Theoretische Grundlagen eines schnellen Berechnungsver

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Theoretische Grundlagen eines schnellen Berechnungsver
Theoretische Grundlagen eines
schnellen Berechnungsverfahrens für den Kontakt rauer
Oberflächen
vorgelegt von
Dipl.-Ing. Thomas Geike
aus Berlin
von der
Fakultät V Verkehrs- und Maschinensysteme
der Technischen Universität Berlin
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor der Ingenieurwissenschaften (Dr.-Ing.)
genehmigte Dissertation
Promotionsausschuss
Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. Henning Jürgen Meyer
Gutachter:
Prof. Dr. rer. nat. Valentin Popov
Prof. Dr.-Ing. Georg-Peter Ostermeyer
Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 21. Dezember 2007
Berlin, 2008
D83
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Fachgebiet Systemdynamik und Reibungsphysik am Institut für
Mechanik der Technischen Universität Berlin.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. rer. nat. Valentin Popov, der diese
Arbeit anregte und mich in all den Jahren hervorragend betreute. Ich danke zudem Herrn Prof. Dr.-Ing. Georg-Peter Ostermeyer, Technische Universität Braunschweig, für seine Tätigkeit als Gutachter und die hilfreichen Gespräche während
zahlreicher Workshops und Tagungen. Herrn Prof. Dr.-Ing. Henning Jürgen Meyer danke ich für die Übernahme des Vorsitzes im Prüfungsausschuss.
Den Kollegen am Institut für Mechanik danke ich für die gute Zusammenarbeit
und das angenehme Arbeitsklima während der vergangenen Jahre.
Berlin, September 2007
Thomas Geike
i
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Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
1.1 Kontakt- und Reibungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.1 Bowden und Tabor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.2 Greenwood und Williamson . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.3 Persson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.4 Numerische Kontaktmechanik selbstaffiner Oberflächen
1.3 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Elastischer Einzelkontakt
2.1 Dimensionsproblematik . . . . . .
2.2 Elastische Energie im 3D-Problem
2.3 Hertzscher Kontakt . . . . . . . .
2.4 1D-Modell . . . . . . . . . . . . .
2.5 Änderung des Kappenradius . . .
2.6 Spannungen und Fließkriterium .
2.7 Innere Spannungen . . . . . . . .
2.7.1 Idee . . . . . . . . . . . .
2.7.2 Berechnungen . . . . . . .
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3 Elastischer Kontakt rauer Oberflächen
3.1 Charakterisierung rauer Oberflächen . . .
3.2 Eigenschaften von 1D- und 2D-Oberflächen
3.2.1 Vorüberlegungen . . . . . . . . . .
3.2.2 1D-Oberflächen . . . . . . . . . . .
3.2.3 2D-Oberflächen . . . . . . . . . . .
3.3 Umrechnung der Oberflächentopographie .
3.3.1 Analytische Überlegungen . . . . .
3.3.2 Numerische Experimente . . . . . .
3.3.3 Längenumrechnung . . . . . . . . .
3.3.4 Überblick . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Simulation mit rauen Oberflächen . . . . .
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4 Numerische Aspekte
4.1 Lösung von Differentialgleichungen . . . . .
4.1.1 Übersicht über Verfahren . . . . . . .
4.1.2 Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.3 Differentialgleichungen mit Rauschen
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7 Zusammenfassung und Ausblick
7.1 Erreichtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Offene Fragen und zukünftige Entwicklungen . . . . . . . . . . . .
83
83
84
A Simulationsmethoden
A.1 Mehrkörpersysteme . . .
A.2 Finite Elemente Methode
A.3 Molekulardynamik . . .
A.4 Teilchenmethoden . . . .
A.5 Geschmierte Systeme . .
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91
93
93
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4.3
Lösung des statischen Kontaktproblems . . . . .
4.2.1 Numerisch approximierte Jacobimatrix .
4.2.2 Verwendung der expliziten Jacobimatrix
4.2.3 Mehrgitter-Verfahren . . . . . . . . . . .
4.2.4 Adhäsiver Kontakt . . . . . . . . . . . .
Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 Adhäsiver Kontakt
5.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Raue Oberflächen und Adhäsion . . . . . . . .
5.3 Adhäsion im 1D-Modell . . . . . . . . . . . .
5.4 Ein erstes Modell . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5 Herleitung des Potentials . . . . . . . . . . . .
5.6 Steifigkeitsstudie . . . . . . . . . . . . . . . .
5.6.1 Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . .
5.6.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . .
5.7 Modell mit zwei Teilchenfreiheitsgraden . . . .
5.7.1 Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.7.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . .
5.8 Simulation mit rauen Oberflächen . . . . . . .
5.8.1 Wellige Oberflächen . . . . . . . . . . .
5.8.2 Oberflächen mit festem Kappenradius .
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6 Geschmierte Kontakte
6.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Klassisches Newton-Fluid . . . . . . . . . . . . .
6.2.1 Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . .
6.2.2 Wechselwirkungsgesetz im 2D-Fall . . .
6.2.3 Wechselwirkungsgesetz im 1D-Fall . . .
6.2.4 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3 Beispiele für andere Schmiermittel . . . . . . . .
6.3.1 Druckabhängige Viskosität . . . . . . . .
6.3.2 Schmiermittel mit Momentenspannungen
6.4 Kavitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . .
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v
INHALTSVERZEICHNIS
B Bedeutung der Dimension
B.1 3D Kontaktprobleme . . . . . . . . . .
B.1.1 Analytische Lösungen . . . . . .
B.1.2 Simulation mit Randelementen
B.2 2D Kontaktprobleme . . . . . . . . . .
B.2.1 Halbraumlösung . . . . . . . . .
B.2.2 DQ-Methode . . . . . . . . . .
B.2.3 Hierarchisches Modell . . . . . .
B.3 2D Problem mit veränderlichem Modul
B.4 Adhäsiver Normalkontakt . . . . . . .
B.5 2D Modelle des 3D Problems . . . . .
B.5.1 Idee . . . . . . . . . . . . . . .
B.5.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . .
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114
115
C DQM Scheibenproblem
117
C.1 Gleichungen und Diskretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
C.2 Einfluss des Gitters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
D Winklerbettung
121
D.1 Isotropes Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
D.2 Anisotropes Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
E Oberflächengenerierung
125
E.1 Oberflächenerzeugung 1D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
E.2 2D Oberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
F Kontaktformulierung mittels LCP
131
vi
INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 1
Einführung
1.1
Kontaktmechanik und Reibungsphysik – Bedeutung, Anwendungen, Probleme
Die Bestimmung des Reibungsgesetzes für trockene Reibung als Funktion der
Material- und Lastparameter bleibt nach wie vor ein aktuelles und ungelöstes
tribologisches Problem. Obwohl wichtige Gesetze“ der trockenen Reibung, (1)
”
Reibungskraft ist proportional zur Normalkraft, (2) Reibungskraft ist unabhängig
von der scheinbaren Kontaktfläche und (3) kinetische Reibungskraft ist nahezu
unabhängig von der Gleitgeschwindigkeit, schon seit langem bekannt sind, scheint
es so, als ob trockene Reibung zu den am wenigsten verstandenen Gebieten der
Technik gehört1 .
Reibung wird mittlerweile von vielen Autoren als dynamischer Prozess aufgefasst.
Die Formulierung eines geeigneten Modells der Reibungsprozesse setzt Kenntnisse
bezüglich der charakteristischen Skalen und der physikalischen Natur der relevanten Prozesse voraus. Experimente zeigen, dass technische Oberflächen häufig in
einem großen Bereich von Skalen selbstähnlich sind [14]. Ob jedoch alle Skalen
für die Reibungsprozesse relevant sind, ist Gegenstand experimenteller und theoretischer Forschung [100].
Es gibt bis heute keine leistungsfähigen und umfassenden Modelle zur Berechnung
der Reibungskraft in Abhängigkeit vom Zustand des Systems, den Material- und
den Lastparametern. Der Bedarf nach solchen Modellen wächst jedoch ständig, da
das Verständnis und die Berechenbarkeit von Reibungsphänomenen für die Auslegung, Optimierung und Steuerung von Systemen mit Reibkontakten äußerst wichtig sind. Anwendungen reichen von der Fertigungstechnik (Umformtechnik [70],
chemisch-mechanisches Polieren [94]) über die Fahrzeugtechnik (Kraftfahrzeugbremsen [85], Verbrennungsmotoren [98], Rad-Schiene-Kontakt [99], Primärfesselung von Güterwagen [59]) bis zur Robotertechnik [1]. Selbst etwas Alltägliches
wie Laufen wäre ohne Reibung unmöglich! Aktuelle Bestrebungen bei der Entwicklung mikromechanischer Systeme und die Entwicklung neuer Messmethoden,
z. B. Atomkraftmikroskop, geben der tribologischen Forschung neuen Schwung
1
Die klassischen Untersuchungen sind vor allem mit den Namen da Vinci (1452-1519), Amonton (1663-1705) und Coulomb (1736-1806) verbunden [11]. Der Artikel von Dowson [27] gibt
Einblick in die geschichtliche Entwicklung der Tribologie. Insbesondere werden die Entwicklungen des 20. Jahrhunderts besprochen. Das Lehrbuch von Ludema [72] wendet sich vor allem
an Ingenieure in Konstruktion und Entwicklung und gibt einen aktuellen Überblick über die
Themen Reibung und Verschleiß aus Sicht des Anwendungsingenieurs.
1
2
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
[88]. Es zeigt sich jedoch, dass der Brückenschlag zwischen den theoretischen
Erkenntnissen der letzten zwei Jahrzehnte und den Anwendungen z. B. in der
Umformtechnik bisher nicht gelungen ist.
Neben der Weiterentwicklung von Schmiermitteln, Additiven, Oberflächenbehandlungen und Messmethoden ist die Entwicklung geeigneter Simulationsmethoden zur Simulation von Mehrkörpersystemen mit Reibkontakten eine der zentralen Aufgaben der tribologischen Forschung. In seinem Ausblick auf die Entwicklung der Tribologie im 21. Jahrhundert prognostiziert Spikes [113] eine weiterhin
starke Aktivität im Bereich Modellierung und Simulation. Dabei erwartet er vor
allem weitere Fortschritte im Bereich der geschmierten Kontakte (raue Oberflächen, Nichtnewtonsche Fluide, gemischte elastohydrodynamische Schmierung
und Grenzflächenschmierung). Zusätzlich prognostiziert Spikes stärkeres Interesse
im Bereich Modellierung von Mehrkörpersystemen und Simulation von komplexen
tribologischen Systemen wie Motoren oder Getrieben über die Betriebslebensdauer. An die Stelle von aufwendigen Feldversuchen soll nach und nach das virtuelle
Testlabor treten2 . Als Folge des Bestrebens, möglichst wartungsfreie technische
Systeme (lifetime zero maintenance) zu entwickeln, sieht Spikes einen Trend weg
von geschmierten Systemen und hin zu Systemen mit trockener Reibung.
Jedes tribologische Probelm ist zuerst auch ein Kontaktproblem. Basis aller Reibungssimulationen ist daher eine sichere Beherrschung des Kontaktproblems.
Makroskopische tribologische Systeme sind typischerweise Probleme mit vielen
Kontakten (multi-contact systems). Die Mikrokontakte bestimmen zum einen die
übertragenen Normalkräfte, die sich makroskopisch als Reaktionskraft (Kontaktkraft) äußern. Zum anderen bestimmen sie die reale Kontaktfläche und damit die
Reibungskraft. Die Verteilung der Normal- und Tangentialkräfte sowie die Verteilung der Kontaktgebiete sind die wichtigsten Größen für das Verständnis des
tribologischen Systems auf der Mikroskala.
Was macht nun die Simulation von Reibungs- und Kontaktproblemen so schwierig? Im wesentlichen gibt es zwei Gründe: den Mehrskalencharakter der Reibung
(multi-scale) und die Komplexität bzw. die große Zahl an Parametern und beteiligten physikalischen Prozessen.
Mehrskalencharakter Für die meisten Kontakt- und Reibungsprobleme sind
viele Längenskalen von der Nano- bis zur Makroskala wichtig. Eine wenige
Atomlagen dicke Schmierschicht kann das Reibungsverhalten eines ansonsten trockenen“ Kontaktes deutlich verändern und muss daher berück”
sichtigt werden. Auf der anderen Seite erstrecken sich Rauheiten bis zur
Makroskala.
Komplexität Neben der Elastizität der Kontaktpartner spielen je nach Anwendung auch Adhäsion, Schmierung (einschließlich Kavitation), Plastizität,
Bruch, Herauslösen und Wiedereinbau von Teilchen sowie chemische Reaktionen (einschließlich Korrosion) eine Rolle.
2
Einen Überblick über bestehende Simulationsmethoden für trockene und geschmierte Kontakte gibt der Anhang A.
1.2. STAND DER FORSCHUNG
3
Dem Mehrskalencharakter kann mit vollständigen dreidimensionalen Modellen
nur schwer Rechnung getragen werden, weil die Zahl der Freiheitsgrade das rechentechnisch Mögliche oft weit überschreitet. Beispiel: Die Diskretisierung eines
makroskopischen Kontaktbereichs mit linearer Abmessung von 10 mm mit einer
Auflösung von 10 nm erfordert ungefähr 1018 Freiheitsgrade. Rechentechnisch
möglich sind 106 ÷ 109 Freiheitsgrade.
Es können drei verschiedene Ansätze zur Simulation von solchen Problemen unterschieden werden. Beim seriellen“ Ansatz werden Simulationen auf der Mikroskala
”
benutzt, um Konstanten für Simulationen auf einer Mesoskala zu gewinnen. Diese Simulationen dienen wiederum, um andere Konstanten für die nächst höhere
Skala zu erhalten. Als Beispiel sei die Arbeit von Clementi [23] erwähnt, bei der
mit den Methoden der Quantenmechanik (kleinste Skala) die Wechselwirkungspotentiale bei Wassermolekülen für eine Molekulardynamiksimulation (größere
Skala) gewonnen wurden. Mittels Molekulardynamik konnte dann die Viskosität
des Wassers bestimmt werden. Die Viskosität wurde anschließend in einer CFDSimulation3 zur Berechnung des makroskopischen Strömungsproblems eingesetzt.
Dieser serielle Ansatz wird z. B. auch für die Simulation des Werkstoffverhaltens
eingesetzt, wobei atomistische Simulationen Eingangsgrößen für Versetzungssimulationen liefern, deren Ergebnisse wiederum für Simulationen makroskopischer
Festigkeitsprobleme genutzt werden können [109].
Alternativ kann ein paralleler“ Ansatz verfolgt werden. Dabei werden verschiede”
ne Methoden innerhalb eines Simulationsmodells verbunden. Zur Simulation von
Kontakt- und Reibungsphänomenen werden dazu z. B. Molekulardynamik und
die Finite Elemente Methode (FEM) miteinander verbunden. Der Kontakbereich
wird dann mittels Molekulardynamik auf atomarer Skala aufgelöst, während der
Grundkörper deutlich gröber mit der FEM beschrieben wird [62, 71]. Die Herausforderung liegt in der korrekten Kopplung der Methoden.
Die Simulation innerhalb einer Methode hat gewiss Vorteile, denn Übergangsbedingungen müssen dann nicht formuliert werden. Zudem werden alle Skalen
berücksichtigt und nicht nur die kleinste und die größte. Ein Ansatz zur Reduzierung der Zahl der Freiheitsgrade ist ein hierarchischer Aufbau (Abschnitt A.4).
In der Nähe der Oberfläche wird sehr fein diskretisiert, im Innern gröber.
Neben hierarchischen Modellen sind Modelle mit reduzierter Dimension besonders
Erfolg versprechend. Insbesondere eindimensionale Modelle erlauben die Simulation über viele Größenordnungen bei gleichzeitiger Möglichkeit, viele physikalische
Phänomene zu berücksichtigen. In der vorliegenden Arbeit werden solche Modelle
entwickelt. Wie bereits erwähnt, muss für die Simulation des Reibungsproblems
zuvor das Kontaktproblem beherrscht werden. Thema der vorliegenden Arbeit ist
daher die Entwicklung eines effizienten Simulationsmodells für Kontaktprobleme.
1.2
Stand der Forschung
Im folgenden werden die heute verwendeten Kontakttheorien kurz vorgestellt. Für
viele Berechnungen und Überlegungen sind nach wie vor die Modellvorstellungen
von Bowden und Tabor [10, 11] ausreichend; daher beginnt die Darstellung mit
diesem Klassiker.
3
CFD. . . computational fluid dynamics
4
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Es sei an dieser Stelle schon auf den Anhang A verwiesen. Dort wird eine etwas
andere Sicht auf den Stand der Forschung dargeboten. Die dortigen Ausführungen
geben einen Überblick über verschiedene Simulationsmethoden und die besonderen Schwierigkeiten und Herausforderungen, die Kontakt- und Reibungsprobleme
bei der Anwendung der jeweiligen Methode verursachen.
1.2.1
Bowden und Tabor
Bowden und Tabor verdanken wir das Konzept der wahren Kontaktfläche. Zuvor
war man davon ausgegangen, dass der Kontakt über die gesamte sichtbare Kontaktfläche geschieht. Eine Adhäsionstheorie der Reibung konnte sich vor Bowden
und Tabor nicht durchsetzen, weil schon aus Da Vinci’s Experimenten bekannt
war, dass die Reibungskraft nicht von der (scheinbaren) Kontaktfläche abhängt.
Den Unterschied zwischen realer und scheinbarer Kontaktfläche zu erkennen, ist
ein wichtiges Ergebnis von Bowden und Tabor.
Das Gesetz von Amonton Reibungskraft proportional zur Normalkraft ist aus der
Annahme erklärbar, dass die Reibungskraft proportional zur realen Kontaktfläche
ist. Nach Bowden und Tabor [11] kommt es bei Metallen in den Kontaktpunkten
zu Kaltverschweißungen, die für eine Gleitbewegung geschert werden müssen. Je
größer die reale Kontaktfläche, desto größer die notwendige Kraft zum Scheren
der Kaltverschweißungen.
Bowden und Tabor lieferten auch eine Begründung, warum die reale Kontaktfläche Areal proportional zur Normalkraft FN ist. Unter der Annahme, dass sich
alle Asperiten plastisch verformen, stellt sich die reale Kontaktfläche gerade so
ein, dass
FN = HAreal
(1.1)
gilt. Der Fließdruck entspricht näherungsweise der Härte H der Oberflächenschicht4 . Die Oberflächentopographie tritt in Gleichung (1.1) nicht auf. Zudem ist
keine Aussage möglich, wie groß die einzelnen Kontakte sind bzw. wie viele Kontakte zur realen Kontaktfläche betragen. Aus (1.1) lässt sich jedoch abschätzen,
dass die reale Kontaktfläche meist sehr viel kleiner als die scheinbare Kontaktfläche ist und dass für viele raue Oberflächen die Einzelkontakte weit voneinander
entfernt sind.
Die Annahme plastischer Deformation aller im Kontakt befindlichen Asperiten
kann jedoch nicht stets richtig sein. Reibkontakte in Maschinen werden oft über
Jahre beansprucht. Die Deformationen müssen dann elastisch sein, denn ständige
plastische Deformation würde unweigerlich zu Ermüdung führen.
Elastische Deformationen können mit der Theorie von Hertz (siehe Abschnitt 2.3)
beschrieben werden. Es ergibt sich dann ein nichtlinearer Zusammenhang zwischen Normalkraft und Kontaktfläche. Die Lösung dieses Widerspruchs – elastische Deformationen müssen in vielen Kontaktproblemen dominieren und gleichzeitig soll direkte Proportionalität zwischen Normalkraft und Kontaktfläche bestehen – ist vor allem mit den Namen Archard und Greenwood verbunden.
4
siehe dazu Kommentar von Akkurt in [41]
1.2. STAND DER FORSCHUNG
1.2.2
5
Greenwood und Williamson
Archard [2, 81] schlägt ein Modell vor, bei dem immer kleinere Hügel auf bestehende gesetzt werden5 . Heutzutage würde man eine solche Oberfläche fraktal
nennen. Um so komplexer das Modell gewählt wird, um so deutlicher tritt folgendes Ergebnis hervor: die Zahl der Kontakte nimmt proportional zur Normalkraft
zu, die Größe eines einzelnen Kontaktes ist nahezu unabhängig von der Normalkraft. Eine wesentliche Schwierigkeit im Modell von Archard besteht in der
Zuordnung von gemessenen Rauheiten zu Größen des Modells.
Ein Modell, das sich leichter an gemessene Größen anpassen lässt, wurde 1966
von Greenwood und Williamson (GW-Modell) [43] vorgestellt. Es weist die
folgenden Eigenschaften auf [41, 44]:
• Die Asperiten haben eine Höhenverteilung, die sich im relevanten Bereich
der Höhen durch eine Exponentialfunktion approximieren lässt. Die in Experimenten häufig gemessene Normalverteilung kann durch eine Exponentialfunktion approximiert werden. Greenwood und Wu [44] merken zudem an,
dass die Höhen der höheren Abschnitte der Oberfläche selbst dann als normalverteilt angesehen werden können, wenn die Höhenverteilung im ganzen
hochgradig schief ist. Die höheren Abschnitte sind für den Kontakt relevant.
• Die Asperiten werden als Kugelkappen behandelt, die bis auf ihre Höhen
identisch sind. Greenwood und Wu merken dazu an, dass weder durch die
Betrachtung von Ellipsoiden anstelle von Kugeln noch durch die Einführung
einer Verteilung von Asperitengrößen viel hinzu gewonnen wird.
• Wie gelangt man aus den Messungen zu Informationen über die Asperiten?
Greenwood und Williamson entschieden sich dafür, Spitzen6 des gemessenen
Oberflächenprofils als Asperiten zu identifizieren. Spitzen sind Punkte, die
bei dem verwendeten Abtastintervall höher als ihre direkten Nachbarn sind.
Sie studieren die Höhenverteilung dieser Spitzen und berechnen die zugeordnete Krümmung (peak curvature) durch Anpassen einer Parabel durch
die Spitze und ihre zwei Nachbarn [41]. Greenwood und Wu [44] revidieren
diesen Punkt teilweise.
Die Untersuchungen von Greenwood und Williamson zeigten, dass eine zufällige
Verteilung der Höhen bei elastischer Deformation zu einem linearen Zusammenhang zwischen Normalkraft und Kontaktfläche führt (zumindest bei kleinen Lasten). Für eine exponentielle Verteilung folgt dieses Ergebnis exakt, für die Normalverteilung näherungsweise. Damit war Areal ∝ FN gezeigt, sowohl bei plastischer Deformation (Bowden und Tabor), als auch bei elastischer Deformation
(Greenwood und Williamson).
Im allgemeinen werden einige Kontakte plastisch deformiert sein, andere hingegen
elastisch. Greenwood und Williamson führen einen Plastizitätsindex7
r
E ∗ 4 hh2 i
ψ=
H
R2
5
Im englischen Original: protuberances on protuberances on protuberances.
peaks bzw. speziell 3-point-peaks
7
Der Plastizitätsindex wird von verschiedenen Autoren unterschiedlich eingeführt.
6
6
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
ein, der eine Aussage über die Zahl plastisch deformierter Asperiten erlaubt [41].
Dabei bezeichnet H wiederum die Härte. Eine Aussage zum Zustand (elastisch
oder plastisch) der Asperiten ist u. a. deshalb von Interesse, weil bei rein elastischer Deformation ein Aufbrechen der Oberflächenschicht (Oxide) unwahrscheinlich ist.
Bush und Gibson[15] untersuchten, basierend auf den Vorstellungen von Greenwood und Williamson, den Fall ellipsenförmiger Kappen. Zudem verzichteten Sie
auf die Gleichheit aller Kappen. In diesem Fall wird der lineare Zusammenhang
zwischen Normalkraft und Kontaktfläche exakt erzielt. Es ergibt sich für den
dimensionslosen Parameter κ der Zusammenhang
κ=
E ∗ ∇hAreal
≈ 2,51 ,
FN
(1.2)
mit dem (effektiven) elastischen Modul E ∗ , der rms-Steigung ∇h der Oberfläche,
der realen Kontaktfläche Areal und der Normalkraft FN .
Die Erweiterung der Modellvorstellungen von Greenwood und Williamson für den
elasto-plastischen Kontakt erfolgte durch eine Vielzahl von Autoren [54, 55, 68,
124]. Fuller und Tabor [34] wandten die Ideen von Greenwood und Williamson
auf den adhäsiven Fall an (siehe Abschnitt 5.2).
1.2.3
Persson
Fraktale Beschreibungen rauer Oberflächen werden mittlerweile von vielen Autoren für kontaktmechanische Berechnungen genutzt, u. a. [63, 74, 76, 120].
Perssons Beiträge zur Kontaktmechanik stochastischer Oberflächen (mit und ohne Adhäsion) sind in einer Vielzahl von Veröffentlichungen dargelegt [89, 90, 91].
Viele Oberflächen sind in guter Näherung selbstaffin, d.h. eine Vergrößerung eines
Teils der Oberfläche sieht genauso aus wie die Oberfläche selbst:
z = λH h (x/λ, y/λ) sieht so aus wie z = h (x, y)
,
d.h. bei einer selbstaffinen Oberfläche bleiben die statistischen Eigenschaften der
Oberfläche invariant unter einer Skalentransformation. Dabei sind unterschiedliche Skalierungsfaktoren für die Transformationen in lateraler Richtung und senkrechter Richtung zulässig. Der Hurst-Exponent8 H charakterisiert diesen Unterschied der Skalierungsfaktoren. Bei selbstaffinen Oberflächen folgt das Leistungsspektrum einem Potenzgesetz
C (q) ∝ q −2(H+1)
.
(1.3)
Ein Potenzgesetz gemäß (1.3) gilt nur in einem bestimmten Wellenzahlbereich
q0 < q < q1 . Unterhalb des Wellenvektors q0 (roll-off) ist das Leistungsspektrum
konstant. Der kleinstmögliche Wellenvektor qL = 2π
ist durch die laterale AusdehL
nung der untersuchten Oberfläche gegeben. Das Leistungsspektrum C (q) ist für
8
Zwischen fraktaler Dimension Df und Hurst-Exponent H besteht der Zusammenhang H =
3−Df . Für den Hurst-Exponent gilt 0 ≤ H ≤ 1, wobei H = 1 für eine selbstähnliche Oberfläche
steht.
1.2. STAND DER FORSCHUNG
7
isotrope Oberflächen ausschließlich eine Funktion des Betrags q des Wellenvektors
q.
Der quadratische Mittenrauwert Rq (root-mean-square roughness) wird durch
die längste Wellenlänge dominiert sofern q1 q0 , die mittlere Neigung und
Krümmung hingegen werden durch die kürzeste Wellenlänge dominiert.
Persson baut seine Kontaktmechanik auf der fraktalen Beschreibungsweise der
Oberflächen auf. Als Eingangsgröße wird nur das Leistungsspektrum C (q) benötigt. Die beobachtete reale Kontaktfläche hängt dann von der Vergrößerung ζ
ab.
Persson gelangt für kleine Normalkräfte ebenfalls zu einem linearen Zusammenhang zwischen Normalkraft und Kontaktfläche. Die dimensionslose Größe κ hat
jedoch einen anderen Wert: κ ≈ 1,60.
Die eine Sorte von Ansätzen (Greenwood, Bush) geht von einer statistischen
Verteilung der Asperiten aus und vernachlässigt die Wechselwirkungen zwischen
ihnen. Die Kontaktfläche ist dann die Summe der Teilkontaktflächen der unabhängigen Asperiten. Perssons Theorie benutzt das Skalierungsverhalten der
Oberflächen. Trotz der Verschiedenartigkeit der Ansätze ergibt sich stets strukturell die gleiche Formel und der Wert κ ist in beiden Fällen von gleicher Größenordnung.
1.2.4
Numerische Kontaktmechanik selbstaffiner Oberflächen
Campañá und Müser [18] benutzen eine auf der Greenschen Funktion basierende Molekulardynamik (GFMD) für kontaktmechanische Berechnungen. Sie
untersuchen den reibungsfreien Kontakt zwischen glatten elastischen Körpern
(ν = 0,25) mit starren rauen Unterlagen. Die benutzten rauen Oberflächen entstammen entweder Messungen mit einem Atomkraftmikroskop oder werden als
selbstaffine Oberflächen numerisch erzeugt.
Hauptziel der Untersuchungen ist die Bestimmung der Verteilung der Drücke im
Kontakt, genauer die Wahrscheinlichkeitsdichte P (p). Zudem wird die Abhängigkeit der wahren Kontaktfläche von der Normalkraft untersucht, insbesondere
wird der Koeffizient κ mit den analytischen Ergebnissen von Persson und Bush
verglichen. Für kleine Normalkräfte (besser Areal /A0 ≤ 0,1) besteht eine lineare
Abhängigkeit zwischen Normalkraft und (wahrer) Kontaktfläche. Wird die Diskretisierung so fein wie die kleinsten Rauheiten gewählt, wird die wahre Kontaktfläche geringfügig zu groß berechnet.
Hyun et al. [51, 52] untersuchen den elastischen, reibungsfreien, nicht-adhäsiven
Kontakt mit der Finite Elemente Methode (FEM). Dabei untersuchen sie den
Einfluss des betrachteten Wellenzahlbereichs. Der Koeffizient κ unterscheidet
sich kaum für (synthetische) selbstaffine Oberflächen und reale Oberflächen; die
räumliche Verteilung der Kontaktfläche unterscheidet sich jedoch deutlich.
Sowohl bei Campañá und Müser als auch bei Hyun et al. hängt der Koeffizient κ vom Hurst-Exponenten ab und liegt stets zwischen den analytisch bestimmten Werten von Persson und Bush. Es ergibt sich zudem eine (grobe)
Übereinstimmung zwischen den numerischen Ergebnissen der beiden Gruppen.
Liu et al. [69] untersuchen thermische Effekte beim Kontakt gemessener rauer Oberflächen mit der FEM. Insbesondere wird die Veränderung des mittleren
Druckes in Abhängigkeit von der zugeführten Wärme untersucht. Die Oberflächen
8
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
werden nicht spezifiziert, der Einfluss der Oberflächentopographie auf die Kontaktmechanik wird nicht untersucht.
Neben den oben angeführten Berechnungen gibt es auch numerische Simulationen,
bei denen aus einer selbstaffinen Oberfläche ein Modell mit sphärischen Asperiten
erzeugt wird, z. B. von Komvopoulos und Ye [63]. Das elasto-plastische Verhalten eines Asperiten wird mit der FEM ermittelt; das Gesamtverhalten folgt
dann aus statistischen Betrachtungen.
1.3
Zielsetzung
Im Abschnitt 1.1 wurde bereits erläutert, dass der Mehrskalencharakter eine wesentliche Hürde für die Simulation des Kontaktes rauer Oberflächen darstellt. Eine
erhebliche Reduzierung des Rechenaufwandes kann offensichtlich erzielt werden,
wenn zur Simulation dreidimensionaler Kontaktprobleme Modelle niedrigerer Dimension benutzt werden. Das Problem bei der Reduktion von Modellen zur Kontaktsimulation besteht nun darin, dass Modelle niedrigerer Dimension u. U. nicht
die korrekten Zusammenhänge wiedergeben. Als Beispiel seien die Systeme KugelEbene und Zylinder-Ebene genannt. Die Hertzsche Theorie liefert im ersten Fall
für die Abplattung d und die Normalkraft F den Zusammenhang F ∝ d3/2 , im
zweiten Fall hingegen F ∝ d [56]. D. h. der Kontakt Kugel-Ebene kann nicht
einfach durch den Kontakt Zylinder-Ebene ersetzt werden9 .
In der vorliegenden Arbeit wird ein einfaches eindimensionales Modell vorgestellt, mit dem einige Aspekte des dreidimensionalen Kontaktproblems korrekt
simuliert werden können. Das Modell wird ausführlich in den folgenden Kapiteln
vorgestellt. Zur Motivation soll eine zentrale Überlegung schon an dieser Stelle
dargelegt werden:
Beim Hertzschen Kontakt10 gilt für die Kontaktsteifigkeit beim Normalkontakt
knorm
knorm = 2E ∗ a ,
(1.4)
mit dem effektiven elastischen Modul E ∗ und dem Kontaktradius a. Das Ergebnis
ist bemerkenswert, weil die Steifigkeit knorm linear vom Kontaktradius a abhängt
und nicht von der Kontaktfläche. Das Verhalten ist Ausdruck der vorhandenen
Korrelationen im Kontinuumsmodell. Zudem tritt der Krümmungsradius R in
Gl. (1.4) nicht auf.
Welche Konsequenz hat Gl. (1.4) für die Simulation von Kontaktproblemen? Die
Proportionalität zur linearen Abmessung (Kontaktradius) statt zur Fläche bedeutet, dass sich die gleiche Steifigkeit in einem Modell erreichen lässt, bei dem
unabhängige Federn entlang einer Linie angeordnet sind.
Wie sieht es mit dem Tangentialkontaktproblem aus? Für die Steifigkeit beim
Tangentialkontakt ktang zweier Körper aus gleichem Material ergibt sich
ktang =
4
Ga ,
2−ν
(1.5)
mit dem Schubmodul G und der Querkontraktionszahl ν. Auch beim Tangentialkontakt ergibt sich die Proportionalität zum Kontaktradius a. Somit ist ein Weg
zur Dimensionsreduktion aufgezeigt!
9
10
Im Kapitel 2 und im Anhang B wird die Dimensionsproblematik ausführlich behandelt.
Für weitere Informationen siehe Abschnitt 2.3, Seite 15ff.
PSfrag replacements
1.3. ZIELSETZUNG
9
Elastischer Kontakt
2 Einzelkontakt
3 Raue Oberflächen
Hauptteil
Erweiterungen
5 Adhäsion
6 Schmierung
Technische Anm.
4 Numerik
Einordnung
A Simulationsmethoden
B Dimensionsproblematik
Abbildung 1.1: Überblick über die vorliegende Arbeit
Mit dem Modell soll der Brückenschlag von den theoretischen Erkenntnissen auf
dem Gebiet der Reibungsphysik zu den Anwendungen gelingen. Kurz gefasst lautet das Ziel der Arbeit:
Entwickle ein Modell, das im Detail grob ist, dafür aber die Simulation von Kontaktproblemen über viele Skalen und unter Einbeziehung
vieler physikalischer Phänomene erlaubt.
Dass es gelingt, Kontaktprobleme mit einem eindimensionalen Modell unter enormer Einsparung von Rechenzeit zu simulieren, ist die gute Botschaft der vorliegenden Arbeit.
Im Kapitel 2 werden erste Ideen zum Aufbau des 1D-Modells entwickelt (Abbildung 1.1). Die dort dargestellten Erkenntnisse sind Motivation, solche eindimensionalen Federmodelle eingehender auf ihre Eignung zur Simulation von
Kontaktproblemen zu untersuchen.
Im Kapitel 3 werden raue Oberflächen ausführlich untersucht. Die zentrale Frage ist, wie die 2D-Oberflächentopographie auf eine 1D-Oberflächentopographie
umgerechnet werden kann.
Kapitel 4 gibt einen Überblick über numerische Aspekte. Simulationen mit dem
vorgestellten Modell sollen erheblich Rechenzeit gegenüber herkömmlichen 3DModellen einsparen. Dabei kommt den numerischen Lösungsverfahren eine bedeutende Rolle zu. Auch die Wahl des Lösungsverfahrens entscheidet über Erfolg
oder Misserfolg.
Schließlich wird in den Kapiteln 5 und 6 das Modell auf adhäsive bzw. geschmierte Kontakte erweitert. Diese Ausführungen sind als Basis für weiter gehende Untersuchungen zu verstehen. Damit ist die Entwicklung eines möglichst
einfachen Modells zur Berechnung von Kontakt- und Reibungsproblemen unter
Berücksichtigung von rauen Oberflächen, Elastizität, Adhäsion und Schmierung
vorerst abgeschlossen.
Die Anhänge A und B dienen der Einordnung der Methode und sollen dem Leser
eine bessere Orientierung ermöglichen.
10
1.4
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Anwendungsbeispiele
Bei der Herstellung von Festplatten und Computerchips wachsen die Anforderungen an die Qualität der Oberflächenbearbeitung beständig [27]. Ein typisches
Herstellungsverfahren, mit dem qualitativ hochwertige Oberflächen erzeugt werden können, ist das chemisch-mechanische Polieren (CMP). Das zum Einsatz kommende Schmiermittel enthält häufig abrasive Teilchen. In einem beim
CMP typischen Regime gibt es keinen direkten Kontakt zwischen den abrasiven Teilchen und der zu polierenden Oberfläche. Vielmehr wird die irreversible
Veränderung der Oberfläche durch Druckänderungen im dünnen Schmierfilm zwischen Teilchen und Oberfläche hervorgerufen.
Um auch in Zukunft den wachsenden Anforderungen an die Qualität der Oberflächen gerecht zu werden, ist die Entwicklung von Simulationsprogrammen notwendig. Am Fachgebiet wurde von Popov, Filippov und Herbrich auf Basis dieser
Untersuchungen ein Simulationsmodell für das CMP im oben beschriebenen Regime entwickelt. Erst die Reduktion auf ein 1D-Modell macht hier die Simulation
über lange Zeiträume unter Berücksichtigung vieler physikalischer Phänomene
möglich. In diesem Anwendungsfall erfolgt die gesamte Simulation des Polierprozesses innerhalb des eindimensionalen Modells.
Ein anderer Anwendungsfall ist die Simulation in der Umformtechnik, z. B. in
der Kaltmassiv- und Blechumformung. Die Simulation des eigentlichen Umformprozesses würde wie gehabt mittels Finiter Elemente durchgeführt werden.
Das Reibungsgesetz11 bzw. das Zusammenspiel von Reibungskraft und Änderung
der Oberflächentopographie hingegen könnte mit dem hier entwickelten Modell
bestimmt werden.
11
Zur Zeit wird in den Simulationen der Umformtechnik das Coulombsche Gesetz verwendet.
Die experimentelle Bestimmung der Reibungskoeffizienten ist dabei durchaus problematisch;
i. d. R. kann nur eine Rangfolge zwischen verschiedenen Kontaktkonfigurationen angegeben
werden.
Kapitel 2
Elastischer Einzelkontakt
2.1
Bedeutung der räumlichen Dimension bei
Kontaktproblemen, Reduktion der Dimension zu Simulationszwecken
Ein wesentlicher Gedanke der vorliegenden Arbeit zur Entwicklung von Simulationsmodellen für Kontaktprobleme ist die Reduktion der räumlichen Dimension von drei auf eins bei Erhaltung einiger wichtiger Eigenschaften. Bei Kontaktproblemen ist die Dimension des Problems von großer Bedeutung. Wie aus
den klassischen Arbeiten der Kontaktmechanik bekannt ist, liefern z. B. die Untersuchung der Kontaktprobleme Zylinder-Ebene bzw. Kugel-Ebene sehr unterschiedliche Resultate [56]. Abbildung 2.1 zeigt drei verschiedene Kontaktprobleme: Kugel-Kugel, Zylinder-Zylinder und den Kontakt zwischen zwei starren Zylindern mit dünner elastischer Schicht. Beim dreidimensionalen Problem ist die
elastische Energie im Kontaktbereich lokalisiert; die Deformation beschränkt sich
im wesentlichen auf einen räumlichen Bereich, dessen lineare Dimension von der
Größenordnung des Kontaktradius ist. Beim dreidimensionalen Kontaktproblem
kommt es daher nicht auf die genauen Abmaße bzw. die Form des Körpers an; lediglich der unmittelbare Kontaktbereich entscheidet. Das berühmte Ergebnis von
Hertz für den Kugelkontakt wird in der Tat aus einer Halbraumbetrachtung hergeleitet. Beim zweidimenisonalen Problem hingegen ist die Geometrie des gesamten
Körpers von Bedeutung. Es ergibt sich eine direkte Proportionalität zwischen
Normalkraft F und Abplattung d. Das ist abweichend vom Ergebnis des dreidimensionalen Problems. Dementsprechend kann eine (normale) zweidimensionale
Simulation (z. B. mit Finiten Elementen) nicht den korrekten Zusammenhang
zwischen Normalkraft und Abplattung wiedergeben.
Wird nun das Kontaktproblem zwischen zwei starren Zylindern mit elastischer
Schicht betrachtet, ergibt sich das bekannte Ergebnis des dreidimensionalen Problems1 . Es sei darauf hingewiesen, dass nicht nur der Zusammenhang zwischen
Normalkraft F und Abplattung d korrekt ist, sondern auch die Abhängigkeit vom
Krümmungsradius R in beiden Fällen übereinstimmt. Erst das macht die in den
folgenden Kapiteln vorgestellte Simulationsmethode so robust.
Es sei zudem an die Ausführungen des Abschnittes 1.3 (Seite 8f) erinnert. Danach sind im dreidimensionalen Problem die Steifigkeiten knorm , ktang des Normal1
Genauere Ausführungen dazu erfolgen in Abschnitt 2.3, Seite 15.
11
12
KAPITEL 2. ELASTISCHER EINZELKONTAKT
Kugel
PSfrag replacements F ∝
√
Zylinder
Rd3
elastisch
Zylinder mit elastischer Schicht
F ∝d
F ∝
√
Rd3
starr
elastisch
Abbildung 2.1: Vergleich verschiedener Kontaktprobleme
bzw. Tangentialkontaktes vom Kontaktradius a und nicht von der Kontaktfläche
abhängig. Das ist Ausdruck der Korrelationen zwischen benachbarten Regionen
im elastischen Kontinuum. Die direkte Proportionalität zwischen den Steifigkeiten und dem Kontaktradius ermöglicht den Übergang auf das eindimensionale
Modell!
Eine Anmerkung zur Oberflächentopographie soll schon an dieser Stelle erfolgen: Zweidimensionale Modelle behandeln die Körper als unendlich ausgedehnt
in eine Richtung. Raue (eindimensionale) Oberflächen solcher zweidimensionalen Modelle unterstellen somit eine Aneinanderreihung von unendlich ausgedehnten Strukturen. Statt Kugelkappen werden zylindrische Strukturen modelliert.
Bei der Verwendung von Modellen mit zweidimensionaler Oberfläche kann die
gemessene Oberflächentopographie direkt verwendet werden. Bei Modellen mit
eindimensionaler Oberfläche hingegen müssen, falls überhaupt möglich, Umrechnungsvorschriften gefunden werden.
Abbildung 2.2 zeigt vier verschiedene Möglichkeiten, dass dreidimensionale Kontaktproblem zu simulieren:
3D Modell Das nahe liegendste Modell ist ein vollständiges dreidimensionales
Modell z.B. auf Basis der FE-Methode. Dazu wird das gesamte Volumen mit
geeigneten Elementen diskretisiert; üblicherweise hat jeder Knoten 3 Freiheitsgrade. Zur Untersuchung des Kontaktes zwischen rauen Oberflächen
ist eine sehr feine Diskretisierung der Oberflächenschichten nötig. Unter
Umständen muss die Diskretisierung an der Oberfläche von der Größenordnung 10 nm sein. Im Innern kann gröber diskretisiert werden. Vorteile dieses
Modells sind die Verwendung der Originalgeometrie (Dimension, Oberflächentopographie) und die Möglichkeit, Deformationen an der Oberfläche
und im Innern der Körper bestimmen zu können. Zudem ist die Methode
vielen Ingenieuren bekannt und es sind eine Vielzahl kommerzieller Programme verfügbar. Nachteilig wirkt sich die sehr hohe Rechenzeit aus, vor
allem vor dem Hintergrund, dass mit den Simulationsmodellen nicht nur
13
2.1. DIMENSIONSPROBLEMATIK
3D Modell
3D Kontaktproblem
PSfrag replacements
3D hierarchisches Modell
2D hierarchisches Modell
1D Modell
Abbildung 2.2: Modelle zur Simulation des dreidimensionalen Kontaktproblems
einzelne Berechnungen durchgeführt werden sollen, sondern ausgiebige numerische Experimente und Optimierungsrechnungen. Berechnungen über
viele Skalen (Nanometer bis Millimeter oder Meter) sind mit der heutigen Rechenkapazität praktisch unmöglich. Vorsicht ist zudem bei den Kontaktalgorithmen in kommerziellen FE-Programmen geboten. Vollständige
dreidimensionale Modelle können auch mittels Feder-Masse-Modellen bzw.
Teilchenmodellen umgesetzt werden.
3D hierarchisches Modell Hierarchische Modelle können z.B. als Feder-Masse-Modelle mit ausschließlich vertikalen Freiheitsgraden aufgebaut werden.
Eine hierarchische Anordnung der Teilchen verbunden mit der Beschränkung auf einen Freiheitsgrad je Teilchen gewährleistet einen vergleichsweise
geringen Gesamtfreiheitsgrad des Modells bei gleichzeitig sehr feiner Diskretisierung der Oberfläche. Bei einem dreidimensionalen Modell kann die
Originaloberflächentopographie genutzt werden und Deformationen können
auch im Innern der Körper berechnet werden.
2D hierarchisches Modell Bei zweidimensionalen Modellen wird auf Freiheitsgrade in Dickenrichtung verzichtet. Die Oberfläche ist dann eindimensional;
eine Umrechnung von der gemessenen zweidimensionalen Oberflächentopographie auf eine eindimensionale ist notwendig. Dafür erlaubt das 2D Modell die Berechnung der Deformation im Innern. In Abschnitt B.5 wird
ausführlicher darauf eingegangen, wie die fiktiven konstitutiven Gesetze
aussehen könnten, damit die Simulation des dreidimensionalen Kontaktproblems mit einem zweidimensionalen Modell erfolgen kann.
1D Modell Eindimensionale Modelle, Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit, bestehen aus Teilchen, die entlang einer Linie angeordnet sind (Abbildung
2.3). Die Oberfläche ist dann eindimensional; eine Umrechnung von der
gemessenen zweidimensionalen Oberflächentopographie auf eine eindimensionale ist genau wie beim zweidimensionalen Modell notwendig. Außerdem
sind die Deformationen nur an der Oberfläche bekannt. Vorteil des eindimensionalen Modells ist die geringe Rechenzeit, die es erlaubt, Kontaktprobleme über viele Skalen und unter Einbeziehung vieler physikalischer
Phänomene zu simulieren.
14
KAPITEL 2. ELASTISCHER EINZELKONTAKT
Körper 1
z
PSfrag replacements
x
Körper 2
Abbildung 2.3: Eindimensionales Modell
Im Anhang B wird auf die Frage der Dimension etwas näher eingegangen. Die
Ausführungen unterstreichen, dass bei der Reduktion nicht beliebig vorgegangen
werden kann. Insbesondere zeigt sich, dass 2D-Modelle durchaus 3D-Probleme
wesentlich schlechter simulieren können als 1D-Modelle. Mitnichten kann eine
Reduktionshierarchie 1D-2D-3D im Sinne aufsteigender Güte aufgestellt werden.
Viele praktische Anwendungen führen in der Tat auf 2D Modelle. In einem breiten zylindrischen Gleitlager kann (unter Vernachlässigung von Randeffekten) mit
einem 2D Modell gerechnet werden. Die Simulation von Mischreibungszuständen
erfordert die Betrachtung der rauen Oberflächen. Dann gibt es, wie bereits oben
ausgeführt, kaum eine Alternative zur 3D Modellierung, da Asperiten in der Regel
kugel- oder ellipsenförmig nicht jedoch zylinderförmig sind.
Das Lesen von Anhang B ist für das weitere Verständnis nicht zwingend erforderlich. Im folgenden wird eine kurze Übersicht über den Anhang gegeben. In den
beiden Abschnitten B.1 und B.2 werden drei- bzw. zweidimensionale Probleme
näher betrachtet. Auf einige analytische Ergebnisse folgen numerische Berechnungen. Die numerischen Berechnungen dienen zum einen der Illustration der
typischen drei- bzw. zweidimensionalen Ergebnisse. Sie dienen zum anderen auch
der Vorstellung möglicher Berechnungsverfahren für Kontaktprobleme (konkreter als im Anhang A ). Die im Abschnitt B.1 vorgestellte Methode zur Berechnung dreidimensionaler Kontaktprobleme wird z. B. in Abschnitt 3.4 (Seite 34)
für Vergleichsrechnungen 3D-1D benutzt. Abschnitt B.1 dient demnach auch der
Überprüfung meiner Routinen mittels bekannter Lösungen (Hertzsches Kontaktproblem).
Für das zweidimensionale Kontaktproblem wird u. a. das von Heß und Popov
entwickelte hierarchische Modell (Teilchenmethode) des Normalkontaktes näher
betrachtet.
In Abschnitt B.4 wird kurz das adhäsive Kontaktproblem betrachtet. Auch dort
zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen drei- und zweidimensionalen Kontaktproblemen.
Der letzte Abschnitt B.5 des Kapitels behandelt die Frage, ob zweidimensionale
Modelle (mit eindimensionaler Oberfläche) so geschaffen werden können, dass sie
sich in ausgewählten Situationen wie dreidimensionale Modelle verhalten. Dazu
wird das in Abschnitt B.2 vorgestellte hierarchische Modell wieder aufgegriffen.
15
2.2. ELASTISCHE ENERGIE IM 3D-PROBLEM
2.2
Elastische Energie im 3D-Problem
Bevor der Hertzsche Kontakt näher betrachtet wird, erfolgt, bezugnehmend auf
den vorhergehenden Abschnitt, eine kurze Erläuterung der Aussage die elastische
Energie ist im Kontaktbereich lokalisiert. Die Erläuterungen folgen [97].
Es wird der Eindruck eines starren Stempels (Durchmesser D) in einen elastischen
Körper betrachtet (Indentierung). Die Eindrucktiefe sei d. Die Eindruckgeschwindigkeit sei klein im Vergleich zur Schallgeschwindigkeit, so dass der Eindruckprozess als quasistatisch betrachtet werden kann.
Für die Verschiebung im elastischen Körper in großer Entfernung r vom Punkt
der Indentierung gilt
Dd
.
(2.1)
u'
r
Die Energiedichte kann damit abgeschätzt werden zu GD 2 d2 /r 4 , wobei G den
Schubmodul bezeichnet. Für die elastische Energie ergibt sich durch Integration
Z
Z
D 2 d2
dr
2
2 2
Eel ' G 4 2πr dr = 2πGD d
.
(2.2)
r
r2
Das Integral in Gl. (2.2) konvergiert auf der oberen Grenze (auch wenn diese zu
unendlich gewählt wird). Da die Asymptote (2.1) nur für r > D gilt, muss die
untere Grenze von der Größenordnung von D sein. Für die untere Grenze 0 würde
das Integral divergieren.
Die elastische Energie ist somit in einem Volumen mit der linearen Abmessung
von der Größenordnung D konzentriert; i. a. W. die elastische Energie ist eine
lokale Größe, die nur von der Konfiguration und Deformation in der Nähe des
Mikrokontaktes abhängt. Die Größe und Form des makroskopischen Körpers ist
für die Kontaktmechanik dieses Problems bedeutungslos.
2.3
Hertzscher Kontakt
Raue Oberflächen bestehen aus einer Vielzahl von Asperiten. In guter Näherung
[44] können diese als Kugelkappen angenommen werden. Daher soll zuerst der
elastische Normalkontakt von Kugeln näher betrachtet werden.
Betrachtet wird zunächst der nichtadhäsive Kontakt zwischen zwei Kugeln mit
Radius R1 und R2 . Zwischen Abplattung d und Normalkraft F gilt der von Hertz
[49] gefundene Zusammenhang
4 √
F = E ∗ Rd3 ,
(2.3)
3
wobei
R1 R2
R=
R1 + R 2
und
1
1 − v12 1 − v22
=
+
.
E∗
E1
E2
Ei und νi bezeichnen den Elastizitätsmodul bzw. die Querkontraktionszahl des
Materials i. Ist einer der Körper starr, so erhält man
∗
Eel−st
=
E
2G
=
2
1−v
1−v
;
16
KAPITEL 2. ELASTISCHER EINZELKONTAKT
Fall
elastische Energie Eel
zwei identische Kugeln
√
√
4 2G
RK d5
15(1−ν)
elastische Kugel gegen starre Ebene
16G
15(1−ν)
elastische Kugel gegen elastische Ebene
8G
15(1−ν)
√
RK d5
√
RK d5
Tabelle 2.1: Elastische Energien für den Hertzschen Kontakt für drei spezielle
Fälle
kv = cn ∆x
PSfrag replacements
x
Abbildung 2.4: Starrer Zylinder mit elastischer Schicht, ∆x sei der Teilchenabstand
haben beide Körper die gleichen elastischen Konstanten, so ergibt sich
∗
Eel−el
=
E
G
=
2
2 (1 − v )
1−v
.
Die gespeicherte elastische Energie ergibt sich aus (2.3) durch Integration:
Z d
√
8
Eel =
F dd˜ = E ∗ Rd5 .
(2.4)
15
0
Tabelle 2.1 zeigt die elastischen Energien für drei spezielle Fälle, wobei RK stets
der Kugelradius ist.
2.4
1D-Modell
Betrachtet wird nun ein starrer Zylinder (Radius R) mit einer elastischen Schicht
konstanter Dicke. Die elastische Schicht wird durch eine dichte Aneinanderreihung
von linearen, untereinander unbeeinflussten Federn der Steifigkeit je Länge cn
gebildet (Abbildung 2.4). Beim Kontakt des Zylinders mit einer starren Ebene
wird die elastische Energie
2
Z
1 a
x2
8
Eel =
cn d 1 − 2
dx = cn ad2
(2.5)
2 −a
a
15
gespeichert. Hierbei sind d die Abplattung (in der Mitte) und a die Kontakthalbweite. Wie in der Kontaktmechanik üblich, wurde das Kontaktgebiet durch eine
Parabel genähert. Zudem gilt für d a der Zusammenhang
√
a = 2Rd .
17
2.4. 1D-MODELL
Schließlich ergibt sich
√
8 2 √ 5
cn Rd .
Eel =
(2.6)
15
Der Vergleich von (2.4) und (2.6) zeigt, dass die elastische Energie in beiden
Fällen in gleicher Weise von R und d abhängt. Wird
cn =
1√ ∗
2E
2
(2.7)
gewählt, sind beide Ausdrücke (2.4) und (2.6) identisch. Das dreidimensionale
Normalkontaktproblem (ohne Adhäsion) zwischen zwei Kugeln kann auf ein eindimensionales Modell zurückgeführt werden. Die Steifigkeit cn ist nur von den
Materialkonstanten abhängig, nicht aber vom Krümmungsradius R oder der Position x.
Es sei betont, dass die makroskopische Beziehung zwischen Kraft F und Abplattung d im 1D-Modell korrekt ist. Bisher wurde noch nicht untersucht, wie die
Spannungsverteilung im Kontaktgebiet aussieht. Für die makroskopische Dynamik ist die Spannungsverteilung jedoch von untergeordneter Bedeutung.
In einem diskreten Modell sind die Federn mit einem Abstand ∆x anzuordnen.
Die Steifigkeit jeder Feder ist dann kv = cn ∆x. Der Abstand ∆x der Federn
ist klein gegenüber der charakteristischen Wellenlänge der Oberfläche zu wählen.
Die Kontaktgebiete müssen aus vielen Federn bestehen. Weitere Einschränkungen
gibt es nicht. Wird der Abstand zwischen zwei Teilchen als Längeneinheit des
Problems LE gewählt und
√ die Steifigkeit als 1 KE/LE, so folgt für die Krafteinheit
des Problems KE = 21 2E ∗ LE2 .
In der Kontaktmechanik und Reibungsphysik ist die Beziehung zwischen Normalkraft und Kontaktradius von herausragender Bedeutung. Beim Hertzschen
Kontakt ergibt sich aus (2.3) und
a2 = dR
die Beziehung
4 E∗ 3
a .
(2.8)
3 R
Beim Kontakt zwischen starrer Ebene und Zylinder mit elastischer Schicht gilt
aufgrund der Unabhängigkeit der einzelnen Federn hingegen
F =
a2 = 2Rd
und somit
2 cn 3
a .
(2.9)
3R
Auch die Beziehungen (2.8) bzw. (2.9) zwischen Kraft und Kontaktradius weisen
identische Abhängigkeiten vom Kontaktradius a und Krümmungsradius R auf.
Allerdings stimmen die Kräfte quantitativ nicht überein, wenn die Steifigkeit cn
gemäß (2.7) gewählt wird.
Die Druckverteilung beim Hertzschen Kontakt ist
r
3F
r2
σ3D (r) =
1
−
.
2πa2
a2
F =
18
KAPITEL 2. ELASTISCHER EINZELKONTAKT
Bei dem untersuchten 1D-Modell gilt für die lokale Federkraft hingegen
x2
F̃ (x) ∝ 1 − 2
.
a
Die Druckverteilungen unterscheiden sich. Mikroskopisch, also auf der Ebene der
einzelnen Teilchen, wird das Verhalten nicht korrekt simuliert. Die Gesamtkraft,
die relevante Größe auf der Ebene eines Asperiten, wird hingegen korrekt simuliert.
2.5
Übergang von 3D auf 1D mit Änderung des
Kappenradius
Wie bereits herausgearbeitet, gelten die folgenden Beziehungen
4 E∗ 3
a
3 R3D
2 cn 3
F1D (a) =
a
3 R1D
F3D (a) =
(2.10a)
(2.10b)
und
4 p
F3D (d) = E ∗ R3D d3
3√
4 2 p
F1D (d) =
cn R1D d3
3
(2.11a)
.
(2.11b)
Es wurde bereits gezeigt, dass bei R3D = R1D die Steifigkeit cn entweder so
gewählt werden kann, dass die Beziehungen zwischen Kraft F und Durchdringung
d übereinstimmen oder so, dass die Beziehungen zwischen Kraft F und Kontaktgröße a übereinstimmen. Wird R3D 6= R1D zugelassen, können beide Relationen
übereinstimmen. Es folgen dann aus (2.10) und (2.11) die Beziehungen
R3D
=2
R1D
cn = E ∗
(2.12)
.
(2.13)
Falls R3D 6= 2R1D ist, stimmt F (d), wenn
r
√
2 ∗ R3D
cn =
E
2
R1D
und F (a), wenn
cn = 2
2.6
R1D ∗
E
R3D
.
Spannungen und Fließkriterium
Sollen neben elastischen Deformationen auch plastische Deformationen zugelassen werden, wird ein Fließkriterium benötigt. Die Berücksichtigung plastischer
2.7. INNERE SPANNUNGEN
19
Deformationen ist zum Beispiel bei der Simulation des chemisch-mechanischen
Polierens [94] notwendig.
In der Regel werden Fließkriterien über Spannungen definiert. Die räumliche Verteilung der lokalen Federkräfte ist im 1D-Modell parabolisch und weicht somit von
der Hertzschen Spannungsverteilung ab. Im folgenden wird gezeigt, dass auch im
1D-Modell eine Spannung definiert werden kann, die im Fall elastischer Deformationen mit der Hertzschen Spannungsverteilung übereinstimmt.
Für die Kraft in einer Feder gilt
x2i
F̃i = ∆xcn δi = ∆xcn d −
,
(2.14)
2R
wobei δi die Deformation der Feder i und ∆x der Teilchenabstand sind. Nun wird
die Spannung als
F̃i
σi = √
(2.15)
b δi R
eingeführt. b sei die Breite in Richtung der Zylinderachse. Die Spannung an einer
Stelle wird aus der lokalen Kraft und Verschiebung berechnet. Zudem geht noch
der Krümmungsradius R in die Spannung ein. Bei plastischer Deformation ändert
sich der Krümmungsradius. Die Spannung ist damit eine nichtlokale Größe.
Aus (2.15) ergibt sich durch Einsetzen und Umformen der Ausdruck
r
√
x2i
3 2 F ∆x
1
−
.
(2.16)
σi =
4 a2 b
a2
Beim Hertzschen Kugelkontakt ist die Spannungsverteilung bekanntermaßen
r
3F
x2
.
(2.17)
σ=
1
−
2πa2
a2
Die Spannungsverteilungen sind dann gleich, wenn
√
b
2π
=
≈ 2,22
∆x
2
gesetzt wird. Die Größe b ist als effektive Breite des 1D-Modells zu verstehen.
Sie ist 2,22 mal größer als der Teilchenabstand ∆x. In der Simulation wird die
Spannung aus lokaler Federkraft F̃i und lokaler Deformation δi dann gemäß
√
F̃i
F̃i 2
√
σi = √
=
(2.18)
b δi R
π∆x δi R
berechnet. Fazit: Für ein Fließkriterium sollte nicht die lokale Kraft F̃i herangezogen werden, sondern die nichtlokale Größe σi gemäß Gleichung (2.18).
2.7
2.7.1
Innere Spannungen
Idee
Die Schwierigkeit des Kontaktproblems steckt in der Notwendigkeit, sowohl die
Kontaktspannungen als auch deren Wirkungsort“ berechnen zu müssen; i.a.W.
”
20
KAPITEL 2. ELASTISCHER EINZELKONTAKT
zu Beginn ist auch die Lage und Größe des Kontaktgebietes unbekannt. Das
1D-Programm liefert für raue Oberflächen die Kontaktspannungen und das Kontaktgebiet. Für den Fall linearer Elastizität können dann durch numerische Integration mittels der Fundamentallösung die Spannungen im Innern berechnet
werden. Wenn das Kontaktproblem gelöst ist, kann aber auch mit einer beliebigen anderen Methode das Innere untersucht werden, insbesondere auch mit der
FEM.
2.7.2
Berechnungen
Die Spannungen bei Wirkung einer Einzelnormalkraft P im Koordinatenursprung
(Boussinesq) sind durch
2
x2 z
x (2R + z) R2 − Rz − z 2
P
−
σxx =
−3 5 + (1 − 2ν)
(2.19)
2π
R
R3 (R + z)
R3 (R + z)2
2
y2z
y (2R + z)
R2 − Rz − z 2
P
−
σyy =
−3 5 + (1 − 2ν)
(2.20)
2π
R
R3 (R + z)
R3 (R + z)2
3P z 3
σzz = −
(2.21)
5
2π
R
P
xyz
xy (2R + z)
τxy =
−3 5 + (1 − 2ν)
(2.22)
2π
R
R3 (R + z)2
3P yz 2
τyz =
(2.23)
2π R5
3P xz 2
(2.24)
τxz =
2π R5
bestimmt [46], wobei R2 = x2 + y 2 + z 2 . Die Berechnung der Spannungen bei beliebiger Normaldruckverteilung p an der Oberfläche gelingt durch Superposition.
Für die Normalspannung σzz in z-Richtung ergibt sich exemplarisch
ZZ
3z 3
p (x̂, ŷ)
σzz (x, y, z) = −
(2.25)
5/2 dx̂dŷ ,
2
2
2π
2
(x
−
x̂)
+
(y
−
ŷ)
+
z
(A)
wobei
RR
die Integration über das druckbeaufschlagte Gebiet meint.
(A)
Für die Hertzsche Druckverteilung
p (x, y) = p0
r
1−
x2 + y 2
a2
(2.26)
werden im folgenden einige Ergebnisse gezeigt. Abbildung 2.5 zeigt die Spannungen auf der z-Achse für ν = 0,33 (Punkte: numerische Lösung, Kurven: analytische Lösung). Die Schubspannungen sind sämtlich 0; für die Punkte auf der
z-Achse sind die Koordinatenrichtungen gleichzeitig die Hauptrichtungen. Numerische Integration und analytische Lösung [56]
−1
z2
σzz = −p0 1 + 2
(2.27)
a
"
−1 #
z
a 1
z2
σxx = σyy = −p0 (1 + ν) 1 − arctan
+
1+ 2
(2.28)
a
z
2
a
21
2.7. INNERE SPANNUNGEN
0,4
τ1
p0
0,2
0,0
σxx
p0
-0,2
=
σyy
p0
-0,4
σzz
p0
-0,6
-0,8
0
0,5
1
z/a
1,5
2
Abbildung 2.5: Spannungen entlang der z-Achse (x = y = 0) bei Hertzscher
Druckverteilung; Vergleich numerische Integration und analytische Lösung
stimmen hervorragend überein. Zudem ist die maximale Schubspannung τ1 =
1
|σzz − σxx | abgebildet. Es ergibt sich das bekannte Ergebnis, dass die maximale
2
Schubspannung im Innern liegt; für ν = 0,33 bei z ≈ 0,49a. Abbildung 2.6 zeigt
die Vergleichsspannung
1 σV = √ (σxx − σyy )2 + (σxx − σzz )2 + (σzz − σyy )2 +
2
1/2
2
2
2
+6 τxy
+ τxz
+ τyz
.
nach Gestaltänderungsenergiehypothese [53] in der x-z-Ebene.
(2.29)
22
KAPITEL 2. ELASTISCHER EINZELKONTAKT
σV
2
z
1
PSfrag replacements
0.5
σxx
τxz 0
σzz
σyy −2
−1.5
0.05
0.1
−1
0.15
−0.5
0.2
0
0.25
0.3
1
x
0.35
0.4
1.5
0.45
2
0.5
σV /p0
Abbildung 2.6: Vergleichsspannung σV gemäß Gl. (2.29) bei Hertzscher Druckverteilung (x-z-Ebene)
Kapitel 3
Elastischer Kontakt rauer
Oberflächen
Technische Oberflächen sind rau. Selbst hochpolierte Oberflächen weisen im Vergleich zu atomaren Abmessungen riesige Unebenheiten auf. Beim Kontakt zweier
rauer Oberflächen wird die Last durch die Spitzen der Oberflächen übertragen;
große Teile der Oberfläche sind, gemessen an der Reichweite der atomaren Wechselwirkungen, sehr weit voneinander entfernt1 .
3.1
Charakterisierung rauer Oberflächen
Zu Messmethoden und zur Oberflächenbeschreibung sei der Leser auf [11, 41, 56,
121] verwiesen. Ergebnis der Messungen ist die Oberflächentopographie
z = h (x)
,
x = (x, y)
,
wobei häufig nur entlang einer Richtung gemessen wird, d. h. z = h(x). Zur
Charakterisierung rauer Oberflächen werden in der Technik u. a. die Größen Mittenrauwert Ra und quadratischer Mittenrauwert Rq benutzt, wobei
Z
1 l
Ra =
|h (x)| dx ,
l 0
s
Z
1 l 2
Rq =
h (x) dx .
l 0
(3.1)
(3.2)
Beide Kennwerte geben keine Auskunft über die Profilform. Eine Größe, die Informationen zum inneren Zusammenhang des gemessen Signals z = h (x) enthält, ist
die Autokorrelationsfunktion hh (x) h (x + x0 )i. Der Ausdruck h.i steht für einen
Ensemblemittelwert. Bei gegebenem Höhenprofil h (x) wird nun das Leistungsspektrum der Rauheiten gemäß
Z
1
C (q) =
hh (x) h (0)i e−iq·x d2 x
(3.3)
2
(2π)
1
Bowden [11] fasste diese Tatsache so zusammen: Putting two solids together is rather like
turning Switzerland upside down and standing it on Austria - the area of intimate contact will
be small.
23
24
KAPITEL 3. ELASTISCHER KONTAKT RAUER OBERFLÄCHEN
definiert2 . Die Höhen h (x) sind von der Mittelebene gemessen, so dass gilt hhi = 0.
Das Leistungsspektrum der Rauheiten besagt, wie viel eine bestimmte Wellenzahl
zum quadratischen Mittenrauwert beiträgt. Gleichung (3.3) unterstellt bereits,
dass die statistischen Eigenschaften der Oberfläche invariant gegen Translation
sind und die Oberfläche zudem isotrop ist. Insbesondere hängt das Leistungsspektrum dann nur vom Betrag q = |q| des Wellenvektors q ab.
Die Untersuchung stochastischer Oberflächen von Persson (siehe Abschnitt 1.2.3)
baut darauf auf, dass das Leistungsspektrum C (q) alle für die Kontaktmechanik
wesentlichen Informationen enthält. Allerdings kann aus dem Leistungsspektrum
die Oberflächentopographie nicht eindeutig zurückgewonnen werden, da die Informationen über die (zufälligen) Phasen nicht in C (q) enthalten sind.
3.2
3.2.1
Eigenschaften von 1D- und 2D-Oberflächen
Vorüberlegungen
Oberflächen sind, wie bereits erwähnt, selbstaffin; sie weisen Rauheiten auf vielen
Skalen auf. Im folgenden werden numerisch erzeugte 1D- und 2D-Oberflächen
hinsichtlich ihrer Eigenschaften untersucht. 2D-Oberflächen sind Oberflächen, bei
denen die Höhe von zwei Koordinaten abhängt, h = h (x, y); bei 1D-Oberflächen
gilt entsprechend h = h(x).
Die statistischen Kenngrößen hh2 i und hκ2 i des Profils können direkt aus dem
Leistungsspektrum mittels (3.16) und (3.18) berechnet werden. Die erzeugten
Oberflächen können dann daraufhin überprüft werden; sollten diese beiden Werte
nicht stimmen, wurde die Oberfläche falsch erzeugt.
Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht die Statistik der Kappen, genauer die
Verteilungen der Kappenhöhen und Kappenkrümmungen. Für den Kontakt ist
nämlich die Kappenverteilung entscheidend. Informationen zur Verteilung der
Kappenhöhen und Kappenkrümmungen können nur durch numerische Experimente gewonnen werden.
Dabei wird wie folgt vorgegangen: Aus dem Leistungsspektrum werden die Oberflächen mit den im Anhang E dargestellten Methoden erzeugt. Ergebnis ist die
Höhenverteilung h(x) bzw. h(x, y). Anschließend werden Krümmungen und Höhen aller Kappen berechnet. Aus den Höhen- und Krümmungsverteilungen werden dann die charakteristischen Werte h2p , hκp i und κ2p berechnet. Dabei
können sowohl alle Kappen berücksichtigt werden, als auch nur die 10% höchsten
Kappen.
Es werden die Umrechnungsfaktoren
f1 =
s
h2p
hh2 i
,
hκp i
f2 = p
hκ2 i
,
f3 =
s
κ2p
hκ2 i
(3.4)
eingeführt, wobei nur die 10% höchsten Kappen berücksichtigt werden.
Alle untersuchten Oberflächen weisen ein schmalbandiges Spektrum auf.
2
Bei Gleichung (3.3) ist zu beachten, dass, im Gegensatz zur Darstellung in vielen Büchern,
der Vorfaktor (2π)−2 hier bei der Hintransformation auftritt.
3.2. EIGENSCHAFTEN VON 1D- UND 2D-OBERFLÄCHEN
PSfrag replacements
25
4
2
0 −3
10
10−2
10−1
q0
1
Umrechnung für hκp ialle
1
f1
f2
f3
Umrechnung für hκp i
top
Umrechnung für h2p
alle
Umrechnung für h2p
top
Umrechnung für κ2p
alle
Umrechnung für κ2p
top
q1 = 2q0
0,36
2,42
0,46
q1 = 4q0
0,36
2,32
0,54
q1 = 6q0
0,36
2,29
0,56
q1 = 10q0
0,36
2,28
0,56
Abbildung 3.1: oben: Umrechnungsfaktoren für eine 1D-Oberfläche mit einem Leistungsspektrum nach Gleichung (3.5) und q1 = 2q0 ; unten: Umrechnungsfaktoren
gemäß (3.4) für die Topkappen für verschiedene q1 /q0 -Verhältnisse
3.2.2
1D-Oberflächen
Numerische Untersuchungen
Im folgenden werden die statistischen Eigenschaften von 1D-Oberflächen mit einem Leistungsspektrum der Form
cq für q0 ≤ q ≤ q1
C1D =
(3.5)
0
sonst
numerisch untersucht, wobei c > 0. Zudem ist das Spektrum schmalbandig; bei
den folgenden Berechnungen wurde 1,5 ≤ q1 /q0 ≤ 10 gesetzt.
Für sechs verschiedene Werte q0 und fünf verschiedene Werte q1 /q0 wurden jeweils
200 Oberflächen mit 2020 Punkten erzeugt. Anschließend wurde die Höhen- und
Radienverteilungen der Kappen für alle Oberflächen bestimmt. Insbesondere wurden die Mittelwerte und die zentralen Momente (bis zur 4. Ordnung) bestimmt.
Abbildung 3.1 zeigt die Umrechnungsfaktoren zwischen den statistischen Kenngrößen der Kappenverteilung h2p , hκp i und κ2p und den statistischen Kenngrößen hh2 i und hκ2 i. Dabei wird nochmals unterschieden zwischen allen Kappen
und den 10% höchsten Kappen (Topkappen). Für ein gegebenes Verhältnis q1 /q0
26
KAPITEL 3. ELASTISCHER KONTAKT RAUER OBERFLÄCHEN
sind die Umrechnungsfaktoren konstant. Die Umrechnungsfaktoren für h2p sind
sogar unabhängig vom Verhältnis q1 /q0 (siehe Tabelle in Abbildung 3.1).
Analytische Überlegungen
Betrachtet wird eine harmonische 1D-Oberfläche
y = a sin kx ,
mit Wellenlänge λ =
2π
.
k
(3.6)
Es gilt dann
hyi = 0 und
1
y 2 = a2
2
.
Die Krümmung ergibt sich zu
κ=−
ak 2 sin kx
(1 + a2 k 2 cos2 kx)3/2
.
(3.7)
Der Betrag der Krümmung in der Nähe des Maximums ist dann
κp = ak 2
.
(3.8)
Für den Quotienten aus der Asperitenkrümmung und der Wurzel der mittleren
quadratischen Profilkrümmung ergibt sich
3/4
was für ak 1 zu
κp
(1 + a2 k 2 )
p
= 4p
hκ2 i
2 (4 + 3a2 k 2 )
wird.
3.2.3
,
(3.9)
√
κ
p p ≈ 2
hκ2 i
2D-Oberflächen
Im folgenden werden die statistischen Eigenschaften der 2D-Oberflächen genauer
untersucht. Ausgangspunkt ist stets ein Leistungsspektrum der Form
c f ür q0 ≤ q ≤ q1
(3.10)
C2D =
0
sonst
wobei c > 0. Zudem ist das Spektrum schmalbandig (2 ≤ q1 /q0 ≤ 10).
Für sieben verschiedene Werte q0 und vier verschiedene Werte q1 /q0 wurden jeweils 1000 Oberflächen mit 2048×2048 Punkten erzeugt. Anschließend wurden die
Höhen- und Radienverteilung der Kappen für alle Oberflächen bestimmt. Insbesondere wurden die Mittelwerte und die zentralen Momente (bis zur 4. Ordnung)
bestimmt.
Abbildung 3.2 zeigt die Abhängigkeit der Umrechnungsfaktoren f1 , f2 und f3
(sowie die entsprechenden Umrechnungsfaktoren bei Berücksichtigung aller Kappen) von der Wellenzahl q0 für den Fall q1 = 2q0 . Die Umrechnungsfaktoren sind
nur schwach von der Wellenzahl q0 abhängig. Die in Abbildung 3.2 dargestellte
27
3.2. EIGENSCHAFTEN VON 1D- UND 2D-OBERFLÄCHEN
2
PSfrag replacements 1
0 −2
10
f1
f2
f3
10−1
Umrechnung für h2p
alle
Umrechnung für h2p
top
Umrechnung für hκp i
alle
Umrechnung für hκp i
top
Umrechnung für κ2p
alle
Umrechnung für κ2p
top
q1 = 2q0
0,34
1,35
0,23
q1 = 4q0
0,34
1,32
0,27
1
q0
q1 = 6q0
0,35
1,30
0,28
q1 = 10q0
0,35
1,30
0,28
Abbildung 3.2: oben: Umrechnungsfaktoren für eine 2D-Oberfläche mit einem Leistungsspektrum nach Gleichung (3.10) und q1 = 2q0 ; unten: Umrechnungsfaktoren für die Topkappen für verschiedene q1 /q0 -Verhältnisse (Oberflächentopographie 2048 × 2048 Punkte)
28
KAPITEL 3. ELASTISCHER KONTAKT RAUER OBERFLÄCHEN
250
300
300
250
250
200
200
150
150
100
100
50
50
200
150
100
PSfrag replacements
50
0
0.04
0.042
0.044
h2p
0
5.1
5.2
5.3
hκp i
0
2.05
5.4
×10
2.1
−3
2.15
κ2p
2.2
×10−3
Abbildung 3.3: Häufigkeitsverteilungen von h2p , hκp i und κ2p bei 1000 erzeugten Oberflächen (Oberflächentopographie 2048 × 2048 Punkte, q0 = 0,2, q1 = 0,4,
C = 10−2 )
Tabelle zeigt die Abhängigkeit der Umrechnungsfaktoren für die Topkappen vom
q1 /q0 -Verhältnis.
Für den Fall q0 = 0,2, q1 = 2q0 zeigt die Abbildung 3.3 exemplarisch die Häufigkeitsverteilungen der drei Kenngrößen h2p , hκp i und κ2p für die 1000 erzeugten
Oberflächen. Es ist erkennbar, dass sich für alle drei Kenngrößen feste Werte
ergeben. Bei unendlich großen Oberflächen müsste jede der 1000 Realisierungen
exakt die gleichen Werten h2p , hκp i und κ2p aufweisen.
3.3
Umrechnung der Oberflächentopographie
Die Nutzung von Modellen niedrigerer Dimension (1D oder 2D anstelle von 3D)
erfordert auch eine Umrechnung der Oberflächentopographie. Im folgenden wird
gezeigt, wie 1D-Oberflächen erzeugt werden können, deren Kappenstatistik mit
der Kappenstatistik einer gegebenen 2D-Oberfläche in gewünschter Beziehung
zueinander steht3 .
Zwei Varianten sind denkbar
1. Aus C2D wird eine 2D-Oberfläche h (x, y) erzeugt. Anschließend werden für
die erzeugte Oberfläche die Höhen und Krümmungen der Kappen bestimmt.
Schließlich wird ein 1D-Kappenmodell aus diesen Daten erzeugt.
2. Aus C2D wird mittels einer geeigneten Transformation ein Spektrum C1D
3
Gemäß Abschnitt 2.5 sind die Beziehungen
wünschenswert.
h2p
1D
=
h2p
2D
und hκp i1D = 2 hκp i2D
3.3. UMRECHNUNG DER OBERFLÄCHENTOPOGRAPHIE
29
berechnet. Anschließend wird aus diesem Spektrum eine 1D-Oberfläche erzeugt.
Falls Variante 2 funktioniert, ist diese klar zu bevorzugen.
3.3.1
Analytische Überlegungen
Für die 2D-Oberfläche sei das gemessene Höhenprofil z = h (x) mit x = (x, y).
Dann ist, wie bereits in Abschnitt 3.1 ausgeführt, das Leistungsspektrum der
Rauheiten bei isotropen Oberflächen
Z
1
hh (x) h (0)i e−iq·x d2 x .
(3.11)
C2D (q) =
2
(2π)
Analog kann für die 1D-Oberfläche
1
C1D (q) =
2π
Z
hh (x) h (0)i e−iqx dx
(3.12)
eingeführt werden. Die Dimension von C2D ist Länge hoch 4, von C1D ist es Länge
hoch 3. Die Oberflächentopographie kann aus dem Leistungsspektrum wie folgt
gewonnen werden [90]:
X
h (x) =
B2D (q) exp (i (q · x + φ (q))) ,
(3.13)
q
wobei φ (q) = −φ (−q) im Intervall [0, 2π) gleichverteilte Zufallszahlen sind und
B2D (q) =
2π p
C2D (q) = B̄2D (−q)
L
.
(3.14)
Analog erfolgt die Generierung des Profils im 1D-Fall:
X
h (x) =
B1D (q) exp (i (qx + φ (q)))
(3.15a)
q
B1D (q) =
r
2π
C1D (q) = B̄1D (−q)
L
.
(3.15b)
qC2D (q) dq
(3.16a)
Für den quadratischen Mittenrauwert gilt
h
2
h2
2D
1D
=
=
Z∞ Z∞
−∞ −∞
Z∞
2
C2D (q) d q = 2π
C1D (q) dq = 2
−∞
Z∞
0
Z∞
C1D (q) dq
.
(3.16b)
0
Die quadratischen Mittenrauwerte sind für beliebige Wellenzahlen q0 und q1
gleich, sofern
C1D (q) = πqC2D (q)
(3.17)
gilt. Wenn von einer Normalverteilung der Höhen ausgegangen wird, ist hh2 i die
charakteristische Größe der Höhenverteilung.
30
KAPITEL 3. ELASTISCHER KONTAKT RAUER OBERFLÄCHEN
Für die mittleren quadratischen Profilkrümmungen (rms profile curvature) gilt
κ
2
κ2
2D
1D
=
=
Z∞ Z∞
4
2
q C2D (q) d q = 2π
Z∞
q 5 C2D (q) dq
(3.18a)
0
−∞ −∞
Z∞
q 4 C1D (q) dq
.
(3.18b)
−∞
Wenn die Bedingung (3.17) erfüllt ist, sind auch die mittleren quadratischen
Profilkrümmungen für beliebige Wellenzahlen q0 und q1 gleich.
3.3.2
Numerische Experimente
Die in den Abschnitten 3.2.2 und 3.2.3 untersuchten Oberflächen sind aus Spektren C1D bzw. C2D erzeugt, die der Umrechnungsvorschrift (3.17) genügen. Für
den Fall q1 = 2q0 lässt sich aus den Abbildungen 3.1 und 3.2 das folgende Ergebnis
ablesen:
h2p
1D
≈ h2p
2D
hκp i1D ≈ 1,8 hκp i2D
κ2p
1D
≈ 2,0 κ2p
2D
.
Gemäß Abschnitt 2.5 muss für die Krümmungsradien R3D = 2R1D gelten. Wird
die Steifigkeit cn so gewählt, dass die Relation F (d) stimmt, dann ergibt sich
wegen hκp i1D ≈ 1,8 hκp i2D ein Fehler in der Kontaktgröße a. Für das Verhältnis
der Kontaktradien in beiden Modellen ergibt sich
r
a1D
R1D
= 2
.
a3D
R3D
Im Fall q1 = 2q0 folgt aus R3D = 1,8R1D für die Kontaktradien a1D = 1,05a3D .
Der Kontaktradius wird im 1D-Modell in diesem Fall um 5% zur groß berechnet.
Angesichts der Einfachheit des Modells ein akzeptables Ergebnis.
Auch für 2 < q1 /q0 ≤ 10 funktioniert die Umrechnung für die Topkappen gut.
Für den Kontaktradius im 1D-Modell ergibt sich a1D ≈ 1,07a3D .
Die in Abbildung 3.2 gezeigten Ergebnisse basierten auf der Approximation durch
Kugelkappen. Werden statt dessen zur Approximation Ellipsoiden genutzt, ändert
sich der Umrechnungsfaktor f2 geringfügig. Es ist dann f2 ≈ 1,25. Das führt
zu einem Fehler im Kontaktradius von 2%, was erwartungsgemäß ein besseres
Ergebnis im Vergleich zu Kugelkappen ist.
3.3.3
Längenumrechnung
Vorüberlegung
Für eine konkrete gegebene 2D-Oberfläche soll die äquivalente 1D-Oberfläche
erzeugt werden. Dazu ist neben der Umrechnung des Spektrums auch die Berechnung der Länge der 1D-Oberfläche notwendig. Betrachtet wird eine Oberfläche
3.3. UMRECHNUNG DER OBERFLÄCHENTOPOGRAPHIE
31
mit einer einzigen Wellenzahl λ. Für die Zahl der Kappen gilt dann näherungsweise
2
L1
L2
bzw. NK =
,
(3.19)
NK =
λ
λ
wobei L1 die Länge der 1D-Oberfläche und L2 die lineare Abmessung der 2DOberfläche sind. Die Umrechnung der Längen ist dann
L1 =
1 2
q 2
L2 =
L ≈ 0,159qL22
λ
2π 2
.
(3.20)
Numerische Experimente
Umfangreiche numerische Experimente mit C1D = πqC2D und 2 ≤ q1 /q0 ≤ 10
zeigen, dass die absolute Zahl der (hohen) Kappen für 2D- und 1D-Oberflächen
übereinstimmt, wenn die einfache Beziehung
L1 = q̃L22 = 0,15q1 L22
(3.21)
erfüllt ist.
Für kleinere Verhältnisse q1 /q0 gilt das Ergebnis (3.21) nicht mehr. Zudem sollte
der Umrechnungsfaktor im allgemeinen das Spektrum enthalten. Bei einem Spektrum ohne obere Grenze4 q1 kann die Formel (3.21) auch nicht funktionieren.
Ein Ansatz für den Umrechnungsfaktor, bei dem die Dimension stimmt und der
das Spektrum in integraler Form enthält, lautet
R
C(q)q n dq
q̃ = Ã R
.
(3.22)
C(q)q n−1 dq
Für ein konstantes Spektrum C im Intervall [q0 , q1 ] und q1 q0 ergibt sich der
experimentell festgestellte Zusammenhang q̃ ∝ q1 .
In weiteren numerischen Experimenten wurden 1D- und 2D-Oberflächen mit verschiedenen Werten q0 und q1 /q0 ≥ 1,1 und unter Beachtung der Umrechnungsvorschrift C1D = πqC2D erzeugt. Anschließend wurde der Faktor q̃ in der Umrechnungsformel
L1 = q̃L22
(3.23)
für die Längen bestimmt. Die Längen L1 und L2 müssen so umgerechnet werden,
dass die Zahl der Kappen in beiden Fällen übereinstimmt. Anschließend werden
die Koeffizienten A und n des Ansatzes
q̃ = Aq0
ξ n+1 − 1
ξn − 1
;
ξ=
q1
q0
(3.24)
so bestimmt, dass der Approximationsfehler möglichst klein ist. Es ergeben sich
die Werte A = 0,152, n = 4,41. Für große Werte von ξ (z. B. ξ > 2) gilt
q̃ = Aq1 . Für ξ → 1 ist der Wert q̃ = A n+1
. Der kleinste in den Simulationen
n
berücksichtigte Wert ist ξ = 1,1.
A ist der Wert, der sich für große q1 /q0 ergeben hatte (linearer Zusammenhang
(3.21)).
Abbildung 3.4 gibt Aufschluss über die Sensitivität des Fehlers gegenüber Änderungen der Parameter A und n. Gezeigt ist das Verhältnis des Fehlers für ein
4
z.B. ein Spektrum, das exponentiell nach außen abfällt
32
KAPITEL 3. ELASTISCHER KONTAKT RAUER OBERFLÄCHEN
10
18
400
16
9
300
14
8
200
n
12
100
7
10
6
0
0
g replacements
n
PSfrag replacements
8
6
5
4
4
5
2
10
0.4
0.3
0.1
0.2
A
0
3
0.145
0.15
0.155
0.16
A
Abbildung 3.4: Sensitivität der Approximation (3.24) gegenüber Änderungen der
Parameter A und n (Abweichung der Approximation (3.24) für Paare (A, n) bezogen auf die minimale Abweichung)
Paar (A, n) bezogen auf den Fehler5 bei der optimalen Lösung. Es ist erkennbar,
dass der Fehler nicht sehr sensitiv gegenüber Änderungen des Parameters n ist.
Praktische Konsequenzen
Gemäß Gleichung (3.23) ist das 1D-System sehr groß zu wählen; soll die gleiche
Zahl an Kappen vorhanden sein wie im 3D-System, muss die Oberfläche in beiden
Fällen mit einer ähnlichen Zahl an Punkten modelliert werden. Das widerspricht
dem Bestreben, ein Simulationsmodell mit deutlich weniger Freiheitsgraden aufzubauen.
Es kann, solange das 1D-System ausreichend groß für eine repräsentative Darstellung der Oberfläche gewählt wird, nur ein Teil des 1D-Systems für die Simulation
herangezogen werden. Wird z.B. nur 1% der Länge genommen, müssen die Kräfte
mit dem Faktor 100 skaliert werden.
3.3.4
Überblick
Abbildung 3.5 zeigt im Überblick das Verfahren zur Berechnung des Kontaktproblems mit dem eindimensionalen Modell.
Ausgehend von gemessenen Oberflächen wird das Leistungsspektrum C2D berechnet. Dazu ist es sicher sinnvoll, die Oberfläche an mehreren Stellen und mit
verschiedenen Auflösungen zu vermessen.
Anschließend werden das Leistungsspektrum C1D und daraus die eindimensionale Oberfläche berechnet. Unter Berücksichtigung der Materialeigenschaften wird
schließlich das eindimensionale Simulationsmodell erzeugt. Während der Simulation werden die Bewegungsgleichungen der Teilchen numerisch gelöst6 . Aus
den Berechungsergebnissen können anschließend die Größen von Interesse extrahiert werden. Dies sind insbesondere die Größe und Lage der Kontaktgebiete, die Druckverteilung und die Normalkraft sowie die Reibungskraft und die
Veränderung der Oberflächentopographie.
5
2-Norm der Abweichung zwischen Simulation und Ergebnis der Approximationsformel
(3.23)
6
Ausführungen zu numerischen Aspekten erfolgen in Kapitel 4.
3.3. UMRECHNUNG DER OBERFLÄCHENTOPOGRAPHIE
Messung der Oberfläche
C2D gemäß Gl. (3.3) berechnen
33
Federsteifigkeiten aus
Materialparametern
bestimmen
C1D gemäß Gl. (3.17) aus C2D berechnen
1D Oberfläche aus C1D erzeugen
PSfrag replacements Bezugslänge L1 gemäß Gl. (3.21) berechnen
Simulation
Lösen der Bewegungsgleichungen (5.23) und (5.24)
Spannungsberechnung gemäß Gl. (2.18)
Ergebnisse: Kontaktgebiete (Druckverteilung, Größe), Normalkraft,
Reibungskraft, Veränderung der Oberflächentopographie
Abbildung 3.5: Überblick über das Verfahren zur Dimensionsreduktion dreidimensionaler Kontaktprobleme auf eindimensionale
34
KAPITEL 3. ELASTISCHER KONTAKT RAUER OBERFLÄCHEN
Abbildung 3.6: Zweidimensionale Oberflächentopographie (links) und für einen
Wert der Normalkraft resultierende Mikrokontakte (rechts)
Die Richtigkeit des Vorgehens kann geeigneter weise durch numerische Vergleichsrechnungen erfolgen. Dazu können eine Vielzahl von Kontaktproblemen mit stochastischen Oberflächen numerisch mit dem 1D-Modell und einem 3D-Modell
gelöst und anschließend verglichen werden. Einige Ergebnisse von Vergleichsrechnungen werden in Abschnitt 3.4 vorgestellt. Dabei wird das dreidimensionale
Problem mit der Randelementemethode behandelt.
Als 3D-Modell bietet sich zudem das hierarchische Modell von Heß und Popov
an. Sobald das hinsichtlich numerischer Aspekte optimierte 3D-Modell zur Verfügung steht, sollten diese Vergleichsrechnungen weitergeführt werden. Dabei ist
u. a. zu untersuchen, ob die Umrechnung der Spektren gemäß Gleichung (3.17)
auch hinsichtlich anderer kontaktmechanischer Fragestellungen geeignet ist und
wie sich die Beschränkung auf einen Krümmungsradius beim adhäsiven Kontakt
auswirkt.
3.4
Simulation mit rauen Oberflächen
Zunächst sollen nun elastische Kontakte mit stochastisch rauen Oberflächen simuliert werden7 . Dazu werden zweidimensionale Oberflächen mittels (3.13) für ein
gegebenes Spektrum erzeugt. Die Untersuchungen beziehen sich auf das bereits
untersuchte Spektrum (3.10).
Anschließend werden mit der in Abschnitt B.1.2 beschriebenen Randelementemethode die Beziehungen zwischen Normalkraft F und Annäherung d sowie zwischen
Normalkraft F und Kontaktfläche A bestimmt.
Abbildung 3.6 zeigt exemplarisch für eine Oberfläche (links) und einen Wert der
Normalkraft das resultierende Kontaktgebiet (rechts). Die (gesamte, wahre) Kontaktfläche ist die Summe der Flächen aller Mikrokontakte.
Die eindimensionle Oberfläche wurde mit einem Spektrum gemäß der Umrechnungsvorschrift (3.17) erzeugt. Bei der Berechnung der Kraft und Kontaktfläche
wurde die Beziehung (3.21) für die Längenumrechnung berücksichtigt, d. h. es
wurden eindimensionale Oberflächen mit einer bestimmten Länge L̃1 benutzt,
7
In Abschnitt 5.8 werden numerische Simulationen von adhäsiven Kontakten mit gewellten
Oberflächen und rauen Oberflächen mit festem Kappenradius durchgeführt.
PSfrag replacements
35
3.4. SIMULATION MIT RAUEN OBERFLÄCHEN
A/Ages
0.12
0.08
0.04
0
0
1
2
3
F
3D Ergebnis
3D Approx.
1D Ergebnis
Abbildung 3.7: Beziehung zwischen Normalkraft F und Kontaktfläche A, Vergleich 1D (blau, gepunktet) und 3D (rot, Fehlerbalken (Standardabweichung aus
450 Werten), grün, gestrichelt: lineare Approximation der Mittelwerte). Die Kurven für die 1D-Simulation und die lineare Approximation der 3D-Simulation sind
kaum voneinander zu unterscheiden, weil sie nahezu übereinstimmen.
und die Ergebnisse wurden dann mit dem Faktor L1 /L̃1 skaliert. Im eindimensionalen Modell werden die Mikrokontakte durch ihre Länge ai charakterisiert.
In der Simulation werden zusammenhängende Kontaktgebiete als Mikrokontakte
identifiziert. Die Gesamtkontaktfläche im eindimensionalen Modell wird dann aus
der Länge der einzelnen Kontaktgebiete ai gemäß
A1D =
πX 2
ai
4
(3.25)
berechnet.
Abbildung 3.7 zeigt die Beziehung zwischen Normalkraft F und Kontaktfläche
A im Vergleich zwischen dem dreidimensionalen und dem eindimensionalen Modell. Da nur zweidimensionale Oberflächen mit maximal 64 × 64 Punkten untersucht werden können, gibt es sichtbare Abweichungen zwischen den Kurven
für verschiedene Oberflächen. Diese Abweichungen sind in Abbildung 3.7 durch
Fehlerbalken dargestellt, wobei diese die Standardabweichung von den jeweiligen
Mittelwerten zeigen. Die Kurve für die zweidimensionalen Oberflächen basieren
auf Berechnungen mit 450 unterschiedlichen Oberflächen.
Es ergibt sich erwartungsgemäß ein annähernd linearer Zusammenhang zwischen
Normalkraft und Kontaktfläche. Zudem wird eine gute Übereinstimmung zwischen den beiden Modellen (1D und 3D) festgestellt. Die lineare Approximation
der Mittelwerte der 2D-Ergebnisse (grün, gestrichelt) und das 1D-Ergebnis (blau,
gepunktet) sind nahezu identisch.
Für Vergleiche verschiedener numerischer Berechnungen für den elastischen Kontakt von Körpern mit selbstaffiner Oberfläche wird der dimensionslose Parameter
κ herangezogen (siehe Gl. (1.2), Seite 6). Für die Berechnungen aus Abbildung
3.7 ergibt sich κ = 2,9. Das ist größer, als die von Persson (1,6) und Bush (2,5)
36
KAPITEL 3. ELASTISCHER KONTAKT RAUER OBERFLÄCHEN
0.02
0.01
0
−0.01
−0.02
20
40
60
20
40
60
σV
80
100
120
80
100
120
30
20
10
0
−10
PSfrag replacements
0.2
0.4
0.6
0.8
1
1.2
1.4
1.6
1.8
2
Abbildung 3.8: Ausschnitt aus einem 1D-Modell, oben: Oberfläche und gedachte
Linie der Durchdringung, unten: Vergleichsspannung nach Gl. (2.29)
theoretisch vorhergesagten und von Campana et al. [18] und Hyun et al. [51, 52]
numerisch berechneten Werte. Dazu ist jedoch anzumerken, dass bei den oben
genannten Berechnungen stets selbstaffine Oberflächen betrachtet wurden. Hier
hingegen wurden stochastische Oberflächen betrachtet, die in einem bestimmten
Wellenzahlbereich ein konstantes Spektrum aufweisen.
Die in diesem Abschnitt diskutierten numerischen Berechnungen sind unabhängig
vom Greenwood-Williamson-Modell. Die Bezugnahme auf dieses Modell in den
Abschnitten 3.2 und 3.3 diente der Motivation und gab Hilfestellung beim Auffinden der Umrechnungsformel (3.17) für die Leistungsspektren der Rauheiten. Die
Gültigkeit und Güte des Simulationsmodells müssen durch Vergleichsrechnungen
sichergestellt werden.
Innere Spannungen
Mit der in Abschnitt 2.7 vorgestellten Methode können für den elastischen Kontakt auch die Spannungen im Innern berechnet werden. Für die Asperiten wird
aus Gl. (2.15) die Spannung an der Oberfläche berechnet, um anschließend mittels der Fundamentallösung die inneren Spannungen zu berechnen. Abbildung 3.8
zeigt für einen kleinen Ausschnitt aus einem eindimensionalen Berechnungsmodell die auf diesem Wege berechneten Vergleichsspannungen σV gemäß Gl. (2.29).
Es sei darauf hingewiesen, dass die Abbildung 3.8 keinen Schnitt durch ein dreidimensionales System darstellt, sondern eine repräsentative Darstellung der inneren
Spannungen beim dreidimensionalen Problem mit stochastischer Oberfläche.
Kapitel 4
Numerische Aspekte für den
elastischen Kontakt
Im folgenden Kapitel werden einige numerische Aspekte im Zusammenhang mit
den diskutierten Simulationsmodellen eingehender besprochen. Oft entscheidet
die Wahl der richtigen numerischen Methode über Erfolg oder Misserfolg einer
Simulation.
Der Hauptteil der Berechnungen sind dynamische Simulationen. Entsprechend
wird die Lösung der zugrunde liegenden gewöhnlichen Differentialgleichungen zuerst besprochen. Ein Teil der Probleme sind eigentlich statische Kontaktprobleme.
Daher wird im Anschluss an die Ausführungen zu den dynamischen Simulationen
das statische Problem näher betrachtet.
Bei dynamischen Problemen müssen die Bewegungsdifferentialgleichungen für jedes Teilchen aufgestellt werden. Zur numerischen Lösung können, abhängig von
den genauen Wechselwirkungen, verschiedene Differentialgleichungslöser verwendet werden. Statische Kontaktprobleme können ebenso durch dynamische Simulationen (mit überkritischer Dämpfung) gelöst werden. Im Bereich der Simulation
von Mehrkörpersystemen (MKS) wird dieses Verfahren häufig angewendet. Vorteile dieses Vorgehens sind:
• Es kann das gleiche Computerprogramm für dynamische und statische Simulationen verwendet werden.
• Die dynamische Simulation konvergiert zu einer statischen Lösung (bei ausreichend Dämpfung). Numerische Verfahren zur Lösung von nichtlinearen
Gleichungssystemen (insbesondere Newton-Verfahren) konvergieren bei erratbaren Startwerten u. U. nicht.
• Dynamische Simulationen können Phänomene wie Abreißen beim zugbelasteten adhäsiven Kontakt oder Gedächniseffekte berücksichtigen.
4.1
4.1.1
Lösung von Differentialgleichungen
Übersicht über Verfahren
Methoden zur Lösung von Systemen gewöhnlicher Differentialgleichungen können auf verschiedene Arten klassifiziert werden; insbesondere werden explizite
37
frag replacements
38
KAPITEL 4. NUMERISCHE ASPEKTE
ode45
ode15s ohne Jacobimatrix
ode15s mit Muster der Jacobimatrix
ode15s mit expliziter Jacobimatrix
100
101
102
tR [s]
103
104
Abbildung 4.1: Berechnungszeiten tR für 2000 Teilchen
und implizite Löser unterschieden und Einschritt- und Mehrschrittverfahren [101,
108].
Implizite Löser sind bei steifen Differentialgleichungssystemen notwendig. Sie erlauben bei steifen Problemen i. a. eine sehr viel größere Schrittweite als vergleichbare explizite Löser. Bei einem impliziten Löser ist die Berechnung jedes
einzelnen Zeitschritts hingegen sehr viel aufwendiger, da stets ein lineares Gleichungssystem gelöst werden muss. Matlab stellt u. a. die Löser ode15s (implizit)
und ode45 (explizit) zur Verfügung. Bei dem impliziten Löser ode15s gibt es die
Möglichkeit, die Jacobimatrix explizit als Funktion der Zeit und des Zustandes
anzugeben oder mittels finiter Differenzen zu approximieren. Die zweite Methode
ist die gängige, weil die explizite Angabe der Jacobimatrix aufwendig, manchmal
praktisch unmöglich ist. Beide Routinen, ode15s und ode45, haben eine automatisch Schrittweitensteuerung. Die Schrittweite wird so gewählt, dass vorgegebene
Fehlerschranken eingehalten werden.
4.1.2
Beispiel
Betrachtet wird das 1D Modell mit einem elastischen und einem starren Körper.
Alle Teilchen können sich nur in vertikaler Richtung bewegen. Jedes Teilchen
der elastischen Oberfläche erfährt in Abhängigkeit vom Abstand von der starren
Oberfläche eine Kraft gemäß Abbildung 5.6. Es werden die Differentialgleichungen
des überkritisch gedämpften Systems
ẋ = Λf (x)
(4.1)
gelöst für den Kontakt einer ebenen mit einer gekrümmten Oberfläche.
Abbildung 4.1 gibt einen Überblick über die notwendigen Rechenzeiten bei Verwendung von 2000 Teilchen. Vier verschiedene Varianten werden untersucht:
1. Das Lösen mit dem expliziten Löser ode45 erfordert wenig Speicher, die
Rechenzeiten sind bei vorgegebener Fehlerschranke jedoch sehr hoch.
2. Das Lösen mit dem impliziten Löser ode15s geht im vorliegenden Fall sehr
viel schneller, auch wenn die Jacobimatrix numerisch mit der Methode der
Finiten Differenzen approximiert wird. Bei 3000 Teilchen ist ein Lösen des
Differentialgleichungssystem aus Speichergründen nicht mehr möglich.
4.2. LÖSUNG DES STATISCHEN KONTAKTPROBLEMS
39
3. Gibt man das Muster der Jacobimatrix beim Aufruf von ode15s explizit an,
ist die Rechenzeit nochmals kürzer und ein System mit 3000 Teilchen kann
noch berechnet werden. Bei 4000 Teilchen ist jedoch auch hier Schluss. Mit
Muster der Jacobimatrix ist gemeint, an welcher Stelle von 0 verschiedene
Einträge in der Jacobimatrix auftreten können. Das Muster anzugeben ist
sehr viel einfacher, als die Jacobimatrix explizit anzugeben, denn für das
Muster reicht die Information welche Teilchen einander beeinflussen.
4. Wird beim Aufruf von ode15s die Jacobimatrix explizit als Funktion von
Zeit und Zustand angegeben, geschehen die Berechnungen nochmals deutlich schneller. Zudem können auch Systeme mit 10000 Teilchen mühelos
berechnet werden (siehe unten). Allerdings muss die Jacobimatrix in sparseForm angegeben werden.
Wird ein System aus 10000 Teilchen betrachtet, ergibt sich folgendes Bild: der explizite Löser ode45 benötigt 7 Stunden, der implizite Löser ode15s mit expliziter
Jacobimatrix benötigt 7 Sekunden.
4.1.3
Differentialgleichungen mit Rauschen
Bei der Simulation mikroskopischer oder mesoskopischer Teilchensysteme treten
häufig stochastische Terme in den Differentialgleichungen auf. Dieses Rauschen
ist z.B. durch thermische Fluktuationen bedingt.
Erfahrungen mit Molekulardynamik (MD) und der Methode der beweglichen zellulären Automaten (MCA) zeigen, dass in diesem Fall Verfahren höherer Ordnung
oder Mehrschrittverfahren nicht sinnvoll sind [106]. Zum einen lassen die Rauschterme nur eine bestimmte Schrittweite zu, und zum anderen ist die Vorhersage
des Zustandes aus den Zuständen der letzten Zeitschritte nicht besser als die Vorhersage aus dem Zustand des letzten Zeitschritts. Zudem neigen solche Verfahren
bei großen Systemen zu Instabilität.
Bei MD und MCA Simulationen ist zudem die Berechnung der Wechselwirkungskräfte der zeitaufwendigste Teil. Daher werden Verfahren genutzt, die möglichst
wenig Funktionsaufrufe je Iteration benötigen. Gängige Verfahren sind das einfache Euler-Verfahren und der Verlet-Algorithmus.
4.2
Effiziente Lösung des statischen Kontaktproblems
In den folgenden Ausführungen wird gezeigt, wie statische Kontaktprobleme mit
dem 1D Teilchenmodell und dem im Anhang B vorgestellten hierachischen Modell
maßgeschneidert numerisch gelöst werden können. Dies schließt eine Diskussion
der Rechenzeiten und des Speicherbedarfs der verschiedenen Algorithmen ein.
Das Standardverfahren zur Lösung von nichtlinearen Gleichungssystemen
f (x) = 0
ist das Newton-Verfahren. In der Regel ist die zugehörige Jacobimatrix J explizit
(in analytischer Form) nicht bekannt. Dann muss die Jacobimatrix J mittels
der Funktion f numerisch approximiert werden. Das erfordert eine hohe Zahl
40
KAPITEL 4. NUMERISCHE ASPEKTE
von Funktionsaufrufen [108]. Große Systeme schwach gekoppelter nichtlinearer
Gleichungen können mit dem SOR-Newton-Verfahren [83, 118] gelöst werden.
Bei diesem Verfahren wird nicht die Jacobimatrix J berechnet, sondern nur deren
Diagonalelemente.
Die untersuchten Modelle liefern ein System schwach gekoppelter nichtlinearer
Gleichungen. Die Jacobimatrix J kann (mit etwas Mühe) sowohl für das 1D Teilchenmodell als auch für das hierarchische Modell analytisch angegeben werden.
Mit herkömmlichen Matrixmethoden kann dennoch aus Speicherplatzgründen
nicht gearbeitet werden. Schon bei 103 Teilchen hat die Jacobimatrix 106 Einträge. Da die Gleichungen jedoch schwach gekoppelt sind, können Methoden für
dünn besetzte Matrizen (sparse matrix methods) angewendet werden. Bei dem
vorliegenden hierachischen Modell mit N Teilchen hat die Jacobimatrix N 2 Einträge. Davon sind allerdings nur sehr wenige von 0 verschieden. Es ist daher
sinnvoll, nur die von 0 verschiedenen Elemente der Jacobimatrix zu berechnen
und zu speichern. Bei der Lösung des linearen Gleichungssystems im NewtonIterationsschritt müssen entsprechend modifizierte Algorithmen (sparse matrix
methods) benutzt werden.
Untersucht man Modelle, bei denen nur ein beteiligter Kontaktpartner elastisch
ist, ergeben sich für das hierarchische Modell ungefähr 6N von 0 verschiedene
Einträge, für das 1D Modell ca. 4N .
Das SOR-Newton-Verfahren kommt demnach nicht zur Anwendung, weil das klassische Newton-Verfahren kombiniert mit der explizit bekannten Jacobimatrix und
den speziellen Methoden für dünn besetzte Matrizen sehr viel effizienter ist.
Der Kontakt mit der starren Wand wird über eine Exponentialfunktion modelliert (Abschnitt B.2.3). Um einen Überlauf zu verhindern, muss die Schrittweite
beschränkt werden. Numerische Experimente zeigen, dass die Vorgabe einer maximalen Schrittweite die Zahl der nötigen Iterationen nicht wesentlich beeinflusst.
In den folgenden Abschnitten werden verschiedene Verfahren zur Lösung des statischen Kontaktproblems auf Basis des in Abschnitt B.2.3 vorgestellten hierarchischen Modells verglichen. Alle Ausführungen zu den Rechenzeiten beziehen
sich auf die Berechnung der Gleichgewichtslage beim Andrücken des elastischen
Körpers gegen eine starre Ebene. Diese Aussagen zu den Rechenzeiten sind auf
das 1D Modell übertragbar.
4.2.1
Numerisch approximierte Jacobimatrix
Die Abbildungen 4.2 und 4.3 geben Auskunft über die Rechenzeiten bei Verwendung einer numerisch approximierten Jacobimatrix. Schon bei 2047 Teilchen
beträgt die Rechenzeit zur Ermittlung der statischen Ruhelage 18 Minuten. Der
größte Teil der Rechenzeit wird zur näherungsweisen Bestimmung der Jacobimatrix benötigt.
Ein Modell mit nT Teilchen führt auf ein nichtlineares Gleichungssystem mit nT
Gleichungen. Die zugeordnete Jacobimatrix hat n2T Einträge. Jede gespeicherte
Zahl (double) erfordert 8 Byte Speicherplatz. Bei nT = 2047 ergibt sich somit
ein Speicherbedarf von ca. 32 MB. Bei nT = 4095 werden fast 130 MB benötigt;
in der benutzten Matlab-Version führt das zum Abbruch1 .
Werden hingegen nur die von 0 verschiedenen Elemente gespeichert, ist bei nT =
1
Fehlermeldung: Out of memory
PSfrag replacements
41
4.2. LÖSUNG DES STATISCHEN KONTAKTPROBLEMS
10−4
10−6
f (x)
tR [s]
150
100
10−8
10−10
50
2
3
4
nIt
5
10−12
6
2
3
4
nIt
5
6
Abbildung 4.2: Numerisch approximierte Jacobimatrix: Rechenzeit (links) und
Residuum (rechts) für verschiedene Iterationszahlen nIt (10 Schichten, 1023 Teilchen)
PSfrag replacements
104
103
(5)
102
10
1
10
0
tR /nIt [s]
tR [s]
10
2
103
(4)
(4)
(3)
102
101
100
(2)
(2)
10−1
101
10
2
nT
10
3
10
4
10−1
101
102
103
nT
104
Abbildung 4.3: Numerisch approximierte Jacobimatrix: Rechenzeit gesamt (links)
und je Iteration (rechts) für nT Teilchen (in Klammern Zahl der Iterationen bei
gegebenem Abbruchkriterium)
42
KAPITEL 4. NUMERISCHE ASPEKTE
10−4
10−6
2
f (x)
tR [s]
3
1
0
10−8
10−10
2
3
4
nIt
5
6
10−12
2
3
4
nIt
5
6
Abbildung 4.4: Explizit gegebene Jacobimatrix: Rechenzeit (links) und Residuum
(rechts) für verschiedene Iterationszahlen nIt (10 Schichten, 1023 Teilchen)
4095 der Speicherbedarf ungefähr 160 kB. Neben dem Speicherbedarf lässt sich
auch die Rechenzeit durch Nutzung von maßgeschneiderten Methoden für dünn
besetzte Matrizen erheblich verkürzen. Beim Lösen der entsprechenden linearen
Gleichungssysteme werden dann nur die tatsächlich von 0 verschiedenen Elemente
manipuliert. Iterative Methoden werden anstelle der direkten Methoden verwendet.
4.2.2
Verwendung der expliziten Jacobimatrix
Bei gegebener Zahl an Iterationen liefert die Methode mit der numerisch approximierten Jacobimatrix das gleiche Residuum wie die Methode mit explizit
bekannter Jacobimatrix. Die numerische Approximation der Jacobimatrix funktioniert im vorliegenden Fall vermutlich deshalb exzellent, weil das zu lösende
Gleichungssystem numerisch gutmütig“ ist. Nichtlinearitäten treten nur im Zu”
sammenhang mit der Modellierung der Wand auf.
In der Rechenzeit unterscheiden sich die beiden Verfahren jedoch erheblich. Für
2047 Teilchen spart man durch die explizit bekannte Jacobimatrix ungefähr 99%
der Rechenzeit gegenüber der numerischen Approximation. Im Detail läßt sich
durch Vergleich der Abbildungen 4.2 und 4.3 mit 4.4 und 4.5 der Geschwindigkeitsvorteil ablesen.
Der Rechenzeitvorteil liegt, wie bereits erwähnt, darin begründet, dass bei nT
Teilchen zur numerischen Approximation der Jacobimatrix N Funktionsaufrufe
nötig sind. Jeder Funktionsaufruf ist zeitaufwendig.
In Kombination mit der ausschließlichen Speicherung der von 0 verschiedenen
Elemente können auf diese Weise auch große Systeme berechnet werden. Bei
nT = 16383 werden für die Jacobimatrix ca. 640 kB Speicherplatz benötigt. Die
Rechenzeit für das gestellte Problem beträgt weniger als 15 Minuten2 .
2
Erfahrungen des Autors mit Matlab- und C-Routinen lassen vermuten, dass durch Implementierung der rechten Seite des Gleichungssystems in C eine Geschwindigkeitssteigerung um
den Faktor 5 erreicht werden kann.
43
4.2. LÖSUNG DES STATISCHEN KONTAKTPROBLEMS
103
(7)
102
(7)
tR /nIt [s]
tR [s]
103
(8)
(6)
101
(5)
100
10−1
(5)
(4)
(3)
(3)
10−2
101
10
102
101
100
10−1
2
10
nT
3
10
4
10
5
10−2
101
102 103
nT
104 105
Abbildung 4.5: Explizit gegebene Jacobimatrix: Rechenzeit gesamt (links) und je
Iteration (rechts) für nT Teilchen (in Klammern Zahl der Iterationen bei gegebenem Abbruchkriterium)
4.2.3
Mehrgitter-Verfahren
Mit dem Begriff Mehrgitter-Verfahren werden im weiteren Sinne Verfahren bezeichnet, die zur Lösung verschieden feine Diskretisierungen benutzen. Besonders
weit verbreitet sind diese Verfahren bei der Simulation von Problemen aus der
Strömungmechanik einschließlich der Schmierungstechnik [118].
Grundidee des hier zur Anwendung kommenden Verfahrens Numerische Verfahren zur Lösung nichtlinearer Gleichungssysteme benötigen meist einen
Startwert. Abhängig vom Verfahren gibt es Konvergenz nur bei einem hinreichend
guten Startwert. Zudem hängt, wenn das Verfahren vom gegebenen Startwert beginnend konvergiert, die Konvergenzgeschwindigkeit vom Startwert ab.
Bei Problemen der Elastizitätstheorie ist der unverformte Zustand ein leicht anzugebender Startwert; ein besserer Startwert ist häufig nicht oder nur mit viel
Mühe zu erhalten.
Eine mögliche Idee zur Verkürzung der Rechenzeit ist eine mehrstufige Berechnung. Mit einem groben Gitter wird eine Lösung berechnet. Da deutlich weniger Gleichungen zu lösen sind, wird nur eine vergleichsweise kurze Rechenzeit
benötigt. Das Ergebnis dieser Berechnungen wird dann auf das feine Gitter interpoliert. Der auf diese Weise bestimmte Startwert ist (in der Regel) sehr viel
besser als ein geratener Startwert. Unter Umständen genügt dann eine Iteration
mit dem feinen Gitter, um die gewünschte Genauigkeit zu erzielen. Denkbar sind
sowohl Verfahren mit zwei verschiedenen Gittern, als auch Verfahren mit mehr
als zwei Gittern.
Anwendung auf hierarchisches Modell Die Verfeinerung des Gitters wird
im betrachteten Modell wie folgt vorgenommen: Es wird eine Schicht unten hinzugefügt, wodurch sich die Teilchenanzahl (ungefähr) verdoppelt. Der Abstand
der Teilchen in der untersten Schicht wird wieder auf 1 gesetzt, so dass sich die
Längeneinheit des Modells halbiert. Anschließend werden die Verschiebungen der
Teilchen des feineren Gitters mittels linearer Interpolation aus den Verschiebungen des gröberen Gitters berechnet.
ag replacements
44
KAPITEL 4. NUMERISCHE ASPEKTE
2 Gitter
1 Gitter
Teilchenzahl nT = 511
Teilchenzahl nT = 1023
Rechenzeit: 20 s (4 Iter.)
Rechenzeit: 167 s (6 Iter.)
Residuum: 1,4 · 10−7
Residuum: 3,2 · 10−12
Interpolation
Teilchenzahl nT = 1023
Rechenzeit: 28 s (1 Iter.)
Residuum: 2,4 · 10−10
Abbildung 4.6: Vergleich zwischen ein- und zweistufigem Verfahren: gesparte Rechenzeit: 71%; Berechnungen mit numerisch approximierter Jacobimatrix
Ergebnisse Abbildung 4.6 zeigt exemplarisch den Rechenzeitvorteil des zweistufigen Verfahrens, wenn die numerisch approximierte Jacobimatrix verwendet
wird. Das Verfahren in 2 Schritten benötigt weniger als 30% der Rechenzeit des
direkten Verfahrens, d.h. gegenüber der direkten Berechnung werden mehr als
70% der Rechenzeit eingespart3 .
Nutzt man die explizite Jacobimatrix, kann Rechenzeit in ähnlicher Größe gespart
werden. Für nT = 16383 (14 Schichten) kann man entweder direkt rechnen (8
Iterationsschritte) oder in zwei Schritten (7 Iterationsschritte mit nT = 8191 und
ein Iterationsschritt mit nT = 16383), wobei die zweite Variante ca. 65% weniger
Rechenzeit benötigt.
Es bleibt zu untersuchen, ob dieses Verfahren auch dann noch deutliche Rechenzeitvorteile besitzt, wenn die Unterlage rau (und nicht glatt) ist und wenn das
Materialverhalten nichtlinear ist.
4.2.4
Adhäsiver Kontakt
Beim bislang diskutierten nicht-adhäsiven Kontakt ist die Gleichgewichtslage eindeutig. Beim adhäsiven Kontakt gibt es im Zugbereich des Wechselwirkungsgesetzes4 stets zwei Lösungen für den Abstand, die umso weiter auseinander liegen,
umso kleiner die Zugkraft ist. Bei einer dynamischen Simulation stellt sich ausgehend von der Ausgangslage stets die dynamisch erreichbare statische Lösung
ein. Was bei einer statischen Analyse eines Systems aus sehr vielen Teilchen im
Kontakt mit einer stochastisch rauen Oberfläche passiert, lässt sich nicht ohne
weiteres vorhersagen. Demzufolge scheint es in diesem Fall günstiger (sicherer),
die dynamische Simulation zu wählen.
3
Beim direkten Lösen für nT = 1023 ist das Residuum nach 5 Iterationen noch 2,4 · 10−8 ;
siehe auch Abbildung 4.2.
4
siehe Wechselwirkungsgesetz zwischen Teilchen von gegenüberliegenden Oberflächen in Abbildung 5.6
4.3. FAZIT
4.3
45
Fazit
Die Ausführungen dieses Kapitels haben gezeigt, dass die richtige Wahl des numerischen Verfahrens für das Gelingen der Simulation von großer Bedeutung ist. Die
Besonderheiten des Modells sollten möglichst vollständig genutzt werden, um eine
möglichst schnelle Simulation zu ermöglichen. Erst kurze Rechenzeiten erlauben
ausgiebige Studien mit dem Simulationsmodell. Ob beim statischen Kontaktproblem statische oder dynamische Simulationen gewählt werden, muss im Einzelfall
entschieden werden.
46
KAPITEL 4. NUMERISCHE ASPEKTE
Kapitel 5
Adhäsiver Kontakt
In den vorangegangenen Kapiteln wurde der elastische Kontakt näher untersucht. Es wurde gezeigt, wie das eindimensionale Simulationsmodell aufgebaut
werden muss. Insbesondere wurde auch gezeigt, wie bei rauen Oberflächen mit der
Oberflächentopographie umzugehen ist. In den folgenden beiden Kapiteln werden
mögliche Erweiterungen des Modells diskutiert: Adhäsion und Schmierung.
5.1
Einführung
Das Problem des elastischen Normalkontakts (ohne Adhäsion) zwischen elastischen Körpern mit leicht gekrümmter Oberfläche wurde 1882 von Hertz gelöst
[49]. Bradley [12] präsentierte 50 Jahre später die Lösung für den adhäsiven Normalkontakt zwischen einer starren Kugel und einer starren Ebene. Als Ergebnis
erhält er für die Adhäsionskraft
FA = −4πγR .
(5.1)
Die Größe γ wird Oberflächenenergie genannt. Die Lösung für den adhäsiven
Kontakt zwischen elastischen Körpern wurde 1971 von Johnson, Kendall und
Roberts [58] präsentiert. Sie erhalten für die Adhäsionskraft
FA = −3πγR
und für den kritischen Kontaktradius
r
acr =
3
9πγR2
4E ∗
(5.2)
.
(5.3)
In der JKR-Theorie ist die Adhäsionskraft (5.2) unabhängig von elastischen Konstanten. Das widerspricht auf den ersten Blick dem Ergebnis (5.1) von Bradley,
da (5.2) auch für den Grenzfall der starren Körper gelten sollte. Die Klärung
dieser Frage ist u. a. Tabor [116], Johnson und Greenwood [57] zu verdanken. Die
JKR-Theorie gilt nur, wenn der Parameter
1/3
4Rγ 2
µ=
(5.4)
E ∗ 2 ε3
hinreichend groß ist. Der Parameter µ kann als Verhältnis der elastischen Deformation der Oberflächen vor dem Abreißen zur Reichweite der Oberflächenkräfte
47
48
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
F
lg γR
PSfrag replacements
Hertz
DMT
MD
JKR
Bradley
lg µ
Abbildung 5.1: Schematische Einteilung der Gültigkeitsbereiche der verschiedenen
Adhäsionstheorien; die Abgrenzung erfolgt über die Parameter F/(γR) und µ
(aus [57])
(beschrieben durch ε) verstanden werden. Das der JKR-Theorie zugrunde liegende Modell ist das folgende: Die Kugel deformiert sich auch aufgrund der Oberflächenkräfte; die Größe des Kontaktgebietes unterscheidet sich damit von der
Hertzschen Lösung. Die Oberflächenkräfte haben allerdings eine kurze Reichweite, so dass außerhalb des Kontaktgebietes keine Kräfte wirken. Die DMTTheorie [24] hingegen basiert auf der Annahme, dass sich die Körper durch die
Oberflächenkräfte nicht deformieren; die Deformationen entsprechen denen der
Hertzschen Lösung. Außerhalb des Kontaktgebietes werden Zugkräfte übertragen.
Johnson und Greenwood [57] fassen zusammen: die JKR-Theorie gilt für große,
weiche Kugeln, die DMT-Theorie hingegen für kleine, steife Kugeln.
Somit ist die JKR-Theorie im Grenzfall starrer Körper nicht gültig; einen Widerspruch zwischen den Ergebnissen von Bradley und Johnson et al. gibt es nicht.
Johnson und Greenwood [57] zeigen im Detail, wie die Adhäsionskraft vom Parameter µ abhängt. Die Autoren präsentieren eine Karte (adhesion map), der
die Gültigkeitsbereiche der einzelnen Theorien entnommen werden können. Abbildung 5.1 zeigt diese Karte schematisch. Johnson und Greenwood [57] betonen,
dass die JKR-Theorie selbst außerhalb des eigentlichen Gültigkeitsbereichs gute
Ergebnisse für den Kontaktradius und die Kontaktsteifigkeit liefert. Johnson und
Greenwood zeigen zudem, wie die Beziehung zwischen Normalkraft und Kontaktradius für verschiedene Werte von µ aussieht. Für µ = 5 liegt die entsprechende
Kurve fast perfekt auf der JKR-Kurve und zwar bis zum Abreißpunkt. Für
µ = 0,1 gibt es schon deutliche Abweichungen zwischen der JKR-Kurve und dem
Ergebnis numerischer Berechnungen. Abbildung 5.2 zeigt die Relation zwischen
der Normalkraft und dem Kontaktradius für die JKR-Theorie und für den Fall
µ = 0,1. Die Bezugsgrößen für die Einführung dimensionsloser Größen sind hier
die Adhäsionskraft FA und der Kontaktradius a0 ohne äußere Kraft. Beide Größen
sind von µ abhängig1 und können [42] bzw. [57] entnommen werden.
Welche Werte des Parameters µ sind für die vorliegende Arbeit relevant? Wenn
als Material Stahl gewählt wird, ergeben sich die Werte ε = 0,29 nm (Atomradius
r = 0,124 nm), E = 200 GPa, ν = 0,3 [111] und γ = 2,4 N m−1 [88]. Wenn zudem
1
Der Wert von a0 ist für µ ≥ 0,5 konstant.
PSfrag replacements
49
5.2. RAUE OBERFLÄCHEN UND ADHÄSION
8
7
6
µ = 0,1
5
F̃
4
3
JKR
2
1
0
-1
0,8
1,0
1,2
ã
1,4
1,6
Abbildung 5.2: Beziehung zwischen Normalkraft und Kontaktgröße (beide dimensionslos) für den Fall µ = 0,1 und für die JKR-Theorie.
R [m]
µ
10−3
42,7
10−6
4,27
10−9
0,427
Tabelle 5.1: Werte von µ für die Stahl-Stahl-Paarung in Abhängigkeit vom
Krümmungsradius R.
beide Körper elastisch sind, ergibt sich daraus E ∗ = 110 GPa und schließlich
Tabelle 5.1. Bei 10 µm Krümmungsradius ist µ immerhin noch 9,2.
5.2
Raue Oberflächen und Adhäsion
Meist wird beim Kontakt zwischen harten Festkörpern (z.B. Metalle) keine nennenswerte Adhäsion festgestellt. Genauer: es wird beim Trennen der Kontaktpartner keine Adhäsionskraft/Abzugskraft festgestellt. Das könnte sowohl durch
Oberflächenfilme oder durch die Rauheit der Oberflächen verursacht sein. Oberflächenfilme können starke Bindungen zwischen den Kontaktpartnern verhindern
und sind zudem möglicherweise selbst nur schwach an die Festkörper gebunden.
In Experimenten haben Gane et al. [35] den Kontakt zwischen harten Festkörpern (z.B. Titancarbid) mit atomar reinen Oberflächen (Entfernung der Oberflächenfilme) im Vakuum untersucht. Die gemessene Adhäsionskraft war 100 bis
1000 mal kleiner als theoretisch vorhergesagt. Das legt nahe, dass die Oberflächenrauheit von entscheidender Bedeutung für die Adhäsion ist. Der Effekt
der Rauheit beruht darauf, dass die Fläche direkten Kontaktes verkleinert ist. Die
Verteilung der Höhen sorgt dafür, dass einige wenige hohe Asperiten die Oberflächen weit auseinander halten bzw. drücken [34]. Zudem führt Tabor an, dass
beim Kontakt rauer Oberflächen die Einzelkontakte nach und nach gebrochen
50
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
werden statt gleichzeitig.
Experimentelle und theoretische Untersuchungen zeigen, dass der Einfluss der
Oberflächenrauheit umso größer ist, je größer der elastische Modul der Kontaktpartner ist.
Persson et al. [5] heben hervor, dass die reale Kontaktfläche durch die Adhäsion
um ein Vielfaches größer sein kann als ohne Adhäsion, auch wenn in Abreißversuchen praktisch keine Adhäsion festgestellt wird. Da die reale Kontaktfläche
für die Größe der Reibungskraft ausschlaggebend ist, kommt der Adhäsion bei
Reibungsphänomenen eine große Bedeutung zu.
Eingehende experimentelle und theoretische Untersuchungen zum Einfluss der
Oberflächenrauheit auf die Adhäsion wurden von Fuller und Tabor [34] durchgeführt. In den Experimenten wurden glatte Gummikugeln gegen eine raue (nahezu starre) Platte gedrückt. Der elastische Modul und der Radius der Kugeln
sowie die Rauheit der Platte wurden variiert. Die durch Sandstrahlen hergestellten Oberflächen wiesen Krümmungsradien zwischen 50 µm und 200 µm auf, die
abradierten zwischen 70 µm und 300 µm. Die Mittelwerte betrugen 100 µm bzw.
150 µm. Die gemessenen Mittenrauwerte wurden zwischen 0,12 µm und 1,40 µm
variiert. Zudem nehmen die Autoren in Übereinstimmung mit den Ergebnissen
von Greenwood und Williamson an, dass die Höhen bei den so erzeugten Oberflächen normalverteilt sind und der Mittenrauwert in guter Näherung der Standardabweichung entspricht.
Es zeigte sich, dass selbst Rauheiten, die klein im Vergleich zur Gesamtdeformation im Kontaktgebiet sind, einen starken Abfall der Adhäsionskraft verursachen.
Der beobachtete Abfall der Adhäsionskraft ist umso deutlicher, je höher der elastische Modul der Kugel ist.
Die theoretische Behandlung des Problems erfolgt in Anlehnung an Greenwood
und Williamson [43], nur dass jetzt die JKR-Theorie [58] für die einzelnen Asperiten zugrunde gelegt wird. Insbesondere gehen auch Fuller und Tabor von
identischen Asperiten aus, die sich lediglich in der Höhe unterscheiden.
Zudem berücksichtigen die Autoren nur elastische Verformungen (d. h. ohne viskoelastische oder plastische Effekte) und sie nehmen an, dass die Trennung in der
Grenzfläche zwischen den Kontaktpartnern geschieht (kein Materialtransfer von
einem Körper zum anderen).
Anstelle des Kontaktes einer glatten Kugel mit einer rauen Platte wird der Kontakt zwischen einer glatten und einer rauen Platte untersucht. Wie sich zeigt,
stimmen die Ergebnisse von Experiment und theoretischer Untersuchung dennoch zufrieden stellend überein.
Das Ergebnis der theoretischen Überlegungen ist die Abhängigkeit der bezogenen Adhäsionskraft F̃A von der bezogenen Rauheit h̃σ . Die Adhäsionskraft wird
auf die Adhäsionskraft bezogen, die sich bei gleicher Höhe aller Asperiten ergeben würde. Die Bezugsgröße ist also das Produkt aus der Zahl der Asperiten und der Adhäsionskraft eines einzelnen Asperiten mit dem entsprechenden
Krümmungsradius. Die bezogene Rauheit, von Fuller und Tabor adhesion parameter genannt, berechnet sich als
1
1
= h̃σ =
∆c
3
2/3 ∗ 2/3
4
E
R−1/3 hσ
π
γ
.
51
5.3. ADHÄSION IM 1D-MODELL
Werden die Zusammenhänge
γ=
FA
3πR
,
E∗ =
3FA R
a30
.
(5.5)
der JKR-Theorie eingesetzt, ergibt sich eine Darstellung der dimensionslosen Rauheit ausschließlich in Größen, die direkt im Simulationsmodell auftreten:
h̃σ =
√
3
48
hσ R
hσ R
≈ 3,6342 · 2
2
a0
a0
.
Wie in Abschnitt 5.6 ist a0 der Kontaktradius, der sich bei einem einzelnen Asperiten ohne Einwirkung einer äußeren Kraft einstellt. Für h̃σ = 0 ist demnach
F̃A = 1. Im Bereich 0 < h̃σ < 3 fällt die Adhäsionskraft praktisch auf 0 ab.
Dieses Ergebnis wird auch in den numerischen Simulationen in Abschnitt 5.8.2
reproduziert.
5.3
Adhäsion im 1D-Modell
Der adhäsive Kontakt zwischen einer starren Ebene und einem starren Zylinder
mit dünner, elastischer Schicht kann analytisch untersucht werden. Die elastische
Schicht wird wieder als aus unabhängig wirkenden Federn zusammengesetzt verstanden (Abbildung 2.4, Seite 16). Die gekrümmte Oberfläche wird, wie in der
Kontaktmechanik allgemein üblich, quadratisch approximiert. Damit ergibt sich
für die ortsabhängige Verschiebung
u (x) = d −
x2
2R
,
(5.6)
wobei d die maximale Verschiebung (Abplattung) ist. Das Kontaktgebiet habe
die Breite 2a. Da im Außenbereich aufgrund der Adhäsion auch Zugspannungen übertragen werden können, gilt a2 6= 2Rd. Die Größe des Kontaktgebietes
ergibt sich nicht mehr aus rein geometrischen Überlegungen2 sondern aus dem
Wechselspiel der Kräfte“.
”
Die gespeicherte elastische Energie ist
2
Z a
x2
da3
a5
2
d−
dx = cn d a −
+
,
(5.7)
Eel = cn
2R
3R
20R2
0
die Oberflächenenergie
Die gespeicherte Energie
Eγ = −2γa .
(5.8)
Eg = Eel + Eγ
ist von den (unabhängigen) geometrischen Größen a (Kontakthalbweite) und d
(Abplattung) abhängig. Nach dem Prinzip der virtuellen Arbeiten muss zwischen
der virtuellen Arbeit der äußeren Kraft F und der Variation der gespeicherten
Energie im Gleichgewichtszustand gelten:
F δd − δEg = 0 .
2
(5.9)
Beim nichtadhäsiven Kontakt ergibt sich wegen der Unabhängigkeit der Federn aus rein
geometrischen Überlegungen der Zusammenhang a2 = 2Rd.
52
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
Die Kraft F ist positiv, wenn es sich um eine Druckkraft handelt. Aus (5.9) folgen
die zwei Gleichungen
∂Eg
F =
(5.10)
∂d
∂Eg
0=
(5.11)
∂a
für den Gleichgewichtszustand. Aus (5.11) ergibt sich ein Zusammenhang zwischen d und a
r
a2
2γ
−
.
(5.12)
d=
2R
cn
Für γ = 0 ergibt sich das bekannte Ergebnis a2 = 2Rd, für γ > 0 ist die Kontaktbreite größer als beim nichtadhäsiven Kontakt. Einsetzen von (5.12) in (5.10)
liefert den Zusammenhang zwischen Kraft und Kontakthalbweite
p
2cn 3
F =
(5.13)
a − 2 2γcn a .
3R
Die Adhäsionskraft FA und die kritische Kontaktgröße acr folgen nun aus der
Forderung
dF
=0 .
da acr
Es ergibt sich
4p
FA = − 4 8γ 3 cn R2 ,
s3
acr =
4
2γR2
cn
.
√
√
Insbesondere ergibt sich FA ∝ R und acr ∝ R. Bezieht man Kraft und Kontakthalbweite auf die kritischen Werte, genauer
F
a
, ǎ =
,
F̌ = −
FA
acr
ergibt sich die von Parametern freie Form
1
3
F̌ = ǎ3 − ǎ .
2
2
Für den Vergleich mit den Simulationsergebnissen ist es günstiger, als Bezugsgröße die Kontakthalbweite
s
18γR2 √
a0 = 4
= 3acr
cn
zu verwenden, die sich ohne äußere Kraft einstellt. Aus
F
a
F̃ = −
, ã =
FA
a0
folgt
√
3 3 3
F̃ =
ã − ã
.
(5.14)
2
Abbildung 5.3 zeigt Relation (5.14) und die entsprechende Beziehung für die JKRTheorie [58] (adhäsiver Kontakt zwischen elastischer Kugel und starrer Ebene,
siehe Gleichung (B.24)).
53
5.4. EIN ERSTES MODELL
8
1D
7
6
JKR
5
F̃
4
3
2
1
0
-1
0,25 0,5 0,75 1,0 1,25 1,5
ã
Abbildung 5.3: Beziehung zwischen Normalkraft und Kontaktgröße für den Zylinder mit elastischer Schicht (1D) und die elastische Kugel (JKR)
5.4
Ein erstes Modell
Betrachtet wird das abgebildete Modell (Abbildung 5.4). Die dargestellten Teilchen haben nur einen vertikalen Freiheitsgrad. Sie sind an die starre, gekrümmte
Platte über Federn der Steifigkeit kv gekoppelt. Benachbarte Teilchen üben mittels Schubfedern Kräfte aufeinander aus. Die Federsymbole stehen allgemein für
Wechselwirkungen, die linear in den Relativverschiebungen sind. Die Federn, die
die Teilchen miteinander verbinden, sind also keine Dehnfedern, sondern wirken
einer vertikalen Relativverschiebung der Teilchen entgegen. Der Freischnitt (Abbildung 5.5) verdeutlicht dies.
Auf jedes Teilchen wirkt zudem eine von der vertikalen Position z abhängige
Kraft Fw (z), die die Wechselwirkungen mit dem Gegenkörper modelliert. Der
Gegenkörper ist im Modell eine starre Platte. Abbildung 5.6 zeigt einen typischen Verlauf für die Kraft Fw (z). Ist ein Teilchen sehr nah am Gegenkörper,
wirken Abstossungskräfte. In größerer Entfernung wirken Anziehungskräfte, die
mit zunehmendem Abstand asymptotisch gegen Null gehen. Bei diesem einfachen
Modell wird der Gegenkörper nicht durch Teilchen modelliert. Die Wechselwirkungskraft, die nur von der vertikalen Position des Teilchens abhängt, soll gerade
so bemessen sein, dass es der Wechselwirkung des Teilchens mit allen Teilchen
des Gegenkörpers entspricht.
Der starre Grundkörper hat ebenfalls einen vertikalen Freiheitsgrad. Auf den
Grundkörper kann eine äußere Kraft F in vertikaler Richtung aufgebracht werden
(Zug oder Druck).
Das tatsächliche Simulationsmodell unterscheidet sich demnach in zwei Punkten
von dem im vorherigen Abschnitt analytisch untersuchten Modell. Erstens ist
die Reichweite der Wechselwirkungskräfte endlich. Zweitens gibt es Wechselwirkungen zwischen benachbarten Teilchen. Die Deformationen benachbarter Federn
54
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
Fext
PSfrag replacements
kv
z
kh
x
Abbildung 5.4: 1D-Teilchenmodell: Jedes Teilchen ist an den Grundkörper über eine Feder (Steifigkeit kv ) gekoppelt. Zudem sind benachbarte Teilchen über Schubfedern (Steifigkeit kh ) gekoppelt.
kv (zj − zG − z̃j )
kh (zj − zj−1 )
kh (zj − zj+1 )
PSfrag replacements
Fw (zj )
Abbildung 5.5: Freischnitt eines Teilchens; zj ist die vertikale Position des Teilchens j, zG ist die vertikale Position des Grundkörpers, z̃j ist die Position des
Teilchens j in Bezug auf den Grundkörper in der undeformierten Lage
55
5.5. HERLEITUNG DES POTENTIALS
Fw (z)
Gleichgewichtsabstand
PSfrag replacements
z
Abbildung 5.6: Wechselwirkungskraft Fw (z), hervorgerufen durch den Gegenkörper
sind nicht unabhängig.
Die Bewegungsgleichung für ein einzelnes Teilchen lautet dann
mj z̈j = Fj
,
(5.15)
wobei mj die Masse des Teilchens j ist. Die resultierende Kraft Fj auf der rechten Seite beinhaltet die beschriebenen Wechselwirkungen zwischen den Teilchen,
viskose Dämpfung und stochastische Kräfte (thermische Fluktuationen). Für den
Grundkörper lautet die Bewegungsgleichung entsprechend
mG z̈G =
X
Fj + Fext
.
(5.16)
j
Die Bewegungsgleichungen (5.15) und (5.16) werden numerisch gelöst. In der
Tat wird jedoch der überkritisch gedämpfte Fall betrachtet. Anmerkungen zu
numerischen Aspekten sind in Kapitel 4 zu finden.
5.5
Herleitung des Potentials
Prinzipiell ist jede Wechselwirkung, die den typischen Verlauf (Abbildung 5.6)
aufweist, zur Modellierung des Kontaktes denkbar. Im ersten Schritt soll angenommen werden, dass die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen durch das
Lennard-Jones-Potential
c1
c2
Utt =
− 6
(5.17)
12
12r
6r
beschrieben werden. Dieses Potential beschreibt in guter Näherung die Wechselwirkung zwischen neutralen Atomen. Das heißt keinesfalls, dass die Teilchen des
vorgestellten Modells Atome sind. Die Teilchen haben keine physikalische Bedeutung.
Die Kraft zwischen zwei Teilchen ist dann
Ftt (r) = −
∂U
c1
c2
= 13 − 7
∂r
r
r
.
56
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
h
r
PSfrag replacements
z
Abbildung 5.7: Berechnung der Wechselwirkungen zwischen einem Teilchen und
einem Körper mit glatter Oberfläche
Wird der Gleichgewichtsabstand r0 gefordert, folgt für die Konstanten c1 und c2
Ftt (r0 ) = 0
⇔
c1
= r06
c2
.
Das Wechselwirkungspotential zwischen einem Festkörper mit glatter Oberfläche
und einem Teilchen im Abstand h ergibt sich durch Integration über alle Teilchen
des Festkörpers (Abbildung 5.7)
!
Z∞ Z∞
c1
c2
Utp (h) =
6 −
3 2πrdrdz
2
2
2
2
12
(h
+
z)
+
r
6
(h
+
z)
+
r
0 0
c
c2 1
= 2π
−
.
1080h9 72h3
Wird eine Teilchen-Teilchen-Wechselwirkung gemäß (5.17) zugrunde gelegt, ergibt sich für die Kraft zwischen einem glatten Körper und einem Teilchen im
Abstand z von diesem Körper3
c
∂Utp (z)
c2 1
Fw (z) = −
= 2π
−
.
(5.18)
∂z
120z 10 24z 4
Der Abstand z0 , der sich ohne weitere auf das Teilchen wirkende Kräfte einstellt,
ist gegeben durch
r
c1
r0
Fw (z0 ) = 0 ⇔ z0 = 6
= √
.
(5.19)
6
5c2
5
Die Steifigkeit bei Abstand z0 folgt dann aus (5.18) und (5.19)
∂Fw
c1
c2
55/6 π c2
k0 =
= −2π
−
=−
∂z z0
12z011 6z05
2 r05
3
Nun wird wieder die Variable z für den vertikalen Abstand benutzt.
.
57
5.6. STEIFIGKEITSSTUDIE
1.0
Fw (z) [KE]
0.8
PSfrag replacements
0.6
0.4
0.2
0.0
0.0
0.5
1.0
1.5
2.0
2.5
3.0
z [LE]
Abbildung 5.8: Wechselwirkungskraft gemäß Gleichung (5.20)
Für die Simulation können der Gleichgewichtsabstand r0 zwischen zwei Teilchen
zu 1 LE und die Steifigkeit k0 zu −1 KE/LE gesetzt werden. Dabei ist die
Längeneinheit LE des Problems der Teilchenabstand und die Krafteinheit KE
ist dann gerade −k0 r0 . Bei dieser Wahl folgt für die Kraft
Fw /KE = 0,0087177 · (z/LE)−10 − 0,0435887 · (z/LE)−4
.
(5.20)
Abbildung 5.8 zeigt den Verlauf. Für das Potential (5.20) ist das Maximum der
Anziehungskraft bei zmax = 0,891 LE und beträgt Fw max = 0,0415 KE. Im Abstand 1,5 LE ist die Wechselwirkungskraft auf 20% des Maximalwertes abgesunken, bei 2,0 LE auf 6,5%.
Wie eingangs bereits erwähnt wurde, können die Wechselwirkungsgesetze beliebig gewählt werden, solange sie qualitativ das abgebildete Verhalten zeigen. Die
Kraftgesetze
Fw /KE = 0,0069586 · (z/LE)−14 − 0,0324735 · (z/LE)−6
(5.21)
Fw /KE = 0,0030185 · (z/LE)−10 − 0,0452768 · (z/LE)−2
(5.22)
und
zeigen qualitativ ebenfalls das abgebildete Verhalten und es gilt r0 = 1 LE und
k0 = −1 KE/LE.
5.6
5.6.1
Steifigkeitsstudie
Vorgehen
Das Wechselwirkungspotential ist durch die Gleichung (5.20) vollständig vorgegeben. Die Steifigkeiten kv und kh können nun noch frei gewählt werden. Für
verschiedene Steifigkeiten werden die folgenden Untersuchungen durchgeführt:
• Für jeden Krümmungsradius R wird der Zusammenhang zwischen Normalkraft F und Kontakthalbweite a bestimmt. Aufgetragen wird stets die
58
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
Normalkraft bezogen auf die Adhäsionskraft F̃ = −F/FA und die Kontakthalbweite bezogen auf die Kontakthalbweite ohne Normalkraft ã = a/a0 .
• Die Adhäsionskraft FA und die Kontakthalbweite a0 ohne äußere Normalkraft werden in Abhängigkeit vom Krümmungsradius R berechnet.
Die Berechnung der Adhäsionskraft erfolgt iterativ. Zuerst wird der obere Körper
mit einer Kraft FD gegen den (festgehaltenen) unteren Körper gedrückt. Anschließend wird der obere Körper mit einer Kraft FZ vom unteren Körper gezogen. In der dynamischen Simulation stellt sich entweder ein Gleichgewichtszustand ein (wie in Abbildung 5.9) oder es kommt zur Trennung der beiden
Körper. Im ersten Fall wird im nächsten Versuch mit einer etwas größeren Kraft
FZ gezogen; im zweiten Fall mit einer etwas geringeren. Auf diesem Weg kann
die Adhäsionskraft mit gewünschter Genauigkeit iterativ bestimmt werden. Alternativ kann die Adhäsionskraft FA auch durch sehr langsame kontinuierliche
Steigerung der Zugkraft FZ bestimmt werden.
Numerische Experimente zeigen, dass die Adhäsionskraft FA und der kritische Radius acr nur sehr schwach von der zuvor aufgebrachten Druckkraft FD abhängen.
In der JKR-Theorie hängen beide Größen überhaupt nicht von FD ab. In Abschnitt 5.7 wird dieser Aspekt kurz diskutiert.
Nachdem die Adhäsionskraft FA bestimmt wurde, wird nun der Zusammenhang
zwischen Normalkraft F und Kontakthalbweite a bestimmt. Dazu kann die Normalkraft stufenweise gesteigert werden. Für jeden Wert der Normalkraft wird in
einer dynamischen Simulation die sich einstellende Gleichgewichtslage bestimmt.
Alternativ kann die Normalkraft sehr langsam kontinuierlich gesteigert werden.
Der momentane Wert des Kontaktradius wird dann anstelle des Gleichgewichtskontaktradius verwendet.
Das oben beschriebene Vorgehen wird mit verschiedenen Steifigkeiten kh und kv
wiederholt. Mit der Matlab-Funktion fminsearch4 kann der optimale Satz von
Steifigkeiten bestimmt werden. Als Zielfunktion wird die Norm der Abweichung
zwischen berechneter Kurve und JKR-Kurve benutzt. Die Begriffe Kontaktradius bzw. Kontakthalbweite wurden in den bisherigen Ausführungen des öfteren
benutzt. Aber wie ist der Kontaktradius im Simulationsmodell zu definieren? In
der JKR-Theorie tritt bei r = a eine Singularität in der Spannung auf. Theoretisch sind die Zugspannungen am Rand unendlich groß. Im Simulationsmodell
ist die Reichweite der Wechselwirkungskräfte endlich. Daher tritt keine Singularität auf. Abbildung 5.10 zeigt schematisch die räumliche Verteilung der Wechselwirkungskräfte zwischen den beiden Körpern. In der Mitte ist die maximale
Druckspannung; im Zugbereich gibt es auf jeder Seite ein ausgeprägtes Maximum. Greenwood [42] spricht im Zusammenhang mit dem Kontaktradius von
einem ill-defined concept“. Er betont, dass es im Zugbereich nur einen ausge”
zeichneten Punkt gibt – den maximaler Zugspannung. Zudem liegt das Maximum
der Zugspannung in der Nähe der Singularität in der JKR-Theorie. Im folgenden wird daher bei der Untersuchung des Kontaktes Kugel-Ebene das Maximum
der Zugspannung zur Berechnung des Kontaktradius herangezogen. Der genaue
Wert für den Kontaktradius wird durch Interpolation zwischen den diskreten
Teilchenpositionen bestimmt. Dazu wird die Druckverteilung“ in der Nähe des
”
4
Die Matlab-Funktion fminsearch basiert auf dem Nelder-Mead-Simplex Algorithmus.
59
5.6. STEIFIGKEITSSTUDIE
Schritt 1: Drücken
F
FZ
PSfrag replacements
FD
t
Körper 1
Körper 2
−FD
zG
Schritt 2: Ziehen
FZ
t
Abbildung 5.9: Berechnungsschritte zur Ermittelung der Adhäsionskraft: Das
Diagramm rechts unten zeigt die vertikale Position des Grundkörpers. Im abgebildeten Fall stellt sich nach Aufbringen der Zugkraft FZ eine Gleichgewichtslage
ein; es kommt nicht zum Abreißen. Die aufgebrachte Zugkraft FZ ist somit kleiner
als die Adhäsionskraft.
Fw
PSfrag replacements
2a
x
Abbildung 5.10: Zur Bestimmung der Kontakthalbweite beim adhäsiven Kontakt:
Verteilung der lokalen Wechselwirkungskräfte
60
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
7
6
5
F̃
4
3
2
1
PSfrag replacements
0
−1
0
0.5
ã
1
1.5
Abbildung 5.11: Steifigkeitsstudie Punkte: Simulationsergebnis für kv = 0,4k0
und kh = 0,1k0 , gestrichelte Linie: JKR-Kurve gemäß (B.24), Strichpunktlinie:
adhäsives 1D-Problem gemäß (5.14), durchgezogene Linie: adhäsives 2D-Problem
gemäß (B.25)
Maximums durch eine Parabel approximiert. Der Scheitelpunkt der Parabel gibt
dann den Kontaktradius.
5.6.2
Ergebnisse
Abhängig von den Steifigkeiten kv und kh ergeben sich sehr unterschiedliche Ergebnisse für die F̃ (ã)-Kurve. Für das Potential (5.20) erhält man für kv = 0,4k0
und kh = 0,1k0 die abgebildeten Simulationsergebnisse (Abbildung 5.11). Die Simulationsergebnisse liegen sehr gut auf der Kurve, die durch die JKR-Theorie gegeben ist (gestrichelte Linie). Nur für F < −0.5·|FA | ergeben sich Abweichungen.
Nahezu unveränderte Resultate werden für kv = 0,4k0 und kh beliebig (kh < k0 )
erzielt. Es ist zu beachten, dass die F̃ (ã)-Kurve für beliebige Krümmungsradien
R getroffen wird.
Demnach liefert diese Wahl der Steifigkeiten und der Wechselwirkungskräfte ein
Simulationsmodell, mit dem der Zusammenhang zwischen Kontaktgröße und Normalkraft für den adhäsiven Kontakt richtig wiedergegeben werden kann. Der korrekte Zusammenhang zwischen Kontaktgröße und Normalkraft ist sowohl für die
Kontaktdynamik (Kontaktzeit) als auch für die Reibung wichtig.
Die JKR-Theorie sagt für das 3D Problem einen linearen Zusammenhang zwischen
Adhäsionskraft und Krümmungsradius (FA ∝ R) vorher. Zudem gilt
√
√ a0 ∝
3
R2 .√
Das Simulationsmodell liefert hingegen die Zusammenhänge FA ∝ R und
a0 ∝ R (Abbildung 5.12). Hat man Oberflächen mit festem Krümmungsradius
(alle Asperiten haben den gleichen Krümmungsradius R), ist dies unproblematisch.
Abbildung 5.13 zeigt die Ergebnisse für kv = 0,1k0 und kh = 0,01k0 . In diesem
Fall liegen die Simulationsergebnisse (Punkte) sehr gut auf der Kurve, die für
eine elastische Schicht auf einem Zylinder gilt.
0,2
0,4
0,6
0,8
5.6. STEIFIGKEITSSTUDIE
1,2
1,430
1,6
1,825
a0
FA
1,8
1,6
1,4
51,2
10
150,8
200,6
250,4
300,2
61
20
15
10
0
200
400
600
800
5
1000
0
200
R
400
600
800
1000
R
Abbildung 5.12: Adhäsionskraft FA (links) und Kontaktradius a0 ohne äußere
Normalkraft (rechts) in Abhängigkeit vom Krümmungsradius R
7
6
5
F
4
3
2
1
PSfrag replacements
0
−1
0
0.5
1
a
1.5
2
Abbildung 5.13: Steifigkeitsstudie Punkte: Simulationsergebnis für kv = 0,1k0
und kh = 0,01k0 , gestrichelte Linie: JKR-Kurve gemäß (B.24), Strichpunktlinie:
adhäsives 1D-Problem gemäß (5.14), durchgezogene Linie: adhäsives 2D-Problem
gemäß (B.25)
62
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
Wird das Kraftgesetz (5.21) gewählt, ergibt sich für kv = 0,4k0 und kh < k0
wiederum eine gute Übereinstimmung der Simulationsergebnisse mit der JKRKurve. Die Adhäsionskraft FA und die Kontaktgröße a0 sind hingegen deutlich
verschieden.
5.7
5.7.1
Modell mit vertikalen und horizontalen Teilchenfreiheitsgraden
Aufbau
Die Oberflächen werden in Anlehnung an das einfache Federmodell aus Abbildung
5.4 aus einer Reihe von Teilchen gebildet. Jedes Teilchen hat nun zwei Freiheitsgrade (vertikal und horizontal). Die Teilchen unterliegen, wie gehabt, Wechselwirkungen mit dem Grundkörper und den anderen Teilchen. Die Wechselwirkungen
der Teilchen mit dem Grundkörper und mit den benachbarten Teilchen des gleichen Körpers werden durch lineare Federn beschrieben.
Beide Körper seien nun elastisch und haben raue Oberflächen. Die Wechselwirkung mit dem gegenüberliegenden Körper erfolgt über ein abstandsabhängiges
Wechselwirkungspotential U (r) unter Einbeziehung einer gewissen Anzahl von
Teilchen5 .
Die Bewegungsgleichungen für ein einzelnes Teilchen lauten dann
x
mi,k ẍi,k = Fi,k
,
z
mi,k z̈i,k = Fi,k
,
(5.23)
x
z
wobei mi,k die Masse des Teilchens i auf Körper k ist. Die Kräfte Fi,k
bzw. Fi,k
auf der rechten Seite beinhalten die beschriebenen Wechselwirkungen zwischen
den Teilchen, viskose Dämpfung und stochastische Kräfte (thermische Fluktuationen). Der obere Körper hat ebenfalls zwei Freiheitsgrade. In den entsprechenden
Bewegungsgleichungen
mG ẍG = FGx
,
mG z̈G = FGz
,
(5.24)
sind die äußeren Vorgaben (gegebene Geschwindigkeit oder Kraft) zu berücksichtigen. Der untere Körper ist fest. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass
die Teilchen keine realen Elemente wie Atome, Moleküle oder Körner sind.
5.7.2
Ergebnisse
Es wird wiederum das folgende numerische Experiment eingehender betrachtet: ein in vertikaler Richtung beweglicher Körper mit gekrümmter Oberfläche
(Krümmungsradius R) wird gegen einen fest eingespannten Körper mit ebener
Oberfläche gedrückt. Es werden die Adhäsionskraft FA , der Kontaktradius a0
5
Beim Modell von Abschnitt 5.4 wurde der Kontakt zwischen einem elastischen Körper mit
rauer Oberfläche und einer starren, ebenen Platte simuliert. Die Wechselwirkungen der Teilchen des elastischen Körpers mit der starren Unterlage wurden auf eine nur vom Abstand des
Teilchens von der Unterlage abhängige Kraft reduziert. Die Unterlage wurde nicht diskretisiert.
Wenn nun beide Körper elastisch sind und raue Oberflächen aufweisen, müssen die Wechselwirkungen zwischen je zwei Teilchen definiert sein. Theoretisch gibt es Wechselwirkungen zwischen
einem Teilchen des einen Körpers mit allen Teilchen des anderen Körpers. Praktisch wird in
der Simulation eine Zahl von einbezogenen Nachbarn festgelegt.
R
5.7. MODELL MIT ZWEI TEILCHENFREIHEITSGRADEN
1.02
63
FA
hFA i
1.00
1.5
0.98
0.5
0.0
2.0
1.0 0.96 -1
acr
hacr i
0
FN
hFA i
1
2
Abbildung 5.14: Abhängigkeit der Adhäsionskraft FA und des kritischen Radius
acr von der aufgebrachten Normalkraft FN , h.i bezeichnet den Mittelwert der
entsprechenden Größe über alle numerischen Experimente.
ohne äußere Kraft und der Zusammenhang zwischen Normalkraft und Kontaktradius bestimmt.
Abbildung 5.14 zeigt, dass Adhäsionskraft FA und kritischer Radius acr nur
schwach von der zuvor aufgebrachten Normalkraft FN abhängen.
Abbildung 5.15 zeigt, dass auch bei diesem
√ Modell zwischen Adhäsionskraft und
Krümmungsradius die Beziehung FA ∝ R gilt. Die JKR-Theorie hingegen sagt
√
den linearen Zusammenhang (5.2) voraus. Zudem liefert das Modell a0 ∝ R
(Abbildung 5.16).
Abbildung 5.17 zeigt den Zusammenhang zwischen Normalkraft und Kontaktgröße. Die durchgezeichnete Linie ist das Ergebnis (B.24) der JKR-Theorie, die
Punkte sind Ergebnisse von numerischen Berechnungen mit fünf verschiedenen
Krümmungsradien. Eine gute Übereinstimmung ist erkennbar. Die Ergebnisse der
numerischen Experimente können damit wie folgt zusammengefasst werden:
• Die Beziehung zwischen Krümmungsradius R und Adhäsionskraft FA (sowie
Kontaktradius a0 ) wird mit dem Modell nicht richtig wiedergegeben.
• Die Beziehung zwischen Normalkraft und Kontaktgröße wird für beliebige
Krümmungsradien korrekt wiedergegeben.
Das Modell kann daher zur Simulation des 3D adhäsiven Kontaktes benutzt
werden, wenn man sich auf einen beliebigen aber festen Krümmungsradius beschränkt. Bei Oberflächen mit verschiedenen Krümmungsradien ergeben sich Abweichungen.
Es sei daran erinnert, dass beim rein-elastischen trockenen Kontakt auch die Abhängigkeit vom Krümmungsradius stimmt. Daher können solche Kontakte für
Oberflächen mit verschiedenen Krümmungsradien simuliert werden.
64
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
PSfrag replacements
100 Teilchen
3
600 Teilchen
2
FA
1
0
FA ∝
√
R
√
3
FA ∝ R
0
1000
2000
3000
4000
R
Abbildung 5.15: Zusammenhang zwischen Adhäsionskraft FA und Krümmungsradius R
PSfrag replacements
70
100 Teilchen
60
600 Teilchen
50
a0
40
30
20
a0 ∝
10
0
0
1000
2000
3000
√
R
4000
R
Abbildung 5.16: Zusammenhang zwischen Kontaktradius a0 und Krümmungsradius R
PSfrag replacements
65
5.8. SIMULATION MIT RAUEN OBERFLÄCHEN
4
3
1.8
2.0
2
F̃
1.5
g(x)
"xkreisn200r200.txt" using 2:1
"xkreisn200r1000.txt" using 2:1
"xkreisn200r2000.txt" using 2:1
"xkreisn200r4000.txt" using 2:1
"xkreisn200r8000.txt" using 2:1
1
0
-1
0.6
0.8
1.0
1.2
1.4
1.6
ã
Abbildung 5.17: Zusammenhang zwischen aufgebrachter Normalkraft F̃ und
Kontaktradius ã in dimensionsloser Form; durchgezogene Kurve: JKR-Ergebnis gemäß (B.24), Punkte: Simulationsergebnisse mit 5 verschiedenen Krümmungsradien
PSfrag replacements
elastisch
L
2h
starr
Abbildung 5.18: Wellige Oberfläche
5.8
Simulation mit rauen Oberflächen
In diesem Abschnitt werden Simulationen für zwei besondere Arten der rauen
Oberfläche vorgestellt. Zuerst werden wellige (harmonische) Oberflächen betrachtet und danach Greenwood-Williamson-Oberflächen. Für letztere zeigt sich die
von Fuller und Tabor beschriebene Abnahme der Adhäsionskraft mit der Rauheit.
5.8.1
Wellige Oberflächen
Als Spezialfall der nicht-glatten Oberflächen wird zuerst der Kontakt zwischen
einer gewellten, elastischen Oberfläche und einer starren Oberfläche untersucht.
Unter gewellten Oberflächen sollen Oberflächen verstanden werden, die durch
eine einzige Sinusfunktion beschrieben werden können. Abbildung 5.18 zeigt eine
solche Oberfläche mit Amplitude h und Wellenlänge L.
Folgenden Fragestellungen sollen mit dem 1D Modell untersucht werden:
66
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
nK
n
1
PSfrag replacements
h [LE]
0.1
0.01
0.1
1
h2 E ∗
Lγ
10
100
Abbildung 5.19: Anteil der Teilchen im Kontakt (ohne äußere Normalkraft) für
eine wellige Oberfläche gemäß Abbildung 5.18 (sechs identische Kurven für verschiedene Punktezahlen und Längen)
• Für welche Abmessungen (h, L) tritt ohne äußere Kraft ein vollständiger
Kontakt auf?
• Wie ändert sich die Kontaktfläche in Abhängigkeit von der aufgebrachten
Normalkraft?
Zum vollständigen Kontakt ohne äußere Kraft kommt es nur, wenn die elastische
Energie, die infolge der Deformation im System gespeichert werden muss, kleiner
als die gewonnene Oberflächenenergie ist. Eine theoretische Abschätzung liefert
als Bedingung, dass der dimensionslose Parameter h2 E ∗ /(γL) höchstens von der
Größenordnung 1 sein darf.
Das beschriebene Problem soll nun mit dem einfachen 1D Modell untersucht werden. Die gewellte, elastische Oberfläche hat Sinusform; es wird stets eine Periode
betrachtet. Variiert wird die Amplitude der Welligkeit h und die Länge L. Bestimmt wird die Größe der Kontaktfläche für den Fall, dass keine äußere Kraft
wirkt. Zur Kontaktfläche gehören alle Teilchen, die einen kritischen Abstand zkr
zur ebenen, starren Platte unterschreiten.
Abbildung 5.19 zeigt den Anteil der Teilchen, die sich im Kontakt befinden, aufgetragen über dem Parameter h2 E ∗ /(γL). Die Berechnungen wurden mit sechs
verschiedenen Werten n = 100 ÷ 1000 durchgeführt, die alle zu den gleichen Ergebnissen führten. Für die untersuchten Parameter ist vollständiges Ausfüllen der
Rauheit für h2 E ∗ /(γL) < 3,6 gegeben; dieses Ergebnis passt zu der theoretischen
Abschätzung.
Konzipiert ist das 1D Modell für die Berechnung von Kontaktproblemen, bei denen nur die Spitzen in Kontakt sind. Diese Spitzen sind durch einen Krümmungsradius charakterisiert. Beim vollständigen Ausfüllen geschieht der Kontakt jedoch
nicht mehr ausschließlich über die Spitzen. Dennoch liefert das Modell eine sinnvolle Vorhersage, bei welchen Werten des Parameters h2 E ∗ /(γL) ein vollständiges
Ausfüllen der Oberflächenrauheiten geschieht.
67
5.8. SIMULATION MIT RAUEN OBERFLÄCHEN
1.0
nK
n
0.8
0.6
0.4
PSfrag replacements
0.2
0.0
0
2
4
F
FA
600
F
FA
1.0
6
8
10
nK
n
0.8
0.6
0.4
PSfrag replacements
0.2
0.0
0
200
400
1000
1200
1400
Abbildung 5.20: Anteil der Teilchen im Kontakt in Abhängigkeit von der Normalkraft für eine wellige Oberfläche gemäß Abbildung 5.18; oben: h = 1 LE, unten:
h = 10 LE
Auf den oberen Körper wird nun eine kontinuierlich steigende Normalkraft aufgebracht. Es wird die Zahl der am Kontakt beteiligten Teilchen ermittelt. Abbildung
5.20 zeigt exemplarisch die Ergebnisse für h2 E ∗ /(γL) = 200. Bezugsgröße für die
Normalkraft ist die Adhäsionskraft. Die Kontaktfläche nimmt kontinuierlich mit
der Normalkraft zu; es gibt keine Sprünge.
5.8.2
Oberflächen mit festem Kappenradius
Abbildung 5.21 zeigt die Ergebnisse von numerischen Experimenten zur Bestimmung der Adhäsionskraft in Abhängigkeit von der Rauheit. Die numerischen Experimente lehnen sich an Experimente und analytische Berechnungen von Fuller und Tabor [34] an. Grundlage der Simulation sind Greenwood-WilliamsonOberflächen (Abbildung 5.22). Die raue, elastische Oberfläche besteht aus 200
Asperiten (jeweils 20 Teilchen) mit normalverteilten Höhen und gleichem Krümmungsradius. Der Gegenkörper ist starr und glatt.
68
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
1.0
0.8
F̃A
0.6
0.4
0.2
PSfrag replacements
0.0
0
2
4
6
8
10
h̃σ
Abbildung 5.21: Adhäsionskraft in Abhängigkeit von der Rauheit für eine raue
Oberfläche gemäß Abbildung 5.22
Abbildung 5.22: Stochastische Oberfläche aus Kugelkappen
Die numerisch berechnete Kurve liegt im Übergangsbereich etwas oberhalb der
theoretisch vorhergesagten. In ihren Experimenten haben Fuller und Tabor jedoch auch teilweise deutliche Abweichungen nach oben festgestellt. Zudem ist die
verwendete Anzahl von Asperiten nicht sehr hoch.
In weiteren numerischen Experimenten wurde der Zusammenhang zwischen Normalkraft und Kontaktfläche bestimmt. Abbildung 5.23 zeigt für jeweils 10 mit
einem Zufallsgenerator erzeugte Höhenverteilungen (200 Asperiten, hσ = (0,02 ±
0,002)R ) den Zusammenhang zwischen Normalkraft und Anzahl der im Kontakt befindlichen Teilchen. Die Normalkraft wurde auf die Adhäsionskraft eines
einzelnen Asperiten bezogen. Die Kontaktfläche nimmt kontinuierlich mit der
Normalkraft zu; es gibt keine Sprünge; sowohl bei den gezeigten Berechnungen
als auch bei weiteren Berechnungen für hσ = 0,15R.
69
5.8. SIMULATION MIT RAUEN OBERFLÄCHEN
PSfrag replacements
1,0
0,8
nK
n
0,6
0,4
0,2
0,0
0
500
1000
1500
2000
F
FA
2500
3000
3500
Abbildung 5.23: Anteil der Teilchen im Kontakt in Abhängigkeit von der Normalkraft für 10 verschiedene GW-Oberflächen gemäß Abbildung 5.22
70
KAPITEL 5. ADHÄSIVER KONTAKT
Kapitel 6
Geschmierte Kontakte
6.1
Einführung
In den vorangegangenen Kapiteln wurden trockene Kontakte ausführlich untersucht. Tatsächlich sind Kontakte in den meisten technischen Anwendungen geschmiert. Absichtlich geschmierte Kontakte liegen z.B. in den meisten Lagern vor.
Schmierung liegt aber auch im Rad-Schiene-Kontakt vor, wenn auf der Schiene
eine Schicht (feuchter) Blätter liegt.
Der Simulation von Reibung und Verschleiß in geschmierten Systemen kommt
demnach große Bedeutung zu, sowohl aus wissenschaftlicher Sicht als auch aus
Sicht der Anwendung. Insbesondere geht es um die Frage, wie Reibung und Verschleiß von den aufgebrachten Lasten, der Oberflächentopographie und den Materialparametern abhängen.
Exemplarisch sei das Beispiel des Verbrennungsmotors (speziell Hubkolbenmotor)
in Kraftfahrzeugen erwähnt. Diese Motorenart hat sich wegen ihrer Performance, Zuverlässigkeit und Vielseitigkeit durchgesetzt, obwohl sie eine vergleichsweise
geringe Effizienz aufweist. Reibungsverluste machen den größten Teil des Energieverbrauchs aus. Insbesondere die Reibung der Kolbenringe (Mischreibung oder
hydrodynamische Schmierung) und des Kolbenschafts (hauptsächlich hydrodynamische Schmierung) machen einen großen Teil der Reibungsverluste im Antriebsstrang aus [27, 117]. Aufgrund der hohen Zahl von im Einsatz befindlichen
Verbrennungsmotoren können selbst kleine Verbesserungen in den Bereichen Effizienz, Emissionen und Haltbarkeit großen Einfluss auf den globalen Ölverbrauch
und die Umwelt haben. Fortschritte hinsichtlich der drei großen Ziele, Effizienz,
Emissionen und Haltbarkeit, verbinden Tung und McMillan [117] mit den folgenden Hauptbetätigungsfeldern: (1) Entwicklung neuer und bezahlbarer Oberflächenmodifikationen, (2) Erarbeitung eines besseren Verständnis der Chemie
der Schmiermittel und (3) Erarbeitung eines besseren Verständnis der Wirkungsweise von Additiven. Verbesserungen in der Simulation von geschmierten Systemen können zweifelsfrei ebenfalls zu Verbesserungen von Verbrennungsmotoren
beitragen.
Hydrodynamische Schmierung und elastohydrodynamische Schmierung werden
seit langen beherrscht [47, 115]. Gegenstand aktueller Forschung ist der Bereich
der Mischreibung. Ein wesentlicher Grund für die hohe Komplexität erwächst aus
der Notwendigkeit, simultan das elastische Problem und das Strömungsproblem
zu lösen.
71
72
KAPITEL 6. GESCHMIERTE KONTAKTE
V
a
R
F
PSfrag replacements
h0
h(r)
Abbildung 6.1: Annäherung einer gekrümmten Oberfläche an eine Ebene mit der
Geschwindigkeit V unter der Wirkung einer Kraft F
In diesem Kapitel wird gezeigt, dass das Mischreibungsproblem erheblich reduziert werden kann, wenn die Schmierfilmdicke so gering ist, dass der Hauptteil der
Kontaktwechselwirkungen von wenigen Mikrokontakten kommt, deren Abstand
sehr viel kleiner als der mittlere Abstand der Körper ist. Geschmierte Kontakte
können in diesem Fall durch nichtkonservative Wechselwirkungskräfte zwischen
Oberflächenelementen modelliert werden. Die Wechselwirkungskräfte sind sowohl
vom Abstand als auch von der Relativgeschwindigkeit der Oberflächenelemente
abhängig. Die Idee besteht demnach darin, nicht das Verhalten der Flüssigkeit
explizit zu simulieren, sondern nur die hydrodynamischen Kräfte, die auf die
Festkörper wirken. Es wird zudem gezeigt, dass zusätzlich auch eine Reduktion
der Dimension erfolgen kann.
Popov und Filippov [94] nutzen diese Beschreibung der Mischreibung in Zusammenhang mit dem 1D-Modell zur Simulation des chemisch-mechanischen Polierens (CMP).
6.2
6.2.1
Klassisches Newton-Fluid mit konstanter Viskosität
Vorüberlegungen
Betrachtet wird die Annäherung einer gekrümmten Oberfläche (Krümmungsradius R) an eine Ebene (Abbildung 6.1). Beide Körper seien starr, die untere
Platte sei zudem fest, die gekrümmte Platte bewegt sich mit der Geschwindigkeit V . Die gekrümmte Oberfläche wird in der Nähe des Minimums parabolisch
approximiert
h (r) = h0 +
r2
2R
.
(6.1)
73
6.2. KLASSISCHES NEWTON-FLUID
Aus der Reynoldsgleichung für die reine Normalbewegung und das symmetrische
Problem (p = p(r))
dh
d rh3 dp
=r
(6.2)
dr 12η dr
dt
ergibt sich für die Druckverteilung
p − p0 =
3ηV R
h2
,
(6.3)
wobei p0 den Druck außerhalb des Kontaktbereichs bezeichnet und V = ḣ. Die
Normalkraft ergibt sich nun durch Integration
Z ∞
6πηR2 V
F =
2πr (p − p0 ) dr =
,
(6.4)
h0
0
2
a
berücksichtigt wurde. Das Integral in (6.4) konvergiert auf der
wobei h0 2R
oberen Grenze. Das bedeutet, der Hauptanteil der Kraft kommt aus der unmittelbaren Umgebung des Mikrokontaktes. Der genaue Verlauf der Strömung außerhalb des Kontaktbereichs hat keinen Einfluss auf die Wechselwirkung zwischen
den Asperiten.
Zudem kann abgeschätzt werden, dass die Normalkräfte dominieren [97]. Die
Schubspannung kann zu
τ ∼η
V
V
=η
h
h0 + r 2 /(2R)
abgeschätzt werden. Daraus folgt für die Tangentialkraft
L2
FT ∼ 2πηV R ln 1 +
.
2h0 R
(6.5)
L ist hierbei der charakteristische Abstand zwischen den Asperiten. Vergleich von
(6.4) mit (6.5) zeigt, dass die Tangentialkraft in erster Näherung gegenüber der
Normalkraft vernachlässigt werden kann.
Es ist das Ziel dieses Kapitels, einen möglichen Weg zur Berücksichtigung der
Schmierung im vorgestellten Modell aufzuzeigen. Insbesondere soll die Simulation
des geschmierten Kontakts ohne die explizite Berechnung der Strömung auskommen. Dazu werden Wechselwirkungsgesetze zwischen den Teilchen der Festkörper
definiert, so dass das makroskopische Verhalten gemäß Gleichung (6.4) korrekt
abgebildet wird. Die Wechselwirkungskräfte sind nichtkonservativ und hängen
vom Relativabstand und der Relativgeschwindigkeit ab.
Wie bereits in Kapitel 2.1 ausführlich dargestellt, ist die Dimension bei Kontaktproblemen von großer Bedeutung. Für geschmierte 3D-Kontakte werden die
Wechselwirkungsgesetze für 1D- und 2D-Oberflächen hergeleitet. Es zeigt sich,
dass die Wechselwirkungsgesetze in den beiden Fällen verschieden vom Teilchenabstand abhängen.
6.2.2
Wechselwirkungsgesetz im 2D-Fall
Die Teilchen sind auf den Oberflächen z1 = z1 (x, y) und z2 = z2 (x, y) der Körper
verteilt. Die Wechselwirkungskraft zwischen den einzelnen Teilchen sei
t
F2D
=
Cv
dA1 dA2
ρ4
,
(6.6)
74
KAPITEL 6. GESCHMIERTE KONTAKTE
V
h
ρ
PSfrag replacements
r
Abbildung 6.2: Die Kraft auf ein Oberflächenteilchen des oberen Körpers verursacht durch ein Oberflächenteilchen des unteren Körpers ist durch (6.6) bzw.
(6.7) gegeben.
wobei ρ den Abstand zwischen den Teilchen und v die Relativgeschwindigkeit
entlang der Verbindungslinie bezeichnen (Abbildung 6.2). Wie eingangs erwähnt,
hängen die Teilchen-Teilchen-Wechselwirkungen vom Abstand und der Relativgeschwindigkeit ab. Die vertikale Komponente der Kraft zwischen einem Teilchen
auf der gekrümmten Oberfläche und der (unendlichen) Halbebene ist dann
Z∞
0
2πrCV h2
πCV
dA2
3 drdA2 =
2
2
2h2
(h + r )
.
V ist die Geschwindigkeit, mit der sich die starren Körper normal annähern. Die
Kraft zwischen der gekrümmten Oberfläche und der Halbebene ergibt sich unter
der Annahme einer quadratischen Approximation der gekrümmten Oberfläche
durch nochmalige Integration
F2D =
Za
0
Für h0 a2
2R
π 2 rCV
h0 +
erhält man schließlich
F2D = π 2
dr
r2 2
2R
CV R
h0
.
.
Das makroskopische Ergebnis (6.4) ergibt sich für
C=
6.2.3
6
ηR .
π
Wechselwirkungsgesetz im 1D-Fall
Zur schnellen Simulation von Kontakt- und Reibungsproblemen sollen möglichst
eindimensionale Modelle eingesetzt werden. Im folgenden wird gezeigt, wie das
75
6.2. KLASSISCHES NEWTON-FLUID
Wechselwirkungsgesetz in einem 1D-Modell zu wählen ist, um dennoch das makroskopische Ergebnis (6.4) zu erzielen. Alle Teilchen sind entlang einer Linie
angeordnet, z1 = z1 (x) und z2 = z2 (x). Das Wechselwirkungsgesetz lautet nun
Cv
dr1 dr2
ρ5/2
t
F1D
=
.
(6.7)
Der Vergleich von (6.7) mit (6.6) zeigt, dass die Abstandsabhängigkeit verschieden
t
t
ist; F1D
∝ r −5/2 und F2D
∝ r −4 . Die vertikale Komponente der Kraft zwischen
einem Teilchen der gekrümmten Oberfläche und der Halbebene ist in diesem Fall
Z∞
0
2CV h2
(h2 +
mit
β=2
Z∞
0
r 2 )9/4
drdr2 = β
dξ
(1 + ξ 2 )9/4
CV
dr2
h3/2
≈ 1,4378 .
Die Kraft zwischen den beiden Körpern im 1D-Fall berechnet sich zu
F1D =
Za
0
und mit h0 a2
2R
folgt endlich
F1D
2βCV
dr
r 2 3/2
h0 + 2R
√
CV R
= 2 2β
h0
√
.
Das makroskopische Verhalten (6.4) wird korrekt abgebildet, falls
√
3 2π
3/2
C = β̃ηR
, β̃ =
≈ 4,6352
2β
gewählt wird. In beiden Fällen muss der effektive Krümmungsradius zur Berechnung der Wechselwirkungskräfte bekannt sein. Im allgemeinen kann der effektive
Krümmungsradius aus den Krümmungsradien der beiden in Kontakt befindlichen
Asperiten berechnet werden.
6.2.4
Ergebnisse
Beide Modelle (1D und 2D) wurden implementiert. Exemplarisch ist in Abbildung 6.3 die mit dem 1D-Modell berechnete Beziehung zwischen Normalkraft F
und minimalem Abstand h0 gezeigt. Sowohl im 1D- als auch im 2D-Modell wird
eine sehr gute Übereinstimmung zwischen dem Simulationsergebnis und dem analytischen Ergebnis (6.4) erzielt.
Die minimale Schmierfilmdicke h0 sollte jedoch größer sein, als der Teilchenaba2
gilt.
stand. Zudem sei daran erinnert, dass das Ergebnis (6.4) nur für h0 2R
Das Verhalten in Regionen, in denen diese Bedingung verletzt ist, spielt jedoch
bei den betrachteten Kontaktproblemen keine Rolle, weil diese Regionen kaum
zur Gesamtkraft zwischen den rauen Oberflächen beitragen.
76
KAPITEL 6. GESCHMIERTE KONTAKTE
4
10
3
10
F
6πηRV
2
10
1
10
PSfrag replacements
0
10 0
10
1
10
h0
d
2
3
10
10
Abbildung 6.3: Beziehung zwischen Kraft F und Filmdicke h0 , Simulation mit
dem 1D-Modell und Wechselwirkungen gemäß (6.7), d horizontaler Abstand zweia2
≈ 6250d
er Teilchen, R = 2000d, 2R
6.3
Beispiele für andere Schmiermittel
Im vorangegangenen Abschnitt wurde die Idee Modellierung der Schmierung
durch nichtkonservative Wechselwirkungskräfte am Beispiel des klassischen Newtonschen Fluids mit konstanter Viskosität vorgestellt.
Im nun folgenden Abschnitt werden zwei Erweiterungen diskutiert: das klassische
Newtonsche Fluid mit druckabhängiger Viskosität und ein Schmiermittel mit Additiven. An diesen Beispielen soll gezeigt werden, dass auch kompliziertere Fälle
im Rahmen der vorgestellten Idee behandelt werden können.
6.3.1
Druckabhängige Viskosität
Das Ausquetschverhalten bei einem klassischen Newtonschen Fluid mit druckabhängiger Viskosität wurde ausführlich von Christensen [21, 22] für verschiedene Geometrien untersucht. Es wird angenommen, dass die Viskosität dem BarusGesetz1
η = η0 exp (αp)
folgt, mit der Viskosität bei Umgebungsdruck η0 und dem Druckexponenten α.
Für die Annäherung einer Kugel an eine Halbebene gibt die Integration der
Reynoldsgleichung (6.2) für die Druckverteilung
1
3η0 αV R
p (r) = − ln 1 − 2
α
h (r)
,
(6.8)
mit V = −ḣ . Integration des Drucks über die Oberfläche ergibt die Gesamtnor1
Zur Gültigkeit des Barus-Gesetz siehe Diskussion am Ende der Veröffentlichung [22].
77
6.3. BEISPIELE FÜR ANDERE SCHMIERMITTEL
2.0
F 4
α3
2π
24η0 V R3
2.0
1.5
h̃0 = 1
q
αp
3
1.5
1.0
h̃0 = 1.5
0.5
1.0
0.5
h̃0 = 2
0.0
-2
-1
0
1
√ x
2Rh0
0.0
2
0
2
4
6
8
√ h0
6η0 αV R
10
Abbildung 6.4: Newtonsche Flüssigkeit mit druckabhängiger Viskosität: Druckverteilung (links) und Normalkraft (rechts) für die Annäherung zwischen Zylinder
und Ebene
malkraft für den Fall der Annäherung (V > 0 )
"
#
r
3η0 V R3
h̃0 + 1
h̃20
ln
− h̃0 ln 2
F = 2π
α
h̃0 − 1
h̃0 − 1
,
(6.9)
mit der dimensionslosen Filmdicke
h̃0 = √
h0
3η0 αV R
.
Die Gleichungen (6.8) und (6.9) sind für h̃0 ≥ 1 gültig. Für h̃0 1 geht (6.9)
über in das bekannte Ergebnis
F =
6πη0 V R2
h0
,
das im Fall konstanter Viskosität gültig ist. Für h̃0 = 1 ist die durch (6.9) gegebene Kraft ungefähr 40% größer als die Kraft im Fall konstanter Viskosität. Der
maximale Druck geht für h̃0 = 1 gegen Unendlich.
Bei der Annährung eines Zylinders an die Halbebene ergibt die Integration der
Reynoldsgleichung die Druckverteilung
1
6η0 αV R
p (x) = − ln 1 − 2
α
h (x)
und die Normalkraft (V > 0)
r
q
q
q
3
4 24η0 R V
F = 2π
2 h̃0 − h̃0 + 1 − h̃0 − 1
α3
wobei
h̃0 = √
h0
6η0 αRV
.
,
78
PSfrag replacements
KAPITEL 6. GESCHMIERTE KONTAKTE
3%
h̃0 = 1.05
2%
2
αp
3
1%
4
0%
1
-1%
-2%
-2
-1
0
1
√ x
2Rh0
2
0
Abbildung 6.5: Newtonsches Fluid mit druckabhängiger Viskosität: relativer Fehler in der Druckverteilung (durchgezogene Linie, linke Achse) und Druckverteilung (gestrichelte Linie, rechte Achse).
Abbildung 6.4 zeigt die Druckverteilung (links) und die Normalkraft (rechts)
für die Annäherung eines Zylinders an eine Halbebene. Genau wie im Fall der
Kugel strebt der Druck für h̃0 = 1 gegen Unendlich, die Normalkraft bleibt jedoch endlich. Die Relation zwischen Filmdicke und Normalkraft kann auch im
Fall druckabhängiger Viskosität durch geeignete Wechselwirkungskräfte simuliert
werden. Exemplarisch wird die Annäherung des Zylinders im Detail diskutiert.
Ein Wechselwirkungsgesetz vom Typ
X cj
t
dr1 dr2
(6.10)
F1D
=
ρ κj
j
wird angesetzt. Drei Terme genügen, um eine sehr gute Übereinstimmung für die
Normalkraft zu erhalten. Die Wechselwirkungskräfte wurden gerade so gewählt,
dass die Normalkraft gut simuliert wird. In diesem Fall stimmt sogar auch die
Druckverteilung hervorragend. Abbildung 6.5 zeigt für h̃0 = 1,05 den relativen
Fehler in der Druckverteilung. Die Gesamtkraft weist 0,3% Fehler auf; der Druck
weicht im relevanten Bereich ungefähr um 2% von der korrekten Lösung ab. Die
gestrichelte Linie ist die Druckverteilung und dient der besseren Orientierung.
In der Simulation auf Basis von (6.10) bleibt der maximale Druck stets endlich;
signifikante Unterschiede zwischen dem analytischen Ergebnis und dem Ergebnis
der Simulation ergeben sich jedoch erst, wenn h̃0 sehr nahe an 1 ist.
6.3.2
Schmiermittel mit Momentenspannungen
In vielen technischen Anwendungen werden den Schmiermitteln Additive zugesetzt. Schmiermittel mit Additiven lassen sich in der Regel nicht durch einfache
79
6.3. BEISPIELE FÜR ANDERE SCHMIERMITTEL
350
τ =0
τ = 1 · 10−3
300
τ = 2 · 10−3
250
τ = 3 · 10−3
PSfrag replacements
200
F
6πηRV
150
100
50
0
0.005
0.01
0.015
h0
R
0.025
0.03
0.035
Abbildung 6.6: Ergebnis für das Momentenspannungsfluid nach Stokes, d horizona2
≈ 6250d, für τ = 3 · 10−3 bedeutet
taler Abstand zweier Teilchen, R = 2000d, 2R
dies hl ∈ [1.67; 11.67]
Kontinua beschreiben. Stattdessen kommt die Theorie von Kontinua mit Mikrostruktur für die Beschreibung solcher Schmiermittel zur Anwendung. Ariman
und Sylvester [3, 4] geben eine Übersicht über die verschiedenen Theorien.
Fluide mit Momentenspannungen (couple stress fluids) stellen die einfachste Erweiterung der klassischen Theorie einfacher Kontinua dar [114]. Stokes [114]
schlägt nicht nur konstitutive Gesetze vor, sondern auch Experimente zur Bestimmung der Materialkonstanten.
Lin [67] untersucht die Annäherung einer Kugel an eine Halbebene für das Momentenspannungsfluid nach Stokes. Das Modell von Lin soll die Teilchengrößeneffekte, die von Schmiermitteln mit Additiven bekannt sind, nachbilden. Neben
der Viskosität enthält das Modell einen Parameter l, der in Zusammenhang mit
den Momentenspannungen steht. Der Parameter l kann als Länge der Additive interpretiert werden. Anstelle des dimensionsbehafteten Parameters l benutzt
Lin den dimensionslosen Parameter τ = l/R. Für τ = 0 ergibt sich das klassische Newtonsche Fluid. Lin leitet die modifizierte Reynoldsgleichung her und gibt
numerische Ergebnisse für die Beziehung zwischen Normalkraft und Filmdicke.
Diese Beziehung kann nicht in geschlossener Form angegeben werden. Lin erhält
seine Ergebnisse durch numerische Integration. Momentenspannungen erhöhen
die Normalkraft. Der Effekt ist umso ausgeprägter, je niedriger die Filmdicke. Es
zeigt sich, dass Lin’s Ergebnisse mit guter Genauigkeit durch eine Funktion
F̄ =
a1 a2
a3
+ 2+ 3
h̄
h̄
h̄
(6.11)
wiedergegeben werden können. F̄ ist die dimensionslose Kraft und h̄ ist die dimensionslose Filmdicke. Für das klassische Newtonsche Fluid (τ = 0) verschwinden
die letzten beiden Terme (a2 = a3 = 0). Für einen gegebenen Wert τ können
die Parameter ai mit der Methode von Lin berechnet werden, um dann mittels
(6.11) in das Simulationsmodell eingebaut zu werden. Die Wechselwirkungsgesetze können, wie bereits für das klassische Fluid gezeigt, ermittelt werden. Für das
80
KAPITEL 6. GESCHMIERTE KONTAKTE
1D-Modell lautet das Wechselwirkungsgesetz dann
C1 v C2 v C3 v
t
+
+
dr1 dr2
F1D =
ρ5/2 ρ7/2 ρ9/2
.
(6.12)
Abbildung 6.6 zeigt den Vergleich zwischen den von Lin berechneten Werten
(Linien) und den mit dem 1D-Modell berechneten Werten (Punkte) für vier verschiedene Werte des Parameters τ . Die Übereinstimmung ist sehr gut. Ein Wechselwirkungsgesetz der Form (6.12) ist demnach für unser Modell geeignet.
6.4
Kavitation
In geschmierten Kontakten können Zustände auftreten, in denen der Druck lokal
einen bestimmten Grenzwert unterschreitet. In diesen Fällen kann das Schmiermittel zeitweise diskontinuierlich werden; es kommt zur Kavitation. Kavitation
kann nach Gas- und Dampfkavitation unterschieden werden [29]2 . Gaskavitation
tritt z. B. in belüfteten Schmiermitteln auf, wenn Drücke unterhalb des Umgebungsdrucks auftreten.
Wenn der Druck unter den Dampfdruck fällt, kann das Schmiermittel verdampfen. Diese Dampfkavitation kann bei dynamischen Lastfällen auftreten. Kavitation ist ein dynamischer Prozess; das Verdampfen geschieht nicht schlagartig.
Daher können Schmiermittel für kurze Zeit auch Zugspannungen übertragen. Experimente haben gezeigt, dass Kavitation in Lagern, z.B. in Pleuellagern in Verbrennungskraftmaschinen, auftreten kann und dass dies mit teilweise erheblichen
Schäden verbunden ist [82].
Zeitabhängige Kavitation in einer einfachen Anordnung aus parallelen Platten
wurde experimentell von Hays und Feiten [48], Parkins und May-Miller [87] sowie
von Chen et al. [19] untersucht. Hays und Feiten betrachteten den Fall konstanter Geschwindigkeit, während die anderen beiden Gruppen den Fall periodischer
Bewegung untersuchten. Die Experimente zeigen, dass der Schmierfilm eine Zugspannung übertragen kann, bevor es zur Störung der Kontinuität kommt. Das
Kavitationsgebiet entsteht in der Mitte und verschwindet dort auch. Alle Experimente konzentrieren sich auf die Charakterisierung der Kavitationsmuster;
insbesondere werden keine Daten geliefert, mit denen sich numerische Untersuchungen hinreichend gut überprüfen ließen.
Zudem gibt es keine veröffentlichten Simulationen mit zeitabhängigen Zugspannungen. Der Großteil der Literatur zur Kavitation bei Schmierungsproblemen
beschäftigt sich mit der Situation in stationär betriebenen Gleitlagern, z. B. [30,
119]. Einige Veröffentlichungen, z. B. [7, 64], betrachten zwar instationäre Vorgänge, nicht jedoch die zeitliche Dynamik des Druckes. Genauer: der kritische
Druck wird meist als 0 angesetzt. Dann wird bei Auftreten von Zugspannungen
instantan im entsprechenden Zeitschritt der Druck lokal auf 0 gesetzt. Bei diesem Vorgehen können generell niemals Zugspannungen übertragen werden. In der
Tat muss bei Auftreten von Zugspannungen Kavitation einsetzen. Im Zuge des
Blasenwachstums muss dann der Druck innerhalb einer bestimmten Zeit gegen
0 gehen. Innerhalb dieser Zeit können Zugspannungen übertragen werden. Die
2
Die Veröffentlichung von Dowson und Taylor [29] gibt einen Überblick über das Thema
Kavitation in Lagern auf dem Stand von 1979. Die Autoren beschäftigen sich fast ausschließlich
mit der Gaskavitation.
6.5. ZUSAMMENFASSUNG
81
entsprechenden Simulationen würdigen damit die vorhandenen qualitativen Ergebnisse der Experimente [19, 48, 87] nicht. Alle Simulationen verzichten auf eine
Abbildung der feinen Strukturen, wie sie in Experimenten beobachtet werden.
Ein Simulationsmodell, das das Auftreten von Zugspannungen abbildet, muss
die Dynamik des Blasenwachstums und -zerfalls berücksichtigen. Ausgehend von
der Rayleigh-Plesset-Gleichung [32, 92] und der Reynoldsgleichung für kompressible Fluide können partielle Differentialgleichungen für die Dichte und den Druck
hergeleitet werden. Eine ausführliche Behandlung dieses Ansatzes für das Kavitationsproblems ist in [38] zu finden.
Schließlich kann mit dem Simulationsmodell der Zusammenhang zwischen der
wirkenden Normalkraft F sowie den Größen Filmdicke h und Geschwindigkeit
V bestimmt werden; d. h. gesucht wird der zu (6.4) äquivalente Ausdruck im
Fall kavitierender Strömung. Es zeigt sich jedoch, dass der Zusammenhang nicht
in der Form einer einfachen Gleichung F = F (h, V ) darstellbar ist. Durch die
Berücksichtigung der Kavitation tritt eine neue Feldgröße Dampfanteil α(r, t)
(oder Dichte ρ(r, t)) auf. Sollte die räumliche Verteilung des Dampfanteils keine
Rolle für das makroskopische Verhalten spielen, wird nur ein zusätzlicher Parameter α̃(t) benötigt. Dieser innere Parameter kann durch Einführung einer kinetischen Gleichung Ḟ = F (F, h, V ) eliminiert werden. Der zeitliche Verlauf des
Dampfanteils muss dann nicht mehr explizit verfolgt werden. Die Einführung einer
kinetischen Gleichung lässt sich auch aus den berechneten Kraft-Zeit-Verläufen
motivieren.
Nach dem Aufstellen der entsprechenden kinetischen Gleichung für den Kugelkontakt kann die reduzierte Beschreibung in Analogie zu den Ausführungen aus
Abschnitt 6.2 aufgebaut werden.
6.5
Zusammenfassung
Das Kapitel beschließt die reduzierte Beschreibung des Kontaktproblems. Nach
der Behandlung des trockenen Kontakts mit und ohne Adhäsion sowie der Untersuchung rauer Oberflächen wurde schließlich der geschmierte Kontakt untersucht. Grundlage der Simulation sind nichtkonservative Wechselwirkungskräfte
zwischen den Teilchen, die vom Abstand und der Relativgeschwindigkeit der Teilchen abhängen.
Die Wechselwirkungsgesetze wurden für Simulationsmodelle unterschiedlicher Dimension und für unterschiedliche Schmiermittel hergeleitet. Es wurde an verschiedenen Beispielen gezeigt, dass die Grundidee nicht nur für das klassische
Newtonsche Fluid mit konstanter Viskosität funktioniert, sondern auch bei druckabhängiger Viskosität oder bei polaren Schmiermitteln. Diese reduzierte Beschreibung wird zur Simulation des chemisch-mechanischen Polierens verwendet3 .
3
siehe Abschnitt 1.4 in der Einführung
82
KAPITEL 6. GESCHMIERTE KONTAKTE
Kapitel 7
Zusammenfassung und Ausblick
Im folgenden sollen kurz die wesentlichen Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit
rekapituliert und zukünftige Forschungsarbeiten skizziert werden.
7.1
Erreichtes
Ausgehend von der Erkenntnis, dass die Simulation von Reibungs- und Kontaktproblemen durch zwei Phänomene erschwert wird, nämlich (1) den Mehrskalencharakter und (2) die Komplexität bzw. Vielfalt der beteiligten Prozesse, wird
ein eindimensionales Simulationsmodell vorgestellt.
Der Anspruch an das Simulationsmodell lautet: bilde wesentliche kontaktmechanische Zusammenhänge richtig ab und ermögliche eine schnelle Simulation.
Schnell ist im Hinblick auf die ingenieurmäßige Anwendung eines aus der vorliegenden Arbeit entwickelten Computerprogramms sehr wichtig. Schnell bedeutet insbesondere, dass selbst bei Berücksichtigung vieler Längenskalen (z. B. 6
Größenordnungen) eine Simulation in praktisch vertretbarer Zeit durchführbar
ist.
Kurze Rechenzeiten werden durch Reduktion der räumlichen Dimension erreicht;
statt einer vollständigen Diskretisierung der dreidimensionalen Kontaktpartner
wird ein eindimensionales Teilchenmodell herangezogen. Auf diese Weise bleibt
die Zahl der Freiheitsgrade auch bei sehr feiner Diskretisierung im Bereich des
rechentechnisch möglichen.
Die Proportionalität der Kontaktsteifigkeiten knorm , ktang für Normal- bzw. Tangentialkontakt zum Kontaktradius a ist ein deutlicher Hinweis auf die Machbarkeit der Dimensionsreduktion. In der vorliegenden Arbeit wird im einzelnen
gezeigt, wie bei der Dimensionsreduktion vorzugehen ist. Beginnend mit dem
einzelnen elastischen Kontakt wird das Modell Schritt für Schritt ausgebaut.
Von zentraler Bedeutung ist die Umrechnung der Oberflächentopographie. Simulationsrechnungen für raue Oberflächen mit der Randelementemethode zeigen
schließlich, dass die Beziehung zwischen Normalkraft und Kontaktgröße im eindimensionalen und dreidimensionalen Modell näherungsweise gleich sind.
Das bemerkenswerte Ergebnis der Arbeit lautet somit: die Reduktion des dreidimensionalen elastischen Kontaktproblems zwischen Körpern mit stochastischen
Oberflächen auf ein eindimensionales Kontaktproblem gelingt.
Für die Simulation von Kontakt- und Reibungsproblemen sind die Berücksichtigung der Adhäsion und der Schmierung ebenfalls wichtig. Das eindimensionale
83
84
KAPITEL 7. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Simulationsmodell wurde daher so erweitert, dass auch Systeme mit Adhäsion und
Schmierung damit simuliert werden können. Die für die Beschreibung der Schmierung eingeführten Wechselwirkungen sind nicht nur vom Abstand der Teilchen
sondern auch von der Relativgeschwindigkeit abhängig.
Schließlich gelingen effiziente numerische Simulationen nur, wenn geeignete numerische Algorithmen benutzt werden. Die im Kapitel 4 zu den numerischen
Aspekten zusammengefassten Erkenntnisse können sicher auch bei anderen FederMasse-Systemen erfolgreich verwendet werden.
7.2
Offene Fragen und zukünftige Entwicklungen
Naturgemäß lässt die vorliegende Arbeit auch viele Fragen offen, die im folgenden
kurz besprochen werden sollen.
Vergleichsrechnungen
Auf der einen Seite sind alle jene Fragestellungen, die mit der direkten Anwendung des vorgestellten Modells verbunden sind. Dazu gehört z. B. der weiter gehende Vergleich 1D–3D bei rauen Oberflächen und elastischem sowie adhäsivem
Kontakt. Vergleichsrechnungen können sowohl mit der Randelementemethode als
auch mit dem hierarchischen Modell von Heß und Popov durchgeführt werden.
Zudem sind weiter gehende Vergleiche mit aus der Literatur bekannten analytischen Ergebnissen und Berechnungen mit der Finite-Elemente-Methode sinnvoll.
Insbesondere kann der in der Literatur oft angegebene dimensionslose Wert κ als
Funktion des Hurst-Exponenten bestimmt und mit den veröffentlichten Ergebnissen verglichen werden. Zudem sollten Vergleichsrechnungen zum elastohydrodynamischen Problem durchgeführt werden. Die in dieser Arbeit gezeigten numerischen Ergebnisse sind mittels Matlab-Programmen berechnet worden. Zur
Zeit wird ein eigenständiges Computerprogramm entwickelt, das ausgehend von
gemessenen Oberflächen das eindimensionale Modell erzeugt und Berechnungen
damit erlaubt.
Auf der anderen Seite stehen die Fragestellungen, die einer Erweiterung des Simulationsmodells bedürfen.
Hierarchisches Modell
Um die Deformationen und Beanspruchungen im Innern der Kontaktpartner zu
ermitteln, kann ein zweidimensionales hierarchisches Modell (siehe Abschnitte
B.2.3 und B.5) herangezogen werden. Ein solches Modell kann als Stapelung von
eindimensionalen Modellen verstanden werden. Ein zweidimensionales hierarchisches Modell hat nur ungefähr doppelt so viele Teilchen im Vergleich zum eindimensionalen Modell; der Zuwachs an Rechenzeit kann daher durchaus akzeptabel
sein angesichts der zusätzlichen Informationen zu Deformationen und Beanspruchungen im Innern. Es ist jedoch noch zu klären, wie die Wechselwirkungsgesetze
zwischen den einzelnen Schichten genau beschaffen sein müssen, damit das dreidimensionale Verhalten näherungsweise richtig abgebildet wird.
7.2. OFFENE FRAGEN UND ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNGEN
85
Vollständiger Kontakt
In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass die vorgeschlagene Dimensionsreduktion gut funktioniert, so lange die wahre Kontaktfläche klein im Vergleich
zur scheinbaren Kontaktfläche ist. Der andere Grenzfall – vollständiger Kontakt
– sollte für den Fall stochastischer Oberflächen zukünftig genauer untersucht werden. Interessant ist der Grenzfall des vollständigen Kontaktes u. a. aus folgendem Grund. Wenn der vollständige Kontakt beim eindimensionalen Modell bei
Spannungen der gleichen Größenordnung wie im dreidimensionalen Fall auftritt,
funktioniert das eindimensionale Modell in beiden Grenzfällen. Dann lässt sich
vermuten, dass das eindimensionale Modell auch im Übergangsbereich sinnvolle
Ergebnisse liefert.
Für eine erste Annäherung an das Probelm wird eine wellige Oberfläche gemäß
h = ĥ cos qx cos qy betrachtet, wobei q = 2π/λ (Wellenlänge λ in x- und yRichtung). Im linear elastischen Fall ist die Spannung zum vollständigen Eindrücken
√
σ ∗ = 2q ĥ(1 − ν)E ∗ .
Für die notwendige Normalkraft (je Fläche λ2 ) ergibt sich
√
F3D = 4 2π 2 (1 − ν)E ∗
1
R3D q 3
,
mit dem Krümmungsradius der undeformierten Kappen R3D . Für den eindimensionalen Fall ergibt sich
1
.
F1D = 2πcn
R1D q 3
Es folgt mit den Annahmen cn = E ∗ und 2R1D = R3D für das Verhältnis
F1D
1
≈
F3D
3
.
Im betrachteten Fall ist im eindimensionalen Modell die für den vollständigen
Kontakt notwendige Kraft nur ungefähr ein Drittel der Kraft im dreidimensionalen Modell. Für stochastische Oberflächen ist dieses Verhältnis analytisch
oder numerisch zu ermitteln. Möglicherweise ist das Verhältnis bei stochastischen
Oberflächen näher an 1 als es im betrachteten Fall ist.
In Abschnitt 5.8 wurde zudem der adhäsive Kontakt von welligen Oberflächen
untersucht. Der vollständige Kontakt ohne äußere Normalkraft wurde größenordnungsmäßig richtig in Abhängigkeit von der Oberflächenrauheit simuliert.
Dynamische Probleme
Für die Simulation dynamischer Kontaktprobleme muss zusätzlich die kinetische
Energie angegeben werden. Popov und Psakhie [97] zeigen, dass bei der Indentierung die kinetische Energie in guter Näherung nicht von der Kontaktkonfiguration
abhängt, sondern der kinetischen Energie der Starrkörperbewegung entspricht.
Für die Normalbewegung beim Gleiten jedoch sind weitere Überlegungen hinsichtlich der kinetischen Energie notwendig.
86
KAPITEL 7. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
G2
PSfrag replacements
G1
η
Abbildung 7.1: Linearer Standardkörper bestehend aus zwei Federn und einem
Dämpfer
Viskoelastizität
In der vorliegenden Arbeit wurde ausführlich das elastische Problem behandelt. Für das linear-viskoelastische Problem kann die Dimensionsreduktion analog
durchgeführt werden. Das soll kurz, basierend auf Ideen von Radok [56, 104] zur
Bestimmung der Spannungen und Deformationen im Falle linearer Viskoelastizität, erläutert werden. Falls die Lösungen für den linear-elastischen Fall bekannt
sind, können die entsprechenden Lösungen für das linear-viskoelastische Problem
durch Ersetzen der elastischen Konstanten durch die entsprechenden Integraloperatoren der viskoelastischen Spannungs-Dehnungs-Beziehungen gefunden werden.
Da die Dimensionsreduktion für den linear-elastischen Fall funktioniert, muss sie
auch für den linear-viskoelastischen Fall funktionieren. Das soll am Beispiel eines
viskoelastischen, inkompressiblen Materials (z. B. für Gummi gilt ν ≈ 0,5) illustriert werden. Mit der Relaxationsfunktion Ψ lässt sich die Beziehung zwischen
den deviatorischen Spannungs- und Dehnungskomponenten in der Form
Z t
∂e
dt̃
(7.1)
s (t) =
Ψ t − t̃
∂ t̃
0
schreiben. Für den Kontakt zwischen einer starren Kugel und einer viskoelastischen Ebene gilt dann statt
16 p
F3D = G R3D d3
3
die Relation
Z t
d 3/2 16 p
F3D =
R3D
Ψ3D t − t̃
d
dt̃ .
3
dt̃
0
Entsprechend gilt im eindimensionalen Modell
√
Z t
d 3/2 4 2p
F1D =
R1D
Ψ1D t − t̃
d
dt̃ .
3
dt̃
0
Mit R3D = 2R1D steht nun an Stelle der Forderung cn = E ∗ = 4G die Forderung
Ψ1D (t) = 4Ψ3D (t)
Für ein Materialmodell nach Abbildung 7.1 gilt
G1
t
Ψ (t) =
G2 + G1 exp −
G1 + G 2
T
.
,
T =
η
G1 + G 2
.
In diesem Fall müssen alle drei Konstanten G1 , G2 und η mit dem Faktor 4
multipliziert werden. Die Beschreibung des viskoelastischen Materialverhaltens
muss natürlich nicht mittels Prony-Reihen geschehen.
7.2. OFFENE FRAGEN UND ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNGEN
PSfrag replacements
(a)
87
(b)
V
V
Abbildung 7.2: Kavitation in geschmierten Systemen (a) ebene Platte und (b)
Kugelkappe
Schmierung
Im Kapitel 6 wurde eine Möglichkeit behandelt, Schmierung in das eindimensionale Modell zu integrieren. Andere Wege sind denkbar; insbesondere sollte untersucht werden, ob Wechselwirkungen nur mit dem nächstliegenden Teilchen des
Kontaktpartners genutzt werden können. Mit den verschiedenen Varianten der
Wechselwirkungen sollten dann Vergleichsrechnungen für Mischreibungszustände
durchgeführt werden.
Weitere Untersuchungen sind zudem im Bereich der Kavitation notwendig. Wie
bereits in Abschnitt 6.4 erwähnt, tritt durch die Berücksichtigung der Kavitation
eine neue Feldgröße Dampfanteil α(r, t) (oder Dichte ρ(r, t)) auf. Dem kann durch
die Einführung einer kinetischen Gleichung Ḟ = F (F, h, V ) für die zeitliche Entwicklung der Normalkraft Rechnung getragen werden. Der zeitliche Verlauf des
Dampfanteils muss dann nicht mehr explizit verfolgt werden. In [38] wird gezeigt,
wie die kinetische Gleichung für die ebene Platte (Abbildung 7.2a) aussieht.
Für den Kugelkontakt (Abbildung 7.2b) wurde die entsprechende kinetische Gleichung bisher nicht gefunden. Es bleibt die Frage, ob eventuell die räumliche Verteilung des Dampfanteils im Fall der Kugelkappe eine Rolle spielt und somit der
Beschreibung durch eine kinetische Gleichung im Wege steht.
Reibung
In der Einführung und im Anhang A wurde auch die Reibungsproblematik diskutiert. Die vorliegende Arbeit untersucht aber nur das Kontaktproblem. Ein Hauptbetätigungsfeld für zukünftige Weiterentwicklungen ist die Erweiterung auf tangentiale Relativbewegungen der Körper. Dann kann detailliert untersucht werden,
zu welchen Reibungsgesetzen bestimmte Teilchen-Teilchen-Wechselwirkungen führen. Beim bestehenden Modell mit vertikalen und horizontalen Freiheitsgraden
sind bereits Wechselwirkungen eingebaut, die einer tangentialen Relativbewegung
entgegenwirken.
Nichtstochastische Oberflächen
Technische Oberflächen weisen u. U. künstlich erzeugte, deterministische Oberflächenstrukturen auf. Ein Beispiel sind Vertiefungen für Schmierstoffe in Umformeinrichtungen. Auch in diesem Fall besteht ein Bedarf für die Berechnung
88
KAPITEL 7. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
des Reibgesetzes. Kann auch in diesem Fall eine Umrechnung auf eindimensionale Oberflächen gelingen?
Anisotrope Reibung
Bei der Blechumformung wird richtungsabhängiges Reibungsverhalten beobachtet. Für eine Berechnung des Tiefziehprozesses mit der Finite Elemente Methode
(FEM) ist eine möglichst genaue Kenntnis des Reibgesetzes nötig. Andernfalls
werden die nach dem Tiefziehen vorhandenen Blechdicken falsch vorhergesagt. In
der eindimensionalen Simulation ist es denkbar, verschiedene Leistungsspektren
für unterschiedliche Richtungen zu erzeugen und dann einzelne eindimensionale
Berechnungen durchzuführen. Die so erzeugten Reibgesetze (für jede Richtung
eines) können anschließend in der Berechnung mit der FEM genutzt werden.
Verschleiß
Von großem praktischen Interesse ist die Simulation von Verschleiß z. B. bei
Gummireifen1 . Dazu bedarf es einer Berücksichtigung der Materialeigenschaften
des Gummis; die nichtlinearen elastischen Eigenschaften müssen ebenso berücksichtigt werden wie die viskoelastischen Eigenschaften. Zusätzlich muss entschieden werden, wie der Abtrag von Teilchen und die mit Verschleiß verbundene
Rissausbreitung im eindimensionalen Modell funktionieren sollen.
CMP
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist die Simulation des chemisch-mechanischen Polierens (CMP) ein vorgesehener Anwendungsfall des dargestellten Simulationsmodells. Weiterführende Untersuchungen, insbesondere auch der Vergleich zwischen Simulation und Experiment, sind hier in der Zukunft nötig.
1
Arbeiten dazu laufen bereits am Fachgebiet Systemdynamik und Reibungsphysik.
Anhang A
Kontakt- und
Reibungsproblematik in
verschiedenen
Simulationsmethoden
Im Abschnitt 1.2 wurde der Stand der Forschung in der Kontaktmechanik rauer
Oberflächen kurz dargestellt. Im folgenden wird ein Überblick über die praktische Behandlung von Kontakt- und Reibungsproblemen in verschiedenen Simulationsmethoden gegeben. Obwohl aus theoretischer Sicht eine Einteilung in
Mehrkörpersysteme und Finite Elemente Methode vielleicht nicht notwendig erscheint, hat sich in der Praxis hier eine klare Trennlinie herausgebildet. Dieser
Anhang mag als Einstieg in die Simulation von Kontaktproblemen dienlich sein,
sein eigentlicher Zweck ist jedoch, das praktische Umfeld der neu entwickelten
Methode zu beleuchten.
A.1
Mehrkörpersysteme
Computersimulationen von Mehrkörpersystemen (MKS) sind aus dem industriellen Entwicklungsprozess heute nicht mehr wegzudenken. Mit zunehmenden Anforderungen an die Genauigkeit wächst auch das Interesse, Kontakt- und Reibungsphänomene möglichst gut abzubilden. Ein erheblicher Teil der Forschung
in diesem Bereich konzentriert sich auf das Finden von Methoden zur Implementierung von einfachen Kontaktbedingungen und Coulombscher Reibung. Im
Vordergrund steht dabei die Suche nach möglichst effizienten Algorithmen (hinsichtlich Rechenzeit und Implementierungsaufwand).
Kontakte werden als einseitige starre Bindung angesehen. Die Reibungscharakteristik wird als gegeben vorausgesetzt und über eine maximale Haftkraft und eine
Abhängigkeit der Gleitkraft von der Gleitgeschwindigkeit definiert. Häufig wird
die Gleitkraft als konstant und gleich der maximalen Haftkraft angenommen.
Die einfachste Methode, Reibung in MKS-Programme zu integrieren, ist die Approximation des Reibgesetzes durch eine stetige Reibkraftfunktion. Die Reibungskraft wird als eingeprägte Kraft behandelt, deren Geschwindigkeitsabhängigkeit
bekannt ist. In der einfachsten Variante wird das Haften nicht berücksichtigt.
Kompliziertere Varianten berücksichtigen das Haften durch Einbau einer zusätz89
90
ANHANG A. SIMULATIONSMETHODEN
lichen steifen Feder. Die mit großen Steifigkeiten verbundenen hohen Frequenzen
bereiten in der Numerik Schwierigkeiten. Diese Methode wurde z. B. von Keudel et al. [59] und Bosso et al. [8] bei der Simulation von Primärfesselungen
von Güterwagendrehgestellen und von Oden und Martins [75, 80] bei Untersuchungen von stick-slip-Phänomenen genutzt. Ähnlich können Kontakte in MKSSimulationen durch einseitig wirkende Federn berücksichtigt werden.
Ein gezieltes Umschalten zwischen Haften und Gleiten kann theoretisch erreicht
werden, indem je nach Zustand (Haften oder Gleiten) ein anderer Satz von generalisierten Koordinaten und Differentialgleichungen genutzt wird. Die Bindungsgleichungen sind dann stets erfüllt. Dieser Vorteil wird jedoch durch eine große
Zahl von Differentialgleichungssystemen erkauft, die nötig sind, da in der Regel
jedes Reibelement unabhängig von den anderen im Zustand Haften oder Gleiten
sein kann. Beschränkt man sich bei der Fahrsimulation eines Güterwagens mit
Y25 Drehgestell auf 8 Reibkontakte, sind schon 256 verschiedene Sätze von generalisierten Koordinaten und Differentialgleichungen vorzusehen. Analoges gilt
wiederum für die Kontaktformulierung.
Ein anderes Verfahren ist die Zwangskraftsteuerung. Das Reibelement wird über
einen Lagrangeschen Multiplikator berücksichtigt, der im Gleitfall den Wert der
Gleitreibungskraft erhält und im Haftfall die Haftkraft als Zwangskraft berechnet. Kölsch [60] stellt dieses Verfahren in seiner Dissertation ausführlich dar und
untersucht u. a. McPherson-Vorderachsen von Kraftfahrzeugen.
Alle bisher beschriebenen Verfahren führen auf Systeme von Differentialgleichungen bzw. Systeme von algebraischen Gleichungen und Differentialgleichungen.
Alternativ können auch die Methoden der nichtglatten Mechanik (non-smooth
mechanics) herangezogen werden. Die Berücksichtigung von Kontakten und Coulombscher Reibung führt dann auf lineare Komplementaritätsprobleme (LCP)
[40].
Neben den vielzähligen Arbeiten zu geeigneten numerischen Algorithmen gibt
es Arbeiten, die das dynamische Verhalten in Abhängigkeit vom gewählten Reibungsgesetz studieren, z. B. Awrejcewicz und Olejnik [5]. Wie bereits erwähnt,
wird die Reibungscharakteristik in diesen Arbeiten fast ausschließlich als gegeben vorausgesetzt. Doch woher nimmt man die Reibungscharakteristik? Die Reibungscharakteristik zu messen, ist ein durchaus schwieriges Unterfangen1 . Oden
und Martins [75, 80] betonen, dass die experimentell ermittelten ReibungskraftGeschwindigkeits-Kurven ohne jede Aussagekraft sind, solange die Variation der
Normalkraft nicht korrekt berücksichtigt wird. Dass die Variation der Normalkraft oft signifikant ist, sehen sie durch Experimente bestätigt. Bild A.1 zeigt
numerische Simulationen mit einem Modell mit zwei Freiheitsgraden [75] und konstantem Reibungskoeffizienten2 . Den dargestellten Ergebnissen liegen Berechnungen mit einem Satz von Parametern (Steifigkeit, aufgebrachte Geschwindigkeit)
zugrunde. Insbesondere ist der Reibungskoeffizient µ als Quotient aus Reibungskraft zu Normalkraft (Parameter der Reibpaarung) konstant. Dargestellt ist der
1
Madakson [73] It has been demonstrated that the friction of a given material depends also
on the test system. Samples of an identical material were distributed to different laboratories
to measure the friction at given conditions. Using different measuring systems each laboratory
reported a different value of the friction.
2
Der Autor hat das Modell von Martins et al. (zwei Freiheitsgrade: Vertikal- und Horizontalbewegung) wie bei Glocker [40] allgemein beschrieben in ein LCP überführt und numerisch
gelöst. Die Berechnungen sind mit den in [75] genannten Parametern durchgeführt worden.
91
A.2. FINITE ELEMENTE METHODE
k
m
µ
V
PSfrag replacements
vrel
Abbildung A.1: Experimenteller Aufbau zur Bestimmung des Reibgesetzes und
zur Untersuchung von Reibschwingungen (links), typischer Verlauf scheinbarer
Reibkoeffizient FR /FG über Relativgeschwindigkeit vrel (rechts)
Quotient aus Reibungskraft und Gewichtskraft (scheinbarer Reibungskoeffizient)
über der Gleitgeschwindigkeit. Diese Berechnung des Reibungskoeffizienten unterstellt, dass die Normalkraft zeitlich konstant ist. Im abgebildeten Fall ergibt
sich für den scheinbaren Reibungskoeffizient ein Umlauf entgegen dem Uhrzeigersinn. Mit einem anderen Parametersatz ergibt sich bei gleichem konstanten
Reibungskoeffizienten ein Umlauf in entgegengesetzer Richtung.
Je nach experimentellem Aufbau und angelegter Geschwindigkeit können Kurven für den (scheinbaren) Reibungskoeffizienten erzeugt werden, die sich sowohl in Form als auch in Durchlaufsinn unterscheiden und das bei konstantem
Reibungskoeffizienten. Mit Tribometern gemessene Reibkraftkennlinien FR (v)
können demnach durch die Dynamik des Tribometers verursacht sein und sollten
nicht einfach als Reibgesetze in MKS-Simulationen übernommen werden.
A.2
Finite Elemente Methode
Bei vielen Anwendungen ist die Druckverteilung und die Deformation der Kontaktflächen von Bedeutung. Zur Berechnung von elastischen und plastischen Deformationen - und damit prinzipiell auch zur Untersuchung von adhäsiven Kontakten und Reibungsphänomenen - stehen verschiedene Simulationsmethoden zur
Verfügung. Weithin bekannt sind Verfahren, die auf der Diskretisierung von Kontinuumsgleichungen beruhen, insbesondere die Methoden der finiten Elemente
(FEM) und der Randelemente.
Kontaktformulierungen im Rahmen der FEM werden seit der Mitte der 70er Jahre
entwickelt [33, 50]. Heute benutzen kommerzielle FE-Programme die so genannte
node-to-surface-Formulierung, bei der die Knoten einer Oberfläche in Relation zu
Elementen der anderen Oberfläche betrachtet werden.
In vielen praktischen Anwendungen (Dichtungen, Umformprozesse, Eindrucktests) treten große Deformationen, nichtlineares Materialverhalten und große Relativbewegungen zwischen den beteiligten Kontaktpartnern auf. In diesen Fällen
scheitern kommerzielle FE-Programme häufig. Deutlich robuster und genauer
können Kontaktprobleme mit surface-to-surface-Formulierungen (Mortar Methode) simuliert werden [102, 103, 122].
92
ANHANG A. SIMULATIONSMETHODEN
3D-FE-Modell
Oberflächentopographie
PSfrag replacements
Abbildung A.2: FE-Modell und Oberflächentopographie; die Berücksichtigung der
gemessenen Oberflächentopographie erfordert eine feine Auflösung im Kontaktbereich.
Rollkontaktprobleme (Rad-Schiene, Reifen-Straße) werden ebenfalls mit der FEMethode untersucht. Die Arbitrary Lagrangian Eulerian (ALE) Methode [31,
78, 79] ist eine effiziente Methode zur Berechnung solcher Kontaktprobleme. Die
räumlich feste Diskretisierung erlaubt eine Netzverfeinerung an den Kontaktstellen. Besonders elegant lassen sich mit der Methode stationäre Rollprobleme lösen,
da in diesem Fall die Lösung zeitunabhängig ist. Die Berücksichtigung inelastischen Materialverhaltens ist hingegen mit Schwierigkeiten verbunden, da das Netz
nicht an die materiellen Punkte geknüpft ist.
Flanschverbindungen in Flugtriebwerken werden heute sowohl mit althergebrachten überschlägigen Berechnungsformeln als auch mit kommerziellen Finite-Elemente-Programmen untersucht [37]. Neben der Berechnung der Vergleichsspannungen in Schrauben und Flanschteilen wird im Hinblick auf die Dichtigkeit der
Verbindung auch die Druckverteilung in der Kontaktzone berechnet.
Bei der Untersuchung rauer Kontakte muss das Netz nahe der Kontaktfläche
sehr fein sein (Abbildung A.2). Vorteil eines 3D-FE-Modells sind (1) die Verwendung der korrekten Geometrie (Dimension, Oberflächentopographie, Freiheitsgrade) und (2) die Möglichkeit, Spannungen und Deformationen im gesamten Körper
berechnen zu können. Hyan et al. [51] nutzen die FEM zur Untersuchung der
Normalkraft-Kontaktflächen-Relation und der Kontaktmorphologie bei selbstaffinen Oberflächen.
Wegen der sehr feinen Netze, die bei rauen Kontakten nötig sind, erfordern 3DFE-Modelle hohe Rechenzeiten. Das ist insbesondere im Hinblick auf ausgiebige
Variantenrechnungen und Optimierung ein klarer Nachteil. Hinzu kommt, dass
selbst bei Annahme glatter Oberflächen bei der Verwendung von Kontaktformulierungen in kommerziellen FE-Programmen äußerste Vorsicht angesagt ist.
Vereinzelt werden mit der FE-Methode auch adhäsive Kontakte untersucht. Cho
und Park [20] nutzen eine Formulierung, bei der adhäsive Kräfte als Volumenkräfte eingebunden werden. Die Volumenkräfte werden aus dem Lennard-JonesPotential hergeleitet. Die Berücksichtigung der Adhäsion bei der Modellierung
des Kontaktes zwischen rauen Oberflächen ist wichtig, auch wenn in Abreissversuchen keine Adhäsion festgestellt wird. Die reale Kontaktfläche kann nämlich
durch die Adhäsion um ein Vielfaches größer sein als ohne Adhäsion [90]. Die
reale Kontaktfläche wiederum ist von ausschlaggebender Bedeutung für die Größe
A.3. MOLEKULARDYNAMIK
93
der Reibungskraft. Mögliche Anwendungen ihrer Arbeit sehen Cho und Park im
computergestützten Design von Oberflächentopographien mit geringer Adhäsion
für MEMS-Anwendungen.
Große FE-Modelle können mit geeigneten Modellreduktionsverfahren behandelt
werden [25], d. h. durch die Wahl eines geeigneten Unterraums kann die Dimension des Differentialgleichungssystems deutlich reduziert werden. Bei linearen
Systemen können die Eigenvektoren genutzt werden, die zu den Eigenfrequenzen gehören, die mutmaßlich angeregt werden. Selbst bei feiner Diskretisierung
genügen oft wenige Eigenformen und damit modalen Koordinaten. Bei nichtlinearen Systemen muss ein modifiziertes Vorgehen zur Anwendung kommen.
Bei Kontaktproblemen mit stochastischen Oberflächen wird zumindest an der
Oberfläche eine sehr feine Diskretisierung benötigt. In diesem Fall ist bisher nicht
klar, wie eine Modellreduktion vorgenommen werden kann. Wie bereits in Abschnitt 1.1 ausgeführt, kann die Oberflächenschicht mit Teilchenmethoden beschrieben werden; für das Innere der Körper hingegen kann ein FE-Modell benutzt
werden. Für das FE-Modell können die Methoden der Modellreduktion verwendet
werden.
A.3
Molekulardynamik
Bei der Molekulardynamik werden i. d. R. die Newtonschen Gleichungen für ein
System aus Teilchen (Atome oder Moleküle) gelöst [27]. Die Wechselwirkungen
zwischen den Teilchen folgen entweder aus empirischen Überlegungen oder aus
quantenmechanischen Berechnungen.
Molekulardynamik wird heute für die Simulation sehr dünner Schmierfilme eingesetzt. Die verfügbare Rechenleistung begrenzt die Anwendbarkeit auf sehr kleine
Systemgrößen und sehr kurze Zeiten. Spikes [113] sieht die Zukunft der Molekulardynamik u. a. in der Berechnung makroskopischer Materialparameter aus der
Molekülstruktur.
A.4
Teilchenmethoden
Ein anderes Herangehen an die Simulation von Kontakt- und Reibungsproblemen weisen Teilchenmethoden auf, bei denen diskrete Teilchen die Objekte der
Berechnung sind. Diese Teilchen sind keine realen (physikalischen) Objekte sondern reine Berechnungseinheiten“. Die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen
”
müssen so gewählt werden, dass makroskopisch das elastische und plastische Verhalten richtig beschrieben wird. Es werden also weder die makroskopischen Kontinuumsgleichungen noch die mikroskopischen Gleichungen der Molekulardynamik
gelöst, sondern die mikroskopischen Gleichungen eines geeigneten Ersatzsystems.
Die Größe der Teilchen kann dem zu lösenden Problem angepasst werden. Bei der
Untersuchung von Erdbeben kann die Teilchengröße durchaus im Meterbereich
liegen.
Die Reibungskraft ist durch Prozesse wie elastische und plastische Deformation,
Bruch, Herauslösen und Wiedereinbauen von Teilchen sowie Mischungsprozesse
bestimmt. Diese Prozesse finden in den Mikrokontakten statt. Die Methode der
beweglichen zellulären Automaten (movable cellular automata, MCA) stellt
94
ANHANG A. SIMULATIONSMETHODEN
V
F
PSfrag replacements
fest
Abbildung A.3: Typischer Aufbau einer MCA Simulation
eine Teilchenmethode dar, mit der erfolgreich die Prozesse in den Mikrokontakten
simuliert werden [96]. Insbesondere erlaubt die Methode die Untersuchung, wie
Material- und Lastparameter die Reibungskraft und den Verschleiß beeinflussen.
Zwei Anwendungen, in denen die MCA-Methode bisher eingesetzt wurde, sind
der Rad-Schiene-Kontakt [99] und Verbrennungsmotoren [98].
Reibungssimulationen auf makroskopischer Skala sind trotz der Skalierbarkeit der
Teilchen bisher aus Kapazitätsgründen nicht möglich, da bei Reibungsproblemen
die Mikroskala mit berücksichtigt werden muss.
Abbildung A.3 zeigt den typischen Aufbau einer MCA-Simulation. Die MCAMethode betrachtet Teilchen, die mit ihren Nachbarn nach wohldefinierten Gesetzen wechselwirken. Wird ausschließlich linear-elastisches und isotropes Material
betrachtet, können die Wechselwirkungsgesetze als lineare Federn verstanden werden. Die Teilchen haben dann nur translatorische Freiheitsgrade. Es ist dennoch
nicht trivial, die Wechselwirkungen korrekt anzugeben, da bestimmte Anforderungen wie Isotropie und die Existenz zweier unabhängiger Materialparameter
erfüllt sein müssen [96, 107].
Um die mit der Reibung verbundenen Prozesse in den Mikrokontakten zu beschreiben, müssen plastische Deformationen sowie der Bruch und die Wiederherstellung von Bindungen berücksichtigt werden. Dies führt zur Einführung neuer
Freiheitsgrade für die Teilchen und zur Definition des Zustandes eines Paares:
zwei benachbarte Teilchen können eine Bindung aufweisen oder auch nicht.
Yang et al. [123] und Popov und Heß beschreiben hierarchische Feder-MasseSysteme, mit denen Kontakte zwischen rauen Oberflächen näher untersucht werden können. Ausgehend von einer sehr feinen Diskretisierung an der Oberfläche
wird die Diskretisierung in den Körper hinein immer gröber. Grundlage dieser
Modellierung ist die Tatsache, dass eine periodische Spannungsverteilung mit
Wellenlänge λ, die auf einen elastischen Halbraum wirkt, Deformationen bis in
eine Tiefe von der Größenordnung von λ bewirkt.
PSfrag replacements
A.4. TEILCHENMETHODEN
95
V
j=n
F
U
d
j=1
a
x
Abbildung A.4: Auf dem Tomlinson-Modell basierendes Schichtenmodell [39] zur
Untersuchung der quasiflüssigen Schicht
Zudem werden im Modell von Popov und Heß nur die vertikalen Bewegungsmöglichkeiten berücksichtigt. Genau wie im echten 3D-Modell (z. B. FE-Modell)
hat das hierarchische Modell die korrekte Dimension. Es kann daher auch die
Originaloberflächentopographie verwendet werden. Zudem sind die Deformationen und Spannungen auch im Innern des Körpers berechenbar.
Das Ziel der hierarchischen Modellierung besteht darin, nur wirklich notwendige Freiheitsgrade mitzunehmen und auf diesem Weg die Rechenzeit zu reduzieren, ohne dabei einen deutlichen Verlust an Informationen hinnehmen zu
müssen. Ein 3D-Problem wird genau wie bei einer FE-Rechnung mit einem 3DSimulationsmodell berechnet. Bei dem in der vorliegenden Arbeit beschriebenen
Simulationsmodell wird hingegen eine deutliche Reduktion von 3D-Modellen auf
1D-Modelle unter Inkaufnahme von Informationsverlust und Ungenauigkeit im
Detail vorgenommen.
Weitere allgemein geeignete Methoden zur Simulation von Kontakt- und Reibungsproblemen sind die Methode der Mesoteilchen von Ostermeyer [84, 86]
und die Methode der Gitterteilchen (movable lattice particles) [95]. Bei der
Methode der Mesoteilchen werden thermische Effekte berücksichtigt. Zudem gibt
es Methoden, die speziell auf ein technisches Problem zugeschnitten sind, z.B. das
Simulationsprogramm von Ostermeyer und Müller [85] zur Untersuchung der
Entwicklung der Oberflächentopographie in Scheibenbremsen auf Basis eines zellulären Automaten.
Andere Teilchenmodelle dienen ausschließlich dem besseren Verständnis der Ergebnisse von komplizierteren Methoden. Bei der Untersuchung von Reibung mit
der MCA-Methode wurde die Entstehung einer sog. quasiflüssigen Schicht beobachtet, in der intensive plastische Deformationen und das Umordnen von Teilchen
stattfinden. Um die Ursachen für die Entstehung der quasiflüssigen Schicht besser
zu verstehen, wurde ein auf dem Tomlinson-Modell basierendes Schichtenmodell
des elasto-plastischen Festkörpers untersucht [39]. Abbildung A.4 zeigt das aus n
Schichten bestehende Modell. Die einzelnen Schichten wechselwirken über ein periodisches Potential. Bei kleinen Schubspannungen zeigt sich ein linear-elastisches
Verhalten. Bei großen Spannungen hingegen bewegen sich die Schichten gegeneinander, die Fließgrenze wurde überschritten. Durch die passende Wahl der Parameter des Wechselwirkungspotentials können die makroskopischen Eigenschaften
des elasto-plastischen Körpers eingestellt werden.
Wird nun die mittlere Gleitgeschwindigkeit bei Aufbringung einer Schubspannung
bestimmt, ergibt sich das Reibungsgesetz“, d.h. die Abhängigkeit der Reibungs”
kraft von der Gleitgeschwindigkeit für verschiedene Materialparameter.
96
ANHANG A. SIMULATIONSMETHODEN
Es zeigt sich, dass auch im einfachen Schichtenmodell eine quasiflüssige Schicht
entsteht und dass die Entstehung der quasiflüssigen Schicht durch die Bistabilität
des Reibungsgesetzes“ bedingt ist. Es zeigt sich ferner, dass die Reibungskraft
”
und die Dicke der quasiflüssigen Schicht nicht nur von makroskopischen Größen
sondern auch von mikroskopische Größen (Schichtdicke) abhängen.
A.5
Geschmierte Systeme
Im Gegensatz zu Systemen mit trockener Reibung können viele geschmierte Systeme heute mit hoher Genauigkeit simuliert werden. Das ist darin begründet, dass
geschmierte Systeme häufig im Bereich der reinen hydrodynamischen Schmierung
betrieben werden. In diesem Regime wird das Verhalten durch den Schmierfilm
bestimmt. Der Schmierfilm kann mittels der Reynoldsgleichung mathematisch
beschrieben werden. Für sehr einfache Beispiele können analytische Lösungen
gefunden werden; andernfalls werden numerische Lösungsverfahren genutzt, z.
B. Finite Differenzen und Differential Quadrature Methoden [47, 112].
Bei geschmierten Systemen mit nicht-konformen Oberflächen, wie sie bei Wälzlagern, Zahnradgetrieben und Nocken auftreten, reichen die Berechnungsmethoden der hydrodynamischen Schmierung nicht mehr aus. Vielmehr sind dann die
Verformungen der geschmierten Oberflächen bei der Simulation zu berücksichtigen. Es wird in diesem Fall von elasto-hydrodynamischer Schmierung (EHL)
gesprochen [26, 28]. Im Fall der elasto-hydrodynamischer Schmierung sind im
einzelnen die folgenden Aspekte von Bedeutung [118]:
• die Reynoldsgleichung, die die Strömung des Fluids im Schmierspalt beschreibt,
• die Kavitationsbedingung,
• die Gleichungen für die elastischen Deformationen, die die veränderte Geometrie des Schmierspaltes beschreiben,
• die Beziehungen zwischen Viskosität und Druck sowie zwischen Dichte und
Druck,
• die globale Gleichgewichtsbedingung, die fordert, dass die aufgebrachte Last
gleich der aus der Druckverteilung resultierenden Kraft ist.
Unter Umständen müssen noch weitere Effekte berücksichtigt werden, z.B. thermische Effekte.
Neben der Komplexität der Gleichungen kommt beim EHL-Problem erschwerend hinzu, dass die Lösung an sehr vielen Punkten berechnet werden muss. Das
hat im wesentlichen zwei Gründe: einen physikalischen und einen rein numerischen. Zum einen spielt die Oberflächenrauheit eine Rolle. Die daher notwendige
Beschreibung der Oberflächentopographie erfordert ein sehr feines Netz. Zum anderen wird bei groben Netzen die Genauigkeit in den berechneten Filmdicken
sehr schlecht; u. U. werden numerisch negative Filmdicken berechnet. Eine weitverbreitete Möglichkeit, das elasto-hydrodynamischen Problems effizient zu lösen,
stellen so genannte Multigrid/Multilevel-Methoden dar [118]. Caika et al. [16] vergleichen am Beispiel des Kurbeltriebes verschiedene Berechnungsverfahren und
gehen dabei auch auf die Bedeutung der thermischen Effekte ein.
A.5. GESCHMIERTE SYSTEME
97
In der Motorentechnik, wie auch in anderen Bereichen, führt das Streben nach
immer höheren Leistungsdichten zum Auftreten von Mischreibungszuständen. In
diesem Fall wird nur ein Teil der Last durch den Druck im Schmiermittel getragen,
der andere Teil der Last wird durch den Kontaktdruck zwischen den Asperiten
getragen. Knoll [61] stellt Methoden zur Berücksichtigung von Mischreibungskontakten dar.
Spikes [113] weist darauf hin, dass Computersimulationen ein adäquates Verständnis der zugrunde liegenden physikalischen Prozesse voraussetzt. Er sieht
aktuell viele Bereiche, in denen die Fortentwicklung von Simulationen durch den
Mangel an Grundlagenwissen behindert wird. Insbesondere nennt er im Zusammenhang mit der EHL mangelndes Wissen zur Schadensakkumulation und zum
Verhalten von Schmierfilmen bei sehr geringen Filmdicken. Offene Fragen sind
u. a. (1) die rheologischen Eigenschaften von sehr dünnen Schmierfilmen, (2) die
Randbedingungen an der Wand (Haften oder Gleiten), (3) die Kinetik der Bildung von Reaktionsschichten aus Antiverschleißadditiven, (4) das Verhalten in
den Mikrokontakten bei extrem kleinen Filmdicken.
98
ANHANG A. SIMULATIONSMETHODEN
Anhang B
Bedeutung der Dimension bei
Kontaktproblemen
Insbesondere in den Kapiteln 1 und 2 wurde bereits auf die Dimensionsproblematik eingegangen. Schwerpunkt der Ausführungen war stets die Dimensionsreduktion, d. h. die Möglichkeit, ein dreidimensionales Kontaktproblem zu Simulationszwecken durch ein eindimensionales Kontaktproblem zu ersetzen. Um
das Bewusstsein für die Bedeutung der Dimension bei Kontaktproblemen weiter
zu schärfen, werden in diesem Anhang einige zwei- und dreidimensionale Kontaktprobleme näher betrachtet. Wie bereits in Abschnitt 2.1 erläutert, dient der
Anhang zusätzlich dazu, einige Berechnungsmethoden genauer vorzustellen. Diese Berechnungsmethoden wurden zum Teil in anderen Kapiteln der Arbeit für
Vergleichsrechnungen benutzt und werden in diesem Kapitel anhand einfacher
Beispiele dargestellt und hinsichtlich ihrer korrekten Implementierung überprüft.
PSfrag replacements
B.1
B.1.1
Dreidimensionale Kontaktprobleme
Analytische Lösungen
Eine konstante Druckverteilung p, die in einem kreisförmigen Gebiet (Radius
a) auf einen elastischen Halbraum wirkt, verursacht folgende Verschiebung der
ūz πE
(1−ν 2 )pa
0
p
2
4
6
8
0
1
2
r
a
3
4
5
Abbildung B.1: Normalverschiebung ūz der Oberfläche gemäß Gleichung (B.1)
99
100
ANHANG B. BEDEUTUNG DER DIMENSION
Oberfläche in vertikaler Richtung [56]
4 (1 − ν 2 ) pa
E (r̄) für r̄ ≤ 1
πE
1
1
1
4 (1 − ν 2 ) pa
E
− 1− 2 K
r̄
ūz =
πE
r̄
r̄
r̄
ūz =
(B.1a)
für r̄ > 1
(B.1b)
mit der dimensionslosen radialen Koordinate r̄ = r/a (Abbildung B.1). Die Funktionen K und E bezeichnen die vollständigen elliptischen Integrale erster bzw.
zweiter Art. E ist der E-Modul und ν ist die Querkontraktionszahl.
Die Verschiebung ūz ist eindeutig berechenbar, insbesondere kann die Verschiebung in der Mitte (r = 0) bestimmt werden1 . Für große Entfernungen von der
Lasteinleitungsstelle ergibt sich aus (B.1b) die Approximation
ūz ≈
(1 − ν 2 ) pa 1
E
r̄
für r̄ 1 .
Das ist das bekannte Ergebnis für eine vertikale Einzelkraft der Größe πa2 p. In
sehr großer Entfernung von der Lasteinleitungsstelle fällt die Verschiebung mit
r̄ −1 . Die elastische Energie ist hauptsächlich auf einen kleinen Bereich um die Lasteinleitungsstelle konzentriert. Sie ist eine lokale Größe, die praktisch nicht von
den makroskopischen Abmessungen der Körper abhängt, sondern von der Geometrie des Kontaktes. Bei Kontaktproblemen wird meist auf Halbraumlösungen
aufgebaut; die Grundannahme ist, dass das Kontaktgebiet wesentlich kleiner als
die Abmessungen des betrachteten Körpers ist. Auch auf Asperitenniveau wird
davon ausgegangen (z.B. Modell von Greenwood und Williamson [43, 44]). Das ist
gerechtfertigt, weil die Steigungen rauer Oberflächen nur wenige Grad betragen.
Die analytische Lösung des Hertzschen Kontaktproblems (Punktkontakt) wird in
Kapitel 2 behandelt.
B.1.2
Simulation mit Randelementen
Im folgenden wird die Behandlung des Normalkontaktproblems durch numerisches Lösen der entsprechenden Integralgleichung des Halbraumproblems vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine Randelementemethode, bei der die am
Kontakt beteiligten Körper als elastische Halbräume modelliert werden. Es sei
schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die beschriebene Methode lineare
Elastizität voraussetzt.
Nach Vorstellung der relevanten Gleichungen wird das direkte Problem Normal”
spannung gegeben, Verschiebung der Oberfläche gesucht“ näher untersucht. Im
Anschluss wird das Normalkontaktproblem näher betrachtet.
Grundgleichungen
Boussinesq2 bestimmte die Verschiebungen und Spannungen innerhalb eines elastischen Halbraums, der an der Oberfläche durch eine konzentrierte Normalkraft
1
Es gibt nicht wie im 2D-Fall eine (zunächst unbestimmte) Konstante, die von den Abmessungen der beteiligten Körper abhängt (siehe Gleichung (B.10)).
2
Valentin Joseph Boussinesq, 1842-1929, französischer Mathematiker und Physiker
101
B.1. 3D KONTAKTPROBLEME
P belastet ist [9]. Die Lösung in Zylinderkoordinaten lautet für den Fall, dass der
Koordinatenursprung der Kraftangriffspunkt ist,
rz
(1 − 2ν) r
P
ur =
−
(B.2a)
4πGR R2
R+z
uϑ = 0
(B.2b)
P
z2
uz =
2 (1 − ν) + 2
,
(B.2c)
4πGR
R
wobei R2 = r 2 +z 2 . G ist der Schubmodul. Die Gleichungen (B.2) stellen somit die
Fundamentallösung bzw. Green-Funktion für das Halbraumproblem mit gegebener Oberflächenspannung dar. Die Herleitung von (B.2) gelingt auf verschiedenen
Wegen [65, 110].
Integration der Fundamentallösung über den belasteten Bereich liefert Spannungen und Verschiebungen im Halbraum bei beliebigen Oberflächenspannungen.
Insbesondere gilt für die vertikale Verschiebung an der Oberfläche
ZZ
1 − ν2
p (x̂, ŷ)
q
dx̂dŷ .
(B.3)
ūz (x, y, z = 0) =
πE
2
2
(x̂
−
x)
+
(ŷ
−
y)
(A)
Die Integralgleichung (B.3) kann in einfachen Fällen analytisch gelöst werden. Im
allgemeinen ist eine numerische Lösung notwendig; dazu ist eine Diskretisierung
erforderlich.
Wird bei der Diskretisierung mit N × N Elementen von einem im Element konstanten Druck ausgegangen, ergibt sich folgender diskretisierter Zusammenhang
zwischen Druck pı̂̂ und vertikaler Oberflächenverschiebung ūij [13]
ūij =
N X
N
X
Kijı̂̂ pı̂̂
(B.4)
ı̂=1 ̂=1
mit
Kijı̂̂
!
!
√
√
2
2
2
2
∆
c+ a +c
d+ b +d
√
√
=
a ln
+ b ln
+
∗
2
2
πE
d+ a +d
c + b2 + c 2
!
!#
√
√
2
2
2
2
a+ a +c
b+ b +d
√
√
c ln
+ d ln
2
2
b+ c +b
a + a2 + d 2
"
und
1
1
, b = i − ı̂ −
2
2
1
1
c = j − ̂ +
, d = j − ̂ −
.
2
2
Hierbei bezeichnen E ∗ den effektiven elastischen Modul (siehe Gl. (2.3), Seite 15)
und ∆ den Gitterabstand.
In der vorliegenden Implementierung werden die Größen ūij und pı̂̂ durch spaltenweise Übertragung in einer Spaltenmatrix (mit N 2 Zeilen) angeordnet. Formal
lässt sich (B.4) dann schreiben als
a = i − ı̂ +
u = Ap
mit einer Matrix A der Dimension N 2 × N 2 .
(B.5)
102
ANHANG B. BEDEUTUNG DER DIMENSION
Druck
Verschiebung
PSfrag replacements
Abbildung B.2: Beispiel: Aus der Hertzschen Druckverteilung (B.6) (links) folgt
die Oberflächenverschiebung (rechts), die im druckbeaufschlagten Bereich parabolisch ist; Berechnung mit 64 × 64 Punkten.
Beispiel Hertzsche Druckverteilung
Mit der beschriebenen Methode wird nun die Oberflächenverschiebung unter der
Wirkung der Hertzschen Druckverteilung
r
r2
p = p0 1 − 2 , r ≤ a
(B.6)
a
numerisch bestimmt. Ausgehend von Gleichung (B.4) muss in diesem Fall weder ein Gleichungssystem gelöst werden noch ist ein iteratives Vorgehen nötig.
Abbildung B.2 zeigt (qualitativ) die Druckverteilung (links) und die daraus resultierende Verschiebung der Oberfläche (rechts).
Es ergibt sich erwartungsgemäß eine parabolische Verteilung der Oberflächenverschiebungen (Abbildung B.3) und zudem stellt sich der korrekte Zusammenhang
zwischen Kraft und Abplattung
4 √
F = E ∗ Rd3
3
ein (ohne Abbildung).
Normalkontaktproblem
Bei Kontaktproblemen ist anfänglich die Größe und Lage des Kontaktgebietes
unbekannt. Daher müssen Kontaktprobleme iterativ gelöst werden3 .
Im Kontaktgebiet ist die Spaltdicke 0, d.h. die Verschiebung der rauen, elastischen
Oberfläche ist in diesem Bereich bekannt. Außerhalb des Kontaktgebietes ist der
Druck 0; die Verschiebung hingegen ist i. a. von 0 verschieden.
Zu Beginn wird ein Kontaktgebiet angenommen. Die Variablen werden nun partitioniert in die Variablen pi und ui innerhalb des Kontaktgebietes und pa und ua
außerhalb des Kontaktgebietes. Bekannt sind ui und pa = 0. Nach Umsortieren
ergibt sich aus (B.5)
A1 A2
pi
ui
=
(B.7)
A3 A4
0
ua
3
Wenn bei Simulationen der Kontakt über nichtlineare Wechselwirkungskräfte simuliert
wird, ist auch ein iteratives Vorgehen notwendig. Lineare Wechselwirkungskräfte funktionieren nicht, weil dies u. a. Zug bedeuten würde. Zudem wird progressives Verhalten gewünscht.
103
B.1. 3D KONTAKTPROBLEME
1
0.8
ūz
d
0.6
0.4
PSfrag replacements 0.2
0
0
1
2
r
a
3
4
Abbildung B.3: Oberflächenverschiebung ūz , die sich für die Druckverteilung (B.6)
ergibt (Punkte: numerisches Ergebnis; gestrichelte Kurve: analytisches Ergebnis).
Berechnungen mit N = 64.
und damit schließlich
A1 p i = u i
A3 p i = u a
.
(B.8)
(B.9)
Die Lösung des Gleichungssystems (B.8) liefert den Druck pi im Kontaktgebiet.
Mit diesem Ergebnis kann mittels (B.9) die Verschiebung ua im Außenbereich
berechnet werden.
Der erste Iterationsschritt wird i. a. auch negative Drücke (Zugspannungen) im
Kontaktgebiet und negative Spaltdicken außerhalb des Kontaktgebietes liefern.
Das neue Kontaktgebiet wird nun so gewählt, dass alle Punkte mit Zugspannungen aus dem Kontaktgebiet entfernt werden und alle Punkte mit negativen Spaltdicken zum Kontaktgebiet hinzugenommen werden. Mit dieser neuen Näherung
für das Kontaktgebiet wird die beschriebene Berechnung wiederholt. Die Iteration
erfolgt, bis (in guter Näherung) keine Zugspannungen und negative Spaltdicken
mehr existieren.
Beispiel Hertzscher Kontakt
Nun wird tatsächlich das Hertzsche Kontaktproblem gelöst, d. h. zu Beginn sind
weder das Kontaktgebiet noch die Druckverteilung bekannt. Die Größe des Kontaktgebietes und die Druckverteilung ergeben sich iterativ. Abbildung B.4 zeigt
das Verhalten qualitativ für einen Satz von Parametern.
Es zeigt sich eine hervorragende Übereinstimmung zwischen analytischer Lösung
p
E∗
ūz
d
r s
r 2 d 2
2 d
=
1−
π R
d
a
1 r 2 d
=1−
,
|r| ≤ a
2 d R
und numerischer Lösung (Abbildung B.5).
104
ANHANG B. BEDEUTUNG DER DIMENSION
Druck
Verschiebung
20
20
0
0
−20
−20
−20
PSfrag replacements
0
20
40
Spaltdicke
−20
10
20
0
20
40
Kontaktgebiet
5
0
0
−5
−20
−20
0
20
40
−10
−10
0
10
Abbildung B.4: Qualitative Ergebnisse für den Hertzschen Kontakt (N = 64,
R/d = 100, a/d = 10)
1
0.06
0.9
0.8
0.05
0.7
0.04
p/E ∗
ūz /d
0.6
0.4
PSfrag replacements
0.02
0.3
0.2
0.01
0.1
0
0
10
20
r/d
30
0
0
10
20
30
r/d
Abbildung B.5: blau, durchgezogen: numerische Lösung, grün, gestrichelt: analytische Lösung (Verschiebung nur im Innenbereich) N = 64, R/d = 100, a/d = 10
105
B.1. 3D KONTAKTPROBLEME
0.10
A/Ages
0.08
PSfrag replacements
400
300
200
100
0.06
0.04
0.02
0
0
1
2
3
F
Druck
Abbildung B.6: Zusammenhang zwischen Normalkraft F und Kontaktfläche A
(bezogen auf die scheinbare Kontaktfläche Ages ); Mittelwerte und Standardabweichungen für 450 Oberflächen, exemplarisch: Oberflächentopographie und zwei
Druckverteilungen
Raue Oberflächen
Nachdem der Hertzsche Kontakt erfolgreich mit der beschriebenen Methode behandelt wurde, kann nun der Kontakt rauer Oberflächen untersucht werden. Ziel
ist der Vergleich der Simulationsergebnisse für drei- und eindimensionale Berechnungsmodelle hinsichtlich der Beziehung zwischen Normalkraft F und Kontaktfläche A.
Mittels Gleichung (3.13) (Seite 29) werden raue Oberflächen erzeugt. Anschließend werden mit der beschriebenen Methode die Beziehungen zwischen Normalkraft F und Annäherung d sowie zwischen Normalkraft F und Kontaktfläche A
bestimmt. Da nur Oberflächen mit maximal 64 × 64 Punkten untersucht werden
können, gibt es sichtbare Abweichungen zwischen den Kurven für verschiedene
Oberflächen.
Abbildung B.6 zeigt den Zusammenhang zwischen Normalkraft F und Kontakt-
106
ANHANG B. BEDEUTUNG DER DIMENSION
ūz πE
(1−ν 2 )p
0
p
2
4
6
8
−3
−2
−1
0
x
a
1
2
3
Abbildung B.7: Normalverschiebung ūz an der Oberfläche gemäß Gleichung
(B.10), wobei C = 8 gewählt wurde.
fläche A und zwar die jeweiligen Mittelwerte für 450 untersuchte Oberflächen
und die Standardabweichungen (Fehlerbalken). Exemplarisch sind außerdem eine
Oberflächentopographie und zwei Druckverteilungen gezeigt.
B.2
Zweidimensionale Kontaktprobleme
Zum Vergleich werden jetzt zweidimensionale Kontaktprobleme vorgestellt. Dabei
sollen, wie gesagt, die Unterschiede zu dreidimensionalen Problemen herausgearbeitet werden und Berechnungsmethoden vorgestellt werden.
B.2.1
Halbraumlösung
Untersucht wird zunächst eine konstante Druckverteilung in einem Streifen −a ≤
x ≤ a. Die Verschiebung der Oberfläche in z-Richtung (vertikale Richtung) ist
nach [56]
"
2
(1 − ν 2 ) p
x+a
ūz = −
(x + a) ln
πE
a
#
(B.10)
2
x−a
− (x − a) ln
−C
.
a
Die Lösung gilt sowohl innerhalb des druckbeaufschlagten Gebietes (−a ≤ x ≤ a)
als auch außerhalb. Die Verschiebung der Oberfläche ist in der Halbraumannäherung nur bis auf eine Konstante C berechenbar4 . Die Verschiebung in der
Nähe der Krafteinleitungsstelle hängt davon ab, wie groß der Körper ist. Wenn
man numerische Berechnungen mit endlichen Modellen durchführt (siehe Abschnitt B.2.2) bzw. Messungen an realen Körpern vornimmt, ergibt sich die Konstante letztendlich aus den Randbedingungen. Abbildung B.7 zeigt die vertikale
Verschiebung der Oberfläche für eine bestimmte Wahl von C und die wirkende
Druckverteilung.
Für x a ergibt sich die Näherung
i
x
(1 − ν 2 ) p h 4a 1 + ln
−C
.
(B.11)
ūz ≈ −
πE
a
4
Eine eindeutige Halbraumlösung gibt es demnach für das 2D-Problem nicht.
107
B.2. 2D KONTAKTPROBLEME
Gitterpunkte in
x-Richtung
y
τxy = 0
p
x
PSfrag replacements
σx = τxy = 0
σx = τxy = 0
ux = u y = 0
p
-0,4
-0,2
0,0
0,2
±
±
±
±
±
±
±
±
±
±
±
0,0000
0,0712
0,1409
0,2077
0,2703
0,3274
0,3779
0,4206
0,4548
0,4797
0,4949
0,5000
0,4
x/L
Abbildung B.8: Quadratische Scheibe (Abmessungen L×L) aus linear-elastischem
Material, einschließlich Randbedingungen und Diskretisierung in horizontaler
Richtung (23 nicht-äquidistant verteilte Gitterpunkte)
Die Normalverschiebung wächst beim Halbraummodell in großer Entfernung nach
einem logarithmischen Gesetz.
Während beim 2D-Problem die Verschiebung an der Oberfläche von der Größe
des makroskopischen Körpers abhängt, spielen, wie bereits herausgearbeitet, die
makroskopischen Abmessungen beim 3D-Problem keine Rolle. Beim 3D-Kontakt
ist die Deformation in der Nähe des Kontaktgebietes lokalisiert.
2D- und 3D-Problem unterscheiden sich demnach qualitativ deutlich voneinander.
Eine Reduktion eines 3D-Problems auf ein 2D-Problem ist nicht ohne weiteres
möglich.
B.2.2
DQ-Methode
Die Differential Quadrature Methode (DQM) geht von den Kontinuumsgleichungen aus. Diskretisiert wird unter Nutzung von globalen Ansatzfunktionen [112];
i. d. R. Polynomen.
Abbildung B.8 zeigt das untersuchte Modell und die Diskretisierung in horizontaler Richtung. Wie zudem in der Abbildung zu erkennen ist, wird auf die inneren
fünf Gitterpunkte des oberen Randes (y = 0) der Druck p aufgebracht. Für alle
anderen Gitterpunkte des oberen Randes ist der Druck 0. Die Schubspannung ist
am oberen Rand durchweg 0. An den seitlichen Rändern (x = ±0,5L) sind Normalspannung und Schubspannung 0; am unteren Rand sind die Verschiebungen
108
ANHANG B. BEDEUTUNG DER DIMENSION
×10−5
PSfrag replacements
u/L
−1
−2
−3
−4
-0,4
-0,2
0
x/L
0,2
0,4
Abbildung B.9: Vertikale Oberflächenverschiebung ūz , −◦− DQ-Lösung (23 × 17
Gitterpunkte, nicht-äquidistant verteilt), analytisches Ergebnis für den Halbraum: durchgezogen a = 0,17L, gestrichelt a = 0,14L
als 0 vorgegeben. Im Anhang C sind die zu lösenden Gleichungen zusammengestellt.
Die Diskretisierung in vertikaler Richtung geschieht mit 17 Punkten, so dass das
Netz insgesamt aus 391 Punkten besteht. In der Regel führen Gauß-LobattoNetze zu besseren Ergebnissen; wie dem Anhang C entnommen werden kann,
führt ein äquidistantes Netz hier zu keiner Lösung. Nachteilig wirkt sich ein an
den Rändern verdichtetes Netz bei der Aufbringung der Druckverteilung aus. Die
konstante Druckverteilung wird in einem mittig gelegenen Streifen der Breite a
aufgebracht. Im mittleren Bereich ist die Auflösung allerdings relativ grob.
Abbildung B.9 zeigt das mit der DQM berechnete Ergebnis und die Halbraumlösung für a = 0,14L und a = 0,17L. Die Konstante C in der Halbraumlösung
(B.10) wurde so gewählt, dass in der Mitte (x = 0) die Verschiebungen übereinstimmen. Es ergibt sich dann eine gute Übereinstimmung zwischen Halbraumlösung und numerischer Lösung. Für die Berechnungen galt p = 10−4 E
und ν = 13 .
B.2.3
Hierarchisches Modell
Das Modell (Abbildung B.10) ist so aufgebaut, dass in der Schicht j + 1 genau
doppelt so viele Teilchen sind wie in der Schicht j, beginnend mit einem Teilchen
bei j = 1. Für N Schichten ergibt sich im 2D-Fall eine Teilchenzahl von 2N − 1.
Der Abstand der Schichten verdoppelt sich von unten nach oben, beginnend mit
dem Teilchenabstand in der untersten Schicht. Die Teilchen sind mit den seitlichen
Nachbarn durch lineare Federn (Steifigkeit kh ) verbunden, die einer vertikalen Relativverschiebung entgegenwirken. Zudem ist jedes Teilchen durch lineare Federn
(Steifigkeit kv ) mit einem Teilchen der darüber liegenden Schicht und mit zwei
Teilchen der darunter liegenden Schicht verbunden (Abbildung B.11).
Man kann zeigen, dass zur Modellierung des zweidimensionalen Kontinuums bei
109
B.2. 2D KONTAKTPROBLEME
PSfrag replacements
35
30
25
z
20
15
10
5
40
0
−20
−15
−10
−5
0
x
5
10
15
20
Abbildung B.10: Anordnung der Teilchen beim hierarchischen Modell (exemplarisch für 6 Schichten)
kv
kh
PSfrag replacements
Abbildung B.11: Wechselwirkungen der Teilchen beim 2D hierarchischen Modell
110
ANHANG B. BEDEUTUNG DER DIMENSION
0,007
p
ūz
∆x
0,009
0,011
0,013
0,015
−300
−200
−100
0
x
∆x
100
200
300
Abbildung B.12: Normalverschiebung ūz an der Oberfläche, wenn Teilchen 1
(oberste Schicht) festgehalten wird, Teilchenabstand in der untersten Schicht ∆x,
p = 10−4 kv , kh /kv = 0,385.
einem zweidimensionalen hierarchischen Modell die Federsteifigkeiten in allen
Schichten gleich sein müssen.
Für die seitlichen Teilchen sind verschiedene Randbedingungen denkbar. Freie
seitliche Ränder ergeben sich, wenn auf die Randteilchen keine äußeren Kräfte
wirken und es keine Wechselwirkungen zwischen einem Teilchen am linken Rand
mit einem Teilchen am rechten Rand gibt.
Bei periodische Randbedingungen wird hingegen angenommen, dass das Teilchen
am rechten Rand der linke Nachbar des Teilchens am linken Rand ist. Bei dem
konkreten Problem ergibt sich für die Verschiebung der Oberfläche kein Unterschied zwischen den zwei Varianten von Randbedingungen. Für den Fall, dass
auf die mittleren 100 Teilchen der untersten Schicht die gleiche Kraft aufgebracht
wird, wurden numerische Berechnungen durchgeführt. Dazu wurden insgesamt
1023 Teilchen benutzt, 512 davon in der untersten Schicht. Abbildung B.12 zeigt
die vertikale Verschiebung der Oberfläche für den Fall, dass Teilchen 1 (oberste
Schicht der Hierarchie) festgehalten wird.
Es ist erkennbar, dass auch am Rand eine deutliche Verschiebung auftritt, die
auch bei einer größeren Ausdehnung in x-Richtung nicht (wesentlich) kleiner sein
würde (fast horizontale Tangente am Rand). Dieses wesentliche Kennzeichen des
2D-Problems ist demnach im Modell wiederzufinden. Ein quantitativer Vergleich
der Verschiebung zeigt jedoch Abweichungen zwischen der Halbraumlösung und
der Lösung mit dem hierarchischen Modell.
Zur Numerik sei angemerkt: bei vorgegebener Druckverteilung ist das Modell linear in den Verschiebungen. Werden die Gleichungen des hierarchischen Modells mit
dem Newton-Verfahren für nichtlineare Gleichungssysteme gelöst, genügt demzufolge ein Iterationsschritt.
Nachdem der Fall einer konstanten Druckverteilung am oberen Rand untersucht
wurde, soll nun das 2D Kontaktproblem zwischen elastischer Ebene und starrem
Zylinder betrachtet werden. Der elastische Körper mit ebener Oberfläche wird
durch das hierarchische Modell modelliert. Die Wechselwirkungskraft zwischen
dem starren Zylinder und den Teilchen der N ten Schicht wird durch eine Exponentialfunktion modelliert:
FW = fW exp(−κW (z − zW )) .
(B.12)
111
B.3. 2D PROBLEM MIT VERÄNDERLICHEM MODUL
×10−3
60
a/∆x
16
d/∆x
3
70
12
8
50
p0 /kv
20
×10−2
40
30
1
20
4
2
10
0
0
0
0,05 0,1
FN /(kv ∆x)
0
0
0,05 0,1
FN /(kv ∆x)
0 0,05 0,1
FN /(kv ∆x)
Abbildung B.13: 2D Kontaktproblem, Abhängigkeiten von der Normalkraft FN :
Eindringtiefe d (links), Kontakthalbweite a (Mitte) und maximaler Druck p0
(rechts)
Das Problem ist nun nichtlinear, weil die Kräfte auf die Teilchen der N ten Schicht
nichtlinear vom Abstand abhängen.
Bei den numerischen Berechnungen sind die Längeneinheit und Krafteinheit so
gewählt, dass der Abstand ∆x zwischen den Teilchen der N ten Schicht und die
Steifigkeit kv gerade die Basiseinheiten sind. Die Abbildung B.13 zeigt die Ergebnisse von Berechnungen mit kh = 0,385kv , kW = 1000kv , R = 10000∆x, nT =
1023. Die analytisch bekannten Ergebnisse [56] lassen sich in guter Näherung in
den Berechnungsergebnissen wiederfinden. Die Steifigkeit des Kontaktes
kW =
∂FW
= −κW FW
∂z
(B.13)
soll im Gleichgewichtszustand deutlich größer sein, als die Steifigkeiten im Modell
des elastischen Körpers. Nur dann wird tatsächlich der Kontakt zwischen einer
elastischen Ebene und einem starren Zylinder modelliert. Hierzu muss κW sehr
groß gewählt werden. Umso größer κW , desto problematischer wird das zu lösende
Gleichungssystem. Konvergenz kann nur noch erzielt werden, wenn die maximale
Schrittweite begrenzt wird. Andernfalls kommt es zum Abbruch wegen zu großer
Zahlen (Matlab zulässiger Bereich ±10307 ).
B.3
Zweidimensionales Problem mit veränderlichem elastischen Modul
Betrachtet wird das ebene Problem mit konstanter Querkontraktionszahl ν und
elastischem Modul E, der mit der Tiefe nach einem Potenzgesetz zunimmt, E =
Eκ z κ [93, 105]. Das ebene Problem mit veränderlichem Modul wird hier aus zwei
Gründen betrachtet. Zum einen zeigt sich, dass für 0 < κ < 1 eine eindeutig
bestimmte Halbraumlösung existiert; die genauen Abmaße der Körper demnach
nicht wichtig sind. Das erleichtert den Vergleich zwischen analytischer Lösung
und numerischer Lösung. Zum anderen werden in Abschnitt B.5 zweidimensio-
112
ANHANG B. BEDEUTUNG DER DIMENSION
1,0
0,8
fκ
0,6
0,4
0,2
0,0
−6
κ = 0,1
κ = 0,5
−4
−2
0
2
4
6
x̃
κ = 0,8
κ→1
Abbildung B.14: Graphen der Funktionenschar fκ gemäß Gl. (B.18)
nale Modelle des dreidimensionalen Kontaktproblems erörtert. Dafür sind die
folgenden Ausführungen aufschlussreich.
Die vertikale Oberflächenverschiebung bei Aufbringung einer Druckverteilung
p(x) auf einem Streifen |x| ≤ a lautet
Z
C̃κ ∞ p(ξ)
dξ
(B.14)
ūz (x) =
Eκ −∞ |x − ξ|κ
mit
(1 − ν 2 )γCκ sin( 21 πγ)
κ(1 + κ)
κ+1
2 Γ 21 (κ + γ + 3) Γ 12 (κ − γ + 3)
Cκ =
πΓ(κ + 2)
s
κν
γ = (1 + κ) 1 −
.
1−ν
C̃κ =
(B.15)
(B.16)
(B.17)
Es wird ein konstanter Druck p auf einem Streifen |x| ≤ a betrachtet. Abbildung
B.14 zeigt die Funktionenschar
Z
1 − κ ∞ p̃(ξ)
fκ (x̃) =
dξ
(B.18)
κ
2
−∞ |x̃ − ξ|
1 |x̃| ≤ 1
p̃ =
(B.19)
0 sonst
für drei verschiedene Werte des Scharparameters 0 ≤ κ < 1 und für κ → 1. Der
Vorfaktor 21 (1 − κ) führt dazu, dass stets fκ (0) = 1 gilt, so dass die Form der
Lösungen verglichen werden kann. Es ist erkennbar, dass für κ → 1 die Funktion
fκ sich der Stufenform
1 |x̃| ≤ 1
(B.20)
0 sonst
PSfrag replacements
113
B.4. ADHÄSIVER NORMALKONTAKT
ūz /∆x
−3
1,5 ×10
1,0
0,5
0
0
100
200
300
x/∆x
400
500
Abbildung B.15: Vertikale Oberflächenverschiebung ūz für κ = 0,5 (a = 10∆x),
Simulation (rot, gestrichelt) und analytisches Ergebnis (blau, durchgezogen)
annähert. Diese Stufenform entspricht einer Winklerbettung. Das ist das Ergebnis von Calladine und Greenwood [17], das diese für ν = 0,5 (inkompressibles
Material) herleiten5 .
Für ν = 0,5 und k = 1 ergibt sich für den Vorfaktor C̃κ = 0. Der inkompressible
Fall (ν = 0,5) ist der einzige, bei dem eine eindeutig bestimmte Lösung für κ = 1
existiert.
Es zeigt sich außerdem, dass die Form des 3D-Ergebnis für konstanten Druck
(B.1) sich durch das 2D-Ergebnis für keinen Wert von κ genau wiedergeben lässt.
Abbildung B.15 zeigt die Oberflächenverschiebung ūz für das hierarchische Modell mit vertikalen Freiheitsgraden und die analytische Lösung. Erwartungsgemäß
ergibt sich für das reine Normalkontaktproblem eine gute Übereinstimmung.
B.4
Adhäsiver Normalkontakt
Für den adhäsiven Normalkontakt zwischen elastischer Kugel und Ebene (3D)
liefert die JKR-Theorie6 [58] eine Proportionalität zwischen Adhäsionskraft FA
und Krümmungsradius R:
FA ∝ R .
(B.21)
Für den adhäsiven Normalkontakt zwischen starrem Zylinder und elastischer Ebene (2D) ergibt sich [6]
√
3
FA ∝ R .
(B.22)
Werden dimensionslose Größen gemäß
F̃ =
F
FA
und ã =
a
a0
(B.23)
eingeführt, lauten die Zusammenhänge zwischen Normalkraft und Kontaktradius
im 3D-Fall (JKR-Theorie)
F̃ = 4 ã3 − ã3/2
(B.24)
5
6
siehe auch Anhang D, Seite 121ff
siehe dazu auch Abschnitt 5.1
114
ANHANG B. BEDEUTUNG DER DIMENSION
PSfrag replacements
3
Theorie 2D
Theorie 3D
F
FA
2
1
0
-1
0
0,5
1,0
a
a0
1,5
2,0
Abbildung B.16: Zusammenhang zwischen Normalkraft und Kontaktradius beim
adhäsiven Kontakt
und im 2D-Fall (Barquins)
F̃ =
4√
3
4 ã2 − ã1/2
3
.
(B.25)
Der Radius a0 stellt sich ohne äußere Normalkraft ein.
Abbildung B.16 zeigt die beide Kurven (B.24) und (B.25). Es ist erkennbar, dass
sich beide Kurven deutlich voneinander unterscheiden.
B.5
B.5.1
Zweidimensionale Modelle zur Simulation
des dreidimensionalen Kontaktproblems
Idee
Wie bereits ausführlich dargelegt, können zweidimensionale Modelle nicht ohne
weiteres zur Simulation von dreidimensionalen Kontaktproblemen benutzt werden. Im folgenden sollen kurz darauf eingegangen werden, ob maßgeschneiderte
zweidimensionale Modelle existieren, die zur Simulation des dreidimensionalen
Kontaktproblems herangezogen werden können. Zweidimensionale Modelle besitzen keine Freiheitsgrade in Tiefenrichtung und weisen daher kürzere Rechenzeiten im Vergleich zum 3D-Modell auf. Wenn es gelingt, die konstitutiven Gesetze
für das 2D-Modell so anzupassen, dass wesentliche kontaktmechanische Zusammenhänge richtig wiedergegeben werden, ergibt sich ein erheblicher rechentechnischer Vorteil. Zudem besteht die Möglichkeit, dass auch die Deformationen im
Innern berechnet werden können. Das ist ein klarer Vorteil gegenüber dem 1DModell, insbesondere hinsichtlich der Simulation von Verschleiß. Wird das 2DModell hierarchisch aufgebaut, ist die Zahl der Freiheitsgrade beim 2D-Modell
nur ungefähr doppelt so groß wie beim 1D-Modell. Das hierarchische 2D-Modell
B.5. 2D MODELLE DES 3D PROBLEMS
115
kann damit ein viel genaueres Bild der Vorgänge beim Kontakt geben bei vergleichsweise geringfügig größerem Rechenaufwand.
Das 2D-Modell hat eine eindimensionale Oberflächentopographie. Die Umrechnung der Oberflächentopographien wird somit auch für das 2D-Modell benötigt.
Abschätzungen ergeben, dass die Simulation des 3D-Kontaktproblems mit einem
2D-Modell näherungsweise möglich ist, wenn die elastischen Eigenschaften in Abhängigkeit von der Tiefe skaliert werden. Genauer: die elastischen Module müssen
proportional zur Tiefe zunehmen. Anschaulich kann das wie folgt verstanden werden: Im hierarchischen 2D-Modell führt die Aufbringung einer konstanten Kraft
F0 auf ein Teilchen der Oberfläche (z. B. bei x = 0) zu einer Verschiebung aller
darüber liegenden Schichten. Da im 2D-Fall die Federn in allen Schichten gleiche
Steifigkeit haben müssen, folgt aus den Gleichgewichtsbedingungen, dass sich die
zweite Schicht von oben gegenüber der obersten Schicht um F0 / (2kv ) verschiebt.
Die Verschiebung der zweiten Schicht von oben führt zu einer Verschiebung aller
Teilchen der untersten Schicht. Insbesondere werden auch Teilchen der untersten
Schicht weit verschoben, die sehr weit von der Krafteinleitungsstelle entfernt sind.
Das ist das typische Verhalten des 2D-Kontinuums. Ein schnelles Abklingen der
Oberflächenverschiebung mit der Entfernung von der Krafteinleitungsstelle (x−1 Abfall im 3D-Fall) erfordert daher einen Anstieg der Steifigkeit mit der Tiefe;
dann nämlich ist die Verschiebung der zweiten Schicht von oben gegenüber der
obersten Schicht der Quotient aus der Kraft und einer sehr viel höheren Steifigkeit.
Formale (analytische) Umrechnungen für E und G sind für das hierarchische
Modell nicht ohne weiteres nicht angebbar, weil die Beschränkung auf vertikale
Freiheitsgrade zusätzliche Justierungen erfordert.
B.5.2
Ergebnisse
Wie aus Abschnitt B.3 bekannt ist, kann ein linear mit der Tiefe zunehmender
elastischer Modul das dreidimensionale Verhalten nicht vollkommen korrekt abbilden7 .
Untersucht wurde das Problem eines konstanten Druckes p0 auf einem Streifen
−a ≤ x ≤ a. Die Steifigkeiten der Federn steigen proportional zur Tiefe der
Schicht.
Es zeigt sich, dass im Fernfeld (x > 2a) der Abfall der Oberflächenverschiebung indirekt proportional zur Entfernung von der Lasteinleitungsstelle ist (ūz ∝
x−1 ). Die Proportionalitätskonstante ist, genau wie im 3D Fall linear von der
Kontaktgröße a abhängig. D. h. unabhängig von der Last (charakterisiert durch
p0 und a) wird aus den Simulationen der gleiche Zusammenhang zwischen dem
elastischen Modul und der Federsteifigkeit im Modell identifiziert.
Im Nahfeld hingegen hängt bei gegebenen Modellparametern (Steifigkeiten als
Funktion der Tiefe) die Übereinstimmung zwischen 2D Simulation und 3D Ergebnis von der Kontaktgröße a ab. Wird die Identifikation des elastischen Moduls durch Anpassung der analytischen Lösung an das Simulationsergebnis im
Nahfeld (x ≤ 2a) durchgeführt, ergibt sich für jeden Wert von a ein anderer elastischer Modul. Anders gesagt: es gelingt eine genaue Anpassung nur für einen
7
Vergleiche dazu Abbildungen B.1 und B.14 bzw. Gl. (B.1) und Gl. (B.14).
116
ANHANG B. BEDEUTUNG DER DIMENSION
Kontaktradius a; für größere und kleinere Kontaktradien gibt es logarithmische
Abweichungen.
Anhang C
DQ-Methode zur Untersuchung
von Scheibenproblemen
C.1
Gleichungen und Diskretisierung
Betrachtet wird eine Rechteckscheibe aus linear elastischem Material. Es wird angenommen, dass die äußeren Lasten und die Verformungen nur auf die x-y-Ebene
beschränkt sind. Eine Scheibe mit großer Dicke (in z-Richtung) wird simuliert,
wenn der ebene Formänderungszustand angenommen wird. Dann ist entsprechend
in den Navier-Lamé-Gleichungen [45] uz ≡ 0 und ∂(.)/∂z ≡ 0 zu setzen.
Es ergeben sich die partiellen Differentialgleichungen für die Verschiebungen ux
und uy
∂ 2 ux
∂ 2 ux
∂ 2 uy
+
µ
+
(λ
+
µ)
∂x2
∂y 2
∂x∂y
2
2
∂ uy
∂ 2 ux
∂ uy
+
µ
+
(λ
+
µ)
0 = (λ + 2µ)
∂y 2
∂x2
∂x∂y
0 = (λ + 2µ)
(C.1)
(C.2)
mit den Lameschen Konstanten λ und µ. Für die Spannungen gilt
∂ux
∂uy
+λ
∂x
∂y
∂uy
∂ux
= (λ + 2µ)
+λ
∂y
∂x
∂uy
∂ux
=µ
+µ
.
∂y
∂x
σxx = (λ + 2µ)
(C.3)
σyy
(C.4)
τxy
(C.5)
Die Randbedingungen werden wie folgt gewählt: spannungsfreie seitliche Ränder,
keine Verschiebung am unteren Rand, keine Schubspannung am oberen Rand,
Normalspannung am oberen Rand entspricht der aufgebrachten Druckverteilung
(siehe Abbildung B.8, S. 107).
Bei der Differential Quadrature Methode (DQM) [112] auf einem Rechteckgitter wird die partielle Ableitung nach einer Raumrichtung an einem Gitterpunkt
aus allen Funktionswerten auf der den Gitterpunkt enthaltenden Gitterlinie der
117
ag replacements
118
ANHANG C. DQM SCHEIBENPROBLEM
ux
0
×10−6 L
5
−0.2
−0.4
0
−0.6
−5
−0.8
−1
−0.5
0
0
−0.2
−1
−0.4
−2
−0.6
−3
−0.8
−4
−1
−0.5
0.5
×10−5 L
uy
0
0.5
Abbildung C.1: Verschiebungen für den Lastfall aus Abbildung B.8
entsprechenden Raumrichtung berechnet. Insbesondere gilt
∂ux
∂x
∂ux
∂y
=
(xi ,yj )
(n)
(C.6)
(1)
(C.7)
cik ux (xk , yj )
X
c̄jk ux (xi , yk )
k
=
(xi ,yj )
(1)
X
k
(n)
mit den Wichtungskoeffizienten cij und c̄ij für die nte Ableitungen nach x bzw.
y. Anwenden der DQM auf die Feldgleichungen und die Randbedingungen führt
auf ein lineares Gleichungssystem für die Verschiebungen an den Gitterpunkten.
Mittels der Randbedingungen können einige Variablen sofort eliminiert werden.
Alternativ kann der komplette Satz an Gleichungen numerisch gelöst werden1 .
Für die Berechnungen wurde das nicht-äquidistante Gitter
i−1
Lx
xi = 1 − cos
π
, 1 ≤ i ≤ Nx
Nx − 1
2
i−1
Ly
π
, 1 ≤ i ≤ Ny
yi = 1 − cos
Ny − 1
2
(C.8)
(C.9)
verwendet. Bei dem vorliegenden Problem einer quadratischen Scheibe gilt Lx =
Ly . Bei der numerischen Lösung wurden die Gleichungen so dimensionslos gemacht, dass die charakteristische Länge Lx = Ly des Problems und der E-Modul
als Basiseinheiten gewählt wurden.
Der Grenzfall des betrachteten Problems ist eine konstante Druckverteilung auf
dem gesamten oberen Rand. Es ergibt sich eine nahezu homogene Deformation,
die lediglich an den unteren Eckpunkten durch die Verschiebungsrandbedingungen gestört wird (ohne Abbildung). Das entspricht den Erwartungen.
Abbildung C.1 zeigt die Verschiebungen ux und uy für den Lastfall aus Abbildung
B.8.
1
Insbesondere bei dynamischen Berechnungen ist es sinnvoll, die Randbedingungen, die als
algebraische Gleichungen vorliegen, zur Elimination von Freiheitsgraden zu verwenden. Statt
eines Systems aus algebraischen Gleichungen und Differentialgleichungen kann das Problem
dann auf ein System von Differentialgleichungen reduziert werden.
119
C.2. EINFLUSS DES GITTERS
PSfrag replacements
0
ū/L
-0,1
-0,2
-0,3
-0,4
-0,2
0
x/L
0,2
0,4
Abbildung C.2: Lösung des in Abschnitt B.2.2 diskutierten Modells mit äquidistant verteilten Gitterpunkten (23 × 17)
C.2
Einfluss des Gitters
Abbildung C.2 zeigt die Verschiebung der Oberfläche, wenn ein äquidistantes
Gitter mit 23 × 17 Punkten verwendet wird. Das numerische Verfahren konvergiert, d. h. es wird eine Lösung gefunden, die die statischen Gleichungen mit der
vorgegebenen Toleranz erfüllt.
Die Lösung ist physikalisch nicht sinnvoll: bei den gegebenen Randbedingungen
(siehe Abbildung B.8, S. 107) kann die vertikale Verschiebung am Rand nicht
größer sein als in der Mitte. Die numerischen Probleme im Zusammenhang mit
äquidistanten Gittern sind vermutlich in schlecht konditionierten Gleichungssystemen/Matrizen begründet. Allgemein scheint die DQM für große Punktezahlen problematisch zu sein, weil die resultierenden Matrizen schlecht konditioniert
sind. Der Vorteil der DQM ist ja gerade die Berechnung von sehr glatten Lösungen
mit wenigen Punkten. Wenn raue Oberflächen untersucht werden sollen, ist die
Methode entweder ungeeignet oder die Berechnungen erstrecken sich nur auf kleine Gebiete (z.B. nur auf einen Asperiten).
Die Probleme, die bei der DQM bei bestimmten Randbedingungen oder Gittern
entstehen, sind für verschiedene Anwendungen in [36] und [112] dokumentiert.
120
ANHANG C. DQM SCHEIBENPROBLEM
Anhang D
Dimensionsreduktion: Beispiel
Winklerbettung
Für die Berechnung des Setzens von Bauwerken werden häufig Halbraumlösungen
verwendet und es wird angenommen, dass der elastische Modul mit der Tiefe
zunimmt [17]. Es stellt sich somit die Frage, ob der elastische Halbraum mit tiefenabhängigem Modul (G ∝ z) durch ein einfacheres Modell beschrieben werden
kann, wenn das Interesse lediglich auf die Vertikalverschiebung an der Oberfläche
bei gegebener Druckverteilung beschränkt ist.
Im folgenden werden die Ergebnisse von Calladine und Greenwood [17] gezeigt,
dass sich ein Halbraum, unter der Annahme von linear-elastischem, inkompressibelem Material, im ebenen Deformationszustand (2D-Modell) und mit tiefenproportionalem elastischen Modul hinsichtlich der Vertikalverschiebung der Oberfläche bei Aufbringung einer Normalkraftverteilung durch eine Winklerbettung
(1D-Modell) modellieren lässt. Das gilt sowohl bei Isotropie als auch bei transversaler Isotropie. Abbildung D.1 zeigt die beiden Modelle.
D.1
Isotropes Material
Zuerst wird der Fall einer Einzelkraft P (genauer: Kraft pro Längeneinheit in
y-Richtung), wirkend im Ursprung, untersucht. Im Fall des isotropen Materials
2D Modell
1D Modell
q
PSfrag replacements
q
z
Abbildung D.1: Halbraummodell im ebenen Deformationszustand (2D) und
Winklerbettung (1D)
121
122
ANHANG D. WINKLERBETTUNG
P
PSfrag replacements
ex
ey
ez
ϕ
r
uϕ
ur
Abbildung D.2: Koordinatensysteme
ergibt sich für
G = mz
(D.1)
die Lösung
P
und uϕ (r, ϕ) = 0 .
(D.2)
2πmr
Abbildung D.2 zeigt die verwendeten Koordinatensysteme.
Die Vertikalverschiebung der Oberfläche ist nur am Lastangriffspunkt von 0 verschieden. Im Fall eines konstanten Druckes p ergibt sich für den druckbeaufschlagten Streifen die Vertikalverschiebung der Oberfläche
ur (r, ϕ) =
ūz =
p
2m
(D.3)
und 0 außerhalb. Das betrachtete System verhält sich wie eine Winklerbettung
mit Steifigkeit 2m, und zwar unabhängig von der konkreten Druckverteilung.
D.2
Anisotropes Material
Untersucht wird der Fall, bei dem die x-y-Ebene isotropes Verhalten aufweist.
Bei inkompressibelem Material und ebenem Deformationszustand wird das Verhalten durch zwei Materialparameter bestimmt; die Anisotropie kann durch einen
Koeffizienten µ charakterisiert werden1 . Für die Verschiebungen unter Wirkung
einer Einzellast ergibt sich dann
ur (r, ϕ) = C
mit
1
F (ϕ)
r
und uϕ (r, ϕ) = 0
1
F (ϕ) = p
cos2 2ϕ + µ sin2 2ϕ
µ = 1: keine Anisotropie, Details siehe [17].
(D.4)
(D.5)
D.2. ANISOTROPES MATERIAL
123
Die Bettungssteifigkeit der äquivalenten Winklerbettung ist in diesem Fall
Rπ 3
2
F (ϕ) dϕ
k = 2m R0 π
.
(D.6)
2
F
(ϕ)
dϕ
0
Fazit: Das untersuchte zweidimensionale Problem lässt sich hinsichtlich der vertikalen Oberflächenverschiebung durch ein eindimensionales Modell (Winklerbettung) ersetzen.
124
ANHANG D. WINKLERBETTUNG
Anhang E
Oberflächengenerierung mittels
inverser FFT
In diesem Anhang wird gezeigt, wie 1D- und 2D-Oberflächen unter Nutzung der
inversen FFT1 erzeugt werden können. Die inverse FFT erweist sich hinsichtlich
der Rechenzeit als weit überlegen gegenüber der direkten Auswertung der Formeln
(E.1). Ein alternatives Verfahren zur Generierung selbstaffiner Oberflächen wird
in [51] beschrieben.
Die Oberflächentopographie kann, wie bereits in Abschnitt 3.3.1 ausgeführt, aus
dem Leistungsspektrum gemäß
X
h (x) =
B2D (q) exp (i (q · x + φ (q))) ,
(E.1a)
q
gewonnen werden [90], wobei φ (q) = −φ (−q) im Intervall [0, 2π) gleichverteilte
Zufallszahlen sind und
2π p
B2D (q) =
C2D (q) = B̄2D (−q) .
(E.1b)
L
Analog erfolgt die Generierung des Profils im 1D-Fall:
X
h (x) =
B1D (q) exp (i (qx + φ (q)))
(E.2a)
q
B1D (q) =
r
2π
C1D (q) = B̄1D (−q)
L
Für den quadratischen Mittenrauwert gilt
Z ∞
2
h 2D = 2π
qC2D (q) dq
Z ∞0
h2 1D =
C1D (q) dq .
.
(E.2b)
(E.3)
(E.4)
−∞
E.1
Oberflächenerzeugung 1D
Das unten stehende Programm erzeugt eine 1D-Oberfläche h(x). Der Diskretisierungsabstand für die räumliche Variable x sei wie gehabt 1, die Gesamtzahl der
1
Fast Fourier Transform
125
126
ANHANG E. OBERFLÄCHENGENERIERUNG
Punkte sei N − 1. Die Wellenzahlen sind dann
N −2
N −4
N −2
q∈ −
π, −
π, . . . ,
π
N
N
N
,
, die größte Wellenzahl ist NN−2 π ≈ π. Entspred.h. die kleinste Wellenzahl ist 2π
N
chend ist die kürzeste Wellenlänge 2, die größte Wellenlänge N .
Im Wellenzahlbereich [q0 , q1 ] ist das Leistungsspektrum von Null verschieden und
(im vorliegenden Fall) konstant.
Die Berechnung von h in Zeile 8 (Ergebnis h1) entspricht exakt dem Vorgehen
nach Gleichung (E.2). Es ist zu beachten, dass x, q, B und phi Matrizen sind.
Das Matrixprodukt in Zeile 8 führt direkt auf die Höhen an allen Stellen x unter
Berücksichtigung aller Wellenzahlen q.
Die Berechnung von h in Zeile 11 (Ergebnis h2) stützt sich auf die inverse FFT.
Dabei ist zu beachten, dass die Matrizen B und phi dazu umsortiert werden
müssen. Zudem muss eine 0 an geeigneter Stelle eingefügt werden. Abbildung E.1
zeigt beispielhaft eine so generierte Oberfläche.
q0 = 0.01; q1 = 4*q0; N = 2048;
q = ((-N+2):2:(N-2))*pi/N;
k = find(abs(q) >= q0 & abs(q) <= q1);
C = zeros(1,N-1); C(k) = 1;
B = sqrt(2*pi/N)*sqrt(C);
phi = 2*pi*rand(1,(N-2)/2);
x = ((-N/2+1):(N/2-1))’;
h1 = (B*(exp(i*(x*q + repmat([-fliplr(phi) 0 phi],N-1,1)’))));
B = [B(N/2:N-1) 0 B(1:N/2-1)];
phi = [0 phi 0 -fliplr(phi)];
h2 = N*ifft(B.*exp(i*phi));
h2 = [h2(N/2+2:N) h2(1:N/2)];
std(h1)
sqrt(2*(q1-q0))
sqrt(trapz(C)*2*pi/N)
Als einfache Überprüfung kann die Berechnung des quadratischen Mittenrauwertes (bzw. der rms-Profiltiefe) durchgeführt werden. Es ergibt sich eine Übereinstimmung zwischen dem Ergebnis von (E.4) mit dem aus der erzeugten Höhenverteilung h(x) bestimmten Wert. Die Abweichung zwischen dem analytischem
Wert für hh2 i und dem numerisch berechneten liegt an der Diskretisierung. Der
aus dem diskreten Spektrum durch numerische Integration bestimmte Wert und
der aus der erzeugten Oberfläche bestimmte Wert stimmen hervorragend überein.
Beide Berechnungsmethoden liefern direkt reelle Höhen h(x) und beide Methoden liefern das gleiche Ergebnis. Im 1D-Fall genügt die Verwendung der positiven
Seite; im Anschluss an die iFFT muss dann der Realteil des komplexen Ergebnis’
gebildet und schließlich mit 2 multipliziert werden. Im 2D-Fall funktioniert das
allerdings nicht. Die Phasenwinkel φ sind nur in den diagonal gegenüberliegenden
127
E.2. 2D OBERFLÄCHE
0.2
h
0.1
0
−0.1
−0.2
0.5
1
x
1.5
2
2.5
5
x 10
0.1
h
0.05
PSfrag replacements
0
−0.05
−0.1
0
200
400
x
600
800
1000
Abbildung E.1: 1D-Oberflächentopographie 218 Punkte, q0 = 0,1, q1 = 0,2, C =
10−2 (unten: Ausschnitt)
Quadraten der Wellenzahlebene gleich; daher müssen negative Wellenzahlen explizit mitgenommen werden.
Die Variante mittels FFT ist wesentlich schneller. Bei N = 2048 benötigt die direkte Methode (h1 =) ungefähr 2500 mal mehr Zeit als die FFT basierte Methode
(h2 =). Der Rechenzeitvorteil wird um so größer, je größer die Zahl der Punkte
ist.
E.2
2D Oberfläche
Das unten stehende Programm zeigt die Berechnung der Oberfläche h(x, y) mittels inverser FFT. Im dargestellten Fall ist das Leistungsspektrum im Intervall
[q0 , q1 ] durch eine positive Konstante gegeben; außerhalb dieses Wellenzahlbereiches ist das Leistungsspektrum 0, d.h.
c f ür q0 ≤ q ≤ q1
C2D =
(E.5)
0
sonst
Die Erzeugung einer Oberfläche mit 2048×2048 Punkten dauert ca. 10 Sekunden.
function H = gen2dsurfacefft(N,qint,Cval,fig)
N2 = (N-1)^2; q0 = qint(1); q1 = qint(2);
q = ((-N+2):2:(N-2))*pi/N
[Qx Qy] = meshgrid(q,q);
qx = reshape(Qx,N2,1); qy = reshape(Qy,N2,1);
qv = [qx qy];
128
ANHANG E. OBERFLÄCHENGENERIERUNG
C = zeros(N2,1);
aqv = sqrt(qv(:,1).^2+qv(:,2).^2);
k = find(aqv >= q0 & aqv <= q1);
C(k) = Cval;
B = (2*pi/N)*sqrt(C);
clear qx qy q Qx Qy C k aqv
A = 2*pi*rand(1,(N2-1)/2); phi = [A 0 -fliplr(A)];
B = reshape(B,N-1,N-1);
B = [B(N/2:N-1,N/2:N-1) zeros(N/2,1) B(N/2:N-1,1:N/2-1);...
zeros(1,N);...
B(1:N/2-1,N/2:N-1) zeros(N/2-1,1) B(1:N/2-1,1:N/2-1)];
phi = reshape(phi,N-1,N-1);
phi = [phi(N/2:N-1,N/2:N-1) zeros(N/2,1) phi(N/2:N-1,1:N/2-1);...
zeros(1,N);...
phi(1:N/2-1,N/2:N-1) zeros(N/2-1,1) phi(1:N/2-1,1:N/2-1)];
H = N^2*ifft2(B.*exp(i*phi));
H = [H(N/2+2:N,N/2+2:N) H(N/2+2:N,1:N/2);...
H(1:N/2,N/2+2:N) H(1:N/2,1:N/2)];
Abbildung E.2 zeigt zwei Oberflächentopographien. Das obere Bild wurde mit der
gezeigten Routine gen2dsurfacefft erzeugt. Es sind keine regelmäßigen Strukturen und bevorzugte Richtungen erkennbar. Zudem stimmt der aus E.3 bestimmte
Wert für hh2 i mit dem aus der erzeugten Oberfläche berechneten Wert überein.
Das untere Bild zeigt eine Oberflächentopographie, bei der nur Wellenvektoren
mit positiven Komponenten berücksichtigt wurden. Es bestehen dann nicht nur
Zusammenhänge zwischen den Phasenwinkeln φ in diagonal gegenüberliegenden
Quadranten sondern es bestehen Zusammenhänge zwischen den Phasenwinkeln
in allen vier Quadranten.
129
E.2. 2D OBERFLÄCHE
0.1
500
0.08
450
0.06
400
350
0.04
300
0.02
250
0
200
−0.02
150
−0.04
100
−0.06
50
−0.08
0
100
200
300
400
500
−0.1
0.05
500
0.04
450
0.03
400
0.02
350
300
0.01
250
0
200
−0.01
150
−0.02
100
−0.03
50
−0.04
0
100
200
300
400
500
−0.05
Abbildung E.2: oben: Oberflächentopographie 512 × 512 Punkte, q0 = 0,1, q1 =
0,2, C = 10−2 , unten: Oberflächentopographie, wenn von gleichen Phasenwinkeln
φ in allen vier Quadranten ausgegangen wird.
130
ANHANG E. OBERFLÄCHENGENERIERUNG
Anhang F
Kontaktformulierung mittels
LCP
Wie in Abschnitt 5.6 ausgeführt, ist die korrekte Bestimmung des Kontaktgebietes keine triviale Angelegenheit. Beim adhäsiven Kugelkontakt wurde die Lage der maximalen Zugspannung genutzt. Wie Greenwood [42] anmerkt, ist die
Lage der maximalen Zugspannung nicht nur ausgezeichnet, sondern liegt auch
näherungsweise dort, wo in der JKR-Theorie die Zugspannung gegen unendlich
geht.
Beim nichtadhäsiven Kontakt gibt es einen solchen ausgezeichneten Punkt nicht.
Wenn der Kontakt durch abstandsabhängige Abstossungskräfte (z.B. exponentiell
oder Potenzfunktion) modelliert wird, kann die Kontaktbedingung über einen
Mindestabstand oder eine Mindestkraft formuliert werden.
Alternativ kann im Fall ohne Adhäsion eine Formulierung über ein lineares Komplementaritätsproblem (LCP) erfolgen [40]. Die zugrunde liegende Idee bei dieser
Formulierung ist, dass der Abstand zwischen zwei Punkten der beteiligten Körper
entweder größer oder gleich 0 ist. Im ersten Fall sind die Kontaktkräfte 0, im zweiten können die Kontaktkräfte verschieden von 0 sein. Vorteil dieses Verfahrens
ist die leichte Bestimmbarkeit der Kontaktgröße. Ein LCP kann mit geeigneten
numerischen Methoden gelöst werden [77]; häufig wird der Lemke-Algorithmus
angewendet [66].
Das 1D-Modell aus Kapitel 2 (Bild F.1) ohne Querkopplung der Teilchen wurde
mit einer LCP-Formulierung gerechnet. Untersucht wurde das Eindrücken eines
starren Halbkreises in eine ebene, elastische Unterlage. Für den Punktkontakt
k
PSfrag replacements
x
Abbildung F.1: Modell mit Teilchen, die über lineare Federn an den Grundkörper
gekoppelt sind.
131
132
ANHANG F. KONTAKTFORMULIERUNG MITTELS LCP
2
K
10
1
10
0
10 2
10
3
10
R̄
12
K
10
PSfrag replacements
8
6
4
0
200
400
R̄
600
800
1000
Abbildung F.2: Abhängigkeit von K vom Krümmungsradius R
(3D) lautet das Ergebnis nach Hertz
r
3F R
,
(F.1)
4E ∗
mit dem effektiven Krümmungsradius R, dem effektiven elastischen Modul E ∗
und der Normalkraft F .
Numerische Experimente wurden mit zehn verschiedenen Krümmungsradien R̄
durchgeführt. Für jeden Krümmungsradius wurde die Beziehung zwischen Kontaktradius ā und Normalkraft F̄ durch Lösung der entsprechenden statischen
Probleme bestimmt. Es ergab sich stets eine Abhängigkeit der Form
p
3
ā = K F̄ .
(F.2)
a=
3
Abbildung F.2 zeigt die Abhängigkeit der Größe K vom Krümmungsradius R̄.
Die Punkte sind die Ergebnisse der numerischen
Simulation, die durchgezogenen
√
3
Linien entsprechen einem Gesetz K ∝ R̄. Insgesamt ergibt sich
p
3
ā ≈ 1,15 · R̄F̄ .
(F.3)
Umrechnung des Ergebnis (F.3) auf dimensionsbehaftete Größen liefert cn = 2E ∗ ,
was in guter Übereinstimmung mit den Ausführungen aus Abschnitt 2.5 steht.
Abbildung F.3 zeigt die Rechenzeit, die zur einmaligen Lösung des statischen
Kontaktproblems benötigt wird. Bei 1000 Teilchen liegt die Rechenzeit bei Nutzung des Lemke-Algorithmus bei 25 Minuten. Die in Kapitel 4 diskutierten Methoden führen wesentlich schneller zum Ziel1 .
Fazit: Wie erwartet liefert das 1D-Modell mit der LCP-Formulierung den korrekten Zusammenhang zwischen Kontaktradius und Normalkraft (F.1). Die LCPFormulierung in Verbindung mit dem Standard-Lemke-Algorithmus ist numerisch
keine effiziente Lösung.
1
Zugegebenermaßen lässt sich das LCP vermutlich auch schneller lösen.
133
4
10
3
Rechenzeit [s]
10
2
10
1
10
0
10
PSfrag replacements
−1
10
2
10
3
Teilchenzahl n
10
Abbildung F.3: Rechenzeit in Abhängigkeit von der Teilchenzahl für die LCPFormulierung
134
ANHANG F. KONTAKTFORMULIERUNG MITTELS LCP
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