Werte - Institut für Jugendkulturforschung
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Werte - Institut für Jugendkulturforschung
Theorie und Praxis der Jugend-Soziologie © Universal Music Bernhard Heinzlmaier © Universal Music © Universal Music Institut für Jugendkulturforschung, Alserbachstraße 18/7. OG, 1090 Wien Die Jugend: Versuch einer sozio-kulturellen Definition Medialer Wandel: Fernsehprogramm 10. April 1962 • Es gibt einen TV-Kanal • Sendebeginn unter der Woche: 19 Uhr 30; Sendeschluss: 22 Uhr Hauptabendprogramm ist ein „deutsches Fernsehspiel“ Fernsehspiel = Hörspiel im Form eines Theaters, das für die Wiedergabe im TV bestimmt ist. Das Paradies von Pont L´Eveque (Johannes Hendrich) "Zugluft pfeift durch jede Ritze diesen hier reisst es vom Sitze. Jener aber macht ihm klar, dass das gar nicht nötig war. TESA-Moll ins Fenster kleben und behaglich weiterleben." (Kurzfilmmosaik) • • • • Juvenilisierung der Alltagskultur „Die jungen Zielgruppen verfügen über die kulturelle (symbolische) Meinungsführerschaft “ • Präfigurative Kultur: „Die Wege, die uns in die • Gegenwart geführt haben, sind nicht mehr gangbar und werden nie mehr begehbar sein.“ In einer solchen Kultur lernen die Alten von den Jungen. Die Jungen kommt die Aufgabe zu, die Älteren bei der Hand nehmen und ihnen den Weg ins Unbekannte weisen. Margaret Mead (1901 – 1978), amerikanische Anthropologin und Ethnologin: Der Konflikt der Generationen. Jugend ohne Vorbild. Definition der Zielgruppe „Jugend“ „Die Jugendphase dehnt sich aus. Es gibt immer mehr Menschen, die von jugendkulturellen Stilistiken beeinflusst sind.“ • Die Jugendphase beginnt früher (Verschwinden der Kindheit) und endet immer später (Juvenilisierung / Infantilisierung der Gesellschaft). • Phasen: Frühe Jugend, Adoleszent, Postadoleszenz (Zeitspanne: 10 bis 35 Jahre) • Entstrukturierung der Jugendphase: Es gibt keine vorgegebenen Muster, keine Vorbilder mehr. Die (post-)moderne Jugend ist ein buntes Gemisch an Lebensentwürfen, Lebenswelten und Lebenslagen. Das 40igste Lebensjahr: Grenzen der Juvenilität • Vierzigstes Lebensjahr als Grenzzone zwischen • • • • den Altersgruppen Werte der Jugendlichkeit: Erlebnishunger, Abwechslungsbedürfnis, Offenheit für unerwartete Situationen, Expressivität Kognitive Entwicklung: immer unausweichlicher wird die Erkenntnis, das die subjektive Zukunft kürzer sind wird, als die subjektive Vergangenheit Physiologische Entwicklung: Erscheinungsbild evidenter Jugendlichkeit geht verloren „Der Spielraum sozialer Definitionen von „jünger“ und „älter“ hat in den Jahren um die Lebensmitte eine Obergrenze. Es ist ein sozialhistorisch neues Faktum, dass dieser Spielraum tatsächlich bis zur Grenze ausgenutzt wird.“ (Erlebnisgesellschaft/ 371) Gerhard Schulze (* 1944): Deutscher Soziologe. Autor der „Erlebnisgesellschaft“ Individualisierung "Das Individuum wird zentraler Bezugspunkt für sich selbst und die Gesellschaft.“ • Das Individuum im Spannungsfeld zwischen Individuation und Sozialisation • Individualität als Pflicht: Erfinde dich täglich ohne Vorlage oder Vorbild • Das Individuum steht im Mittelpunkt, nicht traditionelle Gruppen oder Kollektive • Posttraditonelle Gemeinschaften entstehen (Szenen, informelle Gruppen) • Lebensstile und Moden gewinnen an Bedeutung Ulrich Beck (* 15. Mai 1944) in Stolp in Hinterpommern ist ein deutscher Soziologe Das Steigerungsspiel „Immer weiter, immer höher, immer größer – das ist das wirkungsvolle Grundprinzip der (Post-)Moderne.“ • Die postmoderne Kultur des permanenten Unterwegssein hat das Ankommen verlernt. • Erfüllung finden man am Hausbau und nicht am Wohnen. • Mögliche neue Tendenz im 21. Jahrhundert: Kultur des Ankommens. • Neuer Menschentyp, der sein Heil nicht in einem Mehr an Konsum, an Steigerungswissen und an materieller Grenzüberschreitung sucht, sondern in daseinsfroher Bescheidung und in vitaler Ausschöpfung der bestehenden Möglichkeiten. Gerhard Schulze (* 1944): Deutscher Soziologe. Autor der „Erlebnisgesellschaft“ Der Körperkult in der Lebensstilgesellschaft Der Körper als Symbol für Individualität und Leistungsfähigkeit • Der Körper ist der „Aufmerksamkeitsgenerator“ unserer Zeit • Er steht für Vitalität und Leistungsfähigkeit in Beruf und Freizeit • Der Körper als Garant von Individualität. Er macht den Massenmenschen zu etwas Besonderem und Einzigartigem • Der Körper ist ein wichtiges Kommunikationsmittel in einer Zeit, in der symbolischer und Bildkommunikation die größte Bedeutung zukommt • 45 Prozent der Unter-30-jährigen treiben dreimal die Woche Sport • Grosses Wissen über und großes Interesse an Gesundheitsthemen. Hohe Ausgabenbereitschaft vorhanden Eine Gesellschaft im Körperwahn Der Körper unter Perfektionsdruck – Schöner sein als die Natur erlaubt • 500.000 Schönheitsoperationen wurden 2011 in Deutschland durchgeführt • 30,7 Prozent der Schönheitsoperationen in Deutschland werden an Patienten unter 30 Jahren durchgeführt • 19 Menschen sind in Deutschland zwischen 1998 und 2002 bei oder nach einer Fettabsaugung gestorben • 16,8% der Patienten, die ihren Körper verschönern lassen sind Männer, ca. 20 Prozent in der Gruppe der unter 30jährigen • 800 Millionen Euro gaben die Deutschen 2011 für Schönheitsoperationen aus • 5.500 Euro koste eine Brustvergrößerung mindesten. Eine Lidstraffung gibt es um 1.800 Euro. Für eine Fettabsaugung muss man 1.500 bis 5.000 Euro bezahlen. • 5% mehr verdient ein gut aussehender Arbeitnehmer im Vergleich zum durchschnittlich attraktiven Kollegen (DIE ZEIT Nr. 45, 31. Oktober 2012:15) Die Gesellschaft: Diagnose und Standortbestimmung Der ganz normale Wahnsinn „Woran es liegt, dass der Einzelne sich nicht wohl fühlt, obwohl es uns allen so gut geht.“ Der ganz normale Wahnsinn ist eine aus 12 Folgen bestehende deutsche Fernsehserie, die erstmals zwischen 1979 und 1980 gesendet wurde. Regisseur und Drehbuchautor der meisten Folgen war Helmut Dietl. Manipulation statt Disziplinierung „Wir befinden uns in einer allgemeinen Krise aller Einschließungsmilieus.“ (Gilles Deleuze) • Foucault ordnet die Disziplinargesellschaft dem 18. und 19. Jahrhundert zu. Einschließungsmilieus: Integration des Individuums in Familie, Schule, Kaserne, Fabrik, Klinik, Gefängnis – konzentrieren, im Raum verteilen, in der Zeit anordnen • Kontrollgesellschaft: Kontrollformen mit freiheitlichem Aussehen. (Unternehmen statt Fabrik, Tagesklinik statt Krankenhaus). Das Unternehmen ist kein Körper, sondern eine Seele, ein Gas. • Aktivierung von Selbststeuerungspotentialen statt Überwachen und Strafen – neoliberale Bildungsinstitutionen – Herrschaft durch Motivation Gilles Deleuze (* 18. Januar 1925 in Paris; † 4. November 1995 ebenda) war ein französischer Philosoph. Deleuze verfasste zahlreiche Schriften über Philosophie, Literatur, Film und Kunst. Disziplinargesellschaft: Herrschaft durch Fremdzwang Panoptische Kontrolle: Gefängnisbau nach einem Modell von Jeremy Bentham; die totale Institution; Herrschaft durch Fremdzwänge, Überwachen und Strafen Jeremy Bentham (* 15. Februar 1748 in Spitalfields, London; † 6. Juni 1832 in London) war ein englischer Jurist, Philosoph und Sozialreformer. Bentham gilt als Begründer des klassischen Utilitarismus. Kontrollgesellschaft: Selbststeuerung durch „Vernunft“ Aktivierung von Selbststeuerungspotentialen; Individuum sein wird zur Pflicht; Therapeuten, Coaches; Selbstmonitoring; Selbstmodelierung, Selbsterfindung. Jeremy Bentham (* 15. Februar 1748 in Spitalfields, London; † 6. Juni 1832 in London) war ein englischer Jurist, Philosoph und Sozialreformer. Bentham gilt als Begründer des klassischen Utilitarismus. Das schuldige Subjekt „Zeitliche Normen werden rigide implementiert durch die Einführung von Deadlines und Ablaufplänen, durch die Macht der Kurzfristigkeit und des Unmittelbaren sowie durch die Logik der instantanen Gratifikation und Reaktion. Diese Normen zeitigen (ebenso wie die meisten moralischen Normen anderer Gesellschaften und Kulturen) den hochwirksamen Effekt des „schuldigen Subjekts“: Letztlich fühlen wir uns am Ende des Tages immer schuldig, weil wir die (sozialen) Erwartung nicht erfüllt haben. Wir sind schlicht niemals in der Lage, unsere To-do-Listen vollständig abzuarbeiten, ganz im Gegenteil: Der Abstand zum Boden scheint beinahe täglich größer zu werden. (Rosa 2013:110) Hartmut Rosa (* 15. August 1965 in Lörrach) ist ein deutscher Soziologe und Politikwissenschaftler, der an der Friedrich-Schiller-Universität Jena lehrt und dem Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt als Direktor vorsteht. Der Zwang zur Selbstverwirklichung • Die Menschen stehen unter permanentem • Druck, aus eigener Verantwortung heraus selbst Initiativen setzen und gestalten zu müssen. „Die Depression zeigt uns die aktuelle Erfahrung der Person, denn sie ist die Krankheit einer Gesellschaft, deren Verhaltensnormen nicht mehr auf Schuld und Disziplin gründet, sondern auf Verantwortung und Initiative. Gestern verlangten die sozialen Regeln Konformismus im Denken, wenn nicht Automatismus im Verhalten; heute fordern sie Initiative und mentale Fähigkeiten.“ (Alain Ehrenberg, Das erschöpfte Selbst) Alain Ehrenberg, born in Paris in 1950, is a French sociologist. Veränderungen in der Arbeitswelt • „Entgrenzung der Arbeit“ - Flexibilisierung der Arbeitszeiten/Betriebsstrukturen, Deregulierung der Beschäftigung, Mobilitätsanforderungen etc. • „Subjektivierung der Arbeit“ - Selbststeuerung, betriebliche Nutzung der Subjektivität (Kreativität, Kommunikativität, Sozialkompetenz etc.) • „Arbeitskraftunternehmer“ löst „verberuflichten Arbeitnehmer“ ab (indirekte Steuerung durch Zielvereinbarungen, Ergebnis- und Qualitätskontrolle, sozialen Druck, betriebliche Indoktrination) • Geforderte Eigenschaften: Selbstkontrolle (Planung der Tätigkeiten in Eigenregie), Selbstökonomisierung (Selbstvermarktung, marktvermittelter Nutzen der Arbeitskraft), Selbstrationalisierung (Ausrichtung des ganzen Lebens auf den Erwerb) G. Günther Voss/Cornelia Weiß: Burnout und Depression – Leiterkrankungen des subjektiven Kapitalismus oder: Woran leidet der Arbeitskraftunternehmer. (Neckl/Wagner: Leistung und Erschöpfung. Berlin 2013) Statistische Daten zum Erschöpfungssyndrom • Der Gesamtwert der durch psychische • • • • • Erkrankungen verursachten Arbeitsunfähigkeitstage pro 100 BKK- Versicherte lag im Jahr 1990 bei ungefähr 130 Tage, 2010 waren es bereits 196 Tage. (BKK- Bundesverband 2012) Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen hat sich zwischen 2000 und 2010 um 75 Prozent erhöht. (Bundestherapeutenkammer 2012) Anteil am Gesamtkrankenstand der psychischen Erkrankungen: 13 Prozent Depression: Frauen 10 Prozent, Männer 6 Prozent; 18bis 29-jährige 10 Prozent (insgesamt 8 Prozent) Depression: niedriger sozialer Status überwieg Burn-Out: hoher sozialer Status und höheres Alter überwiegt (Robert Koch Institut) G. Günther Voss/Cornelia Weiß: Burnout und Depression – Leiterkrankungen des subjektiven Kapitalismus oder: Woran leidet der Arbeitskraftunternehmer. (Neckl/Wagner: Leistung und Erschöpfung. Berlin 2013) Herrschaft durch moralisierende Toleranz Die Geschichte zweier Väter, die ihr Kind auffordern, an einem Sonntagnachmittag die Großmutter zu besuchen: Der ödipale Vater: „Mir ist es egal, wie dir zumute ist, du musst deine Großmutter besuchen. Du musst gehen, du wirst gehen. Und benimm dich anständig.“ Der postmoderne, tolerante Vater: „Du weißt ja, wie sehr deine Großmutter dich liebt, aber natürlich solltest du sie nur dann besuchen, wenn du es wirklich willst.“ Im ersten Fall geht es um einen völlig klaren Befehl: Das ödipale Gebot kann befolgt werden oder nicht. Aber im zweiten Fall enthält die scheinbar freie Entscheidung untergründig eine noch strengere Anweisung: „Du solltest nicht nur deine Großmutter besuchen, sondern du musst es auch gerne tun.“ Ein Beispiel dafür, dass eine scheinbar tolerante freie Entscheidung einen noch stärkeren Befehl in sich bergen kann. Slavoj Žižek (* 21. März 1949 in Ljubljana) ist ein aus Slowenien stammender Philosoph, Kulturkritiker und Theoretiker der lacanianischen Psychoanalyse. Zurück zu den Sachen: Theoretische und methodische Perspektiven Theorie und (Selbst-)Experiment „Ich bin ein Experimentator und kein Theoretiker. Als Theoretiker bezeichne ich jemanden, der ein allgemeines System errichtet (…) und es in immer gleicher Weise auf unterschiedliche Bereiche anwendet. Das ist nicht mein Fall. Ich bin ein Experimentator in dem Sinne, dass ich schreibe, um mich selbst zu verändern um nicht mehr dasselbe zu denken wie zuvor.“ Michel Foucault (* 15. Oktober 1926 in Poitiers; † 25. Juni 1984 in Paris) war ein französischer Philosoph des Poststrukturalismus , Psychologe, Historiker, Soziologe und Begründer der Diskursanalyse. Plädoyer für einen verantwortungsvollen Pragmatismus „Max Weber begründet so eine Forschung, die sich dafür interessiert, was ist – und nicht (für) das, was sein soll. (…) Anders als Immanuel Kant, der die Welt quasi mit einem starren Set an Werten beglücken wollte, beobachtete Weber zunächst die Wirklichkeit, schaute, was sich bewährte – und zog daraus seine Schlüsse. (…) Indem Weber etwa sein Verantwortungsethik als Gegensatz zur Gesinnungsethik herausarbeitet, vermeidet er, wie viele andere Weltverbesserer in die Gutmenschfalle zu tappen. (…) Weber hält ein flammendes Plädoyer für einen verantwortungsvollen Pragmatismus.“ (Handelsblatt 27/2014) Maximilian Carl Emil Weber (* 21. April 1864 in Erfurt; † 14. Juni 1920 in München) war ein deutscher Soziologe, Jurist und Nationalökonom. Er gilt als einer der Klassiker der Soziologie sowie der gesamten Kultur- und Sozialwissenschaften. Verantwortung oder Gesinnung „Verantwortlich fühlt sich der Gesinnungsethiker nur dafür, dass die Flamme der reinen Gesinnung nicht erlöscht.“ Maximilian Carl Emil Weber (* 21. April 1864 in Erfurt; † 14. Juni 1920 in München) war ein deutscher Soziologe, Jurist und Nationalökonom. Er gilt als einer der Klassiker der Soziologie sowie der gesamten Kultur- und Sozialwissenschaften. Zurück zu den Sachen Phänomenologischer Zugang zur Welt: Abstrakte theoretische Ordnungssysteme entfremden das Denken von den realen Phänomenen. Distanzierung von intellektuell durchkonstruierten Weltsystemen. „Zitate, Gespräche und Beobachtungen an Ort und Stelle bilden den Grundstock der Arbeit. Sie wollen nicht als Exempel irgendeiner Theorie, sondern als exemplarische Fälle der Wirklichkeit gelten. (…) Die Erkenntnis (…) ist zudem nicht nur die notwendige Voraussetzung aller Veränderungen, sondern schließt selbst schon eine Veränderung mit ein.“ (Die Angestellten: Vorwort) Siegfried Kracauer (* 8. Februar 1889 in Frankfurt am Main; † 26. November 1966 in New York) war ein deutscher Journalist, Soziologe, Filmtheoretiker und Geschichtsphilosoph . Kracauer ist Autor der ersten empirisch-soziologischen Studie in Deutschland (Die Angestellten). Lebensstil der Angestellten in den 1920er Jahren „Ein eleganter Herr, zweifellos ein höherer Konfektionär, betritt abends in Begleitung seiner Freundin den Vorraum eines weltstädtischen Vergnügungsetablissements. Der Freundin ist auf den ersten Blick anzusehen, dass sie im Nebenberuf acht Stunden hinter dem Ladentisch steht. Die Garderobenfrau wendet sich an die Freundin: „Wollen gnädige Frau nicht den Mantel ablegen?“ Siegfried Kracauer (* 8. Februar 1889 in Frankfurt am Main; † 26. November 1966 in New York) war ein deutscher Journalist, Soziologe, Filmtheoretiker und Geschichtsphilosoph . Kracauer ist Autor der ersten empirisch-soziologischen Studie in Deutschland (Die Angestellten). Mikrokosmos Gothic-Kultur Romantik Style: Korsett, Reifrock, historische Moden (Mittelalter, Barock, Rokoko Industrial Style: Gasmasken, Schweißerbrillen, Mundschutz, Schutz- und Tarnanzüge Cyber-Gothic-Stil: Glitter, Glamour, Neonfarben, Kunstpelze, Federboas, Futurismus SM-Stil: Latex, Leder, Körper, Erotik, Ketten, Halsbänder, Handschellen Gothic-Lolia-Stil: Visual Kei-Stil, Kindchenschema, Petticoats, Tüll, Spitze, Ballerinas, Kellnerinnen, Schuluniformen, Dirndl Ronald Hitzler, Thomas Bucher, Arne Niederbacher: Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute. VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2010. 3., aktualisierte Auflage. Perspektivenwechsel: Montaigne und seine Katze „Wenn ich mit meiner Katze spiele – wer weiß, ob ich nich mehr ihr zum Zeitvertreib diene als sie mir. (…) Die närrischen Spiele, mit denen wir uns vergnügen, sind wechselseitig: Ebenso oft wie ich bestimmt sie, wann es losgehn oder aufhören soll.“ Montaigne macht sich die Perspektive der Katze, die ihn betrachtet, genauso zu eigen, wie er seine eigene Perspektive ihr gegenüber einnimmt. Er springt zwischen den verschiedenen Perspektiven hin und her. „Diese Unfähigkeit zur Kommunikation zwischen ihnen und uns – warum sollte sie nicht ebenso unsere sein wie ihre?“ Michel Eyquem de Montaigne (* 28. Februar 1533 auf Schloss Montaigne im Périgord ; † 13. September 1592 ebenda), war Jurist, Politiker , Philosoph und Begründer der Essayistik. Die Jugend gibt es nicht: Postmoderne Vielfalt und Möglichkeiten einer Neuen Übersichtlichkeit Jugend-Sinus-Milieus 2013 2013 Jugendmilieus Österreich = überrepräsentiert = durchschnittlich = unterrepräsentiert 15% KonservativBürgerliche Bildung und Einkommen Niedrig 3 Mittel 2 Hoch 1 Performer Digitale Individualisten Postmaterielle 10% 17% 18% AdaptivPragmatische 18% Hedonisten 21% © INTEGRAL Grundorientierung A Tradition B Moderne C Postmoderne Machen & Erleben 30 Neue Wertesynthesen 31 Kurzcharakteristik Die vielseitig interessierten Lifestyle-Kritiker auf der Suche nach verantwortungsbewusster Selbstverwirklichung Die Familien- und Heimatorientierten mit bewusst konservativem Lebensstil Die optimistischen, globalisierungsbejahenden Macher auf dem Weg zum beruflichen Erfolg Die erfolgsorientierte Lifestyle-Elite auf der Suche nach unkonventionellen Erfahrungen Der flexible, fleißige, familienbewusste, moderne Mainstream Die spaß- und lustorientierten Mainstreamverweigerer auf der Suche nach einer Lebensnische 32 Zukunftserwartungen In 10 Jahren: „Ich übe einen Beruf aus, der gleichzeitig meine Leidenschaft ist, mir jeden Tag Spaß macht und mich fordert und bei dem das Geld verdienen nicht die vorrangige Motivation ist und ich Menschen helfen kann.“ Männlich, 19 Jahre In 10 Jahren: „Ich hätte gern eine große Wohnung mit Garten. Ich hätte gern einen sportlichen und edlen Audi und hätte gern das 1. Kind unterwegs oder schon auch das zweite.“ Weiblich, 19 Jahre In 10 Jahren: „Ich werde Auslandskorrespondentin in London sein, lebe aber mit meiner Familie am Land (eventuell Buckinghamshire). Mein Mann und ich sind erfolgreich in unseren Berufen, so dass wir unsere Kinder in Privatschulen unterrichten lassen können.“ Weiblich, 24 Jahre In 10 Jahren: „Ich möchte in 10 Jahren von meinen Video und Filmarbeiten leben können und mich kreativ austoben können.“ Weiblich, 20 Jahre „Ich lerne Fremdsprachen und werde ein Studium haben, dann hoffe ich doch, dass ich einen guten Job bekomme und einigermaßen verdiene, und dann will ich Kinder haben.“ Weiblich 19 Jahre In 10 Jahren: „Hier, in meiner Wohnung. Ich mache hoffentlich noch dasselbe und bin glücklich und zufrieden.“ Weiblich, 24 Jahre Zukunftserwartungen In 10 Jahren: „Ich übe einen Beruf aus, der gleichzeitig meine Leidenschaft ist, mir jeden Tag Spaß macht und mich fordert und bei dem das Geld verdienen nicht die vorrangige Motivation ist und ich Menschen helfen kann.“ Männlich, 19 Jahre In 10 Jahren: „Ich hätte gern eine große Wohnung mit Garten. Ich hätte gern einen sportlichen und edlen Audi und hätte gern das 1. Kind unterwegs oder schon auch das zweite.“ Weiblich, 19 Jahre In 10 Jahren: „Ich werde Auslandskorrespondentin in London sein, lebe aber mit meiner Familie am Land (eventuell Buckinghamshire). Mein Mann und ich sind erfolgreich in unseren Berufen, so dass wir unsere Kinder in Privatschulen unterrichten lassen können.“ Weiblich, 24 Jahre In 10 Jahren: „Ich möchte in 10 Jahren von meinen Video und Filmarbeiten leben können und mich kreativ austoben können.“ Weiblich, 20 Jahre „Ich lerne Fremdsprachen und werde ein Studium haben, dann hoffe ich doch, dass ich einen guten Job bekomme und einigermaßen verdiene, und dann will ich Kinder haben.“ Weiblich 19 Jahre In 10 Jahren: „Hier, in meiner Wohnung. Ich mache hoffentlich noch dasselbe und bin glücklich und zufrieden.“ Weiblich, 24 Jahre Digital und Anti-Digital: Ein bestimmendes Thema unserer Zeit Die Gesellschaft der permanenten Veränderung • Beschleunigung des gesellschaftlichen Wandels. Rasche Umwälzung des Wissen. • Präfigurative Kultur: Die Wege, die uns in die Gegenwart geführt haben, sind nicht mehr gangbar und werden nie mehr begehbar sein. (Margaret Mead) • In einer solchen Kultur müssen die Altern von den Jüngeren lernen. Die Jungen müssen den Älteren „den Weg ins Unbekannte weisen“. Culture and Commitment. 1970; (dt. Übersetzung: Der Konflikt der Generationen. Jugend ohne Vorbild. Klotz, Eschborn 2000) Margaret Mead (* 16. Dezember 1901 in Philadelphia, Pennsylvania; † 15. November 1978 in New York) war eine US-amerikanische Ethnologin. Ökonomisierung der digitalen Welt • Ursprung des Internet: freier, nichtkommerzieller Informations- und Datenaustausch • 1963: Urform des Internet wird im Auftrag des Militärs an verschiedenen amerikanischen Universitäten entwickelt. • 1968: Vorform des Internet wird zur simultanen Organisation von Demonstrationen und Teach-Ins an den Universitäten der USA benutzt. Niemand, auch die militärischen Auftraggeber, kümmerte sich um die Art und Weise der Nutzung. „Wir waren absolut frei in der Nutzung und im Umgang mit diesem Netzwerk.“ (Weizenbaum:2000) • Heute: Die Mitglieder der Informationsgesellschaft müssen eine Kreditkarte in der Tasche haben oder ein Bankkonto besitzen. Joseph Weizenbaum (* 8. Januar 1923 in Berlin; † 5. März 2008 in Gröben bei Berlin) war ein deutsch -USamerikanischer Informatiker sowie Wissenschafts- und Gesellschaftskritiker. Weizenbaum bezeichnete sich selbst als Dissidenten und Ketzer der Informatik.[1] Ökonomisierung der digitalen Welt • Freies, nicht-kommerzielles Netz wurde unter dem Markt subsumiert, wird zum Instrument der Kapitalakkumulation. • Dennoch behält des Internet sein fortschrittliches Potential. Es kann durch Organisation von Widerstand herangezogen werden. (=Occupy) • Dennoch: von den Occupy-Aktivisten wird die Bedeutung des persönlichen Gespräches als äußerst hoch eingeschätzt. • Aber Achtung: Kommunikation des Widerstandes wird der Überwachungsstrategie der Geheimdienste preisgegeben. (=NSA) • Und: Der User schafft die Wertschöpfung = kollektive Produktion – private Aneignung (wenige Angestellte, einige Algorithmen) • Steuerleistung der Unternehmen: Google in GB 2011: 1,5% Steueren, Facebook 0,1% Quelle: marx 21: 04/20131] Der unvollkommene Mensch • „Wir müssen unsere Ehrfurcht gegenüber dem Leben loswerden, um weitere Fortschritte der Künstlichen Intelligenz machen zu können.“ (Daniel Dennett) • „Die menschliche Rasse ist nicht das Wichtigste im Universum.“ (Douglas Hofstadter) • Der Mensch ist eine Menge an Informationen. „The body ist only jelly“ (Hans Moravec) • Wir stehen vor dem „post biological age“, einem Zeitalter, in dem die DNA keine Funktion mehr haben wird. • Grindhouse: amerikanische Firma, die die Realisierung des Cyborgs anstrebt – Wesen teils Maschine, teils Mensch. Körper wird als „wetware“ bezeichnet. • Körper muss mit Hilfe von Hard- und Software verbessert werden. • „Grinder“: Gehen nach der Methode „google-fu“ Schritt für Schritt unter Anleitung von Google vor. (Lepht) Joseph Weizenbaum (* 8. Januar 1923 in Berlin; † 5. März 2008 in Gröben bei Berlin) war ein deutsch -USamerikanischer Informatiker sowie Wissenschafts- und Gesellschaftskritiker. Weizenbaum bezeichnete sich selbst als Dissidenten und Ketzer der Informatik.[1] Wendepunkt: Schutz des Privatlebens • Die neuen Technologien machen unsere Arbeit effizienter, wir dürfen aber nicht unser Privatleben von ihnen Besitz ergreifen lassen. • Anstelle miteinander zu sprechen, treten wir nur mehr in Verbindung. Wir opfern das Gespräch der Verbindung. • Sucht: Internetkommunikation wird neurochemisch belohnt. • Wir können das Alleinsein nicht ertragen, aber ohne Alleinsein kein Denken und keine Reflexion. • Multitasking lässt die Leistung sinken. Studenten, die mit offenen Laptops in der Vorlesung sitzen, erbringen schlechtere Leistungen. • Facebook legt die Jugend auf ihre Facebook-Identität fest. Kein Spiel mit unterschiedlichen Facetten ihre Persönlichkeit. • Forderung: Digitale Diät, heilige Zeiten und heilige Orte, in und an denen das Digitale Tabu ist. Sherry Turkle (* 18. Juni 1948 in New York ) ist eine US-amerikanische Soziologin und Professorin für Science, Technology and Society am Massachusetts Institute of Technology. (www.randomhouse, 14..12.2013) Entfremdung gegenüber den eigenen Handlungen • Spätmodernes Subjekt fühlt sich in seinem eigenen Tun nicht mehr zu Hause. Gründe: Wir haben nicht genügend Zeit, sich mit der uns umgebenden dinglichen Welt zu beschäftigen. • Man kann nicht das machen was man will, weil man permanent durch ein ausuferndes Informationsangebot abgelenkt wird. (Internetseiten, E-Mails etc.) • Wir werden abgelenkt von dem, was wir tun wollen, wir werden zerstreut durch Überstimulation und Informations-Overflow. • In einer schnellebigen Zeit ist es rational, kurzfristige Befriedigung zu suchen statt auf sich langfristige Befriedigung (Geige lernen), obwohl langfristige besser Befriedigungswerte aus der Langfristigkeit entstehen. • Unsere potentiellen Fähigkeiten, Optionen und Möglichkeiten werden immer größer, während sich die tatsächlichen oder realisierten Fähigkeiten entsprechend zurückbilden. • Wir besitzen immer mehr CDs, Bücher etc., aber wir könne sie nicht absorbieren. Absorption ist zeitaufwendig. So kompensieren wir den nicht realisierten Konsum durch Shopping. Hartmut Rosa (* 15. August 1965 in Lörrach) ist ein deutscher Soziologe und Politikwissenschaftler, der an der Friedrich-Schiller-Universität Jena lehrt und dem Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt als Direktor vorsteht. Konzentration und Fokussierung • Fokussierung wird immer schwerer aufgrund der medialen Ablenkung; vor allem durch neue Kommunikationsmittel • Von den drei Welten, in denen der Mensch lebt (innere Welt, äußere Welt, soziale Welt) hat sich die äußere Welt (Umweltreize) überproportional erweitert. • So können wir nicht mehr bei der Sache bleiben; zudem schlafen wir weniger, führen weniger Gespräche, arbeiten weniger – dagegen verwenden wir täglich zwischen sechs und neuen Stunden für neue Medien. • Jugendliche erhalten im Durchschnitt 100 OnlineBotschaften pro Tag. • Ständige sensorische und emotionale Ablenkung lassen uns den Focus verlieren; die Fähigkeit zum tiefen Lesen ist verloren gegangen. • Multitasking ist nicht möglich: es gibt keine parallele Aufmerksamkeit. Wir können nur zwischen kognitiven Aufgaben hin und her wechseln. Psychologie Heute 2/2014 (21 – 27) Wir werden zum Tier! • Sind wir nicht konzentriert, so übernimmt das Bottom-UpSystem die Herrschaft über uns, die subkordialen alten Hirnstrukturen. Wir agieren dann intuitiv. Das BottomDown-System lässt uns bewusst Handeln und Denken. Es versucht uns durch den Verstand zu führen. Sind wir nicht Fokussiert, dann übernehmen die alten Gehirnstrukturen die Herrschaft über uns. • Der oberflächliche Mensch wird so zum Opfer seiner Triebe. Er kann nicht mehr das Dunkle und Abgründige in sich kontrollieren, das beherrscht werden muss, um zivilisiert bleiben zu können. • Das Dionysos reißt sich von Apollon los und herrscht nun weitgehen alleine. • Hinter der Maske des vordergründig rationalen Menschen herrscht der irrationale Trieb und das Gefühl. Psychologie Heute 2/2014 (21 – 27) Digitales Panoptikum • Wir werden mit Informationen versorgt, ohne das wir gefragt werden. • Das Internet der Dinge vollendet die Transparenzgesellschaft: Die Dinge die uns umgeben beobachten, überwachen und kontrollieren uns. • Die Dinge wirken aktiv mit an der totalen Protokollierung unseres Lebens. • Durch die totale Protokollierung wird Vertrauen durch Information und Kontroller ersetzt (Vertrauen = Beziehung ohne genaue Kenntnis) • System schalten von Vertrauen auf Kontrolle und Transparenz • Freiwillige Selbstentblößung und Selbstausleuchtung im digitalen Ponoptikum. • Pornographische Zurschaustellung und panoptische Kontrolle fallen zusammen • Mehr Transparenz, mehr Information, mehr Kommunikation = mehr Wachstum. Geheimnisse, Fremdheit oder Andersheit stellen Hindernisse für eine grenzenlose Kommunikation dar. • Überwachung die mit Freiheit zusammenfällt ist ihre effizienteste Form. Sie setzt sich nicht im Gehorchen, sondern im Gefallen durch. • Die gefühlte Freiheit ist unser größtes Problem, denn sie verhindert Widerstand. Byung-Chul Han (* 1959 in Seoul , Südkorea ) ist Autor und Essayist sowie Professor für Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität der Künste Berlin.[3] Digitale Überwachung – die Datenbrille • Jahr 2014 wird das Jahr der Datenbrille: Google „Glass“ und ein Produkt von Samsung werden auf den Markt kommen. • Folgen: weitere Protokollierung unseres Alltagsverhaltens (Konsumtipps) und die Ausweitung der digital-erkennungsdienstlichen Überwachung. • Frage der Etikette für Brillenträger: Wo sollten Brillen Tabu sein? Wie verhält sich ein Brillenträger zivilisiert? Und kann es vernünftige staatliche Rahmenbedingungen geben, die den Umgang mit den Brillen in der Öffentlichkeit regeln? • Google entwickelt gerade ein System, dass Menschen im Internet allein aufgrund ihres (Konsum-) Verhaltens erkennt. Es gibt nicht nur das staatliche, sondern auch das Wirtschaftspanoptikum. Die Zeit, 2. Januar 2014 (25); Rolling Stone Nr. 2/31.1.2014 (46) Smartphone - Selbst- und Fremdkontrolle • Abhängigkeit vom Smartphone: Tagsüber suchen wir in der Manteltasche und sind beruhigt, wenn wir das Smartphone spüren. • Wecker, Hotelbuchungen, Uhr, Musik hören, Rechnungen zahlen, Zeitung lesen, Taxi rufen etc. • Mobiles Kontrollzentrum: Wir kontrollieren uns selbst und werden durch das Smartphone kontrolliert. • Daten werden von den App-Betreibern weiterverkauft, für die Werbung ausgewertet oder vom NSA abgeschöpft. • Internet der Dinge: 2015 werden 15 Milliarden Geräte mit dem Internet verbunden sein, 2020 40 Milliarden. • Der Kühlschrank wird uns sagen, was wír zu kaufen haben und die Kreditkartenzahlung wird uns verweigert werden, weil wir schon zu viel Wein gekauft haben. • Zwang zum Offlinedasein: Keine Leben ohne Internet bald mehr möglich? Cicero 2/2014 (14 – 21) Selfies und Sexting – Online Egokult • Performative Ökonomie – Ökonomie der Selbstdarstellung • Ich performe, also bin ich! • Selfies: Sich selbst fotographieren und das Foto ins Internet stellen. • Sexualität Online: Nude Selfies oder sexuell aufgeladene Textnachrichten. Vier von fünf amerikanischen StudentInnen haben sie schon erhalten oder verschickt. • Sexting: Ausdruck sexueller Erregung in der OnlineKommunikation. 2011 ins Oxford Dictionary aufgenommen. Fusion von Sex und Textnachrichten • Jugendkommunikation pendelt zwischen romantischen Sehnsüchten und sexualisierte Alltagsrealität. OnlineIdentität: sexy bitch, sweet princess. • Inszenierte Schamlosigkeit und Hypersexualisierung • Labilisierung der Beziehungen, soziale Promiskuität bei gleichzeitiger Unfähigkeit zur Intimität? Quelle: Neon, Februar 2014, FAZ 26/31.1.2014 Musik: Digital versus Anti-Digital • Fun-Boxen, mit denen man kabellos Musik vom Ipad oder Handy hören kann sind ein Wachstumsmarkt. • Die Musik kommt von Streaming-Anbietern wie Spotify oder Napster. • 2013: Song-Downloads und Streamings haben ihren Umsatz um 40 Prozent gesteigert. • Auch im Trend: kabellose Boxen der Firma „Sonos“ • Aber offensichtlich gibt es einen anti-digitalen Gegentrend: denn auch Vinyl boomt. • Und zudem nimmt der Tonträgerhandel außerhalb des Internets wieder einen Aufschwung. Rough Trade eröffnet auf 1.400 Quadratmeter einen Schallplattenladen in New York, inklusive Auftrittssaal für 250 Personen. • Der Laden soll ein Refugium für Musik als Kunstform, nicht als Ware sein. Rolling Stone Nr. 2/31.1.2014 (46) Facebook-Account dauerhaft löschen • Facebook macht es den Nutzern nicht einfach, ihren Account los zu werden. Die Links dafür sind gut versteckt. • Unter dem Motto „Tschüss, Mr. Zuckerberf“ gibt die Zeitschrift Computerwelt eine genaue Anleitung, wie man das Profil deaktiviert oder dauerhaft löscht. • Aber: Daten, die von Freunde über uns veröffentlicht wurden, bleiben natürlich weiterhin Online Computerbild.de Beschleunigung und Ökonomisierung: Sinn- und Glücksfragen in der Hochgeschwindigkeitsgesellschaft Ökonomisierung des Sozialen „Der Wandel der Marktwirtschaft zur Marktgesellschaft geht mit einer Ökonomisierung des Sozialen einher.“ (Wilhelm Heitmeyer) • Imperative des Marktes werden verallgemeinert • Effizienz, Nützlichkeit, Verwertbarkeit, Funktionsfähigkeit und Rentabilität sind die Gradmesser menschlichen Denkens und Handelns • Es kommt zu - Veränderung der Qualität sozialer Sicherungssysteme - Bedeutungszuwachs der Erwerbsarbeit - Unterordnung von Familienleben und Schule unter die Anforderungen des Arbeitsmarktes - Politik verliert Kontrolle über die Wirtschaft Wilhelm Heitmeyer (* 28. Juni 1945) ist Professor für Pädagogik mit dem Schwerpunkt Sozialisation und Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld. Verloren unter 100 Freunden • Teenager versuchen sich von den Echtzeitanforderungen des Telefons abzuwenden. Nein zur Informationspflicht gegenüber der sozialen Umwelt(Reizüberflutung) • Teenager fordern ihre Eltern auf, beim Mittagessen ihre Handys wegzulegen. Es ist schwer für die Kinder, die Aufmerksamkeit ihrer Eltern zu bekommen. • Wir können das Alleinsein nicht ertragen, aber ohne Alleinsein kein Denken und keine Reflexion. • Multitasking lässt die Leistung sinken. Studenten, die mit offenen Laptops in der Vorlesung sitzen, erbringen schlechtere Leistungen. • Forderung: Digitale Diät, heilige Zeiten und heilige Orte, in und an denen das Digitale Tabu ist. Sherry Turkle (* 18. Juni 1948 in New York ) ist eine US-amerikanische Soziologin und Professorin für Science, Technology and Society am Massachusetts Institute of Technology . Beschleunigung und Entfremdung • Formen der Beschleunigung: technische Beschleunigung, Beschleunigung des sozialen Wandels, Beschleunigung des Lebenstempos. • Tempo des sozialen Lebens: Steigerung der Handlungsund Erlebnisepisoden pro Zeiteinheit = mehr in weniger Zeit tun. • Arbeitszeit = Produktionsfaktor: Beschleunigung ist Folge des wettbewerbsorientierten Marktsystems. • Depression als Entschleunigung: Individuelle Ausstiegsreaktion auf den überhöhten Beschleunigungsdruck • Schuldiges Subjekt: Am Ende des Tages fühlen wir uns schuldig, weil wir die Erwartungen nicht erfüllt habe. • Entfremdung: Subjekte verfolgen Ziele oder üben Praktiken aus, welche sie nicht wirklich wollen oder unterstützen, ohne das ihnen diese von anderen aufgezwungen werden. Hartmut Rosa (* 15. August 1965 in Lörrach) ist ein deutscher Soziologe und Politikwissenschaftler, der an der Friedrich-Schiller-Universität Jena lehrt und dem Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt als Direktor vorsteht. Entfremdung gegenüber den eigenen Handlungen • Man kann nicht das machen was man will, weil man permanent durch ein ausuferndes Informationsangebot abgelenkt wird. (Internetseiten, E-Mails etc.) • Wir werden abgelenkt von dem, was wir tun wollen, wir werden zerstreut durch Überstimulation und Informations-Overflow. • Unsere potentiellen Fähigkeiten, Optionen und Möglichkeiten werden immer größer, während sich die tatsächlichen oder realisierten Fähigkeiten entsprechend zurückbilden. • Wir besitzen immer mehr CDs, Bücher etc., aber wir können sie nicht absorbieren. Absorption ist zeitaufwendig. So kompensieren wir den nicht realisierten Konsum durch Shopping. Hartmut Rosa (* 15. August 1965 in Lörrach) ist ein deutscher Soziologe und Politikwissenschaftler, der an der Friedrich-Schiller-Universität Jena lehrt und dem Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt als Direktor vorsteht. Lebensgefühl: Depressive Hedonie „Die große Gefahr der Welt von heute ist eine individualistische Traurigkeit, die aus dem bequemen, begehrlichen Herzen hervorgeht.“ (Papst Franziskus: Evangelii Gaudium) „Viele der Schüler im Teenageralter, mit denen ich zu tun hatte, befanden sich in einem Zustand, den ich als „depressive Hedonie“ beschreiben würde. Eine Depression zeichnet sich normaler Weise durch Anhedonie (…) aus. Aber der von mir beschriebene Zustand ist weniger durch eine Genussunfähigkeit gekennzeichnet als durch die Unfähigkeit, irgend etwas anderes außer dem eigenen Genießen zu verfolgen.“ (Mark Fischer: Kapitalistischer Realismus ohne Alternative?) Mark Fisher ist Dozent für Musikkultur, Medien und Kommunikation an der University of East London. Depression in der Jugendkultur Die Party endet, das Leben beginnt. Verzweiflung, wenn die Party endet, die Ängsten, wenn das Vertraute verschwindet und dem Unbekannten Platz machen muss. (ME August 2013) Ob Post-Dubstep, Zeitlupen-Techno oder Electro-Pop: Moderat übertragen den heißen Scheiß der Clubs in die melancholische Welt der Indie-Fans. Sie sind die Berliner Best-OfClub-Group, die Humor und Stil hat und sich selbst nicht zu ernst nimmt. (WDR) Here it ends, no one´s gonna shed a tear No need to shout, just to stand the silence Vacuous winter stare, worn out versions of yourself To tough to fall, but not strong enough to turn This ist not What you wanted Not What you had in mind Moderat: Moderat II; Elektro-Super-Gruppe aus Berlin (Modeselektor + Apparat) Fehlender Lebenssinn und multiple Glücksgefühle Jugendliche leben häufig in einem Sinnvakuum. Sinn entsteht aus Gemeinschaftsaktivitäten, aus dem Aufgehobensein in einer Gruppe, Szene, Gemeinschaft mit gleichgerichteten Zielen und Idealen („Sinn des Lebens – einfach weiterleben“) Quelle des Glücks: Befriedigung von subjektiven Wünschen und Bedürfnissen; Glück wird im Augenblick empfunden; Sinn entsteht durch die Verbindung von Vergangenheit und Zukunft, durch die Erfahrung von Kontinuität und Identität Sinn finden wir häufig in der Aufgabe anderen zu helfen, wogegen Glücksempfindungen eher davon abhängen, was andere für uns tun. Vielleicht geht es darum, verstärkt Insel jenseits des Konsums, des Kommerziellen, des Marktes zu schaffen. Kurzes Glück, langfristiger Sinn: Psychologie Heute Februar 2014. Ästhetisierung des Sozialen: Das Individuum als Performer seines eigenen Selbst Performative Ökonomie der Jugendkultur • • • • • Verwandlung moderner Sozialordnungen in Marktgesellschaften Kommerzialisierung der Jugendkultur (Kleidung, Accessoires, Events etc.) Performative Ökonomie Gesellschaftliche Statusmerkmale verschieben sich von der Leistungserbringung zum Leistungsverkauf (Leistung – Sachverwirklichung; Erfolg – soziale Durchsetzung, Zuschreibungskategorie) Prämiert wird der performative Markterfolg, nicht die arbeitsbezogene Leistung Sighard Neckel (* 25. Oktober 1956 in Gifhorn) ist deutscher Soziologe und war bis 2011 Universitätsprofessor für Soziologie an der Universität Wien Laufstegökonomie „Individuelle Eigenschaften und zugeschriebene Merkmale sind wichtiger als Qualifikationen.“ Leistungsorientierte Arbeitsgesellschaft: Prüfung von beruflichen Wissen • Laufstegökonomie: gelungene Präsentation • Casting statt Prüfung (Castingshows als mediale Degradierungsrituale) • Erfolgsprinzip: performativer Individualismus, der nicht durch Zuwachs persönlicher Autonomie, sondern durch Abhängigkeit von ökonomischen Märkten entsteht • Moralverlust und Dominanz der äußeren Güter • Alasdair MacIntyre unterscheidet zwischen äußeren • • • • Gütern und inhärenten Gütern Man kann Schach spielen, um äußerliche Güter zu erreichen (Geld, Ansehen etc.) oder wegen Gütern, die aus dem Schachspiel selbst erwachsen (analytisches Geschick, strategische Vorstellungskraft etc.) Inhärente Güter sind nur zu erreichen, wenn es uns um die Sache selbst geht…. … und wenn wir uns in Gemeinschaften (nicht zweckrationale Interessensgemeinschaften) einordnen und uns den Gemeinschaftsmitgliedern gegenüber moralisch (ehrlich, gerecht) verhalten. Orientierung auf äußere Güter befördern Betrug und Korruption Alasdair MacIntyre (geb. 1929): Schottisch- amerikanischer Philosoph, Tugendethiker Individualisierung "Das Individuum wird zentraler Bezugspunkt für sich selbst und die Gesellschaft.“ • Das Individuum im Spannungsfeld zwischen Individuation und Sozialisation • Individualität als Pflicht: Erfinde dich täglich ohne Vorlage oder Vorbild • Das Individuum steht im Mittelpunkt, nicht traditionelle Gruppen oder Kollektive • Posttraditonelle Gemeinschaften entstehen (Szenen, informelle Gruppen) • Lebensstile und Moden gewinnen an Bedeutung Ulrich Beck (* 15. Mai 1944) in Stolp in Hinterpommern ist ein deutscher Soziologe Ästhetisierung des Sozialen „Sehr allgemein bezieht sich der Ausdruck ‚ästhetisch‘ auf das Sinnenhafte. ‚Ästhetisch‘ kann geradezu gleichbedeutend mit ‚sinnenhaft‘ gebraucht werden. (….) Zum Ästhetischen gehört eine Tendenz der Überformung, Überhöhung und Veredelung des Sinnlichen. Sie kann bis zu Konnotationen des Überfeinerten, Sublimen, ja Ätherischen reichen.“ (Wolfgang Welsch: Grenzgänge der Ästhetik) Doppelcharakter der elementaren Ästhetik: 1. Empfindungen (lustbezogen, gefühlshaft, subjektiv, hedonistisch) 2. Wahrnehmungen (gegenstandsbezogen, erkenntnisartig, objektiv) Wolfgang Welsch, Professor für Philosophie; derzeit Fellow am Kolleg Friedrich Nietzsche in Weimar Ästhetisierung des Sozialen „Wichtiger als die Dinge selbst ist die Art und Weise wie sie arrangiert sind“ Die Form kommt vor dem Inhalt. „Die spezifisch ästhetische Lust bezieht sich beispielsweise auf das Arrangement von Speisen – statt auf deren Substanz, oder den Vollzug der Liebe statt der Triebbefriedigung, oder auf die Form der Rede – anstelle dessen Inhalt.“ (Wolfgang Welsch, Grenzgänge der Ästhetik) Wolfgang Welsch, Professor für Philosophie; derzeit Fellow am Kolleg Friedrich Nietzsche in Weimar Ästhetik und Ästhetisierung „Wer von „Ästhetisierung“ spricht, meint einen Vorgang, in dem etwas, das zunächst „einfach so ist“, mit der Zumutung oder Versuchung konfrontiert wird, eine „ästhetische“ Qualität anzunehmen.“ Großflächiger Einsatz der Ästhetik in der (post-)modernen Gesellschaft in verschiedenen Lebensbereichen: Ökonomie, Politik, aber auch in den kleinen Lebenswelten. Phänomene: Inflation des Designs, Karriere der Begriffe „Lebensstil“ und „Lebenskunst“, „social imagineering“, Schönheits- und Körperkult. Ästhetik: Bindung an das Sinnliche und die Wahrnehmung, Verselbständigung der Wahrnehmung bis hin zur Fantasie. Wichtige Voraussetzung des Ästhetischen: Entlastung von aufdringlichen praktischen Zwecken, eine Überwindung der „ananke“ (Lebensnot, Notdurft) Dieter Thomä (* 1959 in Heidelberg) ist ein deutscher Philosoph und Professor an der Universität St. Gallen Ästhetik: Rezeption und Produktion Verbindung von „aisthesis“ (Wahrnehmung) und „techne/poiesis“(Herstellen und künstlerisches Schaffen). Zwei Bereiche der Ästhetik: Rezeption und Produktion – Ästhetische Erfahrung und Kunstschaffen. Ästhetischer Genuss; Virtualisierung: Ästhetische Erfahrungen verhalten sich gleichgültig gegenüber ihrem Bezug zum Realen: Kollaps der Differenz zwischen Schein und Wirklichkeit. Ästhetische Kreativität: der Mensch soll sich als Künstler verstehen; gefordert ist schöpferischen Handeln; erfinde Dich täglich neu. Dieter Thomä (* 1959 in Heidelberg) ist ein deutscher Philosoph und Professor an der Universität St. Gallen Verschiedene Versionen der Ästhetik bei Schnitzler „Es war ihm als tauchte er sein Haupt von einem Traum in den andern; und eine Wirklichkeit, die von allerhand Bedenklichem und Kläglichem erfüllt war, floss irgendwo draußen machtlos vorüber.“ (Georg) „Ich, wenn ich eine wohlgeordnete Welt haben will, ich muss mir immer selbst erst eine schaffen. Das ist anstrengend für jemanden, der nicht der liebe Gott ist.“ (Heinrich) Arthur Schnitzler (* 15. Mai 1862 in Wien; † 21. Oktober 1931 ebenda) war ein österreichischer Erzähler und Dramatiker. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Wiener Moderne. Funktionsweise der Ästhetik So werden an einem zu betrachtenden Gegenstand nicht dessen physische Eigenschaften und auch nicht dessen Tauglichkeit für einen praktischen Zweck registriert, sondern dessen Qualitäten für die Wahrnehmung selbst. Dieter Thomä (* 1959 in Heidelberg) ist ein deutscher Philosoph und Professor an der Universität St. Gallen Das Dispositiv der Kreativität Organisierte Moderne bringt eine tiefgreifende „Entästhetisierung“ der sozialen Praktiken als Folge der gesellschaftlichen Rationalisierung (Max Weber: Stahlhartes Gehäuse der Hörigkeit) Fordistische Ökonomie, hierarchisch-funktionale Organisation, standardisierter Konsum, Psychologie der sozialen Kontrolle, Planungsregime der funktionalen Stadt Reduktion der gesellschaftlich legitim erscheinenden Erregungsintensität; Affektreduzierung führt zu Motivationsproblemen Affektquellen der Moderne: Religion (transzendente Bezüge), Politik (Vervollkommnung des sozialen Kollektivs), das Ästhetische (sinnliche Wahrnehmung um ihrer selbst willen) Kreativitätsdispositiv erhebt den Anspruch, den Affektmangel der modernen Kultur zu überwinden, während das Religiöse und das Politische als Affektquellen zurücktreten Nietzsche: Das Ästhetische als eigentliche Alternative zur rationalistischen und moralischen Tradition des Okzidents Andreas Reckwitz (* 18. März 1970 in Witten) ist ein deutscher Soziologe und Kulturwissenschaftler . Die Wirkungsmacht des Ästhetischen „Es sind die Prozesse der Ästhetisierung, die sich langfristig als die wirkungsmächtigste Antwort auf die zweckorientierten und normativen Rationalisierungsprozesse der Moderne sowie auf deren Affekt- und Motivationsmangel herausstellen, und das Kreativitätsdispositiv bildet ihre machtvollste Kristallisationsform.“ (Reckwitz 2012:319) Andreas Reckwitz (* 18. März 1970 in Witten) ist ein deutscher Soziologe und Kulturwissenschaftler . Das Bild kommt vor dem Wort Bilder drängen in den Vordergrund, der wortsprachliche Anteil der Kommunikation wird reduziert Nichtbegriffliche Kommunikationen der Verführung Zeigen, Rituale und Inszenierungen anstelle von Argumenten Kultur des Einfühlens und Verstehens Neoromantische Gefühlsrhetorik Eskapismus in Fantasiespielen am Computer, Fantasiekino und Fantasieliteratur Wolfgang Welsch (* 17. Oktober 1946 in Steinenhausen) ist ein deutscher Philosoph und einer der wichtigsten deutschsprachigen Theoretiker der Postmoderne. Von der diskursiven zur präsentativen Symbolik? Diskursive Symbolik bezieht sich auf die Logik sprachlich vermittelter Denkprozesse Präsentative Symbolik – Ausdruck durch mimisch-körperliche Gesten und Bilder; sprachlose Zeichen z.B. Präsentative Symbolik der Musik: sie wirkt sinnlich unmittelbar und intuitiv verstanden (vgl. Dieter Baacke 1997) In der Jugendkommunikation drängen präsentative Symboliken in den Vordergrund Susanne K. Langer (* 20. Dezember 1895 in New York; † 17. Juli 1985 in Old Lyme) war eine amerikanische Philosophin. Was heißt das in der Praxis? • Die neuen «Enriched E-Books» bieten, was das klassische gedruckte Buch nicht leisten kann: bewegte Bilder, Tondokumente, Animationen, Interviews. • In Ken Follets »Sturz der Titanen« ist es möglich Zusatzinformationen zu den darin vorkommenden historischen Persönlichkeiten, Orten und Ereignissen« zu bekommen. Stammbäume und Karten veranschaulichen darüber hinaus die Geschichte und Ken Follett berichtet in Videointerviews über seinen persönlichen Bezug zum Roman«. Jugendszenen in der Postmoderne: Posttraditionelle Formen der Vergemeinschaftung Gemeinschaft und Gesellschaft Gemeinschaft: gefühlsmäßige Zusammengehörigkeit: Mitglieder einer Gemeinschaft sind füreinander da, bedeuten einander etwas, helfen einander in der Not. Ursprüngliche Form des menschlichen Zusammenlebens; kleine überschaubare Einheiten wie Familie, Nachbarschaft, Dorf Gesellschaft: Verbindung, um in egoistischer Absicht gewisse Ziele zu verfolgen, bestimmte Tauschinteressen möglichst vorteilhaft durchzusetzen. „Keiner wird für den anderen etwas tun oder leisten, keiner dem anderen etwas gönnen und geben wollen, es sei denn um einer Gegenleistung oder Gegengabe illen, welche er seinem Gegebenen wenigstens gleich achtet.“ Gesellschaft repräsentiert Lebensbedingungen in industriellen und postindustriellen Kontexten: Großstadt, Betriebe, Organisationen, moderner Staat Ferdinand Tönnies (* 26. Juli 1855 bei Oldenswort; † 9. April 1936 in Kiel) war Soziologe, Nationalökonom und Philosoph. Besonderheiten des modernen Lebens In der vormodernen Gesellschaft ist das Leben der Menschen durch eine Vielzahl von Bindungen bestimmt (Familie, Dorfgemeinschaft, Religionsgemeinschaft etc.) Zentrum des Lebens sind die „small communities“, in denen man seinen festen räumlichen und sozialen Platz hatte. Dies bedeutete Einschränkung der Wahlmöglichkeiten und Optionen, aber auch Vertrautheit und Schutz. Moderne: Herauslösung der Menschen aus traditionellen sozialen Bindungen und Glaubensvorstellungen – Individualisierung (Beck) Anspruch und Zwang zum eigenen Leben jenseits traditioneller Vergemeinschaftungen und überkommener sozial-moralischer Milieus. Anne Honer (* 30. März 1951 in Spaichingen; † 23. Februar 2012 in Unna [1)) war eine deutsche Sozialwissenschaftlerin. Posttraditionale Formen der Vergemeinschaftung "Der individualisierte Mensch bevorzugt schwache Bindungen.“ •Individualistische Identität mit dem Eingehen „starke Bindungen“ häufig unvereinbar •Bindungslose Flexibilität (Richard Sennett) •Schwache Bindungen: Herausbildung von so genannten „Posttraditionellen Formen der Vergemeinschaftung“ •Vergemeinschaftung als ästhetisches Prinzip? Ronald Hitzler (* 4. März 1950 in Königsbronn in BadenWürttemberg) ist ein deutscher Soziologe. Ronald Hitzler, Thomas Bucher, Arne Niederbacher: Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute. VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2005. 2., aktualisierte Auflage. Jugendszenen als schwach gebundene Netzwerke Die Jugend bevorzugt schwache Bindungen • Individualismus mit starken Bindungen schwer zu vereinbaren • „Bindungslose Flexibilität“ (Sennett) • Posttraditionelle Formen der Vergemeinschaftung • Thematische Netzwerke mit kollektiver Form der Stilbildung • Geht es in den Szenen vor allem um Äußerlichkeiten? Ronald Hitzler (* 4. März 1950 in Königsbronn in BadenWürttemberg) ist ein deutscher Soziologe. Definition Jugendszenen Szenen sind thematisch fokussierte Netzwerke von Personen, die bestimmte materielle und/oder mentale Formen der kollektiven Stilisierung teilen und Gemeinsamkeiten an typischen Orten und zu typischen Zeiten interaktiv stilisieren und weiterentwickeln Ronald Hitzler (* 4. März 1950 in Königsbronn in BadenWürttemberg) ist ein deutscher Soziologe. Angesagte Jugendszenen Szenenlandschaft Österreichin Österreich: 2010 Jugendszenen in Österreich Welche der folgenden Szenen ist in Österreich gerade angesagt? Angaben in Prozent Fitness Beachvolleyball Fußball Com puterszene House Mountainbike HipHop Skateboard Ökos/Alternative Techno Snow board Metal/Rocker Em o-Szene Inline-Skater Krocha/Styler 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Jugendstudie „timescout“ Österreich 2010, n=900, Altersgruppe: 11 bis 29 Jahre Szenenlandschaft Österreich Jugendszenen in Österreich Welchen der folgenden Szenen fühlst Du Dich zugehörig? Angaben in Prozent Fitness Computerszene Fußball House Mountainbike Beachvolleyball Ökos/Alternative Snowboard HipHop Inline-Skater 0 5 10 15 20 25 Jugendstudie „timescout“ Österreich 2010, n=900, Altersgruppe: 11 bis 29 Jahre Szenenlandschaft Österreich Jugendszenen in Österreich Welchen der folgenden Szenen fühlst Du Dich zugehörig? Angaben in Prozent Weiblich Männlich Fitness Computerszene Fußball House Mountainbike Beachvolleyball Ökos/Alternative Snowboard HipHop Inline-Skater 0 5 10 15 20 25 30 Jugendstudie „timescout“ Österreich 2010, n=900, Altersgruppe: 11 bis 29 Jahre Tecktoniks: Neuer „Prolo-Stolz“ Style: Schirmkappen (Neonfarben ohne Logos; Van Dutch; Ed Hardy); Marken: Lacoste, Adidas (Schuhe), Dolce & Gabbana, Palitücher, De Puta Madre; T-ShirtAufdrucke: „cock of the year“, „italian boy; Solariumsbräune Sprachcode: „Kroch ma eine in die Schicht!“, „Bam oida“, „Patienten“ (Nachschichtgänger) Musik: Schranz (Tektonics distanzieren sich von Gabba-Techno); Tanzstil: Jumpstyle (http://www.youtube.com/watch?v=wlALUel5e6w, http://www.youtube.com/watch?v=TxQAgZIo-Ds) mehr auf youtube & www.krocha.at Die Hierarchien der Styler „Wenn man die Musik hört wird man einfach zu dem – zumindest war‘s bei mir so“. Millennium Club Culture „Von der Politik halten wir nicht viel: weil da geht ja gar nichts weiter ...“ Nachtwerk „Die Ausländer sind im Nachtwerk. Die nennen sich Styler.“ Die Emos: Teenager der Mittelschicht Dresscode: schwarz gefärbter Pony, Seitenscheitel, Röhrenjeans, enge T-Shirts, Schweißbänder, Buttons, Sportschuhe, dunkel geschminkte Augen, Nietengürtel. Farben: schwarz kombiniert mit rot und pink. Karomuster. Mix von niedlichen Dingen (z.B. Hello Kitty-Accessoirs) und Düsterem (Totenköpfe) Marken: Converse, Vans (Schuhe) Musikstil: „emotional Hardcore“ – Wechsel im Gesang (Clean und Schreien), im Tempo und der Lautstärke; melodiöse und komplizierte Gitarren-Riffs; emotionale Texte, in denen es um Liebe, Trauer, Verzweiflung aber auch oft andere Alltagsprobleme geht; weniger politisch als andere mit Punk assoziierte Genres. Acts: Sleepytime Tria, Senses Fail, boysetfire Szenen: Gothic Gothic ist gleichzeitig mittelalterlich, dunkel, mystisch und irgendwie auch modern. Die Szenegänger romantisieren längstvergangene Zeiten und pflegen die Erinnerung an sie, indem sie den Schwerpunkt ihrer Inszenierung auf Ästhetik und Individualität legen (= ausgeprägt postmoderne Existenzform). Stilisierungen haben eine vornehme, gepflegte und aristokratische Anmutung. Schwarz ist die dominierende Farbe der Szene – deshalb auch „Schwarze Szene“. Ronald Hitzler, Thomas Bucher, Arne Niederbacher: Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute. VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2010. 3., aktualisierte Auflage. Grundhaltungen und Grundinteresse Beschäftigung mit alltagstranszendenten Themenbereichen (Religion, Esoterik, Okkultismus, Magie, Mystik, Tod, Gott, Satan, Sexualität, Sinnlichkeit, Gefühle, Astrologie, Psychologie). Interesse für Kunst, Literatur und Wissenschaft. Sinnlich-körperbetonte Aktivitäten (Wald, Natur, Musik, Tanz). Inszenierte Traurigkeit, Melancholie, Demut, Elitehaltung, Arroganz. Pazifismus, Toleranz, Humor, Ironie, Gesellschaftskritik. Mythos der Seelenverwandtschaft. Ronald Hitzler, Thomas Bucher, Arne Niederbacher: Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute. VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2010. 3., aktualisierte Auflage. Mikrokosmos Gothic-Kultur Romantik Style: Korsett, Reifrock, historische Moden (Mittelalter, Barock, Rokoko Industrial Style: Gasmasken, Schweißerbrillen, Mundschutz, Schutz- und Tarnanzüge Cyber-Gothic-Stil: Glitter, Glamour, Neonfarben, Kunstpelze, Federboas, Futurismus SM-Stil: Latex, Leder, Körper, Erotik, Ketten, Halsbänder, Handschellen Gothic-Lolia-Stil: Visual Kei-Stil, Kindchenschema, Petticoats, Tüll, Spitze, Ballerinas, Kellnerinnen, Schuluniformen, Dirndl Ronald Hitzler, Thomas Bucher, Arne Niederbacher: Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute. VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2010. 3., aktualisierte Auflage. Ästhetisierung der Jugendkultur Ronald Hitzler, Thomas Bucher, Arne Niederbacher: Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute. VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2010. 3., aktualisierte Auflage. Die Mini-Max-Generation: Werte und Einstellungen der Jugend Die Dominanz des Homo Öconomicus Die Jugend ist eine PRAGMATISCHE GENERATION, die ständig Kosten und Nutzen abwägend und Nutzen maximierend denkt Betriebswirtschaftliches Prinzip: Mit minimalem Input zum maximalen Output Ideal des homo oeconomicus: Er kommt gut ohne ethische Ideale aus. Dominanz des ökonomischen Wertes Das Denken der Mini-Max-Menschen orientiert sich an der Logik des Marktes. Wettbewerb für den eigenen Vorteil Gibt es die Umwertung aller Werte? Werte: attraktiv-motivierend; SollensErwartungen an Gemeinschaftsmitglieder; abstrakte, weitgefasste Ideen. Normen: restriktiv-obligatorisch; Recht = Kodifizierte Sitten; höchste Verbindlichkeit. Abgeleitet aus Werten. Soziologische, ethische, ökonomische Werte. Pluralität der Wertesphären Hans Joas (* 27. November 1948 in München) ist ein deutscher Soziologe und Sozialphilosoph. Negation der Gesellschaft „There ist no such thing as society. (…) People must look to themselves first. It´s our duty to look after ourselves and then, also look after our neighbours.“ Negativer versus positiver Individualismus – Freiheit von oder Freiheit zu etwas. Werte als Herrschaftsmittel „Wer Werte setzt, hat sich damit gegen Unwerte abgesetzt. Die grenzenlose Toleranz und Neutralität der beliebigen auswechselbaren Standpunkte und Gesichtspunkte schlägt sofort in das Gegenteil, in Feindschaft um, sobald es mit der Durchsetzung und Geltendmachung konkret wird. Der Geltungsdrang des Wertes ist unwiderstehlich und der Streit der Werter, Abwerter, Aufwerter und Verwerter unvermeidlich. (Karl Schmitt: Die Tyrannei der Werte) Carl Schmitt (* 11. Juli 1888 in Plettenberg; † 7. April 1985 ebenda) war ein deutscher Staatsrechtler, der auch als politischer Philosoph rezipiert wird. Er ist einer der bekanntesten, wenn auch umstrittensten deutschen Staats- und Völkerrechtler des 20. Jahrhunderts. Als „Kronjurist des Dritten Reiches“ (Waldemar Gurian) galt Schmitt nach 1945 als kompromittiert. Menschenwürde und Achtung vor den Schwachen „Aus den oben Angeführten wird deutlich, dass eine Relativierung der traditionellen moralischen Werte diesem Wertesystem bereits immanent ist: die Rangordnung und die Macht entscheidet letztlich darüber, ob eine Handlung zu den guten oder schlechten gezählt wird. Das gleiche Prinzip beherrscht die ganze Welt. Der Starke diktiert die Meinung; (…) Von mir aus kann ich nur sagen, dass es für mich durchaus Werte gibt, die ich nicht zu relativieren brauche und von deren Realisierungsmöglichkeit vermutlich auf Dauer unsere Überlebenschancen abhängen. Dazu gehören: die Achtung für den Schwächeren, also auch für das Kind, un der Respekt vor dem Leben und dessen Gesetzmäßigkeiten, ohne den jede Kreativität ersticken müsste. (Alice Miller: Am Anfang war Erziehung) Alice Miller (* 12. Januar 1923 in Lemberg, als Alicija Englar, alias Alicja Rostowska; † 14. April 2010 in Saint-Rémy-de-Provence) war eine schweizerische Autorin und Psychologin jüdischer Abstammung. Sinnfragen in Zeiten des Fundamentalökonomismus Wir reden heute darüber, dass das Lebensziel darin besteht, Glück zu finden. In Wirklichkeit geht es aber darum, den Sinn des Lebens zu finden. (Frei nach Slavoj Zizek) Moral kann nicht aus dem Wirtschaftssystem kommen. Es ist nicht in der Lage Bindungen und Gemeinschaft (Sinn!!!) herzustellen. Denn mehr als es die Menschen zusammenführt, treibt es sie durch Konkurrenz auseinander. Das Gewinn- und Verlustprinzip braucht keinen Sinn, der über diesen spannungsreichen Gegensatz hinaus geht. Sinnquellen: Kultur, Kunst, Musik, Literatur, Musik, Jugendkulturen, Szenen, Events, Soziale Netzwerke André Comte-Sponville (* 12. März 1952 in Paris) ist ein französischer Philosoph. Er war bis 1998 Professor an der Sorbonne und arbeitet heute als freier Schriftsteller. Das „ungebundene Selbst“ und seine Folgen Atomistische Sozialontologie der Gegenwart; dem „ungebundenen Selbst“ fehlt der Sinn gegenseitiger Verpflichtung. Die Gesellschaft des „ungebundenen Selbst“ ist „eine Ansammlung von Individuen“, die durch ihr „gemeinsames Handeln“ Vorteile erhalten wollen, „die sie nicht individuell sichern konnten. Das Handeln ist kollektiv, doch sein Sinn bleibt individuell. Das gemeinsame Gut wird ausschließlich durch individuelle Güter gebildet.“ Udo Tietz: Die Grenzen des Wir. Eine Theorie der Gemeinschaft. Frankfurt 2002 Michael J. Sandel (* 5. März 1953 in Minneapolis ) ist ein US-amerikanischer Philosoph. Bekannt wurde er vor allem als Mitbegründer der kommunitaristischen Strömung Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit