealer kommen, was auf dem Filz
leuchten soll. Nicht wo der Himmel ist, bin ich, sondern wo Poker
ist, ist der Himmel. Und wenn es einmal regnet, trocknest du mich.
Lieber Wolkenbruch als Fußbruch. Du bist der Stern, der meine
dunklen Nächte erhellt. Du bist mein einziger Stern. Treue macht
Lust. Du hast mich in deinen Astronauten verwandelt.
Wenn wir schon untergehen, dann wenigstens tanzend und mit
einer Flasche Champagner in der Hand. Und Chips in der anderen.
Ja, Poker, die Unbeschreiblichkeit deiner Bedeutung fasziniert
mich jeden Tag aufs Neue. Du bist die signifikante Relevanz in meinem Sein. Ich denke an dich, sogar wenn ich nicht an dich denke.
Du bringst mich um den Verstand. Du hast mein biochemisches
Korrelat zuschlagen lassen; meine Triebe und neuroendokrinen
Prozesse neu justiert. Ich bin euphorisch gestimmt, wenn ich an
dich denke. Wer nicht liebt, hat schon verloren. Oder wer den Bluff
schlecht spielt. Ich habe mich in Poker verloren, aber nie, du mein
Poker, werden wir uns verlieren.
Ein Tropfen Poker ist mehr wert als ein ganzer Ozean voller
Verstand. Schönheit in Vollkommenheit, auch wenn aktuell keiner
weiß, was uns der Autor damit sagen will. Ist das schon poetische
Kunst oder kann das weg? Ja, Poker, wir sind ein Gedicht. Du und
ich. Bevor ich die Liebe kannte, habe ich nach ihr gerufen, und du
hast geantwortet. Und gabst mir dein Versprechen. Ohne dich zu
versprechen. Im Poker und in der Liebe gibt es keine Unmöglichkeiten.
Ja, Poker, du lässt mein Blut brodeln. Uns eint unbändige Ausgelassenheit. Stürmisch, voller Temperament. Leidenschaftliche
Dynamik und pulsierende Enthemmtheit. Wo Magie und Verstand zusammengekommen sind; wo Reiz und Sinn sich getroffen
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haben, dort haben wir uns gefunden. Zueinander. In Ewigkeit.
Unsere Ewigkeit wird aus vielen kleinen, bedeutsamen Momenten
bestehen. Ewig sind unsere Momente, es sei denn, der Donk links
neben uns callt wieder.
Ja, Poker, du bist für mich die allerbeste Erfindung seit der
Glühbirne. Und der Bayer-Leverkusen-Bettwäsche. Und der App,
wo Frauen sich ausziehen. Ja, Poker, du bist für mich wie Musik.
­Modern Talking aufm Flop. Mozart im fünften Level.
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Weil es schon der Kaiser von China gespielt hat
Nicht beim Mau-Mau wurden die Cowboys erschossen. Und Halma haben die harten Jungs damals auch nicht gespielt. Auch kein
Seilchenspringen. Nein, es war Poker.
Poker. Sicherlich gibt es ältere Spiele auf dieser Welt, aber keine
schöneren. Keine, die mehr faszinieren. Keine, die mehr Freude
bereiten. Poker. Anders als in der bekannten Werbung haben es
nicht die Schweizer erfunden. Angeblich soll sich bereits im Jahr
969 nach Christus der chinesische Kaiser mit seiner Frau bei einem
relevanten, sehr ähnlichen Spiel namens Kartendomino amüsiert
haben. Wer dieses Heads-up in welchem Level gewonnen hat, ist
leider nicht übermittelt. Damals gab es noch keine Live Reports,
Blogs oder Streams in Echtzeit.
Im 13. Jahrhundert soll es dann als eine komplexere Weiterentwicklung im alten Ägypten gespielt worden sein. Nach Persien kam
es im 16. Jahrhundert, dort hieß es »Nas«. Oder »As Nas«.
Viele Historiker hingegen bezeichnen das im Jahr 1526 in Spanien erfundene Spiel »Primero« als die Mutter des Pokerns. Hierbei
wurden drei Karten verteilt, mit anschließendem Setzen. Und auch
schon mit entsprechendem Bluffen.
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Im Laufe der folgenden Jahre schwappte dieser Wettkampf
mittels Karten herüber nach Frankreich, wo es unter dem Namen
­»Poque« gespielt wurde. Übereinstimmende Quellen berichten,
dass hier erstmals die immer noch gültigen vier Farben Karo, Herz,
Pik und Kreuz verwendet wurden.
In Deutschland wurde es zu dieser Zeit unter dem Namen
»Pochen« gespielt. Was auf Englisch to poke heißt. Dieser Name ist
1836 das erste Mal nachgewiesen worden. Zu dieser Zeit brachten
französische Auswanderer das Spiel nach Amerika. Genauer gesagt
nach New Orleans, wo sie sich ansiedelten. Poker is coming home.
Und New Orleans gilt als der Geburtsort des modernen Poker. Zu
dieser Zeit wurde es allerdings mit 20 Karten zu vier Spielern gespielt. Das bekannte 5 Card Draw. Wobei man mangels Masse nicht
mehr tauschen konnte, sondern lediglich auf die wahrscheinlich
beste Hand gewettet hat.
Von New Orleans aus breitete sich Poker dank der Dampfschiffe
auf dem Mississippi in den gesamten Osten von Amerika aus. In
den Westen kam es dann dank des Goldrausches. Als willkommene Abwechslung zur harten körperlichen Arbeit. Nachdem Poker
sich über ganz Amerika ausgebreitet hatte, wurde einheitlich mit
einem Kartendeck von 52 Karten gespielt. Eine genaue Jahreszahl ist
ebenso wenig nachzuweisen wie der Erfinder dieser genialen Idee.
Auch gab es zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal den Flush. Vorher
wurde gleicher Farbigkeit wohl noch keine allzu große Bedeutung
beigemessen. Die Straight wurde während des Sezessionskriegs um
1862 als neue Hand aufgenommen. Um diese Zeit wurden auch neue
Varianten des Spiels wie Stud Poker oder Draw Poker entwickelt.
Wann genau die heute beliebteste Variante, Hold’em, erfunden und
gespielt wurde, ist nicht gänzlich bekannt. Wohl aber, dass Spit in
the Ocean die älteste Version von Poker mit Community Cards ist.
1919 entstand mit Wild Widows die erste Form von Texas Hold’em.
Bereits im Jahr 1876 gab es die erste Hand, die einen Spitznamen
bekommen hat. Der Cowboy Wild Bill Hickok wurde hinterrücks bei
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einer Partie erschossen, als er Ass 8 in der Hand hielt. Seitdem kennt
man diese Kombination als Dead Man’s Hand. Poker besaß lange
Zeit den Ruf eines Glücksspiels und wurde lange Zeit als Sammelbecken für Betrüger, Lügner und Mörder betrachtet. Alles Banditen.
Heutzutage ist das ganz anders. Heute hat Poker ein gänzlich
anderes Image. Es hat sich gewandelt zu einem Spiel mit hohen
strategischen Ansätzen. Zu einem Mind Sport. Raus aus verrauchten Hinterzimmern, hinein in die Casinos.
Und ab 1970 ist sowieso alles ganz anders geworden. Das Geburtsjahr der World Series of Poker, der WSOP. Das immer noch
traditionsreichste, prestigeträchtigste Turnier der Welt. Jeden
Sommer in Las Vegas. Die Stadt, die niemals schläft. Der Traum
eines jeden Pokerspielers. Anhand der WSOP lässt sich hervorragend die Entwicklung von Poker darstellen. 1970, bei der ersten
WSOP, spielten sieben Spieler den Titel aus. Aus heutiger Sicht
haben die direkt mit einem reduzierten Final Table angefangen.
Den ersten Titel holte sich Johnny Moss, damals 63 Jahre alt. Es
gab anno 1970 noch keine Deals und keine Aufteilung des Preisgeldes. The winner takes it all. Heute versuchen mehr als 8.000
Spieler den begehrten Titel und das Armband zu gewinnen. Von
dem Preisgeld ganz zu schweigen.
Und dann kam das entscheidende Jahr. 2003. Der absolute internationale Durchbruch, die Geburtsstunde des Megahypes. Und es
hat wieder mit der World Series of Poker zu tun. Damals wollten
schon 839 Spieler den Titel. Zum ersten Mal gewann ein Amateur.
Chris Moneymaker. Mit passendem Namen. Der wirklich kein
Künstlername ist. Und mit passendem Beruf. Er war Buchhalter.
Auch das ist Tatsache; besser hätte man es nicht erfinden können.
Chris Moneymaker hat sich mit einem 39-Dollar-Satellite online
für das Main Event qualifiziert; hat Sam Farha im Heads-up besiegt
und 2,5 Millionen Dollar Preisgeld gewonnen.
Er spielt immer noch Poker, immer noch mit Liebe und Leidenschaft. Vor allem der Wettkampf, die sportliche Herausforderung
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haben es ihm angetan: »I am a competitive person and at 39 it’s hard
to be competitive in physical sports anymore. Poker gives me that
competition I crave.«
CHRIS MONEYMAKER
Team PokerStars USA
In den Folgejahren gingen die Teilnehmerzahlen steil nach oben.
Es war ein wahrlich historischer Moment in der Geschichte des
Pokers. Auf einmal wollte jeder pokern. Das prozentuale Wachstum
des Marktes, aber auch der Spieler ist weltweit immens. Überproportional in Europa.
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Ein weiterer Grund zur Erklärung des Booms und die unaufhörliche Popularisierung von Poker liegt sicherlich in der Erfindung
der Hole-Card-Kameras. Nun war Poker endlich für Fernsehübertragungen interessant. Weil nachvollziehbar und miterlebbar. Jeder
Zuschauer konnte sehen, was die jeweiligen Spieler am Tisch für
Karten haben, wie sie diese spielen, ob sie bluffen oder ob sie entsprechende Entscheidungen richtig treffen. Poker ist beim Multiplikator Mattscheibe angekommen.
2010 wurde Poker offizielle Disziplin der World Mind Sports
Games in London und somit offiziell anerkannt als Denksport. Gemeinsam mit beispielsweise Schach.
2011 gewann der dahin nahezu unbekannte Pius Heinz als
erster Deutscher den Weltmeistertitel im Main Event. Unser aller
­Pokerpapst.
Ebenfalls 2011 wurden wir noch mal Weltmeister. In der Mannschaftswertung. Die erste Team-Weltmeisterschaft der International
Federation of Poker entschied das deutsche Team für sich.
Allerdings erlebten wir in demselben Jahr auch den Black Friday. Amerikanische Behörden schalteten die drei größten OnlinePokerräume ab, warfen ihnen Verstöße, Geldwäsche und organisierten Bankbetrug vor. Teilweise gibt es diese Anbieter nicht mehr,
teilweise sind die Kunden entschädigt worden und teilweise läuft
die Rückzahlung an die Spieler noch. Aber mittlerweile ist es beim
Online-Poker wieder business as usual und jährlich werden neue
Rekordmarken gebrochen. Natürlich haben die moderne Kommunikation, die Erfindung des Internets und die damit verbundene
jederzeitige Verfügbarkeit einer guten Partie auch entscheidend
zum Boom von Poker beigetragen.
Begonnen hat Internet-Poker Mitte der 90er-Jahre. ComputerNerds und Pokerbegeisterte wie Greg Raymer, David Sklansky,
Mike Caro und auch der Informatiker Chris Ferguson diskutierten
das Spiel in einer Newsgroup. Daraus entwickelte sich ein Pokerserver, in dem anfänglich um Play Money gespielt wurde. Ohne
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große Grafiken, quasi nur in Textform. Die Entwicklung allerdings
war nicht mehr aufzuhalten und so wurde am Neujahrstag 1998 auf
Planet Poker die allererste Online-Pokerhand gespielt. Mit echtem
Geld und mit Rake. An einem Cash-Game-Tisch 3/6 Dollar Texas
Hold’em.
Lange ist es her. Man kann gespannt sein, wohin sich das Spiel
noch entwickeln wird. Wie es sich weiterentwickelt und wohin es
uns Spieler führen wird.
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Weil Poker eine fantastische Mischung ist
KOMMENTAR VON JAN HEITMANN
Es gibt viele Gründe, dieses faszinierende Spiel zu lieben. Seit ich
vor über 16 Jahren Poker entdeckte, hat sich immer wieder ein anderer Aspekt in den Vordergrund geschoben.
Zuerst war es einfach ein neues, interessantes Strategiespiel. Ich
habe schon von Kind auf Doppelkopf, Skat und Schach gespielt,
aber auch Tennis und Fußball. Strategisches Denken und Wettbewerb kannte ich also. Poker kam 1997 dazu. Der Pokerboom sollte
erst Jahre später kommen, aber trotzdem gab es damals schon eine
facettenreiche und aktive Poker-Community.
Ich liebe Subkulturen. Themen, die von einer Gruppe Fans so
ausgiebig behandelt und gelebt werden, dass eine kleine eigene
Welt entsteht, in der sich die »Eingeweihten« intensiv mit den
Details und Geheimnissen befassen. Da war Poker genau richtig.
Es gab eine lange Historie mit Klischees, Legenden und Heldensagen. Es gab Altmeister, Filme (sowohl fiktiver als auch dokumentarischer Natur), Legenden und »geheimes« Expertenwissen
zu entdecken. In der Literatur und Hollywood ist Poker immer
wieder vertreten, wenn auch oft nur oberflächlich behandelt. In
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Filmen werden oft Klischees bedient und Poker wird einseitig
beleuchtet.
JAN HEITMANN
Mitglied Team PokerStars.de, Poker-Experte und Coach
Es gab also von Anfang an viel, auf das man sich stürzen konnte.
Am Anfang war ich Fanboy; habe alle Geschichten und Legenden
aufgesogen, habe mich in die Erzählungen der ersten Pokerentwicklungen der Neuzeit vertieft. Ich wurde Teil dieser Subkultur,
erst passiv als Beobachter, dann aktiv als Spieler und später dann
sogar Mitgestalter.
Und ich wurde immer besser. Über die Jahre des Spielens trat
dieser Aspekt stärker in den Vordergrund: die Tatsache, dass man
beim Poker besser werden konnte. Man sagt, man braucht nur we30
nige Minuten, um die Regeln zu lernen, aber lernt sein Leben lang
nicht aus. Selbst heute, nach 16 Jahren Erfahrung, Hunderte Bücher
darüber und über zehn Jahre als Profi mit Pokerwissen als Haupteinkommensquelle lerne ich jeden Tag etwas dazu.
Woran liegt das? Nun, Poker ist eine fantastische Mischung aus
Wissenschaft und Kunst, aus harten Fakten und Soft Skills.
Es ist ein Spiel, das auf den ersten Blick zwar mit Karten, auf den
zweiten Blick aber eher mit Chips gespielt wird. Und dann transzendiert es die reine technische Ebene und es findet ein Kampf
der Gedanken statt, zwischen zwei oder mehr Gegnern, die interdependente strategische Entscheidungen unter unvollständiger
Information und Unsicherheit treffen. Das Ganze unter erheblichem monetären und zeitlichen Druck. Immer und immer wieder.
Ziel: in den Kopf des Gegners reinzukommen. Denn dann sind die
Karten nur noch Beiwerk. Das Problem dabei ist, dass der Gegner
natürlich für sich die gleichen Ziele hat, konträr zu unseren eigenen.
Spannender wird es nicht.
Darüber hinaus ist Poker ein Spiel, wo jeder eine gute Chance
hat, zu gewinnen. Langfristig setzt sich aber die bessere Strategie
durch. Spieler mit weniger Wissen brauchen mehr »Glück«, Spieler,
die konstant die besseren Entscheidungen treffen, brauchen weniger Glück. Aber trotzdem hat in jedem einzelnen Turnier (oder
Cash Game) wirklich jeder eine Chance zu gewinnen. Dieses sorgt
für viele Emotionen und Geschichten am Tisch, aber vor allem für
ein sehr unterschiedliches Publikum. Da jeder eine Chance hat,
kann auch jeder mitspielen. Am Pokertisch sind alle Voraussetzungen gleich. Dennoch unterscheiden sich die Spielertypen. Man sagt,
am Pokertisch kommt der wahre Kern des jeweiligen Menschen
ans Licht. Jeder bringt seine eigenen Gedanken, seine Charaktereigenschaften und seine eigene Lebensgeschichte mit an den Tisch.
Inzwischen ist dieses Spiel zu meinem Job geworden. Als Pokerexperte bin ich nicht nur Teil dieser spannenden Subkultur, sondern
forme sie auch aktiv mit. Wohin wird Poker sich entwickeln? Wer31
den wir es irgendwann lösen können? Welche Erkenntnisse aus dem
Pokersport lassen sich in anderen Bereichen anwenden? Was kann
ein Unternehmer von Pokerkonzepten lernen? Was eine Mutter?
Welche Geschichten schreibt Poker noch? Wir setzen uns immer
wieder neu an den Tisch. Die Parameter stehen vielleicht fest, aber
die Strategien ändern sich dynamisch. Man muss ständig adaptieren und weiterentwickeln. Dann werden die Karten neu gemischt.
Und das Spiel kann von Neuem beginnen.
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Weil man anregende Bekanntschaften macht
Lasst mich euch eine Geschichte erzählen. Eine wahre Begebenheit.
Lange ist es her. Sehr lange. Früher einmal war auch ich tatsächlich
ein knackiger, junger Mann. Dynamisch und erfolgreich.
Im Status eines Vielfliegers unterwegs, um in der ganzen Welt
Business zu machen.
Es ging von Düsseldorf über London nach Amerika. In London
erwartete mich eine schon häufiger vorgekommene nette Geste; ein
Upgrade in die First Class. In diesem Falle umso bemerkenswerter,
als dass die von mir gebuchte Business Class nicht ansatzweise ausgebucht war. Und in der First Class saß lediglich ein weiterer Passagier. Ein mittelalter Mann. Mit einem äußerst markanten Gesicht. Er
trank Whiskey statt des obligatorischen Begrüßungschampagners.
Ich gehöre normalerweise nicht zu den Leuten, die andere Leute
im Flugzeug anquatschen, und schon gar nicht zu der Sorte Leute,
die sich von fremden Menschen, mit denen man durch einen willkürlichen Zufall an Bord zusammengepfercht ist, anquatschen lässt.
Warum ich gerade jetzt, etliche Jahre später, an diese Begegnung
denke, kann ich nicht wirklich begründen. Auf jeden Fall kamen
wir irgendwie ins Gespräch.
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Wir begannen mit Themen wie zu alte Stewardessen, zu junge
Piloten, die allgemeine Krankheit des Tomatensaftvernichtens in
Flugzeugen, der Vorzug von harten Alkoholika über den Wolken
gegenüber dem Mädchen-Pritzelwasser.
Beim Essen war das Thema schließlich die Größe und Qualität
von Flugzeug-Steaks gegenüber den wahren Steaks, die es nur und
ausschließlich in good old America gibt. Zwei Kilo vom feinsten
Rind, die Beilagen nur als überflüssige Zierde des Tellers. Medium
rare, was sonst.
Was auch immer uns dann schließlich auf das Thema Spielen
allgemein und Poker im Speziellen brachte, weiß ich in der Tat nicht
mehr. Nur, dass ich damals weder vom Pokern noch vom Zocken
allgemein auch nur ansatzweise irgendeine Ahnung hatte.
Poker habe ich damals nur im Kino gesehen. Hinterzimmer einer
rauchverhangenen viertklassigen Bude, mit drittklassigen Ganoven
am Tisch. Und immer der Gefahr, dass jemand die Pistole nicht nur
vor sich auf den Tisch legt, sondern auch benutzt.
Unbeleckt von Glücksspielen und der großen Zockerei wollte ich
relativ schnell das Thema wechseln, um auf sichereres Terrain zu
kommen, welches auch ich sprachlich und inhaltlich beherrschte.
Aber er war in seinem Element und seinen Worten gefangen und
sprach mit Leidenschaft und Überzeugung, mit einer tatsächlich
feststellbaren Liebe über Poker, dass ich einfach zuhören musste.
Ich werde nicht mehr die ganzen drei Stunden seiner Rede nachvollziehen können, dennoch sind mir einige Passagen seines Monologes nie ganz entfallen:
»I love that game. Es ist, ja, es ist Liebe.
Mache alles, was du machst, mit Liebe und Enthusiasmus. Egal
ob du Rinder züchtest, Autos verkaufst oder Poker spielst, dann
wirst du es irgendwann schaffen.
Es ist das schönste Spiel der Welt. Nach dem Liebesspiel und
nach dem ersten gemeinsamen Baseballspiel mit deinem Sohn.
Oder ihr Europäer mit eurem komischen Soccer.
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Das ist Leidenschaft gepaart mit reiner Emotion. Mit nicht viel
anderem vergleichbar. Poker ist rein, wie die Seele eines Neugeborenen. Rein, pur und ehrlich. Na ja, manchmal nicht immer ehrlich,
aber auch das gehört zu diesem puren Spiel.
Poker ist Business. Poker ist wie Business. Es geht darum, am
Ende des Tages, am Ende des Monats der Beste zu sein. Der Starke, der Held, zu dem alle aufschauen. Dennoch hat Poker weitere
Komponenten, die das andere Business entweder gar nicht oder in
dieser Form nicht hat. Poker ist abseits vom wahren Ziel eine gesellschaftliche Komponente, die heutzutage noch deutlich unterschätzt
wird. Es gibt keinen Unterschied am Tisch. Uns alle eint das Spiel,
vor dem Dealer sind wir alle gleich. Und vor den Karten sowieso.
Poker ist definitiv kein, wie uns einige weismachen wollen,
Glücksspiel. Am Ende des Tages sogar ist es ein ›gutes Spiel‹, weil
du dich selber, dein Hirn, deinen Charakter einbringen musst. Und
es ist ein gutes Spiel, weil du ständig lernen musst, weil du ständig
an dir, deinem Wesen und deinem Spiel arbeiten musst. Und das
auf eine intensive Art und Weise. Und du lernst Geduld, Demut
und Achtung. Achtung vor deinen Gegnern, aber auch Achtung
vor situativen Gegebenheiten. Keine Hand ist wie die andere, es gibt
niemals eine vergleichbare Szenerie wie bei anderen Spielen. Auch
das macht Poker einzigartig.
Pokern ist kein simples Zocken, kein Haudrauf auf Schwarz oder
Rot. Gerade die Weinrot-Nuancen, die Zwischenstufen sind die entscheidenden Faktoren beim Pokern.
Auch wenn mir das hier und heute noch keiner glauben mag,
irgendwann wird Poker groß. Richtig groß. Und auch eine große
Komponente in der Gesellschaft. Dann aber werden wie bei jeder
Wachstumsbranche die Probleme anfangen. Du wirst im Endeffekt
keinen Unterschied mehr sehen zu anderen Branchen, lass mich
sagen zur Automobilindustrie. Es wird mit harten Bandagen gekämpft werden, um Marktanteile und Publicity. Es werden zwielichtige Institutionen auftauchen, die Stücke von dem Kuchen abhaben
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wollen oder sogar versuchen, das ganze Kuchenblech zu klauen. Es
wird zwangsläufig ein dreckigeres Business werden.
Aber eins wird nie passieren, eins wird Poker jeder anderen hart
umkämpften Branche immer voraushaben: die Lust, die Leidenschaft, das Engagement um des Produktes willen. Ein Auto lebt nicht.
Ein Pokerspieler hingegen schon. Sogar ein Pokerspiel, jedes Pokerspiel ist voller Leben. Ein Pokerspiel ist wie das Leben, das wird kein
Auto jemals schaffen, sei es noch so groß und teuer und aufregend.
Du kannst Poker im Prinzip nicht mit einem Auto vergleichen,
und ich liebe Autos, sogar German cars. Mercedes is a great car.
Aber die wahre Leidenschaft, das tiefe Interesse, in der Tat die tiefe
Liebe entwickelst du nur beim Pokern.
Lass mich nicht pathetisch klingen, aber kein Schmerz der Liebe,
kein Leiden im Leben ist so bitter und so endgültig wie die Pein
beim Pokern. Aber auch die Freude, die du erfahren kannst, ist
gewaltig und meistens nur ein paar Minuten entfernt. Das ist im
richtigen Leben anders. Verlieren lernt man im richtigen Leben
automatisch, beim Pokern hingegen musst du es lernen. Auf bittere,
schmerzhafte und manchmal auch teure Art und Weise.
Lebe, um zu lieben und um zu leben. Lebe, um zu spielen und
das Spiel zu lieben. Liebe das Spiel, um besser zu werden. Lass aber
nie zu, dass das Spiel dein Leben beherrscht. Dein Leben bestimmst
du selber, ebenso wie das Spiel. Und du musst so leben, dass du dein
Spiel beherrschst.
Ja, es ist ein Spiel. Manche sagen, nur ein Spiel. But that’s wrong,
Baby – it’s that game. Das einzig wahre Spiel. Und es spiegelt dich
wider. Du vor dem Spiegel. Besser aber als es jeder Spiegel könnte.
Ich habe in meinem Umkleidezimmer vier Spiegel, in meinem Badezimmer zwei davon. Richtig erkennen allerdings kann ich mich
nur am Pokertisch.
Pokern ist wie Bergsteigen. Endorphine, Hormone und Glücksmomente, die man keinem begreifbar machen kann, der nicht
neben dir auf dem Gipfel steht. Pokern ist wie Autorennen. Das
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Gefühl, unverletzt aus der Karre zu steigen, kannst du niemandem
beschreiben, der nicht Beifahrer gewesen ist.
Es gibt nichts Faszinierenderes als ein gelungenes Spiel. Selbst
ein mittelmäßiges Spiel ist noch besser als der Durchschnittstag im
Durchschnittsleben eines Durchschnittsmenschen. Spielen kann
Leben nicht ersetzen, das weiß ich wohl, aber Spielen kann Leben
sein. Und Leben kann Spielen sein. It’s more or less the whole life.«
Irgendwann über dem großen weiten Wasser schliefen wir dann
wohl ein. Ein freundliches Wecken der Stewardess sicherte uns ein
respektables Frühstück.
Dann war der Flug auch vorbei, wieder einmal geschafft. Wieder
einmal einen Kontinent gewechselt.
Wir durften als Erste das Flugzeug verlassen. Beim Weg nach
draußen schlug mir der Mann mit starker, krachender Hand auf die
Schulter und sagte: »Nice to meet you. Have a good trip and good
business. By the way, my name is Doyle Brunson. It was really nice
meeting you.«
8
Weil 52 Karten besser sind als 15 Kegel
Nun also wird es wohl bald Ärger mit dem Deutschen HalmaVerband geben, oder mit der International Association of Halma.
Trotzdem steh ich zu meiner obigen Aussage. Poker ist geiler als
Halma. Beim klassischen Sternhalma stehen jeweils 15 Halmakegel
(bei bis zu drei Spielern), alternativ zehn Halmakegel (bei drei bis
sechs Spielern) in der Ausgangsposition in dem jeweiligen Haus des
jeweiligen Spielers. Die Spielfiguren nennt man übrigens auch Pöppel. Ehrlich. Und ich dachte immer, die Pokerspieler hätte seltsame
und bescheuerte Ausdrücke und Fachtermini. Aber, bitte, wer will
denn mit Pöppeln spielen? Da kann ich mir nur einen bei pöppeln.
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