Katalog 2015 - Theodor Körner Fonds
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Katalog 2015 - Theodor Körner Fonds
2015 Festakt der Preisverleihung der Theodor Körner Förderpreise Universität Wien, Großer Festsaal, 11. Mai 2015, 10:00 Uhr Empfang des Herrn Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer, Hofburg, 13:00 Uhr 1 Herausgeber: Theodor Körner Fonds, c/o AK Wien, 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 20-22 1040 Wien, Telefon (01) 501 65- 2396 Layout: Anna Haas http://www.theodorkoernerfonds.at [email protected] Herstellungsort: Wien Druck: Kopierdienst der AK Wien Wien, April 2015 Bilder Titelseite: 1.Reihe von links: Bild 1+3 Universität Wien, Bild 2, 3, 5 Christian Fischer 2. Reihe von links: Bild 1 Carina Karlovits/HBF, Bild 2 Christian Fischer, Bild 3 Peter Lechner/HBF, Bild 4 Präsidentschaftskanzlei 2 Verleihung der Förderpreise 2015 Montag, 11. Mai 2015, 10:00 Uhr Großer Festsaal der Universität Wien Begrüßungsworte Dekanin Univ.-Prof. Dr. Claudia Theune-Vogt Ansprache Kuratoriumspräsident Mag. Herbert Tumpel Musikstück Worte des Beiratsvorsitzenden Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb Festrede Vea Kaiser (Preisträgerin 2011) Musikstück Vorstellung der PreisträgerInnen und ihrer Arbeiten und Übergabe der Urkunden durch Kuratoriumspräsident Mag. Herbert Tumpel - Theodor Körner PreisträgerInnen 2015 Sektionschef Mag. Christian Weissenburger – TKF-Spezialpreis des BM VIT OS Univ.-Prof. Dr. Hubert C. Ehalt – TKF-Wiener Preis der Stadt Wien 2015 Dir. Mag. Gerhard Bröthaler – TKF-ÖGB Verlag-Publikationspreis Verleihung des „Herbert Tumpel-Preises“ an Ass.-Prof. Mag. Dr. Thomas Schoditsch Vorstellung des Preisträgers und seiner Arbeit durch Dr. Christoph Klein Bundeshymne und Europahymne Moderation: Corinna Milborn Musikstück: Komposition des Preisträgers Jean-Baptiste Marchand „Für J.F.“ (2014) und Für S.G.“ (2015) Musiker: Alessandro Batticci (Flöte); Caroline Wüst (Klarinette); Achille Dallabona (Fagott) 3 Empfang des Herrn Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer Montag, 11. Mai 2015, 13:00 Uhr, Hofburg, Großer Spiegelsaal Musikstück Begrüßung und Ansprache Bundespräsident Dr. Heinz Fischer Dank für die Einladung Kuratoriumspräsident Mag. Herbert Tumpel Dankesworte Beiratsvorsitzenden Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb Musikstück Bundespräsident Dr. Heinz Fischer und Kuratoriumspräsident Mag. Herbert Tumpel begeben sich zu den PreisträgerInnen. Musik: Kompositionen des Preisträgers Jean-Baptiste Marchand – „Für J.F.“ + „Für S.G.“ Es spielen: Alessandro Batticci – Flöte Caroline Wüst – Klarinette Achille Dallabona - Fagott 4 Fußweg von der Universität zur Hofburg: 10 Minuten A: Universität Wien, Universitätsring 1, 1010 Wien B: Wiener Hofburg, Eingang Ballhausplatz, 1010 Wien Universität Hofburg, Präsidentschaftskanzlei 5 DER THEODOR KÖRNER FONDS Anlässlich des 80. Geburtstages von Bundespräsident Theodor Körner wurde - da der Jubilar auf alle persönlichen Geschenke verzichtete - der Theodor Körner Förderungsfonds für Wissenschaft und Kunst von Arbeitnehmerorganisationen errichtet. Der Theodor Körner Fonds fördert junge WissenschafterInnen und KünstlerInnen Österreichs, die hervorragende Leistungen erbringen und von denen wichtige Beiträge für ihre jeweiligen Fachdisziplinen erwartet werden können. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld verbunden. Die Förderpreise sollen zur Durchführung und Fertigstellung wissenschaftlicher bzw. künstlerischer Arbeiten ermutigen. Die eingereichten Projekte beurteilt ein Beirat, unter der Leitung von Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb, der sich aus ExpertInnen aus Wissenschaft und Kunst zusammensetzt. Aufgrund der Empfehlungen des Beirates legt das Kuratorium den Kreis der PreisträgerInnen fest. Die Höhe der Preise richtet sich nach den vorhandenen Geldmitteln und der Anzahl der eingereichten, förderungswürdigen Arbeiten. Voraussetzungen für die Einreichung einer Arbeit: Die eingereichte Arbeit darf noch nicht fertig gestellt sein. Ausschlaggebend ist ihre allgemeine wissenschaftliche/künstlerische Qualität und gesellschaftliche Relevanz. Der Preis des Theodor Körner Fonds soll vor allem jungen, noch nicht etablierten WissenschafterInnen und KünstlerInnen zugutekommen. BewerberInnen sollen bei Antragstellung nicht älter als 40 Jahre alt sein. (Ausnahme: BewerberInnen, die nachweislich ihre (schulische und) akademische Ausbildung im Zuge des zweiten Bildungsweges absolviert haben sowie BewerberInnen aus dem Bereich der nicht akademischen Forschung. Der Förderpreis ist projektgebunden. Die Arbeit muss innerhalb von zwei Jahren nach Preisübergabe abgeschlossen werden. Unter den bisherigen PreisträgerInnen befinden sich folgende heute sehr erfolgreiche WissenschafterInnen und KünstlerInnen: Renèe Schroeder (Mikrobiologin und Genetikerin), Erich Peter Klement (Filmemacher), Josef Haslinger (Schriftsteller), Friederike Mayröcker (Schriftstellerin), Elfriede Czurda (Schriftstellerin), Adolf Frohner (Bildhauer), Ulrike Truger (Bildhauerin), Clemens Jabloner (Präsident des Verwaltungs-gerichtshofes), Ute Rakob (Malerin), Christian Ludwig Attersee (Maler), Christine Busta (Schriftstellerin); Jörg Mauthe (Schriftsteller), Friedrich Cerha (Komponist), Erich Eder de Lastra (Komponist), Rupert Riedl (Zoologe), Antal Festetics (Zoologe), Hans Strotzka (Psychoanalytiker), Helmut Zilk (Journalist und späterer Wiener Bürgermeister), Heinz Rudolf Unger, (Schriftsteller), Othmar Franz Lang (Kinderbuchautor), Paul Angerer (Dirigent), Franz Sales Sklenitzka (Kinderbuchautor), Johann Karl Steiner (Komponist), Dine Petrik (Schriftstellerin), Fridolin Dallinger (Komponist), Werner Schneyder (Kabarettist), Wilhelm Holzbauer (Architekt), Gottfried Helnwein (Maler) Foto: Wikipedia 6 VORWORT Bildung und Forschung sind die Grundlagen auf denen wir unsere Zukunft aufbauen. Investitionen in Forschung und Entwicklung sind somit Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Die Förderung von Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kunst durch den Theodor Körner Fonds ist deshalb ein wichtiger Beitrag zu Entwicklung und Sicherung des Wohlstandes in unserem Land. Es freut mich daher, dass der Theodor Körner Fonds auch heuer wieder eine Reihe von Förderungen an junge AkademikerInnen und KünstlerInnen vergeben kann. Wie ein Blick auf die lange Liste der bisherigen PreisträgerInnen zeigt, war dies in vielen Fällen der Ausgangspunkt für eine große Karriere. Besonders bedanken möchte ich mich bei den Förderern des Theodor Körner Fonds, die mit Ihrer Unterstützung wesentlich beitragen, das hohe Ansehen des Fonds zu erhalten. Mag. Herbert Tumpel Kuratoriumspräsident Foto: AK Wien 7 Ausgezeichnete Arbeiten 2015 8 Auszeichnungen 2015 KUNST Musik und Komposition: 2 Preise a Mag. Yu-Chun HUANG Mag. Jean-Baptiste MARCHAND Kunstfotografie: Mag.a Eva EGERMANN Mag. Lucas NORER Sara OSTERTAG, MA Mag. Fabian PATZAK 4 Preise Literatur: Irene DIWIAK Margarita KINSTNER 2 Preise WISSENSCHAFT Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften: 4 Preise a Mag. Andrea KRETSCHMANN, MA Mag.a Barbara LITSAUER Mag.a Iris MURER Mag. Philip RATHGEB Medizin, Naturwissenschaften und Technik: Dr.in Josa FRISCHER Dr. Tobias PFINGSTL Dr. Bernd RESCH – Spezialpreis des BM VIT 3 Preise Geistes- und Kulturwissenschaften: Mag. Perry BAUMGARTINGER-SEIRINGER Mag.a Linda ERKER – Wiener Preis der Stadt Wien Mag.a Sonja HINSCH – ÖGB Publikationspreis Mag.a Theresa ZIFKO, MA 4 Preise Auszeichnungen 2015: 19 BewerberInnen HERBERT TUMPEL PREIS Ass.-Prof. Mag. Dr. Thomas SCHODITSCH 9 Musik und Komposition 10 Musik und Komposition Mag.a Yu-Chun HUANG Rest In Peace „Wir können tun, was wir tun können“ Das Projekt „Rest in Peace“ richtet sich explizit an die Menschen, deren Leben ein Ende gefunden hat, dies aber ohne einen bestimmten nationalen oder religiösen Hintergrund. Es richtet sich dabei nicht an die Hinterbliebenen, sondern stellt gewissermaßen einen Gruß hinüber auf die andere Seite dar. Die Besetzung für das Projekt ist ein Großes Ensemble, das aus 2 Violinen, Viola, Cello, Flöte, Klarinette, Horn, Posaune, Perkussion, Mundharmonika, Didgeridoo, Er Hu und Mezzo-Sopran besteht. Durch Kombination dieser einzelnen, teils mit sehr unterschiedlichen kulturellen und künstlerischen Hintergründen behafteten Instrumente, soll gemeinsam eine neue Klangfarbe entstehen lassen. Es spielen also die einzelnen Musikkulturen und die ihnen entsprechenden geografischen und nationalen Herkünfte keine Rolle für das Werk, vielmehr soll das klangliche Ergebnis der Zusammenführung dieser Elemente etwas Neues entstehen lassen und sich so weit wie möglich von den einzelnen, isolierten Klangfarben entfernen. Als musikalische Idee fungiert die Suche nach dem Einzelnen, nach dem Einen. Aus einem begrenzten Tonmaterial von nur 5 Noten soll sich das ganze Werk entwickeln. Es soll insgesamt 3 Sätze geben, jeder Satz besteht aus 10 kleinen Momenten. Das Projekt soll als ein „bewegliches“ Projekt an 10 verschiedenen Orten (Botschaften, Synagogen, Moscheen, buddhistischen Zentren, Kirchen, Gedenkstätten) stattfinden. Die drei Sätze werden auch unvollständig gespielt. Ziel ist es nicht, mehrere vollwertige Konzerte an verschiedenen Orten zu veranstalten, sondern Situationen zu schaffen, die vom zufällig anwesenden Beobachter vor Ort zunächst nicht genau eingeordnet werden können, aber eine gewisse Faszination oder im Idealfall einen Bann ausüben und dabei in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Es entsteht am Ende ein Video, das die einzelnen Geschehnisse vereint und somit auf seine Art das Ganze, die Gesamtheit darstellt. So möchte ich die augenscheinliche Sinnlosigkeit des Todes künstlerisch umsetzen. Erst über ein „totes“ Medium, welches die eigentlichen, zwar wirklichen, aber einzeln betrachtet eventuell unverständlichen Ereignisse nur reproduziert, sich in seiner „Totheit“ aber über Raum und Zeit hinwegsetzen und voneinander gänzlich getrennte Geschehnisse zusammenfassen kann, wird das gesamte, das große Ganze erkennbar. In meinem Herkunftsland, Taiwan, steht die Zahl 10 für das Runde, das Ganze, das Vollendete und Zufriedenheit. Darum übernehme ich diese Zahl als Strukturelement in mein Projekt, als einen symbolischen Gruß an die Toten. Ziel ist es ein interessantes, für alle Beteiligten und Beobachtenden bereicherndes Projekt zu schaffen, das irritiert und Fragen aufwirft, aber auch - und vielleicht gerade dadurch - Dialoge entstehen lässt. 11 Musik und Komposition Mag. Jean-Baptiste MARCHAND "Les images du silence" / Komposition für Ensemble "Les images du silence" für Ensemble ist eine Komposition, die nach dem Drama "Die Stunde, da wir nichts voneinander wußten" von Peter Handke entsteht. Es gibt kaum ein Theaterstück, das mich dermaßen berührt wie jenes von Peter Handke und die Idee, aus der Beschäftigung damit, eine musikalische Arbeit zu machen, ist ein langgehegter Wunsch von mir. "Les images du silence" taucht in den Text ein und versucht Übertragungen des Dramas in Musik und Klang. Dies kann über den Weg der Struktur der Sprache (Rhythmus, Grammatik etc.) oder aber über den Weg der Umdeutung von Bildern, Metaphern und Inhalt geschehen. In weiterer Folge baut "Les images du silence" die Übertragungen aus dem Drama aus. Die Musik wird autonom, geht eigene Wege, schafft sich ihre Struktur und verarbeitet das gewonnene Material weiter. 12 Bildende Kunst und Kunstfotografie 13 Bildende Kunst und Kunstfotografie Mag.a Eva EGERMANN „Crip Modes of Artistic Research“ Meine Recherche beschäftigt sich mit widerständigen Praktiken, Aneignungen, Sozialen Bewegungen und Popkulturen, die mit Devianz, Abnorm, Krankheit und Behinderung zu tun haben. Verschiedenste Materialien finden sich in meinen künstlerischen Projekten wieder, reinszeniert, verschiedenartig überarbeitet, zum Beispiel in Form einer Wandzeitung oder während einer Bandprobe. Entstanden sind dabei ein Zeitschriftenprojekt (das „Crip Magazine“), eine Ausstellung („Über unheimliche Zustände und Körper“) und künstlerische Arbeiten wie Installationen, Performances („An Outcast Night“) oder Videoarbeiten („A Rehearsal Situation“). Unterschiedliche Erzählungen sind Beispiele für ontexte, in denen neben der Repression gegenüber als „behindert“ geltenden Personen auch Aufbegehren ebenjener ausgeübt wurde. Ich arbeite mit unterschiedlichen Fallbeispielen wie z.B. jenem der „Krüppelbewegung“ im deutschsprachigen Raum der 1970er Jahre, den „Outcast Nights“ im Chicago des 18. Jh. oder aus Musik und Popkultur. Eine Verschiebung der Perspektive auf Aneignungen, Konflikte und Verhandlungen, ermöglicht alternative Lesarten, Repräsentationen und Bildproduktionen, kulturelle Darstellungen jenseits von Stigma. Theoretisch beziehe ich mich auf das internationale Feld der „Disability Studies“, welche die Kategorie „Behinderung“ als Produkt sozialer Organisation und kultureller Konstruktion betrachten. Um diesen Bezug zu vertiefen, erhielt ich die Möglichkeit für einen Forschungsaufenthalt an der University of California Berkeley. Die entstehenden Projekte sind Teil des Zusammenhangs meiner Forschungsarbeit (arts based research) im Rahmen des „PhD in Practice“-Studiengangs an der Akademie der Bildenden Künste Wien. Eine Ausstellung meiner Arbeit ist in Planung. 14 Bildende Kunst und Kunstfotografie Mag. Lucas NORER “Oh sea, just let me cross over” „Oh sea, just let me cross over“ (Refrain von Cheb Khaleds Lied "Ya Rayah") thematisiert die aktuelle Flüchtlingswelle im Mittelmeerraum in Form einer audiovisuellen Installation: Die Arbeit präsentiert neben einer 10-teiligen Serie an Grafiken, die abstrahierte Ausschnitte aus dem Mittelmeerraum zeigen, eine Sammlung von aktuellen “Auswandererliedern” von vornehmlich Nordafrikanischen MusikerInnen die einen Einblick in das Leben auf der Flucht geben. Die Sammlung an Liedern gibt einen ungefilterten Eindruck darüber, was tagtäglich an den Grenzen im Mittelmeer passiert. Sie eröffnet einen Einblick in das Leben der Harragas, der Flüchtlinge, die auf eine Gelegenheit warten, um nach Europa zu fliehen. Harga bedeutet in Maghreb so viel wie‚ brennen, verbrennen und die Harragas sind diejenigen, die ihre Papiere verbrennen um als “Illegale” die riskante Überfahrt nach Europa zu versuchen. Die Lieder die sie mitbringen, sind ihr Soundtrack: Sie hören sie im Radio, sie summen sie auf dem Boot während der Überfahrt, und laden sie als Handyklingelton aus dem Internet herunter. Denn es gibt mittlerweile eine Vielzahl an MusikerInnen die über die Harragas singen. Dabei berichten sie von dem Leben an der Grenze, dem Abenteuer der Überquerung, der Herausforderung und dem Mut ein neues Leben zu beginnen. Aber die Lieder thematisieren ebenso die Beweggründe und die ausweglose Situation vieler Flüchtlinge und die Risiken und Gefahren der Flucht. Über das Hörbarmachen der Lieder, aber auch das Übersetzten der zumeist arabischen Songtexte, bekommen wir einen direkten Eindruck in die Situation, die Beweggründe, die Sehnsüchte und die Gefahren der Flucht. Diese Art der musikalischen Auseinandersetzung von Emigration hat ein historisches Vorbild im Genre des Auswandererliedes. Besonders die massenhafte Emigration im 18. & 19 Jhd. von Europa in die USA wurde musikalisch verarbeitet bzw. thematisiert. Visuell stellt die Installation den konkreten musikalischen Auseinandersetzungen den leeren, assoziativen Raum des mediterranen Meeres gegenüber. Die skalierten und somit abstrahierten Flächen beziehen sich auf maritime Kartenausschnitte. Die Zeichnungen sind durch die “willkürliche” geografische Grenzziehung der Meridiane beziehungsweise die Küstenverläufe begrenzt. Ausschnitte, die erst auf den zweiten Blick das mediterrane Meer und somit den Raum um die Fluchtrouten der Emigranten preisgeben. 15 Bildende Kunst und Kunstfotografie Sara OSTERTAG, MA We are holding it together – Biofiktive Installation Installation Recherche, Performance Das eingereichte Projekt ist ein performatives Labor und agiert an der Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft. Ich trage schon sehr lange das Bedürfnis in mir ein Projekt über meine Großeltern zu machen Maria und Horst Ebel. Ausgehend von der Lebensgeschichte des renommierten österreichischen Physiker Paares, will ich ihre persönliche und wissenschaftliche Biografie im Kontext der historischen und wissenschaftlichen Ereignisse ihrer Lebenszeit mit künstlerischen Strategien untersuchen und in den Kontext des heutigen Standes ihres Forschungsgebietes überführen. In meiner Arbeit wird die Geschichte zweier Menschen re- und dekonstruiert, die nicht vergessen werden soll – die sie aber langsam selber vergessen. Seit einigen Jahren ist die Großmutter an Demenz erkrankt, nunmehr emeritiert und über achtzig Jahre alt, zerfällt langsam ein Archiv des Wissens. Ein Leben lang haben sie geforscht was die Dinge der Welt zusammenhält. Jetzt brauchen sie Hilfe dabei, die Dinge ihres alltäglichen Lebens zusammenzuhalten. Persönliche Dokumente sowie ihre Publikationen sind Ausgangsmaterial meiner Recherche. Unterschiedliche künstlerische Techniken und Recherchestrategien ermöglichen innerhalb des Projektes verschiedenen Mitforschenden und ExpertInnen aus Wissenschaft und Kunst jeweils eigenen Zugang. Die geplante Installation stellt ein performatives Archiv dar, das Wissen und Erinnerung birgt. Künstlerische Forschung wird ausgelotet und praktiziert. 16 Bildende Kunst und Kunstfotografie Mag. Fabian PATZAK Unugly Buildings Tausende Gebäude fielen 1945 in Europa. Es gab Lücken zu füllen und die internationale Moderne fand Raum sich zu entfalten. Die in den Jahren zwischen 1950 und 1980 erstandenen modernen Nachkriegsgebäude sind kontrovers. In Wien aufgewachsen, empfand ich eine Abneigung zu dieser Art von Gebäuden. Erst nachdem ich einen Monat mit einer befreundeten Architekturhistorikerin verbrachte, fand ich einen neuen Blickwinkel auf die moderne Architektur. Die Repetition der Ausführung, der ehrliche Umgang mit den Materialien und der Konstruktion, ihr historischer Kontext und nicht zuletzt ihre Ästhetik, beeindruckten mich. Während einzelne Gebäude der Nachkriegsmoderne exemplarisch erhalten werden, wurden andere abgerissen oder sind dem Verfall ausgesetzt. Die Zukunft dieser Gebäude ist ungewiss. Sie zu entfernen und durch einen Neubau zu ersetzen ist oft ökonomischer und populärer, als eine Generalsanierung durchzuführen. Die Malereien meiner “Unugly Buildings” Serie wirken auf den ersten Blick wie ikonische Portraits der hier besprochenen Gebäude. Nachhaltige Dokumente aus einer Zeit in der sie aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängt und als “hässlich” bewertet werden. Sie sind jedoch auch Meditationen über Formen, Strukturen, Repetition, Farbe, Linie und die Beziehung von der konstruierten und natürlichen Welt in der Malerei und Architektur. Indem ich auf gerade Linien verzichte, verleihe ich diesen sehr rasterartigen Architekturen eine menschliche Qualität der ihre imposante Präsenz gegenüber steht. Kann durch meine malerische Behandlung ein ähnlicher Blickwinkelwechsel für den Betrachter, in Bezug auf moderne Architektur, zustande kommen wie ich ihn selbst erlebt habe? 17 Literatur 18 Literatur Irene DIWIAK Der Klang der Frauen "Der Klang der Frauen" ist ein unhistorischer Historienroman und ein unromantischer Liebesroman. Er spielt zwar in der politisch aufgeladenen Österreichischen Zwischenkriegszeit, jedoch dient ihm dieser Hintergrund nur als Kulisse für seine Figuren, die sich verloren fühlen in der neuen Zeit. Wer nicht mit der Monarchie mit untergegangen ist, sucht sich Ablenkung. Denn die ist leicht zu finden in lauter Musik und gutem Wein. Aber ihren Platz in der Welt haben sie alle verloren. Es ist aber auch ein Liebesroman, weil es um die Liebe zwischen zwei Frauen geht. Einerseits die nicht wirklich talentierte, aber erfolgreiche Sängerin Gisela Liebwies, andererseits die talentierte, aber nicht wirklich erfolgreiche Komponistin Ida Gussendorff, geborene Padinsky. Sie glauben, ineinander die Ergänzung des Fehlenden gefunden zu haben, und müssen doch zum Schluss einsehen, dass auch ihre Liebe nicht den Halt gibt, nach dem sie suchen, Wie eine Operette ist "Der Klang der Frauen" oberflächlich unterhaltsam mit schrägen Charakteren und lustigen Dialogen, darunter aber liegen einsame Figuren versteckt, die sich mit allen Mitteln von der Tatsache ablenken müssen, verloren zu sein. Denn anders als in der Operette führt das Ende nicht jeden dorthin, wo er hingehört. 19 Literatur Margarita KINSTNER Zwischen Hier und Dort "Zwischen Hier und Dort" zeigt in 3 parallelen Handlungssträngen das Leben dreier Frauen, deren Wurzeln in Bosnien leben. Während Mila (37) und Ivana 26) in Österreich (Wien und Graz) leben, hat Jasmina (39) Sarajevo nie verlassen. Die Romanhandlung spielt sich vor dem Hintergrund der Februarproteste in Bosnien ab (evl. folgt eine jahreszeitliche Angleichung nach meiner Reise Feber/ März 2015, da nach den Oktoberwahlen mit abermaligen Protesten zu rechnen ist). Durch meine Teilnahme an einem Kunstprojekt in Banja Luka und meine dortige Recherche kam ich mit AktivistInnen aus Sarajevo, Banja Luka und Tuzla in Kontakt. "Zwischen Hier und Dort" ist ein fiktiver und kein politischer Roman (siehe Expose), in dem es vor allem um das Leben der drei Frauen, ihre momentane private / familiäre Situation geht - die politische Lage Bosniens soll niemals im Vordergrund stehen sondern dient als Rahmenhandlung, durch die ich jedoch durchaus auf die wirtschaftlichen Probleme, die nationalistische Propaganda und vor allem auf die herrschende Resignation unter der Bevölkerung aufmerksam machen möchte. Für 2015 sind mehrere Recherchereisen geplant - eine große, einmonatige im Feber / März, in der ich AktivistInnen bitten werde, mich an ihrem Alltag teilhaben zu lassen. 20 Geistes- und Kulturwissenschaften 21 Geistes- und Kulturwissenschaften Mag. Perry BAUMGARTINGER-SEIRINGER Staatliche Regulierung von Geschlecht als Zweigeschlechterkonstrukt – kritische diskurshistorische Dispositivanalyse desGeschlechterdispositivs anhand des sog. "Transsexuellen-Erlasses" 1980-2010 in Österreich Das empirische, transdisziplinäre Dissertationsprojekt untersucht die staatliche Regulierung von Geschlecht als Zweigeschlechterkonstrukt und ihre Verhandlung am Beispiel des so genannten "Transsexuellen-Erlasses" (TSErlass) in Österreich. Der Erlass entstand 1980-1983 und wurde bis zu seiner Absetzung 2010 von staatlichen Institutionen wie auch Trans*-Organisationen und Einzelpersonen auf verschiedenen Ebenen verhandelt. Er stellte in Österreich ein zentrales Instrument zur Regulierung heteronormativer Zweigeschlechterordnung dar. Das Dissertationsprojekt untersucht einerseits die Frage, in welcher diskursiven Umgebung und aus welchen dispositiven Verhältnissen heraus der TS-Erlass entstand, und andererseits, wie er verhandelt wurde. ln der historischen Aufarbeitung und kritischen Analyse der Entstehung des Erlasses 1980-1983 sowie seiner Verhandlung bis 2010 wird ein diesbezügliches Dispositiv herausgearbeitet, wobei der Fokus auf den reg(ul)ierenden wie auch widerstehenden diskursiven wie nichtdiskursiven Mechanismen der WissenMacht-Formation liegt. Dafür wurde eine eigene Methodologie - die Kritische Diskurshistorische Dispositivanalyse - entwickelt, die Disziplinen übergreifend die kritische diskurshistorische Analyse/n mit dispositiv- und gouvernement-theoretischen Ansätzen und jenen aus den Queer und Transgender Studies verbindet. Das umfangreiche und heterogene Datenkorpus umfasst u.a. Erlässe, Gesetzestexte, Fach- und Communityzeitschriften, medizinische Handbücher und Behandlungsempfehlungen, aktivistische Materialien wie Flyer und Unterschriftenlisten sowie Interviews mit den zentralen Personen der verschiedenen Handlungsfelder rund um den "TS-Erlass". Das Projekt verortet sich transdisziplinär sowohl in den Sprachwissenschaften wie auch der Wirtschafts- und Sozialgeschichte und den TransGender Studies. 22 Geistes- und Kulturwissenschaften Mag.a Theresa ZIFKO, MA Wem gehört das Objekt? Archäologische Sammlungen und Identitätsstiftung in transnationalen Räumen Wenn sich aufgrund des Zerfalls von Territorien Kulturgüter im "falschen" Museum oder Land befinden, so stellt sich die Frage nach ihrer Zugehörigkeit. Im Zentrum der Untersuchung steht das museale Objekt, konkret das bewegliche archäologische Artefakt, und dessen verhandelte "Zugehörigkeit" nach dem Ersten Weltkrieg. Als Untersuchungsraum dient die ehemalige HabsburgMonarchie und ihre Nachfolgestaaten, insbesondere die gemeinsame Geschichte des heutigen Sloweniens und Österreichs: Mit dem Friedensvertrag von St. Germain 1919 wurden Grenzen zwar neu gezogen, jedoch blieb ungeachtet dessen die gemeinsame Geschichte dieser Gebiete in den historisch gewachsenen Sammlungen der Museen weiterhin präsent. Genau hier beginnt die Besprechung, konkret bei jenen archäologischen Artefakten des steirischen Landesmuseums Joanneum (heutiges Universalmuseum Joanneum GmbH), die sich nach 1918 in dieser Österreichischen Sammlung befanden und deren Fundorte nun nicht mehr im "eigenen Land", sondern "auswärts" lagen. Es wird der Umgang mit "eigenen" und "fremden" Museumsobjekten in den Sammlungen untersucht und jenem im Wiener Naturhistorischen (Bundes-)Museum vergleichend gegenübergestellt. Ziel der Dissertation ist es, nachvollziehbar zu zeigen, wer unter welchen Rahmenbedingungen, mit welchen Mitteln, Methoden und Argumenten musealen Objekten in der Zwischenkriegszeit nationale, regionale oder institutionelle Bedeutung zuschrieb. Es soll deutlich werden, warum manche Objekte identitätsstiftend sein können. 23 Medizin, Naturwissenschaft und Technik 24 Medizin, Naturwissenschaft und Technik Dr.in Josa FRISCHER A Synchrotron X-ray Fluorescence Based Approach to Examine the Role of Metals in Multiple Sclerosis Pathology Einleitung: Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische Erkrankung des Zentralnervensystems (ZNS). Oxidativer Stress, Veränderungen im Eisenhaushalt sowie eine Fehlregulation von Metalloproteinen im Serum, Liquor und Hirngewebe von MS Patienten wurden mit der Pathogenese dieser Erkrankung in Zusammenhang gebracht. Ziele: Unser Projekt wird auf der Hypothese aufgebaut, dass eine Dyshomeostase spezifischer Metalle mit Läsionstypen, Immunopattern, Klinik und Outcome in MS assoziiert werden kann. Unser Ziel ist es, die Metallverteilung in MS Läsionen bezugnehmend auf Läsionstyp, strukturellen Eigenschaften und Immunopattern zu definieren und dies mit den Daten aus Normalkontrollen zu vergleichen. Das Verteilungsmuster der Biometalle wird in Bezug zu Klinik und Pathologie gesetzt. Methoden: Wir wählen einen multidisziplinären Ansatz, welcher Synchrotron X-ray fluorescence imaging, histopathologische Färbungen und Immunhistochemie beinhaltet, um Metall- Verteilungsmuster an einer einzigartigen Sammlung von MS Gewebe untersuchen zu können. Das Projekt wird auf Basis einer Kooperation zwischen der Medizinischen Universität Wien, der Mayo Clinic Rochester, USA, der Universität von Saskatchewan, Canada und der Stanford Synchrotron Radiation Lightsource(SSRL), USA durchgefuehrt. Wir charakterisieren MS Läsionen und Immunopattern. Synchrotron X-ray fluorescence imaging wird eingesetzt um niedrig– und hochauflösende Bilder der Eisenverteilung zu erstellen. Diese Verteilungsmuster werden mit den histopathologischen Daten korreliert. Im Gegensatz zu histopathologischen Färbemethoden erkennt und quantifiziert XRF alle chemischen Eisenformen und umgeht somit die bisherigen Limitationen der konventionellen Eisenfärbemethoden. Die Möglichkeit zu untersuchen, in welcher Form sich eine Eisendysregulation auf andere Biometalle im umgebenden Gewebe auswirkt, kann der Schlüssel zum Verständnis der Biometallregulierung in MS sein. Wissenschaftliche Bedeutung: Die Studie wird wichtige Einblicke in die pathophysiologischen Mechanismen der Metallhomeostase und Eisenspeicherung im ZNS von MS Patienten geben sowie den Weg für die Untersuchung von neuen Metall-Biomarkern neurodegenerativer Erkrankungen bereiten. 25 Medizin, Naturwissenschaft und Technik Mag. Dr. Tobias PFINGSTL “Zurück ins Meer” – Der Ursprung der litoralen Lebensweise von marin assoziierten Hornmilben (Acari) Hornmilben sind hauptsächlich terrestrische Tiere die den Boden, Laubstreu, Bäume etc. bewohnen. Die Überfamilie der Ameronothroidea jedoch hat es im Laufe der Evolution geschafft weltweit das marine Litoral zu besiedeln. Obwohl die Tiere in diesem extremen Lebensraum vorkommen und tagtäglich von der Flut überschwemmt werden, atmen sie noch immer Luft und unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum von typisch terrestrischen Hornmilben. Wie diese Milben die Gezeitenzone erobert haben ist unklar. Trotzdem nahm man bislang an, dass die Ameronothroidea, die momentan aus vier Familien bestehen, auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückzuführen sind. Neueste molekulargenetische Untersuchungen, sowie biogeographische Lücken und der Besitz unterschiedlicher Plastron-Mechanismen (ermöglichen Atmung unter Wasser) widersprechen jedoch dieser Theorie und weisen auf einen unabhängigen Ursprung einzelner Familien hin. Ziel des vorliegenden Projektes ist es, 1) herauszufinden ob einzelne Familien evolutionär unabhängig voneinander ins Litoral abgewandert sind, 2) zu klären wie die Kolonisierung dieses extremen Lebensraumes tatsächlich vor sich gegangen ist und 3) festzustellen welche Anpassungen dafür notwendig waren. Durch umfangreiche morphologische und molekulargenetische Analysen soll die evolutionäre Geschichte der Ameronothroidea im Detail rekonstruiert werden und paläobiogeographische Verbreitungsmuster abgeleitet werden. Diese Untersuchung liefert darüber hinaus nicht nur Einblicke in die Entstehungsgeschichte dieser Gruppe, sondern stellt auch eine wichtige Datenbasis für bioklimatische Überlegungen dar. Da die einzelnen Familien der Ameronothroidea in ihrer Verbreitung auf bestimmte Klimazonen beschränkt sind, wird die globale Erwärmung zu einer Veränderung dieser spezifischen Verbreitungsmuster führen. Durch die Kenntnis der Paläobiogeographie können möglicherweise Voraussagen über die zukünftige Verbreitung verursacht durch den Klimawandel getätigt werden. 26 Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften 27 Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Mag.a Andrea KRETSCHMANN, MA Die Normierung des Irregulären. Carework und die symbolische Qualität des Rechts Zwischen 2006 und 2009 wurde die "24-Stunden-Pflege" für ältere Menschen in österreichischen Privathaushalten rechtspolitisch RechtsadressatInnenkreises reguliert. erstmals die Mit der Regulierung Möglichkeit eröffnet, wurde auf Akteuren Angestellten- des oder Selbständigenbasis in der ..24-Stunden-Pflege" zu arbeiten beziehungsweise zu beschäftigen. Das Projekt untersucht aus einer rechtssoziologischen Perspektive, wie die Regulierung der "24Stunden-Pflege" von Akteuren des RechtsadressatInnenkreises vollzogen wird. Hierfür werden problemzentrierte Interviews mit den Angehörigen von Pflegebedürftigen und den in der "24Stunden-Pflege" Beschäftigten geführt. Ziel des Projekts ist es, Aufschluss über die Beschaffenheit rechtskonformer Handlungsorientierungen unter den spezifischen Bedingungen der rechtlichen Regulierung eines ethnisierten, vergeschlechtlichten Beschäftigungsfelds zu geben. 28 und gering bezahlten privathäuslichen Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Mag.a Barbara LITSAUER Die Bildung politischen Bewusstseins während der Französischen Revolution: Louise de Keralio-Robert und der Mercure National Die Zeitung "Mercure national et etranger" erschien von 16. April 1791 bis 5. Juli 1791 in Paris. ln diesen Zeitraum fiel ein Schlüsselereignis der Französischen Revolution: Die Flucht der königlichen Familie nach Varennes. Herausgeberin und erstgenannte Redakteurin der Zeitung war Louise Keralio Robert, die nach derzeitigem Forschungsstand als erste politisch journalistisch tätige Frau ihrer Epoche gilt. Im Unterschied zum Großteil der bekannten weiblichen Figuren der Französischen Revolution handelte sie nicht aus gemäßigten, royalistischen oder girondistischen Motiven, sondern trat für die Etablierung der Republik und die Entmachtung von König und Adel ein. Ihr politischer Einsatz brachte sie auch in Konflikt mit den Beschlüssen der bürgerlichen, an der Sicherung von Eigentumsverhältnissen und nach politischer Stabilität trachtenden Vertreter der Nationalversammlung, der sich beim so genannten Massaker auf dem Marsfeld entlud. ln der Dissertation wird die Schwerpunktsetzung von Berichterstattungen und Analysen des "Mercure national et etranger'', unter Zuhilfenahme eines Kategorien- und Kodiersystems der qualitativen lnhaltsanalyse, ermittelt. Die daraus erzielten Forschungsergebnisse sollen Aufschluss über die im französischen Sprachraum kaum, im deutschen Revolutionärin und ihrer Zeitung geben. 29 nicht bekannte, radikal-republikanische Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Mag.a Iris MURER Verfassungsrechtliche Grenzen der Reglementierung des Prostitutionswesens im Verwaltungsrecht Das Prostitutionswesen stellt den Gesetzgeber auf Grund seines hochsensiblen Charakters vor zahlreiche Herausforderungen, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten und Moral und Volksgesundheit zu schützen. Der Staat kann sich unterschiedlicher Ansätze bedienen, um damit rechtlich umzugehen. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um die Entscheidung, Prostitution entweder zuzulassen oder zu untersagen. ln Österreich ist Prostitution innerhalb der strafrechtlichen Grenzen erlaubt; es wird vornehmlich ein Regulierungsansatz verfolgt. Diese Entscheidung gründet auf der Annahme, dass Prostitution ein unvermeidliches Übel darstellt und lediglich durch die Regulierung die Interessen aller Betroffenen Ausgestaltung finden können. Die Regulierung dient insbesondere dazu, die Arbeitsbedingungen der Betroffenen verbessern und Missbrauch durch regelmäßige staatliche Kontrollen identifizieren zu können, da sich die Situation der in der Prostitution in Österreich tätigen Frauen, in den letzten Jahrzehnten frappant verschlechtert hat und es sich nach wie vor um eine häufig von Zuhälterei geprägte Tätigkeit handelt. Im Zuge dieses Regulierungsmodells stellt sich die Frage, durch wen und inwiefern das Prostitutionswesen rechtlich ausgestaltet werden darf. Grenzen für die Regulierung liegen unter anderem in der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit; sie finden sich insbesondere in den Kompetenznormen und in den Grundrechten. Bei nüchterner juristischer Betrachtung hat eine erste Prüfung ernste Bedenken hinsichtlich der Kompetenz- und Grundrechtskonformität der einschlägigen Rechtsvorschriften zu Tage gebracht. Im Rahmen dieses Dissertationsprojekts sollen daher die bestehende Reglementierung des Prostitutionswesens in den einschlägigen Landesgesetzen und der Verordnung über die Untersuchungspflicht auf ihre kompetenzrechtliche und grundrechtliche Zulässigkeit untersucht und gegebenenfalls Verfassungswidrigkeiten aufgezeigt werden. 30 Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Mag. Philip RATHGEB The Viability of Social Solidarity: Political Parties and Trade Unions in the Era of Liberalisation Wachsende Ungleichheit stellt eine Herausforderung für Demokratie und Gesellschaft dar. Die auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich wird zunehmend mit den drängendsten Problemen unserer Zeit in Verbindung gebracht: sinkendes Wirtschaftswachstum, ungleiche Lebenschancen, steigende Armut, rückgängige Wahlbeteiligung und steigende Fremdenfeindlichkeit. Aber warum wächst Ungleichheit in manchen Ländern mehr als in anderen? Warum verabschieden politische Akteure in manchen Ländern Reformen, die Ungleichheit verschärfen, während sie in anderen Ländern Ungleichheit abmildern? Meine Dissertation am EUI Florenz ergründet diese Fragestellung durch eine ländervergleichende Untersuchung von Arbeitsmarktpolitik im Zeitalter der Liberalisierung. Arbeitsmarktpolitik stellt ein zentrales Politikfeld in der Umverteilungsaktivität nationaler Wohlfahrtsstaaten dar und beeinflusst folglich die Effekte der ökonomischen Liberalisierung auf soziale Spaltungen. Der Vergleich basiert auf einer Auswahl kleiner Länder mit einer dreigeteilten Methodologie von systematischer Prozessanalyse: Österreich, Dänemark und Schweden. Der Grund für diese Länderauswahl liegt Entscheidungssysteme darin, dass die drei Länder (a) ähnliche korporatistische aufweisen und (b) trotzdem unterschiedliche Reformpfade einschlugen. Dieses "most similar systems design" ermöglicht mir, mein Argument für steigende Ungleichheit zu evaluieren und gleichsam bereits existierende Theorien in meine Erklärung mit einzubeziehen. Meine Dissertation geht über machtressourcentheoretische bestehende Interaktion Ansätze zwischen hinaus, Parteien indem und es konkret die Gewerkschaften in reformpolitischen Entscheidungsprozessen untersucht. Dabei entwickle ich einen integralen Theorierahmen zur Erfassung von den Auswirkungen verbandlicher Machtressourcen auf soziale Solidarität. 31 sich verändernder elektoraler und TKF – Sonderpreis (Medizin, Naturwissenschaft, Technik) gewidmet vom Bundesministerium für Verkehr, Infrastruktur und Technologie 32 Medizin, Naturwissenschaft und Technik Dr. Bernd RESCH Urban Emotions – Fusion von Emotionsdaten aus technischen und menschlichen Sensoren zur bürgerzentrierten Unterstützung stadtplanerischer Prozesse Stadtplanung fand ursprünglich und bisher oft am Reißbrett bzw. am Computer statt, also ohne ausreichende Einbindung von Bürgern oder es wurde „am Bürger vorbei“ geplant. Mit dem Aufkommen der starken Forderung nach Bürgerbeteiligung im Zuge von Web 2.0-Phänomenen gilt es nun, Methoden für bürgerzentrierte Stadtplanung zu entwickeln, die den individuellen Bedürfnissen der Bürger gerecht werden. Deshalb liegt der interdisziplinäre Ansatz des „Urban Emotions“Konzeptes darin, neue technologische Erkenntnisse in die Methodensets der Stadtplanung zu integrieren. Die methodische Innovation von Urban Emotions besteht in der Entwicklung eines Verfahrens, das Algorithmen aus den Domänen Geoinformatik, Computerlinguistik und Zeitreihenanalyse in sich vereint. Darüber hinaus ist Urban Emotions der erste Ansatz, der drei verschiedene Quellen für die Gewinnung von kontextueller Emotionsinformation verwendet: Messungen von Biometriesensoren, subjektive Beobachtungen von Bürgern an Hand des „People as Sensors“-Konzeptes, und Daten aus sozialen Medien (Twitter-Posts, Annotationen von Flickr-Fotos, etc.). Erste – noch nicht validierte und publizierte – Feldstudien zeigen, dass das Urban Emotions Konzept an sich zu eindeutig interpretierbaren Ergebnissen führt, also Emotionsinformationen mit Hilfe des vorgestellten Ansatzes gewonnen und für stadtplanerische Zwecke verwendet werden können. Damit können zukünftige Entwicklungen in einer klar definierten Roadmap adressiert werden. Diese umfassen primär das Design von aussagekräftigen Feldstudien, die Entwicklung des Algorithmus zur Emotionsextraktion aus Social Media Daten gemeinsam mit Wissenschaftern der Harvard University, die Umsetzung des People as Sensors Konzeptes in Form einer Smartphone-App, und die individuelle Kalibrierung von Sensoren und der People as Sensors-Eingaben zusammen mit Umweltpsychologen. Danach werden die Studien im Feld durchgeführt, die resultierenden Daten ausgewertet und als Information für Stadtplaner zur Verfügung gestellt. 33 TKF – Sonderpreis gewidmet von der Kulturabteilung der Stadt Wien (Wissenschafts- und Forschungsförderung) 34 Geistes- und Kulturwissenschaften Mag.a Linda ERKER Zwei Universitäten, zwei Städte, zwei faschistische Regime? Diachroner Vergleich der Universität Wien im Austrofaschismus und der Universität Madrid im Franquismus. Im Rahmen des Dissertationsprojektes werden die Universität Wien im Austrofaschismus (1933/34– 1938) und die Universidad Central de Madrid im frühen Franquismus (1939–1956) vergleichend untersucht. Beide Universitäten waren die größten Hochschulen ihrer Länder und befanden sich in den Hauptstädten, den jeweiligen Machtzentren der Regime. Mittels eines historischen Vergleichs werden die strukturellen und ideologischen Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede der beiden Systeme herausgearbeitet. Die Arbeit stellt damit die erste komparative Studie der Herrschaftssysteme im Allgemeinen sowie im Speziellen ihrer größten Universitäten und der Hochschulpolitik dar. Die Fragestellung der Arbeit ist zudem nicht nur in Bezug auf die vergleichende Untersuchung der staatlichen und kulturellen Wirkungsmacht der Regime an den Universitäten innovativ, sondern stellt auch die erste umfassende Untersuchung über die Universität Wien zur Zeit des Austrofaschismus dar. Auf Basis umfangreichen Archivmaterials, das sowohl in Wien als auch in Madrid gesichtet wurde, sollen die Wechselbeziehung zwischen Staat und Universität sowie mögliche Eingriffe in die universitäre Autonomie beleuchtet werden. Anhand der Akten der „Säuberungstribunale“ in Madrid ab 1939 sowie der Akten der Disziplinarverfahren gegen Lehrende in Wien werden Maßnahmen und Zielsetzungen der Repressionen untersucht, um die Frage zu beantworten, ob man in beiden Fällen von „elitenbezogenen Reinigungsstrategien“ sprechen kann. Darüber hinaus wird für beide Systeme die Rolle der Studierenden in deren Bedeutung als „neue Elite“ analysiert. Das Projekt stellt eine Auseinandersetzung mit den grundlegenden Fragen der wissenschaftlichen Freiheit, der Instrumentalisierbarkeit von Universitätspolitik und den Folgen von wissenschaftspolitischer Repression dar. Der thematische Spezialvergleich soll ein klareres Bild der Rolle und Funktionen von Universitäten in den beiden faschistischen Systemen zeichnen. 35 TKF – Publikationspreis gewidmet vom Verlag des ÖGB 36 Geistes- und Kulturwissenschaften Mag.a Sonja HINSCH "Arbeitsscheue" und "Arbeitslose": Hierarchisierungen zwischen unterschiedlichen Formen der Nicht-Arbeit in Zwangsarbeitsanstalten und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (Österreich 1918-1938) ln meiner Dissertation untersuche ich die unterschiedlichen Bedeutungen von Nicht-Arbeit im zunächst expandierenden Sozialstaat und ab dem Austrofaschismus regressiven Entwicklungen im Österreich der Zwischenkriegszeit in dieser Phase wurde in manchen Fällen staatliche Unterstützung angeboten - in Form der Vermittlung oder des Arbeitslosengeldes - in anderen Fällen wurde Nicht-Arbeit staatlich sanktioniert. Nicht alle diese Interventionen sind gleich bekannt. So gehören das Problem der Arbeitslosigkeit und die mögliche Unterstützung von Arbeitslosen im Österreich der Zwischenkriegszeit zum heutigen Allgemeinwissen. Die Internierung von als nicht arbeitend angesehenen Personen in Zwangsarbeitsanstalten in der Zwischenkriegszeit ist hingegen fast unbekannt. Ich empfinde es zum einen als eine moralische Verpflichtung, die nahezu nicht erforschte Existenz von Zwangsarbeitsanstalten in der Zwischenkriegszeit bekannt zu machen. Andererseits ist die Analyse der Bedeutung von der Bestrafung von sogenannten ,,Arbeitsscheuen" eine notwendige Voraussetzung, um die Bedeutung anderer Interventionen bei als anders verstandenen Formen von Nicht-Arbeit wie Arbeitslosigkeit besser verstehen zu können. 37 Herbert Tumpel Preis gewidmet von Bundesarbeitskammer und ÖGB Zu Ehren des langjährigen AK Präsidenten beschlossen Bundesarbeitskammer und ÖGB die Stiftung eines „Herbert Tumpel Preises“ für besondere politische, ökonomisch oder kulturelle Arbeiten. Eine herausragende wissenschaftliche Leistung aus diesen Bereichen wird jährlich mit 7.000 Euro prämiert. 38 Ass.-Prof. Mag. Dr. Thomas SCHODITSCH Gleichheit und Geschlecht - Neue Herausforderungen für das österreichische Recht Die eingereichte Arbeit befasst sich mit dem Thema "Gleichheit und Geschlecht" aus rechtswissenschaftlicher Sicht und untersucht die praktischen Auswirkungen des Gender-Diskurses, der mittlerweile viele verschiedene Themenbereiche umfasst: Erörtert werden etwa Fragen der Diskriminierung am Arbeitsplatz, des gleichen Entgelts für alle ArbeitnehmerInnen oder der familienrechtlichen Situation heterosexueller PartnerInnen. Ebenso kommen auch neue gesellschaftliche Herausforderungen zur Sprache: So etwa die rechtliche Stellung von Minderheiten wie homosexuellen, trans- oder intersexuellen Personen; zusätzlich aber auch die Beschneidung von Kindern aus religiösen Gründen, die infolge des steigenden Anteils der muslimischen und jüdischen Bevölkerung in Österreich stärker in den Blickpunkt rückt. All diese Fragestellungen sollen in einen rechtlichen Kontext gebracht werden, der zunächst von den Grundrechten der Verfassung geprägt wird. Freilich betreffen diese Themen stets Querschnittsbereiche - vom Arbeits- und Sozialversicherungsrecht über das Familienrecht bis hin zum Verwaltungsrecht-, sodass insbesondere der Einfluss der Grundrechte auf die einfachgesetzliche Rechtslage von Bedeutung sein wird. Besonderes Augenmerk wird neben der Judikatur des VfGH dabei auf die Erkenntnisse des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, aber auch des Europäischen Gerichtshofs gelegt: Diese werden für die Auslegung des nationalen Rechts immer bedeutsamer, weshalb aktuell eine Tendenz zur "Konstitutionalisierung" des Privatrechts feststellbar ist. Die eingereichte Arbeit verknüpft damit die unterschiedlichen Themenbereiche der "legal gender studies" unter dem Mantel der Grundrechte. Mit diesem Ansatz soll klarer werden, dass die zuvor angesprochenen Themen nicht jeweils Einzelprobleme sind, sondern ihnen Gemeinsamkeiten zugrunde liegen: Dadurch treten Problemlagen stärker vor Augen; zudem lassen sich die Begründungen von Behörden und Gerichten leichter untereinander vergleichen. Gleichzeitig wird dadurch die Basis für neue Lösungsvorschläge in diesem Bereich geschaffen, um diesen gesellschaftlichen Herausforderungen rechtlich angemessen begegnen zu können. 39 Mit Ergänzungsblättern der PreisträgerInnen 2014 und 2015 ISBN: 978-3-7035-1546-0 40 Der Theodor Körner Fonds dankt seinen Sponsoren für die Unterstützung: Bundesarbeitskammer (BAK) Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) BAWAG PSK Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technik Die Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) Fachverband österreichischer Banken und Bankiers Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck-Journalismus-Papier (GPA) Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) Land Oberösterreich Oesterreichische Nationalbank Österreichische Kontrollbank AG Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB) Raiffeisen Zentralbank Österreich AG Stadt Wien – Wien Kultur Wiener Städtische Versicherung AG Vienna Insurance Group Voestalpine AG Wirtschaftskammer Österreich 41