Bundeskartellamt 8. Beschlussabteilung B 8 - 50500-U

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Bundeskartellamt 8. Beschlussabteilung B 8 - 50500-U
Bundeskartellamt
8. Beschlussabteilung
B 8 - 50500-U-120/01
Beschluss
In dem Verwaltungsverfahren
1.
Deutsche Shell GmbH, Hamburg
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte CMS Hasche Sigle
Eschenlohr Peltzer Schäfer
Stadthausbrücke 1-3
20355 Hamburg
2.
a.
b.
RWE AG, Essen
DEA Mineraloel AG, Hamburg
RWE DEA Aktiengesellschaft, Hamburg
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Hengeler Mueller
Trinkausstraße 7
40213 Düsseldorf
3.
- Beteiligte -
E.ON AG, Düsseldorf
Verfahrensbevollmächtigte:
Freshfields Bruckhaus Deringer
Freiligrathstraße 1
40479 Düsseldorf
4.
Deutsche BP AG, Hamburg
Verfahrensbevollmächtigte:
Linklaters Oppenhoff & Rädler
Hohenstaufenring 62
50674 Köln
5.
BASF AG
Robert-Bosch-Str. 38
67063 Ludwigshafen
wegen Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens
– Beigeladene –
- 2 hat die 8. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes am
19. Dezember 2001 beschlossen:
I.
Der bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am
10. Juli angemeldete Zusammenschluss wird – soweit er am
23. August an das Bundeskartellamt verwiesen worden ist unter den von den Beteiligten zu 1. und 2. am
17. Dezember 2001 vorgeschlagenen Auflagen freigegeben.
II.
Die Gebühr für die Entscheidung wird auf
[...]
(in Worten [...] Deutsche Mark,
nachrichtlich [...] Euro)
festgesetzt und den Beteiligten zu 1. und 2. als Gesamtschuldnern auferlegt.
Gründe
I.
Mit Schreiben vom 10.Juli 2001 haben die Beteiligten ein Zusammenschlussvorhaben bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften angemeldet (Fall COMP/M.2389 Shell/DEA), wonach
die Deutsche Shell GmbH, Hamburg (Shell), ein Unternehmen des
Royal Dutch/Shell-Konzerns, beabsichtigt, ihr als "Downstream
Oil Business" bezeichnetes inländisches Mineralölgeschäft in
die DEA Mineralöl AG, Hamburg (DEA), einzubringen, und sich
mit zunächst 50 % und bis spätestens zum [...] mehrheitlich an
DEA zu beteiligen. DEA gehört über die RWE-DEA Aktiengesellschaft für Mineralöl und Chemie, Hamburg (RWE-DEA),
zum Konzern der RWE AG, Essen (RWE).
Im Einzelnen ist vorgesehen, dass RWE-DEA eine zwischen dem
[...] und dem [...] auszuübende erste Verkaufsoption
eingeräumt wird, ihren Anteil an dem Gemeinschaftsunternehmen
in Höhe von 50 % an Shell zu verkaufen. Wird diese Option
nicht ausgeübt, ist RWE-DEA verpflichtet, zum [...] Anteile in
Höhe von [...] an Shell zu veräußern; zusätzlich erhält RWE-
- 3 DEA eine zweite Verkaufsoption für ihre restlichen Anteile an
dem Gemeinschaftsunternehmen, die sie zwischen dem [...] und
dem [...] mit Wirkung zum [...] ausüben muss. Mithin wird
Shell spätestens ab [...] die Mehrheit der Anteile an DEA
halten.
Mit dem Erwerb der Mehrheit an dem Gemeinschaftsunternehmen
wird Shell auch die Mehrheit in dessen Gesellschafterversammlung innehaben. Da dort Beschlüsse mit einfacher Mehrheit getroffen werden und das Einstimmigkeitsprinzip nur bei grundsätzlichen Entscheidungen (Änderungen des Gesellschaftsvertrages, Dividendenausschüttungen, Kapitalnachschüsse) Anwendung
findet, hat RWE-DEA dann keine Möglichkeit einer mitentscheidenden Einflussnahme auf DEA mehr. Damit geht spätestens zum
[...] auch die alleinige Kontrolle über das Gemeinschaftsunternehmen auf Shell über.
Auf Antrag des Bundeskartellamtes vom 3. August 2001 hat die
Europäische Kommission den Fall mit Entscheidung K(2001) 2181
vom 23. August 2001 gemäß Art. 9 der Ratsverordnung
Nr. 4064/89 an das Bundeskartellamt verwiesen, soweit er die
inländischen Mineralölmärkte betrifft.
Die gemäß § 39 Abs. 4 Satz 1 GWB für die Vollständigkeit der
Anmeldung erforderlichen Angaben nach § 39 Abs. 3 GWB zum Zusammenschlussvorhaben in deutscher Sprache sind am
27. August 2001 beim Bundeskartellamt eingegangen.
Die Mitteilung nach § 40 Abs.1 Satz 1 GWB über die Einleitung
des Hauptprüfverfahrens ist den Beteiligten am 12. September
2001 zugegangen.
Die Deutsche BP AG, Hamburg, die EON AG, Düsseldorf, und die
BASF AG, Ludwigshafen, sind aufgrund ihrer Anträge vom 15.,
16. bzw. 18. Oktober 2001 am 16. bzw. 23. November 2001 beigeladen worden.
Mit Schreiben vom 26. November 2001 hat das Bundeskartellamt
den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt, dass der Zusammenschluss
in der angemeldeten Form die Untersagungsvoraussetzungen des
- 4 § 36 Abs.1 GWB erfüllt und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme
eingeräumt.
Die obersten Landesbehörden Hamburgs und Nordrhein-Westfalens
haben am 27. November 2001 Gelegenheit zur Stellungnahme zu
der beabsichtigten Entscheidung erhalten. Sie haben sich nicht
geäußert.
BASF hat mit Schreiben vom 4. Dezember 2001 vorgetragen, dass
das Abmahnschreiben nicht erkennen lasse, inwieweit ihren Bedenken Rechnung getragen werden solle.
Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 17. Dezember 2001 der
Beschlussabteilung folgende Auflagen vorgeschlagen, um die
wettbewerblichen Bedenken der Beschlussabteilung auszuräumen.
Auflagen zum Zusammenschluß Shell/DEA
1.
Veräußerung von Tankstellen
1.1
Shell/DEA wird auferlegt, Straßentankstellen zu veräußern, auf die im Kalenderjahr 2000 eine
Absatzmenge von 2.079.137 to Kraftstoff (Otto- und Dieselkraftstoff) einschließlich des diesen
Straßentankstellen
zuzurechnenden
Absatzvolumens
aus
Belieferungsrechten
für
Bundesautobahntankstellen entfiel.
1.2
Die Veräußerung hat an mehrere Unternehmen einschließlich mittelständischer Unternehmen zu erfolgen.
1.3
Unter Berücksichtigung etwa vorhandener Tankstellennetze der Erwerber erfolgt die Auswahl der zu
verkaufenden Tankstellen so, daß die Entstehung einer beherrschenden Stellung vermieden wird.
2.
Kraftstoffbelieferung der Tankstellenerwerber
2.1
Soweit es sich bei den Erwerbern der Tankstellen um mittelständische Unternehmen handelt, hat
Shell/DEA diesen Erwerbern die Belieferung der erworbenen Tankstellen mit Kraftstoff anzubieten.
Das Angebot kann nur gleichzeitig mit dem Tankstellenerwerb angenommen werden. Es ist begrenzt
auf das Absatzvolumen der jeweils erworbenen Tankstellen im Kalenderjahr 2000.
2.2
Mittelständischen Unternehmen hat Shell/DEA die Belieferung nach Ziffer 2.1 entweder zu den
Konditionen einer nicht physischen Lohnverarbeitung oder zum Marktpreis gemäß den Bestimmungen
des Vertrages gemäß Anlage 1 [Geschäftsgeheimnis] im Zeitpunkt des Erwerbs der Tankstellen
anzubieten. Die Wahl zwischen den Konditionen erfolgt zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und ist
unveränderlich. Die Laufzeit des Vertrages beträgt nach Wahl des Käufers bei Vertragsschluß bis zu 5
Jahre.
2.3
Sind bis zu dem Datum, zu dem die Auflage gemäß Ziffer 1.1 zu erfüllen ist, nicht [...]. Kraftstoffe zu
vorgenannten Bedingungen kontrahiert, hat Shell/DEA die Differenzmenge zwischen den [...] und der
tatsächlich kontrahierten Kraftstoffmenge mittelständischen Unternehmen zur Versorgung ihrer eigenen
Tankstellen anzubieten. Dies schließt Unternehmen ein, die keine Tankstellen erworben haben. Das
Angebot, für das Ziffer 2.2 entsprechend gilt, erfolgt entsprechend der bisherigen
Versorgungsverteilung nach Raffinerien und Lägern für die zu veräußernden Tankstellen, für die keine
Belieferung nach Ziffer 2.2 abgeschlossen wurde. Das Angebot ist auf der Internet-Homepage von
Shell/DEA zu veröffentlichen. Die Annahme kann bis zum Ablauf der Frist nach Ziffer 5 erfolgen.
Gehen bis zum Ablauf der Frist gemäß Ziffer 5 mehr Annahmen ein als Differenzmenge zur Verfügung
- 5 steht, ist die anzubietende Menge entsprechend der Anzahl der Straßentankstellen, die die betroffenen
mittelständischen Unternehmen zum Zeitpunkt der Annahmen betreiben, quotal aufzuteilen.
3.
RMR-Produktliefervertrag
3.1
Shell/DEA wird auferlegt, einem oder mehreren Dritten, der/die in der Bundesrepublik Deutschland
nicht über (eine) eigene Raffinerie/n oder bedeutende Raffineriebeteiligung/en verfügt/en, gegen
Zahlung [ ] 10-jährige Rechte für die Bereitstellung von Ottokraftstoff und Mitteldestillat und/oder Jet
A1 an verschiedenen Ausspeisepunkten der RMR-Pipeline zu gewähren. [...]
Shell/DEA stellt den Erwerbern der in Ziff. 3.1 genannten Rechte die vereinbarten Produktmengen
unter Berücksichtigung der jeweiligen technischen Bedingungen in den mit der RMR-Pipeline
verbundenen, nachfolgend genannten Depots bereit:
3.2
•
•
•
•
Duisburg-Homberg
Godorf/Wesseling
Flörsheim/Raunheim
Ludwigshafen.
3.3
Die Einzelheiten eines Vertrages über RMR-bezogene Produktlieferungen ergeben sich aus den
Geschäftsbedingungen gemäß Anlage 2 [Geschäftsgeheimnis].
4.
Flugturbinenkraftstoff (JET A1)
4.1
In Bezug auf die Lieferungen von Jet A 1 ab Depot Raunheim wird Shell/DEA zugunsten eines gemäß
Ziffer 3 Berechtigten oder eines anderen geeigneten Dritten nach dessen Wahl einen Antrag auf
Mitgliedschaft oder Einräumung von Durchsatzrechten bei der Hydranten-Betriebsgesellschaft GbR
(HBG) und einer Betankungsgesellschaft am Flughafen Frankfurt, bei der Shell/DEA Gesellschafter ist,
aktiv unterstützen.
4.2
Ist der Begünstigte ein anderer als ein Berechtigter nach Ziffer 3 wird Shell/DEA diesem Begünstigten
anstelle des Berechtigten nach Ziffer 3 die Lager- und Durchsatzmöglichkeit für insgesamt [...] Jet A 1
im Tanklager Raunheim (einschließlich der Weiterleitung bis in die HBG Pipeline) für 10 Jahre zu
Marktkonditionen zur Verfügung stellen.
4.3
Shell/DEA strukturiert ihre Beteiligungen an den Betankungsgesellschaften auf dem Flughafen
Frankfurt unter Berücksichtigung der anwendbaren Vertragsfristen so um, daß Shell/DEA nur an einer
Poolgesellschaft beteiligt ist.
5.
Verfahren und Fristen
[Geschäftsgeheimnis]
Die Anlagen zu diesem Vorschlag sind diesem Beschluss als Anhang beigefügt [Geschäftsgeheimnis].
II.
1.
Gesellschafter von Shell sind die Shell Deutschland Holding GmbH, Hamburg, mit 90 % der Anteile und Shell Petroleum N.V., Den Haag, mit 10 % der Anteile. Alleiniger Gesellschafter der Shell Deutschland Holding GmbH ist die
Shell Petroleum Company Ltd, London. Bei Shell Petroleum
N.V. und Shell Petroleum Company Ltd handelt es sich um
- 6 zwei der drei wesentlichen Holdinggesellschaften des
Shell-Konzerns, deren Anteile zu 60 % von der Royal Dutch
Petroleum Company, Den Haag, und zu 40 % von der Shell
Transport and Trading Company plc., London, gehalten werden und die von diesen gemeinsam beherrscht werden.
Die Unternehmen des Shell-Konzerns sind weltweit auf allen
Stufen der Mineralöl- und Gaswirtschaft sowie in der Produktion und dem Vertrieb von Chemieprodukten und in der
Stromerzeugung tätig. Shell ist in Deutschland insbesondere in den Bereichen Rohölverarbeitung, Lagerung und Vertrieb von Mineralölprodukten sowie Erdgasförderung, transport und -vertrieb aktiv.
Der Shell zuzurechnende Umsatz belief sich im Geschäftsjahr 2000 weltweit auf umgerechnet rd.[...], EU-weit auf
[...] und deutschlandweit auf [...].
DEA, eine 100%-ige Tochtergesellschaft der RWE-DEA, ist in
der Rohölverarbeitung sowie dem Vertrieb von Mineralölund petrochemischen Erzeugnissen tätig. RWE-DEA ist neben
dem über DEA betriebenen Downstream-Geschäft in der Exploration und Förderung von Erdöl und Erdgas (Upstream-Geschäft) aktiv; ihre Anteile werden zu über 99,9 % von RWE
gehalten, der Führungsgesellschaft eines insbesondere im
Bergbau und in der Energie- (Strom, Gas, Mineralöl), Wasser-, Entsorgungs- und Bauwirtschaft tätigen Konzerns.
2.
Der DEA zuzurechnende Umsatz des RWE-Konzerns belief sich
im Geschäftsjahr 1999/2000 einschließlich der von RWE nach
Abschluss des Geschäftsjahres hinzu erworbenen Unternehmen
VEW AG, Dortmund, und Thames Water plc., London, weltweit
auf rd.[...], EU-weit auf [...] und deutschlandweit auf
etwa [...].
III.
Im Jahre 2000 standen im Inland etwa 140 Mio. t Mineralölerzeugnisse zur Verfügung, von denen etwa 20 Mio. t exportiert
worden sind. Etwa 98 Mio. t (70 %) sind in inländischen Raffinerien erzeugt, 42 Mio. t (30 %) importiert worden.
- 7 -
Die Inlandserzeugung entfällt auf insgesamt 14 Rohöl verarbeitende Raffinerien mit einer Verarbeitungskapaziät von
111,5 Mio. t Rohöl. DEA betreibt eigene Raffinerien in Heide
und Wesseling und ist darüber hinaus zu 32,25 % an der Raffinerie in Karlsruhe (weitere Gesellschafter sind ExxonMobil,
EON und Conoco) und zu 37,50 % an der in Schwedt (weitere
Gesellschafter sind EON, Agip und TFE) beteiligt. Rechnet man
DEA ihrer Beteiligungsquote entsprechende Kapazitätsanteile
zu, erreicht DEA Zugriff auf eine inländische Rohölverarbeitungskapazität von 19,45 Mio. t. Das entspricht einem Anteil
von 17,4 % der inländischen Gesamtkapazität. Shell verfügt
über zwei eigene Inlandsraffinerien in Hamburg und Köln mit
einer Kapazität von zusammen 14,1 Mio. t. Das sind 12,6 % der
Inlandsgesamtkapazität. EON hat eigene Raffinerien in Gelsenkirchen und Lingen und ist an den Raffinerien in Karlsruhe,
Ingolstadt und Schwedt beteiligt. EON verfügt zur Zeit - bei
anteiliger Zurechnung der Kapazitäten der Gemeinschaftsraffinerien, an denen EON beteiligt ist - über eine Inlandskapazität von 26,6 Mio. t, bzw. 23,9 % der Gesamtkapazität. BP hat
eine Beteiligung von 55 % an der Raffinerie in Ingolstadt.
Daraus ist ihr eine Verarbeitungskapazität von 6,6 Mio. t
zuzurechnen. Im Einzelnen ergibt sich hinsichtlich der
inländischen Raffineriestruktur folgendes Bild:
- 8 Unternehmen
Raffinerien
Gesamtkapazität
eigene
Beteiligungen
Mio. t
DEA
Heide, Wesseling
Schwedt, Karlsruhe
Shell
Hamburg, Köln
Shell/DEA
EON
Gelsenkirchen, Lingen
BP
Schwedt, Karlsruhe, Ingolstadt/Vohburg
Ingolstadt/Vohburg
BP/EON
TFE
Leuna
Dreyfus
Wilhelmshaven
ExxonMobil
Ingolstadt
Holborn (Tamoil)
Hamburg
Agip
OMV
Conoco
Schwedt
Karlsruhe
Ingolstadt/Vohburg, Schwedt
Burghausen
Karlsruhe
Gesamtkapazität
%
19,5
17,4
14,1
12,6
33,6
30,0
26,6
23,9
6,6
5,9
33,2
29,8
12,0
10,8
10,3
9,2
8,5
7,6
4,7
4,2
3,3
2,9
3,4
3,1
2,6
2,4
111,6
100,0
Tabelle 1
Bei der Rohöldestillation wird naturgemäß eine große Produktpalette - von Flüssiggas über Leicht- und Mitteldestillate bis
hin zu Bitumen in einer Kuppelproduktion erzeugt. Das Mengenverhältnis der Produkte zu einander ist - in Grenzen - in Abhängigkeit vom eingesetzten Rohöl und von der Raffinerieausrüstung hinsichtlich Konversions- und Crackeinrichtungen variabel. Daher erzeugt nicht jede Raffinerie das gesamte Produktspektrum. So werden zum Beispiel in den Raffinerien PCK
Schwedt, Bayernoil (Ingolstadt/Vohburg) und Emsland (Lingen)
keine Grundöle für Schmierstoffe hergestellt; in der Raffinerie Burghausen wird kein Ottokraftstoff hergestellt, sondern
Benzinfraktionen zu petrochemischen Grundstoffen, wie Ethylen
und Propylen, verarbeitet.
Die Rohölversorgung - auch der binnenländischen - Raffinerien
erfolgt über Pipelines. Fertigware wird zumeist in RaffinerieGroßlagern zwischengelagert und von dort aus vertrieben, in
Einzelfällen durch Produkten-Pipelines in Großlager in der
Nähe von Verbrauchs- und/oder Logistikzentren gepumpt, z.B.
von Schwedt nach Seefeld in der Nähe Berlins, von Burghausen
nach Feldkirchen bei München, von Gelsenkirchen nach Duisburg
oder von Leuna nach Hartmannsdorf. Die Shell-Raffinerie in
Köln und die DEA-Raffinerie in Wesseling sind mit dem RMR-Pipelinesystem verbunden.
- 9 -
Die Importe entfielen zu 70 % auf Einfuhren aus dem ARA-Raum
(Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen). Dieses Gebiet ist mit einem
Pipelinesystem (RRP und RMR) für Fertigprodukte mit dem RheinMain-Gebiet (Köln-Frankfurt-Ludwigshafen) verbunden. Dessen
Kapazität von rund 12 Mio. t/a wird in aller Regel voll in Anspruch genommen, zu etwa [...] zu Import- und zu [...] zu
inländischen Transportzwecken. An der RMR-Pipeline sind Shell
mit [...], DEA mit [...], BP mit [...], EON mit [...] sowie
ExxonMobil mit [...] beteiligt. Das RRP-System steht
ausschließlich der RMR aufgrund eines langfristigen
Pachtvertrages zur Verfügung. Darüber hinaus werden Importe
aus dem ARA-Raum mit Tankschiffen über den Rhein abgewickelt.
Einen Überblick über die Inlandsversorgung mit Mineralölerzeugnissen gibt die nachstehende Tabelle (gerundete Werte):
Inlands-
Importe
Exporte
Mio. t
Mio. t
Mio. t
Naphta
16,1
7,7
1,0
Ottokraftstoff
28,8
7,9
3,3
Jet A1
7,1
3,1
0,3
Diesel
28,9
5,7
4,1
leichtes Heizöl
27,9
10,0
1,1
schweres Heizöl
6,2
1,3
4,3
Bitumen
3,2
0,4
0,7
ablieferungen
Shell/
BP/
Exxon/
DEA
EON
Mobil
%
%
%
TFE
%
Tabelle 2
Die Mengenangaben sind die von der BAFA veröffentlichten Zahlen, die die Lieferungen an Unternehmen des Erhebungskreises
ausklammern. Die den Unternehmen zugeordneten Anteilszahlen
sind errechnet aus ihren Produktions- und Importangaben in dem
anhängigen Verfahren, schließen also auch Lieferungen an Unternehmen des Erhebungskreises ein. Das bedeutet, dass etwa
Zukäufe einer der genannten Gesellschaften bei einer Inlandsraffinerie bei der liefernden Raffinerie erfasst sind. Das
gilt auch da, wo eine der genannten Gesellschaften als Verkäufer aufgetreten ist. Aus diesem Grunde sind diese Daten nicht
mit Marktanteilen gleichzusetzen. Gleichwohl geben sie nach
Auffassung der Beschlussabteilung einen durchaus aussagefähigen Überblick über die Anteile, die die genannten Gesellschaf-
- 10 ten an der Inlandsversorgung mit den jeweiligen Mineralölprodukten haben.
Der bundesweite Absatz der Produkte erfolgt über ein regional
gestreutes System von Tanklagern. Diese Lager sind ganz überwiegend mit Binnenschiffen erreichbar; in fast allen Fällen,
wo dies nicht möglich ist, gibt es einen Schienenanschluss,
nur in Ausnahmefällen sind die Lager nur mit Straßentankfahrzeugen erreichbar. Neben den Raffineriegesellschaften gibt es
eine größere Zahl selbstständiger gewerblicher Lagerbetreiber
mit zum Teil bedeutender Marktgeltung.
Mit den unterschiedlichen Transportmitteln sind erheblich unterschiedliche Transportkosten je Tonnenkilometer verbunden.
Die Transportkosten mit Pipelines sind niedriger als die mit
Binnenschiffen, diese wiederum niedriger als die mit Kesselwagen der Bahn und diese wiederum niedriger als mit Straßentankwagen. Aus dieser Kostenhierarchie ergibt sich zudem ein gewisser Standortvorteil für Inlandsraffinerien, da die Logistikkosten in der Mineralölindustrie eine erhebliche Bedeutung
im Kostenmanagement haben. Das billigere Transportmittel erfordert in der Regel aber auch größere Transportmengen und
kann einen zusätzlichen Umschlag erfordern.
B.
Das Vorhaben erfüllt in der angemeldeten Form die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs.1 GWB, weil es auf dem inländischen Tankstellenmarkt sowie auf Inlandsmärkten für Flugturbinentreibstoff (Jet A1) die Begründung einer marktbeherrschenden Stellung erwarten lässt. Unter den von den beteiligten Unternehmen vorgeschlagenen Auflagen ist es freizugeben.
I.
1.
Der in der ersten Stufe vorgesehene Erwerb einer 50 %-igen
Beteiligung von Shell an DEA erfüllt den Zusammenschlusstatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. a GWB, der spätere
Erwerb der Mehrheitsbeteiligung den Kontrollerwerbstatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB.
- 11 2.
Die Anwendung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
ergibt sich aus der Verweisungsentscheidung der Europäischen Kommission (Art. 9 Abs. 3 lit. b FKVO).
II.
1.
Kraftstoffe für Kfz–Motoren sind überwiegend Diesel– und
Ottokraftstoffe. Wasserstoff und Autogas sowie andere Antriebsenergien haben in Deutschland nur eine geringfügige
Bedeutung.
Im Inland wurden im Jahre 2000 insgesamt je rund
29 Mio. t Otto- und Dieselkraftstoffe abgesetzt. Die
inländische Bruttoproduktion an Ottokraftstoffen aus 13
Raffinerien betrug ca. 25,6 Mio. t. Importe erreichten
einen Umfang von ca. 7,9 Mio. t. Exportiert wurden im
gleichen Zeitraum ca. 3,3 Mio. t.1 Der effektive Importbedarf lag im Jahr 2000 etwas unter 20 %.
Die inländische Dieselkraftstoffproduktion verteilt sich
auf 14 Raffinerien. Deren Bruttoproduktionsmenge belief
sich im Jahr 2000 auf ca. 25,9 Mio. t. Importe erfolgten
in der Größenordnung von etwa 5,7 Mio. t. Exportiert wurden im gleichen Zeitraum ca. 4,1 Mio. t. Der Nettoimportbedarf lag im Jahr 2000 bei rd. 6 %.
Alle Ottokraftstoff produzierenden Raffinerien stellen
auch Dieselkraftstoff her. Zusätzlich wird Dieselkraftstoff in der zur österreichischen OMV gehörenden Raffinerie Burghausen produziert.
Der Import von Diesel– und Ottokraftstoffen erfolgt überwiegend auf dem Wasserweg und über die RMR-Pipeline.
Im Jahr 2000 wurden ca. [...] Ottokraftstoffe ([...]
aller Importe) durch die RMR transportiert, in den Jahren
zuvor lagen die Mengen zwischen ca. [...] und ca. [...].
Kleinere Mengen Ottokraftstoff (ca. [...]) wurden für
1
S. BAFA, Amtliche Mineralöldaten für Deutschland, Dezember 2000.
- 12 zivile Nutzer durch die zum NATO-System gehörige Pipeline
CEPS transportiert.
Der RMR-Durchsatz für Dieselkraftstoffe in den letzten
3 Jahren belief sich auf eine Menge zwischen [...] und
[...] (etwa [...] der Gesamteinfuhren). Das NATO–System
CEPS spielt hier keine Rolle. Die zivilen Durchleitungen
lagen in dieser Zeit nur zwischen 2000 und 3000 t.
Die Anteile der großen Anbieter an den Inlandslieferungen
von Otto- und Dieselkraftstoffen sind oben in der Tabelle 2 (Seite 9) dargestellt.
2.
Erzeuger und Importeure vertreiben Kraftstoffe an Großverbraucher, Weiterverkäufer und über ein eigenes Tankstellennetz unmittelbar an Endverbraucher. Das Großverbrauchergeschäft umfasst vor allem den Verkauf von
Dieselkraftstoff an größere gewerbliche Verbraucher wie
beispielsweise Busunternehmen oder Speditionen.
Ein Großteil des Dieselkraftstoff- und nahezu der gesamte
Inlandsabsatz von Ottokraftstoff wird über Tankstellen
abgewickelt. Es gibt in Deutschland nach Angaben der Beteiligten derzeit ca. 16.300 öffentliche Tankstellen, an
denen Otto- und Dieselkraftstoffe verkauft werden. Diese
Größenordnung wird auch vom Erdölinformationsdienst genannt.2
DEA betreibt etwa 1680, Shell 1520 Stationen. Darüber
hinaus sind weitere große, vertikal integrierte Mineralölunternehmen im deutschen Tankstellengeschäft wie BP,
Aral, TotalFinaElf (TFE), Esso und Conoco/Jet tätig.
Hinzu kommen kleinere Wettbewerber mit Zugang zu Raffinerien (auch im Ausland), wie das österreichische Unternehmen OMV mit Zugang zu Raffinerien in Schwechat (Öster-
2
EID Nr. 6/01. Erhebungen der Beschlussabteilung über die Eichdirektionen
der Bundesländer haben zwar zu einer höheren Zahl von Tankstellen
insgesamt in Deutschland geführt. Diese höhere Zahl enthält jedoch neben
den öffentlichen Tankstellen noch die Betriebstankstellen, außerdem
erstreckt sich der Erhebungszeitraum der Eichdirektionen über einen
Zeitraum von 2 Jahren (Zeitspanne zwischen zwei Eichzeitpunkten), so dass
bei generell sinkenden Tankstellenzahlen die von den
Zusammenschlussbeteiligten genannte Zahl von rd. 16.300 öffentlichen
Tankstellen als realistisch erscheint.
- 13 -
3.
reich) und Burghausen; Agip, eine Tochtergesellschaft des
italienischen Eni-Konzerns mit Beteiligungen an den Raffinerien in Ingolstadt und Schwedt; Tamoil, eine Tochtergesellschaft von Oilinvest, der Eigentümerin der Holborn
Raffinerie in Hamburg und Q8, eine kuwaitische Gesellschaft mit einer Raffinerie in den Niederlanden. Über
weitere Tankstellennetze, aber ohne unmittelbaren Raffineriezugang, verfügen eine Vielzahl kleinerer und mittlerer Mineralölunternehmen und Tankstellenbetreiber wie
Avia, Westfalen, Score, Baywa, Eller-Montan u.a. Sie sind
als Unternehmen zumeist im Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (UNITI) organisiert. Hinzu
kommen noch Supermarkttankstellen sowie konzernunabhängige (Einzel-) Tankstellenbetreiber. Letztere werden
überwiegend vom Bundesverband freier Tankstellen (bft)
vertreten.
Die Beteiligten schätzen die Anteile im Tankstellengeschäft wie folgt:
Marke
DEA
Shell
Shell/DEA
Aral
BP
BP/Aral
Esso
TFE
Conoco/Jet
Agip
Avia
Westfalen
Tamoil
BayWa
Bft
andere (auch Supermärkte)
Tabelle 3
Anteil %
- 14 Diese Angaben entsprechen im Wesentlichen den Feststellungen, die die Beschlussabteilung bei eigenen Erhebungen
getroffen hat.
4.
Das Zusammenschlussvorhaben erfüllt in der angemeldeten
Form im Tankstellengeschäft die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB, da es die Bildung eines marktbeherrschenden Oligopols erwarten lässt.
a.
In Übereinstimmung mit den Anmeldern geht die
Beschlussabteilung von einem Markt für den Vertrieb von
Kraftstoffen (Ottokraftstoff und Diesel) über Tankstellen
aus. Diese Abgrenzung entspricht auch den Entscheidungen
der EU-Kommission in den Fällen Nr. IV/M.727 – BP/Mobil;
Fall Nr. IV/M. 1013 – Shell UK/Gulf Oil; Fall Nr. IV/M.
1383 – Exxon/Mobil und Fall Nr. IV/M. 727 – BP/Mobil. Das
Angebot von Motorenkraftstoffen an Tankstellen erstreckt
sich immer auf Otto- und Dieselkraftstoffe. Die Wettbewerbsverhältnisse im Tankstellengeschäft sind bei Ottound Dieselkraftstoffen gleich. Das rechtfertigt, bei der
Bewertung der Wettbewerbsverhältnisse im Tankstellengeschäft alle Kraftstoffarten zusammen zu betrachten.
b.
In räumlicher Hinsicht haben die Zusammenschlussbeteiligten geltend gemacht, dass regionale
Preisdifferenzen nur über kurze Zeiträume bestünden, da
über eine kontinuierliche Substitutionskette benachbarter
Tankstellen sich regional unterschiedliche Preise in
Deutschland in kurzer Zeit einander anglichen. Diese
Preisinterdependenz innerhalb des gesamten inländischen
Tankstellennetzes ergebe sich nicht nur aus der Engmaschigkeit des Netzes, sondern auch daraus, dass die Autofahrer ihren Kraftstoffbedarf jedenfalls bei längeren
Strecken, auf dem Weg zur täglichen Arbeit oder bei überregionalen Urlaubsfahrten in größeren Gebieten deckten.
Der Markt sei daher bundesweit abzugrenzen.
Die Beschlussabteilung teilt nicht die Auffassung, dass
es aus diesen Gründen keine eigenständigen regionalen
und/oder örtlichen Tankstellenmärkte gebe. Die Beschaf-
- 15 fungsalternativen eines Autofahrers bestimmen sich nach
den konkreten Alternativen, die sich ihm in dem Zeitpunkt, zu dem ein leerer Tank Bedarf auslöst, bieten und
die er kennt. Das erklärt auch die Tatsache, dass Autofahrer überwiegend in der Nähe ihrer Wohnung oder auf dem
Weg zu Arbeitsstätte tanken.
Es kann im Ergebnis letztlich aber dahinstehen, ob und
wie regionale Märkte abzugrenzen sind. Alle großen Anbieter sind Betreiber von bundesweiten Tankstellennetzen,
ihre Marktstrategie zielt nicht nur auf örtliche und regionale Märkte, sondern auch und vor allem auf ihr Tankstellennetz insgesamt. Die Logistik, das Tankstellenkonzept, das Erscheinungsbild und die Marke sind auf das Gesamtnetz bezogen. Investitionsentscheidungen im Tankstellengeschäft sind immer auch aus der Sicht des Gesamtnetzes zu treffen. Daher ist für die wettbewerbliche Beurteilung dieses Zusammenschlusses vor allem auch der bundesweite Tankstellenmarkt relevant. Die Beschlussabteilung hält es daher für sachgerecht, hier auf den inländischen Tankstellenmarkt insgesamt abzustellen. Im Übrigen
ließe eine Betrachtung der regionalen und/oder örtlichen
Wettbewerbsverhältnisse wegen der weitgehenden Übereinstimmung der regionalen Anbieterstruktur auch keinen anderen Befund erwarten.
c.
Am inländischen Kraftstoffabsatz über Tankstellen erreichen Shell und DEA durch den Zusammenschluss einen gemeinsamen Anteil von rd. [...], BP/Aral einen gemeinsamen Anteil von rd. [...], Esso hält etwa [...]. Die
Zusammenschlüsse lassen die Entstehung eines Konzentrationsgrades der drei führenden Anbieter von 61 % erwarten.
Selbst wenn man den angemeldeten Zusammenschluss von BP
und Aral entgegen den tatsächlichen Gegebenheiten dieses
Marktes aus der Betrachtung ausklammern würde, erreichten
die dann führenden Anbieter Shell/DEA, Aral und Esso einen Konzentrationsgrad von [mehr als 50 %].
Die Beschlussabteilung hält es nicht für gerechtfertigt,
die weiteren Konzentrationstendenzen dieses Marktes, die
- 16 durch die Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens von BP
und Veba Oel nachdrücklich bestätigt werden, aus ihrer
Bewertung auszublenden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind der Prognoseentscheidung, die bei
der Marktbeherrschungsprüfung nach § 36 Abs. 1 GWB anzustellen ist, weitere zu erwartende Verschlechterungen der
Wettbewerbsbedingungen zu berücksichtigen, die durch den
zu prüfenden Zusammenschluss geschaffen werden. Die auf
dem Tankstellenmarkt bestehenden Konzentrationstendenzen
werden durch die bereits Ende letzten Jahres in der Fachpresse3 diskutierte Suche der Aral nach einem Partner belegt. Dass der Zusammenschluss von Shell mit DEA diese
Tendenzen intensiviert, ist nach Auffassung der Beschlussabteilung offensichtlich. Deswegen kann entgegen
der Auffassung der Beteiligten bei der Prüfung der Frage
nach den wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen des Vorhabens von Shell und DEA das ebenfalls angemeldete Fusionsvorhaben BP/Veba Oel (B 8 – 130/01) hier nicht unberücksichtigt bleiben.
Der auf dem Tankstellenmarkt durch den Zusammenschluss
herbeigeführte Konzentrationsgrad erfüllt die Voraussetzungen des Oligopoltatbestandes nach § 19 Abs. 3 Satz 2
Nr. 1 GWB, nach der eine Gruppe von drei oder weniger Unternehmen als marktbeherrschend gilt, wenn ihre gemeinsamen Marktanteile 50 % erreichen. Dieser Tatbestand wird
übrigens nicht erst durch das Hinzutreten eines weiteren
Zusammenschlusses erfüllt.
Die Beteiligten haben den ihnen danach obliegenden Nachweis, dass die Wettbewerbsbedingungen zwischen den führenden Unternehmen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen oder die führenden Unternehmen in ihrer Gesamtheit
gegenüber den übrigen Wettbewerbern keine überragende
Marktstellung innehaben, nicht erbracht.
Sie haben hierzu im Wesentlichen vorgetragen:
Die führenden Unternehmen stünden in wesentlichem Wettbe3
U.a. EID: Nr. 39/00, 50/00, 02/01 und 05/01.
- 17 werb, es herrsche Preiswettbewerb, Qualitätswettbewerb,
Ausstattungs- und Servicewettbewerb und vieles mehr, um
Kunden zum Besuch der eigenen Tankstellen zu gewinnen.
Dabei habe sich vor allem auch das Shop-Geschäft als ein
wesentlicher Faktor für die Wirtschaftlichkeit der Tankstellen entwickelt. In diesem Wettbewerb müssten auch die
führenden Anbieter auf Preisvorstöße von Niedrigpreisanbietern reagieren. Die höhere Markengeltung, die bessere
Tankstellen– und Shopausstattung und die größere Serviceorientierung würde den führenden Anbietern zwar einen gewissen Preisabstand zu den Niedrigpreisanbietern erlauben, jenseits dieser Grenze würden jedoch Absatzverluste
eintreten, die zu Reaktionen nötigten. Diese zur Sicherung des eigenen Absatzes notwendigen Preisanpassungsmaßnahmen könnten nicht wegen der Erwartung ähnlicher Reaktionen anderer Markentankstellen unterbleiben. Sie seien
unerlässlich zur Sicherung des für die Wirtschaftlichkeit
der Tankstelle und für die wirtschaftliche Existenz des
sie betreibenden Pächters erforderlichen Mindestabsatzes.
Dabei gingen insbesondere von den Supermarkttankstellen
wesentliche Wettbewerbsimpulse aus. Die Marktwirklichkeit
sei dadurch bestimmt, dass die Preise der Markenanbieter
sich an denjenigen der Supermärkte und anderen Niedrigpreisanbietern orientieren, nicht umgekehrt. Hinzu komme,
dass dieses Segment im Tankstellenmarkt mittlerweile auf
850 Tankstellen mit einem hohen Kraftstoffdurchsatz gewachsen sei.
Bei einer Fusion von Shell und DEA sei im Übrigen davon
auszugehen, dass insbesondere die großen Wettbewerber
Wettbewerbsvorstöße unternehmen würden, um den Marktanteilsvorsprung zu verkleinern, den Shell und DEA mit dem
Zusammenschluss erreichen. In diesem Zusammenhang weisen
die Beteiligten auf Wettbewerbsmaßnahmen wie die DEA–Payback–Karte und die jüngsten Swop–Aktionen von Esso hin,
die von einem höheren Konzentrationsgrad des Marktes unabhängig seien. Marktanteilsverschiebungen zwischen den
führenden Anbietern belegten, dass dieser Wettbewerb
nicht zu Lasten von kleineren Wettbewerbern ginge. Dies
werde auch künftig so sein.
- 18 -
d.
Mit diesem Vortrag ist nach Auffassung der Beschlussabteilung der nach § 19 Abs. 3 Satz 2 GWB zu fordernde Nachweis nicht erbracht.
Generell ist darauf hinzuweisen, dass das von den Beteiligten beschriebene bisherige Verhalten der Marktteilnehmer auf die Marktgegebenheiten vor dem Zusammenschluss bezogen ist. Bei den erheblichen durch den Zusammenschluss
bewirkten und in seiner Folge weiterhin zu erwartenden
Verschlechterungen der Marktstruktur kann das bisherige
Wettbewerbsverhalten kaum auf die künftigen Marktstrukturen übertragen werden.
Die Beschlussabteilung kann keinen Grund für die Annahme
der Beteiligten erkennen, dass Wettbewerber durch den hier
zu beurteilenden Zusammenschluss von Shell und DEA zu besonderen wettbewerblichen Anstrengungen zur Kompensation
der Vorsprünge, die die Beteiligten mit dem Zusammenschluss erreichen, ermuntert würden. Viel näher liegt die
Erwartung, dass in Reaktion auf diesen Zusammenschluss andere Großanbieter nach Wegen für eigene Zusammenschlüsse,
kleinere Anbieter nach Wegen zum Marktaustritt suchen werden. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die kleineren
Wettbewerber bisher eine relativ sichere Beschaffungsgrundlage hatten, kann entgegen der Auffassung der Beteiligten (Schriftsatz vom 10. Dezember 2001, S. 5) daraus
nichts Gegenteiliges hergeleitet werden, da der beabsichtigte Zusammenschluss - jedenfalls in seiner angemeldeten
Form – zu einer erheblichen Verengung des Beschaffungsmarktes führt.
Die Marktbedingungen lassen auch nicht erwarten, dass die
führenden Anbieter nach dem Zusammenschluss in wesentlichen Wettbewerb zueinander treten werden. Ihre weitgehend
übereinstimmenden unternehmensbezogenen Strukturmerkmale,
die Produkthomogenität, die Markttransparenz, die geringe
Preiselastizität und die Stagnation der Gesamtnachfrage
nach Kraftstoffen lassen preisliche Vorstöße nicht erwarten, da sie leicht erkennbar und aufgrund ähnlicher Ver-
- 19 geltungspotenziale der anderen Oligopolmitglieder wenig
erfolgversprechend sind. Dies gilt in gleicher Weise für
Esso. Deren Einbeziehung in das Oligopol ist daher – trotz
ihrer deutlich geringeren Marktanteile – rechtlich zulässig. Es entspricht auch den tatsächlichen Gegebenheiten.
In einer solchen Situation stellt sich in der Regel mittelfristig jedenfalls insoweit Wettbewerbslosigkeit ein.
Das wird in Bezug auf den Preiswettbewerb auch in dem vorgelegten Gutachten von Professor Weizsäcker vertreten.
Kraftstoffe sind homogene weitgehend identische Normprodukte. Möglichkeiten zur Differenzierung über den Wettbewerbsparameter Qualität entfallen damit, und somit auch
ein wichtiges Potenzial für Wettbewerb. Markenpräferenzen
mögen gegenüber markenlosen Anbietern bestehen. Die Marken
der führenden Anbieter zu einander lassen keine nennenswerten Unterschiede erkennen. Diese Gegebenheiten
schließen die Erwartung von Preiswettbewerb zwischen den
führenden Anbietern aus. Der entscheidende Kaufparameter
ist demgegenüber der Preis. Er ist der zentrale Informationsparameter in den Informationsquellen für Endnachfrager
von Treibstoffen (z. B. Internet, ADAC). Dem stehen auch
die Bonussysteme, die jetzt von ExxonMobil und Aral eingeführt werden, nicht entgegen. Abgesehen von dem geringen
Preiseffekt, der damit verbunden ist, belegt die Reaktion
unter den führenden Anbietern – wie schon bei der Einführung der DEA-Payback-Karte- eher die Reaktionsverbundenheit als den Preiswettbewerb zwischen den großen Gesellschaften. Bundesweit tätige Tankstellennetze können dieses
System nämlich erfolgreicher einsetzen als nur regional
tätige Netze oder Einzeltankstellen, da ein Autofahrer,
der regelmäßig weiträumig unterwegs ist und unterschiedliche Tankstellen anfährt, wohl nur von einem Bonussystem
angesprochen werden dürfte, das ihn überall, wo er tankt,
bonifiziert. Das können markenfreie und/oder nur regional
tätige Tankenstellenbetriebe naturgemäß nicht leisten. Auf
Bonussysteme können markenfreie Tankstellen und/oder nur
regional tätige Tankstellennetze daher nur schwer reagieren.
- 20 Der Zusammenschluss führt zu einer Vereinheitlichung der
Unternehmensstruktur zweier der wichtigsten und größten
Wettbewerber auf dem relevanten Markt. Das bislang national und weitgehend auf das Downstream-Geschäft fokussierte
Unternehmen DEA wird in einen international operierenden,
auf allen Stufen der Mineralölwirtschaft tätigen Konzern
integriert. Es erhält damit dieselben Strukturen wie sie
die Shell bereits zuvor hatte, und wie sie ebenfalls die
übrigen A-Gesellschaften BP, TFE und ExxonMobil aufweisen.
Das Gleiche gilt für die bislang in ähnlicher Weise wie
die DEA strukturierte Veba Oel, wenn ihr beabsichtigter
Zusammenschluss mit BP vollzogen wird.
Durch den Zusammenschluss wird Shell mittelbar Mitgesellschafter in den Gemeinschaftsraffinerien in Schwedt (zusammen mit EON, TFE und Agip) und Karlsruhe (zusammen mit
EON und ExxonMobil). Darüber hinaus würden Shell/DEA und
BP/Veba Oel an dem für den Import von Kraftstoffen wichtigsten Transportsystem, der Produkt-Pipeline RMR, die den
ARA-Raum mit den Ballungsräumen entlang der Rhein-Schiene
verbindet, zusammen [ ] % der Anteile halten. Die Beschlussabteilung zieht nicht in Zweifel, dass der angestrebte Zweck der Gemeinschaftseinrichtungen "burden
sharing" ist. Aber selbst wenn das so ist, sind damit
Rückwirkungen auf das Wettbewerbsverhalten der Anteilseigner zueinander nicht ausgeschlossen. Die mit der Lastenteilung gewinnbaren Synergien verschaffen den daran Beteiligten Vorteile gegenüber Außenstehenden. Diese haben –
wie insbesondere das Beispiel der RMR-Pipeline zeigt –
häufig überhaupt keine Möglichkeit, zu ähnlich effizienten
technischen Lösungen zu kommen. Aber auch das Interesse an
der optimalen Nutzung gemeinsamer Infrastruktureinrichtungen und die daraus erwachsende Koordinierung dieser Nutzung verringert ebenso den Anreiz zu wettbewerblichem Verhalten wie die bei gemeinsamer Nutzung zwangsläufig anfallenden Informationen über die Produktions- und Beschaffungsbedingungen des jeweils anderen Unternehmens.
Ebenso fördert die Praxis der Tauschmengen ein Parallelverhalten der daran beteiligten Unternehmen und dämpft den
- 21 Wettbewerb zwischen ihnen. Wie die Ermittlungen der Beschlussabteilung ergeben haben, führen die Oligopolmitglieder in erheblichem Umfang Tauschvereinbarungen zwischen verschiedenen Standorten durch, und zwar nur bei
Wechselseitigkeit und nur unter den großen Gesellschaften.
Daraus erwachsen den daran Beteiligten Wettbewerbsvorteile, die außenstehenden Wettbewerbern nicht offen stehen.
Die EU-Kommission hat den deutschen Tankstellenmarkt in
ihrer ExxonMobil Entscheidung4 ebenso wie die
Beschlussabteilung bewertet. Die Ergebnisse sind ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar. So hatte die
Kommission seinerzeit festgestellt:
Exxon, ARAL und BP/Mobil wären bei Umsetzung des ursprünglich angemeldeten Vorhabens aufgrund enger Verbindungen
zwischen ihnen (insbesondere das BP/Mobil-JV und die Mobil-Beteiligung an ARAL) in gewisser Weise als Einheit zu
betrachten gewesen, für die – jedenfalls auf dem Tankstellen-Markt – wesentliche Anreize bestanden hätten, sich
keinen Wettbewerb zu liefern.
Es sei unwahrscheinlich, dass Shell oder DEA ihrerseits
Wettbewerbsvorstöße unternähmen, vielmehr sei davon auszugehen, dass sie es vorziehen würden bei stabilen Marktanteilen von höheren Margen zu profitieren. Hintergrund:
Insgesamt sei der deutsche Markt gekennzeichnet durch das
Fehlen eines wirklichen Wettbewerbers zu den A-Gesellschaften und durch die Führungsrolle der A-Gesellschaften
bei der Preissetzung (regelmäßig Nachvollzug durch die anderen Marktteilnehmer).
Es ist auch nicht ersichtlich, dass nach dem Zusammenschluss andere auf dem Tankstellenmarkt tätige Unternehmen
die Verhaltensspielräume des Oligopols wirksam begrenzen
können.
Das Wettbewerbspotenzial der folgenden Wettbewerber Total4
Fall Nr. IV/M. 1383 Exxon/Mobil Randziffer 608ff.
- 22 FinaElf und Conoco reicht schon in Anbetracht des hohen
Marktanteils des Oligopols und ihres hohen Marktanteilsabstands nicht aus, um die Verhaltensspielräume des Oligopols einzuschränken. Dies gilt um so mehr, als aufgrund
der zersplitterten Wettbewerbsstruktur außerhalb des Oligopols für die Mitglieder des Oligopols ein Parallelverhalten wesentlich größere Vorteile verspricht als preisliche Vorstöße, die aufgrund ähnlicher Vergeltungspotenziale
dauerhaft für alle drei Unternehmen wenig erfolgversprechend sind. Insofern ist auch aus diesem Grunde künftig
von weitgehender Wettbewerbslosigkeit zwischen den drei
Marktführern auszugehen.
Die überragende Stellung der führenden Anbieter im Tankstellengeschäft wird auch nicht durch die in Verbindung
mit großflächigen Einzelhandelsunternehmen betriebenen sogenannten Supermarkttankstellen in Frage gestellt. Diese
werden in dem Gutachten von Prof. Weizsäcker, aber auch in
den Unterlagen der Zusammenschlussbeteiligten5 als wettbewerbsstarke Niedrigpreisanbieter ausgewiesen, die aufgrund
ihrer anderen Interessenlage Tankstellen als Lockvogel zur
Erhöhung der Kundenfrequenz für den großflächigen Einzelhandel betrieben. Die Wettbewerbsbedeutung dieser Vertriebsform wird nach den Feststellungen der Beschlussabteilung von den Beteiligten jedoch erheblich überzeichnet.
Das beginnt mit der allgemein genannten Zahl solcher Tankstellen von 850. Erhebungen der Beschlussabteilung und ihr
vorliegende Studien lassen jedoch allenfalls eine Zahl von
rd. 600 bis 640 solcher Tankstellen in Deutschland als realistisch erscheinen. Alle befragten Großverkaufsflächen
betreibende Einzelhandelsunternehmen haben nur eine geringe Zahl an Tankstellen genannt, die von ihnen selbst
betrieben werden. Nach den Feststellungen der Beschlussabteilung ist mehr als die Hälfte dieser Tankstellen unabhängigen Tankstellenbetreibern verpachtet oder zum Betrieb
überlassen worden (z.B. Conoco, Westfalen und anderen),
die diese Tankstellen auf eigene Rechnung führen. Eine
Quersubventionierung durch den großflächigen Einzelhandel
dürfte insoweit von vornherein auszuschließen sein.
5
Arbeitsübersetzung der Anmeldung gemäß Form CO, S. 156.
- 23 -
Bei der Vielzahl der übrigen Wettbewerber handelt es sich
im Vergleich zu den A- und/oder B-Gesellschaften um Unternehmen, deren Vertriebstätigkeit sich nahezu ausschließlich auf ein regionales oder lokal begrenztes Gebiet beschränkt. Deren Entwicklungsmöglichkeiten sind aufgrund
ihrer Finanz- und Ressourcenschwäche sowie ihrer infolge
suboptimaler Betriebsgröße hohen Betriebskosten begrenzt.
Schon derzeit geht kein relevanter Wettbewerb von diesen
Unternehmen auf das Oligopol aus. Sie beziehen ihren
Kraftstoffbedarf größtenteils von Unternehmen, die an den
gegenwärtig geprüften Zusammenschlüssen beteiligt oder mit
ihnen verbunden sind. Deren Preise und Konditionen bestimmen den Handlungsspielraum dieser Gruppe von Außenseitern
und nicht umgekehrt.
Die Beschlussabteilung hat von den Tankstellenbetreibern
Angaben über den Umfang und die Herkunft ihrer Zukäufe von
Dritten erbeten. In den Antworten werden als Kraftstofflieferant dieser Gruppe von Wettbewerbern neben BP und
Veba bzw. Aral nahezu ausschließlich Shell/DEA genannt.
Stellt man diese Angaben der oben in der Tabelle 2
(Seite 9) dargestellten Inlandsversorgung gegenüber, wonach sowohl BP/EON als auch Shell/DEA erheblich über ihren
Marktanteilen im Tankstellengeschäft liegende Anteile am
gesamten Inlandsvolumen von Ottokraftstoff und Diesel haben, so ist zu folgern, dass diese Unternehmensgruppen für
die Kraftstoffversorgung der auf Bezüge von Dritten angewiesenen Tankstellenbetreiber von gravierender Bedeutung
sind. Sie haben einen wesentlichen Einfluss auf die wettbewerblichen Verhaltenspielräume der kleineren Anbieter.
Es gibt im Inland nur zwei von den großen Anbietern im
Tankstellengeschäft unabhängige Raffinerien, die Raffinerie in Wilhelmshaven und die Holborn-Raffinerie in Hamburg. Erstere exportiert aufgrund ihrer Küstenlage einen
erheblichen Teil ihrer Kraftstoffproduktion, letztere vertreibt selbst einen Teil ihrer Produktion über das Netz
der ihr gesellschaftsrechtlich verbundenen Tamoil. Auch im
- 24 Import von Kraftstoffen aus dem ARA-Gebiet, der bedeutendsten Quelle von Kraftstoffeinfuhren, verfügen die führenden Anbieter im Tankstellengeschäft aufgrund ihrer Beteiligung am RMR-Pipelinesystem und der Bedeutung dieses
Transportweges für den Kraftstoffimport über wesentliche
Wettbewerbsvorsprünge. Die anderen Transportwege sind
kostenungünstiger, wie sich aus Angaben des Mineralölwirtschaftsverbandes6 und letztlich auch der Beteiligten selbst
ergibt. Schon nach deren Schätzbeispielen belaufen sich
die Kosten für den Transport von Mitteldestillaten von
Rotterdam nach Duisburg oder Ludwigshafen per Schiff im
Durchschnitt auf etwa das Doppelte der Kosten eines entsprechenden Pipeline-Transportes.7 Die Beschlussabteilung
hält entgegen den Beteiligten diesen Vergleich für aussagefähig, da davon auszugehen ist, dass Abschreibungen,
mithin der ursprüngliche Investitionsaufwand, in die Kosten, die von den Gesellschaftern der Pipeline für die
Durchleitung zu entrichten sind, einbezogen werden. Dass
die Pipeline nur über relativ wenige Entnahmepunkte verfügt, verringert nicht den Wettbewerbsvorteil, den sie ihren Eignern bietet. Daraus lässt sich allenfalls herleiten, dass sie nicht für jedes irgendwo zwischen Rotterdam/Antwerpen und Ludwigshafen gelegene Tanklager als Versorgungsleitung das kostengünstigste Transportsystem ist.
Vor dem Hintergrund der Vollauslastung des Systems kommt
es darauf aber auch nicht an. Die Zusammenschlussbeteiligten selbst geben in den meisten Fällen dem Pipelinetransport gegenüber dem Schiffstransport den Vorzug.8 Dies zeigt
schon an, dass auch sie die Pipeline als die kostengünstigste Transportmöglichkeit ansehen. Dies ist der Beschlussabteilung im Übrigen von dritter Seite an Hand anderer Beispiele bestätigt worden.
Andere Kraftstoffimporteure haben aufgrund der Vollauslastung in den letzten Jahren schon mangels Kapazität keinen
Zugang zu diesem Transportsystem.9 Ergänzend steht allenfalls das NATO-Pipelinesystem CEPS - aber nur unter dem
6
7
8
9
s. Broschüre Mineralöl-Logistik des Mineralölwirtschaftsverbandes, S. 11
Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens Shell/DEA bei der KOM, Form CO,
Abschnitt 6 – Überblick/Infrastruktur – Rz. 112
aaO, Rz. 111ff
aaO, Rz. 122
- 25 Vorbehalt vorrangiger militärischer Nutzung – zur Verfügung. Deren zivile Nutzung beschränkte sich bisher von
vernachlässigbaren Ausnahmen (siehe oben S. 12) abgesehen
auf den Durchsatz von Flugturbinenkraftstoff zur Verwendung auf dem Flughafen Frankfurt.
Auch wenn die Importe nicht vollständig durch die RMR-Pipeline durchgeleitet werden können, ist ihr Anteil von
etwa 38 % an den Gesamtkraftstoffimporten doch erheblich.
Da sie naturgemäß nur für Importe aus dem ARA-Raum von Bedeutung ist, ist ihr insoweit eine noch größere Bedeutung
beizumessen. Wettbewerbern ist nicht nur der Zugang zu
diesem System verwehrt, konkurrierende Importeure transportieren zudem kleinere Mengen, woraus ihnen naturgemäß
weitere Nachteile erwachsen. Das wirkt sich insbesondere
bei dem zu erwartenden stagnierenden künftigen Bedarf aus.
Bei zukünftig sinkendem Verbrauch von Mineralölprodukten
in Deutschland und gleichzeitigem Bedürfnis nach Vollauslastung vorhandener Raffinerien werden die RMR- und Raffineriebetreiber insgesamt geringere Mengen per Schiff importieren müssen. Hinzu kommt, dass die Transportkosten
beim Import per Schiff, Bahn oder TKW bei kleineren Mengen
überproportional steigen. Dies begründet einen weiteren
Nachteil für Importeure von Kraftstoffen gegenüber den
führenden Anbietern im Tankstellengeschäft. Diese können
bei rückläufigem Markt durch Verlagerung ihrer Transporte
auf das Pipelinesystem ihre Transportkosten verringern,
konkurrierende Importeure müssen dagegen bei geringerem
Absatz- und damit Transportvolumen mit höheren Frachtstückkosten beim Kraftstoffimport rechnen. Sie sind auf
den Wasserweg des Rheins angewiesen. Ihre Abnehmer müssen
daher wegen nicht vorhersehbarer Wasserstände und daraus
erwachsender Unwägbarkeiten der Rheinschifffahrt zusätzliche Lager unterhalten.
5.
Die Auflagen zur Veräußerung von Tankstellen - verbunden
mit dem Angebot eines Belieferungsvertrages an mittelständische Erwerber der Tankstellen - sowie die Bereitstellung
von bei Shell/DEA oder Dritten gekauftem Kraftstoff in
Shell/DEA-Lagern, die mit der RMR-Pipeline verbunden sind,
- 26 lassen erwarten, dass die Untersagungsvoraussetzungen des
§ 36 Abs. 1 GWB entfallen werden.
Die Zusammenschlüsse von Shell/DEA und von BP/EON würden zu
einem Konzentrationsgrad der drei führenden Anbieter im
Tankstellengeschäft von etwa 61 % führen. Der Oligopoltatbestand wird bei einer Verringerung dieses Konzentrationsgrades von mehr als 11 % vermieden. Die hierzu erforderliche Dekonzentration ist nach Auffassung der Beschlussabteilung von den Beteiligten beider Zusammenschlüsse im Verhältnis ihrer Marktanteile zueinander zu erbringen, also im
Verhältnis von [...] Shell/DEA zu [...] BP/Aral.
Würde man der Ansicht der Beteiligten folgen, dass über
diesen Zusammenschluss ohne Berücksichtigung des Parallelfalles BP/EON zu entscheiden sei, würden die Beteiligten
dieses Verfahrens weniger, die des anderen Verfahrens mehr
Marktanteile als in den Auflagen aufgegeben an Dritte übertragen müssen. Das ergibt sich aus der von der Beschlussabteilung nicht geteilten Auffassung der Beteiligten, dass
über Zusammenschlüsse in der Reihenfolge ihrer Anmeldung zu
entscheiden sei und zwar in der Weise, dass bei dem zuerst
angemeldeten der zweitangemeldete unberücksichtigt bleiben
müsse, bei letzterem hingegen der erstangemeldete in vollem
Umfang zu berücksichtigen sei. Die Erstanmelder haben nach
dieser von Professor Veelkens vertretenen Auffassung einen
Anspruch darauf, dass sie den auf dem Markt noch vorhandenen Fusionsspielraum in voller Höhe nutzen können und nur
darüber hinaus gehende Wettbewerbsbeschränkungen durch Auflagen oder Bedingungen abzubauen hätten. Wenn dann für die
Zweitanmelder keine Fusionsspielräume verblieben, sei das
so hinzunehmen, wie es auch bei einem Konzentrationsprozess
im Zeitablauf hinzunehmen sei, dass weitere Zusammenschlüsse aus Rechtsgründen unmöglich seien, wenn ein Konzentrationsgrad erreicht sei, von dem ab weitere Zusammenschlüsse den Marktbeherrschungstatbestand verwirklichten.
Diese Auffassung verkennt, dass nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (WUW/E 1501, 1507f – Kfz-Kupplungen -)
Veränderungen der Marktgegebenheiten, die eine weitere Ver-
- 27 schlechterung der durch den Zusammenschluss geschaffenen
Wettbewerbsbedingungen erwarten lassen, auch bereits dann
zu berücksichtigen sind, wenn sie sich nicht schon in der
Anmeldung eines weiteren gravierenden Zusammenschlusses
konkretisiert haben.
Im übrigen geht es bei der Zusammenschlusskontrolle nicht
darum, den den Unternehmen bis zum Erreichen der Marktbeherrschungsschwelle offenstehenden Spielraum für Zusammenschlüsse nach einem zeitlichen Prioritätensystem zuzuteilen. Das Prinzip "wer zuerst kommt, mahlt zuerst" kann nach
Auffassung der Beschlussabteilung in der Fusionskontrolle
keine, jedenfalls keine allgemein verbindliche Geltung beanspruchen. Fusionskontrolle ist ihrem Wesen nach Gefahrenabwehr. Dem muss Rechnung getragen werden, wenn knappe,
aber vom Gesetz her noch mögliche Fusionsspielräume "zugeteilt" werden. Das Veelkens—Prinzip kann daher zum Beispiel
dann keine Geltung beanspruchen, wenn von den zwei "konkurrierenden" Zusammenschlüssen einer einen Sanierungsfall betrifft, der nach der failing-company-defense auch jenseits
der Marktbeherrschungsschwelle freizugeben wäre. Bei dem
von Professor Veelkens vertretenen zeitlichen Zuteilungsprinzip müsste dann der zuerst angemeldete Zusammenschluss
wegen Nichterreichens der Marktbeherrschungsschwelle, der
zweite — die Marktbeherrschung begründende — Zusammenschluss nach der failing—company-defense freigeben werden.
Dass das Veelkens—Prinzip in einem derartigen Fall dem Ziel
der Fusionskontrolle, Marktbeherrschung zu verhindern, entgegen steht, ist offensichtlich. Eine andere — hier vielleicht näher liegende — Konstellation liegt vor, wenn beide
Zusammenschlüsse mit Bedingungen und/oder Auflagen freigabefähig erscheinen. In einem derartigen Fall sind nach Auffassung der Beschlussabteilung die die Marktbeherrschungsschwelle überschreitenden Wirkungen beider Zusammenschlüsse
zusammen zu werten und von den Beteiligten beider Zusammenschlüsse im Verhältnis ihrer Marktstärke zu beseitigen.
Der Verkauf von Tankstellen in dem in der Auflage vorgegebenem Umfang führt zu einer entsprechenden Marktanteilsreduktion für Shell/DEA.
- 28 -
Um die mit dem Verkauf von Markentankstellen insbesondere
an unabhängige Wettberwerber in der Regel verbundenen Abschmelzeffekte zu verringern, wird Shell/DEA beim Verkauf
von Tankstellen an raffinerieunabhängige Erwerber Kraftstofflieferungen über einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren zu
planbaren Konditionen anbieten. Das gibt diesen Erwerbern
die Möglichkeit, eine gefestigte Wettbewerbsposition aufzubauen. Dem dient auch die Bereitstellung von Kraftstoffen
in Lagern, die mit der RMR-Pipeline verbunden sind. Hierdurch wird die logistische Basis auch für die Kraftstoffbeschaffung raffinerieunabhäniger Tankstellen verbessert und
insoweit deren Wettbewerbsnachteile gegenüber den vertikal
integrierten Wettbewerbern gemindert.
III.
1.
Der Flugturbinenkraftstoff Jet A1 ist ein sorgfältig raffiniertes Petroleum für Turbinenkraftwerke der kommerziellen
Luftfahrt. Wegen der hohen Anforderungen dieser Triebwerke
gelten für diese Kraftstoffart umfassende international
einheitliche Qualitätsbestimmungen.
In Deutschland wurden nach den Daten des BAFA im Jahre 2000
insgesamt rund 7,1 Mio. t Jet A1 abgesetzt. Die inländische
Bruttoproduktion aus 13 Raffinerien (die Raffinerie Wilhelmshaven produziert keinen Flugturbinenkraftstoff) erreichte ca. 4,3 Mio. t. Die Importe betrugen ca.
3,1 Mio. t; exportiert wurden im gleichen Zeitraum ca.
0,3 Mio. t.
Hauptversorger mit Turbinenkraftstoff sind:
EON
Shell
DEA
BP
ExxonMobil
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
Mio.
Mio.
Mio.
Mio.
Mio.
t
t
t
t
t.
Ihre Versorgungsanteile sind oben angegeben. Marktanteile
- 29 bundesweit werden von Shell/DEA wie folgt geschätzt:
Jet A1 in %
Shell/DEA
BP/EON
ExxonMobil
TFE
Lufthansa
Agip
Tabelle 4
2.
Nachfrager nach Jet A1 sind die Luftverkehrsunternehmen
an den derzeit 14 internationalen und rund 50 regionalen
Verkehrsflughäfen in Deutschland. Dabei kommt den 3 Flugverkehrsdrehkreuzen München10, Düsseldorf und Frankfurt
mit ihren interkontinentalen Flügen besondere Bedeutung
zu. Von diesen 3 Drehkreuzen ist wiederum der Flughafen
Frankfurt der vom Passagier- und vom Frachtaufkommen mit
weitem Abstand bedeutendste Flughafen in Deutschland. Auf
ihn allein entfällt die Hälfte des im Inland nachgefragten Bedarfs an Jet A1.
Nahezu sämtliche großen Luftverkehrsunternehmen schreiben
die von ihnen zu vergebenden Betankungsaufträge überwiegend jahresweise und flughafenspezifisch aus; an ihren
Drehkreuzen und sonstigen häufig von ihnen angeflogenen
Flughäfen erfolgt zuweilen eine Aufteilung des Gesamtbedarfs in verschiedene Tender, die auch unterjährig
und/oder an verschiedene Anbieter vergeben werden.
Die Mineralölunternehmen erbringen die Betankungsleistung
auf den internationalen Flughäfen durch Gemeinschaftsunternehmen; nur diese verfügen auf dem jeweiligen Flughafen über die zum Betanken erforderliche Infrastruktur.
Will ein Nichtgesellschafter eines Betankungsunternehmens
eine Airline betanken, so ist dies nur möglich, wenn er
sich mit diesem Betankungsunternehmen und deren Gesellschaftern auf einen Durchsatzvertrag verständigt bzw. in
die Gesellschaft eintritt.
10
Der Münchner Flughafen hat für diesen Zusammenschluss keine Bedeutung.
- 30 -
3.
Die Flugzeugbetankung in Düsseldorf wird von 3 Unternehmen
durchgeführt:
TGD, einem paritätischen Gemeinschaftsunternehmen von
Shell und der Charterfluggesellschaft LTU,
ETD, einem Gemeinschaftsunternehmen von TFE (3/4) und
ExxonMobil (1/4) und
DFS, einem Gemeinschaftsunternehmen von AFC11, BP, DEA und
Kuwait Petroleum mit je gleichen Stimmanteilen.
Die Betankungsmengen im Jahr 2000 verteilen sich wie folgt
auf diese Unternehmen:
TGD
ETD
DFS
rd. [...] Mio. t,
rd. [...] Mio. t
rd. [...] Mio. t.
Nach den Feststellungen der Beschlussabteilung ergeben
sich folgende Betankungsanteile der Zusammenschlussbeteiligten an der Gesamtbetankungsmenge des Düsseldorfer Flughafens:
Shell
DEA
[...],
[...].
Auf TFE entfallen [...] und auf Veba/Aral [...].
4.
11
Die Versorgung des Düsseldorfer Flughafens erfolgt ausschließlich über die Straße, und zwar von den Raffinerien
in Gelsenkirchen (Ruhr Oel), Wesseling (DEA) und Godorf
(Shell) oder von Lagern in Duisburg (u.a. TFE) sowie dem
Natopipelinelager in Bocholt.
AFC ist wiederum ein paritätisches Gemeinschaftsunternehmen von EON und
Lufthansa.
- 31 5.
Die Flugzeugbetankung in Frankfurt wird ebenfalls von
drei Unternehmen durchgeführt:
TGF, einem Gemeinschaftsunternehmen von ExxonMobil (2/3)
und Shell (1/3),
AET, einem Gemeinschaftsunternehmen von TotalFinaElf
(2/3)und Agip (1/3) sowie
FFS, dem größten dieser Unternehmen, an dem AFC, DEA und
BP mit gleichen Stimmanteilen beteiligt sind.
Die Betankungsmengen verteilen sich wie folgt auf diese
Unternehmen:
TGF
AET
FFS
rd. [...] Mio. t,
rd. [...] Mio. t und
rd. [...] Mio. t.
Nach den Feststellungen der Beschlussabteilung ergeben
sich folgende Betankungsanteile der Zusammenschlussbeteiligten an der Gesamtbetankungsmenge des Frankfurter Flughafens:
Shell
DEA
[...],
[...].
Auf ExxonMobil entfallen [...] und auf BP [...].
Sämtliche Betankungsunternehmen benutzen das am Frankfurter Flughafen vorhandene Jet A1-Tanklager und –Hydrantensystem, welches sich im Besitz der Hydranten Betriebsgesellschaft (HBG) befindet. Anteilseigner der HBG sind die
Aviation Fuel Company (AFC) sowie ExxonMobil, BP,
TotalFinaElf, Shell, DEA und Agip.
6.
Die Versorgung des Frankfurter Flughafens mit Treibstoff
erfolgt derzeit über drei Wege:
-
Von der RMR-Pipeline wird über einen Abzweig das
DEA-Terminal Raunheim versorgt, welches wiederum
über einen weiteren Abzweig mit dem Frankfurter
- 32 Flughafen verbunden ist. An RRP und RMR sind mit
Pernis (Shell), Nerefco (BP/Texaco), Godorf (Shell)
und Wesseling (DEA) derzeit vier Raffinerien angeschlossen. Shell nutzt die Pipeline für [...] ihrer
am Flughafen abgesetzten Mengen, DEA für [...].
Nach Angabe der Beteiligten werden die Kapazitäten
von den Gesellschaftern derzeit voll ausgeschöpft.
-
Das Central-Europe-Pipeline-System (CEPS) ist ein im
Eigentum der NATO stehendes Produkt-Rohrleitungssystem, das mit einigen Raffinerien in der Region um
Rotterdam verbunden ist. Es wird hauptsächlich für
Flugtreibstoff genutzt und führt zu dem CEPS-Terminal Pfungstadt, von welchem wiederum eine Pipeline
zum Flughafen Frankfurt verläuft. Die CEPS wird von
DEA für rund [...] ihrer Jet A1-Lieferungen in
Frankfurt genutzt.
-
BP nutzt – obgleich Mitgesellschafter – die RMR nur
bis zu ihrem Terminal in Gustavsburg; von dort leitet sie unter Inanspruchnahme von langjährigen
Durchleitungsrechten [...] der vorhandenen Kapazität
bis mindestens 2015) den [...] Treibstoff über CEPS
und Pfungstadt zum Flughafen. So wird die Nutzung
des DEA-Terminals Raunheim teilweise vermieden.
-
Die Belieferung auf dem Wasserweg aus Antwerpen/Rotterdam erfolgt über den Rhein und den Main.
In Kelsterbach in der Nähe des Frankfurter Flughafens gibt es ein der HBG gehörendes Terminal am
Mainufer, von dem aus Jet A1 durch eine Rohrleitung
zum Flughafen transportiert wird. Aral nutzt den
Wasserweg für [...] von ihr am Frankfurter Flughafen
abgesetzten Mengen, DEA für [...] und Shell für
[...] ihres dortigen Absatzes.
Nach Angaben aus der Branche gibt es keine günstigere Alternative als die Versorgung des Frankfurter Flughafens
über die Pipelines. Dabei ist die - von BP gewählte -
- 33 Route über Gustavsburg (ab hier CEPS) günstiger als die
Route über das DEA-Terminal Raunheim, welche von Shell
und DEA genutzt wird und die damit gleichfalls über einen
relativ kostengünstigen Versorgungsweg verfügen. Die Kosten eines reinen CEPS-Transports aus dem ARA-Gebiet sollen um etwa 50 % über denen des RRP/RMR-Transports liegen
und damit - dessen dauernde Verfügbarkeit vorausgesetzt etwa denen des Schiffstransports entsprechen.
7.
Nach Auffassung der Beschlussabteilung sind die Geschäfte
mit Flugturbinenkraftstoff am Düsseldorfer und Frankfurter Flughafen jeweils Gegenstand eines eigenständigen
Marktes.
Die Fluggesellschaften vergeben ihre Aufträge durchweg
flughafenspezifisch. Sie sind auf die jeweiligen örtlichen Anbieter angewiesen und können - von möglichen Ausnahmen abgesehen - nicht auf das Treibstoffangebot an anderen Flughäfen ausweichen.
Die Nachfrage einer Fluggesellschaft nach Landerechten
für einen bestimmten Flughafen ist relativ preisunelastisch, sie ist insbesondere nicht von der Höhe der
Lande- und Abfertigungsgebühren sowie den jeweiligen
Treibstoffkosten abhängig. Vielmehr spielen dort Aspekte
wie die Höhe des Originär- und Umsteigeaufkommens von
Passagieren sowie des Frachtaufkommens die wesentliche
Rolle.
So werden insbesondere von Fluggesellschaften aus Übersee
in der Regel die jeweiligen nationalen Drehkreuze in Europa angeflogen, unabhängig von den Flughafennutzungsgebühren und Treibstoffkosten.
Des Weiteren sind die Möglichkeiten eines Verzichts auf
Betankung auf einem bestimmten Flughafen - und stattdessen
die entsprechende Mehrbetankung auf dem vorherigen oder
dem folgenden Flughafen - äußerst begrenzt.
Erstens geht die Tendenz sowohl im interkontinentalen als
- 34 auch im europäischen und nationalen Luftverkehr verstärkt
in Richtung Nonstopflüge, so dass Zwischenlandungen mit
Betankungsmöglichkeiten immer mehr reduziert werden. So
führt beispielsweise Lufthansa im innerdeutschen und
-europäischen Luftverkehr fast ausschließlich (außer Hamburg-Berlin-Moskau und Hamburg-Düsseldorf-Barcelona) Nonstopflüge durch; dies gilt mit Ausnahme vereinzelter Flüge
nach Südamerika, Südostasien und in den Nahen Osten ganz
überwiegend auch für den Interkontinentalverkehr. Auf Flügen mit Start- und/oder Zielort in Deutschland sind allenfalls sporadisch Mehrstopflüge der Regionalcarrier (so
Münster-Dortmund-Paris, Zürich-Dortmund-Paderborn/Lippstadt und Hof-Bayreuth-Frankfurt) zu beobachten.
Dieses Phänomen dürfte auch für nichtdeutsche Luftverkehrsgesellschaften mit Flugziel Deutschland gelten, so
dass allenfalls in Ausnahmefällen theoretische Ausweichmöglichkeiten für die Flugzeugbetankung bestehen, etwa
durch Mitnahme von Treibstoff auch für den Rückflug (Tankering).
Wenn im Einzelfall ein Flugzeug überhaupt die hierfür erforderliche Tankkapazität hat, dürfte diese Alternative
aufgrund der Kosten ausscheiden, die für den Mehrverbrauch
aufgrund des höheren Fluggewichts auf dem Hinflug entstehen. Hinzu kommen sicherheitstechnische Restriktionen. Die
mitgeführte Treibstoffmenge muss eine vorgeschriebene Sicherheitsmarge einschließen, das bei Start- und Landung
vorgeschriebene Höchstgewicht darf nicht überschritten
werden. Das schränkt die Möglichkeit zum Tankering soweit
ein, dass hiervon eine wesentliche Beschränkung des Handlungsspielraums der Anbieter auf den jeweiligen Flughäfen
nicht ausgeht. Auf Befragen der Beschlussabteilung hat die
Lufthansa erklärt, dass Tankering nur auf Kurzstrecken in
Betracht komme. Aus diesen Gründen hat auch die EU-Kommission in der Vergangenheit die Versorgung eines bestimmten
Flughafens mit Kraftstoffen als eigenständigen Markt gesehen.
8.
Das Zusammenschlussvorhaben führt in den angemeldeten Form
auf dem Markt für Jet A1 jedenfalls auf dem Frankfurter
- 35 Flughafen zur Entstehung eines marktbeherrschenden Oligopols. Der Oligopoltatbestand des § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
GWB ist erfüllt.
Dieser Tatbestand ist zwar auch im Hinblick auf den Flughafen Düsseldorf erfüllt. In ihrer Erwiderung vom 10. Dezember 2001 (S. 15) haben die Beteiligten jedoch darauf
hingewiesen, dass dessen Entwicklung weit hinter der der
Flughäfen München und Frankfurt zurückgefallen sei, und
kaum mehr als internationales Drehkreuz betrachtet werden
könne. Der Flughafen Düsseldorf habe Bedeutung vor allem
als Basis der LTU. Die Treibstoffversorgung des Düsseldorfer Flughafens erfolge ausschließlich mit Tankwagen über
die Straße. Einen dem Flughafen Frankfurt vergleichbaren
Infrastrukturengpass gebe es hier daher nicht. Der Marktzugang für Dritte sei hier erheblich leichter. Bei dieser
Sachlage hält die Beschlussabteilung die Auffassung der
Beteiligten, der Zusammenschluss begründe die Untersagungsvoraussetzungen auf dem Düsseldorfer Markt für Jet A1
nicht, für hinreichend belegt.
Den Nachweis, dass ein die Marktbeherrschung im Sinne des
§ 19 Abs.2 Satz 2 GWB auszuschließender Wettbewerb auf den
Frankfurter Flughafen zu erwarten sei, haben die Beteiligten nach Auffassung der Beschlussabteilung indes nicht erbracht.
Die Unternehmen führen dazu an, dass
-
der Markt für Jet A1 ein Ausschreibungsmarkt (auch
über das Internet) sei und
starke Nachfrager (wie z.B. die Lufthansa) eine
gegengewichtige Marktmacht bildeten.
Aus diesen Umständen kann nach Auffassung der Beschlussabteilung nicht auf künftigen wesentlichen Wettbewerb
zwischen den führenden Anbietern geschlossen werden.
So leuchtet zunächst nicht ein, weshalb die Oligopolmitglieder an diesen Flughäfen – wo sie aufgrund ihres Zu-
- 36 gangs zu allen Infrastruktureinrichtungen durch Außenwettbewerb relativ ungefährdet sind – in vorstoßenden
Wettbewerb gegeneinander treten sollten, der ihnen wegen
der zu erwartenden Abwehrreaktionen jedenfalls längerfristig keinen Vorteil bringen kann.
Auch ist nicht ersichtlich, warum das im Hinblick auf
große Nachfrager wie die Lufthansa anders sein sollte,
zumal diese ihre Aufträge aufgrund ihrer Größe auf mehrere Anbieter verteilt.
Gegen die Erwartung künftigen Wettbewerbs spricht auch,
dass nach einem Zusammenschluss von Shell und DEA ein Unternehmen Anteile an den jeweils beiden größten Betankungsunternehmen sowohl auf dem Düsseldorfer als auch auf
dem Frankfurter Flughafen hielte.
Darüber hinaus ist auch sonst eine gewisse Koordination
der Anbieter bei begrenzter Kapazität der vorhandenen
Infrastruktur ihres jeweiligen Betankungsunternehmens erforderlich. Dies hat Einfluss auf das Ausschreibungsverhalten der Gesellschafter. Die von den Anmeldern vorgetragene wettbewerbsfördernde Intransparenz zwischen den
Anbietern ist daher nicht wahrscheinlich.
Die Marktzutrittshemmnisse für Außenseiter werden auch
nicht durch ein Ausschreibungsverfahren vermindert. Es
ist nicht ersichtlich, dass neuen Anbietern dadurch der
Zugang zu den Infrastruktureinrichtungen der etablierten
Lieferanten erleichtert wird, seien es deren Installationen auf dem Flughafen oder deren Transport- und Lagermöglichkeiten.
Vielmehr müssen Dritte, bevor sie an einer Ausschreibung
teilnehmen können, von den etablierten Lieferanten Durchsatzrechte erlangen, was diesen frühzeitige Informationen
über Markteintrittabsichten neuer Konkurrenten und
zugleich ein Behinderungspotenzial verschafft. Nach Auffassung der Beschlussabteilung ist deswegen davon auszugehen, dass sich der Bieterkreis bei Ausschreibungen im
- 37 Wesentlichen auf die etablierten Anbieter des Flughafens
mit Zugangsrechten zu den Betankungseinrichtungen beschränken wird.
Dieser Nachteil wiegt um so schwerer, als die Beteiligten
neben den Flughäfen Frankfurt und Düsseldorf an allen Betankungsgesellschaften der Flughäfen Köln und Hamburg beteiligt sind und so auf breiter Front sowohl bei flughafenspezifischen als auch -übergreifenden Ausschreibungen
den Marktzutritt Dritter erschweren können.
Die Möglichkeit für Drittanbieter, eine eigene zusätzliche Betankungsgesellschaft aufzubauen, dürfte angesichts
der bereits vorhandenen, die bestehende Nachfrage deckenden Unternehmen, der hohen Investitionskosten und der zu
erwartenden geringen Bereitschaft der Flughafengesellschaft, weitere Bodendienste zuzulassen, kaum realistisch
sein. Es ist davon auszugehen, dass Außenseiter allenfalls dann Zugang zu Betankungsgesellschaften finden würden, wenn dies von der Flughafengesellschaft mit Nachdruck gefordert und im Einzelfall begründet werden
könnte.
Die durch die gemeinsame Nutzung kostengünstiger Infrastruktur erzielten synergetischen Effekte sichern die
Marktstellung bei der Belieferung der Fluggesellschaften
mit Jet A1 dauerhaft ab. Die nur begrenzte Zugangsmöglichkeit für weitere Anbieter relativiert auch die herausgehobene Nachfrageposition, wie sie beispielsweise
die Lufthansa in Frankfurt hat.
Verstärkt wird die wettbewerbsbeschränkende Wirkung des
Zusammenschlusses auf diesem Markt noch durch die mit ihm
verbundene Konzentration auf der Erzeugungsstufe: die
führenden drei Anbieter sorgen im Falle des Vollzugs der
angemeldeten Zusammenschlüsse für mehr als 70 % des im
Inland insgesamt verkauften Flugturbinenkraftstoffs. Das
wirft die Frage auf, ob andere als die etablierten Anbieter überhaupt eine Chance hätten, den Fluggesellschaften
relevante Mengen zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten
- 38 und von ihnen als verlässliche Lieferanten anerkannt zu
werden.
9.
Die Auflagen (Ziff. 3 und 4) bezüglich des Frankfurter
Flughafens sind geeignet, die vorhandene Infrastruktur
wie Versorgungswege zum Flughafen als auch solche am
Flughafen für weitere Wettbewerber zu öffnen.
So stellt die Bereitstellung von Jet A1 im Tanklager
Raunheim zu Kosten, die der Stellung eines Gesellschafters der RMR-Pipeline entsprechen, eine Stärkung von
Wettbewerbern für Versorgungsdienstleistungen am Frankfurter Flughafen dar.
Der Rückzug von Shell/ DEA aus einem der 3 Betankungsunternehmen am Frankfurter Flughafen ermöglicht neuen Gesellschaftern den Beitritt zu dieser wichtigen Infrastruktureinrichtung.
IV.
1.
Bitumen wird aus Destillationsrückständen schwerer, vor
allem venezolanischer, russischer oder saudi-arabischer
Rohöle, gewonnen. Etwa 80 % des inländischen Bitumenverbrauchs entfällt auf die Asphaltherstellung im
Straßen- und Wegebau, zweitbedeutender Abnehmerkreis ist
die Dach- und Dichtungsbahnenindustrie, daneben wird Bitumen als Isoliermittel in der Bauwirtschaft, als Korrosionsschutzmittel in der Elektro-, Röhren- und Lackindustrie und ferner als Bindemittel für Dämmstoffe, u. a.
für Kraftfahrzeuge, verwendet. Bitumen unterscheidet sich
in Eigenschaften und Verwendungszwecken erheblich von anderen Mineralölprodukten.12 Bei der Herstellung von Asphalt und Dach- und Dichtungsbahnen, seinem Hauptanwendungsbereich, ist es nicht durch andere Bindemittel ersetzbar. Teer, der hier früher ebenfalls verwendet worden
ist, darf aus ökologischen Gründen nicht mehr eingesetzt
werden.
- 39 -
2.
11 der 14 Rohöl verarbeitenden inländischen Raffinerien
stellen gegenwärtig Bitumen her. Die inländische Bruttoproduktion erreichte im Jahr 2000 ca. 3,7 Mio. t. Die Importe beliefen sich auf ca. 0,4 Mio. t., exportiert wurden im gleichen Zeitraum ca. 0,7 Mio. t.13 Die
Inlandsablieferungen belaufen sich auf rd. 3,4 Mio. t.
3 der Bitumen produzierenden Raffinerien stehen unter alleiniger Kontrolle von Shell/DEA, an zwei weiteren als
Gemeinschaftsunternehmen betriebenen Raffinerien sind sie
beteiligt. Die Dreyfus-Raffinerie in Wilhelmshaven, die
Holborn-Raffinerie in Hamburg und die OMV-Raffinerie in
Burghausen haben in den letzten 3 Jahren kein Bitumen
produziert. Das Bitumenangebot wird daher stärker als das
Angebot der anderen Mineralölerzeugnisse durch die
integrierten Mineralölkonzerne bestimmt.
3.
12
13
14
Im Jahr 2000 entfielen folgende Anteile an der Gesamtproduktion bzw. an der Gesamtversorgung des Inlandes (Produktion zuzüglich Import abzüglich Export) auf die einzelnen Anbieter:14
siehe auch: Entscheidung der KOM im Fall BP/Mobil, IV/M.727, Rz. 31;
Arbeitsgemeinschaft der Bitumenindustrie e.V.
S. BAFA: Mineralöldaten für Deutschland, Dezember 2000.
Für die Gesamtmengen wurden die Zahlen der BAFA zum Vergleich
herangezogen.
- 40 -
Unternehmen
Anteile in % der
Produktion Inlandsversorgung15
Shell
DEA
Shell/DEA
Veba Oel
BP
BP/EON
ExxonMobil
TFE
Conoco
Agip
Tabelle 5
4.
Bitumen wird in aller Regel direkt von der Raffinerie per
Schiff16, Bahn oder TKW an die Endkunden geliefert. Beim
Transport muss es bei Temperaturen zwischen 130 Grad und
230 Grad gehalten werden. Daher fallen erhebliche Transportkosten an. Diese begrenzen den Radius der Bitumenlieferungen im Normalfall auf Entfernungen von 150 bis 200
km ab Raffinerie.
5.
Bitumen ist nach Auffassung der Beschlussabteilung einem
eigenen sachlich relevanten Markt zuzurechnen. Aus dem
Umstand, dass im Straßenbau anstelle von Asphalt auch Beton verbaut wird, lässt sich entgegen der Auffassung der
Anmelder17 keine weiterreichende Abgrenzung des sachlich
relevanten Marktes herleiten. Beton, bzw. der zu seiner
Herstellung als Bindemittel verwendete Zement ist bei der
Asphaltherstellung nicht verwendbar. Die Hersteller bituminösen Mischguts können Bitumen nicht durch andere Bindemittel substituieren. Die im Straßenbau gegebene Alternative zwischen Beton- und Asphaltbauweise beeinflusst
naturgemäß auch die Absatzmöglichkeiten von Bitumen. Sie
15
16
Diese Zahlen stimmen weitestgehend mit den Angaben der
Zusammenschlussbeteiligten überein.
Nach Angaben der Anmelder gibt es in Deutschland zwei zur Entladung von
Schiffen geeignete Stationen. Eine davon befindet sich in Worms und weist
eine Durchsatzkapazität von ca. 1100 Tonnen pro Tag auf. Die anderen
steht im Eigentum des größten Bitumenverbrauchers in Deutschland, der
Deutag, und befindet sich in der Nähe von Bremerhaven.
- 41 ist eine Marktgegebenheit, der alle Bitumenhersteller in
gleicher Weise gegenüber stehen, die den Wettbewerb zwischen ihnen jedoch nicht berührt.
Trotz der räumlichen Begrenzung des Bitumenabsatzes sind
die Anmelder – im Ergebnis in Übereinstimmung mit einer
Entscheidung der EU-Kommission18 - der Auffassung, dass
auf einen bundesweiten Bitumenmarkt abzustellen sei.19 Sie
begründen dies mit der Existenz von Substitutionsketten
zwischen überlappenden Märkten, die zu homogenen Wettbewerbsbedingungen einschließlich einheitlicher Preise
führe. Weitergehend sehen sie einen übernationalen Markt
als gegeben an, da es erhebliche Importe gebe. Die feststellbaren Bitumenimporte erlauben nach Auffassung der
Beschlussabteilung eine derartige Schlussfolgerung jedoch
nicht. Diese Importe stammen vorrangig aus grenznahen
Raffinerien und tragen nur zu etwa 10 % zum Inlandsaufkommen bei. Die Beschlussabteilung hält es indes aus den
bereits oben zum Tankstellenmarkt dargelegten Gründen
(siehe S. 15) auch nicht für erforderlich, für ihre
Wettbewerbsprüfung die Märkte weiter zu regionalisieren.
Die weitgehende Einheitlichkeit der inländischen Wettbewerbsbedingungen im Bitumengeschäft lässt das gerechtfertigt erscheinen.
6.
Nach den durch eigene Ermittlungen weitgehend bestätigten
Angaben der Beteiligten geht die Beschlussabteilung davon
aus, dass die drei nach dem Zusammenschluss führenden Bitumenanbieter (Shell/DEA, EON, TFE) einen gemeinsamen
Marktanteil von [mehr als 60 %] erreichen. Dieser
Konzentrationsgrad würde sich durch den Zusammenschluss
BP/EON auf [...] erhöhen.
a.
Der Oligopoltatbestand des § 19 Abs. 3 Satz 2
Nr. 1 GWB ist somit auch auf diesem Markt erfüllt.
Die Beteiligten haben zum Nachweis, dass die Wettbewerbs-
17
18
19
Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens Shell/DEA bei der KOM, Form CO,
Abschnitt 6 – Bitumen, Rz. 683
S. Entscheidung der KOM im Fall BP/Mobil, IV/M.727, Rz. 36
Form CO, Abschnitt 6, 7 und 8, Bitumen, Randziffer 687.
- 42 bedingungen zwischen ihnen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen, oder dass die Gesamtheit der Unternehmen im
Verhältnis zu den übrigen Wettbewerbern keine überragende
Marktstellung hat, im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Einbeziehung von TFE in ein Oligopol mit DEA und Veba
Oel sei strukturfremd, da TFE im Gegensatz zu diesen ein
europäischer Anbieter mit völlig anderen Interessen sei.
Ferner erzeuge der Rückgang der Nachfrage einen erheblichen Absatzdruck, da Bitumen als Kuppelprodukt bei der
Rohölverarbeitung zwangsläufig anfalle und trotz anhaltendem Rückgang der Nachfrage im Markt untergebracht werden
müsse. Schließlich bestehe von Seiten unabhängiger Anbieter und erheblicher Importmengen wettbewerblicher Druck.
Nach Auffassung der Beschlussabteilung begründen die angeführten Faktoren weder einen wesentlichen Binnenwettbewerb
innerhalb des Oligopols noch das Fehlen einer überragenden
Marktstellung gegenüber Außenseitern. Die Ermittlungen der
Beschlussabteilung belegen vielmehr einen gegenteiligen
Befund.
Aus den möglicherweise jetzt bestehenden strukturellen Unterschieden zwischen TFE und DEA bzw. Veba Oel lassen sich
zugunsten der Anmelder keine Rückschlüsse ziehen, da die
beabsichtigten Zusammenschlüsse diese Unterschiede beseitigen und beide Unternehmen in Konzerne eingliedern sollen, deren Unternehmensstrukturen denen der TFE sehr ähnlich sind. Ebenso wie TFE sind Shell und BP integrierte
international und europaweit tätige Konzerne. Der geplante
Zusammenschluss bewirkt somit eine weitgehende Vereinheitlichung der Unternehmensstrukturen der führenden Bitumenanbieter.
Wenngleich Bitumen ein nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der Bitumenindustrie vielseitig einsetzbarer und
gefragter Werkstoff und seine Produktionsmenge darüber
hinaus keine starre Größe des Raffinerieprozesses, sondern durch entsprechende Wahl der verarbeiteten Rohölsorten variabel ist, hält die Beschlussabteilung die Auffassung der Beteiligten, dass auf dem Bitumenmarkt von einem
- 43 dauerhaften Mengendruck auszugehen sei, für hinreichend
belegt. Dieser ergibt sich zum einen daraus, dass das
Spektrum der in einer Raffinerie eingesetzten Rohöle von
zahlreichen Faktoren abhängig ist, worunter die Verringerung des Bitumenanfalls nur eine Komponente ist. Die dem
Raffinerieoptimum entsprechende Rohölpalette kann daher
Bitumen in einer Menge anfallen lassen, die nur mit
Schwierigkeiten im Markt unterzubringen ist. Hinzu kommt
ein erheblicher Rückgang des Bitumenabsatzes im
Straßenbau. Dieser Rückgang ist nicht nur veranlasst
durch die Haushaltslage der öffentlichen Auftraggeber,
sondern auch dadurch, dass im Straßenbau seit einigen
Jahren in ganz erheblichem Umfang ausgebauter Asphalt
recycelt wird. Das Recycling gewinnt zusätzliche Bedeutung, weil der Anteil der Straßenerneuerung gegenüber dem
Straßenneubau zunimmt und recycelbarer Asphalt naturgemäß
nur bei Straßenerneuerungen anfällt. Diese Gegebenheiten
sprechen für die Annahme eines dauerhaften Mengendrucks
auf dem Bitumenmarkt.
Ein hinreichender Nachweis für wesentlichen Binnenwettbewerb zwischen den führenden Unternehmen lässt sich daraus
indes nicht herleiten. Absatzausweitungen zu Lasten der
wenigen Anbieter auf diesem Markt lassen sich wegen der
zu erwartenden Abwehreaktion kaum erreichen. Preiswettbewerb könnte bei dem auf diesem Markt zu erwartenden
gleichförmigen Preisverhalten selbst bei einem stetigen
Produktionsüberschuss nur bei einer preiselastischen Gesamtnachfrage erwartet werden. Die Bitumennachfrage wird
indes durch den Straßenbau bestimmt. Über Bitumenpreise
sind Straßenbauaufträge indes nicht zu stimulieren.
Bitumen ist ein im Wesentlichen homogenes Produkt, dessen
Qualitätsstandards jedenfalls hinsichtlich der Hauptverwendungszwecke weitgehend durch technische Normen vorgegeben sind. Ein Innovationspotenzial besteht bei Bitumen
auch nach Auffassung der Anmelder nicht.20 Damit fehlen
auch die Voraussetzungen für wesentlichen Qualitätswettbewerb. Die Anmelder gehen daher auch selbst davon aus,
20
Form CO, Abschnitt 6, 7 und 8, Bitumen, Randziffer 743.
- 44 dass Produktdifferenzierung kein wesentlicher Faktor für
die Abnehmer sei, und dass am Bitumenmarkt Preisgleichheit vorherrsche21.
b.
Es ist nicht zu erwarten, dass nach dem
Zusammenschluss andere auf dem Bitumenmarkt tätige Unternehmen, insbesondere nicht voll integrierte Importeure und
Händler die Verhaltensspielräume des Oligopols wirksam begrenzen können. Dies beruht nicht nur auf dem Marktanteilsvorsprung der Oligopolmitglieder, sondern nicht zuletzt auch auf den erheblich eingeschränkten Möglichkeiten
der häufig nicht vertikal integrierten Oligopolaußenseiter, zu wettbewerbsfähigen Kosten an die Produkte zu gelangen. Ein Marktzutritt über eigene Fertigungsanlagen
scheidet bei dem Kuppelprodukt Bitumen von vornherein aus.
Die nicht an die A-Gesellschaften gebundenen inländischen
Raffineriekapazitäten für Bitumen sind zu gering, als dass
von ihnen nennenswerte wettbewerbliche Effekte zu erwarten
sind. Die unabhängigen Raffinerien produzieren kein Bitumen. Von den übrigen inländischen Anbietern wie Agip und
Conoco mit geringen Mengen aus Beteiligungen an Gemeinschaftsraffinerien sowie Kleinstanbietern wie der Schmierölraffinerie Salzbergen sind nennenswerte Wettbewerbseffekte nicht zu erwarten.
Wesentlicher Importwettbewerb auf dem Markt für Bitumen
ist schon wegen der Transportprobleme, die mit der Bitumeneinfuhr verbunden sind, ebenfalls nicht zu erwarten.
Dem steht nicht entgegen, dass in den Nachbarländern,
insbesondere im ARA-Raum, möglicherweise freie Kapazitäten bestehen und der Bitumentransport rein technisch auch
von dort mit Schiff, Bahn oder TKW möglich wäre. Eine
wettbewerbsfähige Beschaffung ist auf einer solchen
Grundlage schon wegen der Kostennachteile solcher Transporte gegenüber der Belieferung aus einer in räumlicher
Nähe befindlichen Raffinerie nicht möglich.
21
Form CO, Abschnitt 6, 7 und 8, Bitumen, Randziffern 689, 690 und 721.
- 45 c.
Die besonderen Gegebenheiten des Bitumenmarktes
schränken andererseits den Handlungspielraum der Anbieter
erheblich ein. Über Preiserhöhungspielräume verfügen sie
kaum, da sie davon ausgehen müssen, dass Wettbewerber
Preiserhöhungen erfolgreich zu Marktanteilsgewinnen nutzen würden. Autonome Preiserhöhungen sind daher mit einem
sehr hohen Risiko verbunden. Schließen sich die Wettbewerber den Preiserhöhungen nicht an, würde derjenige, der
sie durchzusetzen versuchte, Absatzmöglichkeiten verlieren ohne – wegen der produktionsbedingten Koppelung der
Bitumenherstellung mit der Herstellung der übrigen Mineralölprodukte – seine Angebotsmengen entsprechend verringern zu können. Er müßte daher den zu erwartenden Absatzverlust durch andere Absatzkanäle ausgleichen. Das dürfte
in aller Regel nur unter Inkaufnahme zusätzlicher Vertriebskosten und geringerer Vertriebserlöse möglich sein
und insgesamt mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringen. Dieses vertriebspolitische Risiko von Preiserhöhungen begründet eine erhebliche wirtschaftliche Einschränkung des Preiserhöhungsspielraums der Bitumenanbieter.
In Verbindung mit den oben dargelegten Gegebenheiten belegen diese Umstände, dass auf dem Bitumenmarkt unabhängig von diesem Zusammenschluss nur eine geringe Wettbewerbsintensität besteht. Diese wird nach Auffassung der
Beschlussabteilung durch den Zusammenschluss nur unwesentlich - nicht in einem die Untersagung dieses Zusammenschlusses rechtfertigenden Maße - verringert.
C.
I.
In den übrigen im Verweisungantrag genannten Bereichen haben
sich keine Wettbewerbsprobleme ergeben.
1.
Flüssiggas (Propan und Butan) wird zu Heizzwecken, und zur
Erzeugung von Prozesswärme verwendet. Butan wird zudem in
der chemischen Industrie und als Kühlmittel eingesetzt.
Als Treibstoff für Kraftfahrzeuge spielt Flüssiggas im In-
- 46 land keine Rolle. Insgesamt belief sich der Inlandsabsatz
im Jahre 2000 auf etwa 2,7 Mio. t. Der Vertrieb erfolgt
größtenteils über den Handel. Allein der mittelständische
Gasehandel deckt rund die Hälfte des inländischen Flüssiggasabsatzes. Größere Händler (Westfalen AG, Primagas, Progas, Tyczka u.a.) verfügen nach Angaben der Beteiligten
über eigene für den Import von Flüssiggas geeignete Infrastruktureinrichtungen oder sind daran beteiligt22. Die Begründung einer marktbeherrschenden Stellung bei Flüssiggasen ist daher nicht zu erwarten.
2.
Soweit – außerhalb des Tankstellengeschäftes - der Handel
mit Kraftstoffen und Heizöl von dem vorliegenden Zusammenschluss betroffen ist, handelt es sich zum einen um die
Belieferung von Großverbrauchern mit Kraftstoffen (Propergeschäft) und zum anderen um die Belieferung von Handelsunternehmen, die ihrerseits sowohl Kleinverbraucher und
Großverbraucher als auch Wiederverkäufer mit Kraftstoffen
und/oder Heizöl beliefern.
Neben den Raffineriegesellschaften sind große international tätige Mineralölhandelsunternehmen in diesem Geschäft
tätig (z.B. Mabanaft, Petroplus, Diersch & Schröder u.a.),
die Zugang zu internationalen Beschaffungsmärkten haben
und über beträchtliche inländische Infrastruktureinrichtungen, insbesondere über große Tanklager, verfügen. Diese
Unternehmen spielen in diesem Handelsmarkt eine erhebliche
Rolle. Eine Quantifizierung ihrer Marktstellung gegenüber
den Raffineriegesellschaften ist der Beschlussabteilung
indes nicht möglich. Neben Kontrakten über physische Warenlieferungen spielen hier Termin- und derivative Geschäfte eine große Rolle. Diese Geschäfte sind für die
wettbewerbliche Beurteilung der Marktstellung der Unternehmen indes ohne Bedeutung. Hinzu kommt, dass in beträchtlichem Umfang Handelsgeschäfte zwischen den Unternehmen dieser Handelstufe getätigt werden. Ein und dieselbe Produktcharge kann – bevor sie schließlich auf den
Weg zum Verbraucher gelangt – wiederholt ge- und verkauft
werden. Aus solchen Geschäften lassen sich ebenfalls kaum
22
Vgl. Shell/DEA, Form CO, Vol. 1, S. 198 und 200
- 47 Rückschlüsse auf die Marktstärke ziehen. Da sich das Volumen dieser Geschäfte ebenso wenig wie das der Termin- und
Derivatgeschäfte statistisch feststellen lässt, ist der
Beschlussabteilung eine für die Wettbewerbsprüfung relevante Bestimmung der Marktanteile auf dieser Handelsstufe
nicht möglich. Gleichwohl lässt sich das Bestehen bzw.
Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung ausschließen.
Die erwähnten Handelsunternehmen gehören auch im physischen Warenhandel zum Kreis der führenden Wettbewerber.
Entscheidender Wettbewerbsfaktor in diesem Handelsgeschäft
ist der Zugang zu den Beschaffungsmärkten. Diese Märkte
sind international. Die genannten und zahlreiche andere
auf dieser Marktstufe tätige Unternehmen haben neben den
Raffineriegesellschaften uneingeschränkten Zugang zu diesen Beschaffungsmärkten.
Unter diesen Gegebenheiten geht die Beschlussabteilung
nicht davon aus, dass die Beteiligten durch diesen Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung im Großhandel
mit Treibstoffen und Heizöl erlangen.
3.
Schweres Heizöl wird von allem als Energieträger in der
Industrie, sowie in der Strom- und Wärmeerzeugung und
darüber hinaus auch als Treibstoff für Hochseeschiffe verwendet. Nach den Erhebungen des BAFA entfielen im Jahre
2000 auf Schiffsbunkerungen 1,7 Mio. t schweres Heizöl.
Das ist mehr als ein Viertel des Inlandsabsatzes. Schiffsbunkerung ist nach Auffassung der Beschlussabteilung wegen
der Ausweichmöglichkeiten, die in der Seeschifffahrt bestehen, Teil eines internationalen Marktes. Ähnliches gilt
auch für große industrielle Verwender. So weist beispielsweise die Bayer AG öffentlich darauf hin, schweres Heizöl
zum Einsatz in Dampferzeugungsanlagen zu auf dem Weltmarkt
gehandelten Wettbewerbspreisen zu beschaffen.
In den Inlandsraffinerien fallen zudem erhebliche, im Inland nicht absetzbare Mengen schweren Heizöls an, die auf
Auslandsmärkten abgesetzt werden müssen.
Die Beschlussabteilung geht daher davon aus, dass schweres
- 48 Heizöl Gegenstand eines internationalen Marktes ist. Auf
diesem Markt lässt der Zusammenschluss die Begründung einer marktbeherrschenden Stellung nicht erwarten.
4.
Auch auf den Märkten für Grundöle ist die Entstehung oder
Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nicht zu
erwarten. Grundölen sind Ausgangsstoffe für die Herstellung von Schmierstoffen. Sie werden durch Vakuumdestillation geeigneter Rohöle und anschließende Entparaffinierung, Entaromatisierung und eine besondere Endbehandlung
gewonnen. Durch die Mischung verschiedener Grundöle sowie
die Hinzufügung von Additiven entstehen jeweils Schmierstoffe mit bestimmten Eigenschaften. Die Europäische Kommission ist der Auffassung, dass zumindest Grundöle der
Gruppe I23 einerseits und Grundöle der Gruppen III/IV
andererseits aufgrund ihrer deutlich differierenden Eigenschaften unterschiedlichen Märkten zuzuordnen sind.24 Zudem hat sie in mehreren Verfahren festgestellt, dass bei
Grundölen in wirtschaftlicher Hinsicht von europaweiten
Märkten auszugehen ist.25 Die Beschlussabteilung teilt
diese Einschätzung angesichts der über nationale Grenzen
hinaus einheitlichen Produktklassifizierungen, der wenig
ins Gewicht fallenden Transportkosten und des erheblichen
grenzüberschreitenden Handels mit Grundölen. Auf dieser
Basis erreichen im Jahr 2000 die Anmelder und die wichtigsten Mitbewerber nach Angaben der Anmelder die folgenden Marktanteile:26
Unternehmen
I
%
Gruppe
III/IV
%
Shell
DEA
Shell + DEA
Exxon
SK
Fortum
Agip
23
24
25
26
Je höher die Gruppenzahl, desto hochwertiger das Grundöl.
S. Entscheidung der Kommission im Fall Exxon/Mobil, IV/M.1383, Rz. 308ff
S. Entscheidung der Kommission im Fall Exxon/Mobil, IV/M.1383, Rz. 321;
Entscheidung der Kommission im Fall BP AMOCO/CASTROL, IV/M.1891, S. 3
S. Anmeldung des Vorhabens Shell/DEA bei der Europäischen Kommission,
Form CO, Annex 7.1, Base Oils and Lubricants
- 49 Tabelle 6
Die relativ geringen Marktanteilszuwächse und der große
Marktanteilsabstand zu den jeweils führenden Anbietern
schließen die Erwartung aus, dass der Zusammenschluss auf
dem relevanten Märkten für Grundöle beherrschende Stellungen begründet.
5.
27
28
Ebenso wenig bestehen durchgreifende wettbewerbliche
Bedenken hinsichtlich der Märkte für Schmierstoffe. Entsprechend der Praxis der Kommission unterscheidet die Beschlussabteilung hier insbesondere zwischen Automobil- und
Industrieschmierstoffen.27 In geografischer Hinsicht ist
zu berücksichtigen, dass mehr als die Hälfte aller im EWR
hergestellten Schmierstoffe über Landesgrenzen hinweg geliefert werden.28 Schmierstoffe entsprechen internationalen Standards. Diese Faktoren legen die Annahme eines europäischen Marktes nahe.
S. Entscheidung der Kommission im Fall BP AMOCO/CASTROL, IV/M.1891, Rz.
10ff
S. Entscheidung der Kommission im Fall BP AMOCO/CASTROL, IV/M.1891, S. 4
- 50 -
Die Anmelder geben die europaweiten Marktanteile für
Schmierstoffe im Jahr 2000 wie folgt an:29
Unternehmen
Automobil Industrie
%
%
Shell
DEA
Shell + DEA
ExxonMobil
BP
TFE
Texaco
ARAL
Tabelle 7
Bei dieser Marktstruktur sind Untersagungsgründe nicht ersichtlich.
6.
Der Vortrag der Beigeladenen zu 5. (BASF) begründet keinen
Untersagungstatbestand. Dem Begehren der BASF kann daher
auch nicht durch Bedingungen oder Auflagen entsprochen
werden. [...]. Auf die bestehende Vereinbarung hat der
Zusammenschluss keine Auswirkungen. Der Naphtamarkt ist
nach dem BASF-Vortrag ein internationaler wettbewerblich
strukturierter Markt, der keine Wettbewerbsprobleme
erwarten lässt. Der von der BASF zur Begründung ihres
Begehrens zugrunde gelegte Markt des Naphtatransports
durch die RMR-Pipeline existiert nach Auffassung der
Beschlussabteilung nicht. RMR bietet selbst keine
Transportleistungen an, sie wird ausschließlich für ihre
Gesellschafter tätig. Diese wiederum benutzen ihre Durchleitungsrechte ausschließlich für eigene Zwecke. Ein Markt
ist mithin im Hinblick auf die RMR-Pipeline nicht eröffnet. Auf die Frage, ob der Transport durch diese Pipeline
Gegenstand eines eigenen sachlichen Marktes ist, oder ob
in diesen Markt weitere Transportmittel einbezogen werden
müssen, kommt es daher nicht an.
D.
29
S. Anmeldung des Vorhabens Shell/DEA bei der Europäischen Kommission,
Form CO, Annex 7.1, Base Oils and Lubricants
- 51 -
Aus den vorgenannten Gründen hat die Beschlussabteilung das
angemeldete Zusammenschlussvorhaben mit Auflagen freigegeben.
Diese Verfügung ergeht nach § 40 Abs. 2 Satz 1 GWB. Die Auflagen beruhen auf § 40 Abs. 3 GWB.
E.
Die Entscheidung über einen verwiesenen Zusammenschluss ist
gebührenpflichtig. Der fehlende Verweis in § 80 Abs. 1 auf
§ 40 ist erkennbar ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers.
Das folgt eindeutig daraus, dass für Entscheidungen nach § 40
in § 80 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GWB eine Gebührengrenze bestimmt
ist. Danach kann Kartellbehörde für die Entscheidung Gebühren
bis zu 100.000,-- DM (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GWB i.V.m. § 1
Abs. 1 KartKostV), bei besonders großer wirtschaftlicher Bedeutung und außergewöhnlich hohem Verwaltungsaufwand bis zu
200.000,-- DM erheben (§ 80 Abs.2 Satz 3 GWB).
Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und
sachlichen Aufwand der Kartellbehörde unter Berücksichtigung
der wirtschaftlichen Bedeutung, die der Gegenstand der gebührenpflichtigen Handlung hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 GWB). Für die
Bemessung ist maßgeblich auf die wirtschaftliche Bedeutung des
beabsichtigten Zusammenschlusses abzustellen. Sie ergibt sich
grundsätzlich aus der Höhe der inländischen Umsätze der beteiligten Unternehmen auf den vom Zusammenschluss betroffenen
Märkten, den erwarteten betriebswirtschaftlichen Vorteilen der
künftigen Zusammenarbeit auf den Inlandsmärkten und dem aus
der Nähe des Zusammenschlusses zum Untersagungsbereich des
§ 36 GWB sich ergebenden wirtschaftlichen Interesse der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen an der kartellbehördlichen Entscheidung (KG WuW/E OLG 2106 - "Straßenbaugeräte").
Entspricht die nach diesen Bestimmungsmerkmalen festgestellte
wirtschaftliche Bedeutung dem Durchschnitt, ist grundsätzlich
eine mittlere Gebühr angemessen. Diese beträgt nach dem derzeit geltenden Gebührenrahmen 50.000,-- DM. Von diesem Mittelwert sind, abhängig von der jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung und dem Arbeitsaufwand, Zu- oder Abschläge vorzunehmen,
deren Höhe im pflichtgemäßen Ermessen der Kartellbehörde liegt
- 52 (vgl. KG WuW/E OLG 5259 "Kleinhammer", KG WuW/E OLG 5287 "Finanzbeteiligung Gebühr").
Der wirtschaftlichen Bedeutung ist im vorliegenden Fall ein
besonders großes Gewicht beizumessen. Der sachliche und personelle Aufwand der Kartellbehörde für die fusionsrechtliche
Prüfung entsprach dieser Bedeutung. Die Tatsache, dass die Ermittlungen im vorliegenden Fall gemeinsam mit denen im Fall
BP/EON (B 8 – 130/01) durchgeführt wurden, rechtfertigt das
Unterschreiten der Höchstgebühren. Die festgesetzte Gebühr von
[...] ist daher angemessen.
Gebührenschuldner als Anmelder sind nach § 80 Abs. 6 Satz 1
Nr. 1 GWB die Beteiligten zu 1. und 2.
Sie haften gemäß § 80 Abs. 6 Satz 3 GWB als Gesamtschuldner.
Die Gebühr ist binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses unter Angabe der obigen Geschäftsnummer auf das
Konto der
Landeszentralbank Bonn
Konto-Nr.: 38001060
Bankleitzahl: 380 000 00
zu überweisen.
Als Verwendungszweck ist unbedingt "BKartA - Titel 111 01" sowie das obige Aktenzeichen und das Datum des Beschlusses anzugeben.
Ist bis zum Ablauf eines Monats nach dem Tag der Zustellung
die Gebühr nicht entrichtet, so wird für jeden angefangenen
Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von einem vom Hundert
des rückständigen Betrages erhoben.
Die Auslagen für die erforderliche Bekanntmachung dieses
Beschlusses im Bundesanzeiger (§ 43 Nr. 2 GWB) werden
gesondert erhoben (§ 80 Abs.1 Satz 3 GWB).
- 53 -
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Sie ist
schriftlich binnen einer mit Zustellung des Beschlusses beginnenden Frist von einem Monat beim Bundeskartellamt, KaiserFriedrich-Straße 16, 53113 Bonn, einzureichen. Es genügt jedoch, wenn sie innerhalb dieser Frist bei dem Beschwerdegericht, dem Oberlandesgericht Düsseldorf, eingeht.
Die Beschwerde ist zu begründen. Die Frist für die Beschwerdebegründung beträgt einen Monat. Sie beginnt mit der Einlegung
der Beschwerde und kann auf Antrag vom Vorsitzenden des Beschwerdegerichts verlängert werden. Die Beschwerdebegründung
muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird,
und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die
Beschwerde stützt.
Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen durch einen
bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Vieth
Dr. Meyer-Flamme
Ausgefertigt: Bonn, 19. Dezember 2001
Dr. Langhoff
- 54 Anlage
Enthält nur Geschäftsgeheimnisse