rohdiamanten all you can eat

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rohdiamanten all you can eat
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World
Preis € 7,50
Bewusst besser leben
Bauen
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Mode
Wohnen
Der große Einkaufsratgeber für nachhaltigen und ethischen Konsum.
Wichtige Adressen, Kontakte und Informationen. SPECIAL GRÜNER LUXUS
ECO
luxury
Grün ist der neue Luxus
Bisher war Luxus gleichbedeutend mit materiellem Reichtum und
Überfluss. Luxusprodukte und Statussymbole waren für viele
Menschen erstrebenswert und doch für die meisten unerreichbar.
Ganz langsam jedoch, still und heimlich, macht sich ein Wandel
bemerkbar: Der Trend zu einem bewussten Lebensstil verändert
auch das, was man unter Luxus versteht. forum Chefredakteur
Fritz Lietsch begibt sich auf eine philosophisch-psychologische
Suche nach dem neuen Verständnis von Luxus in der Wirtschaft.
Der Streifzug portraitiert Pioniere einer neuen Luxusbewegung und
führt vom Essen und Trinken über Mode, Reisen und Autos
zu den Wurzeln einer gesellschaftlichen Veränderung:
einem Wunsch nach Dingen, die erhalten bleiben.
© Loacker
Von Fritz Lietsch
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arkt- und Werbepsychologie sind Themen,
die mich seit meinem Studium begleiten.
Mich bewegt die Frage, ob wir durch eine
veränderte Sichtweise von Luxus unsere
Wünsche nach Geltung und Anerkennung
neu besetzen können? Kann die Luxusbranche gar eine Verhaltensänderung in Gang setzen und
Motor sein für andere Werte und eine neue, globale Solidarität? Zunächst scheint das absurd zu sein, steht Luxus doch
häufig für Verschwendung und Dekadenz. Gerade in Schwellenländern und besonders in China gibt es einen regelrechten „Luxuskaufrausch“, wo einst Elend herrschte, entflammt
nun die Gier nach Statussymbolen.
Gleichzeitig steckt in Produkten aus dem Luxussegment
oft ein hoher Qualitätsanspruch. Das ist die Schnittstelle zur
Nachhaltigkeit, die es neu zu besetzen gilt: Denn Qualität bedeutet Langlebigkeit und die Abkehr vom Wegwerfkonsum.
Die Luxusprodukte der Zukunft können über ihr Qualitätsversprechen einem sorgfältigen Umgang mit Umwelt und Gesellschaft die Tür öffnen.
Luxus im Wandel
Noch vor zehn Jahren waren es in der öffentlichen Wahrnehmung Vegetarier und Öko-Freaks in selbstgestrickten Wollpullovern und Jesuslatschen, die die Welt verbessern wollten.
Für die an Zeitgeist, Mode, aktueller Kultur und Statussymbolen
interessierte breite Masse war das kein nachahmenswertes
Vorbild. Doch heute ist es auch oder gerade in wohlhabenden Gesellschaftskreisen chic, sich biologisch, vegetarisch
oder gar vegan zu ernähren. Car-Sharing ist plötzlich nicht
mehr Verzicht – sondern Lebensfreude, Gemeinschaft und
ein neues Freiheitsgefühl. Die Solaranlage ist vom grünen
Hirngespinst zum Statussymbol avanciert und ein E-Mobil aus
München oder San Francisco ist Ausdruck einer neuen Lebensart. Werner Tiki Küstenmacher landete mit seinem Buch
„Simplify Your Life“ einen Millionenbestseller, weil er beschreibt,
welchen Spaß es macht, das Leben von Ballast zu befreien. Es
tut sich also etwas in Sachen Luxus und Bewusstseinswandel –
zumindest in den Industriestaaten Europas und Nordamerikas.
All you can eat
Das fängt schon beim Essen an. Für immer mehr Menschen
sind nicht Flatrate-Angebote wie „all you can eat“ oder Edelrestaurants das Maß der Dinge, sondern Lebensmittel, die natürliche Vitalität und Geschmack enthalten. Produkte, die mit
Respekt vor der Natur und den Tieren erzeugt und mit echter
Handwerkskunst verarbeitet werden. So ist denn auch der
Slogan „Wir machen Bio aus Liebe“ des Naturkostherstellers
Rapunzel gemeint. Ich fragte Joseph Wilhelm, den Träger des
Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2013, ob seine Produkte
nicht ein unerschwinglicher Luxus für viele Menschen seien,
denn die Öle, Nüsse und Brotaufstriche von Rapunzel liegen
deutlich über dem Preis konventioneller Supermarktprodukte.
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© Loacker
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Biodynamische Spitzenweine in bester Lage: Rainer Loacker und seine Söhne produzieren einen Brunello di Montalcino in Bio-Qualität. Dabei setzen sie für die Pflege ihrer Reben
auch homöopathische Mittel ein. Nachhaltigkeit ist für sie eine Generationen-Aufgabe.
„Das ist eine Frage der Prioritäten“, lautet seine Ansicht. „Unsere Kunden freuen sich, dass wir langfristige, partnerschaftliche Beziehungen und Vertrauen höher gewichten als die
Jagd nach dem niedrigsten Preis. Sie honorieren das, weil
sie wissen, dass in unseren Produkten höchste Qualität, BioAnbau und ein fairer Umgang mit Lieferanten und Erzeugern
steckt“.
Gentleman Farming als Vorreiter eines
neuen Luxus
Auch traditionelle Hersteller von Luxusgütern haben erkannt,
dass Verbraucher mehr von Luxus-Firmen erwarten als nur
gute Produkte, allen voran die französische Kering (früher PPR)
Group mit Marken wie Gucci, Yves Saint Laurent oder PUMA.
Sie erstellt Nachhaltigkeitsberichte, überprüft ihre Lieferkette
und berechnet die Externalitäten, also den Naturverbrauch,
der in ihren Produkten steckt. Für Yann Arthus-Bertrands Dokumentarfilm „Home“, der ökologische und soziale Probleme thematisiert, tritt das Unternehmen als Hauptsponsor auf.
Doch bei manchen Luxusmarken steht das reine Profitstreben weit vor einem grundlegenden, ernst zu nehmendem
Engagement. Oft sind es deshalb überzeugte Pioniere und
Neueinsteiger, die innovative Produkte mit einem ganzheitlichen Qualitätsanspruch entwickeln und dann etablieren.
Nicht selten gesellt sich zu ihrem hohen inhaltlichen Anspruch
auch der ökonomische Erfolg: Denn häufig sind diese Pioniere Menschen, die in ihrem „ersten Leben“ als Industrielle
oder Kaufleute sehr erfolgreich waren und dem oft sinnlosen
Überfluss überdrüssig wurden. Sie experimentieren, um für sich
einen neuen Qualitätsbegriff und einen anderen Lebenssinn
zu entdecken.
Rainer Loacker, ehemaliger Mitbesitzer der gleichnamigen
italienischen Waffeldynastie „Loacker“, stellt heute biody-
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namische Spitzenweine her und behandelt seine Reben mit
homöopathischen Methoden. Sein Fingerspitzengefühl und
seine Liebe zu den Weinstöcken haben nicht nur dazu geführt, dass sein Brunello di Montalcino Spitzenauszeichnungen
erhält. Vielmehr entwickelte sich bereits vor 30 Jahren aus seinen Behandlungsmethoden, die für ihn im Einklang mit der
Natur stehen müssen, auch ein neuer „luxuriöser“ und erfolgreicher Geschäftszweig: Die Herstellung homöopathischer
Heilmittel für Menschen und Pflanzen. Er setzt diese homöopathischen Produkte auch in seinen Weinbergen ein, um die
Reben zu stärken. Ich selbst konnte mich bei einem Besuch
in der Toscana davon überzeugen, wie Loacker seine Reb­
stöcke nach einem Hagelschauer homöopathisch behandelte. Die Begeisterung für naturverträgliches Wirtschaften
konnte Loacker in seiner Familie verankern. Mehrere seiner
Unternehmen werden heute bereits in zweiter Generation
von seinen Söhnen Hayo, Hannes und Franz Josef betrieben.
Auch Karl Egger, ehemaliger Elektrogroßhändler in München,
entdeckte nach dem Verkauf seiner Firma die Liebe zur Erde.
Eigentlich wollte er nach englischem Vorbild im Sinne eines
„Gentleman Farming“ ein kleines Stück Land in der südlich
der Toscana gelegenen Maremma bestellen und italienische
Lebensart und Gaumenfreuden genießen. Doch einmal Unternehmer, immer Unternehmer – und so wurde aus dem
stilvollen Hobbybauern ein großer Anbieter anspruchsvoller
Lebensmittel. Eggers hochwertige Bio-Feinkostprodukte mit
dem Namen LaSelva stießen auf so viel Nachfrage, dass er
nicht nur seine Ländereien, sondern auch sein Sortiment sukzessive erweiterte. Und als in dem strukturschwachen Gebiet
eine komplette Lebensmittel-Verarbeitungsanlage zum Verkauf stand, konnte er nicht widerstehen. Egger bleibt trotz der
gestiegenen Quantität seinem Anspruch an Qualität treu. Für
den begeisterten Feinschmecker ist die agroindustrielle Landwirtschaft ein Graus und die biologische Landwirtschaft somit
ein Muss. Er riecht an erntereifem Gemüse und Früchten, erfreut sich an den guten Tropfen aus seinem Weinberg und
Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.
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© LaSelva
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Gentleman Farmer in Italien: Karl Egger wurde vom erfolgreichen Unternehmer zum
begeisterten Bio-Bauer und darauf folgend zum Bio-Feinkost Hersteller.
begeistert sich mit glänzenden Augen für die Bodenaufbereitung durch Kompost, Fruchtwechsel und Rinderdung. Er und
seine Mitarbeiter achten darauf, die Biodiversität in der Region zu fördern, um Schädlingsbefall entgegenzuwirken und
ein natürliches Gleichgewicht zu erhalten. „Ich habe erkannt,
dass eine biologische Landwirtschaft, die auf Kunstdünger
und Chemikalien verzichten will, die Schätze der Natur sorgfältig nutzen und einsetzen muss“. Und so steht er dann in der
untergehenden Sonne und blickt stolz auf eine Herde von
Maremma-Rindern.
Edle Rotweine, Champagner und Pralinés
Den Slogan „Herta wenn‘s um die Wurst“ geht, kannte in den
1970er-Jahren jeder in Deutschland. Karl Ludwig S­ chweisfurth,
einst Besitzer von Herta, war der unbestrittene Wurstkönig
­Europas. Doch immer größere Zweifel an der industrialisierten
Lebensmittelproduktion und das Drängen seiner Kinder führten dazu, dass Schweisfurth seinen Betrieb 1984 verkaufte.
Der Besuch in einer „Tierfabrik“, in der die Schweine so gestresst waren, dass sie beim kleinsten Schrecken tot umfielen,
erschütterte ihn nachhaltig. Schweisfurth zog aus, um Fleischund Wursterzeugung noch einmal neu für sich zu entdecken.
Er kaufte ein großes landwirtschaftliches Anwesen im Osten
Münchens und verschrieb sich der handwerklichen Nahrungsmittelproduktion. Seine Herrmannsdorfer Fleisch- und
Wurstwaren sind heute Symbol für den Luxus eines bewussten Fleischkonsums, der Wert auf hohe Qualität durch artgerechte Tierhaltung und sorgfältige handwerkliche Verarbeitung legt. Und je mehr sich der ehemalige Wurstfabrikant mit
dem Thema Lebensmittelproduktion beschäftigt, umso überzeugter setzt er sich ein für eine gesunde, naturschonende
Landwirtschaft, eine sinnerfüllte, handwerkliche Verarbeitung
und eine regionale (Direkt-)Vermarktung. Für ihn ist es eine
Frage der Ethik und der Bewahrung der Schöpfung. Nicht zuletzt deshalb propagiert er eine symbiotische Landwirtschaft.
Ein Wandel hinterlässt Spuren: Früher war Karl-Ludwig Schweisfurth mit
seiner Firma Hertha erfolgreicher Fleisch- und Wurstfabrikant. Heute
baut er Leuchttürme einer symbiotischen, verantwortungs­bewussten
Landwirtschaft.
Darunter versteht Schweisfurth eine Kombination aus Wald,
Wiese und Weidefläche, die Land radikal anderes nutzt, insbesondere wenn es um die Haltung von Tieren geht. Er sucht
nach Mitstreitern für den Aufbau dieser Art von LeuchtturmProjekten.
Schafft Luxus ein neues Bewusstsein?
Ohne Zweifel sind die genannten Projekte anspruchsvoll und
die dort erzeugten Produkte hochpreisig. Inwiefern schaffen sie mit ihrem Anspruch und ihrer Strahlkraft ein neues
Bewusstsein? Mir persönlich fällt auf, dass ich die qualitativ
hochwertigen Produkte der Pioniere immer öfter in Häusern
finde, die vorher ausschließlich für teuren aber nicht biologisch und fair orientiertem Konsum standen. Und ich stelle
fest, dass immer mehr Menschen und auch die Medien diesen neuen Luxus thematisieren. Pioniere wie Joseph Wilhelm,
Karl ­Ludwig Schweisfurth oder Karl Egger helfen uns, den Wert
von Lebens­mitteln wieder neu begreifen und schmecken zu
können und gute, fair produzierte Lebensmittel als echten Luxus zu verstehen. Ihre Angebote tragen dazu bei, dass sich
immer mehr Menschen für hochwertige Biolebensmittel entscheiden und lieber einmal in der Woche ein gutes Biosteak
essen, statt täglich hormonverseuchten Discounter-Schinken.
Die steigende Anzahl von Biosupermärkten in Deutschland
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© Green Pearls
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Urlaubstraum mit Botschaft: Immer mehr Luxusressorts und -hotels zeigen Verantwortung für Mensch und Umwelt. Damit schaffen sie auch ein neues Bewusstsein bei ihren Gästen.
und die wachsende Liste von Biofleischanbietern auf der
internationalen Fachmesse „BioFach“ in Nürnberg belegen
dies eindrucksvoll.
Der Bauer und sein Prinz
Ein prominenter und blaublütiger Kämpfer für ein neues
Luxus­verständnis ist Prinz Charles. Nun kann man einwenden,
so einer könne ob seines Vermögens leicht „einen auf grünen Luxus machen“. Doch Prinz Charles meint es ernst. Als
begeisterter Verfechter einer ökologischen Landwirtschaft
setzt er sich und seinen Namen für den Bewusstseinswandel in
der Nahrungsmittelproduktion ein. Zusammen mit Farm Manager David Wilson experimentiert er auf seiner Duchy Home
Farm in Highgrove mit Fruchtwechselzyklen und dem Zusammenspiel von Pflanzen und Tieren. Sie züchten seltene Haustierrassen, diskutieren die Wirkung von Leguminosen in der
Düngung und die richtige Pflugtiefe. Bei einer Fläche von fast
700 Hektar kann man nicht mehr von einem Hobby sprechen.
Vielmehr möchte Prince Charles mit seinem Betrieb in Highgrove demonstrieren, dass ein bewusster Umgang mit der
Natur nicht nur die besten Lebensmittel liefert, sondern langfristig auch ökonomisch erfolgreicher ist. Das königliche Unternehmen produziert Getreide und Gemüse, liefert Bio­kisten
und verarbeitet sein Getreide in eigenen Mühlen. Durch assoziierte Firmen entstehen weitere Produkte wie Backwaren
und Bier im Umfeld von Highgrove. Prince Charles und David
­Wilson achten auf den ökonomischen Erfolg des Unternehmens, denn allem voran soll die Duchy Home Farm Vorbild
und Ermutigung für Nachahmer sein. Nach David ­
Wilsons
Motto „seeing is believing“ sieht man an vielen Tagen im Jahr
Traktorladungen von Fach-Besuchern, die sich „königliche
Anregung“ für eine neue Landwirtschaft holen möchten.
Der Film „Der Bauer und sein Prinz“ von Bertram Verhaag und
Bernward Geier (ab Sommer2014 als DVD erhältlich) zeigt
den englischen Thronfolger als begeisterten Naturliebhaber
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und kampfbereiten Repräsentanten einer modernen, biologischen Landwirtschaft.
Luxusreisen und Hotels
Auch die Cousine von Prinz Charles, die in München lebende
Xenia zu Hohenlohe, engagiert sich für ein neues Luxusverständnis. Sie ist Marketing-Direktorin von „Considerate Hoteliers“, einer Vereinigung, die sich als „the original and most
respected association for truly sustainable hotels“ bezeichnet. Unter den Mitgliedern finden sich weltbekannte Namen
wie Raffles Singapore oder The Ritz in London. Auch das
Brenner’s Park Hotel hat sich kürzlich für eine Mitgliedschaft
entschieden.. Die Initiative fordert ein hohes Qualitäts- und
Standesbewusstsein der Hoteliers und pocht auf Nachhaltigkeit in allen Bereichen des Hotelbetriebs. Dies erstreckt sich
von Energieeffizienz auf die sorgfältige Auswahl der Nahrungsmittel bis hin zur sparsamen Verwendung von Putz- und
Reinigungsmitteln. „Richtiger Luxus ist es erst dann“, erklärt die
Hotelspezialistin, „wenn ein Luxushotel konsequent als nachhaltiges Unternehmen geführt wird, denn nur dann kann der
Gast seinen Aufenthalt in vollen Zügen genießen, wissend,
dass das Hotelmanagement hinter den Kulissen verantwortungsbewusst in allen Bereichen agiert. Es ist mir ein persönliches Anliegen, Luxus mit dem Anspruch auf Nachhaltigkeit
zu verbinden. Denn aus meiner Sicht können gerade die
Menschen, die sich Luxus leisten möchten, ihr neues Wertebewusstsein zeigen und damit als Vorbild agieren.“
Grüne Perlen im Tourismus
Diesen Ansatz verfolgt die internationale „Green Pearls
Unique Places“ Initiative. Ihr Ziel ist es, dass die angeschlossenen Hotels und ihre Gäste die Umgebung, die Menschen und
die Kultur des Landes achten. Sie sollen aktiv mithelfen, die
Ein neues Luxusverständnis auch in der Mode: Natur- und gesundheitsverträgliche
Stoffe, Recycling und vor allem faire Produktionsbedingungen sind neben dem
­obligaten Chic der letzte Schrei in der Modebranche.
Gegebenheiten, die diese Plätze so einzigartig machen, zu
schützen und sie für die nächsten Generationen zu erhalten.
Die Green Pearls-Gründerin Stefany Aßmann-Staudt ist überzeugt, dass die Grundidee von Luxus sich weiterentwickelt
hat und sich nun auf Aspekte wie Raum, Natur, Stille und Zeit
für sich selbst konzentriert.
Besonders gerne arbeitet Stefany Aßmann-Staudt mit dem
Tongsai Bay Resort auf der thailändischen Insel Koh Samui
zusammen. Als ein von der thailändischen Tourismusbehörde
akkreditiertes Green Leaf-Resort beschäftigt das Familien­
unternehmen eine eigene Green Projects-Managerin. Sie
ist für die Koordination aller umweltschützenden Projekte
des Resorts verantwortlich, hält Schulungen für das Personal,
pflegt und entwickelt gemeinsam mit dem Küchenchef den
hoteleigenen Organic Garden, kümmert sich um die Abfallvermeidung und -Sortierung, überprüft die Kläranlagen der
Luxusbungalows und der Gesamtanlage. „Wir haben mit Hilfe
der EM-Philosophie (EM = Effektive Mikroorganismen) eigene
Reinigungsmittel auf pflanzlicher Basis entwickelt“, erklärt sie.
Dies ist nach Aussagen von Fachleuten eine Voraussetzung für
die Funktion des biologischen Abwassereinigungssystems der
Anlage, denn aggressive, chemische Reinigungsmittel würden
die mikrobakterielle Zersetzung der Abwässer gefährden. „Besonders freut uns, dass wir unsere Reinigungsmittel aus Küchen­
resten wie Zitrusschalen oder Kokosmark herstellen können. Das
spart nicht nur Kosten, sondern zeigt allen Mitarbeitern, wie wir
in Kreisläufen denken und arbeiten können“. Khun Thanakorn
und seine Frau Saisiri, die Besitzer und Manager der Fünfsterneanlage, lassen kein Plastik auf dem Gelände zu. Thanakorn ist
Natur- und Umweltaktivist und kämpft gegen Staudammprojekte im Norden des Landes und die Ausrottung bedrohter Tierarten. Er nimmt an Demonstrationen teil und schützt in seinem
Resort Umwelt, Tiere und Pflanzen.
Wem Asien zu weit und die Anreise zu klimabelastend ist,
kann sich auch an den „Alpine Pearls“ orientieren. Die Per-
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oben © lavera|rechts © Pharmos
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Natur ist Luxus pur: Hochwertige Pflanzenwirkstoffe stärken das
­natürliche Potenzial des Menschen.
len der Alpen liegen in Deutschland, Österreich, der Schweiz,
­Italien und Frankreich. Die Organisation vereint dort engagierte Fremdenverkehrsorte und fördert nachhaltige Mobilität. Touristen können etwa in Werfenweng vollständig auf ihr
Auto verzichten. Denn der Fremdenverkehrsort bietet neben
einem Bahnabholservice Fahrräder, Roller, Tandems, Pedelecs, E-Mobile und Biogas-Autos. Natürlich sind auch Kutschund Schlittenfahrten mit im Angebot.
Auch für den kleineren Geldbeutel bieten sich interessante
Alternativen in Sachen Nachhaltigkeit und Reisen. Die Organisationen „Viabono“ und „Die Biohotels“ bieten Angebote
in allen Sterneklassen. ECO-Camping zertifiziert vorbildliche
Campingplätze und treibt damit die neue Art, Luxus zu genießen, auch in diesem Segment voran.
Der Inbegriff des Luxus:
Mode und Haute Couture
Auch in der Mode hat nachhaltiges Denken und Handeln
Einzug gehalten. Ein neuer und starker Impuls geht dabei von
der Metropole Berlin aus. Dort ist grüne Mode der neue Luxus
und wird nicht nur zur Fashion Week begeistert gefeiert. Eine
der wichtigen Protagonisten dieser Bewegung ist Magdalena
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© Tesla Motors
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Inbegriff für den Siegeszug des Elektroautos: Ab 2007 war der Tesla Roadster das Luxusspielzeug für betuchte Avantgardisten. Seit 2013 beweist die viertürige Limousine
Tesla Model S die Alltagstauglichkeit eines Elektroautos und damit seine Zukunftsfähigkeit. Nicht nur in Kalifornien gehört das Model S mittlerweile zum „guten Ton“.
Schaffrin. Sie hat 2009 den Green Showroom ins Leben gerufen und sich dafür auch gleich eine besonders feine Adresse
gesucht: Das Hotel Adlon am Brandenburger Tor – Sinnbild
für Tradition und internationalen Luxus. Schaffrin verbindet
ganz bewusst hohe ökologische Ansprüche mit Design und
solidem Handwerk. „Wir sind hier in Berlin Vorreiter“, erklärt
die selbstbewusste Unternehmerin. „Durch unseren Erfolg ziehen wir immer mehr Modelabels an und bereiten damit den
Weg, dass Luxus, Nachhaltigkeit und Fairness eine gelungene
Liaison eingehen“. Weil soziale Aspekte für sie wichtig sind,
hat sie gemeinsam mit der Messe Frankfurt 2012 die „Ethical
Fashion Show“ nach Berlin gebracht, die insbesondere auch
die ethischen Aspekte der Modebranche beleuchtet.
Auch der Naturkosmetikhersteller „Laverana“ präsentiert auf
seinem lavera Showfloor ECO Fashion und Green Glamour
und nimmt seine Gäste mit auf die Reise in die Welt der Nachhaltigkeit und des Grünen Lifestyle. Seit Januar 2010 engagiert sich das Unternehmen als Hauptsponsor auf der Berlin
Fashion Week und ist seit Januar 2013 selbst Veranstalter. Der
lavera Catwalk ist öffentlich und hat das Ziel Eco-Fashion zu
demokratisieren. Gezeigt werden innovative Konzepte wie
z.B. upcycling, transsaisonale Mode und neu entwickelte
Stoffe wie GreenSpunFleece. Neben Haarstyling und Makeup-Trends wird auch innovative Bio-Kost präsentiert – denn
ganzheitlich nachhaltige Konzepte sind für lavera der Green
Luxury von heute und der Mainstream von morgen. Damit
wandelt sich die Fashion Week an der Spree, die bisher sehr
stark mit einem Stern und glänzenden Automobilen in Verbindung gebracht wurde, zum Mekka eines neuen, grünen
Modebewusstseins.
Schönheit ohne Tierversuch und Erdöl
Neben Mode gelten hochwertige Kosmetik und edles Parfum als Symbole für einen luxuriösen Lebensstil. Auch hier war
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es, wie schon in den Beispielen aus der Landwirtschaft, ein
branchenfremder Akteur, der grünen Luxus als ganzheitliche
Philosophie entwickelte. Paul Greineder, einst erfolgreicher
Top-Manager der Löwenbräu AG, entdeckte für sich die Kraft
von Aloe vera und damit seine Liebe zu hochwertigen Pflanzenwirkstoffen. Heute produziert Greineders Unternehmen
Wirkstoffkosmetik und Lebensmittel, die auf den Grundlagen
der Salutogenese basieren (Wissenschaft von der Entstehung
der Gesundheit). „Wir wollen das gesunde Potenzial und die
Selbstheilungskräfte in jedem Menschen stärken und aktivieren“, erklärt Greineders Partnerin Margot Esser-Greineder.
„Egal wie ein Mensch sich fühlt, egal in welcher Lebenssituation er auch ist, er hat immer ein gesundes Potenzial in sich,
das geweckt und gestärkt werden kann. Denn Gesundheit
entspringt einer unerschöpflichen Quelle im Menschen. Es gilt
also, sich dieser Quelle bewusst zu werden und sie zu aktivieren.“ Unterstützung findet der Mensch nach Ansicht von Esser-Greineder in der Schatzkammer der Natur. Deshalb baut
ihr Unternehmen Pharmos Natur nach altem Wissen Pflanzen
an, die traditionell für das Wohlbefinden und die Gesundheit
des Menschen eine hohe Bedeutung haben.
Der Anbau der Pflanzen findet in Nepal, Indien, Mexiko, Kuba,
Peru und Ecuador ohne chemische Spritzmittel sowie nach
ökologischen Kriterien statt. „Für mich bietet die Natur Wirkstoffe, die nicht zu übertreffen sind“, erklärt Greineder, der
2013 mit dem B.A.U.M.-Umweltpreis ausgezeichnet wurde.
„Diese Wirkstoffe in ihrer Komplexität zu belassen und zu nutzen ist wahrer Luxus. Deswegen trägt unsere Firma Pharmos
Natur seit einigen Jahren den Zusatz Green Luxury. Unsere
Preise sagen die ökologische und soziale Wahrheit, denn wir
streben nach höchster Produktqualität und fairer Bezahlung
unserer Vertragsbauern und Mitarbeiter, die weltweit für uns
arbeiten. Trotz der hohen Preise unserer Produkte gewinnen wir ganz „natürlich“ immer mehr Kunden und verbinden ­somit ökonomische, soziale und ökologische Aspekte in
­idealer Weise“.
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links: © Porsche | rechts: © Chopard
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Hightech im Doppelpack: Der Benzinmotor des 918 Spyder von Porsche liefert
608 Pferde­stärken. Zusätzliche 286 „elektrisierende“ Pferde ermöglichen bis zu 31
­Kilometer lautloses Cruisen in der Stadt.
Schicke Schlitten
Wenn ich Nachhaltigkeit, Luxus und Automobile auf einen
Nenner bringen möchte, werde ich meist ungläubig angeschaut oder gleich beherzt angegriffen. Doch auch hier lohnt
ein genauer Blick. Zwar gibt es keinen Zweifel, dass ein Auto­
mobil mit Verbrennungsmotor per se kein Umweltengel ist
und man Fahrzeuge mit einem hohen Verbrauch nur wenig
und wenn, dann bewusst bewegen sollte. Doch gleichzeitig gibt es zu denken, dass gerade prestigeträchtige Luxus­
karossen eine sehr hohe Lebensdauer haben. Stellt man den
Ressourcen- und Energieaufwand für die Herstellung des
Fahrzeugs mit dem Verbrauch während der Nutzung in Relation, fällt für manchen „Luxusschlitten“ die Bilanz gar nicht
einmal so schlecht aus. So sind nach Werksangaben noch
heute mehr als 70 Prozent aller je gebauten Porsche auf der
Straße und diese Quote dürfte bei den Marken Rolls Royce
oder Ferrari gleich oder noch höher liegen. Ein Porsche 356
im sonnigen Kalifornien brachte es laut Süddeutscher Zeitung auf eine Laufleistung von 1,6 Millionen Kilometer. Dies
ist kein Grund, ein hohes Lied auf automobile Nobelmarken
anzustimmen. Doch immerhin zeigt das Beispiel, dass Design,
Qualität und hoher Anspruch für eine lange Lebensdauer sorgen und einer Wegwerfmentalität entgegenstehen. So hatte
auch Elon Musk, der Gründer von Tesla, mit seinem limitierten
Luxus E-Roadster Erfolg und konnte der Elektromobilität weltweit zum Durchbruch verhelfen. Der Roadster demonstrierte,
dass E-Fahrzeuge leistungsfähig sein können. Große Automobilkonzerne erwarben Anteile an seinem Unternehmen,
während andere Autobauer wie BMW zügig eigene Modelle
entwickelten. Tesla ist innerhalb weniger Jahre zum weltweit
bekannten und beachteten Automobilhersteller geworden,
das Model „S Limousine“ ist eines der begehrtesten Luxus­
autos – es vereint Luxus, Mobilität und Nachhaltigkeit. Bereits
in seinem ersten Jahr wurde der Wagen 20.000 Mal verkauft.
Deutsche Käufer müssen etwa fünf Monate auf die Lieferung warten.
Der rote Teppich als Laufsteg für grünen Luxus: Cate Blanchett bei der
Golden Globe Preisverleihung mit Ohrschmuck aus Fairmined 18 Kt.
Weißgold und Diamanten aus der Green Carpet Collection von
Chopard
Auch hier war es nicht die (Automobil)-Industrie, die mit gutem Beispiel voranging, sondern ein branchenfremder Unternehmer, der bewies, dass E-Mobilität eine wirtschaftliche
Zukunft hat. Musk, der mit seinen Internetprojekten bereits
Millionen verdient hatte, war in ein unüberschaubares Abenteuer eingestiegen und wurde zu Beginn belächelt. Mit der
Erfüllung seiner Vision hat er nun einen übergeordneten Sinn
in seiner beruflichen Karriere gefunden.
Blutdiamanten sind out
Seit immer mehr Stars wie Daryl Hannah ihr grünes Gewissen
entdeckt haben, ist auch der rote Teppich zum Laufsteg
für grünen Luxus geworden. Livia Firth, Schauspielerin, Filmproduzentin und Ehefrau des britischen Schauspielers Colin
Firth („A Single Man“), nutzte ihre Bekanntheit, rief 2009 die
„Green Carpet Challenge“ aus und konnte dafür prominente Mitstreiterinnen wie Jane Fonda oder die französische
Oscar-Preisträgerin Marion Cotillard gewinnen. Firth will aus
dem roten Teppich, dem Laufsteg der Eitelkeiten, einen
grünen Teppich machen, auf dem alles, was die Stars dort
tragen, nachhaltig ist. Dabei hat sie auch den Schmuck,
um den die Stars beneidet werden, im Visier. Aktivistin Firth
konnte ­Caroline ­Scheufele, die Co-Präsidentin und Kreativchefin von Chopard für ihre „Challenge“ gewinnen. Der
Gedruckt auf Steinbeis Charisma Silk – hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel. Ein Produkt der Steinbeis Papier GmbH.
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© Ezio Prandini
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Ein Möbelstück mit Kult- und Klassiker-Status: Der Womb Chair, entworfen 1948 von Eero Saarinen, Knoll, Inc.
Schmuckhersteller­Chopard verwendet laut eigenen Angaben nur noch Diamanten, die dem „Kimberley-Prozess“ unterliegen. Dieser soll den konfliktfreien Abbau der Diamanten
überwachen und dafür sorgen, dass keine Rohdiamanten in
den Handel einfließen, die zur Finanzierung von Kriegen beitragen. Um auf den grünen Teppich zu kommen, durchleuchtete
Chopard seine Lieferkette und arbeitet seitdem beim Ankauf
von Gold eng mit der Alliance for Responsible Mining (ARM)
zusammen. Auch Gucci möchte sich zukünftig an der Green
Carpet Challenge beteiligen und so bleibt zu hoffen, dass damit die Stars auf dem roten Teppich zu Vorreitern einer grünen
Revolution werden: Kein Blut darf fließen, damit ich an einem
Abend funkeln kann.
Hochwertige Möbel – die Antiquitäten von
morgen
Und so wie hochwertiger Schmuck nicht nur ein Zeichen von
Luxus und Lebensstil ist, sondern eben auch für handwerkliche Tradition und Langlebigkeit, trifft das ganz speziell auch
auf Möbel zu. Denn ist es nicht besser, mit Bedacht ein Möbelstück „fürs Leben“ auszusuchen und es sorgfältig zu pflegen,
als mit seinen Möbeln alle fünf Jahre den Shredder auf dem
Wertstoffhof zu füttern? Sind es nicht die Investitionen qualitätsbewusster und dabei oft sparsamer Vorfahren, die uns
die Antiquitäten von heute beschert haben? Vom ideellen
und dem materiellen Wert mal abgesehen, höre ich immer
öfter die Aussage: Ich habe lieber handwerkliche Kunst als
seelenlose Massenfabrikation. Lieber pflegen und bewahren
und dafür etwas Besseres kaufen.
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Der größte Luxus: Zeit
Besonders der jungen Generation von heute ist die Work-LifeBalance wichtiger, als den Verdienst zu maximieren. Wenn
es denn Luxus sein soll, dann eben grüner Luxus oder immaterieller Reichtum. In Zeiten, in denen Burn-out-Statistiken
und Sinnkrisen auf den Titelblättern der Zeitungen prangen,
empfinden es Menschen als Luxus, einer für sie sinnvollen Arbeit nachzugehen und sich sozial zu engagieren. Berichte
über Aus- und Umsteiger belegen dies eindrucksvoll. Und so
schließt sich der Kreis in Sachen Luxus. Während man früher
alles daran legte, sich in seinem Berufsleben so viel Geld zu
erarbeiten, dass man sich teure Dinge leisten konnte, ist es
heute ein Zeichen von Luxus, sich ein sinnerfülltes Leben und
Arbeiten zu leisten. Hier kann man wohl gegen Verschwendung nichts mehr einwenden. Es lebe der wahre Luxus!
Luxus
Aus Wikipedia: Luxus (von lateinisch luxus ‚Verschwendung‘,
‚Liederlichkeit‘, eigentlich ‚üppige Fruchtbarkeit‘) bezeichnet Verhaltensweisen, Aufwendungen oder Ausstattungen,
welche über das übliche Maß (den üblichen Standard) hinausgehen bzw. über das in einer Gesellschaft als notwendig
oder sinnvoll erachtete Maß. Luxus fasst damit Phänomene
zusammen, die für einen großen Teil der Bezugsgruppe als erstrebenswert gelten. Deshalb ist ihr Tauschwert oft erheblich,
das heißt der Preis für ihren Erwerb hoch und deshalb sind
Luxus­güter meist nur auf der Grundlage einer entsprechenden Ausstattung mit Macht oder Reichtum zu erwerben.
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Privilegien im 21. Jahrhundert
Fritz Lietsch im Gespräch mit Prof. Dr. Gerald Hüther
Herr Hüther, Sie sind Professor für Neurobiologie, gefragter Sachbuchautor, Vortragender und Berater in Politik und Wirtschaft.
Sind Sie privilegiert?
Privilegiert ist man ja immer dann, wenn man sich nicht so verhalten muss, wie alle anderen. Wenn man also frei entscheiden
kann, was man machen, wie man leben will. Ursprünglich waren
bestimmte Privilegien an wichtige Ämter oder Personen gekoppelt. Wer da angekommen oder hineingeboren worden war,
konnte die damit verbundenen Sonderrechte und Freiheiten
nutzen, um Dinge zu tun, die anderen nicht erlaubt waren. Oder
auch manches nicht mitzumachen, wozu alle anderen verpflichtet waren. Kirchenfürsten, Feudalherren, Staatsdiener genossen
solche Privilegien damals, Narren übrigens auch. Da gehöre ich
nicht dazu. Auch nicht zu denen, die irgendwie zu Macht und
Reichtum gelangt und dadurch in eine privilegierte Lage gekommen sind. Aber langfristig, das lehrt uns ja die Geschichte,
haben all diese Privilegien keinen Bestand. Mir selbst irgendwie
Privilegien zu verschaffen, die ich anschließend doch nur wieder
verlieren kann und welche, um deren Erhalt ich womöglich für
den Rest meines Lebens kämpfen muss, erscheint mir wenig erstrebenswert.
Dann frage ich anders: Halten Sie sich für privilegiert?
Ja, ich halte mich für privilegiert, weil ich nicht das tun und mich
so verhalten muss wie alle anderen. Aber nicht, weil mir aufgrund
meiner Stellung oder meiner Leistungen bestimmte Privilegien zugewachsen, zugestanden oder erteilt worden sind. Ich halte mich
vielmehr deshalb für privilegiert, weil ich es geschafft habe, mich
von einigen ungünstigen Vorstellungen und Überzeugungen zu
verabschieden, die ich von anderen Menschen übernommen
hatte. Und deshalb bin ich in der Lage, frei zu entscheiden, wie
ich leben will.
Erst heute kann ich erkennen, wie viele Entscheidungen, die ich
im Leben getroffen habe, durch von anderen übernommene
Vorstellungen bestimmt worden sind, die mir gesagt hatten, worauf es im Leben ankommt. Das waren also in Wirklichkeit gar keine freien Entscheidungen von mir. Sie waren gelenkt durch das,
was andere für wichtig hielten und was sich deshalb auch in meinem Gehirn als feste Überzeugung eingegraben hatte. Seitdem
es mir gelungen ist, mich davon zu lösen, kann ich mich entscheiden, Dinge zu tun, die andere für zu gewagt halten und vor allem
manches nicht mehr so zu machen wie alle anderen.
Aber können Sie denn ohne Rücksicht auf die Vorstellungen und
Erwartungen anderer, auch im Beruf und zu Hause in der Familie
wirklich frei entscheiden, was Sie tun und was Sie lassen wollen?
Das kann ich schon. Aber um das zu erklären, müssten Sie mich
fragen, was ich wirklich will, worauf es mir in meinem Leben wirklich ankommt.
Ja, und was ist das?
Ganz einfach: Ich will mein Leben so gestalten, dass ich mich in
mir selbst wohl fühle. Dass ich jeden Augenblick als ein Geschenk,
das ich mir selbst bereite, genießen kann. Ich will achtsam und
behutsam mit anderen und allem was mich umgibt, umgehen.
Will mich verbunden fühlen und gleichzeitig frei. Eigentlich will ich
also nichts anderes, als das, was alle anderen Menschen auch
wollen: glücklich sein.
Wie sieht das die Wissenschaft?
Neurobiologisch heißt das Kohärenz. Dies ist ein Zustand im Gehirn,­
wo alles zusammenpasst, wo mein Denken, Fühlen und Handeln
übereinstimmen, wo ich mich unbefangen, ohne Vorurteile und
ohne Erwartungen auf all das einlassen kann, was es in der Welt
zu entdecken und zu gestalten gibt. Auch zu Hause, auch im Beruf. Das ist es, was ich will und deshalb treffe ich meine Entscheidungen so und versuche so zu leben, dass mir das auch gelingt.
Immer geht es freilich nicht, aber es so oft wie möglich zu versuchen, macht auch schon genug Freude.
Dann können sie aber einiges nicht mehr machen, was viele
heutzutage noch sehr wichtig finden?
Ich könnte schon, aber ich will es nicht. Das ist ja dieses Privileg,
das ich inzwischen genieße: mich frei für das entscheiden zu können, was mich glücklich macht. Nur so viel Geld verdienen zu
müssen, wie ich wirklich brauche. Nur das zu essen, was mir gut
tut. Verantwortung für all das zu übernehmen, womit ich mich
verbunden fühle. Mich um das zu kümmern, was mir wichtig, anderen aber vielleicht völlig schnuppe ist. Nicht mehr festzuhalten,
was ich habe, sondern zu verschenken, was ich anderen schenken kann. Bescheiden zu sein und nicht mehr zu verbrauchen, als
für ein glückliches Leben nötig ist. Und immer wieder: mich über
all das zu freuen, was mir dieses Leben kostbar macht.
Wenn Sie so leben, sind Sie ein Außenseiter?
…und was wäre ich, wenn ich so lebte und unterwegs wäre,
wie die meisten anderen? Genauso gelenkt wie sie von irgendwelchen Vorstellungen, worauf es ankommt und was man alles
haben und tun muss? Genauso hektisch unterwegs, genauso
oberflächlich, genauso getrieben und genauso unzufrieden,
gleichgültig und unglücklich wie sie? Was sollte daran attraktiv
sein? Dann gefällt es mir schon weitaus besser, ein Privilegierter zu
sein. Die waren schon immer Außenseiter. Aber die haben auch
schon immer die attraktiven Maßstäbe für alle anderen gesetzt.
Nur sind das eben heute andere als früher. Manche Zeitgenossen, die sich immer noch für privilegiert halten, nur weil sie über
Macht, Geld und Einfluss verfügen, haben das möglicherweise
noch nicht so recht mitbekommen.
Herr Hüther, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Peter M. Endres, Gerald Hüther
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