Fazit

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Fazit
Eva Fischer: Die Mediensysteme Italiens und Russlands und ihre zentrale Akteure im Vergleich
Fazit
Auf der Grundlage der erarbeiteten Analysen lässt sich die zentrale Frage dieser Studie
beantworten: Sowohl die Mediensysteme Russlands und Italiens, als auch ihre zentralen
Akteure Putin und Berlusconi offenbaren bei näherer Betrachtung Gemeinsamkeiten, die
nicht von der Hand zu weisen sind und welche die Unterschiede überwiegen. Beide
Mediensysteme weisen einen Mangel an Presse-, Meinungs- und Informationsfreiheit auf.
Die Medien beider Länder werden vom jeweiligen Ministerpräsidenten manipuliert und
instrumentalisiert.
Die
zwei
Politiker
weisen
eine
überdurchschnittlich
hohe
Medienpräsenz auf, die vor allem während des Wahlkampfes extreme Ausmaße annimmt.
Dies gilt in aller erster Linie für Putin, der während der letzten beiden Wahlkämpfe auf fast
allen Kanälen mehr als die Hälfte der Fernsehsendezeit für sich beanspruchen konnte.
Die Medien nutzen die beiden Politiker vor allem für die Vermittlung ihres Images, das sie
sorgfältig pflegen. Ein Image, das sie als heldenhafte Wohltäter erscheinen lässt, die
durch ihr starke Führungskraft und die Legitimation durch das Volk das Land aus der
Misere ziehen können. Mit diesem Image haben es beide zu großer Beliebtheit im Volk
geschafft. In einem ist Putin Berlusconi aber noch voraus: Letzterer hat es noch nicht
geschafft, dass ein junges Model bei einer Modenschau einen winzigen Stringtanga mit
der Aufschrift „Vova, ich bin bei dir“343 trägt (Vova ist die Kurzform für Vladimir). Zur
Vermittlung dieses Images wird auf rhetorische und technische Stilmittel zurückgegriffen,
die den zentralen Themen und Schlüsselwörtern ihrer Reden die nötige Wirkung und
Durchschlagskraft verleihen sollen.
Das zentrale Medium in diesem Kontext ist in beiden Ländern das Fernsehen. Das
Fernsehen hat sich sowohl in Russland als auch in Italien zum weitaus wichtigsten
Medium entwickelt, über das sich der Großteil der Bevölkerung informiert. Kein anderes
Medium, weder Zeitung noch Radio und schon gar nicht das Internet konnte eine derartige
Bedeutung erlangen. Dies hatte zur Folge, dass gerade das Fernsehen Opfer der
Zentralisierungsbestrebungen
Putins
und der Privatisierungsvorhaben
Berlusconis
geworden sind. Durch den Aufbau eines privaten Medienimperiums und der Sicherung
des Zugangs zu den staatlichen Medien durch das Amt des Ministerpräsidenten hat sich
Berlusconi direkten und indirekten Einfluss auf die Berichterstattung und Sendung
verschafft. Auch Putin hat dieses Ziel erreicht, jedoch indem er alle Fäden der medialen
343
Follath/Schepp 2008: 114.
Eva Fischer: Die Mediensysteme Italiens und Russlands und ihre zentrale Akteure im Vergleich
Macht in den Händen des Präsidenten zusammengeführt hat. Auch durch den Erlass von
Mediengesetzen bzw. durch das sich Hinwegsetzen über bestehende Gesetze wurde eine
Gleichschaltung der Medien bevorzugt. In keinem der beiden Länder gibt es mehr einen
großen, nationalen Fernsehkanal, der nicht der Einflussnahme des Ministerpräsidenten
unterworfen ist. Dies ist natürlich ein großes Hindernis für die Pressefreiheit.
Allerdings muss angemerkt werden, dass der Status der Pressefreiheit und der Wahrung
der Journalistenrechte, sowie die effektive Macht des Staatsoberhauptes über die Medien
in Russland sehr viel mehr Grund zur Beunruhigung gibt als in Italien. Während Silvio
Berlusconi noch immer durch mediale Ereignisse wie den Beschuldigungen von seiner
Frau Veronica Lario in Bedrängnis gebracht werden kann, hat Putin seine Medien so weit
unter Kontrolle, dass es nie zu einem derartigen Zwischenfall kommen würde. Er hat
beispielsweise die Gerüchte über seine Affäre mit der Turnerin Alina Kabaeva sofort zum
Schweigen gebracht. Dasselbe gilt für die Fälle von Verletzungen der Pressefreiheit und
der Rechte von Journalisten. In Russland ist während der Regierung Putins eine
erschreckend hohe Zahl an Journalisten ums Leben gekommen. Investigativer
Journalismus kann in Russland nur mehr unter Lebensgefahr ausgeübt werden. Dies ist in
Italien glücklicherweise nicht der Fall, auch wenn sich auch dort die Verletzungen der
Journalistenrechte häufen. Wenn es auch noch nicht abzusehen ist, es bleibt zu hoffen,
dass die Entwicklung nicht in diese Richtung weitergeht, sondern beide Länder in Zukunft
wieder auf mehr Medienfreiheit hinarbeiten.