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Bericht vom 27.10.2008
Fahrt zur geophysikalischen Station Watzmann
Die geophysikalische Abteilung der Neumayer Station betreibt Außenstationen auf den Bergrücken Watzmann und Olymp in ca. 100 km Entfernung.
An diesen Außenstationen sind Geräte zur Erfassung von Erdbeben (Seismometer) im Schnee vergraben, die neben Erdbeben auf der ganzen Welt
auch lokale Ereignisse, wie Verschiebungen des Schelfeises, registrieren. Weitgehend funktionieren die Geräte autark, da die automatische
Datenübertragung zur Station durch Solarenergie ermöglicht wird.
Dennoch ist es notwendig, die Seismometer einmal im Jahr Seismometer hochzusetzen, damit sie trotz des Schneezutrages zugänglich bleiben. Zu
diesem Zweck fand die sogenannte Geo-Traverse bereits im September statt, da in der kommenden Sommersaison die Bauarbeiten an der
Neumayer III Station absolute Priorität haben.
Geo-Traverse
Für das Ausgraben und Hochsetzen von insgesamt 17 Seismometern benötigt man jede Hand, und so fuhren fünf Mitglieder des
Überwinterungsteams für insgesamt elf Tage hinaus in die antarktische Weite. Mit zwei Materialschlitten und einem Wohncontainer behängt, dauert
die Fahrt mit dem Pisten Bully zur Außenstation Watzmann ca. zehn Stunden.
Die Arbeiten sind sehr kräftezehrend und fanden bei Temperaturen dauerhaft unter min. 30 und mit Tiefstwerten von min. 43 Grad statt. Beteiligt
waren die beiden Geophysiker Daniel und Seweryn, der Stationsingenieur Benni, der Koch Stefan und die Luftchemikerin Franzi als liebe Mutter der
Männerhorde.
Bauplatz Watzmann
In der Zwischenzeit wurde das Leben, der auf der Neumayer-Station verbliebenen Besatzung, durch unvorhergesehene Stromausfälle und
schlechtes Wetter erschwert. Zusätzlich waren wissenschaftliche Routinearbeiten auch in Abwesenheit der eigentlichen Observatoriumsbetreuer
fortzuführen und auch die Verpflegung musste ohne den Koch selbst organisiert werden.
Unter dem Eis
Ich habe in den elf Tagen das wissenschaftliche Spurenstoffobservatorium betreut. Dieses befindet sich in 1, 5 km Entfernung von der Station und
Ich habe in den elf Tagen das wissenschaftliche Spurenstoffobservatorium betreut. Dieses befindet sich in 1, 5 km Entfernung von der Station und
darf aus Gründen der Luftreinhaltung nur zu Fuß erreicht werden.
In Vorbereitung auf die Traverse habe ich aus medizinischer Sicht einen allgemeinen Kurs über Medikamentenkunde durchgeführt. Den Vortrag
hierfür erhielt ich von meinem lieben Freund Dr. Henning Blaich via Satellit.
Zudem gab es noch einen recht umfangreichen Kurs in Fragen chirurgischer Erstbehandlung und Versorgung von großen Wunden. Beim Nähkurs
haben sich dann die Geologin Dr. Franziska Nehring und der Physiker Daniel Zitterbart als besonders geschickt erwiesen.
Auch Fragen der künstlichen Beatmung bis hin zur Intubation würden erörtert. Mitgeführt wurden die große medizinische Notfall-Zargeskiste,
Vakuumschienen über Gipsmaterialien zur Ruhigstellung von Frakturen, chirurgisches Besteck für eine große Wundversorgung und alle
erdenklichen Notfallmedikamente.
In der Überwinterungszeit wird eine medizinische Studie des Zentrums für Ramfahrtmedizin hier auf Neumayer durchgeführt. Die dazu
erforderlichen Blutabnahmen hat bislang in erster Linie Franziska mit der Zielstellung durchgeführt, damit sie auch im Notfall hätte auf meine
Anweisung notwendige Medikamente in die Vene verabreichen können. Selbst bei guten Wetterbedingungen dauert es mit dem Motorschlitten
mehrere Stunden bis eine der beiden Messstationen erreicht ist.
So hatte ich am 19.10.2008 in Begleitung des Physikers Daniel sowie des Kommunikationsingenieurs Max Görler mit Ski-doos den Bergrücken
Watzmann mit seiner geophysikalischen Station aufzusuchen. Grund hierfür eine plötzlich aufgetretene Störung der kontinuierlichen
Datenübertragung. So planten wir den zweitägigen Aufenthalt mit Übernachtung in Zelt und Container an der Messstation.
Geocontainer und Übertragungsmast
Bei Minus 28 Grad ging es dann frei im Wind auf den Motorschlitten mit je einem Nansen-Schlitten auf das 350 Meter hohe Bergmassiv. Nach vier
Stunden, zum Teil mühseliger Fahrt über zu Eis gefrorenen Verwehungen, erreichten wir kurz vor Mittag unser Ziel.
Zunächst galt es für Strom zu sorgen, zu diesem Zwecke hatte wir eigens einen benzinbetriebenen Generator mitgebracht. Zunächst musste die
versiegelte Tür des Containers geöffnet werde. Aufgrund der Trockenheit und der speziellen feinstrukturierten Beschaffenheit des Schnees ist es
wichtig alles bis zum Luftabschluss abzudichten. Der Leser kann sich in vergleichender Weise den feinporigen Sand der Wüste vorstellen. Nun
gönnten wir uns erst einmal einen warmen Tee aus der Kanne bevor es dann an die Arbeit ging.
Die Tür ist offen
Anders als erwartet, stellten sich erfreulicherweise die technischen Probleme nicht als schwerwiegend dar, so dass wir uns kurzerhand
entschlossen, noch am selben Tag die Heimreise anzutreten.
Nansenschlitten
Nach wenigen Kilometern nahm plötzlich der Wind zu, was immer hier in der Antarktis mit Schneedrift verbunden ist. Insbesondere dann kann es bei
freiliegenden Körperstellen schnell zu Erfrierungen kommen. Trotz Polarkleidung, Vollschutz-Gesichtsmaske und spezieller UV-Schutz-Skibrille zog
ich mir eine zweitgradige Erfrierung im Bereich des rechten Jochbeins zu.
Ewiges Eis
Die stundenlange Fahrt über vereisenden Schnee, Blaueisflächen und scharfkantige Sastrugis (Schneeverwehungen) erfordert höchste
Konzentration und geht auf Mensch und Material. Diese Sastrugis sind große Wellen, abstrakte Gebilde, die der Wind formt, manchmal bis zu einem
Meter hoch werden.
Antarktis bei Drift
Bei gefühlter Temperatur von ca. Minus 40 Grad ging es dann wieder die 100 km zurück gen Neumayer II. Das Wetter besserte sich im Verlaufe der
Heimreise, so dass wir fast pünktlich zum Abendessen die unter dem Eis befindliche Station erreichten.
Somit war die kleine und große Geo-Traverse eine Herausforderung und ein Erlebnis für die meisten Überwinterer.
Jürgen Nantke
Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie
Oberarzt
Dr. med. Jürgen Nantke
Pieskower Straße 33
15526 Bad Saarow
http://www.helios-kliniken.de/klinik/bad-saarow/aktuelles/helios-arzt-in-der-antarktis/bericht-vom-27102008.html