Perspektiven Oktober 2016

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Perspektiven Oktober 2016
BayernLB Research | 02.12.2016
Ausblick 2017 - Perspektiven
BayernLB Research
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 www.research.bayernlb.de, Bloomberg: BAYR
Dezember 2016
Ausblick 2017 - Perspektiven
Turbulenzen, aber keine Zinswende!
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
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Impressum
Perspektiven
abgeschlossen am: 30. November 2016
BayernLB Research
Bayerische Landesbank
80277 München (Briefadresse)
E-Mail: [email protected]
Leitung:
Dr. Jürgen Michels, Telefon 089 2171-21750
Redaktion:
Hubert Siply, Telefon 089 2171-21307
Layout&Grafik:
Ingo Bothner, Telefon 089 2171-21787
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
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Editorial
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
Dr. Jürgen Michels, Chefvolkswirt und
Leiter Research
gemessen an den politischen Erdbeben ist das Jahr 2016 an den Finanzmärkten wie auch
konjunkturell recht glimpflich verlaufen. Aus unserer Sicht sind die politischen Beben aber
noch nicht beendet. Sowohl das Brexit-Votum als auch die Wahl von Donald Trump zum
neuen US-Präsidenten werden ihre Wirkung erst 2017 richtig entfalten. Dabei kann man
zum jetzigen Zeitpunkt nur erahnen, wie sich diese beiden Schockwellen entwickeln und
welche Konsequenzen sie haben. Das macht die Prognosen für Konjunktur und Finanzmärkte noch unsicherer als sie es in dem fragilen, von historisch hohen Verschuldungsquoten geprägten Umfeld ohnehin schon sind. Letztlich gehen wir davon aus, dass die Verwerfungen in Kombination mit neuen politischen Eruptionen die Weltwirtschaft im Jahr 2017
zwar dämpfen und für eine hohe Volatilität an den Märkten sorgen werden. In unserem
Basisszenario erwarten wir aber weder einen globalen Konjunktureinbruch noch einen
Tsunami an den Finanzmärkten. Vielmehr wird sich die graduelle Erholung der Weltwirtschaft fortsetzen. Brexit-bedingt werden die europäischen Ökonomien im Gegensatz zu
den meisten anderen Regionen aber eine Wachstumsverlangsamung hinnehmen müssen.
Zudem gibt es 2017 in Europa eine Reihe von Wahlterminen, bei denen eine weitere Verschiebung der politischen Tektonik – nicht zuletzt ausgelöst durch die Angst der Mittelschicht vor einem Absturz – zu sehr viel dramatischeren Beben als 2016 führen könnte. In
einem Sonderkapitel diskutieren wir daher den politischen Ausblick für Europa und kommen zum Schluss, dass das wahrscheinlichste Szenario ein „Durchwurschteln“ mit mehr
oder weniger verdeckten Maßnahmen auf dem Weg zu einer weiteren „Vergemeinschaftung“ ist. Die Probleme werden weiter in die Zukunft verschoben und das System bleibt
fragil. Eine von der EU-Kommission angestrebte Intensivierung der europäischen Integration erscheint uns hingegen wenig aussichtsreich. Sollten „politische Unfälle“, die – wie wir
2016 gelernt haben – nicht auszuschließen sind, zum Erfolg populistischer Parteien, insbesondere in Italien oder Frankreich führen, kann es schlimmstenfalls zum Zerfall der Währungsunion und der EU kommen. Wir halten das nicht für wahrscheinlich. Sollte es dennoch soweit kommen, verlören nicht nur die Politiker in Brüssel und anderen europäischen
Hauptstädten die Kontrolle, sondern auch die EZB wäre nicht mehr in der Lage, die Märkte
zu kontrollieren. Es würde zu einem Markt-Tsunami mit drastischen Kursverlusten und
globalen Auswirkungen kommen.
Die Akteure an den Finanzmärkten werden die politischen Entwicklungen intensiv verfolgen und insbesondere im Vorfeld wichtiger Termine sehr nervös auf aktuelle Nachrichten
reagieren. Daneben werden die Zentralbanken, wie in den vergangenen Jahren, das
Marktgeschehen mit ihren Zinsentscheidungen und Wertpapierkäufen beeinflussen. Ausgehend vom Anstieg der Inflationserwartungen und der Renditen in den USA nach der
Wahl stellt sich dabei die Frage, ob dieser Renditeanstieg nachhaltig ist und 2017 zum
Jahr der Zinswende wird. Wir beantworten diese Frage, zumindest mit Blick auf die globalen Entwicklungen und Europa, mit Nein. Aus unserer Sicht ist die Weltwirtschaft wegen
der in vielen Ländern nach wie vor hohen Verschuldung nicht auf einen nachhaltigen und
ausgeprägten Zinsanstieg vorbereitet. Ein übermäßiger Anstieg der Zinsen in den USA
würde in einer Reihe von Schwellenländern so starke wirtschaftliche Turbulenzen auslösen, dass diese die globale Erholung gefährden könnten. Wir gehen davon aus, dass derartige Kollateralschäden bei der Ausgestaltung der (Geld-)Politik in den USA berücksichtigt
werden und die von Trump in Aussicht gestellten fiskalischen Lockerungsmaßnahmen nur
zu einem kleineren Teil umgesetzt werden. Es wird also Turbulenzen, aber keine Zinswende geben.
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Aber auch eine moderate fiskalische Lockerung in den USA reicht aus, unsere Renditeprognosen sowohl für 2017 als auch für die kommenden fünf Jahre etwas anzuheben.
Wir stellen unsere aktualisierten Mittelfrist-Projektionen in dieser Ausgabe vor. Um eine
spürbare Verschärfung der Finanzierungskonditionen zu verhindern, erwarten wir, dass die
Fed 2017 ihren flachen Zinserhöhungspfad mit nur zwei kleinen Schritten fortsetzt. Die
anderen großen Zentralbanken (EZB, BoJ und BoE) werden ihre Kaufprogramme dagegen
sogar ausweiten und dem globalen Zinsanstieg entgegenwirken. Wie wir aber 2016 an
verschiedenen Punkten erfahren haben, haben die Zentralbanker einen Teil ihrer Marktmacht bereits eingebüßt. Daher präsentieren wir in einem weiteren Sonderkapitel nicht nur
ausführlich unsere Leitzinsprognosen, sondern analysieren, was bei den Kapitalmarktzinsen alles schief gehen kann.
Doch zurück zu unserem Basisszenario. Wir erwarten 2017 ein moderates Wachstum der
Weltwirtschaft mit langsam steigenden Inflationsraten in den fortgeschrittenen Ländern und
eine insgesamt lockere, wenn auch divergierende Geldpolitik. Bei leicht steigenden Renditen an den Staatsanleihemärkten, die auch zu einer moderaten Ausweitung der CreditSpreads führen sollten, dürfte 2017 nach vielen erfolgreichen Jahren zu einem schwierigen
Jahr an den Rentenmärkten werden. Trotz der Ausweitung des Transatlantik-Spreads sowohl bei Staatsanleihen als auch bei Investment Grade Credits schneiden aufgrund der
höheren Coupons bei Währungsabsicherung US-Investments besser ab als die in europäische Kernmärkte. Aufgrund einer weiteren Aufwertung des Dollars gegenüber dem Euro,
bei der 2017 durchaus die Parität kurzfristig getestet werden könnte, sind die US-Märkte
darüber hinaus sehr attraktiv. Innerhalb des Euro-Raums dürften die zahlreichen politischen Unwägbarkeiten den Druck auf die Peripheriestaaten hoch halten und es insbesondere bei Covered Bonds zu Spread-Ausweitungen kommen. Für Aktien erwarten wir 2017
trotz derzeit noch zu optimistischer Gewinnschätzungen und der Fortsetzung des FedZinserhöhungspfads höhere Notierungen. Dank des schwächeren Euro-Außenwerts sollten
die europäischen Märkte dabei die Nase vor den bereits sehr ambitioniert bewerteten USMärkten haben.
An allen Märkten werden wir es wegen der politischen Unsicherheit mit erhöhter Volatilität
zu tun haben. Die Unsicherheit bezieht sich dabei nicht nur auf den Eintritt der politischen
Risiken, sondern auch darauf, wie der Markt darauf reagiert. Insbesondere nach der Wahl
Trumps zum US-Präsidenten war festzustellen, dass sich Markteinschätzungen innerhalb
kürzester Zeit komplett umkehren können.
Auch wenn uns mit dem Referendum über die Verfassungsänderung in Italien – bei dem
wir eine Ablehnung erwarten – und wichtigen Sitzungen der EZB und der Fed bis Weihnachten noch turbulente Wochen bevorstehen könnten, wünsche ich Ihnen im Namen des
Research-Teams der BayernLB eine friedvolle und besinnliche Adventszeit.
Mit besten Grüßen
Dr. Jürgen Michels
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Inhalt
Impressum.............................................................................................................................. 2
Editorial .................................................................................................................................. 3
Inhalt....................................................................................................................................... 5
Das Wichtigste im Überblick .................................................................................................. 6
Prognosen Gesamtwirtschaft ................................................................................................. 9
Prognosen Zins- und Rentenmärkte .................................................................................... 10
Prognosen Aktien, Devisen und Rohstoffe .......................................................................... 11
Sonderkapitel
Europa mit Zerfallserscheinungen ....................................................................................... 12
Ausblick Geldpolitik: Was 2017 schief gehen kann ............................................................. 19
Fernglas: Politische Dominanz............................................................................................. 26
5-Jahres-Prognosen ............................................................................................................. 33
Rohstoffe: Trump sorgt nicht für Trendwende ..................................................................... 34
USA: Jahr 1 unter Präsident Trump ..................................................................................... 35
Euro-Raum: Ein schwieriges Jahr voraus ............................................................................ 39
Deutschland: Weltpolitisches Wildwasser ............................................................................ 43
Weitere Industrieländer ........................................................................................................ 47
Japan: Wirtschaft stabilisiert sich - Notenbankexperiment könnte gelingen
Großbritannien: Die Brexit-Rechnung kommt noch
Schwellenländer ................................................................................................................... 49
China: Das Wachstum verlangsamt sich weiter
Türkei: Tourismus und (Auslands-)Investitionen dämpfen das Wachstum
Devisen: Dollar-Stärke nach Trump-Sieg dürfte noch etwas weitergehen .......................... 50
Rentenmärkte: Neue Welt nach Trump? ............................................................................. 54
Aktienmärkte: Chancen überwiegen noch ........................................................................... 57
Das Research-Team der BayernLB ..................................................................................... 61
Disclaimer:............................................................................................................................ 62
Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................ 62
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Das Wichtigste im Überblick
Globales Umfeld: Etwas höheres Wachstum mit vielen Fragezeichen
 Globale Wachstums- und Inflationsprognose marginal höher
 Die Aussichten für die Weltwirtschaft haben sich nach der Wahl Donald Trumps zum
US-Präsidenten wenig verändert und wir gehen für 2017 mit 2,7% und 2018 mit 3,0%
von leicht höheren Wachstumsraten der Weltwirtschaft aus. Die Unsicherheit hat sich
jedoch weiter erhöht. Politische Risiken sowohl in Europa, wo neben dem Beginn der
Brexit-Verhandlungen wichtige Wahltermine anstehen, als auch in den USA können die
Finanzmärkte stark beeinflussen und auch den Konjunkturverlauf dramatisch verändern. Dabei kommt es darauf an, wie stark die Zinsen mit der erwarteten fiskalischen
Lockerung steigen, und ob dies zu Folgeschäden in den Schwellenländern führt.
 Höhere Preise für Öl und andere Rohstoffe leisten einen wichtigen Beitrag zum Anstieg
der Inflationsraten in den Industrieländern. Obwohl sich die Produktionslücken in einigen Ländern mittlerweile geschlossen haben, ist bisher nur ein geringer Lohndruck zu
verzeichnen. Daher verharren die Kerninflationsraten auf niedrigem Niveau und geben
wenig Anlass zu einer deutlichen Straffung der Geldpolitik. Trotz des moderaten Zinserhöhungspfades der Fed wird die Geldpolitik weltweit locker bleiben. 2017 wird aus unserer Sicht nicht das Jahr einer dramatischen globalen Zinswende.
Rohstoffmärkte: Trump-Sieg belastet Rohöl- und Goldpreisentwicklung
 Rohöl- und Goldpreisprognosen
leicht niedriger
 Der Rohölpreis liegt weiter in einer Range zwischen 42 und 55 USD. Die Fundamentaldaten haben sich im November wenig geändert. Bis zuletzt haben Spekulationen über
eine verbindliche Festlegung bereits vereinbarter Produktionsobergrenzen der OPECLänder den Ölpreis getrieben. Der Wahlsieg von Donald Trump hat dagegen bisher
kaum dämpfende Effekte auf den Ölpreis. Allerdings dürften die angekündigten Maßnahmen die US-Produktion mittelfristig antreiben. Auch deshalb erwarten wir auf Sicht
der kommenden Monate einen stabilen Ölpreis von rund 45 USD je Fass.
 Seit dem überraschenden Wahlsieg von Donald Trump ist der Goldpreis deutlich gesunken und notiert gegenwärtig mit ca. 1.180 Dollar je Feinunze unterhalb der gleitenden 200-Tage-Durchschnittslinie. Der nächste Zinsschritt in den USA im Dezember und
die weitere Dollar-Aufwertung bilden weitere Belastungsfaktoren. Angesichts politischer
und wirtschaftlicher Unsicherheiten scheint das weitere Rückschlagpotenzial aber begrenzt. Wir erwarten eine moderate Kurserholung und sehen den Goldpreis auf Jahressicht bei 1.300 Dollar je Feinunze.
USA: Jahr 1 unter Präsident Trump
 Wachstumsprognosen für 2016 und
2017 leicht nach
oben angepasst
 Die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten hat unser Konjunkturbild verändert. Wir
gehen allerdings nur von einer begrenzten Umsetzung der im Wahlkampf angekündigten Wirtschaftspolitik aus. Der Fokus wird wohl auf konjunkturstimulierenden Maßnahmen liegen. Entsprechend haben wir unsere BIP-Prognose für 2017 leicht nach oben
angepasst und erwarten für 2018 ein BIP-Wachstum von 2,9%. Die Inflationsprognosen
haben wir angesichts des niedrigen Ölpreises für 2016/17 abwärtsrevidiert, 2018 sollte
sich die starke Konjunkturbelebung dann auch in höheren Verbraucherpreisen widerspiegeln und die Inflationsrate auf 2,5% bringen.
 Da die Finanzmärkte moderat auf Trumps Wahlsieg reagiert haben, steht der Zinsanhebung im Dezember 2016 nichts mehr entgegen. Im Jahr 2017 erwarten wir weiterhin
nur zwei Zinsschritte Mitte und Ende des Jahres, 2018 sollten es dann drei Zinserhöhungen werden.
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Euro-Raum: Ein schwieriges Jahr voraus
 Wachstum fällt
2017 deutlich geringer aus
 2017 verspricht ein turbulentes Jahr für die Währungsunion zu werden. Auf der politischen Ebene sind Wahlsiege von populistischen Kräften ein hohes Risiko. Auf konjunktureller Ebene drohen der Brexit-Prozess und der von US-Seite ausgelöste Zinsanstieg
die Investitionstätigkeit zu bremsen.
 Die EZB wird einer möglichen Spirale aus steigenden Zinsen und Risikoprämien und
konjunktureller Schwäche zwar entschlossen entgegen treten. Die expansive Wirkung
der Geldpolitik dürfte trotz der von uns erwarteten Fortführung des QE-Programms über
das gesamte Jahr 2017 hinaus aber geringer als in den beiden Vorjahren ausfallen. Vor
diesem Hintergrund erwarten wir auch 2017 einen spürbaren Impuls der Fiskalpolitik,
der verhindern sollte, dass sich die Konjunktur stark eintrübt.
 Unter dem Strich dürfte sich das Wachstum im Euro-Raum 2017 auf 0,8% verlangsamen. Vor allem in der ersten Jahreshälfte erwarten wir eine geringe konjunkturelle Dynamik. Die Inflationsrate wird zwar zunächst weiter zulegen. Der zugrunde liegende
Preisauftrieb wird sich aber nicht deutlich beschleunigen und die Inflations- wie auch die
Kerninflationsrate dürften zum Jahresende 2017 unter 1,5% liegen.
Deutschland: Weltpolitisches Wildwasser
 Keine Prognoseänderung
 Die Konjunktur hat sich nach dem überraschenden Brexit-Votum im Sommer leicht abgeschwächt. Die Aussichten zum Jahresende sind aber positiv. 2017 dürfte eine Investitionszurückhaltung im Zuge des Beginns der Brexit-Verhandlungen für konjunkturelle
Bremseffekte sorgen, während sich die konjunkturstimulierenden Maßnahmen der Regierung Trump in den USA ab der zweiten Jahreshälfte 2017 positiv auf die deutsche
Wirtschaft auswirken dürften. Entsprechend fällt auch der Ausblick für 2018 positiv aus
und wir erwarten einen Anstieg der BIP-Wachstumsrate auf 1,5%.
 Hauptstütze der Konjunktur bleibt der Konsum. Während die gute Finanzierungssituation des Staates und die Flüchtlingsaufnahme zu steigenden öffentlichen Ausgaben führen, bleibt der private Konsum durch die anhaltend gute Arbeitsmarktsituation gestützt.
 Inflationsseitig dürfte der Anstieg der Jahresrate zu Beginn 2017 noch unterhalb der
2%-Marke zum Erliegen kommen. Die Kernrate dürfte 1,5% kaum überschreiten und
damit die durchschnittliche Inflationsrate mit 1,6% auch 2017 noch unterhalb des EZBZiels bleiben.
Devisen: Dollar-Stärke nach Trump-Sieg dürfte noch etwas weitergehen
 Prognosen in Richtung eines stärkeren Dollar geändert
 Bei veränderten wirtschaftspolitischen Aussichten, auch aufgrund der republikanischen
Kongressmehrheiten und deutlich angehobener US-Renditeprognosen, passen wir unsere Wechselkursprognosen in Richtung eines stärkeren Dollars an. Dabei nehmen wir
die größte Änderung auf Sicht von drei Monaten vor, weil wir davon ausgehen, dass
zunehmende Erwartungen an die Konjunkturstimulierung den Dollar kurzfristig weiter
stärken, bevor es zu einem Abspecken der Reformpläne kommt (im Zuge der anstehenden Diskussionen um die Schuldenobergrenze im März). Obwohl die Erwartungen
somit teilweise enttäuscht werden dürften, rechnen wir im Jahresverlauf mit einer weiteren leichten Dollar-Aufwertung gegenüber Euro und Yen, da die Fed den Leitzins im
Juni und Dezember 2017 erneut anheben sollte und die Aussicht auf eine Fortsetzung
der Zinserhöhungen 2018 konkreter wird.
 Wir erwarten nun keine weitere Zinssenkung der BoE mehr. Da wir von einem graduelleren Abschwung der britischen Wirtschaft im Zuge der Brexit-Verhandlungen ausgehen, haben wir unsere Prognose zugunsten des Pfunds revidiert.
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Rentenmärkte: Niedrigzinsumfeld bleibt im Euro-Raum intakt
 Keine Zinswende
im Euro-Raum
 Die neuen Wirtschaftspläne von Trump und die damit verbundenen Erwartungen an
Inflation und geldpolitische Aktion sind noch nicht vollumfänglich in US-Treasuries reflektiert. Wir sehen daher im nächsten Jahr noch einen weiteren Anpassungsbedarf;
insbesondere bei US-Zinsen. Aufgrund politischer Unsicherheiten auch im Euro-Raum
erwarten wir eine volatile Anpassungsperiode. Für Bundrenditen rechnen wir lediglich
mit einer Zinsschleife, nicht aber mit der großen Zinswende.
 Covered Bonds:
Mehr Risiken als
Chancen – wir bleiben defensiv
 Unseres Erachtens spiegeln sich in den historisch niedrigen Covered Bond-Spreads der
EU-Peripherie nicht mehr alle potenziellen Risiken der nächsten Monate wider, weshalb
wir insbesondere Italien und Spanien weiterhin untergewichten. Dagegen erwarten wir,
dass sich Covered Bonds aus EU-Kernländern, skandinavische Covered Bonds und
gedeckte Anleihen aus Nicht-EWR-Ländern (Australien, Kanada, Neuseeland) überdurchschnittlich entwickeln. Für den Primärmarkt rechnen wir nach 125 Mrd. Euro (2016
YTD) für 2017 Neuemissionen zwischen 120 und 130 Mrd. Euro.
 Corporate Bonds:
Risikofaktoren belasten zunehmend
 Nach der fulminanten Spread-Rally seit Ankündigung des CSPP im März 2016 haben
die Risikoaufschläge ihr Einengungspotenzial größtenteils ausgeschöpft. Die SpreadVolatilität wird angesichts der politischen Risiken im Euro-Raum sowie der unsicheren
wirtschaftlichen Entwicklung im Zuge der Trump-Wahl erhöht bleiben. Während sich die
Spreads der Non-Financials 2017 nur aufgrund des weiterhin aktiven CSPP halbwegs
stabil halten können, werden vorranging unbesicherte Bank-Anleihen von der Einführung einer neuen Gattung von Senior-Anleihen (sog. T3-Anleihen), die im Insolvenzund Abwicklungsfall zuerst herangezogen werden, beflügelt.
Aktienmärkte: Chancen überwiegen noch
 Moderate Anhebung der Aktienindex-Prognosen
 Nachdem die europäischen Aktienindizes 2016 per saldo keine Unterstützung von Bewertungsänderungen erhalten haben, erscheint uns für 2017 eine leichte Bewertungsexpansion bzw. ein moderater Rückgang der Risikoprämien plausibel. Zwar werden politische Risiken weiter belasten und für Volatilität sorgen, von der sich 2017 und 2018
leicht beschleunigenden Weltwirtschaft sollten auf Jahressicht aber positive Impulse auf
die Bewertungen ausgehen, auch wenn im Jahresverlauf im Zuge der Konkretisierung
des Brexit in Europa noch Bremseffekte zu erwarten sind. In unserem Prognoseszenario gehen wir von einem DAX-KGV zum Jahresende 2017 von 13,5 sowie einer Bandbreite von 10,5 bis 14,0 aus (aktueller Wert: 12,5).
 Bei der Unternehmensgewinnentwicklung rechnen wir nach der Gewinnflaute 2016 für
das Jahr 2017 mit einem Anstieg des Ergebnisses je Aktie auf Ebene der Indizes DAX,
EURO STOXX 50 und S&P 500 im mittleren einstelligen Prozentbereich, was unter den
aktuellen Konsens-Prognosen von +10% bis +14% liegt. Während europäische Unternehmen von der Währungsentwicklung Unterstützung bei der Gewinnentwicklung erhalten (Euro-Abwertung), werden US-Unternehmen ihr Ergebnis je Aktie weiter durch umfangreiche Aktienrückkäufe „aufpeppen“.
 Für den DAX prognostizieren wir vor diesem Hintergrund einen Jahresendstand 2017
von 12.000 Punkten (bisherige Annahme: 11.500). Dabei erscheint uns eine Schwankungsbreite von 9.400 bis 12.400 Punkten plausibel. Für die übrigen von uns prognostizierten Indizes erwarten wir 2017 Jahresendstände von 3.260 (EURO STOXX 50),
2.380 (S&P 500) und 20.000 (Nikkei 225) Die stärksten Kurszuwächse (ohne Dividenden) trauen wir 2017 damit dem japanischen Nikkei 225 zu.
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Prognosen Gesamtwirtschaft
In Prozent
Welt-BIP
Anteil
BIP-Wachstum
Inflation
Öffentl. Haushaltssaldo
Öffentl. Schuldenstand
Leistungsbilanzsaldo
zum Vorjahr
zum Vorjahr
gemessen am BIP
gemessen am BIP
gemessen am BIP
2016
USA
Euro-Raum
Deutschland
Frankreich
Italien
Spanien
Niederlande
Belgien
Österreich
Griechenland
Finnland
Portugal
Irland
Japan
Großbritannien
Schw eiz
25,4
16,3
4,7
3,4
2,6
1,7
1,1
0,6
0,5
0,3
0,3
0,3
0,4
5,8
4,0
0,9
1,6
1,6
1,8
1,2
0,8
3,2
2,0
1,2
1,5
0,1
0,9
1,2
1,0
0,8
2,0
1,6
Fortgeschrittene Länder 1)
China
Asien (o. Japan/China)
Indien
Indonesien
Lateinamerika
Brasilien
Mexiko
Russland
Mittel- und Osteuropa
Türkei
Naher u. Mittlerer Osten
Südafrika
Schw ellenländer 1)
Welt
Quellen: Eurostat, IWF, BayernLB
(1,5)
(1,5)
2017
2018
2016
(0,6)
(2,9)
(1,6)
(1,4)
(1,2)
(-0,2)
(0,7)
(0,8)
(0,0)
(0,5)
(1,7)
(1,5)
2,2 (2,0)
0,8
1,2
0,7
0,3
1,6
1,3
1,0
0,6
0,0
0,4
0,9
-1,5
1,0 (0,7)
-0,2 (-1,3)
1,1
2,9
1,4
1,5
1,1
0,8
2,5
1,7
1,3
1,2
0,0
1,1
1,5
1,7
0,9
-0,1
1,4
58,3
1,6 (1,5)
1,5 (1,3)
2,0
0,7
15,7
9,7
2,9
1,2
6,4
2,5
1,6
1,9
3,1
1,0
3,4
0,4
41,7
100
6,7 (6,6)
4,6
7,5
5,0
-1,0
-3,3
2,2
-0,7 (-0,9)
2,4 (2,5)
3,1
2,6
0,1
3,8
2,5
6,3
4,8
7,8
5,3
1,6
1,0
2,0
0,8
2,4
2,8
3,0
0,8
4,3
2,7
6,1
5,0
8,0
5,5
2,0
1,5
2,2
1,3
2,4
2,0
3,3
1,6
4,4
3,0
2,0
2,8
5,3
3,7
11,1
8,7
2,9
6,8
3,8
7,5
5,5
6,5
5,0
2,4
1) Enthält auch weitere Länder
(4,9)
(5,5)
(1,7)
(2,5)
(2,5)
(2,9)
(2,6)
"-" nicht verfügbar
1,2 (1,3)
0,3
0,5
0,2
-0,1
-0,5
0,5
1,8
0,8
-1,0
0,2
0,4
0,2
-0,2 (-0,3)
0,7
-0,4
(1,8)
(2,9)
(4,0)
(4,9)
2017
2018
2016
2,0 (2,2)
1,4
1,6
0,8
1,0
1,1
1,4
1,4
1,7
2,9
1,3
1,2
1,5
0,6 (0,2)
3,0
0,2
2,5
1,4
1,7
0,8
1,0
1,1
1,4
1,4
1,7
2,9
1,3
1,2
1,5
0,4
3,0
0,6
-5,0
-2,1
0,5
-3,6
-3,0
-4,6
-1,8
-3,0
-1,2
-3,5
-2,7
-3,0
-1,5
-5,1
-4,0
-0,2
1,7
1,9
-3,9
2,4
3,2
5,5
4,5
7,7
5,0
3,2
4,4
4,2
8,0
5,8
5,5
4,4
2,9
-3,0
-7,0
-2,5
-10,4
-3,0
-3,3
-2,0
-3,9
-4,7
-
2,3
3,0
5,3
4,2
9,5
6,1
3,5
4,9
4,2
7,7
6,1
6,0
4,8
2,9
(2,0)
(3,2)
(4,5)
(9,3)
(3,0)
(7,2)
(5,1)
(6,3)
(4,5)
(-2,2)
(0,3)
(-4,0)
(-4,0)
(-3,5)
(-7,1)
(-2,8)
(-8,7)
(-3,5)
(-3,5)
(-3,7)
2017
2016
2017
2018
2016
2017
2018
(-4,5)
(-3,0)
(-0,2)
-5,6
-1,9
0,2
-3,2
-3,0
-3,0
-1,9
-2,8
-0,8
-3,2
-2,5
-2,8
-2,1
-3,8
-3,5
0,2
107,4
92,4
68,6
97,3
134,0
100,7
64,0
104,8
83,8
183,4
64,0
129,5
78,1
233,1
89,7
45,0
109,0
92,8
66,6
99,2
136,2
101,5
63,7
105,4
82,7
184,9
64,5
130,4
79,3
234,3
91,0
44,5
109,1
93,2
64,4
100,5
137,8
101,0
62,9
105,5
81,0
185,4
64,6
130,5
78,8
235,1
91,8
43,5
-2,7
3,5
9,0
-2,1
2,4
1,7
8,7
0,6
2,8
0,5
-0,7
0,5
7,8
4,0
-5,5
10,0
-2,7
3,3
8,8
-2,3
2,2
1,5
8,3
0,5
2,8
1,0
-0,8
0,8
7,0
4,1
-4,5
9,5
-2,6
3,1
8,6
-2,6
2,0
1,5
8,0
0,5
2,7
1,5
-0,7
1,2
6,5
-4,3
-3,5
9,5
-4,0 (-3,8)
-3,9
116,4
117,5
117,8
0,3
0,3
-0,7
-3,3
-6,7
-2,6
-9,1
-3,0
-2,5
-3,0
-3,8
-4,4
-
-3,0
-6,5
-2,8
-8,0
-2,5
-2,3
-3,5
-3,7
-3,8
-
46,3
68,5
27,5
78,3
56,0
17,8
32,0
51,7
47,2
-
49,5
67,2
28,2
82,4
56,1
18,8
32,5
53,3
48,9
-
52,5
65,6
29,2
85,2
55,8
19,5
33,0
54,6
50,3
-
3,0
-1,3
-2,3
-0,8
-2,7
1,9
-5,0
-3,3
-0,3
-
2,8
-1,8
-2,3
-1,3
-2,8
2,3
-5,0
-3,2
-0,4
-
2,6
-2,0
-2,5
-1,5
-3,0
2,6
-5,5
-3,5
-0,5
-
-5,8
-2,0
0,2
-3,5
-3,2
-3,6
-2,1
-3,0
-1,0
-3,7
-2,6
-2,8
-1,8
-4,0
-3,8
-0,1
(-5,2)
(0,0)
(-2,9)
(-2,5)
(-2,8)
(-8,5)
(-3,0)
(-1,5)
(-3,6)
(-4,2)
2018
alte Prognosen in Klammern
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
10
Prognosen Zins- und Rentenmärkte
Zinsen und Renditen in %, Spreads in Basispunkten
Stand am
29.11.2016
in 3M
Feb 2017
in 6M
Mai 2017
in 12M
Nov 2017
0,00
0,25
-0,75
1,50
0,05
0,25 - 0,50
-0,1 - 0,1
0,00
0,25
-0,75
1,50
0,05
0,50 - 0,75
-0,1 - 0,1
0,00
0,25
-0,75
1,50
0,05
0,50 - 0,75
-0,1 - 0,1
0,00
0,25
-0,75
1,50
0,05
0,75 - 1,00
-0,1 - 0,1
0,94
1,09
1,77
2,29
2,95
-0,31
-0,75
-0,46
0,22
0,87
1,00
1,30
2,00
2,60
3,20
-0,34
-0,80
-0,50
0,40
1,10
1,15
1,40
1,90
2,40
3,10
-0,35
-0,80
-0,50
0,30
1,00
1,30
1,80
2,40
2,70
3,30
-0,35
-0,70
-0,40
0,60
1,30
97
120
184
207
38
120
130
210
220
35
110
100
220
210
37
130
90
250
210
35
0,39
1,37
-0,75
-0,16
1,63
3,59
0,29
0,53
0,06
0,02
0,40
1,40
-0,80
-0,05
1,70
3,70
0,30
0,70
0,00
0,00
0,40
1,10
-0,80
-0,15
1,70
3,60
0,30
0,60
0,00
0,00
0,35
1,20
-0,75
0,15
1,70
3,90
0,30
0,90
0,00
0,00
Ø 6,3 Jahre
Ø 5,1 Jahre
81
65
75
70
75
65
85
60
Ø 4,9 Jahre
17
20
25
25
Leitzinsen
Euro-Raum
Großbritannien
2)
Schweiz
Polen
Tschechien
USA
2)
Japan
USA/Euro-Raum
USA
Euro-Raum
Rendite Spreads
Bunds
US Treasuries
Treasuries. vs. Bunds
Swap vs. Bund
3M USD-Libor
2 Jahre
5 Jahre
10 Jahre
30 Jahre
3M Euribor
2 Jahre
5 Jahre
10 Jahre
30 Jahre
Steilheit 2-10
Steilheit 2-10
Spread 2 Jahre
Spread 10 Jahre
Spread 10 Jahre
Ausgewählte Staatsanleihemärkte
Großbritannien
3 Monate
10 Jahre
Schweiz
3 Monate
10 Jahre
Polen
3 Monate
10 Jahre
Tschechien
3 Monate
10 Jahre
Japan
3M Tibor
10 Jahre
Corporate Bonds
iBoxx € Non-Financials
iBoxx € Financials (Senior)
Covered Bonds
iBoxx € Covered
1)
Quelle: BayernLB 1) Monatsendstände 2) Einlagesatz USA: Treasuries; Euro-Raum: Bundesanleihen
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
11
Prognosen Aktien, Devisen und Rohstoffe
Stand am
29.11.2016
in 3M
Feb 2017
in 6M
Mai 2017
in 12M
Nov 2017
1)
Aktienindizes
DAX
EURO STOXX 50
S&P 500
Nikkei 225
Devisen
Dollar
Japanischer Yen
Britisches Pfund
Schweizer Franken
Schwedische Krone
Norwegische Krone
Kanadischer Dollar
Australischer Dollar
Chinesischer Renminbi
Polnischer Zloty
Tschechische Krone
Südafrikanischer Rand
USD pro EUR
JPY pro EUR
JPY pro USD
GBP pro EUR
USD pro GBP
CHF pro EUR
CHF pro USD
SEK pro EUR
SEK pro USD
NOK pro EUR
NOK pro USD
CAD pro EUR
CAD pro USD
AUD pro EUR
USD pro AUD
CNY pro EUR
CNY pro USD
PLN pro EUR
PLN pro USD
CZK pro EUR
CZK pro USD
ZAR pro EUR
ZAR pro USD
Rohstoffe
Rohöl-Brent (Dollar je Fass)
Gold (Dollar je Feinunze)
Quelle: BayernLB
10.620
3.038
2.205
18.307
11.000
3.110
2.260
18.800
10.900
3.040
2.220
18.200
11.800
3.240
2.360
19.700
1,07
120
112
0,85
1,25
1,08
1,01
9,77
9,18
9,09
8,53
1,43
1,34
1,42
0,75
7,33
6,90
4,44
4,17
27,1
25,4
14,8
13,9
1,03
118
115
0,90
1,14
1,07
1,04
9,75
9,47
9,35
9,08
1,45
1,41
1,45
0,71
7,21
7,00
4,40
4,27
27,0
26,2
15,7
15,2
1,03
118
115
0,92
1,12
1,06
1,03
9,75
9,47
9,35
9,08
1,45
1,41
1,45
0,71
7,21
7,00
4,40
4,27
27,0
26,2
16,3
15,8
1,02
120
118
0,95
1,07
1,05
1,03
9,60
9,41
9,40
9,22
1,45
1,42
1,45
0,70
7,24
7,10
4,45
4,36
26,5
26,0
17,0
16,7
46
1.188
45
1.200
45
1.250
45
1.300
1) Monatsendstände
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
12
Europa mit Zerfallserscheinungen
 Risiko eines Zerfalls
der EU nach Brexit
und Wahlsieg Donald Trumps gestiegen
Die Zukunft Europas und insbesondere der Europäischen Union ist nach der Entscheidung
der Briten, aus der EU auszutreten (Brexit), ungewiss. Das Risiko eines Zerfalls der EU ist
seit unserer Analyse vom vergangenen Jahr („Europa vor der Zerreißprobe“) weiter gestiegen, besteht doch die Gefahr, dass der Brexit anderen Mitgliedsstaaten der Union als eine
Art Blaupause für den eigenen Ausstieg dienen könnte. Hinzu kommt die unerwartete Wahl
Donald Trumps zum neuen Präsidenten der USA, die den Rechtspopulisten, die sich oftmals für eine komplette Rückkehr zur Nationalstaatlichkeit einsetzen, bei den 2017 anstehenden Wahlen zusätzlichen Auftrieb verleihen könnte.
 Weitere „Beschleuniger“ sind ultraexpansive EZBPolitik, Reformstau
und Flüchtlingskrise
Weitere „Beschleuniger“ des Zerfalls der EU oder des Euro-Raums sind die Flüchtlingskrise, der Reformstau und die damit verbundene nachhaltig schwache Wirtschaftsentwicklung
in einigen Ländern Süd- und Westeuropas sowie die ultra-expansive Geldpolitik der EZB.
Da ein Ende der Niedrigzinsphase im Euro-Raum nicht absehbar ist, ruft dies mehr und
mehr den Unmut der Bevölkerung in den wirtschaftsstärkeren Ländern, insbesondere in
Deutschland, hervor. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ließ sich bei einer Preisverleihung jüngst sogar dazu verleiten, der EZB eine Mitschuld am Erstarken der rechtspopulistischen AfD zu geben. Die anhaltend schwache wirtschaftliche Entwicklung infolge des
nur in kleinen Schritten vorankommenden Reformprozesses in Ländern wie Italien und
Frankreich lässt populistische Parteien weiter erstarken. In Italien bekommt Ministerpräsident Renzi den Druck der Anti-Establishment-Bewegung „Movimento 5 Stelle“ um den
Komiker Beppe Grillo, der sich für einen Ausstieg aus dem Euro ausgesprochen hat, deutlich zu spüren. Das von Renzi initiierte Verfassungsreferendum (am 4. Dezember), könnte
zwar zu mehr politischer Stabilität in Italien beitragen, es erhöht aber auch die Gefahr,
dass Grillo – unter sehr ungünstigen Umständen – nach Neuwahlen die Regierung stellen
könnte. Des Weiteren ist die Flüchtlingskrise noch lange nicht ausgestanden. Sollte diese
2017 wieder an Dynamik gewinnen – beispielsweise aufgrund einer Aufkündigung des EUTürkei-Deals seitens der Türkei (EU verwehrt Visafreiheit) oder gar der EU infolge der
jüngsten Entwicklungen in der Türkei (Entmachtung Parlament, evtl. Wiedereinführung
Todesstrafe, Unterdrückung Pressefreiheit) – wäre das Wasser auf die Mühlen rechtspopulistischer Parteien. Insgesamt haben sich die politischen Risiken in Europa im Vergleich
zum vergangenen Jahr weiter erhöht.
Höchstrichterliches Urteil ist Stolperstein für Brexit
 Blockade des Brexit
durch britisches
Parlament unwahrscheinlich
Was den Brexit angeht, musste die neue Premierministerin May schon einen herben Rückschlag hinnehmen: Anfang November entschieden die Richter des Londoner High Court,
dass die britische Regierung für die Auslösung des EU-Austrittsartikels 50 die Zustimmung
des Parlaments benötigt. Sollte dieses Urteil bestätigt werden – die Regierung hat Berufung beim Supreme Court (Oberstes Gericht) eingelegt – könnte theoretisch die Opposition
zusammen mit Abweichlern aus der Regierungsfraktion den Austrittsantrag aus der EU
blockieren. Die Anhörung vor dem Supreme Court wird Anfang Dezember stattfinden, mit
einem Urteil wird im Januar 2017 gerechnet. Dass der Einreichung des Austrittsgesuchs
durch das Urteil noch abgewendet wird, ist indes sehr unwahrscheinlich. Auch wir gehen
nicht davon aus. So hat der Oppositionsführer und Chef der Labour-Partei Jeremy Corbyn
bereits verlauten lassen, das Ergebnis des EU-Referendums nicht unterminieren zu wollen.
Allerdings ist das Risiko eines „harten“ Brexit, d.h. ein Verlust des Zugangs Großbritanniens zum EU-Binnenmarkt, mit dem Urteil – sollte es bestätigt werden – gesunken. Auch
der von May angepeilte Termin zur Einreichung des Austrittsgesuches, spätestens Ende
März 2017, würde bei Bestätigung des Urteils zur Disposition stehen.
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
13
Populisten sehen sich europaweit im Aufwind
 Niederlande:
Rechtspopulisten
liegen in Umfragen
vorn
Ungeachtet dieser Unwägbarkeiten sehen sich die Populisten in anderen EU-Staaten weiter im Aufwind. In vier Staaten der EU (Niederlande, Frankreich, Deutschland und Tschechien), darunter drei Euro-Länder, stehen 2017 Parlaments- bzw. Präsidentschaftswahlen
an, bei denen populistische Parteien bzw. Kandidaten gut abschneiden dürften. Die Niederländer sind am 17. März als erste dazu aufgefordert, ein neues Parlament zu wählen.
Etwa seit Beginn der Grenzöffnungen für Flüchtlinge im September 2015 liegt die rechtspopulistische und EU-kritische Freiheitspartei PVV um Geert Wilders in Umfragen vorn und
käme derzeit auf ca. 30 Sitze im Parlament. Dies würde einer Verdoppelung gegenüber
der Wahl 2012 entsprechen. Die Regierungsbildung nach den Wahlen dürfte schwierig
werden, denn die aktuelle Große Koalition, bestehend aus der liberalkonservativen VVD
von Ministerpräsident Rutte und der sozialdemokratischen PvdA kommt schon seit Monaten in Umfragen nur noch auf ca. 40 Sitze (2012: 79 Sitze) und dürfte die erforderliche
Mehrheit von 76 Sitzen deutlich verfehlen. Wer die Niederlande nach den Wahlen führen
wird, bleibt also ungewiss, es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Rechtspopulisten, in
welcher Form auch immer, an der Regierung beteiligt sein werden.
Wichtige Wahltermine in der EU im Jahr 2017
Quelle: Innenministerien und BayernLB Research
 Frankreich: Republikanischer Präsident wahrscheinlich
Richtungsweisende Wahlen stehen 2017 auch in Frankreich an: Im Frühjahr wählen die
Franzosen einen neuen Präsidenten und im Sommer ein neues Parlament (Nationalversammlung). Die Meinungsforschungsinstitute zeigen das recht eindeutige Bild, dass die
Präsidentschaftswahl am Ende, d.h. in der Stichwahl zwischen dem republikanischen Kandidaten François Fillon und Marine Le Pen vom Front National ausgetragen wird. Aktuelle
Umfragen liegen für einen Zweikampf zwischen Fillon und Le Pen zwar noch nicht vor – zu
überraschend war der Erfolg Fillons bei den Vorwahlen der Republikaner –, in einer Umfrage des Instituts BVA vom September sprach sich aber eine deutliche Mehrheit von 61%
für Fillon (und gegen Le Pen) aus. Die Gefahr eines radikalen Umschwungs nach den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2017 erscheint somit relativ gering. Weitere Terroranschläge – insbesondere kurz vor der Wahl – oder eine erneute Verschärfung der Flüchtlingskrise könnten die Stimmung im Land aber schnell drehen lassen. Es darf auch nicht
unterschlagen werden, dass die Umfragen in der jüngeren Vergangenheit (Brexit, Wahlsieg
Trump) die extremen Positionen unterschätzt haben.
 Tschechien: AntiEstablishmentBewegung ANO
2011 vorn
Im Oktober 2017 findet auch eine Parlamentswahl in einem vergleichsweise jungen Mitgliedsstaat der Union, nämlich Tschechien, statt. Die Umfragen führt auch hier eine populistische Bewegung an, die selbsternannte „Aktion unzufriedener Bürger“ (ANO 2011). Bei
der vorgezogenen Abgeordnetenhauswahl 2013 wurde die Partei aus dem Stand heraus
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
14
zweitstärkste Kraft im Parlament und bildet seit Anfang 2014 zusammen mit den Sozialund Christdemokraten die Regierungskoalition. Die ANO 2011 lässt sich ideologisch nur
sehr schwer einordnen, sie positioniert sich aber klar gegen die etablierte politische Elite
und prangert die Korruption an. Ein Austritt aus der EU wird allerdings nicht angestrebt.
AfD könnte bei Bundestagwahl drittstärkste Kraft werden
 Deutschland: AfD
kann auf zweistelliges Ergebnis hoffen
Nachdem die rechtspopulistische und Euro-kritische Alternative für Deutschland (AfD) nach
dem Bruch zwischen dem liberal-konservativen Flügel um Bernd Lucke und dem nationalkonservativen Flügel um Frauke Petry im Sommer 2015 eigentlich schon wieder in die
Bedeutungslosigkeit zu versinken schien, verschaffte ihr die Flüchtlingskrise seit September 2015 wieder kräftigen Auftrieb. Bei den jüngsten Landtagswahlen erreichte sie durchweg zweistellige Ergebnisse, in den ostdeutschen Bundesländern lag das Ergebnis sogar
jenseits der 20%-Marke. Die etablierten Parteien mussten hingegen teils herbe Verluste
einstecken. Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass die AfD auch bei der im Herbst
anstehenden Bundestagswahl mit einem zweistelligen Ergebnis rechnen und sogar als
drittstärkste Kraft direkt hinter den beiden Volksparteien CDU/CSU und SPD hervorgehen
könnte (siehe Grafik unten). Auch wenn eine Regierungsbeteiligung der AfD auszuschließen ist, wird ihr Erfolg Einfluss auf die politische Agenda haben. Aus heutiger Sicht spricht
sehr viel für eine Fortführung der Großen Koalition.
Umfrageergebnisse zur Wahl des deutschen Bundestages im Herbst 2017
Durchschnitt der fünf aktuellsten Umfragen in % der Wählerstimmen, Stand: 22.11.2017
32,5
22,7
13,3
11,4
10,2
5,4
CDU
SPD
Afd
Grünen
Die Linke
FDP
Quelle: Umfrageinstitute und BayernLB Research
Rechtspopulisten werden etablierte Parteien weiter unter Druck setzen
 Etablierte Parteien
passen sich an
Der Vormarsch populistischer Parteien wird unweigerlich dazu führen, dass sich die etablierten Parteien weiter der Programmatik der Rechtspopulisten „anpassen“ und ihre Themen aufgreifen werden. Die Rechtspopulisten werden gleichsam die etablierten Parteien
immer weiter vor sich hertreiben. Das prominenteste Beispiel hierfür ist die UKIP in Großbritannien, die gemeinsam mit EU-kritischen Konservativen den damaligen Premierminister
Cameron zum Referendum über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU gedrängt hat. Die Populisten machen sich dabei die allgemeine Skepsis der Bürger gegenüber der EU zu Nutze, die mit der Flüchtlingskrise wieder deutlich angestiegen ist (siehe
Grafiken unten). Laut Eurobarometer – eine in regelmäßigen Abständen von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Umfrage zu unterschiedlichen Themen in den
Mitgliedstaaten – ruft die Institution EU derzeit nur noch bei 34% aller EU-Bürger ein positives Bild hervor, und auch das Vertrauen in die EU sinkt seit Mitte 2015 stetig.
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
15
Eurobarometer: Stimmung in der EU bzw. Vertrauen in die EU (jeweils in % der EU-Bevölkerung)
Welches Bild ruft die EU bei Ihnen hervor?
Wie viel Vertrauen haben sie in die Institution EU?
EU ruft positives Bild hervor
eher Vertrauen
60%
70%
50%
60%
40%
eher kein Vertrauen
50%
40%
30%
20%
30%
20%
Quelle: Europäische Kommission und BayernLB Research
 In den Niederlanden ist die Stimmung derzeit recht
EU-skeptisch…
Der nächste potenzielle Kandidat, der ein EU-Referendum einfordert, könnten die Niederlande sein. Denn sollte die rechtspopulistische PVV um Geert Wilders im März tatsächlich
stärkste Kraft werden, wird dieser nichts unversucht lassen, ein Referendum ähnlich dem
in Großbritannien zu initiieren, auch wenn er nicht an der Regierung beteiligt sein sollte.
Tatsächlich ist die Stimmung in den Niederlanden derzeit ähnlich EU-skeptisch wie im Vereinigten Königreich: Im April 2016 lehnte eine Mehrheit der Bürger – wenn auch bei sehr
niedriger Wahlbeteiligung (32%) – in einem Referendum, das als Stimmungsbarometer für
das Vertrauen in die EU instrumentalisiert wurde, das EU-Abkommen mit der Ukraine ab.
Einer Umfrage des Instituts Maurice De Hond vom Juni zufolge, würden sich 47% der Holländer für ein EU-Referendum aussprechen und 43% würden tatsächlich für einen Austritt
aus der Union stimmen.
 …für ein EUReferendum müssten allerdings zunächst die Gesetze
geändert werden
Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2015 sind in den Niederlanden konsultative Referenden über noch nicht ratifizierte Verträge/Gesetze möglich (die Verfassung sieht Referenden eigentlich nicht vor). Für ein solches Referendum sind in einer ersten Phase 10.000
gültige Unterschriften innerhalb von vier Wochen nach Veröffentlichung des Gesetzes notwendig, und in einer zweiten Phase müssen 300.000 gültige Anträge innerhalb von sechs
Wochen eingereicht werden. Die Wahlbeteiligung beim Referendum muss mindestens
30% betragen. Für ein EU-Referendum ist diese Art der Volksbefragung allerdings wohl
nicht geeignet, da das Parlament im Vorfeld der Befragung ein Gesetz zum Austritt aus der
EU verabschieden müsste, was höchst unwahrscheinlich ist. Ein „Nexit“-Referendum erscheint aufgrund der institutionellen Hürden somit mittelfristig eher unwahrscheinlich.
 In Frankreich benötigt der Präsident
für ein EUReferendum die
Zustimmung des
Parlaments
Auch in Frankreich dürfte es so schnell nicht zu einem EU-Referendum kommen, denn laut
Verfassung setzt ein vom Präsidenten initiiertes Referendum auch die Zustimmung der
Regierung und damit des Parlaments voraus. Selbst im Falle eines Sieges von Le Pen ist
eine Mehrheit des Front National in der Nationalversammlung, die ein Monat nach der Präsidentschaftswahl (11. und 18. Juni) neu gewählt wird, aufgrund des Mehrheitswahlrechts
unwahrscheinlich. Aktuelle Umfragen deuten zwar darauf hin, dass der Front National in
der Nationalversammlung mit einem deutlichen Zuwachs an Sitzen rechnen kann (bis zu
60), von einer Mehrheit wird er aber wohl weit entfernt bleiben. In Deutschland ist ein Referendum über den Verbleib in der EU mittelfristig ebenfalls unwahrscheinlich, da laut
Grundgesetz bundesweite, bindende Volksabstimmungen nicht erlaubt sind. Für ein EUReferendum müsste also zunächst die Verfassung geändert werden, was ebenfalls sehr
unwahrscheinlich ist. Auch in Italien, wo die M5S ein Euro-Referendum fordert, verbietet
die Verfassung Volksabstimmungen mit internationalem Bezug.
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
16
Wie geht es mit der Europäischen Union weiter?
 Vier Szenarien zur
Zukunft der EU
Angesichts dieser Entwicklungen stellt sich die Frage, wie es mit der Union bzw. dem Euro-Raum mittel- bis langfristig weitergeht. Gilt auch dieses Mal der „alte“ Grundsatz, dass
die EU – zumindest auf dem Papier – erst in der Krise stark ist? Oder leidet die Union, die
nach den zahlreichen Erweiterungen deutlich heterogener geworden ist, und die sich faktisch nun schon seit mehr als fünf Jahren im Krisenmodus (Staatschuldenkrise und später
Flüchtlingskrise) befindet, an einer strukturellen Überdehnung und steht kurz vor dem Zerfall? Für die Zukunft der EU sind prinzipiell vier Szenarien denkbar (siehe Tabelle unten):
In einem ersten Szenario würde mit der Aktivierung des EU-Austrittsartikels 50 durch
Großbritannien im kommenden Jahr eine Kettenreaktion ausgelöst werden, da dies den
Populisten in anderen Ländern Auftrieb verleiht und diese, auch über Druck auf die etablierten Parteien, EU-Referenden forcieren. Erste potenzielle Kandidaten könnten hier nach
den Wahlen die Niederlande oder Frankreich sein. Das zweite Szenario wäre das andere
Extrem: Die EU reagiert auf den Brexit wie so oft mit einer weiteren Vertiefung der Integration. Mit dem Ausscheiden der Briten aus der Union wäre der Weg für eine engere Verzahnung der Außen- und Sicherheitspolitik („Verteidigungsunion“) frei; darüber hinaus könnte
die Zusammenarbeit und Kontrolle in der Haushaltspolitik intensiviert werden („Fiskal- und
Transferunion“). Jenseits dieser beiden Extreme sind zwei weitere Szenarien denkbar: So
könnte die Zukunft der Union auch nach der von Bundesaußenminister Steinmeier gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Ayrault Ende Juni entwickelten Vision
einer „flexiblen“ Union gestaltet sein – sozusagen eine EU mehrerer Geschwindigkeiten:
Eine „Koalition der Willigen“ schreitet schneller voran als der Rest. Diese Idee ist nicht neu
und wurde bereits bei der Einführung des Euro praktiziert. Gerade im Umgang mit der
Flüchtlingskrise, bei der insbesondere mit den osteuropäischen Staaten Dissens herrscht,
wäre dies evtl. ein gangbarer Weg. In einem vierten und letzten Szenario scheidet Großbritannien ab 2019 aus der EU aus und in der Rest-EU bleibt alles beim Alten. Dies würde
einer Verwaltung des Status-Quo – mit Elementen der versteckten Vergemeinschaftung
vor allem durch die EZB – gleichkommen, verbunden mit der Hoffnung, dass die Probleme
über die Zeit kleiner werden („Durchwurschteln“).
Mögliche Szenarien für die Weiterentwicklung der Europäischen Union
Quelle: BayernLB Research
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
 Verwaltung des
Status Quo mit
Elementen versteckter Vergemeinschaftung am
wahrscheinlichsten
17
Von den vier Szenarien erscheinen die beiden ersten zumindest mittelfristig unwahrscheinlich. Wie schon diskutiert, sind die institutionellen Hürden in vielen Ländern für ein Ausscheiden aus der Union recht hoch. Daher ist trotz der Gefahr von politischen Unfällen eine
Welle von Austritten aus der EU nicht zu erwarten. Eine Vertiefung der Integration ist aufgrund der unterschiedlichen Interessen zwischen Nord- und Südeuropa einerseits („Fiskalund Transferunion“) bzw. West- und Osteuropa andererseits (Flüchtlingskrise) ebenfalls
recht unwahrscheinlich. Auch im Hinblick auf die jüngsten Erfolge der AfD dürfte eine
Transferunion in Deutschland so schnell nicht durchsetzbar sein. Fortschritte bei der Integration dürften bestenfalls in der Sicherheits- und Außenpolitik erzielt werden. Realistischer ist die Weiterentwicklung einer „flexiblen“ Union. Immerhin wird diese in Teilen schon
praktiziert (Einführung Euro, Flüchtlingspolitik). Allerdings dürfte eine Union, in der einzelne
Ländergruppen immer weiter divergieren, früher oder später im Chaos enden, da die Zuständigkeiten übergeordneter Instanzen, wie beispielsweise des Europäischen Parlaments,
immer weiter ausgehöhlt werden.
Am wahrscheinlichsten ist vermutlich Szenario 4: Die Staats- und Regierungschefs der EU
versuchen, sich mit den gegebenen Rahmenbedingungen weiter „durchzuwurschteln“ und
den Status Quo zu verwalten – und zwar in der Hoffnung, dass die Probleme auch ohne
einschneidende und schwer umsetzbare strukturelle Veränderungen verschwinden. Diese
Vorgehensweise wurde im Prinzip auch schon in der Euro-Krise angewendet; in kleinen
Dosen wurden und werden Medikamente verabreicht, die lediglich die Symptome (Auseinanderdriften der Spreads), nicht aber die Ursachen (strukturelle Probleme in süd- und
westeuropäischen Ländern) bekämpfen. Das „Durchwurschteln“ dürfte von einer weiteren
Ausdehnung verdeckter Vergemeinschaftung flankiert werden, bei der die EZB für die Euro-Raum-Staaten eine wichtige Rolle spielen dürfte. Diese Strategie ist kurz- bis mittelfristig
erfolgversprechend. Langfristig ist sie aber keine Lösung und führt im ungünstigsten Fall
tatsächlich zu einem Zerfall der EU.
Unterschiedliche Marktauswirkungen der Szenarien
 Starker Markteinfluss bei Beibehaltung des Status
Quo durch fortgesetzte Kaufpolitik
der EZB
Aus Kapitalmarktsicht stellen sich nun zwei Fragen: Sind die beschriebenen Szenarien
geeignet, einen stärkeren Einfluss auf Angebot und Nachfrage auszuüben als andere Faktoren? Und: Welche Asset-Klassen wären wie betroffen? In den für uns wahrscheinlicheren
Szenarien 3 und 4 („Flexible Union“ bzw. „Durchwurschteln“) ist die erste Frage zu bejahen, da mit einer Fortsetzung, wenn nicht gar Ausweitung der EZB-Käufe zu rechnen ist.
Diese würden zu einem weiteren Bewertungsanstieg in allen Asset-Klassen führen, zumal
Tapering-Erwartungen wieder ausgepreist würden. Ein negativer Markteinfluss wäre nur
dann zu erwarten, wenn das Ausbleiben von Reformen zu einer weiteren Verschlechterung
in den Krisenstaaten führte und die EZB hierauf nicht angemessen reagieren könnte. Die
Folge wäre – neben einer negativen Marktreaktion aufgrund der tatsächlichen Verschlechterung der ökonomischen Bedingungen – eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Szenarien
1 und 2 („Zerfall der EU“ bzw. „Vertiefung der Integration“). Es wäre mit einem starken
Einfluss auf die Märkte zu rechnen, da sich nicht nur politische Rahmenbedingungen signifikant änderten, sondern mit der Geldpolitik auch der derzeit entscheidende Faktor für die
Nachfrage am Kapitalmarkt.
 Zerfall der EU würde Investoren in sichere Häfen treiben
und hätte globale
Auswirkungen zur
Folge
Die Kapitalmarktreaktionen auf Szenario 1 und 2 würden höchst unterschiedlich ausfallen.
Eine steigende Wahrscheinlichkeit für den Zerfall der EU würde Investoren in die sicheren
Häfen treiben und hätte globale Auswirkungen zur Folge. Zusätzlich zum Risk-off-Modus
würde die Handlungsfähigkeit der EZB angezweifelt, die ihre Kaufprogramme zunächst
aber zur Sicherung der Finanzmarktstabilität verstärken würde, wenn auch mit immer weniger Erfolg. Der Euro würde sich abschwächen. Bei Eintritt des Szenarios würde der Euro
zunächst Mitglieder verlieren und wohl auch nicht als „Reste-Euro“ dauerhaft Bestand ha-
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
18
ben; zu den neu entstehenden Währungen würde er auf-, im Verhältnis zu anderen Währungen abwerten. Die EZB würde als Buyer of last Resort entfallen. Bunds würden zwar
zunächst (bei steigender Szenario-Wahrscheinlichkeit) als sicherer Hafen profitieren, die
Nachfrage zu einem späteren Zeitpunkt durch den Wegfall der EZB-Käufe aber negativ
beeinträchtigt werden, wenn die Bundesbank kein eigenes Kaufprogramm auflegen würde.
Die starke Unsicherheit würde darüber hinaus v.a. bei Nicht-EU-Investoren zu einem Abzug der Anlagen in Richtung USA und Japan führen, zumal sich die Risiken Deutschlands
als Netto-Gläubiger der anderen Euroländer in Form hoher Forderungsverluste – auch aus
dem Target-System – realisieren könnte. Die Spreads von Staatsanleihen und Credits
würden sich (nicht nur in Europa) ausweiten, wobei mit einem steigenden Home-Bias zur
Vermeidung des Wechselkursrisikos zu rechnen wäre. Bei Covered Bonds würde eine
Flucht von der Peripherie in (v.a. Hypotheken-) Pfandbriefe einsetzen. Für Aktien wäre mit
erheblichen Bewertungsabschlägen zu rechnen. Lockerungen von Geld- und Fiskalpolitik
würden diese Trends bremsen, aber nicht umkehren.
 Marktfolgen einer
Vertiefung der Integration sollten auf
Europa begrenzt
bleiben
Die Marktfolgen durch eine Vertiefung der Integration sollten hingegen weitgehend auf
Europa begrenzt bleiben. Durch eine echte Fiskal- und Transferunion würden Bunds als
sicherer Hafen an Bedeutung verlieren und Staatsanleihe-Spreads (getrieben von beiden
Seiten) einengen. Während Credit Spreads nur leicht tangiert werden, würden Covered
Bonds der Peripherie profitieren, wobei (wiederum v.a. Hypotheken-) Pfandbriefe als Ersatz für den verlorenen sicheren Hafen angesehen werden könnten. Aktien könnten durch
das höhere Renditeniveau, wohl aber nicht durch eine Fiskal- und Transferunion per se,
negativ beeinträchtigt werden. Eine fiskalische Stimulierung würde vielmehr risikobehaftete
Assets und den Euro zunächst beflügeln.
Fazit: Das politische Risiko in Europa steigt weiter
 Verwaltung des
Status Quo führt zu
anhaltenden EZBInterventionen
 „Durchwurschteln“
ist eine riskante politische Strategie
Die Zukunft der EU hängt davon ab, ob die unterschiedlichen Interessen zwischen Nordund Südeuropa in der Fiskal-, Finanz- und Wirtschaftspolitik einerseits bzw. zwischen
West- und Osteuropa in der Flüchtlingskrise andererseits in Einklang gebracht werden
können bzw. ob für alle Seiten ein tragfähiger Kompromiss gefunden werden kann. Der
Verlauf der Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der EU dürfte diesen
Prozess entscheidend beeinflussen. Unabhängig davon und angesichts des wachsenden
Populismus ist nicht zu erwarten, dass sich die Staats- und Regierungschefs mittelfristig zu
einer umfassenden EU-Reform durchringen werden. Vielmehr dürften sie sich auf die Verwaltung des Status Quo beschränken und evtl. die eine oder andere kleinere Adjustierung
vornehmen – Einigungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Für die Finanzmärkte
bedeutet dies eine fortgesetzte Unterstützung durch die Kaufprogramme der EZB, die eher
erweitert als reduziert werden. Es gilt der Grundsatz des „New Normal“: Schlechte Nachrichten sind zunächst gute, weil sie die EZB zu mehr Aktivität zwingen. Die langfristigen
Konsequenzen stehen sowohl bei der EZB-Politik als auch bei den Reaktionen der Marktteilnehmer im Hintergrund, zumal ein Ende nicht absehbar ist. Mit dem weiteren „Durchwurschteln“ riskiert die EU allerdings auch ihr Fortbestehen, denn implizit bedeutet dies,
dass sie keine klare Strategie für die Zukunft verfolgt, sondern nur darauf hofft, dass die
Probleme von alleine verschwinden. Langfristig birgt diese Vorgehensweise tatsächlich die
Gefahr eines Zerfalls der Union. Aus rein rationalen, überwiegend wirtschaftlichen Gründen
dürfte es jedoch nicht so weit kommen, weshalb wir die Wahrscheinlichkeit eines Zerfalls
der EU – und damit schwerwiegende Marktverwerfungen – für gering halten. Die jüngste
Vergangenheit hat uns aber gelehrt, dass Rationalität nicht immer das entscheidende Kriterium bei Wahlen sein muss.
[email protected]
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
19
Ausblick Geldpolitik: Was 2017 schief gehen
kann
Unser geldpolitischer Ausblick auf das Jahr 2017 wirkt auf den ersten Blick wie ein Déjàvu. Die US-Notenbank wird, wie im Vorjahr, nach einem Zinsschritt im Dezember Signale
in Richtung eines weiterhin nur sehr graduellen Normalisierungskurses senden. Wir erwarten im Jahresverlauf 2017 nur zwei weitere Zinsschritte, zur Jahresmitte und zum Jahresende. Im Gegensatz dazu werden die Notenbanken in Japan, Großbritannien und im EuroRaum ihren expansiven Kurs fortsetzen. Dabei dürften die Zentralbanker mehr Rücksicht
auf Kollateralschäden, vor allem im Bankensystem, nehmen und die Profitabilitätsprobleme
in vielen Bereichen des Finanzmarktes bei künftigen Entscheidungen höher gewichten.
Dies spricht gegen noch negativere Notenbankzinsen und für eine graduelle Versteilung
der Zinskurven.
 Hohe Verschuldung
spricht gegen deutlichen Zinsanstieg
Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren müssen die Geldpolitiker 2017 aber verstärkt
darauf achten, dass der Anstieg der Kapitalmarktzinsen, der nach dem Wahlsieg Trumps
eingesetzt hat, nicht zu stark ausfällt und sich verstetigt. Ansonsten droht eine deutliche
Verschärfung der Finanzierungskosten für die öffentliche und private Hand. Dafür erscheint
die Konjunktur sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellenländern nach wie vor als
nicht robust genug. Verantwortlich dafür ist die weltweite Schuldenlast, die sich auch 2016
nicht verringert hat. Die Verschuldungsquoten sind in vielen Regionen und Sektoren nach
wie vor sehr hoch (siehe Abbildungen unten). Der konjunkturdämpfende Effekt einer geldpolitischen Straffung ist schwer abzuschätzen, fällt auf diesem Schuldenniveau aber wohl
deutlich höher als in der Vergangenheit aus. Dennoch: Die Renditen für Papiere mit längeren Laufzeiten werden 2017 zumindest temporär weiter steigen. Die Notenbanken werden
aber versuchen, eine deutliche Zinswende zu verhindern, da diese zum jetzigen Zeitpunkt
eine spürbare Abkühlung der Weltwirtschaft – oder gar eine globale Rezession – verursachen könnte. Soweit unsere Basisprognose. Allerdings lohnt der Blick auf mögliche Risikoszenarien und die Beantwortung der Frage, welche Entwicklungen bereits 2017 zu einem
deutlichen Zinsanstieg führen könnten. Diese Risiken kommen primär aus den USA. Doch
zunächst zur Basisprognose für die geldpolitischen Entscheidungen im Jahr 2017.
Hohe Verschuldung spricht gegen Zinswende
Risiko vor allem in Schwellenländer
Globale Verschuldung einzelner Sektoren in Bio. USD
Verschuldung verschied. Ländergruppen in % gem. am BIP
Haushalte
Unternehmen
Staat
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
Industrieländer
Schwellenländer
280
230
180
130
80
2008
2010
2012
Quelle: BIZ, IWF, BayernLB Research
2014
2008
2010
2012
2014
Quelle: BIZ, IWF, BayernLB Research
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
20
Ausblick 2017: Notenbanken verhindern deutlichen Zinsanstieg
 Trump-Sieg treibt
Zinsspekulationen
Die US-Notenbank dürfte ihren graduellen Straffungskurs 2017 fortsetzen. Dabei steht sie
vor der Herausforderung, die Zinserwartungen auch bei optimistischerem Konjunkturausblick im Zaum zu halten. Die US-Wirtschaft hat sich bereits deutlich erholt und nähert sich
der Normalauslastung. Dies zeigt auch die deutlich gesunkene Arbeitslosenquote und der
langsam steigende Lohn- und Preisauftrieb. Historische geldpolitische Faustregeln (TaylorRegeln) legen für 2017 teils sogar eine rasche Anhebung der Leitzinsen nahe, um zügig
ein „normales“ Zinsniveaus zu erreichen, welches laut Fed-Schätzungen im Bereich von
3% liegt (siehe Abbildung unten links). Was die Robustheit der US-Erholung und die Entwicklung der Weltwirtschaft angeht, teilt die Fed unsere Skepsis und strebt gemäß bisheriger Konjunktur- und Inflationserwartung wohl keine deutliche Straffung der Geldpolitik an.
Seit der US-Wahl haben Hoffnungen auf eine deutlich nachfragesteigernde Wirkung von
Fiskalmaßnahmen der Trump-Regierung die Konjunktur- und Inflationserwartungen allerdings zusätzlich angeheizt und zu einem Anstieg der nominalen Kapitalmarktzinsen geführt. Dieser spiegelt Erwartungen eines steileren Straffungspfads der Leitzinsen wider.
Verstärkt wurde der Zinsanstieg am langen Ende durch den defizitwirksamen Charakter
der Maßnahmen, welcher über eine erhöhte Treasury-Emissionstätigkeit das Angebot an
US-Anleihen deutlich steigern könnte und damit den Zinsanstieg zusätzlich stützt. Die Fed
dürfte diesen Anstieg der Zinserwartungen mit Skepsis betrachten.
Zinsregeln sprechen für höheres Leitzinsniveau
Finanzierungskonditionen ziehen an
Fed-Leitzins, Zins nach untersch. geldpolitischen Regeln in %,
ab Dez. 2016 Prognose
Handelsgewichteter nominaler US-Dollar und Rendite
10jährige US-Treasuries in %
Leitzins
Yellen-Regel
Taylor-Regel
10y US-Treaus. (rS)
6
130
3,1
4
125
2,8
2
120
2,5
115
2,2
110
1,9
-6
105
1,6
-8
Jan. 06 Jul. 08 Jan. 11 Jul. 13 Jan. 16
100
Jan. 14
0
-2
-4
Quelle: Bloomberg, BayernLB Research
 Warum die Fed
dennoch nur langsam straffen wird
US-Dollar (lS)
1,3
Nov. 14
Sep. 15
Jul. 16
Quelle: US-Treasury, BLS, Datastream, BayernLB Research
Ein deutlicher Anstieg der Leitzinsen würde zum einen die Straffung der inländischen Finanzierungskonditionen vom langen Ende her verschärfen und zum anderen zu einer noch
deutlicheren Aufwertung des US-Dollars führen. In der Summe könnten sich die monetären
Konditionen stark eintrüben (siehe Abbildung rechts). Auch droht ein restriktiverer Kurs der
Fed das globale Zinsniveau mit nach oben zu treiben. Ein höheres Zinsniveau hätte angesichts der nach wie vor sehr hohen Verschuldung der öffentlichen und privaten Hand über
eine steigende Zinsbelastung in vielen Regionen der Welt einen erheblichen konjunkturellen Bremseffekt zur Folge, da Ausgaben für Konsum und Investitionen stärker als in vergangenen Straffungsphasen eingeschränkt werden müssten. Zudem würden wohl zahlreiche Schwellenländer in Turbulenzen geraten. So dürften erhebliche Kapitalabflüsse in den
Dollar-Raum die Folge sein, wodurch die Abwertungsbewegungen der betroffenen Währungen verstärkt werden könnten. Dies würde vor allem Schwellenländer mit hoher DollarAuslandsverschuldung rasch in Schieflage bringen und die globalen Aussichten zusätzlich
trüben. Die Finanzmarktturbulenzen wiederum wären ein erhebliches Problem für die kapi-
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
21
talmarktabhängige US-Wirtschaft. Aus diesem Grund erwarten wir ein vorsichtiges Vorgehen der Fed, welches den weiteren Anstieg der Kapitalmarktzinsen begrenzen sollte. Hierfür spricht auch, dass von Seiten der Inflation ein etwas höheres Zinsniveau derzeit zwar
angebracht scheint, auf Sicht der kommenden Monate aber nicht mit einer deutlichen Beschleunigung des Preisauftriebs zu rechnen ist, auch wenn unsicher ist, was die USAdministration letztlich plant. Daher erscheint ein deutlich restriktiver Kurs der Fed mit Blick
auf die Inflationsaussichten nicht zwingend erforderlich. Zudem scheint der FOMC dazu
bereit, ein temporäres und begrenztes Überschießen der Inflation über das 2%-Ziel als
unproblematisch anzusehen.
 BoJ wird Zinskurve
auf niedrigem Niveau „kontrollieren“
Die japanische Notenbank wird 2017 versuchen, ihre bisher erfolgreiche Politik der „yield
curve control“ fortzusetzen. Nachdem diese Politik zu Beginn das Ziel hatte, die Zinskurve
graduell zu versteilen, ist die BoJ mittlerweile bemüht, ein zu starkes Anziehen der längerfristigen Kapitalmarktzinsen zu verhindern. Und bisher war der Einsatz dieses neuen Instruments durchaus erfolgreich. So haben sich die Kapitalmarktzinsen in Japan trotz des
zuletzt deutlichen Renditeanstiegs in den USA im November um lediglich 10 Basispunkte
erhöht und das Kaufvolumen des QE-Programms konnte – wie beabsichtigt – geringfügig
vom langen auf das kurze Ende verschoben werden. Im Zuge des zumindest für einige Zeit
andauernden US-induzierten Trends steigender Renditen am langen Ende ist allerdings
damit zu rechnen, dass die BoJ Ihre QE-Kaufvolumina (aktuell 80 Bio. Yen pro Jahr) hoch
halten und vielleicht sogar ausweiten muss. Ein deutlich geringeres QE-Kaufvolumen erwarten wir auch auf Jahressicht nicht. Eine Anhebung der Zielwerte für die längerfristigen
Zinsen ist nur bei unerwartet positiven japanischen Konjunkturdaten zu erwarten. Wir sind
diesbezüglich aber weiter sehr skeptisch. Zudem birgt eine Ausrichtung hin zu höheren
Zielwerten das Risiko eines Kontrollverlustes, sollte die Glaubwürdigkeit der BoJ nicht vollständig gewährleistet sein. Und dessen kann sich die Notenbank wohl nicht sicher sein.
 BoE wird Geldpolitik weiter lockern
Die Bank of England (BoE) wird nach der Artikel-50-Erklärung zum Austritt aus der EU, die
wir bis Ende des ersten Quartals 2017 erwarten, ihre Geldpolitik wohl weiter lockern. Im
Umfeld eines abwertenden Pfundes und großer Skepsis gegenüber Null-/ bzw. Negativzinsen im geldpolitischen Rat der BoE erwarten wir jedoch keine Zinssenkung mehr. Präferiertes Instrument der Lockerung sollte vielmehr eine Aufstockung des QE-Programms
sein. In Großbritannien spricht die Unsicherheit über die konjunkturellen Folgen des BrexitProzesses gegen Zinsanstiege, selbst bei einem starken Inflationsauftrieb durch einen
deutlich nachgebenden Außenwert des Pfundes. Auch andere Notenbanken werden ihren
expansiven Kurs 2017 nicht beenden. So dürfte etwa die Schweizer Notenbank kontinuierlich bemüht sein, einen stärkeren Franken im Umfeld politischer Turbulenzen zu verhindern. Hierfür wird sie ihre Interventionen am Devisenmarkt fortsetzen, die FrankenLiquidität hoch und die Leitzinsen stark negativ halten.
 EZB vertreibt Tapering-Gespenst …
Im Euro-Raum wird die EZB die Mindestlaufzeit ihres QE-Kaufprogramms auf ihrer Dezember-Sitzung bis September 2017 verlängern. Um diese Entscheidung vor dem Hintergrund des – trotz des jüngsten Renditeanstiegs – nach wie vor virulenten Knappheitsproblems v.a. bei Bundesanleihen glaubwürdig treffen zu können, wird sie wohl an wichtigen
Parametern drehen. Denn das derzeitige Design des Anleihekaufprogramms beinhaltet
nach wie vor technische Beschränkungen, sodass die Bundesbank in Schwierigkeiten
kommen könnte, ihr monatliches Kaufvolumen zu erfüllen. Nach wie vor können Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von zwei bis vier Jahren nicht gekauft werden, da deren
Rendite unterhalb des Einlagensatzes von -0,4% liegt. Dies betrifft deutsche Anleihen
(Bundes- und Länderanleihen sowie Agencies) im Volumen von 413 Mrd. Euro. Anleihen
mit einer Laufzeit von fünf Jahren können erst seit vier Wochen wieder gekauft werden,
was dem Knappheitsproblem seitdem entgegen gewirkt hat. Um das Tapering-Gespenst
aber glaubhaft und nachhaltig zu verdrängen, muss die EZB aber verdeutlichen, dass sie
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
22
die QE-Käufe auch bei einem neuerlichen Renditerückgang mindestens über das Gesamtjahr 2017 mit 80 Mrd. Euro monatlich fortführen kann. Somit dürfte sie im Dezember weitreichendere Anpassungen ihres QE-Programms beschließen, um bei einer möglichen Gegenbewegung nicht sofort wieder in einen Engpass zu geraten. Bisher konnte die
Bundesbank ihr Kaufvolumen zur Umgehung der Renditeuntergrenze auf längere Laufzeiten verlagern. Dies hat jedoch die Zinskurve stark verflacht. Zusätzlich dürfen nur 33% des
ausstehenden Volumens einer Anleihe gekauft werden (ISIN-Limit), was eine noch umfangreichere und dauerhafte Verschiebung der Käufe ans lange Ende verhindert.
 … und löst QEProgramm vom
Depo-Satz
Wir gehen daher davon aus, dass die EZB nach der Dezember-Sitzung den nationalen
Notenbanken und damit auch der Bundesbank erlauben wird, auch Anleihen mit einer
Rendite unterhalb des Einlagensatzes zu erwerben. Mit der Zinsuntergrenze soll bisher
verhindert werden, dass die Notenbanken bereits zum Kaufzeitpunkt einen erwarteten
Verlust auf QE-Käufe erleiden. Dies würde passieren, wenn eine Notenbank Anleihen mit
einer Rendite unterhalb des Einlagesatzes kauft. Denn die verkaufende Geschäftsbank
kann die erhaltene Liquidität wieder risikofrei zu genau diesem Zinssatz von derzeit -0,4%
als Überschussreserve in der Einlagefazilität der EZB parken. Während die Geschäftsbank
netto also einen Zinsertrag verbuchen würde, schriebe die jeweilige Notenbank einen Verlust in gleicher Höhe. Dies ist jedoch eine unvollständige Betrachtung, da die Käufe zu
Renditen unterhalb des Einlagesatzes nur einen Teil der zu erwerbenden Anleihen umfassen. Die Bundesbank hat in der Vergangenheit und würde wohl auch in Zukunft hauptsächlich Anleihen mit einer Rendite oberhalb des Einlagesatzes kaufen. Somit wird beim Gesamtengagement der Bundesbank nicht zwangsläufig ein Verlust anfallen, wenn ab
Dezember auch Anleihen mit einer Rendite unterhalb des Einlagesatzes gekauft würden.
Das ISIN-Limit für Anleihen ohne CACs (seit 1. Januar 2013 vorgeschriebene Umschuldungsklausel) sollte in diesem Schritt nicht erhöht werden, da es zu Mikro-Verzerrungen
auf der Bund-Kurve und trotz des globalen Trends steigender Renditen am langen Ende zu
einer ungewollten Verflachung am ultra-langen Kurvenende führen würde (zu den Details
siehe Bondletter vom 8. Juli 2016). Sollte die EZB Anleihen zu Renditen unterhalb des
Einlagesatzes kaufen, würde sie nicht nur glaubhaft versichern können, dass das QEProgramm länger laufen kann. Die EZB könnte dadurch die Renditen am kurzen bis mittleren Kurvenende der Bund-Kurve niedrig halten, auch wenn die Zinsen am langen Ende
weiter steigen.
 EZB könnte auch
mehr Peripherieanleihen kaufen
Sollte die EZB deutlich steigende Risikoprämien befürchten, könnte der Rat eine Verschiebung der Käufe zu Gunsten der Peripherie beschließen. Eine solche Entscheidung bereits
im Dezember ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Bisher kaufen die einzelnen Zentralbanken Anleihen nach ihrem Anteil am EZB-Kapitalschlüssel. Das heißt für Deutschland, dass
die Bundesbank 25,6% der im PSPP gekauften Staats- und Länderanleihen sowie Agencies erwirbt. Der Anteil Italiens am Kapitalschlüssel beträgt dagegen nur 17,5%. Eine mögliche Alternative zum Kapitalschlüssel wäre eine Gewichtung nach der Größe des jeweiligen
Anleihemarktes. Somit müsste das Eurosystem (und damit die Bundesbank) aufgrund der
geringeren Schuldenquote Deutschlands – und in dessen Folge einer geringeren Verschuldung am Kapitalmarkt – weniger deutsche Staatspapiere kaufen. Gemessen an der
Kapitalmarktverschuldung würde der deutsche Anteil am PSPP-Programm deutlich auf ca.
17% fallen. Dadurch müsste die Bundesbank merklich weniger Staatspapiere kaufen und
das Knappheitsproblem wäre spürbar gemildert. Heikel ist jedoch, dass im Gegenzug ein
gewichtigerer Anteil von Anleihen aus Staaten mit höherer Verschuldung gekauft werden
müsste. Beispielsweise würde die italienische Notenbank ihren Anteil an den PSPP-Käufen
um fast 10 Prozentpunkte auf knapp 27% erhöhen. Neben dem italienischen könnten sich
auch das französische, österreichische und belgische Schatzamt über zusätzliche Notenbanknachfrage nach ihren Schuldtiteln freuen, da sich deren Anteile im Vergleich zur aktuellen Gewichtung um rund 14%, 15% und 45% erhöhen würden. Politische Gründe spre-
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
23
chen jedoch gegen eine solche Entscheidung, weshalb wir sie nur in einem der Risikoszenarien, die wir im nächsten Abschnitt skizzieren, für wahrscheinlich halten. Abgesehen
davon gehen wir nur in schwierigen Marktphasen von einer temporären Verschiebung der
Käufe in Richtung Peripherie aus.
Umstellung auf Marktgewicht wäre Umverteilung von Bundesbank zu Banca d'Italia
EZB-Kapitalschlüssel gegenüber marktgewichteter Quote, in %
Kapitalschlüssel
Marktgewicht
30
25
20
15
10
5
0
DE
FR
IT
SP
NL
BE
AT
PO
FI
IR
Quelle: EZB, Bloomberg, BayernLB Research
 Auch stärkerer
Fokus auf Unternehmensanleihen
möglich
Auch im Fall eines weiteren Anstiegs der Risikospreads für Unternehmensanleihen und
einer drohenden Ansteckung in Form steigender Kreditzinsen dürfte die EZB kurzfristig
intervenieren. Zunächst dürfte die EZB dabei versuchen, den Anteil der Corporate Bonds
im existierenden Kaufprogramm zu erhöhen. Sollte die Ausweitung der Credit-Spreads
dabei aber Hand in Hand mit steigenden Peripherie-Spreads gehen, wäre im Verlauf von
2017 sogar eine nochmalige Ausweitung der monatlichen Käufen von derzeit 80 Mrd. Euro
wahrscheinlich. Sollte sich der Stress auf Non-Investment Grade-Papiere fokussieren und
die Gefahr eines Überschwappens auf die Finanzierungskonditionen durch Banken bestehen, können wir uns auch eine Erweiterung der Corporate Bond-Käufe auf High YieldPapiere vorstellen. Dabei sollte das Volumen aber gering sein.
Soweit unser Basisszenario, das die Mehrheit der Marktteilnehmer bis zuletzt geteilt hat,
wie die Entwicklung von ein Blick auf die Kapitalmarktzinsen und Zinserwartungen zeigt
(Abbildung zu Kapitalmarktzinsen und Zinsprognosen). Ins Wanken geraten sind diese
Annahmen aber infolge des überraschenden Trump-Siegs.
Was 2017 schiefgehen kann
Der deutliche Anstieg der Kapitalmarktzinsen in den USA und in vielen anderen Regionen
seit dem Wahlsieg von Donald Trump liefert bereits eine erste Antwort auf die Frage nach
dem größten Risiko für den globalen Zinsausblick 2017. Allerdings zeigen wir im Folgenden eine Reihe weiterer Risikofaktoren für das Zinsbild auf, welche isoliert oder in Kombination miteinander für eine deutliche Abweichung vom Basisszenario sorgen könnten.
 Risiko 1: Zinswende auf Zeit à la
Trump
Die Wahl Donald Trumps hat, nach kurzem Schock, zu einem erheblichen Anstieg der
Kapitalmarktzinsen in den USA gesorgt. Dieser hat sich in andere Regionen der Welt übertragen. Gemessen an der Marktreaktion seit dem 9. November wird eine Umsetzung und
zumindest ein temporär Erfolg der diskutierten Fiskalpläne erwartet (siehe USA-Ausblick
2017 auf S.27). Denn analog zu den US-Kapitalmarktzinsen sind auch die marktbasierten
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
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Inflationserwartungen gestiegen, und die US-Aktienmärkte liegen deutlich im Plus. Entgegen unserer Erwartung könnte Trump nicht nur einen Teil der Fiskalmaßnahmen umsetzen, sondern die derzeitigen Hoffnungen sogar voll erfüllen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass die stimulierende Wirkung der Regierungsmaßnahmen stärker als von uns
erwartet ausfällt, wenn sich die private Nachfrage in den USA robuster gegenüber einer
Verschärfung der Finanzierungskonditionen zeigt. In diesem Szenario könnte sich die USNotenbank veranlasst sehen, den Expansionsgrad der Geldpolitik schneller zurückzunehmen. Der Anstieg der Renditen am langen Ende würde dadurch noch stärker ausfallen und
länger andauern. Dieser Zinsanstieg würde sich dann auch weltweit durchsetzen. Im Fall,
dass sowohl in den übrigen Industrieländern als auch in den Schwellenländern eine solche
Verschärfung der Finanzierungskosten ohne größere Nachfragerückgänge überstanden
würde, wäre in der Folge mit einer nachhaltigen globalen Zinswende zu rechnen. Aufgrund
der historisch hohen Verschuldungsquoten in weiten Teilen der Welt (einschließlich der
USA) halten wir dieses Szenario aber für wenig wahrscheinlich. Da Rückfallpotenzial erhöht sich mit jedem Basispunkt höherer Zinsen.
 Risiko 2: USLohndynamik
springt tatsächlich
an
Viele Analysten sehen die größten Risiken nach wie vor am US-Arbeitsmarkt und bei der
Lohnentwicklung. Denn ein unerwartet rasches Anziehen der Löhne könnte den Inflationsdruck auch kurzfristig deutlich verstärken und die Fed auf einen steileren Zinsanhebungspfad zwingen. Der Lohnanstieg würde vor allem dann deutlich ausfallen, wenn zusätzlich
politische Eingriffe das Arbeitskräfteangebot verringern würden. Auch hier geht der Blick zu
den Plänen des neuen US-Präsidenten, mehr illegale Migranten auszuweisen. Diese Bevölkerungsgruppe (11,1 Mio. Personen, 5% der Erwerbspersonen) bildet einen wichtigen
Arbeitskräftepool im Niedriglohnsektor und hält das Lohnniveau niedrig. Ein Ausfall dieser
Gruppe könnte die Löhne kurzfristig deutlich steigen lassen und über höhere Produktionskosten auf die Verbraucherpreise durchschlagen. Ein ähnliches Risiko droht im Fall, dass
sich die nach wie vor ungewöhnlich geringe Partizipationsrate als strukturelle Verschiebung am Arbeitsmarkt herausstellt und der betroffene Teil der Erwerbspersonen auch künftig nicht mehr an den Arbeitsmarkt zurückkommt. Der unerwartet deutliche Anstieg der
Lohndynamik im Oktober hat die Aufmerksamkeit in diesem Bereich wieder erhöht.
 Risiko 3: Die Rückkehr des TaperingGespenst im EuroRaum
Merklich höhere US-Inflationserwartungen könnten auch die Hoffnung auf eine schneller
anziehende Inflation im Euro-Raum nähren. Seit dem Trump-Sieg hat sich der Anstieg der
langfristigen Inflationserwartung in den USA auch zur Hälfte im Euro-Raum vollzogen. Diese könnte im ersten Quartal 2017 zusätzlich durch das dann vorherrschende Inflationsumfeld angeheizt werden. Wir erwarten aufgrund eines stärkeren Basiseffektes, dass die
Headline-Inflation im Frühjahr 2017 bis auf 1,6% anschwillt. Sollten die Investoren zu diesem Zeitpunkt auch ein Anziehen der Kerninflation antizipieren, könnten sich ihre Erwartungen denen der EZB stark annähern, dass das EZB-Inflationsziel bereits Ende 2018 bzw.
Anfang 2019 nachhaltig erreicht wird. Rechnet man von diesem Endpunkt zurück, wann
das EZB-Kaufprogramm reduziert werden könnte, würde man wohl bereits mit einem Beginn des QE-Taperings im vierten Quartal 2017 rechnen. Vor der Oktober-Sitzung der EZB
rechneten zwar rund 85% der von Bloomberg befragten Analysten mit einem Tapering
noch vor Jahresende 2017. Dieser Anteil dürfte in den vergangenen Wochen aber wieder
deutlich gesunken sein. Ein erneutes Umdenken würde zu spürbar höheren Bundrenditen
führen. Unser Modell zeigt eine QE-Prämie von ca. 30 Basispunkten bei 10-jährigen
Bunds. Die Finanzierungskonditionen dürften sich in diesem Szenario in den Semi-KernLändern sowie in der Peripherie noch deutlich stärker verschärfen, sofern sich die EZBKäufe wie bisher nach dem Kapitalschlüssel richten. Einen Vorgeschmack darauf lieferte
die jüngste Marktphase. So hat sich mit anziehenden Bundrenditen die Risikoprämie zwischen Frankreich und Deutschland im zehnjährigen Bereich von ca. 25 auf deutlich über
40 Basispunkte ausgeweitet. Die Peripherie war merklich stärker betroffen, italienische
Spreads weiteten sich um über 45 Basispunkte aus, wodurch die zehnjährige Rendite wie-
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
25
der merklich über 2% gestiegen ist. Diese Bewegung würde sich weiter beschleunigen,
wenn die Schuldentragfähigkeit durch ein höheres Renditeniveau angezweifelt wird. In
einem Tapering-Szenario würden die Hoffnungen schwinden, dass die EZB in der Lage ist,
dauerhaft für niedrigere Risiko-Spreads zu sorgen. Sofort dürfte dann die Frage nach einer
stärkeren direkten Vergemeinschaftung im Euro-Raum aufkommen, was den Anstieg der
Bundrenditen aufgrund einer Kreditverwässerung weiter anfachen könnte.
Gestiegene US-Inflationserwartung schwappt
auf den Euro-Raum über
Unterschiedliche Ausstrahlung des USZinsanstiegs
Langfristige Inflationserwartungen gemessen an 5J5J Inflationsswaps in Prozent
10J Renditen in Prozent
USA (lS)
2,0
2,4
1,8
2,2
1,6
2,0
1,4
1,8
1,2
1,6
Jan 15
1,0
Jul 15
Jan 16
Jul 16
Quelle: Bloomberg, BayernLB Research
 Risiko 4: BoE und
SNB geben expansiven Kurs auf
USA (lS)
Euro-Raum (rS)
2,6
Japan (rS)
Deutschland (rS)
2,5
0,9
2,3
0,7
2,1
0,5
1,9
0,3
1,7
0,1
1,5
-0,1
1,3
Okt. 15
-0,3
Apr. 16
Okt. 16
Quelle: Bloomberg, BayernLB Research
Auch andere Notenbanken können 2017 einen Zinsschock auslösen, wenn auch in geringerem Ausmaß. Hier steht die Bank of England derzeit im Fokus. Eine plötzliche Abkehr
vom expansiven Kurs und Zinsanhebungen zur Stabilisierung des Pfundes sind nach den
jüngsten Äußerungen von Ratsmitgliedern zumindest nicht auszuschließen. Auch die SNB
könnte sich zu einer Aufgabe ihres Interventionskurses genötigt sehen, wenn der Aufwertungsdruck auf den Franken zu stark wird. Damit würde die SNB ihre umfangreichen Käufe
von Bundesanleihen einstellen (die SNB legt ihre Euro-Reserven vor allem in deutsche
Staatsanleihen an. Pro Monat kauft die SNB derzeit deutsche Bundesanleihen im Volumen
von rund einer Milliarde Euro. Beide Szenarien hätten einen Zinsschock zur Folge, der
aber wohl geringer als in den beiden obigen Fällen ausfallen würde.
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
26
Fernglas: Politische Dominanz
 Steigender Einfluss
politischer Ereignisse
Zusammen mit dem Jahresausblick 2017 aktualisieren wir unsere Mittelfristprognosen mit
einem Horizont von fünf Jahren. Bei diesen Fernglas-Projektionen für die Entwicklung von
Makro- und Marktindikatoren im Euro-Raum und den USA berücksichtigen wir auch die
Wirkung von Megatrends, die sich vor allem bei der Entwicklung des Produktionspotenzials
bemerkbar machen. Nach dem Brexit-Votum und der Wahl Donald Trumps zum US Präsident dürfte die Entwicklung der politischen Rahmenbedingungen – einer der von uns analysierten Megatrends – von besonderer Bedeutung für die Entwicklungen in den kommenden fünf Jahren sein. Unerwartete Entscheidungen der Wähler könnten in der EU und im
Euro-Raum zu einem Auseinanderbrechen führen und die wirtschaftliche Entwicklung dramatisch verändern. Auch wenn wir einen Zerfall Europas nicht prognostizieren, bleibt er
neben der Unberechenbarkeit der Politik von Präsident Trump eines der größten Risiken
für unsere Mittelfristprojektionen.
Globales Umfeld: Unter der Last politischer Ereignisse in Industrieländern
 Trump hat wenig
Einfluss auf mittelfristiges globale
Konjunktur
 Inflation langsam
auf dem Vormarsch
 Ausblick bleibt sehr
unsicher
Unsere Sicht auf die Weltwirtschaft hat sich trotz der Wahl Donald Trumps nicht deutlich
verändert und wir prognostizieren weiterhin ein moderates Wachstum der Weltwirtschaft
von ca. 2¾ % über die nächsten fünf Jahre. Wir gehen davon aus, dass viele der im Wahlkampf von Trump geforderten protektionistischen Maßnahmen, die zu einem globalen
Handelskrieg hätten führen können, nicht umgesetzt werden (siehe Box). Durch die – wenn
auch im Vergleich zu den Plänen wohl nur teilweise durchgeführten – fiskalischen Lockerungsmaßnahmen in den USA kommt es jedoch zu einem früher als bisher erwarteten
Anstieg der US-Zinsen. Diese Verschärfung der Finanzierungskonditionen dürften die USA
noch gut verkraften. Viele Schwellenländer – insbesondere diejenigen, die ihre Auslandsverschuldung in den vergangenen Jahren im Rahmen der niedrigen US-Zinsen stark ausgeweitet haben – könnten jedoch bei einem deutlichen und nachhaltigen Zinsanstieg in
den USA in Zahlungsbilanzschwierigkeiten kommen. Eine solche Entwicklung würde durch
starke Währungsverluste beschleunigt werden. In unserem Basisszenario gehen wir nicht
von weitverbreiteten Zahlungsbilanzkrisen aus, erwarten jedoch, dass sich straffere Finanzierungskonditionen und volatilere Wechselkurse dämpfend auf die Entwicklung in einer
Reihe von Schwellenländern auswirken. Zudem sollte der Spielraum für eine Wiederholung
der markanten fiskalischen Lockerung in China vom Jahresanfang 2016 deutlich kleiner
geworden sein. Diese hatte zu einer Belebung der chinesischen Wirtschaft, positiven Effekten für Chinas Handelspartner und zur Erholung vieler Rohstoffpreise geführt.
Wir gehen davon aus, dass die Erholung der Rohstoffpreise in diesem Umfeld anhält. Beim
Ölpreis erwarten wir nach einer Seitwärtsbewegung im kommenden Jahr einen graduellen
Anstieg auf 60 USD im Jahr 2020. In Kombination geringeren Produktionslücken in vielen
Ländern sollte dies zum Ende des Prognosehorizonts in einen nachhaltigen moderaten
Inflationsanstieg führen.
Neben den angesprochenen Abwärtsrisiken für die globale Konjunktur bestehen nach wie
vor geopolitische Unwägbarkeiten, die mit steigendem Einfluss nationalistischer Bewegungen in vielen Regionen der Welt weiter gestiegen sind. Es gibt jedoch auch Chancen, dass
im Umfeld einer im historischen Vergleich lockeren Geldpolitik staatliche Investitionsinitiativen – ausgehend von den USA und Japan – die Zurückhaltung der privaten Investoren
beenden könnten. Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung (zwei weitere Megatrends) dürften dabei im Fokus stehen.
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
27
Annahmen zur Umsetzung des Wahlprogramms von Donald Trump:
 Steuerreform: Die Steuerreform beinhaltet die Vereinfachung und Senkung der Einkommenssteuer mit einem Höchstsatz von 33% statt bisher ca. 40%. Zudem wird die
Körperschaftssteuer auf einen Einheitssatz von 15% gesenkt (aktuell bis zu 35%) und
durch einmalig niedrige Steuersätze soll die Repatriierung international erzielter Gewinne von US-Unternehmen unterstützt werden. Da die vollständige Umsetzung eine
zu hohe Verschuldung mit sich brächte, dürfte der US-Kongress die Rahmenbedingungen so anpassen, dass nur ein Drittel der Kosten für den US-Haushalt anfallen.
 Staatliches Ausgabenprogramm: Trump hat nach seiner Wahl ein umfassendes
Infrastrukturprogramm angekündigt. Wir erwarten in unserem Basisszenario allerdings, dass Trump nur einen kleinen Teil davon umsetzen und stattdessen die automatische Ausgabenbremse für den Verteidigungshaushalt aufheben wird.
 Handelsreform: Die von Trump im Wahlkampf angestrebten Schutzzölle auf mexikanische Produkte von 35% und auf Produkte aus China in Höhe von 45% werden in
unserem Basisszenario nicht umgesetzt. Im Falle Mexikos hindert wohl das NAFTAAbkommen (nordamerikanisches Handelsabkommen) die Regierung. Im Falle Chinas
kann Trump das Land wohl nicht als Währungsmanipulator deklarieren, was Voraussetzung für die Erhebung landesweiter Zölle wäre. Wir erwarten daher die Einführung
eines produktspezifischen Zolls, der die Chinesen am meisten treffen sollte. Dieser
dürfte jedoch moderat bei etwa 10% liegen und bilateral für kleinere Auseinandersetzungen sorgen, jedoch keinen internationalen Handelskrieg auslösen.
 Immigrationsreform: Mit Blick auf die bisherigen Aussagen Trumps erwarten wir die
zusätzliche Abschiebung von 2 bis 3 Millionen Immigranten, verteilt über die vierjährige Amtszeit. Damit lägen die Kosten der Immigrationsreform im Rahmen des aktuellen Budgetplans. Sollte Trump die Kosten erhöhen wollen, z.B. durch den Bau einer
Mauer an der Grenze zu Mexiko, bräuchte er die Zustimmung des Kongresses, der
einem solchen Plan nicht zustimmen dürfte.
 Energiereform: Die Regierung wird viele Regulierungen aufheben. Durch neu freigegebene Gebiete für das Fracking wird die Ölförderung deutlich zunehmen.
 Zinspolitik: Fed Chair Yellen bleibt bis zum Ende ihrer Amtszeit Ende Januar 2018
im Amt und garantiert damit einen nur sehr graduellen Zinsanstieg. Ihre Nachfolge
wird dann wohl ein geldpolitischer Falke antreten, der generell für eine schnellere
Straffung steht.
USA: Nur temporärer Wachstumsschub auf Kosten des Staatshaushaltes
 Konjunkturdynamik
erreicht 2018 ihren
Höhepunkt
Der Fünfjahresausblick für die USA hängt maßgeblich von Trumps Regierungsprogramm
und dessen zeitlicher Umsetzung ab. Für 2017 nehmen wir an, dass die ersten Entscheidungen der neuen Administration erst ab der zweiten Jahreshälfte wirksam werden. Dies
betrifft vor allem die Punkte, die Trump alleine, also ohne Hilfe des Kongresses, umsetzen
kann, wie z.B. die Auferlegung von Schutzzöllen. Die angestrebte Ausweitung der staatlichen Ausgaben sollte im Frühjahr beschlossen werden, jedoch ebenfalls erst in der zweiten Jahreshälfte Wirkung zeigen. Der Konjunktureffekt dieser Maßnahmen ist daher im
Jahr 2017 noch gering, dafür aber durch einen statistischen Überhang im Jahr 2018 umso
größer. Zudem dürfte die Steuerreform im Jahr 2017 ausgearbeitet werden und zum Jahresende 2017 in Kraft treten, so dass sich deren Effekt vor allem im Jahr 2018 zeigt (mehr
zum US-Wirtschaftsbild 2017 finden sie im US-Kapitel auf S. 35). Auch mit der Umsetzung
der Energiereform ist erst im Jahr 2018 zu rechnen. Zusammengenommen wird dies zu
einem Anstieg des BIP-Wachstums auf 2,9% im Jahr 2018 führen. Die dynamische Konjunkturentwicklung dürfte sich Anfang 2019 fortsetzen. Danach sollte die Dynamik jedoch
mangels weiterer Impulse abnehmen. Auch wegen steigender Finanzierungskosten für den
Privatsektor, die sich dämpfend auf Investitionen und Konsum auswirken sollten, erwarten
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
28
wir für 2020 bis 2021 nur noch schwache Wachstumsraten. Wir unterstellen dabei keine
unmittelbaren Konjunktureffekte aus der Immigrationsreform. Wir gehen aber davon aus,
dass Zuwanderer von der neuen Abschottungsrhetorik abgeschreckt werden, was die Immigration verringern und das Potenzialwachstum leicht senken dürfte.
 Verschuldung steigt
deutlich an
 Höhere Inflation
macht schnellere
Zinsanhebung notwendig
Verantwortlich für die volatile Konjunkturentwicklung der nächsten fünf Jahre ist der Staat.
Die stärkere Konjunkturdynamik im zweiten Halbjahr 2017 und 2018 wird hauptsächlich
durch steigende Defizite finanziert. Ab 2017 legt daher die Neuverschuldungsquote in den
USA um einen Prozentpunkt auf bis zu 6,0% des BIP im Jahr 2019 zu. In den folgenden
Jahren würde sich die Neuverschuldung mit Blick auf die Steuerreform und basierend auf
der aktuellen Sozialgesetzgebung und unter Berücksichtigung der Alterung der USBevölkerung deutlich ausweiten. An dieser Stelle erwarten wir jedoch Konsolidierungsmaßnahmen durch die Trump Administration, um den Staatshaushalt nicht völlig aus dem
Ruder laufen zu lassen. Dennoch erhöhen die staatlichen Maßnahmen die Schuldenquote
bis zum Ende des Prognosehorizonts wohl um etwas mehr als sechs Prozentpunkte auf
dann ca. 114% des BIP.
Auch die Inflation bleibt nicht unberührt von den Vorhaben Trumps. Als eine der ersten
Maßnahmen sollte sich Ende 2017 ein Schutzzoll auf bestimmte Produkte in steigendem
Preisdruck bemerkbar machen. Dies zeigt sich allerdings erst deutlich in der Jahresrate
2018. Hier treibt auch die beschleunigte Konjunkturdynamik durch stärker anziehende
Löhne (wir nehmen dann Vollbeschäftigung an) die Inflation. Dieser Effekt sollte sich allerdings ab Ende des Jahres 2019 langsam verflüchtigen. Bremsend auf die Verbraucherpreisteuerung wirkt zudem eine weniger expansive Geldpolitik der Fed in den kommenden
fünf Jahren. Nach zwei Zinsschritten im Jahr 2017 sollten vier Zinsschritte 2018 folgen und
drei weitere Schritte 2019. Federführend wird hier der neue, von Trump eingesetzte FedChair sein, der wohl im Vergleich zu Janet Yellen eine restriktivere Geldpolitik bevorzugen
dürfte. Allerdings sollte der Zinsanhebungspfad auf einem Niveau von 3% im Jahr 2019
enden. Zu diesem Zeitpunkt dürften die Aufwärtsrisiken für die Inflation moderat sein und
die nachlassende Konjunkturdynamik signalisieren, dass die US-Wirtschaft für einen weiteren Anstieg der Finanzierungskosten nicht gewappnet ist.
Outputlücken schließen sich schneller
Inflationsziel bleibt im Euro-Raum unerreicht
Outputlücke (% des BIP), Schätzung von Dezember 2016 und
August 2016, ab 2016 Prognose
Jährliche Inflationsrate in %, Schätzung von Dezember 2016
und August 2016, ab 2016 Prognose
USA
USA (alt)
ER
ER (alt)
4,0
Prognose
2,0
0,0
-2,0
-4,0
-6,0
2001
2006
2011
2016
2021
4,0
3,5
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
-0,5
-1,0
Prognose
2001
2006
2011
2016
2021
Quelle: Eurostat, BLS, Datastream, BayernLB Research
BayernLB
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29
Euro-Raum: Kraftlose Erholung in stürmischem Umfeld
 Starker Einfluss
politischer Faktoren
in den kommenden
Jahren
 Große politische
Herausforderungen in
der Währungsunion
 Inflation bewegt
sich weiterhin nur
zögerlich ins Ziel
Unsere Fünfjahresprognosen für den Euro-Raum stehen im Vergleich zum Sommer noch
stärker unter dem Einfluss von politischen Faktoren. Außenpolitisch sorgt auf der einen
Seite das Brexit-Votum für eine Konjunkturdelle, vornehmlich im Jahr der formalen Auslösung des Brexit, die wir in der ersten Jahreshälfte 2017 erwarten. Die Aktivierung des Austrittsprozesses hat sich damit im Vergleich zu unserer letzten Mittelfristprognose im August
zeitlich etwas nach hinten verschoben, und das Vereinigte Königreich hat sich in der zweiten Jahreshälfte 2016 besser als erwartet geschlagen. Gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexit mit deutlichen Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und der EU aber gestiegen. Auf der anderen Seite sorgt die noch
schwer abschätzbare Politik Trumps in den USA für veränderte Rahmenbedingungen.
Während mögliche neue Handelsbarrieren der USA wohl kaum gegen Europa gerichtet
sein dürften, sollten die Euro-Länder insbesondere 2018 von einer etwas erhöhten – staatlich stimulierten – Nachfrage aus den USA profitieren. Allerdings führen die durch die
Trump-Politik stärker steigenden US-Zinsen auch zu höheren Finanzierungskosten im Euro-Raum, insbesondere in den finanzschwachen Mitgliedsländern. Wir gehen davon aus,
dass die EZB Maßnahmen ergreift, um einer ungerechtfertigten Verschlechterung der Finanzierungskonditionen entgegenzuwirken. Trotz der weiterhin ultralockeren EZB-Politik
dürfte sich ab 2019 die Abkühlung der US-Kojunktur auch im Euro-Raum dämpfend bemerkbar machen. Risiken für die Konjunktur bestünden im Falle eines deutlicheren Zinsanstiegs in den USA.
Auch die politischen Risiken im Euro-Raum sind zuletzt weiter gestiegen. So bergen die
anstehenden politischen Ereignisse (mehr dazu im Sonderkapitel auf S.12) die Gefahr,
dass dringend benötigte Reformen bis Ende 2017 vollständig unter den Tisch fallen, da der
Handlungsspielraum der etablierten Parteien unter dem steigenden Druck populistischer
Parteien deutlich eingeschränkt werden dürfte. Auch deswegen bleiben wir davon überzeugt, dass die Konsolidierungsanstrengungen in der Währungsunion im Prognosezeitraum nur sehr begrenzt ausfallen werden. Insbesondere zur Verringerung der konjunkturellen Belastungen aus dem Brexit rechnen wir in einigen Ländern sogar mit zusätzlichen
fiskalischen Impulsen, wie auch jüngst von der EU-Kommission gefordert. Angesichts der
von uns unterstellten stärkeren (verdeckten) Vergemeinschaftung der Schulden wird ein
Teil des Fiskalimpulses aber nicht unmittelbar auf Länderebene haushaltswirksam. In
Summe dürfte die Schuldenquote im Euro-Raum auf Sicht der kommenden fünf Jahre nur
geringfügig sinken. In der Betrachtung der großen Länder steht dabei einem Rückgang in
Deutschland und einer Stabilisierung in Spanien ein Anstieg der Schuldenquoten in Italien
und Frankreich entgegen. Insgesamt bleibt die Verschuldung weiter viel zu hoch und gefährdet die Stabilität der Währungsunion. Ein von den USA ausgehender Aufwärtsdruck
auf Staatsanleiherenditen könnte daher trotz zusätzlicher EZB-Interventionen zu gravierenden Marktverwerfungen und im Extremfall zum Zerfall des Euro-Raums führen.
Die Inflation bleibt kraftlos. Zwar führen der im Vergleich zur letzten Prognose bessere
Startwert der Produktionslücke (höheres BIP-Wachstum 2016) und der zusätzliche, kurzfristige Konjunkturimpuls bis 2018 dazu, dass sich die Produktion im Euro-Raum am Ende
des Prognosehorizonts wieder auf Normalauslastung zu bewegen könnte. Eine Überauslastung der Kapazitäten ist aber nicht zu erwarten, was den Preisauftrieb schwach hält. Die
Inflationsrate im Euro-Raum wird daher wohl noch bis 2021 die Marke von „unter, aber
nahe 2%“ unterschreiten. Erst am Ende des Progonsehorizonts dürfte das Erreichen des
Inflationsziels absehbar werden und eine erste Leitzinsanhebung gerechtfertigt sein. Die
Geldpolitik bleibt somit über den gesamten Prognosehorizont sehr expansiv, mit steigenden Risiken für die Entstehung von Überbewertungen in einigen Marktsegmenten.
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
30
Verschuldung bleibt hoch
Etwas steilerer US-Leitzinspfad erwartet
Staatsverschuldung in % am BIP, ab '16 Prognosen
Fed und EZB-Leitzins, Dez. vs. August-Schätzung, ab '16 Pr.
DE
FR
IT
ES
Fed
Fed (alt)
ER
EZB
EZB (alt)
6
140
5
120
4
100
3
80
2
60
1
40
0
20
-1
2001
2006
2011
Quelle: Eurostat, BayernLB Research
2016
2021
2001
2006
2011
2016
2021
Quelle: EZB, Fed, Datastream, BayernLB Research
Rentenmarkt: Niedrigzinsumfeld auch bei moderat höheren US-Zinsen
 TransatlantikSpread vor neuen
Höhen
Die Divergenz der Notenbankpolitik in den USA und dem Euro-Raum dürfte sich 2017
deutlich ausweiten. Dies sollte dazu führen, dass Bundrenditen nur teilweise von einem
höheren Zinsniveau in den USA beeinflusst werden und dadurch der Transatlantik-Spread
neue Rekordstände erreicht. Dies gilt insbesondere für das kurze Ende der Kurven, wo
Bundrenditen nahe ihren Rekordtiefs verharren und Leitzinserhöhungen der Fed auf der
anderen Seite des Atlantiks für höhere US-Renditen entlang der Kurve sprechen.
US-Treasuries werden in den nächsten beiden Jahren trotz der Trump-Effekte unterhalb
ihres fairen Niveaus rentieren, da die globale Nachfrage nach höherrentierlichen Anlagen
einen dynamischen Zinsanstieg in den USA verhindert.
 EZB-Tapering frü-
Ab dem zweiten Halbjahr 2017 dürften das Zurückfahren des EZB-Anleihekaufprogramms
– welches wir aber frühestens ab Mitte 2018 erwarten – in den Fokus der Marktakteure
drängen und zu einem Anstieg der Bundrenditen am langen Ende führen, die sich dann
nicht mehr so deutlich von den Entwicklungen in den USA abkoppeln dürften. Nachdem wir
die erste EZB-Leitzinserhöhung jedoch erst 2021 erwarten und die EZB-Bilanzsumme
auch im Tapering-Modus weiterhin zunimmt, bleibt das kurze Ende wohl über 2017 hinaus
verankert und dürfte erst 2019 über den Einlagesatz steigen.
hestens Mitte 2018
 US-Zinsplateau
wird bereits 2019
erreicht
In den USA dürfte das Zinsplateau am Geld- und Kapitalmarkt bereits im Jahr 2019 erreicht werden, nachdem sich ab dann die Inflation stabilisieren und die Fed ihre Zinserhöhungen beenden sollte. Für 10-jährige US-Treasuries erwarten wir einen durchschnittlichen
Höchststand von rund 3,2% in den Jahren 2019 und 2020, wobei kurzfristige Ausreißer auf
bis zu 4% möglich erscheinen. Trotz der schwächeren Konjunkturperspektiven zum Ende
des Prognosehorizontes sollten US-Treasury-Renditen keinen nachhaltigen Rückgang
zeigen, da das Haushaltsdefizit hoch bleibt und gleichzeitig die US-Notenbank ihren Anleihebestand abbaut. Die Bundrenditen hingegen dürften auch dann – von einem noch immer
sehr niedrigen Niveau – weiter leicht steigen, da sich die Konjunktur- sowie Inflationsdynamik verbessern sollten und das Erreichen des EZB-Inflationsziels erst im Jahr 2021 abzusehen ist. Im Jahr 2019 dürfte die 1%-Renditemarke erreicht werden und bis 2021 erwarten wir einen weiteren, moderaten Anstieg auf 1,2%, da die EZB auch dann noch fällig
werdende Anleihen ihres QE-Bestandes wiederanlegen wird. Im Vergleich zu unserem
Hauptszenario werden am Terminmarkt für in fünf Jahren 10-jährige US-Treasury sowie
Bund-Renditen in Höhe von 3,25% respektive 1,15% eingepreist, was in etwa unseren
Prognosen entspricht.
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
 Stärkere SpreadAusweitungen in
der Peripherie
31
Die Risiko-Prämien von Anleihen aus der Peripherie gegenüber Bundesanleihen dürften
aufgrund politischer Risiken und der Tapering-Spekulationen hoch bleiben. Einer möglichen Aufwärtsspirale würde die EZB jedoch entgegentreten, weshalb Phasen größerer
Spread-Ausweitungen im ersten Halbjahr 2017 wieder Kaufgelegenheiten bieten. In den
Folgenjahren ist neben den EZB-Anleihekäufen, die weiterhin unterstützend wirken, entscheidend, ob und wie sich die politische Landkarte im Euro-Raum nach den Wahlen 2017
verändert, was den Fortschritt auf dem Weg der „Vergemeinschaftung“ von Schulden über
unseren Prognosehorizont beeinflussen könnte.
Devisen: Euro-Erholung erst nach langem Tal
 Dollar vor weiterer
Aufwertung
Ausgehend von einem bereits deutlich gestärkten Dollar-Niveau im Jahr 2017 – bedingt
durch geweckte Zinserwartungen – rechnen wir in den Folgejahren mit einer weiteren Dollar-Aufwertung. Die von uns erwartete, „abgespeckte“ Version von schuldenfinanzierten
Steuersenkungen und Ausgabensteigerungen sollte besonders 2018 für ein relativ hohes
BIP-Wachstum (von 2,9%) und eine Inflationsrate über dem Fed-Ziel von 2% sorgen, während Konjunktur und Inflation im Euro-Raum eher auf der Stelle treten. Die damit einhergehende zunehmende Divergenz der Renditen – insbesondere am kurzen Ende – dürfte den
Höhenflug des Dollars weiter unterstützen und im Jahresdurchschnitt 2019 zu einem Kurs
von 0,95 Dollar je Euro führen (inflationsbereinigt entspricht dies nahezu dem Rekordtief
von 0,82 Dollar aus dem Jahr 2000).
 Gegenbewegung
erst ab 2020
2020 werden die schuldenfinanzierten US-Stimulierungseffekte wohl ausgelaufen sein und
das dortige Wachstum sollte auf ein „normales“ Niveau (von 1,9%) zurückgehen. Zudem
erwarten wir, dass der Euro gegenüber dem Dollar schon ab Mitte 2018 durch eine graduelle Verringerung der monatlichen QE-Anleihekäufe der EZB („Tapering“) gestützt wird. Mit
dem Ende des EZB-Kaufprogramms dürfte sich ab 2020 die zuvor sehr hohe Renditedifferenz zwischen US- und Bundesanleihen (als Maßstab für die „risikolose“ Rendite im EuroRaum) spürbar einengen und die im Jahr 2021 erwartete erste EZB Zinserhöhung auf der
Agenda der Investoren stehen. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der bis
dahin wohl weiter divergierenden Leistungsbilanzsalden in den USA und im Euro-Raum
(geringeres Defizit bzw. höherer Überschuss) rechnen wir bis 2021 mit einer deutlichen
Euro-Erholung auf 1,05 Dollar je Euro.
 Ausgeprägte Risiken für Euro und
Dollar, besonders
im Fall einer Rezession
Unser Ausblick unterliegt jedoch hoher Unsicherheit. Sollte es beispielsweise beim Auslaufen der US-Stimulierungseffekte entgegen unserer Erwartung zu einer Rezession kommen,
bestünden sowohl für den Dollar als auch für den Euro ausgeprägte Risiken. Diese könnten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in den Vordergrund rücken und für erhebliche Volatilität am Devisenmarkt sorgen. In den USA würde die Fed im Rezessionsfall wohl den Leitzins absenken, ein erneutes QE-Programm auflegen und den Dollar dadurch unter Druck
bringen. Im Euro-Raum hingegen könnten die Kapitalmärkte die Schuldentragfähigkeit
einiger Mitgliedsstaaten in Frage stellen, die Stabilität des Euro-Raums als ganzes anzweifeln und den Euro spürbar schwächen.
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
32
Transatlantik-Spread weitet sich weiter aus
Euro-Abwertung setzt sich fort
10J Renditen (%) und Spread (US-DE; Bp); ab 2016 Prognose
USD je EUR, Zinsdifferenz EZB-Fed (Dez); ab 2016 Prognose
Spread (rS)
Bunds (lS)
US Treasuries (lS)
8
6
300
USD/EUR (lS)
Diff. EZB - Fed (rS)
1,60
1,5
200
4
1,45
0,5
1,30
-0,5
100
2
0
0
-2
-100
2001
2006
2011
2016
Quelle: Bloomberg, BayernLB Research
2021
1,15
-1,5
1,00
-2,5
0,85
-3,5
2001
2006
2011
2016
2021
Quelle: Reuters Datastream, BayernLB Research
Aktienmarkt: Im Durchschnitt nur moderate Renditen über fünf Jahre
 Aufwärtszyklus
setzt sich bis 2018
noch fort
 Steigende Zinsen
und Konjunkturverlangsamung sorgen
2019 für Korrektur
 Total-Return über
fünf Jahre im mittleren einstelligen
Prozentbereich
Am US-Aktienmarkt – bereits im achten Jahr des Aufwärtszyklus – wird sich der Aufwärtstrend nach unserer Prognose 2017 und 2018 noch fortsetzen, erreicht dann aber bereits
seine Endphase. Unterstützung erhalten die Aktienmärkte zunächst noch von der moderaten Entwicklung der Weltwirtschaft, die für eine gemäßigte Aufwärtsentwicklung der Unternehmensgewinne sowie eine leichte Bewertungsexpansion spricht. Da sich die Gewinnmargen vielfach schon auf hohem Niveau befinden und damit wenig Aufwärtspotenzial
haben, werden die Unternehmensgewinne aber nur im prozentual einstelligen Bereich
steigen. Auch die Bewertungen sind in Teilbereichen – insbesondere in den USA – im historischen Vergleich schon relativ hoch und weisen damit nur noch begrenztes Potenzial
auf. Die Kurssteigerungen werden daher ebenfalls nur einstellig ausfallen.
Die Geldpolitik wirkt zunächst noch unterstützend für Aktien. Zwar schreitet die Fed in ihrem Straffungszyklus voran, der Zinspfad bleibt aber noch flach und die Reinvestitionen
der fälligen Wertpapiere aus den QE-Programmen werden erst ab 2018 langsam zurückgefahren. Gleichzeitig halten die EZB und die Bank of Japan an ihrer ultralockeren Geldpolitik fest. Der fortgesetzte Anstieg der US-Leitzinsen sowie der Kapitalmarktzinsen wirkt
dann 2019 allerdings zunehmend negativ. Da wir dann auch mit einem Rückgang der Konjunkturdynamik in den Vereinigten Staaten und im Euro-Raum rechnen, erwarten wir 2019
eine Korrektur an den Aktienmärkten. Diese dürfte dann auch das Ende des Aufwärtszyklus am US-Aktienmarkt markieren und in das Jahr 2020 hineinreichen. Anschließend dürften sich die Aktienmärkte wieder erholen.
Auf Basis des geschilderten Szenarios erwarten wir für die prognostizierten Aktienindizes
im Fünfjahreszeitraum bis 2021 durchschnittliche Kurszuwächse im unteren einstelligen
Prozentbereich. Hinzu kommen die Dividendenrenditen, die im Prognosezeitraum einen
hohen Anteil an der Gesamtrendite von Aktien aufweisen werden (in Europa über die Hälfte). Der durchschnittliche Total-Return aus Kurszuwächsen und Dividenden dürfte sich im
mittleren einstelligen Prozentbereich bewegen.
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
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Prognosen Gesamtwirtschaft
5-Jahreshorizont, in Prozent
USA
EuroRaum
Deutschland
Frankreich
Italien
Spanien
BIP (zum Vorjahr)
2016
2017
2018
2019
2020
2021
1,6
2,2
2,9
2,4
1,9
1,9
1,6
0,8
1,4
1,2
1,2
1,2
1,8
1,2
1,5
1,4
1,3
1,2
1,2
0,7
1,1
1,2
1,2
1,2
0,8
0,3
0,8
0,8
0,8
0,8
3,2
1,6
2,5
2,2
2,2
1,9
Inflation (zum Vorjahr)
2016
2017
2018
2019
2020
2021
1,2
2,0
2,5
2,3
2,3
2,1
0,3
1,4
1,4
1,5
1,7
1,8
0,5
1,6
1,7
1,9
2,0
2,1
0,2
0,8
0,8
1,0
1,3
1,6
-0,1
1,0
1,0
1,1
1,3
1,7
-0,5
1,1
1,1
1,5
1,8
2,1
Öffentl. Haushaltssaldo (gemessen am BIP)
2016
-5,0
2017
-5,8
2018
-5,6
2019
-5,9
2020
-6,0
2021
-6,2
-2,1
-2,0
-1,9
-1,7
-1,6
-1,7
0,5
0,2
0,2
0,2
0,2
0,0
-3,6
-3,5
-3,2
-2,8
-2,8
-2,8
-3,0
-3,2
-3,0
-2,8
-2,7
-2,7
-4,6
-3,6
-3,0
-2,8
-2,7
-2,7
Öffentl. Schuldenstand (gemessen am BIP)
2016
107
2017
109
2018
109
2019
110
2020
112
2021
114
92
93
93
93
92
91
69
67
64
62
60
58
97
99
101
101
101
101
134
136
138
139
140
140
101
102
101
100
99
98
Quellen: Eurostat, BEA, BLS, BayernLB
Devisen, Zinsen und Aktien
5-Jahreshorizont
Leitzinsen in %1)
2016
2017
2018
2019
2020
2021
Staatsanleihen in %1)
Euro-Raum
USA
Bunds 2J
Bunds 5J
Bunds 10J
Treasuries 10J
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,25
0,63
1,13
2,13
3,00
3,00
3,00
-0,80
-0,70
-0,60
-0,40
-0,20
0,00
-0,60
-0,40
-0,20
0,00
0,30
0,50
0,30
0,60
0,90
1,00
1,10
1,20
2,50
2,70
3,10
3,20
3,20
3,00
Spreads2)
Devisen3)
iBoxx Euro
Non-Fin
EUR/USD
DAX
EuroSTOXX
120
130
160
150
140
130
1,11
1,03
0,99
0,95
0,98
1,05
-1,2
7,4
5,6
-6,5
-2,7
10,9
-5,8
5,8
4,3
-6,5
-0,9
9,5
2016
2017
2018
2019
2020
2021
Quellen: Eurostat, BEA, BLS, BayernLB
1) Jahresendstand
Aktien in % zum Vorjahr
S&P500
Ölpreis
Dollar/Fass
9,1
6,7
5,0
-8,0
-2,2
11,1
45
45
50
55
60
60
2) Spreads in Basispunkten 3) Jahresdurchschnitte
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
34
Rohstoffe: Trump sorgt nicht für Trendwende
Ölpreis: Zwischen Trump-Euphorie und OPEC-Sorgen
 Kein Ölpreisanstieg
in Sicht
Der Rohölpreis bewegt sich in der seit Frühjahr 2016 ausgebildeten Range zwischen 42
und 55 USD seitwärts. Er wird dabei weiterhin primär von angebotsseitigen Faktoren getrieben. Dabei haben sich im Verlauf der vergangenen Wochen Sorgen und Hoffnungen
abgewechselt, ob die OPEC-Staaten auf ihrem Treffen am 30.11.16 die bereits vereinbarten Produktionsobergrenzen von 32,5 bis 33 Mio. Fass pro Tag verbindlich festlegen und
ob diese Obergrenzen dann auch nachhaltig eingehalten werden. Zudem haben einige
Länder wie Nigeria, Libyen oder der Iran ihre Produktion im November weiter gesteigert
oder eine höhere künftige Produktion in Aussicht gestellt. Die Impulse von der Nachfrageseite fielen dagegen weiter nur moderat aus, auch wenn die jüngsten Konjunkturdaten
insgesamt leicht positiv überrascht haben. Der Wahlsieg von Donald Trump hat bisher
kaum dämpfende Effekte auf den Ölpreis, auch wenn die angekündigten Maßnahmen zum
Abbau der Regulierung im Energiesektor die US-Produktion in den kommenden Jahren
antreiben sollten. Nachdem an den Märkten Zweifel an der Nachhaltigkeit der von uns
erwarteten Einigung der OPEC im November hoch bleiben dürften, revidieren wir unser
kurzfristiges Ölpreisbild und unterstellen nun einen lediglich stabilen Ölpreis im Bereich von
45 USD je Fass auf Sicht der kommenden 12 Monate. In der kurzen Frist dominieren die
Abwärtsrisiken, vor allem wenn die Zweifel am OPEC-Beschluss noch stärker werden oder
die OPEC sich nicht einigen kann. Mittelfristig könnte der Ölpreis dann stärker von der
Markteinschätzung zur Wirkung des wirtschaftspolitischen Maßnahmenpakets der TrumpAdministration getrieben werden. Vor allem ein noch stärkerer US-Dollar und Schritte in
Richtung einer Ausweitung des US-Angebots würden den Ölpreis zusätzlich belasten.
[email protected]
Goldpreis: Trump-Effekt war nur eine Eintagsfliege
 Erwartungen über
mögliche Zinserhöhungen dämpfen
den Goldpreis
Am Wahltag schoss der Goldpreis nach dem sich abzeichnenden Wahlsieg von Trump
kurzfristig um mehr als 4% über die Marke von 1300 Dollar je Feinunze. Der Effekt verhallte jedoch schon nach kurzer Zeit. Danach fiel der Goldpreis wieder markant unter die 300Dollar-Marke und notiert gegenwärtig mit 1.180 Dollar unterhalb der gleitenden 200-TageDurchschnittslinie. Weitere Belastung droht dem Goldpreis vom nächsten Zinsschritt in den
USA im Dezember und der fortgesetzten Dollar-Aufwertung. Unterstützung dürfte der
Goldpreis dagegen von Unsicherheiten über die weitere Entwicklung der Weltkonjunktur
und den Unklarheiten über die künftige Wirtschafts- und Außenpolitik des neuen USPräsidenten erhalten, sodass das Rückschlagpotenzial des Goldpreises ebenfalls begrenzt
bleiben sollte. Im Hinblick auf die zu erwartenden politischen Unsicherheiten prognostizieren wir auf Sicht der kommenden Monate eine moderate Kurserholung und sehen den
Goldpreis auf Jahressicht bei 1.300 Dollar je Feinunze. Dies entspricht einer leichten Abwärtsrevision unseres bisherigen Bildes.
[email protected]
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
35
USA: Jahr 1 unter Präsident Trump
 Am Anfang ändert
sich nicht viel
Das Jahr 2017 beginnt – zumindest konjunkturell – wie das Jahr 2016 endet. Einen „BigBang“-Moment wird es mit dem Regierungswechsel zum Jahresanfang nicht geben. Das
liegt zum einen daran, dass Donald Trump erst am 20. Januar vereidigt wird. Zum anderen
ist eine Volkswirtschaft, ähnlich einem großen Schiff, relativ schwerfällig. Vom Befehl des
Kapitäns zur Kursänderung bis zum tatsächlichen Richtungswechsel braucht es Zeit. Dies
gilt auch für die US-Wirtschaft unter Trump, soweit nicht die Finanzmärkte den Kurswechsel durch starke Ausschläge beschleunigen. Da sich dies aktuell nicht abzeichnet, erwarten
wir im ersten Quartal 2017 weiterhin eine gemäßigte Wachstumsdynamik. Ähnlich der
Entwicklung der letzten Jahre dürften sich allerdings die, in den USA mittlerweile üblichen,
aber bisher in der statistischen Saisonbereinigung nicht berücksichtigten, starken Schneestürme bremsend auswirken. Der Arbeitsmarkt sollte sich weiterhin robust zeigen und auch
die Inflation dürfte ihre Dynamik halten. Was nach den ersten Monaten des Jahres 2017
passiert, hängt dann jedoch deutlich von der Politik des neuen Präsidenten ab.
Im Frühjahr wird’s spannend: Trumps Wirtschaftspläne treffen auf die Realität
 Wohl nur wenige
Maßnahmen der
Immigrations- und
Handelsreformen
werden umgesetzt
Schuldenobergrenze muss
wieder angehoben werden
Verschuldung des Gesamtstaates und
Schuldenobergrenze in Bio. USD, ab
Jul. 2016 Prognosen
Obergrenze
Verschuldung
21
20
19
18
17
16
15
14
Jan. 12 Jan. 14 Jan. 16
Quelle: US-Treasury, Datastream,
BayernLB Research
Die ersten Maßnahmen Trumps dürften diejenigen sein, für die er keine Zustimmung des
Kongresses benötigt. Hierzu zählen die Immigrations- und Handelsreformen. Wie im Kapitel zum Fünfjahresausblick beschrieben (S.26) erwarten wir hier aber nur kleinere Änderungen, auch wenn sie im Zentrum des Trump-Wahlkampfs standen. So dürfte die neuen
Regierung im Bereich der Handelspolitik nur eine Minimalumsetzung der alten Forderungen nach Schutzzöllen und Protektionismus durchführen und nur einen gemäßigten Zoll
auf spezifische Produkte erheben, anstatt einen landesspezifischen Zoll einzuführen (z.B.
für chinesische Produkte). Da diese Prognose jedoch weitestgehend vom Gutdünken Donald Trumps abhängt, besteht hier ein erhebliches Risiko. Zwar hat sich Trump seit der
Wahl nicht mehr zu Zöllen geäußert und auch viele seiner übrigen Forderungen aus dem
Wahlkampf abgeschwächt oder vollständig fallen gelassen. Er hat allerdings auch mehrere
Hardliner in sein Kabinett berufen, die ihn in seiner ursprünglichen protektionistischen
Richtung bestätigen könnten. Sollte sich Trump daher anders entscheiden, könnte er das
NAFTA-Abkommen innerhalb von sechs Monaten aufkündigen und stattdessen bilaterale
Verträge mit Kanada und Mexiko aushandeln. Im Falle Mexikos würde ein solcher Vertrag
durch die Marktmacht der USA deutlich stärker zu Gunsten der Vereinigten Staaten ausgerichtet sein und wahrscheinlich spürbar höhere Zölle auf viele mexikanische Produkte beinhalten (z.B. Automobile, um die heimische Produktion wieder zu beleben).
Abgesehen von den ersten Tagen der Amtszeit Trumps lässt sich als einer der wichtigsten
Termine des Jahres 2017 der 15. März im Kalender anstreichen. Nach einem Kompromiss
aus dem letzten Haushaltsstreit im Oktober 2015 wurde nämlich die Schuldenobergrenze
bis zu diesem Datum ausgesetzt, d.h. die Schuldenobergrenze wird am 15. März wieder
auf den dann aktuellen Stand der nominalen Verschuldung eingesetzt. Nachdem die Republikaner sich bei den Anhebungen der Schuldenobergrenze in den letzten sechs Jahren
immer wieder quer gestellt haben und die Streitigkeiten um einen angemessenen Haushaltsplan im Oktober 2013 in einen Regierungsstillstand („Government Shutdown“) eskalieren ließen, wird es interessant werden, wie sich die republikanische Partei im Jahr 2017
verhält. Denn zusammen mit der Anhebung der Schuldenobergrenze dürfte auch ein neuer
Haushaltsplan verabschiedet werden. So hatte der Kongress im letzten September nur
eine kurze Fortführung des aktuellen Budgetplans bis zum 9. Dezember 2016 beschlossen. Aufgrund der im Januar eintretenden neuen Machtverhältnisse wird der noch amtierende Kongress die Frage eines neuen Budgetplans im Dezember wohl erneut vertagen
(über eine Continuing Resolution) und diese Aufgabe dem neuen Kongress überlassen.
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
36
Als Termin für das Auslaufen des „Übergangsbudgetplans“ bietet sich der 15. März 2017
an. Die Krux bei der Sache ist das neue Verhältnis zwischen Präsident und Kongress. In
den vergangenen Jahren hat sich die republikanische Partei unter großem Einfluss der
Tea-Party-Bewegung gegen höhere staatliche Ausgaben der Regierung Obama positioniert. Präsident Trump hat jedoch selbst ein Infrastrukturprogramm in Aussicht gestellt, das
der Philosophie der Tea-Party-Bewegung gegen höhere Ausgaben widerspricht, den Demokraten allerdings entgegenkommen würde. Dies birgt erhöhtes Konfliktpotenzial und
könnte die Beziehung des neuen Präsidenten zu seiner Partei auf die Probe stellen. Wir
erwarten, dass sich Trump und die Republikaner am Ende auf einen Kompromiss zur
Schuldenobergrenze und Verabschiedung eines Haushaltsplans einigen werden, mit dem
die Ausgaben für Infrastrukturmaßnahmen nur leicht angehoben werden und stattdessen
die seit 2013 eingeführte automatische Ausgabenbremse („Sequestration“) für den Verteidigungshaushalt aufgehoben wird. Für letzteres sollte die Zustimmung aller Parteiflügel der
Republikaner groß sein.
 Auch die Steuerreform wird abgespeckt
Ein weiterer Punkt ist die Steuerreform, das Herzstück des Trump´schen Wahlprogramms.
Im Original sind hier eine Vereinfachung der Einkommenssteuerklassen und die Nivellierung der Körperschaftssteuer auf einen Satz von 15% vorgesehen. Dies soll zwar zumindest teilweise mit der Schließung von Steuerschlupflöchern sowie der Repatriierung im
Ausland erzielter Gewinne von US-Unternehmen finanziert werden. Der Großteil der Reform wird jedoch über geringere staatliche Einnahmen defizitwirksam (siehe auch Fünfjahresausblick S. 26). Die Steuerreform hat generell die volle Unterstützung der Republikaner.
Aufgrund des zu erwartenden Anschwellens der staatlichen Verschuldung, die bei vollständiger Umsetzung der Reform am Ende von Trumps Amtszeit bei etwa 118% gemessen am BIP liegen würde (zum Vergleich 2015: 105,6%), dürfte jedoch nur eine abgespeckte Version der Reform mehrheitsfähig sein. Wir gehen daher davon aus, dass die
Einkommensgrenzen bzw. einzelne Steuersätze so angepasst werden, dass im Staatshaushalt nur noch ein Drittel des ursprünglichen Volumens angesetzt wird. In den neuen
Haushaltsplan sollte die Steuerreform bereits grob eingerechnet werden. Die genaue Ausarbeitung dürfte jedoch mehrere Monate im Kongress benötigen und wohl erst im Laufe
des zweiten Halbjahres 2017 in Kraft treten.
Die Rechnung bitte: Konjunktureffekte auf Kosten des Staatshaushaltes
 Konjunkturdynamik
dürfte vor allem
2018 deutlich zulegen
 Inflation wird 2018
spürbar anziehen
Die Konjunkturdynamik wird im Jahr 2017 entsprechend stark von den oben genannten
politischen Beschlüssen getrieben. Nach einem eher durchwachsenen Jahresstart dürften
sich im zweiten Quartal beim Konsum sowie beim privaten und gewerblichen Bau leichte
Nachholeffekte zeigen. Das zweite Halbjahr sollte konjunkturell von den erhöhten staatlichen Ausgaben, z.B. für Verteidigung, positiv beeinflusst werden. Zudem sollte sich die
Steuerreform zum Ende des Jahres 2017 langsam bemerkbar machen und den Konsum
stärker fördern. Größere Wachstumseffekte werden allerdings erst im Jahr 2018 zu spüren
sein, für das wir einen Anstieg der Jahreswachstumsrate auf 2,9% (2017: 2,2%) erwarten.
Dabei geht das stärkere Wachstumsraten größtenteils auf Kosten des Staatshaushalts. So
dürften die höheren Staatsausgaben in Kombination mit einem Teil der Steuerreform das
gesamtstaatliche Haushaltsdefizit von 5,0% im Jahr 2016 auf 5,8% im Jahr 2017 steigen
lassen. 2018 kommt es dann zu einer leichten Reduktion der Neuverschuldung, da wir
dann nur noch die Steuerreform berücksichtigen, jedoch keinen zusätzlichen Impuls mehr
aus der Abschaffung der Sequestration erwarten.
In diesem Konjunkturbild wird sich der Arbeitsmarkt weiter beleben und die Arbeitslosenquote sollte, wenn auch mit geringerem Tempo, auf 4,6% im Jahresdurchschnitt 2018
sinken. Dabei dürften sich allmählich Überhitzungserscheinungen andeuten. So sollte das
Tempo des Stellenaufbaus weiter abnehmen, da die Kapazitäten am Arbeitsmarkt zuneh-
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
37
mend ausgeschöpft werden und sich der Fachkräftemangel bemerkbar macht. Entsprechend wird sich die Lohndynamik beschleunigen und mit einigen Monaten Verzögerung in
eine steigende Inflationsrate übersetzen. Dabei sollten zum Jahresende 2017 auch die
einführten produktspezifischen Schutzzölle auf die Verbraucherpreise wirken und diese
anziehen lassen. Zusammengenommen führt das im Jahr 2017 noch zu einer gemäßigten
Verbraucherpreisteuerung von 2,0% (der niedrige Ölpreis bremst den Preisauftrieb). 2018
dürfte die Inflationsrate jedoch spürbar zulegen und dabei deutlich über das Inflationsziel
der Fed von 2% hinausschießen. Dies zwingt die Fed zu einer weniger expansiven Geldpolitik, die die Inflationsrate auf eine Jahresrate von 2,5% bremsen sollte.
Was macht die Fed daraus?
 Yellens sehr flacher
Zinspfad unterstützt
Trumps Wirtschaftspolitik
Die Fed reagiert sowohl auf die aktuelle Datenentwicklung als auch auf den Konjunkturund Inflationsausblick. Hierbei spielt Fed-Präsidentin Yellen Trump durchaus in die Karten.
Denn, obwohl er im Wahlkampf eine deutlich restriktivere Geldpolitik forderte, dürfte der
äußerst langsame Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik Trumps wirtschaftspolitische
Maßnahmen unterstützen. So erwarten wir, dass die Fed im Jahr 2017 trotz eines starken
Konjunkturausblicks und einer rasch anziehenden Inflationsrate zum Jahresende lediglich
zwei Zinsschritte vornehmen wird. Dies hilft der Regierung, die deutlich steigende Neuverschuldung noch zu erschwinglichen Konditionen zu finanzieren. Wie lange der Zinspfad
flach bleibt, hängt wiederum auch von Trump ab. Aktuell sind noch zwei Gouverneurssitze
im FOMC-Board offen. Mit der republikanischen Mehrheit im Senat kann Trump hier relativ
schnell zwei Kandidaten nominieren und vom Senat absegnen lassen. Zudem endet die
erste Amtszeit Yellens als Fed Chair Ende Januar 2018. Die Diskussionen über ihren
Nachfolger dürften sich Ende 2017 zuspitzen. Bei diesen Personalentscheidungen bevorzugen die Republikaner traditionell geldpolitische Falken. Es bleibt daher offen, ob sich
Trump ihnen angesichts der steigenden Neuverschuldung anschließen oder eher einen
moderaten Kandidaten bevorzugen wird.
Prognose USA
Preis- und saisonbereinigte Vierteljahreswerte, Vp bzw. Vj in Prozent
Private Konsumausgaben
Q4
Q1
Q2
Q3
Q4
Q1
Q2
Q3
2015 2016 2017 2018
2015 2016 2016 2016 2016 2017 2017 2017
2,3
1,6
4,3
2,8
2,7
1,6
2,5
2,5 3,2 2,7 2,5 3,6
Ausrüstungsinvestitionen
-2,6
-9,5
-3,0
-4,7
2,0
2,2
4,0
4,0
3,5
-2,9
1,6
4,7
Wohnungsbauinvestition
11,5
7,8
-7,7
-4,4
5,0
1,0
4,0
4,0
11,7
4,5
1,5
3,7
Staatskonsum und - investit.
1,0
1,6
-1,7
0,2
0,2
0,0
0,5
2,0
1,8
0,7
0,5
1,1
Inlandsnachfrage
1,3
0,8
1,2
2,2
2,2
1,4
2,5
2,8
3,2
1,6
2,1
2,9
Exporte
-2,7
-0,7
1,8
10,1
3,2
3,0
2,4
1,0
0,1
0,9
3,3
0,9
Importe
0,7
-0,6
0,2
2,1
3,0
3,5
1,7
2,0
4,6
0,8
2,4
1,7
Außenbeitrag *
-0,5
0,0
0,2
0,9
-0,1
-0,2
0,0
-0,2
-0,7
0,0
0,0
-0,2
Bruttoinlandsprodukt
0,9
0,8
1,4
3,2
2,3
1,3
2,6
2,7
2,6
1,6
2,2
2,9
Arbeitsm arkt
Stellenaufbau (oh. Landw .) Durchschnitt in '000
229
180
167
153
Arbeitslosenquote in %
5,3
4,9
4,8
4,6
Quelle: BayernLB Research, Prognosen in blau *) Wachstumsbeitrag in Prozent des BIP
[email protected]
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
38
USA: Ausgewählte Wirtschaftsindikatoren
 Wohnungsbau
erreicht neue
Nachkrisen- Höhen
Stimmungsindikatoren
Wohnungsbau und Häuserpreise
Saisonbereinigte Monatswerte
Saisonbereinigte Monatswerte
Dienstleistungssektor (ISM) Salden
Verarbeitendes Gewerbe (ISM) Salden
195
62
60
58
56
54
52
50
48
46
belebt sich im zweiten Halbjahr
1300
190
1200
185
1100
180
1000
900
175
800
170
Nov
14
 Konjunkturdynamik
Wohnungsbaubeginne in Tsd. (rS)
S&P/Case-Shiller Häuserpreisindex 20 (lS)
1400
Mrz
15
Jul
15
Nov
15
Mrz
16
Jul
16
Nov
16
700
Nov Mrz
14
15
Jul
15
Nov Mrz
15
16
Jul
16
Nov
16
Quelle: ISM, BayernLB Research
Quelle: US Census, S&P, BayernLB Research
Konsumausgaben und Sparquote
Bruttoinlandsprodukt
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte
Preis- und saisonber. Quartalswerte,ggü. Vp in %, annualisiert
5
Konsumausgaben, real, Vp in %, annu. (lS)
Sparquote (%) des verfügb. Einkommens (rS)
6,5
6
5
4
4
6,0
3
5,5
2
5,0
1
4,5
0
4,0
-1
3
2
0
1
Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3
13 14 14 14 14 15 15 15 15 16 16 16
 Verbraucherpreise
nähern sich langsam dem Fed-Ziel
von 2% an
Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3
13 14 14 14 14 15 15 15 15 16 16 16
Quelle: BEA, BayernLB Research
Quelle: BEA, BayernLB Research
Beschäftigung und Arbeitslosenquote
Verbraucherpreise
Saisonbereinigte Monatswerte
Veränderung ggü. Vj. in Prozent
6,5
Beschäftigungsaufbau auß. LW in Tsd. (rS)
Arbeitslosenquote, in Prozent (lS)
350
2,5
300
2,0
6,0
250
200
5,5
150
100
5,0
4,5
Nov
14
Mrz
15
Jul
15
Nov
15
Quelle: BLS, BayernLB Research
Mrz
16
Jul
16
Nov
16
Verbraucherpreise
Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel)
1,5
1,0
0,5
50
0,0
0
-0,5
Nov
14
Mrz
15
Jul
15
Nov
15
Mrz
16
Jul
16
Nov
16
Quelle: BLS, BayernLB Research
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
39
Euro-Raum: Ein schwieriges Jahr voraus
 2017 drohen konjunkturelle und politische Ansteckungseffekte
Das Jahr 2017 verspricht ein schwieriges und turbulentes Jahr für die Währungsunion zu
werden. Negative Ansteckungseffekte drohen auf zwei Ebenen. Auf der politischen Ebene
können die kräftigen Stimmengewinne und Siege von populistischen Kräften bei Wahlen
und Abstimmungen in verschiedenen Regionen der Welt ein hohes Risiko sein, wenn sie
auf den Euro-Raum überschwappen (siehe Sonderkapitel Europa mit Zerfallserscheinungen ab S. 12). Auf konjunktureller Ebene drohen der Brexit-Prozess und der von US-Seite
ausgelöste Zinsanstieg, die Investitionstätigkeit zu bremsen. Letzteres gilt vor allem deshalb, da die Geldpolitik der EZB – selbst bei der von uns unterstellten Beibehaltung des
Expansionsgrads durch die QE-Verlängerung – weniger wirksam sein dürfte als in den
vergangenen Jahren. Vor diesem Hintergrund kommt der Fiskalpolitik eine noch größere
Bedeutung zu. Der bereits angelegte fiskalpolitische Richtungswechsel dürfte die Konjunktur auch 2017 stützen. Wegen der Sorgen vor einem weiteren Erstarken populistischer
Kräfte dürften die Stimmen für eine Konsolidierung dagegen immer weniger zu hören sein.
Brexit-Prozess und US-Zinsschock dämpfen Wirtschaftsausblick 2017
Anders als 2016 dürfte der Brexit-Prozess 2017 zu einem erheblichen Belastungsfaktor für
die Konjunktur im Euro-Raum werden. So werden wichtige, bisher aufgeschobene Weichenstellungen mit der Artikel-50-Erklärung in Gang gesetzt. Dies gilt sowohl auf politischer Ebene als auch auf der Ebene von Unternehmen und Haushalten. Dies wiederum
dürfte die wirtschaftlichen Konsequenzen des Brexit-Prozesses schrittweise zurück ins
Bewusstsein von Marktteilnehmern und Investoren rücken. Die negativen Effekte der
Nachfrageschwäche in Großbritannien auf den Euro-Außenhandel werden – zusammen
mit einer erhöhten Investitionszurückhaltung – das Wachstum in der Währungsunion insgesamt um rund ½ Prozentpunkt bremsen (siehe Abbildung links). Die noch dominierenden Hoffnungen auf einen „Brexit light“ werden dabei zunehmend enttäuscht werden.
Weniger Wachstum in allen Euro-Ländern
Bruttoinlandsprodukt 2017, preisbereinigt, Veränderung zum
Vorjahr in Prozent, Vorjahresergebnis in gelb
Anstieg auch der Kreditzinsen nach TrumpSchock?
Kapitalmarktzinsen: IBOXX Euro non-fin. Corp. –BBB
Kreditzinsen: CCC Index für Unternehmen, jeweils in Prozent
3,5
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
-0,5
-1,0
ES
NL
DE
BE
PT
ER
FR
AT
FI
IT
GR
IR
 Negative BrexitEffekte nach der
Auslösung von Artikel 50 EUV
Quelle: BayernLB Research
Quelle: BayernLB Research
Als weitere konjunkturelle Belastungsfaktoren dürften sich das höhere Zinsniveau und der
Anstieg der Risikoprämien nach der US-Wahl herausstellen. Auch wenn wir die Erwartungen eines deutlichen Konjunkturimpulses und einer auch im Euro-Raum schneller steigenden Inflation durch die Wirtschaftspläne der neuen US-Administration für überzogen halten,
dürften die Kapitalmarktzinsen auch im Euro-Raum über das gesamte Jahr 2017 höher als
2016 sein. Damit steigt das Risiko, dass sich die immer noch sehr günstigen Kreditkonditi-
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
40
onen für Unternehmen und Haushalte verschärfen (siehe Abbildung rechts auf S.39). Und
das bremst die Wirtschaft, nachdem der deutliche Rückgang der Kreditzinsen in den vergangenen Jahren ein wichtiger Treiber der konjunkturellen Erholung war.
EZB kann Zinsanstieg nicht mehr vollständig kompensieren
 Nachlassende
Wirkung der Geldpolitik könnte ein
Drittel des Wachstums kosten
Auch wenn die EZB einer möglichen Abwärtsspirale aus steigenden Risikoprämien und
konjunktureller Schwäche entschlossen entgegen treten wird, dürfte die expansive Wirkung
der Geldpolitik geringer als 2015 und 2016 ausfallen. Dies gilt auch deshalb, da die EZB –
trotz Verlängerung des QE-Programms – im Umfeld steigender Headline-Inflationsraten
zumindest temporär Schwierigkeiten haben könnte, das im Herbst 2016 erstmals aufgetretene „Tapering-Gespenst“ nachhaltig zu vertreiben. Eine nachlassende Wirkung der Geldpolitik ist vor allem deshalb ein Risiko, da laut Schätzungen von EZB und Bundesbank die
geldpolitischen Impulse der EZB in den beiden Vorjahren immerhin für rund ein Drittel des
Wachstums im Euro-Raum verantwortlich waren. Auf eine geringere Wirkung der Geldpolitik deutet auch die bereits seit Mitte 2015 zu beobachtende Abschwächung des Kreditimpulses hin (siehe Abbildung). Hierzu trägt zwar auch die zunehmende Finanzierung von
Unternehmen über den Kapitalmarkt bei. Angesichts der nach wie vor überragenden Bedeutung der bankbasierten Finanzierung im Euro-Raum ist gerade im Umfeld erhöhter
Volatilität und steigender Risikoprämien eine anhaltende Aufstockung der Kreditvergabe
aber unabdingbar, um den Investitionsspielraum von Unternehmen zu erhöhen und damit
die Konjunktur zu stimulieren. Denn die Außenfinanzierung von Unternehmen im EuroRaum erfolgt nur zu gut 4% auf kapitalmarktbasierten Schuldverschreibungen.
Kreditwachstum zwar positiv, Kreditimpuls verliert aber seit Mitte 2015 an Kraft
Kreditvergabe von Euro-Banken an Unternehmen und Haushalte, Kreditwachstum zum Vorjahr in Prozent, Kreditimpuls: Veränderung des Kreditwachstums in Prozent des Bruttoinlandsprodukts
Quelle: BayernLB Research
 Schwache Lohndynamik bremst Inflation und setzt Politik
unter Druck
Unter dem Strich dürfte sich das Wachstum im Euro-Raum 2017 auf 0,8% verlangsamen.
Vor allem in der ersten Jahreshälfte erwarten wir eine geringe konjunkturelle Dynamik. Der
Bremseffekt dürfte in den meisten Euro-Ländern in der oben genannten Größenordnung
liegen. Eine klare Reihenfolge der Wachstumsdynamik zwischen Kern- und Peripherieländern ergibt sich dabei nicht. Besonders schwach bleibt das wirtschaftliche Expansionstempo in Italien und Frankreich. In diesem Umfeld wird der Abbau der Arbeitslosigkeit und der
nach wie vor bestehenden Unterauslastung von Produktionskapazitäten insgesamt nicht
weiter vorankommen, und die Lohndynamik dürfte kaum stärker werden. Dies hat zwei
wichtige Konsequenzen. Zum einen bleibt damit der zugrunde liegende Preisauftrieb sehr
gering, und die Kernrate der Inflation dürfte sich nur wenig in Richtung des EZB-Ziels von
„unter, aber nahe 2%“ bewegen. Zum anderen dürfte der politische Druck hoch bleiben,
und Anti-Establishment-Bewegungen erhalten weiteren Zulauf. Damit einhergehend könnte
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
41
die Verteilungsfrage zunehmend ins Zentrum der politischen Diskussion rücken, wodurch
Bereitschaft und Fähigkeit zu Strukturreformen weiter verringert werden könnten.
Wenig Sparanstrengungen
Fiskalische Impulse 2017 auch in Krisenländern
Struktureller Primärsaldo in % des Produktionspotenzials,
Veränderung zum Vorjahr in %-Punkten
Struktureller Primärsaldo in % des Produktionspotenzials,
Veränderung 2017 zum Vorjahr in %-Punkten; EU-Prognose
2,0
BE
IR
NL
FR
PT
AT
ER
GR
ES
DE
IT
1,5
1,0
0,5
0,0
-0,5
2011 2012 2013 2014 2015 2016
Impuls
Bremseffekt
-0,75 -0,5 -0,25
Quelle: EU-Kommission, BayernLB Research
0
0,25
0,5
0,75
Quelle: EU-Kommission, BayernLB Research
Fiskalpolitik muss wieder Rolle des Stabilisators übernehmen
Vor diesem Hintergrund erwarten wir auch 2017 einen fiskalischen Impuls, welcher eine
noch schwächere konjunkturelle Entwicklung verhindern wird. Die Fiskalpolitik wird dabei
nicht nur den finanziellen Spielraum nutzen, der sich durch die niedrigen Zinsen und die
gute Konjunktur der vergangenen Jahre ergibt (die staatlichen Zinsausgaben liegen 2017
mit rund 2% gemessen am Bruttoinlandsprodukt etwa zwei Prozentpunkte niedriger als vor
der Finanzkrise). Sie wird darüber hinaus wohl auch den um Zinsausgaben und konjunkturelle Effekte bereinigten Haushaltssaldo (struktureller Primärsaldo) weiter senken. Zur
Konsolidierung müsste sich dieser Saldo erhöhen. Anders als von der EU-Kommission
gefordert, wird der Impuls dabei nicht primär aus Ländern mit fiskalischem Spielraum (positiver struktureller Haushaltssaldo) kommen. Vielmehr dürften auch Italien, Spanien und –
anders als von der EU-Kommission erwartet – auch Frankreich die Fiskalpolitik weiter lockern. Ein stärkerer Fiskalimpuls ist durchaus möglich, vor allem wenn z.B. in Italien Ausgaben für Erdbebenhilfe und Flüchtlingskrise als Sondereffekte behandelt werden.
Prognose Euro-Raum
Preis- und saisonbereinigte Vierteljahreswerte, Vp bzw. Vj in Prozent
Q4
Q1
Q2
Q3
Q4
Q1
Q2
Q3
2015 2016 2017 2018
2015 2016 2016 2016 2016 2017 2017 2017
Private Konsumausgaben
0,3
0,6
0,2
0,3
0,2
0,2
0,2
0,2
1,8
1,5
0,9
0,9
Staatsverbrauch
0,6
0,6
0,2
0,3
0,2
0,3
0,3
0,3
1,4
1,7
1,1
0,8
Bruttoanlageinvestitionen
1,5
0,5
1,1
0,5
0,3
-0,5
-0,8
0,5
2,9
3,1
0,1
2,8
Inlandsnachfrage
0,8
0,4
0,2
0,4
0,3
0,2
0,1
0,3
1,7
1,8
0,9
1,2
Exporte
0,7
0,1
1,2
0,6
0,7
0,6
0,2
0,5
6,2
2,5
2,3
4,0
Importe
1,4
-0,2
1,1
0,8
0,8
0,7
0,2
0,5
6,2
3,1
2,6
3,7
Außenbeitrag *
-0,3
0,1
0,1
-0,1
0,0
0,0
0,0
0,0
0,3
-0,1
0,0
0,3
Bruttoinlandsprodukt
0,5
0,5
0,3
0,3
0,2
0,1
0,1
0,3
1,9
1,6
0,8
1,4
10,9
10,1
10,0
9,8
Arbeitsm arkt
Arbeitslosenquote in %
Quelle: Eurostat, BayernLB Research; Prognosen in blau *) Wachstumsbeitrag in Prozent des BIP
[email protected]
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
42
Euro-Raum: Ausgewählte Wirtschaftsindikatoren
 Gedämpfter Optimismus von Unternehmen und Verbrauchern
Industrie- und Verbrauchervertrauen
Auftragslage und Industrieproduktion
Salden, saisonbereinigte Monatswerte
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte, Salden/Vp in Prozent
Industrieproduktion (lS)
Auftragseingang Industrie (rS)
Verbrauchervertrauen
Industrievertrauen
3
3
2
2
1
1
0
-1
-1
-2
0
-2
-4
-6
-8
-10
-12
-14
Nov 14
 Kreditdynamik
bleibt positiv, entwickelt aber keine
Kraft
Mai 15
Nov 15
Mai 16
Nov 16
0
-5
-10
-15
-20
-25
-30
Q3 13
Q3 14
Q3 15
Q3 16
Quelle: EU-Kommission, BayernLB Research
Quelle: Eurostat, EU-Kommission, BayernLB Research
Kreditentwicklung
Bruttoinlandsprodukt
Veränderung zum Vorjahr in Prozent
Preis- und saisonbereinigt, Vp in Prozent, annualisiert
Unternehmenskredite
Haushaltskredite
3,5
3
3,0
2
2,5
2,0
1
1,5
0
1,0
-1
0,5
-2
Nov 14
 Stabilisierung der
Ölpreise sorgt für
temporär höhere Inflation
0,0
Mai 15
Nov 15
Mai 16
Nov 16
Q3 13
Q3 14
Q3 15
Quelle: EZB, BayernLB Research
Quelle: Eurostat, BayernLB Research
Arbeitsmarkt
Verbraucherpreise
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte
Vj in Prozent
Erwerbstätige
Arbeitslosenquote, in Prozent (lS)
13,0
Verbraucherpreise (HVPI)
Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel)
600
12,5
Q3 16
500
12,0
1,5
1,0
400
11,5
0,5
11,0
300
10,5
200
10,0
9,5
9,0
Q3 13
Q3 14
Q3 15
Quelle: Eurostat, BayernLB Research
Q3 16
0,0
100
-0,5
0
-1,0
Nov 14
Mai 15
Nov 15
Mai 16
Nov 16
Quelle: Eurostat, BayernLB Research
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
43
Deutschland: Weltpolitisches Wildwasser
 Politische Risiken
dominierenden
Das Jahr 2017 steht auch für die deutsche Wirtschaft im Zeichen der politischen Unsicherheit. Zum einen stehen in Deutschland im Herbst Bundestagswahlen an. Die damit verbundene Unsicherheit dürfte jedoch im Vergleich zu den schwer abschätzbaren Folgen der
Brexit-Entscheidung und der möglicherweise neuen wirtschaftspolitischen Agenda in den
USA unter einer Regierung Trump moderat ausfallen. Als exportorientierte Volkswirtschaft
ist Deutschland aber von den außenwirtschaftlichen Unwägbarkeiten besonders stark betroffen, da Großbritannien und die USA zwei der drei wichtigsten Absatzmärkte der deutschen Wirtschaft sind. Insgesamt dürfte 2017 zumindest konjunkturell daher kein euphorisches Jahr werden. Grund für akute Konjunktursorgen besteht aber ebenfalls nicht.
Konjunkturelle Ausgangslage 2016: Eine kurze Bestandsaufnahme
Das dritte Quartal 2016 fiel recht kraftlos aus. Mit einer BIP-Wachstumsrate von 0,2% gegenüber dem Vorquartal konnte das Wachstumstempo aus den ersten beiden Quartalen
(0,7% und 0,4%) nicht gehalten werden. Impulse kamen unverändert vom Konsum (privat
und öffentlich) und steigenden Bauinvestitionen, während Ausrüstungsinvestitionen nach
dem überraschenden Brexit-Votum leicht rückläufig waren. Auch vom Außenhandel gingen
Bremseffekte auf das Wachstum aus. Insgesamt bleiben aber die Aussichten für die deutsche Konjunktur weiterhin recht positiv. Sowohl die Aufträge im Verarbeitenden Gewerbe
als auch die Stimmungsindikatoren sprechen dafür, dass auch zum Jahreswechsel mit
positiven Wachstumsraten zu rechnen ist. Geschäftsklima und Einkaufsmanagerindizes
befinden sich, nachdem sie eine kurzfristige Verunsicherungsphase nach dem BrexitVotum hinter sich gelassen haben, wieder auf deutlich höheren Niveaus. Auch hat der
unerwartete Wahlsieg Trumps nicht zu einem Stimmungseinbruch geführt.
Ausblick 2017: Gute Voraussetzungen, aber viele Risiken
 2017 wird konjunkturell herausfordernd
Für das kommende Jahr erwarten wir konjunkturell kein ruhiges Fahrwasser, was auch an
der Vielzahl von politischen Ereignissen liegt. So dürfte die tatsächliche Brexit-Auslösung
durch Großbritannien gegen Ende des ersten Quartals zwar vor allem die Wirtschaft im
Vereinigten Königreich belasten, aber auch an der exportlastigen Industrie in Deutschland
nicht spurlos vorbeigehen. Immerhin ist Großbritannien der drittwichtigste Absatzmarkt für
deutsche Güter.
Unsicherheit sorgte für Stimmungsrückgang
Arbeitsmarktschwäche kündigt sich an
Unsicherheitsindex (lS, invertiert, 2 Monate verzögert) und ifo
Geschäftsklima (rS)
Arbeitslose und Unterbeschäftigung in Tausend zum Vormonat
Unsicherheit (inv.)
Arbeitslose
ifo
0
111
110
100
Unterbesch.
20
10
109
200
108
0
300
107
-10
106
400
105
500
104
Apr 16
Jul 16
Okt 16
Quelle: policyuncertainty.com, ifo Institut, BayernLB Research
-20
-30
Jan 15
Jul 15
Jan 16
Jul 16
Quelle: Arbeitsagentur, BayernLB Research
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
44
Bereits der überraschende Ausgang des Brexit-Referendums hatte die Unsicherheit auch
in Deutschland spürbar erhöht und die Unternehmensstimmung belastet (siehe Abbildung
vorherige Seite links). Da Unsicherheit bei Investitionsvorhaben belastet, sollte sich der
Bremseffekt zum Beginn der Brexit-Verhandlungen in einer kurzfristigen Investitionszurückhaltung zeigen, die im weiteren Jahresverlauf aber nur in Teilen wieder nachgeholt
wird. Auch die weiterhin sehr expansive Geldpolitik, die günstige Rahmenbedingungen für
die Finanzierung von Investitionsprojekten sicherstellt, dürfte in dem von Unsicherheit geprägten Umfeld Schwankungen der Investitionstätigkeit nicht verhindern können. Die weniger stark von außenwirtschaftlichen Entwicklungen abhängigen Bauinvestitionen dürften
2017 dagegen hoch bleiben. Hierfür sprechen die hohe Zahl der Baugenehmigungen und
weiterhin steigende Immobilienpreise. Allerdings besteht das Risiko, dass ein Anstieg des
Zinsniveaus die Flucht der Kapitalanleger in den Immobilienmarkt auf der Suche nach
Rendite etwas abbremst.
 Robuster öffentlicher und privater
Konsum
 Außenhandel eher
kraftlos
Aufwind sollte die Konjunktur unverändert vom Konsum bekommen, sowohl von privater
als auch von öffentlicher Seite. Auf privater Seite begünstigen die weiterhin hervorragenden Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt (geringe Arbeitslosenquote, Lohnsteigerungen)
den Konsum. Auch dürfte die Mindestlohnanhebung zu Jahresbeginn 2017 den Konsum
durch Kaufkraftgewinne anschieben. Der Mindestlohn wird im Rahmen der vereinbarten
zweijährigen Anpassung zum ersten Mal angehoben. Der Anstieg beträgt 4% (von 8,50 auf
8,84 Euro) und kommt etwa einem Zehntel der abhängig Beschäftigten zu Gute. Dies sorgt
angesichts der weiterhin deutlich unter 2% liegenden Inflationsrate für spürbare Kaufkraftgewinne. Da der Mindestlohn vornehmlich von einkommensschwächeren Personen bezogen wird, deren Sparneigung vergleichsweise gering ist, dürften die Konsumausgaben
unmittelbar steigen. Auch die kräftige Rentenerhöhung zur Jahresmitte 2016 (4,25% in den
alten, und 5,95% in den neuen Bundesländern) sollte noch positive Nachwirkungen entfalten, da sich die zusätzlichen Einnahmen dieser Personengruppe meist nur zögerlich in
höheren Konsumausgaben niederschlagen. Die öffentlichen Ausgaben werden wegen der
Aufnahme und Integration von Flüchtlingen hoch bleiben. Auch die Bundestagswahl spricht
dafür, dass der Sparstrumpf der Bundesregierung nicht allzu tief unter der Matratze vergraben wird. Die Voraussetzungen für einen hohen öffentlichen Konsum sind bei sprudelnden Steuereinnahmen und sinkender Zinslast hervorragend. Während der Fiskus vor der
Finanzkrise noch knapp 3% gemessen am BIP für Zinsen aufwenden musste, sind es derzeit nur noch rund 1,5%. In Summe dürften die finanzpolitischen Maßnahmen 2017 erneut
leicht expansiv wirken, wobei das BIP insbesondere durch zusätzliche investive Ausgaben
positive Impulse erhalten sollte. Die geplante Anhebung des Grundfreibetrages und des
Kinderfreibetrages, um der kalten Progression entgegenzuwirken, werden den öffentlichen
Haushalt 2017 zwar spürbar belasten, dafür aber den privaten Konsum stützen. Wir erwarten daher nach den hohen Haushaltsüberschüssen 2015 und 2016 für das kommende Jahr
einen nur leicht positiven Haushaltssaldo.
Der Außenhandel dürfte 2017 dagegen kaum zum BIP-Wachstum beitragen. Grund hierfür
ist auch der Brexit, der die Nachfrage nach deutschen Gütern allein über das schwache
Pfund bremst. Dem steht entgegen, dass sich in der zweiten Jahreshälfte ein tendenziell
positiver Effekt der US-Wirtschaftspolitik materialisieren könnte. Nachdem etwaige Handelsbarrieren der USA wohl kaum gegen Europa gerichtet sein werden, dürften Steuerund Fiskalmaßnahmen die Nachfrage in den USA stärken und damit auch zu einem positiven Impuls für die Exportnation Deutschland führen. Entsprechend fällt auch der Ausblick
für 2018 zunächst positiv aus. Ohne zusätzliche Sonderfaktoren dürfte das BIP-Wachstum
dann wieder etwas höher als im Jahr 2017 ausfallen.
Der Arbeitsmarkt dürfte sich auch im kommenden Jahr solide entwickeln. So sollte die Zahl
der Erwerbstätigen weiter steigen und im Jahresdurchschnitt 2017 das Vorjahresniveau
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
45
deutlich übertreffen. Wir erwarten dennoch einen Anstieg der Arbeitslosigkeit, der daraus
resultiert, dass mehr und mehr Geflüchtete nach erfolgreicher Anerkennung Integrationsmaßnahmen durchlaufen und nach Arbeit suchen. Andeutungsweise zeigt sich dies bereits
seit März 2016 in der Zunahme der Unterbeschäftigung (siehe Abbildung Seite 43 rechts),
in die auch Personen eingehen, die sich in Weiterbildungs- oder Integrationsmaßnehmen
befinden. Nach Abschluss dieser Maßnahmen dürfte sich die Arbeitslosenzahl nach einigen Monaten spürbar erhöhen. Insgesamt ist aber, solange sich der Stellenaufbau fortsetzt, keine Schwäche am Arbeitsmarkt zu diagnostizieren.
Inflation auch 2017 noch unter EZB-Ziel
 Inflationsanstieg
kommt im Frühjahr
zum Erliegen
Der jüngste Anstieg der Inflationsrate geht hauptsächlich auf einen Sondereffekt bei den
Energiepreisen zurück, der zu Jahresbeginn ausläuft. Auch die Erhöhung der EEG-Umlage
von 6,35 auf 6,88 Cent pro kWh (+8,3%) zum Jahresbeginn 2017 dürfte die Stromkosten
um knapp 2% erhöhen und damit die Komponente der Haushaltsenergie (Gewicht im Warenkorb knapp 7%) etwas anschieben. Der Effekt auf die Gesamtinflationsrate dürfte aber
mit allenfalls 0,1 Prozentpunkten gering ausfallen und der Anstieg der Inflationsrate im
Februar noch unterhalb der 2%-Marke zum Erliegen kommen. Danach sollte sich die Inflationsrate wieder in Richtung der Kernrate bewegen, die sich weiterhin nur zögerlich aufwärts entwickelt und in der Spitze 1,5% erreichen dürfte. Etwas Auftrieb dürfte die Kernkomponente im kommenden Jahr daher bekommen, dass der Bremseffekt, der zurzeit die
Unterkomponente der Mieten im Inflations-Warenkorb bremst, wegfallen wird. Seit Anfang
2015 überarbeitet das Statistische Bundesamt sukzessive die Mietstichprobe mit dem Ziel,
vermehrt Kleinvermieter und ländliche Regionen einzubeziehen. Damit kommt es während
der Anpassung zu einer Unterzeichnung der eigentlichen Mietentwicklung. In der ersten
Jahreshälfte 2017 dürfte der Überarbeitungsprozess aber abgeschlossen werden und damit auch die Mietkomponente, die mit etwa 21% einen großen Anteil am Warenkorb hat,
etwas stärker steigen. Insgesamt erwarten wir im Jahresdurchschnitt 2017 eine Inflationsrate von 1,6%, womit das von der EZB anvisierte Inflationsziel von „unter, aber nahe 2%“
auch in Deutschland noch unterschritten wird.
Prognose Deutschland
Preis- und saisonbereinigte Vierteljahreswerte, Vp bzw. Vj in Prozent
Q4
Q1
Q2
Q3
Q4
Q1
Q2
Q3
2015 2016 2017 2018
2015 2016 2016 2016 2016 2017 2017 2017
Private Konsumausgaben
0,4
0,6
0,2
0,4
0,2
0,3
0,2
0,3
1,9
1,9
0,9
1,0
Staatsverbrauch
1,2
1,1
1,2
1,0
0,7
0,7
0,9
0,8
2,7
4,2
3,2
2,0
Ausrüstungsinvestitionen
1,8
1,1
-2,3
-0,6
0,5
0,0
-0,7
0,4
3,4
1,2
-1,0
3,3
Wohnungsbauinvestition
1,9
2,3
-1,9
0,3
0,6
0,5
0,5
0,8
-0,1
2,1
1,7
2,8
Inlandsnachfrage
1,0
0,7
-0,1
0,5
0,3
0,3
0,1
0,4
1,5
2,2
1,1
1,2
Exporte
-0,7
1,4
1,2
-0,4
0,6
0,6
0,1
1,3
5,1
2,3
1,8
4,7
Importe
0,6
1,5
0,1
0,2
0,6
0,6
0,2
1,1
5,5
3,0
1,9
4,6
Außenbeitrag *
-0,6
0,0
0,5
-0,3
0,0
0,0
0,0
0,2
0,2
-0,2
0,1
0,4
Bruttoinlandsprodukt
0,4
0,7
0,4
0,2
0,3
0,3
0,1
0,5
1,7
1,8
1,2
1,5
Arbeitsm arkt
Erw erbstätige in Millionen
43,0
43,4
43,7
44,0
Arbeitslose in Millionen
2,8
2,7
2,9
3,0
Arbeitslosenquote in %
6,4
6,1
6,3
6,4
Quelle: BayernLB Research; Prognosen in blau *) Wachstumsbeitrag in Prozent des BIP
[email protected]
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
46
Deutschland: Ausgewählte Wirtschaftsindikatoren
 Stimmungsindikatoren haben sich erholt
Ifo Geschäftsklima der gewerblichen Wirtschaft
Auftragseingang und Industrieproduktion
Saisonbereinigt, 2000=100
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte, Vp in Prozent
ifo Geschäftsklima
Geschäftslage
Geschäftserwartungen
120
3
115
2
110
1
105
0
100
-1
95
-2
90
Nov 14
 Wachstumsdynamik intakt
Industrieproduktion
Auftragseingang
-3
Mai 15
Nov 15
Mai 16
Nov 16
Q4 13
Q1 16
Q4 16
Quelle: destatis, Datastream, BayernLB Research
Exporte
Bruttoinlandsprodukt und Privater Verbrauch
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte
Preis- und saisonbereinigt, Vp in Prozent, annualisiert
Bruttoinlandsprodukt
Privater Verbrauch
2,5
16
2,0
14
1,5
12
10
1,0
8
0,5
6
0,0
4
-0,5
2
-1,0
0
Q4 13
noch nicht
Q2 15
Quelle: ifo, Datastream, BayernLB Research
Exporte, Vp. in Prozent (lS)
ifo Exporterwartungen, Saldo (rS)
 Kernrate belebt sich
Q3 14
Q3 14
Q2 15
Q1 16
Q4 16
3,5
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
-0,5
-1,0
-1,5
Q3 13
Q2 14
Q1 15
Q4 15
Q3 16
Quelle: ifo, destatis, Datastream, BayernLB Research
Quelle: destatis, Datastream, BayernLB Research
Arbeitsmarkt
Verbraucherpreise
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte
Vj in Prozent
Verbraucherpreise
Kernrate (ohne Energie)
Erwerbstätige, Vp in Tsd. (lS)
Arbeitslosenquote, in Prozent (rS)
160
7,0
2,0
140
6,8
120
1,5
6,6
100
6,4
80
6,2
60
40
6,0
20
5,8
0
5,6
Q3 13
Q2 14
Q1 15
Q4 15
Q3 16
Quelle: Bundesag. f. Arbeit, Datastream, BayernLB Research
1,0
0,5
0,0
-0,5
Nov 14
Mai 15
Nov 15
Mai 16
Nov 16
Quelle: destatis, Datastream, BayernLB Research
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
47
Weitere Industrieländer
Japan: Wirtschaft stabilisiert sich - Notenbankexperiment könnte gelingen
 Leichte Belebung
des Wirtschaftswachstums
Inflation verlässt negatives
Terrain
Inflation, Veränderung z. Vj. in %, ab
Okt. 16 Prognose
1,2
1,0
Prognose
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
-0,2
-0,4
-0,6
Jan. 16 Nov. 16 Sep. 17
Quelle: Cabinet Office, Datastream,
BayernLB Research
Die japanische Wirtschaft hat sich im Verlauf des Jahres 2016 stabilisiert. Sie wuchs zwar
wenig dynamisch, aber stetig. Eine Ausnahme hiervon war das dritte Quartal, in dem vom
Außenhandel ein kurzfristiger Schub kam. Dies spricht für einen negativen Rückpralleffekt
im vierten Quartal, der jedoch durch einen schwächeren Yen abgemildert werden dürfte.
Zudem könnte der private Konsum wieder etwas zulegen, nachdem er im dritten Quartal
witterungsbedingt schwach ausgefallen ist. Insgesamt ergibt sich hieraus eine etwas höhere Wachstumsprognose für das Jahr 2016 von 0,8% (bisher 0,5%). Unsere Prognose für
das Jahr 2017 heben wir ähnlich stark an (von 0,7% auf 1,0%), was aber vor allem auf den
höheren statistischen Überhang zurückgeht. Zudem hat sich der im August 2016 verabschiedete Zusatzhaushalt in den veröffentlichten Daten bisher noch kaum gezeigt, dürfte
sich aber konjunkturell im Winterhalbjahr 2016/17 niederschlagen. Der Außenhandel wird
2017 dagegen nur geringe Wachstumsimpulse liefern. Zwar erwarten wir, dass der Yen
weiter abwertet, womit die preisliche Wettbewerbsfähigkeit japanischer Produkte im Ausland steigt. Allerdings dürfte China sein „soft-landing“ fortsetzen und damit für eine weiter
sinkende Nachfrage der asiatischen Länder sorgen. 2018 sollte sich die steigende Nachfrage aus den USA dann im zweiten Halbjahr auch in Japan bemerkbar machen. Zwar
scheint unter der Regierung Trump das transpazifische Handelsabkommen (TPP) vom
Tisch zu sein, jedoch bleibt Japan ein wichtiger Handelspartner der USA und dürfte vom
dortigen (kurzfristigen) Wirtschaftsaufschwung profitieren. Falls Abe bei seiner AbenomicsReform nicht eine stärkere Konsolidierung des staatlichen Haushalts vornimmt, dürfte das
Wirtschaftswachstum 2018 rund 0,9% erreichen.
Von der Inflationsseite erwarten wir insgesamt leicht positive Nachrichten: Die japanische
Wirtschaft sollte sich zum Jahreswechsel 2016/17 für die Dauer des Prognosehorizonts
aus dem negativen Inflationsbereich verabschieden. Zwar geht dies zunächst vor allem auf
einen deutlichen Anstieg der Nahrungsmittelpreise zurück, aber auch die für die BoJ wichtige Kerninflationsrate ohne frische Nahrungsmittel sollte im Frühjahr 2017 nachziehen und
ins Positive drehen. Die Teuerungsrate dürfte im Jahr 2017 durch einen Basiseffekt bei
den Nahrungsmittelpreisen kurzfristig auf bis zu 0,9% ansteigen, dann jedoch wieder auf
einen Wert von rund 0,4% sinken. Das Inflationsziel der BoJ von 2% wird dabei zu keiner
Zeit erreicht. Entsprechend hoch bleibt der Druck auf die Zentralbank, das Zinsniveau im
Umfeld steigender globaler Renditen niedrig zu halten um damit den Aufschwung nicht zu
gefährden und mit einem schwächeren Yen-Außenwert die Inflation und Konjunktur zu
beleben. Das hierzu im September eingeführte „yield-curve-control“ der BoJ (Kontrolle der
Zinskurve, Ziel der 10-jährigen Staatsanleihenrendite bei 0%) hat sich hierfür bislang als
geeignet erwiesen. In einem ersten Test nach der Wahl Trumps gelang es der BoJ im Umfeld fallender Bondpreise, dem Markt mit Kaufangeboten in prinzipiell unbegrenztem Umfang (fixed-rate-operations) eine glaubhafte Untergrenze für die Preise von Staatsanleihen
zu setzen. Die Renditen gingen daraufhin wieder zurück. Es bleibt aber spannend, ob diese Politik an den Märkten auch langfristig als glaubwürdig wahrgenommen wird, oder ob
die BoJ mit stark steigenden Kaufvolumina einem Renditeanstieg entgegentreten und
schlussendlich kapitulieren muss.
[email protected]
[email protected]
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
48
Großbritannien: Die Brexit-Rechnung kommt noch
 Britische Wirtschaft
wächst 2016 stärker als der EuroRaum – trotz
Brexit-Votums
 Kein „Soft Brexit“,
aber auch kein
„Brexit-Cliff“
 Zumindest auf der
QE-Seite wird die
BoE noch einmal
nachlegen
Die britische Wirtschaft hat sich 2016 trotz des Brexit-Votums gut geschlagen. Mit wohl
rund 2% dürfte das Wirtschaftswachstum nur leicht unter dem Wachstum im Jahr 2015 und
über unseren bisherigen Erwartungen liegen. Viel (Brexit-) Lärm um nichts also? Das denken wir nicht. Die Rechnung kommt noch. So dürfte der bislang sehr robuste private Konsum durch die steigende Inflation im Zuge der starken Pfund-Abwertung zunehmend belastet werden, zumal die Lohnentwicklung in Großbritannien schwach bleibt. Zudem dürfte die
Auslösung von Artikel 50 EUV im ersten Quartal 2017 eine Phase anhaltend schwacher
Unternehmensinvestitionen (dafür sprechen auch die abwärts gerichteten Umfragen zu
den Investitionsabsichten) einleiten.
Nach dem Gerichtsentscheid des Londoner High Court – welcher vom Supreme Court
Anfang 2017 bestätigt werden könnte – benötigt die britische Regierung für die Artikel 50Auslösung die Zustimmung des Parlaments. Wir denken aber nicht, dass dies dazu führen
wird, dass die Regierung nun auf einen „Soft Brexit“-Verhandlungskurs umschwenkt. Um
den Forderungen nach Immigrationsbeschränkungen gerecht werden zu können, dürfte die
britische Regierung weiterhin bereit sein, einen Teil des Zugangs zum Binnenmarkt (wohl
im Bereich der Finanzdienstleistungen) zu opfern. Die Verhandlungen werden angesichts
der vollgepackten politischen Agenda in Kontinentaleuropa im Jahresverlauf 2017 schleppend verlaufen. Sofern nicht bereits zu Beginn eine Einigung auf eine Übergangslösung
nach Ablauf der Zweijahresfrist der Verhandlungen gefunden wird, könnten dann auch
immer wieder Sorgen vor einem „Brexit Cliff“ (Rückfall der Handelsbeziehungen Großbritanniens gegenüber der EU und dem Rest auf WTO-Level) aufkommen. Vor diesem Hintergrund prognostizieren wir für das kommende Jahr weiterhin einen Rückgang des BIP.
Die jetzt erwartete Schrumpfung um 0,2% ist jedoch deutlich geringer als zuvor. Dies ist
zum einen dem wesentlich besser als erwarteten Verlauf der Wirtschaftsentwicklung im 2.
Halbjahr 2016 geschuldet. Zum anderen unterstellen wir nun einen graduelleren Rückgang
des privaten Konsums. In Verbindung mit den auch 2018 noch wenig ergebnisreichen
Brexit-Verhandlungen gehen wir für 2018 von einer leicht negativen Wachstumsrate (0,1%) aus. Nach dem Abschluss der Artikel 50-Verhandlungen (im Frühjahr 2019) unterstellen wir eine Übergangslösung, etwa eine vorübergehende EWR-Mitgliedschaft Großbritanniens, welche den Status quo der britischen Handelsbeziehungen weitgehend unverändert lassen würde. Ein umfassendes Handelsabkommen mit der EU und anderen Ländern
dürfte Großbritannien selbst auf Sicht von fünf Jahren nicht abschließen können. Ein „New
Deal“, etwa mit neu gesetzten Schwerpunkten in der Handelspolitik jenseits von Europa
und einem kontrollierten Einwanderungssystem, sollte damit noch lange nicht greifbar sein.
Entsprechend erwarten wir auch in den Jahren 2019 bis 2021 nur Wachstumsraten zwischen 0,5% und 1%, die deutlich unter der historischen Potenzialrate Großbritanniens liegen.
Auf der geldpolitischen Seite bedeutet dies, dass in den nächsten Jahren Zinsanhebungen
unwahrscheinlich sind. Entgegen unserer bisherigen Meinung rechnen wir nicht mehr mit
einer weiteren Senkung der Bank Rate (derzeit 0,25%), um der Pfundschwäche und dem
daraus resultierenden Inflationsdruck keinen Vorschub zu leisten. Weitere Staatsanleihekäufe durch die BoE (das aktuelle Programm endet Anfang 2017) halten wir allerdings
weiter für wahrscheinlich, auch um sich vom US-Zinsanstieg abzuschirmen. Zusammenfassend lässt sich sagen: Auch wenn der unmittelbare Schock ausgeblieben ist, das BrexitVotum wird die britische Wirtschaft und UK-Assets noch in erhebliche Schwierigkeiten
bringen und ein längerfristiger Belastungsfaktor bleiben.
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
49
Schwellenländer
China: Das Wachstum verlangsamt sich weiter
 Konjunkturpaket
entfaltet Wirkung
Nach offiziellen Angaben belief sich das reale BIP-Wachstum im dritten Quartal – wie in
den beiden Vorquartalen – auf 6,7%. Der stärkste Treiber waren die Infrastrukturinvestitionen, was als Beleg dafür zu werten ist, dass das Mitte des Jahres aufgelegte Konjunkturpaket, dessen Fokus auf der Verbesserung der Transportwege liegt, Wirkung entfaltet.
Dieses Programm ist bis 2018 ausgelegt und wird die Wirtschaftsentwicklung weiterhin
stützen. Dennoch gehen wir, insbesondere aufgrund des notwendigen und forcierten Abbaus von Überkapazitäten im industriellen Sektor, davon aus, dass sich die Konjunkturdynamik mit einer Wachstumsrate von 6,3% (2017) bzw. 6,1% (2018) weiter leicht verlangsamt. Auch von der geldpolitischen Seite sind kurzfristig keine Wachstumsimpulse zu
erwarten: Zum einen sprechen die immer noch stark steigende Neuverschuldung von
(staatsnahen) Unternehmen bzw. die damit einhergehenden Risiken für die Finanzstabilität
gegen weitere geldpolitische Lockerungen; zum anderen hat die Zentralbank nach den
Wechselkurskapriolen zum Jahreswechsel 2015/16 wohl wenig Interesse daran, den ohnehin vorhandenen Abwertungsdruck des Renminbi gegenüber dem Dollar (wegen Zinserhöhungen der Fed) durch eigene Zinssenkungen zu verstärken.
Ein Abwärtsrisiko für unsere Wachstumsprognosen 2017 und 2018 sind die Unwägbarkeiten der US-Handelspolitik unter Donald Trump. Auch wenn wir nicht davon ausgehen, dass
Trump chinesische Handelsgüter flächendeckend mit einem Schutzzoll in Höhe von 45%
belegt bzw. einen Handelskrieg heraufbeschwört, sind zumindest (schwache) protektionistische Maßnahmen wahrscheinlich. Mittel- bis langfristig könnte sich die neue USRegierung für China sogar als Glücksfall erweisen. Dies wäre insbesondere dann der Fall,
wenn Trump – wie er nach der Wahl glaubhaft versicherte – das Handelsabkommen TPP
stoppt. Durch das geplante Abkommen mit Kanada, Mexiko, Chile, Peru, Australien, Neuseeland, Japan, Malaysia, Singapur, Vietnam und Brunei wollten die USA nicht zuletzt
ihren Einfluss in Asien und Ozeanien stärken und gleichzeitig den Machtanspruch Chinas
eindämmen. Sollten sich die USA nun kurz vor der Ratifizierung zurückziehen, wird das
gesamte Abkommen scheitern und eine Lücke hinterlassen, in welche die Chinesen nur
allzu gerne vorstoßen würden.
Türkei: Tourismus und (Auslands-)Investitionen dämpfen das Wachstum
 Makroökonomische
Situation ist in
Schieflage
Die Türkei unter Präsident Erdogan entwickelt sich immer mehr zu einer Autokratie auf
Kosten von Menschenrechten, der Unabhängigkeit der Justiz und der Pressefreiheit. Passenderweise entfernt Erdogan die Türkei von Europa und bewegt sich auf die Autokratien
im Osten – insbesondere Russland – zu. Die politischen Beziehungen zur EU verschlechtern sich derweil zusehends. In Kombination mit der unzureichenden Sicherheitslage leidet
die Wirtschaft massiv: Während die Einnahmen im Tourismussektor um ein Drittel eingebrochen sind, liegen die Pläne vieler ausländischer Investoren derzeit auf Eis. Unter dem
Strich wird sich das reale Wirtschaftswachstum 2016 auf 3% verlangsamen – was angesichts einer Inflationsrate von 7,5% und einem Leistungsbilanzdefizit von 5% zu wenig ist,
um die makroökonomische Stabilität zu gewährleisten. Mit Wachstumsprognosen von
2,8% (2017) bzw. 2,0% (2018) wird sich an diesem Befund in absehbarer Zeit kaum etwas
ändern.
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
50
Devisen: Dollar-Stärke nach Trump-Sieg dürfte
noch etwas weitergehen
Dollar: Aufwertung mit steigenden Zinserwartungen
 Dollar nach TrumpSieg nur kurzzeitig
unter Druck
In den Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl hatte sich der Dollar im Takt der Wahlumfragen bewegt: Bessere Umfragewerte für Donald Trump ließen den Dollar abwerten, geringere Wahlchancen gegenüber Hillary Clinton sorgten für Auftrieb. Nach dem Trump-Sieg
kam es dann an den Märkten kurzzeitig zu einer steigenden Risikoaversion und einem
schwächeren Dollar. Aufgrund der überraschenden republikanischen Mehrheiten sowohl
im Repräsentantenhaus als auch im Senat verschob sich dann jedoch der Fokus auf die
Aussichten für umfangreiche Steuersenkungen und Ausgabensteigerungen unter der neuen US-Administration. Dies würde eine schuldenfinanzierte Konjunkturstimulierung bedeuten und angesichts der fast erreichten Vollbeschäftigung in den USA zu einer steigenden
Inflation und zu schnelleren Leitzinserhöhungen der Fed führen. Daher weiteten die USRenditen bei kürzeren und längeren Laufzeiten ihren Vorsprung gegenüber dem EuroRaum deutlich aus und ließen den Dollar auf zuletzt 1,06 Dollar je Euro aufwerten. Gegenüber dem Yen fiel die Aufwertung noch stärker aus, u.a. weil es hier auch zu DollarEindeckungskäufen auf die zuvor beträchtlichen offenen Dollar-Shortpositionen gegenüber
dem Yen kam.
 Erwartungen an
schuldenfinanzierte
Steuersenkungen
stärken den Dollar
Auf Sicht der nächsten drei Monate gehen wir davon aus, dass Präsident Trump tatsächlich versucht, größere Steuersenkungen und Ausgabensteigerungen einzuleiten. Dies dürfte zu einem weiteren erheblichen Anstieg der Renditedifferenzen zwischen den USA und
dem Euro-Raum führen (siehe Grafik, negative Werte stellen einen US-Renditevorsprung
dar). Zudem wird die Fed wohl im Dezember den Leitzins um 25 Basispunkte erhöhen,
während wir von der EZB eine Verlängerung der QE-Anleihekäufe um sechs Monate bis
September 2017 (und eine entsprechende Anpassung der Kaufparameter) erwarten. Unter
dem Strich rechnen wir daher mit einer weiteren deutlichen Dollar-Aufwertung auf 1,03
Dollar je Euro in drei Monaten.
Euro-Dollar und Zinsdifferenz Euro-Raum – USA bei längeren Laufzeiten
Monatsdurchschnitte; rS: Zinsdifferenz zwischen zehnjährigen Bundes- und US-Anleihen
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
Im Rahmen der im März vom US-Kongress zu genehmigenden Erhöhung der Schuldenobergrenze erwarten wir jedoch, dass gewichtige Teile der Republikaner eine übermäßige
Ausweitung des Haushaltsdefizits verhindern. Außerdem sollte der bis dahin von uns erwartete Zinsanstieg von US-Anleihen der Regierung deutlich machen, dass eine umfangreiche Ausweitung des Defizits die Finanzierungskonditionen für Staat und Wirtschaft er-
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
51
heblich verschlechtern könnte. Vor diesem Hintergrund nehmen wir an, dass sich auf Sicht
von drei bis sechs Monaten eine Enttäuschung der Hoffnungen auf größere Fiskalimpulse
abzeichnet. Dies sollte die längerfristigen US-Renditen wieder etwas zurückgehen lassen
und den Dollar vorübergehend schwächen. Zugleich rückt dann jedoch die nächste FedZinserhöhung (wohl im Juni 2017) näher. Zudem rechnen wir damit, dass die Investitionsunsicherheit nach dem Beginn der Brexit-Verhandlungen die Konjunktur in Großbritannien und im Euro-Raum stärker als vom Markt erwartet beeinträchtigen wird. Wir gehen
davon aus, dass die Konjunkturdelle im Euro-Raum im zweiten Quartal am tiefsten sein
wird und entsprechend schwache Werte der Einkaufsmanagerindizes den Euro dann belasten werden. Per saldo erwarten wir daher in sechs Monaten mit 1,03 Dollar je Euro eine
ähnliche Bewertung wie in drei Monaten. Auf Jahressicht sollte die Konjunkturdelle im Euro-Raum überwunden sein und der Euro von verbesserten Wachstumserwartungen für
2018 unterstützt werden. Dies dürfte aber nicht ausreichen, um den Dollar stärkenden Einfluss der dann näher rückenden, weiteren Zinsanhebungen der Fed (im Dezember 2017
und im Jahr 2018) zu kompensieren. Insgesamt rechnen wir mit einer weiteren leichten
Dollar-Aufwertung auf 1,02 Dollar je Euro in einem Jahr.
 Euro und Dollar
unterliegen ausgeprägten Risiken
Sowohl für den Euro als auch für den Dollar gibt es im Prognosezeitraum allerdings ausgeprägte Risiken. Im Euro-Raum steht zunächst am 4. Dezember das Referendum über
die Verfassungsreform in Italien an, wo im Falle einer Ablehnung ein Reformstillstand zu
befürchten ist. Am selben Tag könnte FPÖ-Kandidat Hofer in Österreich zum Präsidenten
gewählt werden. Wie im Sonderkapitel „Europa mit Zerfallserscheinungen“ auf S. 12 beschrieben, stehen auch 2017 wichtige politische Entscheidungen in Europa an, bei denen
populistische Parteien erfolgreich sein könnten, was den Zusammenhalt der Währungsunion vor eine Belastungsprobe stellen könnte. Sollte sich im Vorfeld dieser Ereignisse ein
Sieg der Populisten andeuten, oder es gar tatsächlich zu einem Erfolg der europakritischen
Parteien kommen – hierbei steht vor allem die Präsidentschaftswahl in Frankreich im Fokus – ist mit einer noch deutlicheren Abwertung des Euro zu rechnen.
Für den US-Dollar bestehen allerdings ebenfalls deutliche Risiken, auch angesichts der
zuletzt nach wie vor sehr hohen offenen Euro-Shortpositionen (Leerverkäufe) gegenüber
dem Dollar. So könnten „Fehltritte“ des neuen Präsidenten Trump zu Risikoaversionsbewegungen an den Märkten (wie am Morgen direkt nach der Wahl) und zu geballten EuroEindeckungskäufen führen. Obwohl wir auf Sicht von drei bis zwölf Monaten per saldo eine
Seitwärtstendenz erwarten, ist also durchaus mit einer erhöhten Volatilität des Wechselkurses zu rechnen.
 Dollar-Aufwertung
gegenüber dem
Yen besonders von
US-Renditen
getrieben
Gegenüber dem Yen erwarten wir auf Sicht von drei Monaten zunächst ebenfalls eine
deutliche Dollar-Aufwertung. Hier spielen neben den Fed-Zinserhöhungen die US-Renditen
bei längeren Laufzeiten eine besonders große Rolle, da die japanische Zentralbank (BoJ)
die Renditen zehnjähriger Anleihen wohl weiterhin nahe Null halten wird („yield curve control“). Auf der Basis unserer Renditeprognosen für zehnjährige US-Anleihen und weiterer
US-Leitzinsanhebungen rechnen wir mit einer Dollar-Aufwertung auf 115 bzw. 118 Yen je
Dollar in drei bzw. zwölf Monaten. Dabei unterstellen wir, dass es bei einer leicht anziehenden Kerninflation in Japan zu keiner Veränderung des von der BoJ im Rahmen der
„yield curve control“ angestrebten Zinsniveaus kommt.
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
52
Pfund: Erholung wird nicht von Dauer sein
 Das Pfund profitierte vom Trump-Sieg
unserer Meinung
nach zu Unrecht
 BrexitVerhandlungen belasten das Pfund
wohl länger
Der größte Profiteur des Trump-Siegs in der FX-Welt war neben dem Dollar das Pfund. Die
Hoffnungen am Markt sind offensichtlich, dass mit einem US-Präsidenten Trump das Königreich eine bevorzugte Behandlung mit Blick auf ein Handelsabkommen haben wird.
Schließlich hat Trump das Brexit-Votum im Juni als „great development“ bezeichnet, während Obama im Brexit-Wahlkampf den Briten gesagt hatte, sie müssten sich bei Verhandlungen eines Handelsabkommens „ganz hinten in der Schlange anstellen“. Unserer Ansicht
nach schwingt hier viel Wunschdenken mit und das Pfund dürfte diese Gewinne auf Sicht
der nächsten Monate wieder abgeben müssen. Diese Abwertung sollte dann ein Jahr weiterer erheblicher Verluste (rund 10% auf Jahressicht) für das Pfund einleiten. Da wir nun
keine weitere Zinssenkung der BoE erwarten, haben wir unsere Prognosen etwas zugunsten des Pfunds korrigiert (zu Großbritannien siehe auch Kapitel Industrieländer Seite 47).
Die Liste der Belastungsfaktoren ist lang: Auslösung von Artikel 50 EUV im ersten Quartal,
holprige Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU, Konjunkturabschwung, weitere QE-Käufe der BoE, sehr hohes Leistungsbilanzdefizit, hohes Haushaltsdefizit (kein
Spielraum für umfassende Fiskalmaßnahmen) und die schwelende Frage nach einem weiteren Unabhängigkeitsreferendum Schottlands.
Da die britische Regierung keinen unkomplizierten Brexit nach dem Norwegen-Modell vollziehen dürfte, wird das Pfund die Brexit-Belastung auf Jahre mit sich herumtragen. Zwar
rechnen wir nicht damit, dass die Handelsbeziehungen Großbritanniens mit der EU und
dem Rest der Welt nach der Zweijahresfrist der Artikel-50-Verhandlungen abrupt auf WTOStandard fallen („Brexit Cliff“), sondern dass eine Übergangslösung (für Details sei nochmal auf das UK-Kapitel verwiesen) gefunden wird. Das Brexit Cliff-Szenario ist aber ein
erhebliches Risiko für das Pfund und könnte immer wieder am Markt gespielt werden. Zudem ist das Pfund auf dem aktuellen Niveau aus längerfristiger Bewertungssicht trotz der
erheblichen Verluste nach dem Brexit-Votum keineswegs als „billig“ zu bezeichnen. Das
derzeitige Pfund-Niveau ist also nicht als günstiges Einstiegsniveau zu sehen.
Franken: SNB sollte dem Aufwärtsdruck graduell nachgeben
 SNB dürfte Interventionstempo nicht
halten können
 Politische Kollision
mit der EU unwahrscheinlicher geworden
Vor dem Hintergrund des politischen Risikoumfeldes im Euro-Raum dürfte der Franken
vorerst weiter in der Nähe von 1,07 CHF je Euro notieren. Stärkere Zugewinne des Frankens, etwa im Nachgang des italienischen Referendums (welches Renzi verlieren dürfte),
sollte die SNB durch Interventionen verhindern. Auf Sicht der kommenden Monate dürfte
sie dem Marktdruck aber graduell nachgeben und einen etwas festeren Franken bei etwa
1,05 CHF tolerieren. Schließlich musste die SNB in den letzten Monaten in erheblichem
Umfang intervenieren, um den Franken auf dem derzeitigen Niveau zu halten. Angesichts
der bereits sehr hohen Devisenreserven der SNB werden weitere Interventionen immer
problematischer. Die anhaltend guten Schweizer Wirtschaftszahlen lassen einen festeren
Franken für die SNB zudem verkraftbarer erscheinen.
Ein erhebliches Risiko für unsere Prognose bleibt die Umsetzung der 2014 angenommenen Schweizer Volksinitiative zur mengenmäßigen Beschränkung der EU-Zuwanderung.
Diese muss bis Februar 2017 umgesetzt werden. Eine dem Wortlaut entsprechende Umsetzung würde die Freihandelsabkommen mit der EU aufs Spiel setzen. Die aktuellen politischen Entwicklungen in der Schweiz sprechen aber dafür, dass die Politik einen Konflikt
mit der EU scheut. So werden die Umsetzungsmodelle, die derzeit diskutiert werden, der
Volksinitiative nicht ganz gerecht, wären für die EU wohl aber akzeptabel.
[email protected]
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
53
Ausgewählte Wechselkurse
 Pfund-Abwertung
dürfte sich fortsetzen
Dollar je Euro und Euro-Außenwert
Pfund, Franken
Monatsdurchschnitte, Außenwert: real, 2010=100
Monatsdurchschnitte
Dollar je Euro (lS)
Euro-Außenwert (rS)
Pfund je Euro (lS)
Franken je Euro (rS)
1,40
105
1,30
100
1,20
95
1,10
90
1,00
85
0,90
1,25
0,85
1,20
0,80
1,15
0,75
1,10
0,70
1,05
0,65
Nov Mai Nov Mai Nov Mai Nov
13 14 14 15 15 16 16
 Yen wertet seit
Trump-Sieg ggü.
Dollar und Euro ab
Quelle: BayernLB Research
Quelle: BayernLB Research
Yen
Außenwert Dollar, Pfund, Yen
Monatsdurchschnitte
Monatsdurchschnitte, Außenwert: real, 2010=100
Yen je Dollar (lS)
Yen je Euro (rS)
130
150
120
140
110
130
100
120
90
120
90
80
100
70
110
90
60
Nov Mai Nov Mai Nov Mai Nov
13 14 14 15 15 16 16
Quelle: BayernLB Research
besonders auf 3Monats-Sicht anhalten
Dollar-Außenwert (lS)
Pfund-Außenwert (lS)
Yen-Außenwert (rS)
110
Nov Mai Nov Mai Nov Mai Nov
13 14 14 15 15 16 16
 Dollar-Stärke sollte
1,00
Nov Mai Nov Mai Nov Mai Nov
13 14 14 15 15 16 16
Quelle: BayernLB Research
Wechselkursprognosen
Monatsdurchschnitte
Dollar
Konsens-Prognose
Japanischer Yen
Konsens-Prognose
Britisches Pfund
Konsens-Prognose
Schw eizer Franken
Konsens-Prognose
USD pro EUR
Stand am
in 3 Monaten
in 6 Monaten
in 12 Monaten
29.11.2016
Feb 2017
Mai 2017
Nov 2017
1,07
1,03
1,03
1,02
1,09
1,09
1,09
115
115
118
105
105
106
0,90
0,92
0,95
0,87
0,88
0,87
1,07
1,06
1,05
1,08
1,08
1,09
USD pro EUR
JPY pro USD
112
JPY pro USD
GBP pro EUR
0,85
GBP pro EUR
CHF pro EUR
CHF pro EUR
1,08
Quelle: BayernLB Research
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
54
Rentenmärkte: Neue Welt nach Trump?
Staatsanleihen: Zinsschleife, aber keine Zinswende im Euro-Raum
 USA: Inflation und
Zinserhöhungen
noch nicht vollständig eingepreist
 US-Treasuries in 12
Monaten bei 2,7%
 10-jährige Bunds in
positivem Terrain
Selbst wenn es so kommt, wie wir erwarten, und in den USA nur ein kleiner Teil der im
Wahlkampf versprochenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen umgesetzt wird, besteht für
US-Treasuries noch weiterer Anpassungsbedarf. So sind aktuell weder für 2017 noch für
2018 jeweils zwei Zinsschritte vollständig eingepreist. Nach dem Zinsschritt im Dezember
2016 erwarten wir bis Ende 2018 insgesamt jedoch sechs Zinserhöhungen. Auch die erwartete Dynamik des Inflationsanstiegs (2018: 2,5%) ist bislang noch nicht vollständig in
den Marktinstrumenten gespiegelt.
Mit Bekanntwerden der konkreten Pläne für die ersten 100 Tage der Präsidentschaft
Trumps erwarten wir daher eine Parallelverschiebung der US-Kurve nach oben. Die Renditen für 10-jährige Treasuries dürften auf Dreimonatssicht bei etwa 2,6% liegen. In den
Mühlen des Politikbetriebs werden die Pläne jedoch wieder beschnitten und Erwartungen
zurückgenommen werden, was wohl kurzfristig für Enttäuschung und einen temporären
Renditerückgang sorgt. Auf Sicht von 12 Monaten, wenn erste konjunkturelle Effekte zu
spüren sind und sich die Fed-Rhetorik verschärft, sollte sich der Treasury-Aufwärtstrend
verfestigen und 10-jährige Treasury-Renditen wieder auf rund 2,7% treiben.
10-jährige Bundrenditen sollten durch die US-Vorgaben nachhaltig in positivem Terrain
gehalten werden. Da die Divergenz der Geldpolitik von EZB und Fed 2017 anhält, werden
Bunds am langen Ende der Kurve die Treasury-Bewegungen aber nur in abgeschwächter
Form nachvollziehen. Der Transatlantik-Spread sollte in den kommenden drei Monaten
seinen Höhepunkt bei rund 220 Basispunkten und 10-jährigen Bundrenditen von 0,4%
erreichen. Dass sich der Spread im weiteren Jahresverlauf trotz zunehmender Anleiheknappheit dann wieder geringfügig einengen wird, ist der dann wohl wieder aufkommenden
Debatte über ein Tapering der EZB geschuldet, obwohl aus unserer Sicht ein Beginn des
Tapering vor Mitte 2018 nicht zu erwarten ist. Auf Sicht von 12 Monaten sehen wir 10jährige Bunds mit einer Rendite von 0,6% auf dem Niveau von Anfang 2016. Die verhaltenen Bewegungen der Bundrendite am langen Ende, bei einem Niveau von deutlich unter
1%, lassen es uns verfrüht erscheinen, schon jetzt die Zinswende auszurufen.
10J Treasury Rendite und Fed Leitzins
10J Bundrendite im Treasury-Geleitzug
In %
In %
2,8
1,6
1,0
Prognose 10J Bund
Prognose Refi-Satz
1,0
2,6
1,4
0,8
0,8
2,4
1,2
2,2
1,0
0,6
0,6
2,0
0,8
0,4
0,4
1,8
0,6
0,2
0,2
1,6
0,4
1,4
0,2
0,0
0,0
1,2
Apr 15
0,0
10J UST (l.S.)
Fed Funds Target (r.S.)
Okt 15
Apr 16
Okt 16
Quelle: Bloomberg, BayernLB Research
[email protected]
10J Bund (l.S.)
Refi-Satz (r.S.)
Prognose 10J UST
Prognose Fed
Apr 17
Okt 17
-0,2
Apr 15
-0,2
Okt 15
Apr 16
Okt 16
Apr 17
Okt 17
Quelle: Bloomberg, BayernLB Research
[email protected]
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
55
Covered Bonds: Mehr Risiken als Chancen – Wir bleiben defensiv
 Primärmarkt: Verhaltene Emissionstätigkeit im Jahr
2017
Die auch 2017 relativ hohen Rückzahlungen von120 Mrd. Euro sprechen eigentlich für eine
lebhafte Emissionstätigkeit. Dennoch überwiegen im nächsten Jahr die Argumente für eine
lediglich verhaltene Primärmarktaktivität. So ist für viele Banken die ZentralbankRefinanzierung günstiger als die Emission von Covered Bonds. Zudem werden politische
Risiken und Spekulationen über den Beginn des QE-Tapering den Primärmarkt belasten.
Nach einem Volumen von 125 Mrd. Euro (2016 YTD) rechnen wir für das Gesamtjahr 2017
mit Neuemissionen zwischen 120 und 130 Mrd. Euro.
 Sekundärmarkt:
Mit dem überraschenden Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen hat die Unsicherheit an
den Märkten weiter zugenommen. Auch im nächsten Jahr dürften sich die europäischen
Finanzmärkte in einem Umfeld erhöhter politischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten
bewegen. Für die Spread-Entwicklung im nächsten Jahr sehen wir auf den, in vielen Segmenten im langfristigen Vergleich nach wie vor sehr niedrigen Niveaus mehr Risiken als
Chancen. So könnten die politischen Unwägbarkeiten, z. B. das Erstarken populistischer
EU-kritischer Kräfte neben den Tapering-Spekulationen zum bestimmenden Faktor am
Covered Bond-Markt werden und insbesondere die Euro-Peripherie belasten.
Politische Risiken
belasten
 Allokationsempfehlung: Wir übergewichten weiterhin
defensive Ländersegmente
Da in unserem Basisszenario insbesondere Covered Bonds der EU-Peripherie leiden dürften, behalten wir unsere Mitte 2016 eingenommene defensive Positionierung bei und untergewichten insbesondere Spanien und Italien. Dagegen erwarten wir, dass sich Covered
Bonds aus EU-Kernländern, skandinavische Covered Bonds sowie gedeckte Anleihen aus
Nicht-EWR-Ländern (Australien, Kanada, Neuseeland) in den nächsten Monaten überdurchschnittlich entwickeln und übergewichten diese.
Unabhängig von der Entwicklung des Covered Bonds-Marktes in den nächsten sechs bis
neun Monaten (auf die sich unsere Prognosen und Empfehlungen beziehen) möchten wir
verstärkt auf die unseres Erachtens unheilvollen langfristigen Wirkungen der ultralockeren
EZB-Politik auf den Covered Bond-Markt hinweisen. In unserem kürzlich erschienenen
Ausblick („Covered Bonds 2017: Die wichtigsten Themen und unsere Anlageempfehlung“
vom 25.11.2016) fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und erklären, warum
in einem Risikoszenario vor allem Systemrelevanz und Liquiditätsrisiken von Covered
Bonds wichtig werden.
Sekundärmarkt: Italienische und spanische
Covered Bonds zuletzt mit Spread-Ausweitung
Nach negativem Nettoangebot 2016 erwarten
wir für 2017 maximal ein geringes Plus
ASW Spread Veränderung in Bp (iBoxx Länder-Indizes)
Fälligkeiten und Neuemissionen von Benchmark Covered
Bonds (≥ 500 Mio. Euro, fixer Coupon) inkl. Taps in Mrd. Euro
ES
China, Öl
polit. Risiken
90
80
Primär70Hohes
angebot
60
50
40
30
20
10
0
08/15 11/15
IE
PT
IT
QE-Aufstockung
TrumpSieg
Brexit
Fälligkeiten Gesamt
Nettoneuemissionen
200
Neuemissionen
150
100
50
0
02/16 05/16
Quelle: Datastream, BayernLB Research
08/16
11/16
-50
2013 2014 2015 2016 2017* 2018 2019
Quelle: Bloomberg, BayernLB Research, *Prognose
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Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
56
Credits: EZB hält die Risikoaufschläge noch in Schach
 Nach der US-Wahl:
Credit-Spreads
werden auf beiden
Seiten des Atlantiks
auseinanderdriften
 Politisches Risiko
erhöht die SpreadVolatilität
 Neue Gattung von
Senior Unsecured
lässt das Angebot
der „Alt-Anleihen“
schmelzen
Während die erste Reaktion der Aktienmärkte auf die geplanten Infrastruktur- und Steuerprogramme der neuen Trump-Administration durchwegs positiv ausfiel, wurden die Maßnahmen an den Credit-Märkten kritischer gesehen und hatten leichte SpreadAusweitungen zur Folge. Mittelfristig erwarten wir aufgrund der stärker divergierenden
geld- und fiskalpolitischen Ausrichtung auf beiden Seiten des Atlantiks nicht nur ein Auseinanderdriften der Staatsanleihen-Renditen, sondern auch der Risikoaufschläge von Unternehmensanleihen (um ca. 10 Basispunkte auf Index-Ebene). Während bei europäischen
Unternehmen weiterhin eine disziplinierte Ausgabenpolitik und damit eine stabile RatingEntwicklung aufgrund von strukturellen Veränderungen (wie z.B. in der Versorgerbranche)
und hoher politischer Unsicherheit zu erwarten ist, dürften die US-Peers ihren ReLeveraging-Trend fortsetzen. Die relativ aggressive, Shareholder-orientierte Politik (hohe
M&A-Aktivitäten und Aktienrückkaufprogramme) dürfte durch die geplanten Maßnahmen
der Trump-Administration weiter befeuert werden. Zu einem aktiven Abbau von Verbindlichkeiten, der i.d.R. bei einer länger zu erwartenden Wirtschaftsschwäche zu beobachten
ist, dürfte es 2017 daher nicht kommen.
Neben möglichen Störfaktoren von der anderen Seite des Atlantiks dürften vor dem Hintergrund der Populismus-Welle politische Ereignisse in Europa die Spread-Volatilität (und
Risikoaversion) zeitweise spürbar erhöhen. Einen massiven Anstieg auf Index-Ebene erwarten wir mittelfristig wegen des EZB-Kaufprogramms und einem weiteren „Durchwurschteln“ auf politischer Seite nicht. Vielmehr birgt eine intensivere Tapering-Diskussion zur
Jahresmitte 2017 das Risiko, dass die Credit-Investoren die Stützung seitens der EZB in
Frage stellen. Auch wenn sich die Volatilität primär im Staatsanleihe-Universum widerspiegeln sollte, dürfte sie die Unternehmensanleihen nicht gänzlich unberührt lassen, sodass
sich die Risikoaufschläge im zweiten Halbjahr marginal ausweiten dürften.
Das Senior Financial-Universum dürfte durch die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission
zur Harmonisierung des im nationalen Insolvenzrecht festgelegten Rangs unbesicherter
Schuldtitel langfristig beflügelt werden. Banken werden angehalten, eine neue Gattung von
unbesicherten Schuldtiteln (sog. T3-Anleihen) zu emittieren, die im Insolvenz- oder Abwicklungsfall zuerst herangezogen wird. Das stark rückläufige Netto-Angebot „alter“ Senior
Unsecured-Anleihen dürfte 2017 zu leicht rückläufigen Spreads auf Index-Ebene führen.
Nur marginale Bewegungen in 2017 zu erwarten
Bislang stabile Rating-Entwicklung in Europa
Asset Swap Spread in Bp
Rating Drift = (Upgrades - Downgrades)/ geratete Emittenten
160
Non-Financials
Financials Senior
Global
140
10
120
0
100
-10
80
-20
60
Europa
-30
40
20
Nov 15
USA
-40
Mai 16
Nov 16
Mai 17
Nov 17
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
Nov
11
Nov
12
Nov
13
Nov
14
Nov
15
Nov
16
Quelle: Moody’s, BayernLB Research
[email protected]
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
57
Aktienmärkte: Chancen überwiegen noch
Das Jahr 2016 wird der DAX trotz geldpolitischer Unterstützung voraussichtlich mit einer
enttäuschenden Performance abschließen (DAX Year-to-Date per 25.11: -0,5%). Weder
von den Unternehmensgewinnen noch von der Bewertungsentwicklung kamen per saldo
positive Impulse. Für das Jahr 2017 sind die Perspektiven etwas günstiger.
Moderate Bewertungsexpansion plausibel
DAX: Für 2017 KGV-Bandbreite von 10,5 bis 14,0 plausibel
Kurs-Gewinn-Verhältnis des DAX auf
Basis erwarteter Gewinne, Monatswerte
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
Quelle: Thomson Reuters Datastream,
IBES, BayernLB Research
Während die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) des DAX im ersten Quartal 2016 durch USRezessionssorgen im Zuge des kollabierenden Ölpreises kräftig unter Druck kamen und im
Jahresverlauf durch politische Schocks bzw. Risiken belastet blieben (Brexit-Votum, EUKrise), erscheint für 2017 eine leichte Bewertungsexpansion bzw. ein moderater Rückgang
der Risikoprämien plausibel. Zwar werden politische Risiken weiter belasten und für Volatilität sorgen, jedoch sind diese bereits in gewissem Ausmaß eskomptiert, und wir erwarten
in unserem Basisszenario keine dramatische Eskalation wie etwa ein Auseinanderbrechen
der EU oder der Währungsunion. Von der 2017 und 2018 leicht beschleunigenden Weltwirtschaft sollten dagegen auf Gesamtjahressicht positive Impulse auf die Bewertungen
ausgehen, auch wenn im Jahresverlauf im Zuge Brexit-Verhandlungen in Europa noch
Bremseffekte zu erwarten sind. In unserem Prognoseszenario gehen wir von einem DAXKGV zum Jahresende 2017 von 13,5 sowie einer Bandbreite von 10,5 bis 14,0 (aktueller
Wert: 12,5) aus. Damit würden die Bewertungsspitzen des Frühjahrs 2015 nicht wieder
erreicht, als das DAX-KGV kurzzeitig über 15 gestiegen war.
Aktienmärkte: Globale Konjunkturbelebung unterstützt, Dynamik bleibt aber verhalten
Risikoprämie DAX (Differenz von DAX-Gewinnrendite und Rendite 10-jähriger Bundesanleihen) und globaler Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe, Monatswerte
JPMorgan Global Manufacturing PMI (lS)
Risikoprämie DAX (invers, rS, in Prozent)
54
5
53
6
52
7
51
8
50
9
49
10
48
47
11
2012
2013
2014
2015
2016
Quelle: Thomson Reuters Datastream,, IBES, Markit Economics, BayernLB Research
Geldpolitisches Umfeld bleibt 2017 günstig für Aktien
 Geldpolitik bleibt
global trotz straffender Fed noch
expansiv
Die Geldpolitik steht einer moderaten Bewertungsexpansion 2017 nicht entgegen, sondern
dürfte diese sogar eher unterstützen. Zwar schreitet die Fed in ihrem Straffungszyklus voran, der Zinspfad bleibt aber flach. Der Leitzins in den Vereinigten Staaten bleibt mit einer
Bandbreite von 1,0% bis 1,25% Ende 2017 noch auf niedrigem Niveau. Historisch haben
die Aktienmärkte in der Anfangsphase einer geldpolitischen Straffung abgesehen von temporären Turbulenzen in der Regel ihren Aufwärtstrend noch fortgesetzt und erst nach einem spürbaren Anstieg der Realzinsen eine Trendwende nach unten vollzogen. Die EZB
und die Bank of Japan werden die Leitzinsen voraussichtlich noch längere Zeit unverändert
auf sehr niedrigem Niveau lassen und damit ein anhaltend günstiges Umfeld für Aktien
schaffen. Zudem werden ihre QE-Programme 2017 fortgesetzt. Da die Fed gleichzeitig die
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
58
Reinvestition der fälligen Wertpapiere aus ihren QE-Programmen noch mindestens bis
zum Jahresende 2017 fortführen und ihre Bilanzsumme danach nur langsam abschmelzen
lassen wird, bleibt die globale Liquiditätsversorgung 2017 noch üppig.
 Zinsanstieg beeinflusst Sektorentwicklungen
Der von uns erwartete weitere Anstieg der Kapitalmarktzinsen im Jahr 2017 wirkt zwar
grundsätzlich negativ für Aktien. In Phasen einer zunehmenden Konjunkturdynamik wird
der negative Effekt höherer Zinsen – sofern diese moderat steigen – aber meist durch den
positiven Effekt sinkender Risikoprämien überkompensiert, so dass Zinsen und Aktien
gleichzeitig zulegen. Allerdings hat der Zinsanstieg maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Sektoren. Zinssensitive Sektoren wie Versorger und Immobilien dürften belastet
bleiben, während die steiler werdende Zinskurve im aktuellen Umfeld positiv auf Bankaktien wirkt. Steigende Kapitalmarktzinsen stellen auch eine Herausforderung für die derzeit
beliebten Dividendenstrategien dar. So weisen Sektoren mit überdurchschnittlich hohen
Dividenden häufig auch eine besonders hohe Zinssensitivität auf (wie die Versorger). Strategien, die ausschließlich auf die Höhe der Dividendenrendite abzielen, könnten 2017 daher unterdurchschnittlich abschneiden.
Unternehmensgewinne nur leicht aufwärts gerichtet
 KonsensGewinnerwartungen für 2017 noch
zu optimistisch
Die Unternehmensgewinne lassen auf den ersten Blick 2017 günstige Einflüsse erwarten.
So signalisieren die Konsens-Prognosen auf Ebene der Standardwerte-Indizes in Europa
und den USA für 2017 Ergebniszuwächse zwischen 10% und 14%, nachdem die Unternehmensgewinne 2016 im Vorjahresvergleich in etwa seitwärts bis leicht abwärts gerichtet
sind. Wie Ende 2015 erachten wir die Konsens-Prognosen für das kommende Jahr vor
dem Hintergrund einer – gerade in Europa – weiterhin nur mäßigen Konjunkturdynamik
und teilweise bereits hoher Gewinnmargen jedoch als zu optimistisch.
Unternehmensgewinne: Optimistische Erwartungen für 2017
Sektoren Europa: Turnaround bei Öl- und Rohstofftiteln
Veränderung des Ergebnisses je Aktie ggü. Vorjahr, KonsensPrognosen, in Prozent
2017 erwartete Unternehmensgewinne der STOXX Europe
600-Sektoren (Konsens-Prognose), Veränderung gg. Vj. in
Prozent
DAX
EURO STOXX 50
STOXX Europe 600
S&P 500
14
12
10
8
6
4
2
0
-2
-4
2015
2016
2017
Quelle: Thomson Reuters Datastream, IBES, BayernLB
Research
 Gewinnanstieg im
mittleren einstelligen Prozentbereich
realistisch
Oil & Gas
Basic Resources
Banks
Technology
Construction & Materials
STOXX Europe 600
Food & Beverage
Telecommunications
Retail
Industrial Goods & Serv.
Automobiles & Parts
Media
Personal & HH Goods
Chemicals
Travel & Leisure
Healthcare
Real Estate
Insurance
Utilities
Financial Serv. -1,9
-10
58,0
31,3
20,5
17,7
14,5
13,5
12,5
11,8
11,6
11,1
10,6
10,3
10,2
8,6
7,5
7,2
6,9
4,9
3,6
10
30
50
Quelle: Thomson Reuters Datastream,, IBES, BayernLB
Research
Im Jahresverlauf 2016 hatte es letztlich noch stärkere Abwärtsrevisionen gegeben als von
uns Ende 2015 erwartet. Mit Blick auf das nächste Jahr gibt es aber einige Gründe für etwas moderatere Abwärtsrevisionen. Erstens vollziehen die Öl- und Rohstofftitel eine
Trendwende bei der Gewinnentwicklung und im Zuge dessen hat auch der lange Zeit stark
abwärts gerichtete Gewinnrevisionstrend nach oben gedreht. Zweitens hat sich die Konjunktur in den Schwellenländern stabilisiert, wo 2017 trotz fortgesetztem „soft landing“ in
China wieder etwas höhere Wachstumsraten zu erwarten sind, sofern der Zinsanstieg in
den USA moderat bleibt. Drittens könnte sich auch der Rückgang der Deflationsrisiken
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
Bewertung Deutschland: Nicht
billig, aber keine Übertreibung
Kurs-Buchwert-Verhältnis des DS-TotalMarket-Index Deutschland NonFinancials, Wochenwerte
59
positiv niederschlagen. Vor diesem Hintergrund rechnen wir 2017 mit einem Anstieg des
Ergebnisses je Aktie der Indizes DAX, EURO STOXX 50 und S&P 500 im mittleren einstelligen Prozentbereich. Von der Währungsentwicklung werden dabei die europäischen Unternehmen Unterstützung erhalten (Euro-Abwertung), während die US-Unternehmen ihr
Ergebnis je Aktie weiter durch umfangreiche Aktienrückkäufe „aufpeppen“. Die von Trump
avisierte Erleichterung bei der Repatriierung im Ausland erwirtschafteter Gewinne könnte
das Volumen der Aktienrückkäufe in den USA dabei nochmals ansteigen lassen.
Bewertung birgt mittel- bis langfristig Risiken – insbesondere für US-Aktien
3,5
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
1980
1985
1990
1995
2000
2005
2010
2015
0,5
Quelle: Thomson Reuters Datastream,
BayernLB Research
Die Aktienbewertungen selbst sind als Timing-Indikator zwar wenig geeignet, zur Einschätzung der mittel- bis langfristigen Risiken und Renditeperspektiven von Aktien aber hoch
relevant. In den letzten Jahren haben Aktien eine spürbare Bewertungsexpansion erfahren
und sind – absolut betrachtet – im historischen Vergleich vor allem in den USA schon relativ teuer. Damit sind auch die Kursrisiken im Falle unerwarteter Schocks bzw. einer globalen Rezession gestiegen. Relativiert werden die hohen absoluten Bewertungen zwar weiterhin durch Dividenden, die im Vergleich zu den immer noch sehr niedrigen Renditen
festverzinslicher Wertpapiere attraktiv bleiben. Allerdings bieten diese keinen Schutz vor
gegebenenfalls auch kräftigen Kursverlusten im Falle einer Rezession. Solange die Weltkonjunktur stabil und die Ertragslage der Unternehmen entsprechend günstig bleibt (was
wir erwarten), spricht der Dividendenvorteil jedoch weiter für Aktien.
DAX-Bandbreite im Jahr 2017 von 9.400 bis 12.400 Punkten
DAX: Aufwärtspotenzial, aber
keine neuen Rekordstände
DAX, Wochenwerte und Prognose (mit
Schwankungsbreite) bis Ende 2017
Für den DAX prognostizieren wir vor dem Hintergrund des geschilderten Szenarios 2017
einen Jahresendstand von 12.000 Punkten. Dabei erscheint uns eine Schwankungsbreite
von 9.400 bis 12.400 Punkten plausibel, was prozentual in etwa der durchschnittlichen
Schwankungsbreite (Median) der letzten 15 Jahre entspricht. Negative Risiken für die Aktienmärkte liegen neben einer Eskalation politischer Risiken in einer kräftigen globalen
Konjunkturabschwächung sowie in einem massiven Zinsschock.
DAX: Kursgewinne auf Basis leicht steigender Unternehmensgewinne, einer moderaten Bewertungsexpansion und Dividenden – aber noch keine Rückkehr auf Rekordniveau
DAX-Wert zum Jahresende 2017 bei verschiedenen Szenarien für Unternehmensgewinne und Bewertung
12500
11500
10500
9500
8500
7500
6500
5500
4500
3500
Kurs-GewinnVerhältnis
Negativ-Szenario
Basis-Szenario
Konsens-GewinnSzenario
Positiv-Szenario
2017
2015
2013
2011
2009
2007
zum Jahresende
Gewinnrevisionen
Gewinnrevisionen
Gewinnrevisionen
Gewinnrevisionen
2017 auf Basis
2017: -15%, 2018: -35% 2017: -5%, 2018: -7%
2017: 0%, 2018: 0%
2017: +3%, 2018: +6%
erwarteter Gewinne
(25.11.2016: 12,5)
DAX-Gewinn gg. Vj.
DAX-Gewinn gg. Vj.
DAX-Gewinn gg. Vj.
DAX-Gewinn gg. Vj.
2017: +15%, 2018:
2017: -5%, 2018: -17% 2017: +6%, 2018: +7% 2017: +12%, 2018: +9%
+12%
Quelle: Thomson Reuters Datastream,
BayernLB Research
10,3
6.547
9.225
9.894
10.467
11,1
7.032
9.918
10.640
11.258
11,9
7.517
10.612
11.386
12.049
12,7
8.002
11.306
12.132
12.840
13,5
8.487
12.000
12.878
13.631
14,3
8.972
12.694
13.624
14.422
15,1
9.457
13.388
14.370
15.212
Quelle: Thomson Reuters Datastream, IBES, BayernLB Research
[email protected]
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
60
Aktienmärkte im Überblick
 DAX seit August im
DAX und EURO STOXX 50
S&P 500 und Nikkei 225
Seitwärtstrend
DAX (lS)
EURO STOXX 50 (rS)
S&P 500 Composite (lS)
Nikkei 225 (rS)
11500
19000
11000
3400
10500
3200
2100
3000
2000
2800
1900
2600
1800
2200
18000
10000
9500
9000
8500
17000
Dez Feb Mrz Mai Jul Aug Okt Nov
15 16 16 16 16 16 16 16
 Implizite Volatilität
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
Bewertung Europäischer Aktienmarkt
Implizite Volatilität DAX
Kurs-Buchwert-Verhältnis DS Total
Market Index Euro-Raum Non-Financials
VDAX-NEW
4,0
38
3,5
34
3,0
30
2,5
26
22
2,0
18
1,5
14
1,0
0,5
1986
10
1991
1996
2001
2006
2011
2016
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
positive Vorgaben
15000
Dez Feb Mrz Mai Jul Aug Okt Nov
15 16 16 16 16 16 16 16
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
nach US-Wahl wieder gedämpft
 ifo-Index liefert
16000
Dez Feb Mrz Mai
15 16 16 16
Jul
16
Aug Okt Nov
16 16 16
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
Prognose Aktienindizes
Monatsendstände
in 3 Monaten
in 6 Monaten
29.11.2016
Stand am
Feb 17
Mai 17
Nov 17
10.620
11.000
10.900
11.800
EURO STOXX 50
3.038
3.110
3.040
3.240
S&P 500
2.205
2.260
2.220
2.360
18.307
18.800
18.200
19.700
DAX
Nikkei 225
in 12 Monaten
Quelle: BayernLB Research
BayernLB
Ausblick 2017 - Perspektiven Dezember 2016
61
Das Research-Team der BayernLB
BayernLB Research
Dr. Jürgen Michels, Chefvolkswirt und Leiter Research, -21750
Anna Maria Frank, -21751
Sekretariat
Ingo Bothner, -21787
Medienfachwirt (IHK)
Volkswirtschaft
Dr. Johannes Mayr, Euro-Raum, EZB, -21859
Investment Research
Alexander Plenk, CFA, -27076
Manuel Andersch, -27448
Pfund/UK, Schweizer Franken/Schweiz
Zinsstrategie, Staatsanleihen, SSA
Christiane von Berg, -28745
USA/Fed, Japan/BoJ
Wolfgang Kiener, -27058
Dollar, Yen
Dr. Stefan Kipar, -27346
Deutschland
Alexander Aldinger, -24877
Asja Hossain, CFA, -27065
Dr. Norbert Wuthe, -27209
Covereds & Financials
Alfred Anner, CEFA, -27072
Covered Bonds
Dr. Ulrich Horstmann, CEFA, -21873
Financials
Länderrisiko- und Branchenanalyse
Hubert Siply, -21307
Stefan Voß, -21808
Financials
Länderrisikoanalyse
Credits
Dr. Alexander Kalb, -22858
Westeuropa, Südamerika
Amir Darabi, -25727
Corporate Bonds & SSD
Manuel Schimm, - 26845
Asien, Nordamerika
Matthias Gmeinwieser, CIIA, -26323
Corporate Bonds & SSD
Gebhard Stadler, -28891
Osteuropa/GUS, Mittelamerika
Miraji Othman, -25888
Strategie
Verena Strobel, -21320
Naher und Mittlerer Osten, Afrika
Christian Strätz, CEFA, CIIA, -27068
Corporate Bonds & SSD, Strategie
Branchenanalyse
Aktienmarkt/Strategie/Privatkunden
Wolfgang Linder, -21321
Auto, Chemie, Pharma, Luftfahrt, Rohstoffe & Stahl,
Öl & Gas, Logistik
Manfred Bucher, CFA, -21713
Christoph Gmeinwieser, CIIA, -27053
Thomas Peiß, -28487
Bau, Elektroindustrie, Maschinenbau, Versorger,
Handel, Telekom, Medien
Technische Analyse
E-mail: [email protected]
Telefon: 089 2171 + angegebene Durchwahl
Hans-Peter Reichhuber, -21780
Zinsen, Währungen, Aktien
Stand: November 2016
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Disclaimer
Diese Publikation ist lediglich eine unverbindliche Stellungnahme zu den Marktverhältnissen und den angesprochenen Anlageinstrumenten zum Zeitpunkt der Herausgabe der vorliegenden Information am
30.11.2016. Die vorliegende Publikation beruht unserer Auffassung nach auf als zuverlässig und genau
geltenden allgemein zugänglichen Quellen, ohne dass wir jedoch eine Gewähr für die Vollständigkeit und
Richtigkeit der herangezogenen Quellen übernehmen können. Insbesondere sind die dieser Publikation
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überprüft worden. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit können wir daher nicht übernehmen.
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die persönliche anleger- und objektgerechte Beratung. Für weitere zeitnähere Informationen stehen Ihnen
die jeweiligen Anlageberater zur Verfügung.
Abkürzungsverzeichnis
Häufig verwendete Abkürzungen in Schaubildern und Tabellen:
ab:
BIP:
gg:
lS:
Md:
Me:
rS:
sb:
Vj:
Vol:
Vp:
arbeitstäglich bereinigt
Bruttoinlandsprodukt
gegenüber
linke Skala
Monatsdurchschnitt
Monatsende
rechte Skala
saisonbereinigt
Veränderung gegenüber Vorjahr
Volumen
Veränderung gegenüber Vorperiode
Redaktion:
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Unternehmensbereich 5700
80277 München (=Briefadresse)
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Geschäftsgebäude:
Bayerische Landesbank
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