Empfehlungen zur Chlamydia trachomatis-Infektion
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Empfehlungen zur Chlamydia trachomatis-Infektion
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. Leitlinien, Empfehlungen, Stellungnahmen Stand September 2006 4. 4.2. 4.2.4 Pränatal- und Geburtsmedizin Infektionen in Schwangerschaft und Geburtshilfe Chlamydia-trachomatis-Infektionen in der Schwangerschaft AG Infektiologie und Infektionsimmunologie der DGGG Empfehlungen zur Chlamydia trachomatis-Infektion in der Schwangerschaft AWMF 015/041 Definition Chlamydia trachomatis ist der am häufigsten vorkommende sexuell übertragbare Mikroorganismus in der Bundesrepublik Deutschland. Als genitale Chlamydieninfektion wird unabhängig vom klinischen Erscheinungsbild die Kolonisation der Cervix uteri und/oder der Urethra mit Chlamydia trachomatis vom Serotyp D-K bezeichnet. Sie erhöht das peripartuale Erkrankungsrisiko für Mutter und Kind und sollte deshalb behandelt werden (2, 7, 9, 11, 17). Eine gesetzliche Meldepflicht besteht nicht. Die aktuelle Prävalenz ist unbekannt. Sie dürfte bei unselektierten Schwangeren 1 (bis 3 %) betragen; 1996 werden von Dieterle et al. 5,7 % berichtet. Klinik Das Erscheinungsbild reicht vom typischen mukopurulenten Ausfluss aus der Cervix uteri bis zur unspezifisch wirkenden Zervizitis und völlig asymptomatischen Verlaufsformen. Trotz weiterhin widersprüchlicher Untersuchungsergebnisse gelten gehäuftes Auftreten von vorzeitigem Blasensprung, Chorioamnionitis, Frühgeburt, niedrigem Geburtsgewicht und eine damit erhöhte perinatale Morbidität und Mortalität als gesichert. Bei der Geburt kommt es infolge der Infektion der Cervix uteri zur Übertragung auf das Kind; bei 18 - 50 % der Fälle tritt eine Einschlusskörperchenkonjunktivitis und bei 11 - 18 % eine atypische Pneumonie auf; Otitis media und Infektionen des Nasopharynx wurden ebenfalls beobachtet. Im Wochenbett kann es zur späteren postpartualen Endometritis kommen (2, 7, 9, 11, 17). Screening Wegen der gesicherten Komplikationen wurde das routinemäßige Screening in der Schwangerschaft empfohlen (2, 7, 9, 11, 14, 17) und mit Wirkung 01.05.1995 in den Mutterschaftsrichtlinien verankert. Folgende Nachweistechniken stehen zur Verfügung: -24.2.4 Chlamydia-trachomatis-Infektionen in der Schwangerschaft Historische Standardmethode ist die Gewebekultur mit einer Sensitivität von 40 bis 85 % und einer Spezifität von theoretisch 100 %. In der täglichen Routine haben sich Enzymimmunoassay (EIA) mit einer Sensitivität von 40 - 100 % und einer Spezifität von > 99 % sowie mit Einschränkungen der Immunfluoreszenztest (IFT) mit einer Sensitivität von 50 - 90 % und einer Spezifität von > 95 %, danach die DNS-Hybridisierung mit 60 - 93 bzw. 83 - 99 %, jeweils bezogen auf die Gewebekultur, bewährt (9). Als wesentlich treffsicheres, aber erheblich kostenaufwendigeres Verfahren kommt heute vermehrt die Polymerasekettenreaktion in Betracht. Papanicolaou-Zytologie und Serologie liefern entgegen anderslautenden Mitteilungen in der Literatur teilweise irreführende Befunde und sind ohne praktische Bedeutung (6, 9, 15). Therapie Zur Behandlung der Chlamydieninfektion in der Schwangerschaft wird anstelle der sonst üblichen Tetrazykline Erythromycin verwendet. Die Partnertherapie ist unabhängig vom Erregernachweis obligat (3, 7, 9). Blennorrhöprophylaxe Sowohl bei der Prophylaxe mit Silbernitrat als auch mit Erythromycin und anderen Antibiotika wurden Versagen und Konjunktivitiden anderer Ätiologie beobachtet. Die lokale Augenprophylaxe ist gegen die übrigen, anderweitig lokalisierten Chlamydieninfektionen nicht wirksam (8, 9, 11). Empfehlungen Das routinemäßige Screening auf Chlamydia trachomatis in der Schwangerschaft ist in Deutschland Standard of care seit 1995. Es soll bei der ersten Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung und bei sich zusätzlich stellender Indikation in der 30. bis 34. SSW nach Information und Einverständnis vorgenommen werden. Die möglichst zellreich gewonnenen Abstriche von der Cervix uteri und der Urethra können in der Gewebekultur, dem EIA, der DNA-Hybridisierung sowie den Amplifikationsverfahren aus Ersparnisgründen gepoolt werden. Beim IFT sind zwei Objektträger anzulegen. Die Antigennachweise mittels EIA, IFT oder in geringerem Maße DNAHybridisierung mit und ohne Amplifikation führen in einem geringen Prozentsatz zu falsch-positiven Befunden, was von juristischer Bedeutung sein kann (im Zweifelsfalle Kontrolle mit alternativen Verfahren). Bei der Kultur ist dies praktisch ausgeschlossen. Das gleichzeitige Vorliegen weiterer Infektionen (z.B. Gonorrhö, bakterielle Vaginose) muss in Betracht gezogen werden. Die Behandlung erfolgt mit Erythromycin-Base 4 x 500 mg p.o. für 7 Tage; auch Amoxicillin 3 x 500 g p.o. ist vergleichbar aktiv. Aufgrund guter Wirksamkeit und Verträglichkeit wird die Therapie mit Erythromycinäthylsukzinat oral 4 x 800 mg für mindestens 7 Tage als Alternative empfohlen. Bei Unverträglichkeit kann die Dosis halbiert und die Einnahmezeit ent- -34.2.4 Chlamydia-trachomatis-Infektionen in der Schwangerschaft sprechend verlängert werden. Acithromycin 1 g p.o. als Einmalgabe wird von den CDC ebenfalls genannt, für Deutschland besteht aber keine entsprechende Zulassung (1, 6, 8). Erythromycinestolat ist im übrigen wegen seiner Hepatotoxizität in der Schwangerschaft kontraindiziert. Die Behandlung sollte möglichst unmittelbar nach der Diagnosestellung, aus Sicherheitsgründen aber nicht vor Abschluss der 14. SSW begonnen werden. Es wird empfohlen, den Therapieerfolg durch eine Kontrolle drei Wochen nach Behandlungsende sicherzustellen (3). Die Partnertherapie ist obligat. Diese Empfehlungen gelten sinngemäß auch für die Therapie im Wochenbett bzw. in angepasster Dosierung beim erkrankten Neugeborenen (40-60 mg/kg KG und Tag für 14 Tage). Die nachträglich erkannte Exposition des Kindes unter der Geburt stellt keine Indikation zur Therapie dar, muss aber dem Pädiater mitgeteilt werden und Anlass zu gezielter Überwachung sein (4). Die Kontrolle sollte frühestens 48 h nachdem Abschluss der Therapie erfolgen (10). Obwohl die gesetzliche Grundlage der Augeninfektionsprophylaxe mit 1 % Silbernitrat gegen Gonokokken und andere Erreger nicht mehr besteht, sollte dieses Regime beibehalten werden (12), da eine besser wirksame und zugleich praktikable Alternative nicht zur Verfügung steht. Die Ophthalmieprophylaxe ist in Deutschland der von den Fachgesellschaften getragene Standard of care. Literatur: 1. Adair CD, Gunter M, Stovall TG, McElvoy G, Veille JC, Erment JM. Chlamydial in pregnancy: a randomized trial of azithromycin and erithromycin. Obstet Gynecol 1998;91:1658. 2. Brunham RC, Holmes KK, Eschenbach DD. Sexually transmitted diseases in pregnancy. In: Holmes KK, Mardh P-A, Sparling PF, Wiesner PJ (eds) Sexually transmitted diseses. McGraw-Hill, New York 1984; p 782. 3. Centers for Disease Control. Sexually Transmitted Diseases Treatment Guidelines MMWR 2002; 51, 32 - 6. 4. Crombleholme WR. Neonatal Chlamydial Infections. In: Mead, P.B., Hager, W.D., Faro, S.: Protocols for Infectious Diseases in Obstetrics and Gynecology. Second Edition. Blackwell Science Inc., Malden 2000; 80-86. 5. Dinsmoor MJ. Ophthalmia Neonatorum. In: Mead, P.B., Hager, W.D., Faro, S.: Protocols for Infectious Diseases in Obstetrics and Gynecology. Second Edition. Blackwell Science Inc., Malden 2000; 93-8. 6. Donath E-M, Schrage R, Hoyme, UB. Chlamydia trachomatis - Untersuchungen zur Wertigkeit des Nachweises im Papanicolaou-Präparat. Geburtshilfe Frauenheilkd 1985; 45:402. 7. Eschenbach DA. Chlamydial infection in pregnancy. III. Meeting International Society for Infectious Diseases in OB/GYN, München, 18.02.1988 8. Hammerschlag MR, Chandler JW, Alexander ER, English M, Smith JR. Erythromycin ointment for ocular prophylaxis of neonatal chlamydial infection. JAMA 1980; 244:2291 9. Hoyme UB. Chlamydieninfektionen. Zentralbl Gynäkol 1989; 111:65-77 10. Korn AP. Chlamydia Trachomatis. Infections in Pregnancy. In: Mead, P.B., Hager, W.D., Faro, S.: Protocols for Infectious Diseases in Obstetrics and Gynecology. Second Edition. Blackwell Science Inc., Malden 2000; 75-9. 11. Martin DH, Koutsky L, Eschenbach DA, Darling JR, Alexander ER, Benedetti JK, Holmes KK. Prematurity and perinatal mortality complicated by maternal chlamydia trachomatis infection. JAMA 1982; 27:1585 12. Martin DH, Gottschalk SB, Schuth CR, Gohd RS, Mroczkowski K. Erythromycin vs. silver nitrte for newborn ocular prophylaxis. Annual Meeting Infectious Disease Society for Obstetrics and Gynecology, August 3-5, 1989; Quebec City, Quebec, Canada -44.2.4 Chlamydia-trachomatis-Infektionen in der Schwangerschaft 13. Pao CC, Lin S-S, Yang T-E, Soong Y-K, Lee P-S, Lin J-Y. Deoxyribonucleic acid hybridization analysis for the detection of urogenital Chlamydia trachomatis infections in women. Am J Obstet Gynecol 1987; 156:195 14. Ripa T. Screening for chlamydia and chlamydial complications. Second International Symposium on the Clinical and Diagnostic Aspects of Chlamydial Disease, September 14, 1989, Copenhagen, Denmark 15. Shafer MA, Chew KL, Kromhout LK, Beck A, Schachter J, King EB. Chlamydial infections and cytological changes in pap smears in post menarchal sexually active adolescent females. Abstract of the 5th International Meeting International Society for STD Sesearch, Seattle, Wa 49 16. Thorpe EM, Stamm WE, Hook EW et al. Chlamydial cervicitis and urethritis: single dose treatment compared with doxycycline for seven days in community-based practices. Genitourin Med 1996; 72:93-7 17. Wager JP, Martin DH, Koutsky L, Eschenbach DA, Darling JR, Chiang WT, Alexander ER, Holmes KK. Puerperal infectious morbidity: Relationship to toute of delivery and antepartum Chlamydia trachomatis infection. Am J Obstet Gynecol 1980; 138:1028 18. Wehbeh HA, Ruggeirio RM, Shakem S, Lopez G, Ali Y. Single dose azithromycin for chlamydia in pregnant women. J Reprod Med 1998;43:509-14. Federführender Autor für die AGII: Prof. Dr. med. U. Hoyme Direktor der Frauenklinik HELIOS Klinikum Erfurt Nordhäuser Straße 74 99089 Erfurt Letzte Überarbeitung: Mai 2004 Aktualität bestätigt: Juni 2006