Begleitheft zur Biografiearbeit
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Begleitheft zur Biografiearbeit
April 2012 | ISBN: 978-3-9811168-1-6 Begleitheft & CD-Rom Mein Leb ensbuc h !!! Für Pflege- oder Adoptivkinder Klaus ter Horst & Karin Mohr Mein Leb ensbuc h !!! Vorwort zur 2. Auflage Drei Jahre nach der Herausgabe unseres 1. Lebensbuches für Pflege- oder Adoptivkinder freuen wir uns eine zweite, erweiterte und überarbeitete Auflage vorlegen zu können. Für die Erweiterung und Verbesserung der 2. Auflage haben sich wieder viele Menschen mit ihren Fachkenntnissen, Erfahrungen und konstruktiven Rückmeldungen engagiert. Im Eylarduswerk waren dies vor allem Ulrike Ludden und Jutta Beukenberg. Besonders bedanken möchten wir uns bei Frau Irmela Wiemann und Frau Birgit Lattschar. Sie sind Autorinnen mehrerer hilfreicher Veröffentlichungen zur Biografiearbeit mit Kindern und Jugendlichen. Beide begleiten und beraten uns nun schon seit vielen Jahren. Wir sind uns bewusst, dass sich der Alltag und das Erleben eines Kindes/Jugendlichen in seiner Adoptivfamilie in vielen Aspekten von dem eines Kindes/Jugendlichen in der Pflegefamilie unterscheiden. Die Situation von adoptierten Kindern/Jugendlichen, der rechtliche Status und ihre speziellen Fragen werden in der 2. Auflage stärker berücksichtigt – im Mittelpunkt des Lebensbuches stehen aber nach wie vor Kinder und Jugendliche, die im Rahmen der Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) untergebracht sind. Was ist neu? 1. Das Lebensbuch wurde um viele Aspekte erweitert und hat nun über 150 Seiten. 2. Das Begleitheft und viele Arbeitsblätter sind zur individuellen Nutzung als Datei auf der beiliegenden CD-ROM gespeichert. 3. Im Lebensbuch und auf der CD-ROM sind als Vorlage zwei „Einladungsschreiben“ zur Biografiearbeit mit dem Lebensbuch für die Kinder bzw. Jugendliche enthalten. 4. Alle Seiten wurden aktualisiert und den Entwicklungen und Trends angepasst. 5. Die Arbeitsblätter und Geschichten für adoptierte Kinder und Jugendliche wurden erweitert. 6. Das Begleitheft wurde überarbeitet und die Literaturliste auf den neuesten Stand gebracht. Wir wünschen uns auch für dieses Lebensbuch viele Rückmeldungen in Form von konstruktiver Kritik und Hinweisen für Verbesserungen. Auf der Homepage der Lebensbücher des Eylarduswerkes (www.das-lebensbuch.de) können das Begleitheft, der Flyer und weitere Informationen rund um die Lebensbücher kostenlos heruntergeladen werden. Hier finden Sie auch aktuelle Hinweise auf Fortbildungen zur Biografiearbeit mit dem Lebensbuch. Allen Kindern und Jugendlichen, die mit dem Lebensbuch arbeiten, wünschen wir gute Erfahrungen und daraus resultierend viel Motivation zur aktiven Gestaltung der eigenen Zukunft. Für die Personen, die mit den Ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen Biografiearbeit leisten, wünschen wir uns Begeisterung und „einen langen Atem“. Gildehaus, im Frühjahr 2012 Klaus ter Horst und Karin Mohr ISBN: 978-3-9811168-1-6 3 Inhalt 1 | Einführung in die Biografiearbeit 2 | Die Entwicklung des Lebensbuches im Eylarduswerk 3 | Konzept und Aufbau des Lebensbuches 3.1 | Die Arbeit mit dem Du-Buch 3.2 | Die Arbeit mit dem Ich-Buch 4 | Hinweise für Personen die mit dem Lebensbuch arbeiten 4.1 | Die vertraute (erwachsene) Person 4.2 | Das Kind / der Jugendliche 4.3 | Pragmatische Hinweise zur Biografiearbeit mit dem Lebensbuch 5 | Die Rolle der leiblichen Eltern von Pflegekindern 6 | Die besondere Rolle von Adoptiveltern 7 | Das Lebensbuch im Hilfeplanverfahren 8 | Weitere Hinweise zum Einsatz des Lebensbuches 9 | Abschließende Bemerkungen Literaturhinweise 4 5 6 7 9 10 11 14 15 15 16 17 18 22 23 Mein Leb ensbuc h !!! I c h -B 4 1 | Einführung in die Biografiearbeit Das Wissen um die eigene Lebensgeschichte, den familiären Kontext und die gesellschaftlichen Bedingungen prägen das Leben eines Menschen. Sowohl negative als auch positive Ereignisse wirken sich auf die Phasen der Kindheit, des Jugend- und Erwachsenenalters aus. Sie begleiten den Menschen durch sein Leben, bestimmen sein Denken und Wirken, ebenso sein Handeln in den Beziehungen zu anderen. sollen die Chance haben, ihr gegenwärtiges Handeln besser verstehen zu lernen, für mic mir durch m tive neu zu betrachten und zu interpretieren. Die Rekonstruktion lebensgeschichtlicher Gesamtzusammenhänge erleichtert das Verstehen sich wiederholender Verhaltens- und Beziehungsmuster. Kinder sind Ic h - neugierig auf ihre genetischen Wurzeln, das Aussehen der leiblichen Eltern, deren Charakter und Verhaltensrepertoire. Irmela Wiemann schreibt in ihrem Buch „Ratgeber Pflegeeltern“ im Kapitel Kinder brauchen Wahrheit: „Kinder wollen wissen: nen eigenen Lebensweg besser zu verstehen Von wem komme ich, wer bin ich wirklich, und zu akzeptieren mit all seinen Stärken, wem sehe ich ähnlich, weshalb konnten Krisen, Wiederholungen und Brüchen. die Menschen mich nicht gebrauchen?“ von mi (Wiemann, J., 2008, Seite 191). familien leben oder adoptiert wurden, sind Im Kontext von Biografiearbeit verliert bis- geprägt durch Brüche in ihrer Biografie her unerklärliches und nicht normgerechtes oder konfliktreiche Beziehungen in ihrem Verhalten seinen Ausnahmecharakter und sozialen Umfeld. Loyalitätskonflikte, man- wird nachvollziehbarer. Die Klärungen im gelndes Wissen um die eigene Geschichte Rahmen der Biografiearbeit können Men- und Widersprüchlichkeiten in ihrem Leben schen zu einem entspannteren Umgang mit beeinflussen die Entwicklung dieser jun- sich verhelfen. Auf dieser Basis können sich gen Menschen (vgl. Schleiffer, R., 2009). neue Perspektiven für die Zukunft auftun. In der Biografiearbeit führt das Sammeln Die nachfolgenden Ausführungen zur Bio- von Informationen, die Rekonstruktion grafiearbeit in diesem Begleitheft zum und die Bearbeitung der eigenen Lebens- Lebensbuch erheben keinen wissenschaft- geschichte zu der Erfahrung, wer man ist, lichen Anspruch. Sie sind aus der Praxis und woher man kommt und wohin man gehen vor allem für die Praxis geschrieben. An den kann und möchte. Die Suche nach den Stellen, an denen uns weiterführende Litera- Spuren der eigenen Geschichte und die tur in unserer praktischen Arbeit geholfen Kommunikation mit anderen Menschen hat, haben wir auf diese hingewiesen und sie über die eigene Person führen zur Selbst- in der Literaturliste im Anhang aufgeführt. erkenntnis und tragen zur Identitäts1 von Erinnerungen aus einer anderen Perspek- Biografiearbeit ist eine gute Möglichkeit sei- Kinder und Jugendliche1, die in Pflege- Mein Leb ensbuc h !!! findung bei. Pflege- und Adoptivkinder Zur Vereinfachung benutzen wir im weiteren Text nur den Begriff Kind – auch wenn Jugendliche gemeint sind. D u -B Dieses gehör t: Es is t gem ach Deine Leb t, weil d ensg und es loh eschichte nt sich , si ez Bu c h 5 ch ich -Bu c h 2 | Die Entwicklung des Lebensbuches für Pflege- oder Adoptivkinder im Eylarduswerk Das Eylarduswerk ist ein dezentrales Jugendhilfeverbundsystem mit Hauptsitz in Bad Bentheim (Niedersachen). In Wohngruppen, Intensivgruppen, Tagesgruppen, Betreuungsfamilien, individuellen Familienhilfen, betreuten Wohnformen, in einer mich ir rch du mich für Bu c h du wichti g bi e is t wer tv st . ol zu erhalte l, n. Förderschule und in einer Beratungsstelle „Mobiel“ aufmerksam. Dieses Lebensbuch, mit dem in den Niederlanden schon seit vielen Jahren gearbeitet wird, ist als Hilfe für die Begleitung von Pflegekindern entwickelt worden. Wir bestellten einige Exemplare und begannen die niederländische Version auf unsere deutschen Verhältnisse zu übertragen und es einzusetzen. Die positiven Erfahrungen veranlassten uns, die niederländische Version so zu verändern, dass es für unsere Arbeitsbereiche und für den deutschsprachigen Raum als Arbeitshilfe einsetzbar wurde. werden mehr als 700 Kinder, Jugendliche Unser 1. Lebensbuch kam 2004 heraus. Es sowie Familien betreut, beschult und wurde behandelt. (weitere Informationen dazu: Jugendliche entwickelt, die in der stationä- www.eylarduswerk.de) ren Jugendhilfe leben. Rückmeldungen Die Arbeit mit den uns anvertrauten und zu betreuenden jungen Menschen in unserer Einrichtung hat uns gezeigt, dass sie sich mit ihrer Lebensgeschichte auseinanderset- vorrangig für Kinder und zum Einsatz des Lebensbuches flossen in die 2. Auflage ein, die 2006 erschien. (weitere Informationen: www.das-lebensbuch.de) zen. Immer wieder wurde die Bedeutung Bei dem vorliegenden Lebensbuch ist der der Vergangenheit für die Bewältigung der Alltag und das Erleben von Pflege- und Gegenwart und für die Planung der Zukunft Adoptivkindern in den Mittelpunkt gestellt offensichtlich. Wir fingen an, die Ver- worden. Insbesondere im 2. Teil werden gangenheit „unserer“ Kinder systematischer Geschichten über die Erlebnisse, Erfah- zu erforschen und zu dokumentieren. Dabei rungen und Wünsche von Kindern und waren die Bücher „Methoden der Bio- Jugendlichen erzählt, die in Pflege- oder grafiearbeit“ von Hans Georg Ruhe, „Auf Adoptivfamilien leben. Neue Bindungen an meinen Spuren“ von Gudjons, Wagener- erwachsene Bezugspersonen, verwirrende Gudjons und Piper und in letzter Zeit das Gefühle im Beziehungsgeflecht zwischen hervorragende Buch von Birgit Lattschar leiblichen Eltern und der Pflegefamilie und Irmela Wiemann „Mädchen und Jungen bzw. Adoptivfamilie, Fragen des Umgangs entdecken ihre Geschichte“, sehr hilfreich. mit Informationen über die Herkunft etc. Ende der neunziger Jahre wurden wir in Amsterdam in einer Jugendhilfeeinrichtung auf „Mijn Levensboek“ von der Stiftung werden in den Geschichten von „Lappidu“ und „Leon“ thematisiert. Mein Leb ensbuc h !!! 6 3 | Konzept und Aufbau des Lebensbuches Das vorliegende Lebensbuch besteht aus einem Ringordner mit einem Du-Buchund einem Ich-Buch-Teil. Es ist eine strukturierte Anleitung, um Kinder in der Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit zu begleiten. Die „Leon“-Geschichten behandeln Themen für Kinder und Jugendliche ab dem 13. Lebensjahr. Diese Einteilung dient als Orientierung und basiert auf unseren Erfahrungen. Selbstverständlich können für die konkrete Arbeit beide Teile des IchBuches genutzt werden. Ausschlaggebend für die Auswahl der Geschichten sind die Fragen, mit denen sich das Pflege- oder Adoptivkind beschäftigt und der Stand Ergänzt wird das Lebensbuch durch die seiner körperlichen und geistigen Ent- beiliegende CD-Rom. Auf ihr werden wicklung. alle wichtigen Arbeitsblätter gespeichert. Haben sich Adressen, Telefonnummer verändert oder hat sich das Kind verschrieben, werden von einem Arbeitsblatt mehrere Exemplare gebraucht, können diese nachgedruckt werden. Auf der CD-Rom sind auch das Begleitheft und 2 Briefvorlagen gespeichert. Diese „Einladungsschreiben“ an Kinder/Jugendliche Die einzelnen Seiten des Lebensbuches können sehr flexibel dem Bedarf der jeweiligen Situation und dem jungen Menschen angepasst und erweitert werden. Die Seiten sind nicht nummeriert, so dass jedes Kind sein persönliches Lebensbuch in beliebiger Reihenfolge zusammenstellen kann. können als Vorlage oder Ideengeber Die einzelnen in einem Ordner zusammen- genutzt werden. Die Seiten des Lebens- gefassten Arbeitsblätter unterliegen keiner buches, die auf der CD-Rom gespeichert festen Bearbeitungszeit. Dadurch kann sind haben am oberen Rand der Seite ein man individuell auf jedes Kind, entspre- entsprechendes Zeichen. chend seinem Alter, dem momentanen Der erste Teil beinhaltet das Sammeln von Informationen und Materialien. Der zweite Entwicklungsstand und seinen Bedürfnissen eingehen. Teil ist unterteilt in die „Lappidu“- und in Der gesamte Inhalt des Lebensbuches die „Leon“-Geschichten. Wir haben diese wird zu Beginn aus dem Lebensbuch Unterteilung vorgenommen, da abhängig herausgenommen, gesondert aufbe- vom Alter und Entwicklungsstand eines wahrt und dann bedarfsgerecht ins Kindes unterschiedliche Themen im Vor- Lebensbuch eingeheftet. dergrund stehen. Das Kind hat jederzeit die Möglichkeit, ein- Die „Lappidu“-Geschichten bilden den zelne Themen- oder Zusatzblätter, aber Alltag von Kindern bis zur Pubertät (ca. 12. auch Fotos, Bilder oder für sich bedeutsa- Lebensjahr) ab. me Materialien hinzuzufügen. Zudem 7 können kreative Anregungen des Kindes 3.1 | Die Arbeit mit dem Du-Buch oder weitere Ideen umgesetzt und genutzt werden. Im gesamten biografischen Prozess steht Beim Du-Buch steht die Frage „Woher das Kind im Vordergrund der gemeinsa- komme ich und wer bin ich?“ im Vorder- men Aktivität und ist bei der Bearbeitung grund. Das Du-Buch bezieht sich auf das führend. Es selbst bestimmt die Geschwin- Sammeln von Informationen und Mate- digkeit des Vorgehens und die inhaltliche rialien aus der Vergangenheit und Gegen- Richtung. So verstandene Biografiearbeit wart des Kindes. Es werden hier grund- kann einen wichtigen Beitrag zur Partizipa- legende tion des Kindes darstellen. Das Lebensbuch mengetragen. Die Arbeitsblätter enthalten ist Eigentum des Kindes. Es enthält persön- Vorschläge, um möglichst viele Ereignisse liche Elemente und gleicht inhaltlich einem und Begebenheiten im Leben eines Kindes Tagebuch. Bei einem Wechsel z.B. der zu berücksichtigen und zu dokumentieren. Pflegefamilie, der Hilfeart oder der Rück- Die Kinder werden durch die Arbeitsblätter kehr zu seinen leiblichen Eltern nimmt das mit Hilfe einer kurzen Anregung zum Er- Kind sein Lebensbuch mit. So erhält es die zählen ihrer Erinnerungen aufgefordert. Chance, jederzeit an seinem Buch prozess- Meist geschieht die Arbeit mit dem Lebens- haft weiterzuarbeiten. buch – je nach Alter und Entwicklungs- Das Kind entscheidet selbst, ob, wem, wann und wie viel es jemandem daraus biografische Daten zusam- stand des Kindes – zusammen mit den Pflege- oder Adoptiveltern. zeigen möchte. Die Arbeit mit dem Lebensbuch ermöglicht dem Kind und seiner Bezugsperson einen intensiven Zugang D u -Bu c h Deine Familie zueinander. Es fördert den Aufbau oder Dein Nachna me ist: den Erhalt einer besonderen Beziehungs- Das ist auc h der Nac hname dei ner/s: qualität. Ziel der Arbeit mit dem Lebensbuch ist es, Kinder und Jugendliche in ihrer Identitätsfindung zu unterstützen. . Deine Mu tter heißt: . Sie ist geb oren am: . . in Ihre Nation alität ist: Beruf deiner Mutter: Dein Vater heißt: . . . . Er ist geb oren am: . . in Seine Nat ionalität ist: . . Beruf deines Vaters: Deine Elte rn haben sich in . . Deine Elte rn sind seit kennen gel ernt. Du hast Name: Bruder / Brü der miteinand er verheirat et. und Schweste r(n). Geb. Datum : Wohnort: ausgefüllt durch: am: . . Mein Leb ensbuc h !!! Ich bin Leon 8 Die neu hinzugekommenen Daten, Infor- Auf jedem Arbeitsblatt sollte vermerkt mationen oder Dokumente (Bilder, Ge- werden, wer die Seite ausgefüllt hat und burtsurkunde, Zeichnungen, etc.) können wann sie ausgefüllt wurde. Dies ermög- fortlaufend eingetragen werden, so dass licht dem Kind später die Erinnerung an sie im weiteren Leben des Kindes nicht ver- die Situation und eine Neubewertung loren gehen. Viele Dinge und Personen der nach einem zeitlichen Abstand. Wichtige Vergangenheit können dem Kind bei einer Utensilien /Dokumente können in Klarsicht- positiven Identitätsbildung helfen und ein folien gesteckt und eingeheftet werden. Gefühl der Zugehörigkeit vermitteln. Dazu Zusätzliche Seiten können bedarfsgerecht gehören auch Telefonate, persönliche ergänzt werden. Treffen und Erinnerungsstücke. Wichtige Personen im Leben eines Kindes Je älter ein Kind ist und je verantwortungs- können gebeten werden, einzelne Seiten bewusster es diese Aufgabe ausführt, desto des Lebensbuches für das Kind auszufüllen selbständiger kann es diese übernehmen. bzw. für das Kind die Seiten zu gestalten. Sind diese Personen in die Lebensgeschichte eines Kindes eingebunden, so tragen sie mit diesen Seiten zur Vervollständigung der Lebensgeschichte eines Kindes Ic h -Bu c h Lappidu bei. Unserer Erfahrung nach, bieten sich an solchen Stellen auch Chancen für die Versöhnung mit der eigenen Geschichte bzw. der Person, die für diesen Teil der Lebensgeschichte steht. Gelingt es, biografisch relevante Menschen (Opa, Oma, Tanten, wichtige Bindungspersonen, etc.) konstruktiv in diesen Rekonstruktionsprozess einzubinden, besteht auch die Möglichkeit einer Neubewertung von Beziehungen („reframing“). Gerade diese ressourcenorientierten Teile des Lebens- Ich habe schöne, große Augen, mit denen ich alles sehen kann. Das ist toll, nicht wahr? Ja, das finde ich auch. Lisa sagt, dass ich eine Prinze ssin bin. Prinzessin Lappid u die Erste. Denn; mein Vater ist König Philip der Erste. Ich wohne mit meinem Vater in einem Palast. Das ersche int dir vielleicht eigenartig. Aber das ist es gar nicht! Lisa wohnt auch nicht bei ihrer Mutter und bei ihrem Vater. Lisa wohnt bei der Famili e Heldt. buches sind für die Identitätsbildung sehr wichtig! Für das Du-Buch, insbesondere für manche ❯ Rekonstruktionen und Recherchen, benötigt man viel Zeit und Geduld. lag ich im Bett Gestern Abend hatte schon ge so komisch. Ich de, wovon, da wieder wach wur te ich. Ich dach “, „Wo bin ich? schon wieder Hier wohne ich ühl gedau Gef ige das eigenart Minute, vielle Vielleicht eine länger. A viel viel, mir länger, wieder einsch war, wollte ich ein fre ielt beh ich nicht und t sicher wuss Als ob ich nich Ic h-Bu c h 9 Das Ich-Buch enthält fiktive Erzählungen und Arbeitsblätter, in denen das Kind seine eigene Situation reflektieren kann. In den Erzählungen werden Geschichten eigenartig, t. Ich fühlte mich ich auf einmal eschlafen, als t. as weiß ich nich t. Komisch! h wusste es nich e Jahr. Wie lang länger als ein ich nicht. uert hat, weiß hien Aber es ersc eicht weniger. wusste, wo ich Als ich wieder ng mir aber hlafen. Das gela ames Gefühl. emdes und selts und wer ich war. ste, wo ich war ❯ beschrieben oder Themen angesprochen, die Pflegekinder oder Adoptivkinder beim I c h -Bu Wechsel von ihrer Herkunftsfamilie in ihre ch Ich bin Leon Als ich zu mei ner er war ich ste Pfle gefam ilie zo Das Ha g, us steh t in Jahre Ich woh alt. nte do rt mit Als Le on zu seinen war er Pflege eltern vier Ja zog, hre alt. Das Ha us von Karin steht in und W erner Ahaus. Er woh Werne nt dort r und mit Ra Karin. lf, Pflege- oder Adoptivfamilie erleben. Ein weiterer Teil der Geschichten erzählt über die Alltagserlebnisse in einer Pflege- oder Adoptivfamilie. Die Geschichten können erzählt, vorgelesen oder von den Kindern selbst gelesen Trage di nummer e Straßen und di Die Türe n in die leeren T e Hausin denen n stehen für die afeln ein ! Ort du schon gewohnt e, hast . werden. Es eröffnet ihnen die Möglichkeit, unvermutete Gemeinsamkeiten, Erfahrungen, Ängste, Träume und Gefühle bei sich Als ich zu dies er Pfle war ich gefam ilie zo g, Das Ha us steh t in Jahre Ich woh alt. nte do rt mit wiederzufinden. Die Erzählungen regen zum Nachdenken an und lenken behutsam Als ich zu dies er Pfle war ich gefam ilie zo g, Das Ha us steh t in Jahre Ich woh alt. nte do rt mit den Blick auf die eigene Lebenssituation. h c u Das Wissen, dass es anderen jungen Menschen ähnlich erging, kann Impulse bei den Kindern auslösen, über ihre eigenen Erinnerungen zu berichten. Manchmal B h- gelingt es den Kindern mit Hilfe der Geschichten, ihre eigene Lebensgeschichte 3.2 | Die Ic Arbeit mit dem Ich-Buch in einem neuen Licht wahrzunehmen und neu zu bewerten. Da die Geschichten oft Emotionen ansprechen, ist die Auseinandersetzung mit eige- Die Arbeit mit dem Ich-Buch stellt die nen Erinnerungen intensiv und gegenwär- aktuelle Lebenssituation des Kindes in den tig. Emotional abgespeicherte Gedächt- Mittelpunkt. Hier stehen die Fragen nisinhalte sind im Moment ihres Erinnerns „Wo lebe ich und wer bin ich?“ im sehr stark und werden ähnlich intensiv Vordergrund: Das Ich-Buch hat zwei Unter- erlebt wie in den Situationen, in denen sie teile („Lappidu“ und „Leon“). entstanden. Mein Leb ensbuc h !!! 10 Die Geschichten des Ich-Buchs Auch die Frage der Perspektive eines handeln von Themen wie: Kindes wird im Lebensbuch kurz angespro- • Wer lebt in meiner Pflege- oder chen. Mit dem Kind wird bearbeitet, was Adoptivfamilie? • Welche Rolle habe ich in meiner Pflege- oder Adoptivfamilie? es will und evtl. lernen muss und wie dies geschehen kann. Im Mittelpunkt steht hier die Frage: „Was will ich erreichen?“ Das • Wie wird mit Informationen umge- Ergebnis kann z.B. ein Plan für das Kind zur gangen, die meine Vorgeschichte Erreichung der einzelnen Ziele sein. Auch betreffen? eine mögliche Rückkehr zu den leiblichen • Wie nenne ich die Mitglieder Eltern kann hier Thema werden. meiner Familie – und wie die meiner Herkunftsfamilie? • Bindungen, Verlässlichkeit und Loyalitäten • Wo gehöre ich hin? • Wachsen und erwachsen werden • Körperbild, Gewicht und Größe • Gefühle wie Angst, Wut, Neugierde und Scham • Vormundschaft und rechtliche Aspekte • Zutrauen zur eigenen Person • Wichtige Personen in der Schule • Verschiedene Lebensabschnitte 4| Hinweise für Personen, die mit dem Lebensbuch arbeiten Nachfolgend werden einige Hinweise für die Arbeit mit dem Lebensbuch für Pflegeoder Adoptivkinder aufgeführt. Nach den Hinweisen für die Erwachsenen (vertraute Person), die mit dem Kind am Lebensbuch arbeiten, wird auf die Aspekte beim Kind In diesem Teil des Lebensbuches kann das eingegangen, die für die Biografiearbeit Kind mehr über sich und seine Mitmen- wichtig sind. Abschließend werden in die- schen erfahren, um sich selbst und andere sem Kapitel stichwortartig einige ergän- mit seinen Fähigkeiten und Schwierigkei- zende pragmatische Hinweise für den ten besser kennenzulernen. Einsatz des Lebensbuches gegeben. Wenn das Kind am unteren Rand sein Alter einträgt, kann es später jederzeit nachvollziehen, wann es was aufgeschrieben hat. Dies erleichtert auch Neubewertungen im Prozess der Biografiearbeit, wenn z.B. nach einigen Jahren Aspekte anders bewertet bzw. eingeschätzt werden. 11 Mühe. Die im Lebensbuch behandelten Fragen werden von den Kindern irgendwann so oder so gestellt. Da ist es gut, sich so früh wie möglich einen Überblick zu verschaffen. (Weitere hilfreiche Informationen finden sich bei Christine Swientek: „Adoptierte auf der Suche… nach ihren Eltern und nach ihrer Identität.“, Freiburg 2001). 4.1 | Die vertraute (erwachsene) Person Die Bestandsaufnahme ermöglicht es, sich auf das Kind schon im Vorfeld einzulassen und sich Fragen zu stellen im Hinblick auf: Bevor eine erwachsene Person mit der Biografiearbeit eines Kindes beginnt, ist es notwendig, dessen „offizielle Vergangenheit“ zu kennen. Sorgfältiges Einarbeiten in die Aktenlage, sowie die Einbeziehung der verantwortlichen Personen in die Informationssuche erleichtern die Arbeit. Um einen Überblick über die Komplexität der Lebensgeschichte eines Kindes zu bekommen, können die Daten in einer chronologischen Reihenfolge zusammengestellt werden. Die Herkunft des Kindes, Daten und Informationen über Schwangerschaft und Geburt, Wohnorte und Wohnungswechsel, wichtige (wechselnde) Bezugspersonen in der frühen Kindheit sollten vor Beginn der Biografiearbeit recherchiert werden bzw. bekannt sein. Häufig wechselnde Wohnorte und /oder Was weiß ich bereits über das Kind und was nicht? Wen kann ich fragen? Wie viel Zeit benötigt die Recherche? Wann kann die eigentliche Arbeit beginnen? Wie gehe ich mit schwierigen Lebensthemen des Kindes um? Gerade bei Kindern in Pflegefamilien und bei Adoptivkindern ist eine sorgfältige Vorarbeit unerlässlich. Neue und / oder inhaltlich unvorbereitete Kontakte können zu erneuten Traumatisierungen führen. Damit das Kind seine Lebensgeschichte verarbeiten kann, sind klare und verständliche Erklärungen seiner Lebensumstände erforderlich. Diese sollten der Wirklichkeit entsprechen und zugleich so in Worte gefasst werden, dass sie vom Kind akzeptiert werden können. wechselnde Bezugspersonen und Lücken in der Biografie sind Hinweise auf eine belaste- Biografiearbeit kann von jeder Bezugsperson te Lebensgeschichte. durchgeführt werden, die aktuelle Bin- Auch wenn es für Adoptiveltern, insbeson- dungsperson für das Kind ist und die zu dere bei Auslandsadoptionen, sehr schwie- einem intensiven Kontakt mit dem Kind rig sein kann, an entsprechende Informa- bereit ist. Wichtig ist, dass die entsprechen- tionen heranzukommen, lohnt sich die de Person von der Bedeutsamkeit der Mein Leb ensbuc h !!! 12 Biografiearbeit im Allgemeinen überzeugt bewährt, wenn ein Elternteil die Feder- ist, so dass sie die eigene Einstellung als führung übernimmt. Dies beugt Abstim- positive innere Haltung gegenüber dem Kind mungsproblemen und Spaltungsprozessen vertreten kann. vor. Mit dem Kind sollte vor Beginn jedoch Dem Erwachsenen muss klar sein, dass es sich bei der Biografiearbeit um eine zeitaufwendige, emotionale und verpflich- geklärt werden, dass der jeweils andere Adoptivelternteil bzw. Teil der Pflegeeltern über alles informiert wird. tende Aufgabe handelt. Er übernimmt Erforderlich ist, dass die erwachsene Verantwortung für den Verlauf der Biogra- Person sich über verschiedene Methoden fiearbeit. Biografiearbeit erstreckt sich über (Inhalte und Ziele) informiert und über einen längeren Zeitraum. Das Kind muss sich Entwicklungszusammenhänge des Kindes auf termingebundene Treffen, Absprachen Bescheid weiß, um angemessen agieren und Äußerungen verlassen können. Eine und reagieren zu können. (Viele Anre- weitere Voraussetzung stellt der Rahmen der gungen und hilfreiche Informationen fin- Vertraulichkeit dar. Die Vertraulichkeit stößt den sich in dem Buch von Frau Lattschar an ihre Grenzen wenn im Gespräch mit dem und Frau Wiemann: „Mädchen und Jungen Kind deutlich wird, dass aktuell das entdecken ihre Geschichte“, 3. überarbei- Kindeswohl gefährdet ist. „In einem solchen tete Auflage, Juventa, 2011 und in dem Fall sollte dem Kind erklärt werden, dass neu aufgelegten Buch von Gudjons, Informationen zum eigenen Schutz und / Wagener-Gudjons und Pieper: „Auf mei- oder zum Schutz anderer Kinder weiter- nen Spuren“, Klinkhardt 2008). gegeben werden müssen“ (Miethe, J., 2011, Seite 129). An allen Entscheidungen ist das Kind zu beteiligen. Partizipation und Mitbestim- Die erwachsene Person muss dafür Sorge mung sind nicht nur gesetzlich gewollt tragen, dass das Kind und sie selbst für die (vgl. Kinder- und Jugendhilfegesetz und Zeit der Arbeit mit dem Lebensbuch ein Bundeskinderschutzgesetz), sie sind für besonderes „Team“ bilden können. Bei eine gelingende Zusammenarbeit erforder- Adoptiv- oder Pflegeeltern hat es sich lich. Die „Ergebnisse“ gehören dem Kind. Das Aufbewahren des Lebensbuches sollte jedoch vom Alter und den schon abgeschlossenen Verarbeitungsprozessen abhängig gemacht werden. Die Vernichtung von wertvollen Originaldokumenten, z.B. aus einem Streit heraus oder als Wutreaktion, stellt ein Risiko dar, wenn das Lebensbuch dem Kind ausgehändigt wird. In jedem Fall wäre es ratsam, von wichti- 13 gen Originaldokumenten (z.B. Geburts- klagt, sollte man auf die Seite des Kindes urkunde) immer Sicherungskopien anzu- gehen und seine Gefühle ernst nehmen, fertigen. Das Lebensbuch darf nicht zur selbst aber eine verstehende und neutrale Bestrafung entzogen oder als Belohnung Sicht der Dinge kundtun (eine besondere eingesetzt werden. Herausforderung bedeutet dieser Aspekt Erst im persönlichen und zugewandten im Kontakt findet Auseinandersetzung und Erwachsene sollten Loyalitätskonflikten und ein Miteinanderlernen statt. Grundlegende Spaltungen vorbeugen. Dieser Hinweis Kriterien, die zu beachten sind, liegen im klingt selbstverständlich und einfach Zuhören, in einem Verzicht auf Ratschläge umsetzbar. Er ist unserer Einschätzung und im Eingehen auf die Wünsche des nach aber einer der schwierigsten Aspekte Kindes. der Biografiearbeit mit Pflege- oder Rahmen der Verwandtenpflege). Adoptivkindern! „Manche Kinder idealisieren ihre leiblichen Eltern, verzeihen ihnen alles, vor allem wenn sie noch klein sind. Es ist für Pflegeeltern nicht leicht, dem Kind die Wirklichkeit zu spiegeln und zugleich dem Kind sein Wunschbild nicht schonungslos zu zerstören“ (Wiemann, J., 2008, Seite 190). Die Grundhaltung – im Umgang mit dem Kind – liegt im Erkennen und im Aufbau vorhandener Stärken und Ressourcen. Das Kind soll in kleinen Schritten seine Lebensgeschichte bewältigen lernen. Es soll Lösungswege finden, um sich selbst und seine Familie auch als kompetent und erfolgreich erfahren zu können. Sich auf die Reise mit dem Kind in die Es gilt die Lebensgeschichte behutsam und in kleinen Schritten zu erforschen. Die Mitteilungen des Kindes sollten möglichst wenig bewertet werden. Gerade die innere Haltung der erwachsenen Person zu den biologischen Eltern, die neutral und wertschätzend sein sollte, ist enorm wichtig. Wenn ein Kind über seine leiblichen Eltern Vergangenheit einzulassen, bedeutet intensive Arbeit, die sich in der Regel auch für den Erwachsenen und seine Beziehung zu dem Kind lohnt, viel Spaß macht und bedeutsame Ereignisse mit sich bringen kann. Mein Leb ensbuc h !!! 14 4.2| Das Kind / der Jugendliche Unabhängig von der Qualifikation, dem Engagement oder der Atmosphäre in Pflege- und Adoptivfamilien, werden von den Kindern identitätsbildende Fragen gestellt und Aktionen initiiert. „Der einzelne Mensch erlangt seine Identität immer aus der Zugehörigkeit (bzw. Nicht-Zugehörigkeit!) zu seinen wesentlichen Bezugs- • Wer spricht mit dem Kind über die Gründe für seine besondere Lebenssituation? • Wie wird mit der „Wahrheit“ umgegangen? • Wie werden die leiblichen Eltern von der Pflege- und Adoptivfamilie beschrieben? • Welche Rolle wurde dem Kind vor Aufnahme in der Familie (offen oder unausgesprochen) zugewiesen? personen und durch die gegenwärtigen Das sind wichtige Aspekte, die schon vor und vergangenen (!) Erfahrungen, die der Arbeit mit dem Lebensbuch wichtige er machen konnte“ (Swientek, G., 2001, Meilensteine der Identitätsentwicklung Seite 15). bilden. Die Arbeit mit dem Lebensbuch Zahlreiche Motive können Pflege- und Adoptivkinder dazu bewegen, sich mit ihrem Leben zu beschäftigen. Sie fühlen sich z.B. als Verursacher ihrer problematischen Lebenssituation und fühlen sich verantwortlich. stellt diese Fragen ausdrücklich und beugt so einer Tabuisierung vor. Auch wenn es für das Kind hierbei zu offensichtlichen Loyalitätsproblemen kommt (Zu wem fühle ich mich zugehörig? Wen möchte ich nicht kränken? etc.), so ist es unserer Einschätzung nach hilfreich, sich mit diesen Identitätsbildende Prozesse werden durch Fragen konstruktiv und geplant ausein- das Leben in einer Pflege- oder Adoptiv- anderzusetzen. Ausweichen kann man familie unweigerlich initiiert: diesen Fragen auf Dauer nicht. 15 4.3 | Pragmatische Hinweise zur Biografiearbeit mit dem Lebensbuch Biografiearbeit kann schon in sehr jungen Jahren beginnen. Eine günstige Zeit für biografisches Arbeiten liegt zwischen der Vorschulzeit und der Pubertät. Es gibt jedoch kein bestimmtes Mindest- oder Höchstalter für die Entdeckung der eigenen Lebensgeschichte (vgl. Furman, B., 2008). Je nach Alter und Entwicklungsstand des Kindes können das innere Erleben und die Verarbeitung von Ereignissen, (z.B. auch ein anstrengender Schultag, eine schlechte Note, Ärger mit Schulkameraden etc.) die Bereitschaft zur Biografiearbeit negativ 5 | Die Rolle der leiblichen Eltern von Pflegekindern Für die Kinder ist der Beitrag der Herkunftsfamilie am Lebensbuch meistens von unschätzbarem Wert. Sie weiß viel über das Leben des Kindes. Die Herkunftseltern haben die Chance, sich an dem Prozess zu beteiligen und Verantwortung neu zu übernehmen. Die Herkunftsfamilie kann wichtige Informationen geben, die man für einen „Stammbaum“ braucht. Wenn die leiblichen Eltern nicht verheiratet waren, wird die leibliche Mutter Informationen über den leiblichen Vater geben können. Häufig können solche Informationen dem Kind bei der Klärung der Frage beeinflussen. helfen, warum es von der leiblichen Familie Die Treffen mit dem Kind im Rahmen der getrennt wurde oder eine problematische Biografiearbeit sollten regelmäßig und ver- Kindheit hatte. lässlich sein. Die Dauer der Treffen sind Adoptierte Kinder wollen wissen, wann abhängig von verschiedenen Faktoren: und warum sie zur Adoption freigegeben vom Alter und der Konzentrationsfähigkeit des Kindes, auch von bestimmten Vorhaben und geplanten Aktivitäten und der zur Verfügung stehenden Zeit. Es wäre hilf- wurden, welche Stellung sie in einer ggf. vorhandenen Geschwisterreihe haben und welche Eigenschaften ihre leiblichen Eltern haben. reich zu diesen zeitlichen und organisatorischen Bedingungen vorher in den Familien Pflegekinder interessieren sich auch für die Absprachen zu treffen. Eine kontinuierli- konkreten Gründe, warum (gerade sie..) che Unterstützung und Begleitung des nicht mehr „Zuhause“ leben können und Kindes sollte sichergestellt sein. was sie tun können, bzw. was passieren Die künstlerische Gestaltung liegt vor müsste, damit sie wieder bei den leiblichen allem in den Händen des Kindes. Das Kind Eltern wohnen können. entscheidet selbst, wie es sein Lebensbuch Alles, was den Kindern hilft, eine Vorstel- gestaltet, wem es sein Lebensbuch zeigen lung von ihrer Vergangenheit zu bekom- möchte und wem nicht. men und damit zur Identitätsfindung Mein Leb ensbuc h !!! 16 beiträgt, ist wichtig. Dies können alte Einbeziehung der leiblichen Eltern beson- Spielsachen, Fotos, gemalte Bilder etc. ders kritisch zu prüfen und ggf. darauf zu sein. Je früher ein Kind in seine Pflege- verzichten (vgl. Nienstedt, N., und Wester- oder Adoptivfamilie gekommen ist, je grö- mann, A. 2007). ßer ist der Anteil an der Identitätsbildung, der von den Pflege- oder Adoptiveltern geleistet werden kann. Trotzdem sind die kindlichen Phantasien über die eigene Geschichte und die eigene Verantwortlichkeit an den Problemen der Eltern und Kinder haben vor einer Unter- Familie häufig viel belastender als die bringung in einer Pflege- oder Adoptiv- Realität. familie eine gemeinsame Zeit gehabt, die schwierige, aber auch gute Phasen hatte. In der häufig auf Probleme fokussierten Geschichte unserer Kinder sind gerade die positiven Erlebnisse wichtige Informationen. Diese Ressourcen werden manchmal erst im Rahmen der Arbeit mit dem Wir empfehlen den Pflegeeltern die Arbeit mit dem Lebensbuch in enger Absprache mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Jugendamtes vorzunehmen (siehe hierzu den Punkt: Das Lebensbuch im Hilfeplanverfahren). BER SEPTEM Lebensbuch herausgearbeitet. Dabei sind es gerade die positiven Momente in der 3. Lebensgeschichte unserer Kinder, die Kraft geben für Veränderungen (vgl. Durrant, M., 1999; Furman, B., 2008). G F R EI T A Die Einbeziehung der leiblichen Eltern kann auch ein Problem darstellen. Bei den Pflege- oder Adoptiveltern könnte das Gefühl entstehen, dem Kind nicht noch mehr Leid zufügen zu wollen, da durch den intensiven Kontakt mit den leiblichen 6 | Die besondere Rolle von Adoptiveltern Eltern wieder „alte Wunden“ aufgerissen werden können. Die Rolle der Adoptiveltern im Kontext der Die Haltung der leiblichen Eltern gegen- Biografiearbeit ist eine besonders schwieri- über dem Kind sollte kritisch geprüft wer- ge Rolle. Einerseits wollen die Adoptiveltern den. Wird das Kind in seiner Herkunfts- möglichst gute und „normale“ Eltern für ihr familie auf die Sündenbockrolle fixiert, Adoptivkind sein. Andererseits gibt es leibli- sollte die Einbeziehung der Eltern dosiert che Eltern, die für viele Fragen im Rahmen und begleitet erfolgen. Ist das Kind in der der Biografiearbeit eine große Rolle spielen. Herkunftsfamilie misshandelt, missbraucht Für viele Adoptiveltern ist es eine große und traumatisiert worden, ist die Frage der Herausforderung ihr Adoptivkind aktiv bei 17 der Suche nach seinen Wurzeln zu unterstützen. Vieles kann die Arbeit mit dem Lebensbuch erschweren: • Angst vor Bindungsverlust zum Adoptivkind, wenn die leiblichen Eltern 7| Das Lebensbuch im Hilfeplanverfahren (gilt nur für Pflegekinder) wieder eine stärkere Rolle im Leben der Adoptivkinder einnehmen Das Lebensbuch für Pflege- und Adoptiv- • Konkurrenz zu den leiblichen Eltern kinder ist eine mögliche Umsetzung • Ärger über deren Verhalten in der des Partizipationsgebotes der UN-Kinder- Vergangenheit rechtskonvention (1989), des Kinder- und • verdeckte Rollen, die das Adoptivkind Jugendhilfegesetzes (insbesondere § 8 in der Familie hat, die bisher nicht be- und § 36 KJHG) und dem Bundeskinder- nannt wurden (Familienstifter, Gegen- schutzgesetz. Eine leicht verständliche über für ein leibliches Kind, Retter einer und gute Übersicht für Interessierte über kriselnden Paarbeziehung, etc.) das Kinder- und Jugendhilfegesetz, seine Bedeutung und seine Hilfsangebote für Für die leiblichen Eltern ist es eine echte Herausforderung, sollten sie in die Biografiearbeit eingebunden werden. Auch bei Eltern gibt Richard Günder in seinem Buch: „Stress mit den Kindern. Ein Ratgeber für Eltern“ (Lambertus-Verlag 2006). ihnen gibt es Gefühle wie Ärger und Kon- Die Entscheidung für die Biografiearbeit kurrenz, aber auch Scham und das Gefühl sollte bei Pflegekindern im Hilfeplan (§ 36 versagt zu haben. Kinder- und Jugendhilfegesetz) festgelegt Adoptiveltern sollten sich, ebenso wie werden. Dies schafft einen sicheren und ab- Pflegeeltern, von einer Erziehungsbera- gestimmten strukturellen Rahmen für die tungsstelle oder anderen Fachkräften Arbeit. Innerhalb des Zusammentreffens von unterstützen lassen. Ohne entsprechende Fachkräften im Hilfeplanverfahren besteht Begleitung ist die Gefahr groß, in emotio- die Möglichkeit des Informationsaustausches nale Fallen und „Sackgassen“ zu geraten. und der möglichen Unterstützungsangebote für die Bearbeitung der Lebensgeschichte. Die leiblichen Eltern und/oder die Fachkraft vom Jugendamt können mit Informationen dazu beitragen, einen möglichst vollständigen Lebenslauf des Kindes zu rekonstruieren. An dieser Stelle wird deutlich, dass Biografiearbeit in der Erziehungshilfe oder in anderen Kontexten nicht nur die Person, die mit dem Kind arbeitet, betrifft, sondern das gesamte Umfeld. Über auftretende Reak- Mein Leb ensbuc h !!! 18 tionen im Alltag des Kindes muss man sich wortet. Die weiterführenden Literaturhin- bewusst sein. Der daraufhin entstehende weise ermöglichen eine intensivere Beschäf- Balanceakt zwischen Nachforschen und tigung mit den Themen. Vertraulichkeit gegenüber dem Kind und der Abstimmung mit weiteren beteiligten Personen erfordert ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz und Fingerspitzengefühl. Womit fängt man an? Zuerst entfernt man alle Seiten aus dem Lebensbuch und heftet sie in einen Ordner. Für die Ansprache oder die Einladung eines In der Hilfeplanung sollten als Minimalstan- Kindes/Jugendlichen kann das „Einladungs- dard folgende Absprachen klar geregelt schreiben“ auf der beiliegenden CD-Rom sein: genutzt werden. Das Einladungsschreiben • Ziel der Arbeit mit dem Lebensbuch für Pflege- oder Adoptivkinder • Aufgaben, die jeder im Prozess übernimmt • Wie geht man mit Schwierigkeiten und Enttäuschungen um? • Unterstützung der anderen beteiligten Personen • Wann und wie oft wird das Lebensbuch im Rahmen der Hilfeplanung besprochen? kann auch eine Hilfe sein bei der Fragestellung: Wie spreche ich das Thema an? Beginnen sollte man mit den positiven Themen die das Kind interessieren. Diese Seiten heftet man in das Lebensbuch ein. Das Ausfüllen des Lebensbuches sollte den Beteiligten Spaß machen. Belastende Themen sollten nicht zu Beginn angesprochen werden. Wann sollte mit der Biografiearbeit Auch Pflegeeltern sind gut beraten, sich begonnen werden? für diesen Prozess der Biografiearbeit pro- Mit der Biografiearbeit kann jederzeit be- fessionelle Unterstützung (z.B. durch eine gonnen werden. Wichtiger als das bestimmte Erziehungsberatungsstelle) zu organisieren. Alter eines Kindes ist der sichere Rahmen für die Biografiearbeit und ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Kind und dem Er- 8| Weitere Hinweise zum Einsatz des Lebensbuches wachsenen. Wir haben festgestellt, dass Fragen nach der eigenen Geschichte gerade im vorpubertären Alter häufig gestellt werden. Wenn ein Kind über bestimmte Themen nicht sprechen will? Ausführliche Erörterungen aller Aspekte Werden Tabuthemen berührt, sollte dies der Biografiearbeit mit dem Lebensbuch behutsam benannt werden. Signalisiert würden den Rahmen dieses Begleitheftes ein Kind keine Bereitschaft (warum auch sprengen. Stichwortartig werden nachfol- immer!), über ein Tabuthema zu sprechen, gend häufig gestellte Fragen kurz beant- ist dies zu akzeptieren. Der Aufbau des 19 Lebensbuches als Loseblattsammlung er- Ein traumatisiertes Kind braucht vor allem laubt es, bestimmte Blätter aus dem Lebens- Geborgenheit und Schutz vor weiteren buch zu entfernen. Erfahrungsgemäß tau- Traumatisierungen (vgl. Biener, M. und ter chen angstbesetzte Themen bei Kindern im Horst, K., 2004; Nienstedt, M. und Wester- Laufe der Arbeit häufiger auf. Mit zuneh- mann, A., 2011). Mut machende Ansätze mender Dauer steigt die Wahrscheinlichkeit, zum pädagogischen Umgang mit trauma- dass ein Kind auch über die belastenden tisierten Kindern finden sich u.a. in Ereignisse in seinem Leben berichtet dem Buch Traumapädagogik, (Bansum, J. (vgl. Gründer, M., Kleiner, R. und Nagel, Juventa 2011). Biografiearbeit im Dialog mit H., 2010). der vertrauten Person kann dabei eine Hilfe Wenn das Kind ein Trauma erlitten hat! sein, die „Sprachlosigkeit“ zu überwinden (vgl. Miethe, J., Juventa 2011). Nicht jedes belastende Erlebnis im Leben Anonyme Geburt und Babyklappen eines Kindes ist gleich ein Trauma. Berührt Ein großer Teil der anonym geborenen man in der Biografiearbeit jedoch ein trau- Kinder werden in Bereitschaftspflege und matisches Erlebnis eines Kindes, sind viele später in Adoptivfamilien vermittelt. besondere Spielregeln zu beachten. Wir Von den Kindern, die in Babyklappen gelegt empfehlen an einem solchen Punkt, das wurden, werden im Anschluss etwa 50 % traumatische Erlebnis (vorerst) auszuklam- direkt in eine Adoptivfamilie vermittelt. mern und die Arbeit nur unter der Die Studie des Deutschen Jugendinstitutes Supervision einer Fachkraft, z.B. von einer (DJI) weißt darauf hin, dass „das Wissen um Beratungsstelle für Eltern, Kinder und die biologische Herkunft und die Möglich- Jugendliche, fortzusetzen. keit der Kontaktaufnahme zu den biologi- An vielen Stellen dieses Begleitheftes haben wir eine gewisse Risikobereitschaft bei der Suche nach den Wurzeln eines Kindes unterstützt. Liegt ein Trauma vor, so raten wir jedoch deutlich zur Vorsicht! Eines der häufigsten Traumata in der Jugendhilfe ist der fortgesetzte sexuelle Missbrauch von Kindern durch Familienangehörige oder bekannte Personen. Unreflektiertes Ansprechen eines sexuellen Missbrauches im Rahmen der Biografiearbeit z.B. im Beisein des potentiellen Misshandlers oder ungeschützte Zusammentreffen können zu erneuter Traumatisierung des Opfers führen. sche Eltern sowie eine frühe Aufklärung der Kinder von großer Bedeutung sind“, (DJI, Zusammenfassung der Studie „Anonyme Geburt und Babyklappen in Deutschland“, Seite 2, München, 2012). 20 Was muss bei Migrantenkindern Kann das Lebensbuch durch Videoauf- beachtet werden? nahmen, Bücher etc. ergänzt werden? Der professionelle Umgang mit Kindern mit Der Einsatz von Videotechnik zur Dokumen- Migrationshintergrund ist in der Jugendhilfe tation ergänzt die Arbeit mit dem Lebens- noch am Anfang. Großstädtische Regionen buch sehr gut. Gerade Interviews mit wie z.B. Berlin-Kreuzberg haben natürlich Menschen aus früheren Lebensabschnitten einen an der Kinder können hervorragend die Arbeit Migrantenkindern als das eher ländlich gele- mit dem Lebensbuch bereichern. Die Video- gene Eylarduswerk und verfügen somit aufnahmen ermöglichen zudem die Ver- auch über mehr Erfahrungen. langsamung von Verarbeitungsprozessen. erheblich höheren Anteil Bei der Arbeit mit dem Lebensbuch für Pflege- oder Adoptivkinder sollte vor allem die Entwurzelung der Kinder beachtet werden. Sie sind häufig in ihren Herkunftsfamilien nicht sicher gebunden. Auch eine kulturelle Identität konnte oft nur unzulänglich ausgebildet werden. Sie sitzen „zwischen allen Stühlen“. Die Biografiearbeit sollte deshalb auch das Herkunftsland, die Sitten und Gebräuche dort und die verwandtschaftlichen Wurzeln beachten. Die 2. Auflage des Buches von Man kann z.B. mit den Kindern nur Teile eines Interviews mit relevanten Bezugspersonen anschauen. Unklare und sehr belastende Teile eines auf Video aufgenommenen Gesprächs können beliebig oft wiederholt werden. Gerade bei sehr emotionalen Sequenzen eines Gespräches haben wir die Erfahrung gemacht, dass Videoaufnahmen Überforderungen von Kindern vermeiden helfen (Die Kinder wollen dabei oft die ganze Videoaufnahme anschauen, darauf sollte man sich nicht einlassen!). Ryan und Walker „Wo gehöre ich hin?“ Beim Einsatz der Videokamera kommt es (Basel 1997, inzwischen 4. Aufl.) wurde nicht auf die technische Brillanz an. Ein- durch ein Kapitel zur Biografiearbeit mit fache Videokameras reichen völlig aus. Es Kindern ausländischer Herkunft ergänzt. Die lohnt sich, anfängliche (auch eigene!) Autorin, Frau Irmela Wiemann, hat hier die Widerstände zu minimieren. Wichtig ist es, wichtigsten Aspekte prägnant zusammen- den Verbleib der Videobänder vorher zu klä- gefasst. ren und zu besprechen, wer die Aufnahmen sehen darf. Es gibt inzwischen etliche Bücher für Kinder zum Thema Adoption und Pflegefamilie. Stellvertretend seien hier genannt das Buch von Kirsten Boje: „Paule ist ein Glücksgriff“ (DTV, Oktober 2005) und das Buch von FranzJoseph Huainigg und Verena Ballhaus: „Du gehörst zu uns – Geschichte einer Adoption“ 21 (Annette Betz Verlag 2007). Sie können die biografischen Daten und ist eine Verschwen- Arbeit mit dem Lebensbuch gut ergänzen. dung von Ressourcen. Der emotionale Bezug Ein sehr feinfühliges Buch für Kinder psy- wie beispielsweise die Aussöhnung mit bela- chisch kranker Eltern und deren Bezugs- stenden Kränkungen oder die Neubewertung personen ist das Buch: „Sonnige Traurigtage“ von Ereignissen (reframing), verlangen eine von Schirin Homeier (Mabuse-Verlag, 2006). langsame Gangart. Für Kinder suchtkranker Eltern hat die Zieht sich die Arbeit mit dem Lebensbuch Autorin zusammen mit Andreas Schrappe jedoch sehr lange hin (Störmerkmale sind das ebenfalls sehr empfehlenswerte Buch: z.B. wiederholte Verschiebungen von Termi- „Flaschenpost nach irgendwo“ (Mabuse- nen und „Pausen“ von mehr als 3 Monaten), Verlag, 2008) geschrieben und illustriert. deutet dies auf das vorläufige Ende der Weitere Materialien, Übungen und metho- Biografiearbeit hin. Ist man sich unsicher, ob dische Anregungen findet man in den Lite- eine schleppende Bearbeitung daran liegt, raturhinweisen. dass man nicht richtig vorgegangen ist oder Wann ist eine Arbeit mit dem Lebensbuch beendet? Die Arbeit mit dem Lebensbuch ist eigentlich nie zu Ende. Es kann (wie ein Tagebuch) ständig ergänzt und aktualisiert werden. Eine zu schnelle Bearbeitung des Lebensbuches, z.B. innerhalb von wenigen Wochen, ist ein Indiz für eine nur oberflächliche Ansammlung von daran, dass es gut ist, die Biografiearbeit (vorerst) zu beenden, sollte man diese Frage mit einer externen Fachkraft besprechen. Eine Pflegefamilie könnte diese Frage auch im Rahmen der Hilfeplanung klären. 22 9 | Abschließende Bemerkungen Das Begleitheft zum Lebensbuch für Pflegeund Adoptivkinder kann nur die Aspekte der Biografiearbeit behandeln, die für unser Lebensbuch wichtig sind. Viele weiterführen- Erwachsenen, der Kinderschutz ... all diese Themen sind auch im Rahmen der Biografiearbeit relevant. Unser Verständnis der positiven Verarbeitung von Lebensgeschichten sowie die Beteiligung des jungen Menschen entsprechen dem Partizipationsgebot der Kinder- und Jugendhilfe. de Fragen konnten hier nicht erörtert werden. Wir haben uns bemüht, die Aspekte etwas Generell gilt: die Biografiearbeit mit dem eingehender zu beleuchten, die im prakti- Lebensbuch für Pflege- und Adoptivkinder schen unterliegt den allgemeinen professionellen Pflege- oder Adoptivkinder relevant sind. Standards in der Arbeit mit Kindern. Der Wir empfehlen, das Lebensbuch gezielt ein- Umgang mit Kindern, die Art der Ge- zusetzen. Nicht jedes Kind braucht unser sprächsführung, die Verantwortlichkeit der Lebensbuch, aber für viele Kinder, gerade in Einsatz des Lebensbuches für Pflege- oder Adoptivfamilien, können durch das Lebensbuch „heilende“ Prozesse angestoßen werden. Das Lebensbuch ersetzt keine Therapie, es kann jedoch sehr therapeutisch wirken. Über Rückmeldungen würden wir uns freuen. (www.das-lebensbuch.de) Wir wünschen allen Kindern und allen Erwachsenen, die das Lebensbuch in dem von uns beschriebenen Sinne einsetzen, viel Freude und gute Erlebnisse. 23 Rayen, T.; Walker, R.: Wo gehöre ich hin? Biografiearbeit mit Kindern und Jugendlichen, Beltz-Verlag, Weinheim, Basel, 4. Auflage 2007 Riedle, H.: Pflegekinder, Alles was man wissen muss, Tivan-Verlag, Juli 2008 Schleiffer, R.: Der heimliche Wunsch nach Nähe. Bindungstheorie und Heimerziehung, 4. Auflage, Juventa, 2009 ter Horst, K.: Einführung in die Biografiearbeit mit Kindern und Jugendlichen, in Unsere Jugend 4/2005, S. 165-174 van Vliet, E.: Oma, erzähl mal! Knaur: München, 2008 Wiemann, I.: Adoptiv- und Pflegekindern ein Zuhause geben. Informationen und Hilfen für Familien. Balance: Bonn, Mai 2010 Wiemann, I.: Ratgeber Pflegekinder, Erfahrungen, Hilfen, Perspektiven; Rowolth TB, August 2008 Literaturliste Durrant, M.: Auf die Stärken kannst du bauen, lösungsorientierte Arbeit in Heimen und anderen stationären Settings, Systemische Studien, Verlag modernes Lernen, Band 12, 4. Auflage, Dortmund 2004 Furman, B.: Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben. Verlag Modernes Lernen, 5. Auflage Dortmund 2008 Gründer, M.; Kleiner, R; Nagel, H.: Wie man mit Kindern darüber reden kann: Ein Leitfaden zur Aufdeckung sexueller Misshandlung, 5. Auflage, Beltz Juventa, 2010 Gudjons, H.; Wagener-Gudjons, B., Pieper, M.: Auf meinen Spuren. Übungen zur Biografiearbeit. Klinkhardt: Bad Heilbrunn, 2008 Hölzle, C.; Jansen, I. (Hrsg.): Ressourcenorientierte Biografiearbeit. Grundlagen – Zielgruppen – Kreative Methoden. VS Verlag: Wiesbaden, 2. Auflage 2010 Huainigg, F-J.; Ballhaus, V.: Du gehörst zu uns, Geschichte einer Adoption, Annette Betz Verlag, Wien 2007 Kast, V.: Sich einlassen und loslassen, Herder Spektrum, 20. Auflage, Freiburg, 2010 Wiemann, I.: Ratgeber Adoptivkinder, Erfahrungen, Hilfen, Perspektiven; Rowolth TB, Juni 2006, S. 165-174 EMPFEHLUNGEN ZUM THEMA: Traumatisierte Kinder Bausum, J.; Besser, L.; Kühn, M.; Weiß, W.: Traumapädagogik, Grundlagen, Arbeitsfelder und Methoden für die pädagogische Praxis, Juventa, 2011 Krüger, A.: Erste Hilfe für traumatisierte Kinder. Walter Verlag Juli 2010 Levine, P. A.; Kline, M.: Verwundete Kinderseelen heilen. Wie Kinder und Jugendliche traumatische Erlebnisse überwinden können. Kösel: München, 2005 Ognjenovic, V. : Es soll dir gut gehen! 50 Workshops für die sozialtherapeutische Arbeit mit traumatisierten Kindern und Erwachsenen. Juventa: Weinheim, 2005 Reddemann, L; Dehner-Rau, C.: Trauma. Folgen erkennen, überwinden und an ihnen wachsen. Trias: Stuttgart, 3. Auflage 2007 Weiß, W.: Philipp sucht sein Ich. Zum pädagogischen Umgang mit Traumata in den Erziehungshilfen. Weinheim, 5. Auflage 2009 Kast, V.: Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben, Kreuz Verlag, 2010 Lattschar, B.; Wiemann, I.: Mädchen und Jungen entdecken ihre Geschichte. Grundlagen und Praxis der Biografiearbeit, 3. korrigierte Auflage, Juventa, 2011 Lindmeier, C.: Biografiearbeit mit geistig behinderten Menschen. Juventa, Weinheim 2004 Maywald, J.: Biografiearbeit mit Pflegekindern, in Jugendhilfe 39, 5/2001, S. 235-239 Miethe, I.: Biografiearbeit, Lehr- und Handbuch für Studium und Praxis, Juventa, 2011 Mohr, K.; Mohr, S.: Biografiearbeit in der Erziehungshilfe: Das Lebensbuch, Fachbereich Sozialwesen, Fachhochschule Münster, unveröffentlichte Diplomarbeit, Münster 2002 Mohr, K.; ter Horst, K.: Biografiearbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Jugendhilfe, in Evangelische Jugendhilfe 4/2004, S. 289-297 Nienstedt, M.; Westermann, A.: Pflegekinder und ihre Entwicklungschancen nach frühen traumatischen Erfahrungen, 3. erweiterte Auflage, Klett-Cotta, 2011 Niewerth, Y.: Mein Buch für das Leben. Sanssouci. München, 2010 Ottermann, D.: Tagebuch – für gute und schlechte Tage. Zum Ankreuzen und Ausfüllen. Mosaik. München, 2011 EMPFEHLUNGEN ZUM THEMA: Kinder psychisch kranker oder suchtmittelabhängiger Eltern Homeier, S.: Sonnige Traurigtage. Mabuse-Verlag: Frankfurt am Main, 2006 Homeier, S., Schrappe, A.: Flaschenpost nach irgendwo. Mabuse-Verlag: Frankfurt am Main, 2008 Mattejat, F., Lisofsky, B. (Hrsg.): Nicht von schlechten Eltern. Kinder psychisch Kranker. Balance-Verlag: Bonn, 2011, 3. Auflage Mosch von, E.: Mamas Monster. Balance Buch + Medien Verlag. 4. Aufl. 2011 Schone, R.: Kinder psychisch kranker Eltern zwischen Jugendhilfe und Erwachsenenpsychiatrie, Juventa, 2. Aufl. Nov. 2005 Zobel, M.: Wenn Eltern zu viel trinken: Hilfen für Kinder und Jugendliche aus Suchtfamilien, Balance Buch + Medien Verlag, 2008 O N L I N E - I N F O R M AT I O N E N Z U M T H E M A : Pflege- und Adoptivfamilien www.pfad-bv.de (Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V., Berlin) BARTSCH & FRAUENHEIM WERBEAGENTUR, NORDHORN Weitere Informationen: www.das-lebensbuch.de Bestellungen bitte an: [email protected] Mein Leb ensbu Haben Sie Fragen oder Anregungen zum „Mein Lebensbuch“ oder wünschen Sie eine Fortbildung zur Biografiearbeit mit dem Lebensbuch? Ansprechpartner: Klaus ter Horst email: [email protected] [email protected] oder www.das-lebensbuch.de (Hier kann auch das Begleitheft kostenlos runtergeladen werden.) Ebenfalls erhältlich: Klaus ter Horst & Karin Mohr Mein Lebensbuch – Für Kinder und Jugendliche in der stationären Jugendhilfe ISBN: 978-3-9808655-5-5 Ansprechpartnerin für den süddeutschen Raum: Karin Mohr email: [email protected] Wenn Sie mehr über die Jugendhilfeeinrichtung Eylarduswerk wissen wollen: email: oder c h !!! [email protected] www.eylarduswerk.de Eylarduswerk e. V. – Diakonische Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Teichkamp 34 · 48455 Bad Bentheim · Telefon (0 59 24) 78 10 · Fax (0 59 24) 78 11 99