Heddesheim Holger rennt-MM-04.10.10

Transcription

Heddesheim Holger rennt-MM-04.10.10
LADENBURG
RHEIN-NECKAR
„Riesige Brecher“ tragen
den Sandstrand ab
E Seite 19
Montag 4. OKTOBER 2010 / Seite 17
METROPOLREGION
Karen Storck trägt die Krone
der Pfälzischen Weinkönigin
www.morgenweb.de
E Seite 28
MANNHEIMER
MORGEN
„HOLGER RENNT...“: Groß und Klein bis zum Abend in Heddesheim für den guten Zweck in Bewegung
Das Hilfsprojekt: Ökumenischer
Kinderförderfonds profitiert
Ziel: Soziale
Kompetenz
Beim Start rennen alle mit Holger Meier eine Runde gemeinsam. Anschließend überreichen Vertreter der EnBW (Bild o. Mitte) einen 2400-Euro-Scheck an Anne Hansch (2. v. r.) und Ulrike Hermann vom Kinderförderfonds.
Robin Maier moderierte (Bild o. r. mit BdS-Chefin Nicole Kemmet), die Kinder bestaunen die Zirkusvorstellung der (Ex-)Thoma-Schüler und abends sorgen Livebands „fer umme“ für gute Laune.
BILDER: PJ/SCHWETASCH (2)
Benefizlauf: Weniger Zuschauer als erhofft, aber viel Spaß bei den Runden ums Rathaus / 85 Kinder begeistert dabei / Holger Meier bricht nach Kilometer 42 ab
Von den Spenden her sicher ein Erfolg
nagerin Marion. Bei Meiers „Hamsterlauf“ für die Waldpiraten im
Heddesheimer Stadion waren es
2009 bei großer Hitze am Ende 48 Kilometer. Diesmal misst eine Runde
um den Dorfplatz etwas weniger als
400 Meter. 90 Minuten nach dem
Start um 14 Uhr hat der Tross schon
49 Runden geschafft.
Von unserem Mitarbeiter
Peter Jaschke
Noch kurz vor dem Start war kaum
etwas los auf dem Heddesheimer
Dorfplatz. Der Himmel darüber:
grau in grau. Aber es regnet nicht.
„Wenn es so bleibt, haben wir schon
gewonnen“, sagt Holger Meier. Allmählich trudeln alle vorangemeldeten 50 Mitläufer ein. „Es kommt
gleich noch eine beachtlich große
Rasselbande von der Hans-ThomaGrundschule“, kündigt ihm Rektorin
Gertrud Junghans rund 60 Kinder
strahlend an. 25 hat der katholische
Kindergarten angemeldet. „Dann
wird’s ja doch voll“, freut sich der
Heddesheimer mit der Marathonläufer-Figur: 74 Kilogramm Gewicht
verteilt auf 189 Zentimeter.
„Ich habe ein gutes Gefühl. Läuferisch ist er wieder fit, nachdem er einen kleinen Infekt überwunden
hat“, glaubt Meiers Ehefrau und Ma-
Lob für „klasse Idee“
Benefizläufer Holger Meier feiert abends
noch lange am dem Dorfplatz mit.
„Es wird eine lange Nacht: Ich bin in
Form“, hatte Meier vorhergesagt,
obwohl er sonst flotter unterwegs ist
und nicht gerade in seinem „Wohlfühl-Tempo“ rennt. „Es wird schwierig, weil die Strecke nur Linkskurven
hat“, räumt er im Gespräch allerdings ein. „Die Idee ist klasse, das
Ganze aus dem Stadion in die Ortsmitte zu holen“, findet indes Uli Biedermann vom Jugendhaus, der sich
mit Lukas, Daniel, Simon und Stefan
aus der „Just“-Mountainbike-AG auf
der Strecke abwechselt.
Auch drei Teams des Energieversorgers EnBW sind mit Staffeln am
Start. Die Stadtwerke Viernheim
präsentieren sich wie Optik Kielmayer ebenfalls als Teamsponsoren.
Robin Maier, die Stimme der „Fortuna“, stellt alle vor. Das inzwischen
deutlich angewachsene Publikum
feuert vor allem die jüngsten Starter
an: Mädchen und Jungen aus dem
katholischen Kindergarten schaffen
fünf Runden – und damit ihre Erzieherinnen. Vor dem Lauf ihrer früheren Mitschüler an der Thoma-Schule zeigen frisch gebackene Fünftklässler erstmals öffentlich, was sie
sich beim Zirkusprojekt „Fantastico“ seit Mai erarbeitet haben. Das
macht offensichtlich Freude. Auch
ihre Artistenlehrer Sigrid Fath und
Ana Ordonez hören viel Applaus.
Während des Programms – auch Fitnessgruppen präsentieren sich –
spult Meier Runde um Runde ab.
Francesco Caccamo drückt für jede
den Zählerknopf. „Holger hat mich
vor zwei Jahren zum Laufen gebracht. Seitdem habe ich schon drei
Marathons gemacht“, sagt Caccamo. Holgers „Running Team“ vom
örtlichen Studio „Fit Plus“ ist gleich
mit drei Teams am Start. Auch die SV
Versicherung Holger Eichler schickt
vier Mann ins Rennen für den guten
Zweck: die Förderung von Kindern –
und des Fitnessgedankens.
Insgesamt 120 Runden und damit
genau die Marathondistanz von 42
Kilometer schafft Meier bis gegen
18.30 Uhr. Während die später hervorragenden Coverbands Fiesta Red
sowie Sunny & The Jokebox noch
aufbauen, ist Schluss. BenefizlaufMacherin Nicole Kemmet: „Holger
muss nicht enttäuscht sein: Es war
eine tolle Sache für alle. Wir hätten
uns mehr Zuschauer gewünscht,
aber Hauptsache war diese gute
Stimmung. Und von den Spenden
her wird es sicher ein Erfolg sein.“
Holger Meier und seine über 135
großen und kleinen Mitläufer rannten diesmal für den Kinderförderfonds Neckar-Bergstraße. Die vor
drei Jahren gegründete ökumenische Einrichtung unterstützt Kinder
aus Familien mit geringem Einkommen vielfältig. „Ganz toll, dass der
Bund der Selbstständigen sich für
uns engagiert“, lobte Anne Hansch
die von BdS-Chefin Nicole Kemmet
federführend aufgezogene Aktion.
Die Heddesheimerin Hansch vertrat
das Diakonische Werk Weinheim,
ihre Kollegin Ulrike Herrmann
(Schwetzingen) den Caritasverband
als kirchliche Träger des ökumenischen Förderfonds.
„Die Mutter geht putzen, der Vater ist im Gefängnis. Ihre neunjährige Tochter kann Kunstturnen gehen
dank des Kinderförderfonds.“ Mit
diesem Beispiel veranschaulichte
Ulrike Herrmann, die anschließend
ganz sportlich selbst mitlief, die Arbeit der ökumenischen Hilfsstelle,
die auf Antrag der Caritas oder Diakonie und nach Einzelfallprüfung tätig wird. Gefördert werden beispielsweise Schulbedarf, Musikschule,
Sport. „Da bezahlen wir dann die
Beiträge“, erklärte Anne Hansch.
„Ich konnte mir vorher kaum vorstellen, wie groß die Bandbreite der
Hilfe im ganzen Dekanat ist“, erklärte Heddesheims Bürgermeister Michael Kessler als Schirmherr des Förderfonds neben OB Heiner Bernhard (Weinheim). Es sei ganz erstaunlich, was die beiden Frauen
leisteten. „Sie ermöglichen bedürftigen Kindern Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“, sagte Kessler.
Ursprünglich habe man beim Weihnachtsmarkt dafür werben wollen,
aber „der BdS hatte die Idee, etwas
Eigenes auf die Beine zu stellen“.
Die größere Plattform hat der Förderfonds nach Ansicht Kesslers verdient. Wie Anne Hansch die Zuhörer
informierte, helfe man „möglichst
schnell und unbürokratisch“. Das
Ziel: „Die Kinder sollen soziale Kompetenz erreichen.“ Es sei gut zu erfahren, wie Kinder aus schweren
Verhältnissen Erfolgserlebnisse hätten, ergänzte Ulrike Herrmann. Der
Einsatz von Holger Meier sei „ganz
ungewöhnlich“. Großer Dank gebühre auch der EnBW, deren Regionalchef Michael Gutjahr die Arbeit
mit 2400 Euro unterstützte. „Das ist
eine gute Sache, bei der wir gerne
helfen“, erklärte Gutjahr gegenüber
dem „MM“.
pj
Einkaufsnacht: Lockangebote ködern Kunden / Kaum Laufkundschaft / Viel Konkurrenz / „Einen Versuch war’s wert“
Der Läufer: Holger Meier wollte mehr – und ist dennoch zufrieden
Für „Holger rennt“ hat es sich gelohnt
Kampf mit dem Krampf
In Ludwigshafen erlebte die neu eröffnete Rheingalerie beim „Midnight-Shopping“ einen Ansturm.
Das Rhein-Neckar-Zentrum in
Viernheim hielt mit einer Einkaufnacht dagegen. In Heddesheim
selbst konkurrierten die verkaufsoffenen Geschäfte bei „Holger rennt“
auch noch mit dem Oktoberfest der
TG in der Nordbadenhalle. Nach
Sonnenuntergang waren auf den
Straßen kaum Menschen zu sehen.
Ausnahme: Am Bier- und Cocktailwagen von Getränke Wallner trafen
sich einige.
Insgesamt waren im Umfeld der
Laufstrecke um die zehn Geschäfte
und Stände beteiligt. Aus der Kielmayer-Passage war Popmusik zu hören: „DJ Thorsten“ Kirsch legte auf.
Am Nachmittag lockte die Fahrschule Fremgen viele Leute an: Mit einer
Brille, die eine Alkoholfahrt simuliert, kurvten Besucher auf Bobbycars herum. Es lohnte sich, Kunden
mit Aktionen zu ködern. Bei „Varietee“ gab es gratis „Tee Royal“ mit ei-
nem Schuss Sekt: „Ich habe das Geschäft noch nicht gekannt und bin
hergekommen, weil ich einen der
verteilten Gutscheine bekommen
habe“, erklärte ein Heddesheimer.
Ja, er könne sich durchaus vorstellen, wiederzukommen. „Ich bin
nicht unzufrieden: Es war okay“,
sagte Inhaberin Ulrike Eisenhauer,
die seit 2008 „alles für den guten Geschmack“ anbietet.
des Erlöses. „Es war sehr wenig diesmal“, bilanziert Manfred Zeiß (Bücherecke am Rathaus) seinen Flohmarkt. Es sei fraglich, ob Heddes-
heim für eine Nachtaktion geeignet
sei. Man nehme das aber nicht weiter tragisch: „Einen Versuch war’s
wert.“
pj
Eigentlich hatte sich Benefizläufer
Holger Meier vorgenommen, auf das
Ergebnis des Hamsterlaufs von 2009
(48 Kilometer) noch ein paar Kilometer draufzulegen, doch nach 42
Kilometern war Schluss. Warum er
sich nach der ersten Enttäuschung
dennoch freut, erklärt er am Samstagabend im „MM“-Gespräch.
Wie geht’s Ihnen nach dem Lauf?
Holger Meier: Inzwischen gut. Aber
zunächst war ich etwas enttäuscht.
Geld fließt in die Benefizkasse
„Dafür, dass so wenige Leute auf der
Straße sind, hat es guten Anklang gefunden“, zeigte sich auch Optiker
Dieter Kielmayer zufrieden. Er hatte
im Vorfeld eine Rabattaktion angekündigt. Die Kunden begrüßten es,
dass zehn Prozent der Tageseinnahmen in die Benefizaktion fließen.
„Für ’Holger rennt’ hat es sich gelohnt“, so Kielmayer.
Wie der Optiker hatte auch Holger Kirsch (Dentalatelier „z´art“)
rechtzeitig vergünstigte Termine
vereinbart und spendet einen Teil
Warum das denn? Sie sind schließlich einen Marathon gelaufen.
Meier: Ja, aber ich hatte mir mehr
vorgenommen und wollte einen
„Bonus“ zum Hamsterlauf. Das hat
nicht geklappt, leider.
Ulrike Eisenhauer (links) vom „Varietee“ bewirtet ihre Kunden in ihrem Tee- und
Geschenkegeschäft. Man trinkt „Tee Royal“.
Woran lag’s?
Meier: Das Problem waren die vielen
Linkskurven. Links beschleunigen,
links abbremsen – irgendwann haben sich meine Muskeln verhärtet
und es ging nichts mehr. Hätte ich
weitergemacht, wäre ich unweiger-
lich in einen Riesenkrampf oder
Schlimmeres gelaufen. Das waren
deutliche Signale. Meinen Laufschülern predige ich schließlich auch,
dass die Gesundheit vorgeht. Ob
auch meine Erkältung eine Rolle gespielt hat, weiß ich nicht.
Warum haben Sie nicht die Richtung gewechselt?
Meier: Es waren gerade so viele Kinder auf der Strecke, die hatten alle so
viel Spaß. Das war großartig, und ich
wollte das nicht bremsen.
Sie haben trotzdem allen Grund
zur Freude: Für die gute Sache haben Sie wortwörtlich viel bewegt.
Meier: Im Nachhinein bin ich sehr
zufrieden. Jeder tröstet mich, die
Stimmung ist toll, die beiden Bands
sind klasse und es wird sicher auch
eine schöne Summe für den Kinderförderfonds zusammenkommen.
Wiederholung also nicht ausgeschlossen?
Meier (lacht): Definitiv nicht.
agö